8. Naturphilosophie Flashcards
Naturphilosophie allgemein
– ist eine der ältesten Disziplinen der theoretischen Philosophie
– passt sich ständig der Metaphysik und den Naturwissenschaften an - ist aber weder das eine noch das andere
Antike:
- überhimmlischer “Künstlergott” (Platon)
- Erforschung der Prinzipien der Bewegung (Aristoteles)
- qualitativ erfahrene Natur
Spätmittelalter:
- Entstehung des mechanischen Weltbildes
- quantitativ aufgefasste Natur
Frühe Neuzeit:
- Geist des Aufbruchs
- Aufschwung durch neue wissenschaftliche Instrumente und Experimente
- revolutionäre Ideen von Galileo Galilei
Ziele der Naturphilosophie
- Prinzipien der Natur begründen
- Prinzipien der Natur kritisch zu reflektieren
- Ordnung der Natur zu erklären
- die Begriffe “Natur” und “Ordnung” wandeln sich im Laufe der Geschichte
Explanandum (= das zu Erklärende) = Natur
Explanens (= das Erlärende) = wandelt sich geschicthlich
Vorsokratiker
- ca. 7.-5. Jhdt v. Chr.
- sind insgesamt als naturphilosophisch zu klassifizieren
- Titel “Periphyseos” = “Über die Natur” in den meisten fragmentarischen Schriften dieser Zeit
- Physis als Inbegriff entstehender und vergehender Dinge
- Vorsokratiker suchen nach dem ersten Urstoff (= archê) aus dem alles entsteht und in dem sich alles wieder auflöst (= kosmische Gerechtigkeit)
- — Thales: Wasser
- — Anaximander: Luft
“physis”
“kosmos”
“archê”
- gr. “physis” = keimen, wachsen (also ein Ausdruck für das Entstehen)
- gr. “kosmos” = (Welt-) Ordnung
- gr. “archê” = Anfang, Ursprung (das erste von Raum und Zeit)
- die Vorsokratiker bezeichneten alles in der Welt als “physis”
- Physis ist also ein Inbegriff entstehender und “vergehender” Dinge, Körper, Elemente und Kräfte
Spätere Vorsokratiker
- ein bloßer Urstoff ist keine ausreichende Erklärung für die Kausalverhältnisse
- es muss eine höherstufige archê geben
- — Pythagoras: Mathematik
- — Heraklit: Kosmos als ewig lebendes Feuer
- — Empedokles: “Wurzeln aller Dinge”: Erde, Wasser, Feuer, Luft, Liebe und Streit
– Konzept: Ältere Atomistik
Ältere Atomistik
– von Leukipp und Demokrit (Vorsokratiker)
2 Prinzipien:
- liegen auf unterschiedlichen Ebenen
- Existenz von Atomen
- Existenz des leeren Raums, in dem sie sich bewegen
- alle Bewegungen werden durch Druck und Stoß erklärt
3 Kritikpunkte:
- Prinzip des Atoms ist irrational, weil jeder Körper durch Druck zerteilt werden kann - es gibt keinen Grund für Kohäsion (= Zusammenhalt)
- wirkliche Bewegung kann nicht erklärt werden, da ein Körper träg ist, also von etwas anderem bewegt werden muss
- unklar: wie kann sich durch eine rein zufällige Anordnung der Atome eine so wohlgeordnete und komplexe Struktur wie die Natur ergeben?
Platon
Alternativkonzept zu Vorsokratikern:
Die Ordnung der Natur ist nach dem Muster eines menschlichen Kunstwerks geschaffen und “bestmöglich” eingerichtet.
–> ist nicht durch Zufall entstanden
–> es muss eine “letzte Ursache” des Entstehens und Vergehens geben
–> ist nach der “Idee des Guten” geschaffen
–> sie muss von einer höchsten göttlichen Intelligenz geschaffen worden sein
–> letzter Grund = die Idee selbst
> > > > > > > > > > Idee des Schöpfers als neues Paradigma
Idee des Schöpfers
Platon
- Platon ist der erste bekannte Monotheist der Geschichte
- er glaubt an einen guten Gott, der eine Ordnung der Natur nach der Idee des Guten geschaffen hat
- sein Paradigma wird von der christlichen Theologie übernommen
- Gott schafft aus dem Chaos die beste aller möglichen Welten
- der höchste Ordnungstyp entsteht = menschl. Organismus
- 4 Elemente entstehen (5. Element “Äther”)
- 5 platonische Körper entstehen
- “Prinzip der Harmonie” entsteht
- “Prinzip der Seele” entsteht
Unterschied Platon - christliche Schöpfungslehre
Platon:
Ein überhimmlischer Künstlergott ordnet die Ideen wie ein Handwerker an > er bringt die formlose Masse in Ordnung = von Chaos zu Kosmos
Christliche Schöpfungslehre:
Gott erschafft die Welt
Platon:
Künstlergott blickt von außen auf die Urbilder > die Ideen sind “abgetrennt” von den sinnlich beobachtbaren Dingen an einem “überhimmlischen” Ort
Augustinus:
Ideen sind unvordenkliche Muster innerhalb des göttlichen Intellekts
5 platonische Körper
- Tetraeder (4flächig, Oberfläche aus 4 Dreiecken)
- Hexaeder (6flächig, Oberfläche aus 6 Quadraten zB Würfel)
- Oktaeder (8flächig, Oberfläche aus 8 Dreiecken)
- Dodekaeder (12flächig, Oberfläche aus 12 Fünfecken)
- Ikosaeder (20flächig, Oberfläche aus 20 Dreiecken)
Prinzip der Harmonie
Beschreibt die Proportionalität von Körpern und ihren Bewegungen bei Platon
Prinzip der Seele
– es gibt 3 Seelen bei Platon
– allgemeine, kosmische “Weltseele”, an der alle Dinge teilhaben
– sterbliche Individualseele der Pflanzen und Tiere
- unsterbliche Geistessele des Menschen (3 Arten):
- —- Seelenteil für rationale Einsichtsfähigkeit befindet sich im Kopf
- —- emotionaler, “mutartiger” Seelenteil befindet sich in der Brust
- —- “begehrender” Seelenteil befindet sich im Unterleib
Aristoteles
- Schüler von Platon
- Naturphilosophie heißt bei ihm Physik und überschneidet sich mit Metaphysik (Ontologie)
- Naturphilosophie erforscht die Prinzipen der Bewegung (kinesis) und Natur
- Metaphysik erforscht das “erste unbewegte Bewegende” (= göttliches Wesen)
- es gibt bei ihm 5 Prinzipen der Natur:
- —- Stoff und Form
- —- Möglichkeit und Wirklichkeit
- —- Entelechie
- —- 4 Arten von Ursächlichkeit
- —- Das Telos
Stoff und Form
– 1 von 5 Prinzipien der Natur bei Aristoteles
gr. “hylê” = Stoff
gr. “morphê” = Form
gr “kinêsis” = Bewegung, Prozess
– Stoff = das Bewegliche im Raum, aus dem etwas wird
– Form
= dasjenige, was aus einem bestimmten Material bestimmte Möglichkeiten realisiert
= äußere From bzw. innere Struktur
—– gibt der Sache ihre Bestimmtheit
—– und hat deshalb einen höheren Stellenwert als der Stoff
– die im Stoff schlummernden Möglichkeiten, können erst durch die Form realisiert werden –> Form ist “seiend”
– Individuum = das Ganze
Möglichkeit und Wirklichkeit
– 1 von 5 Prinzipien der Natur bei Aristoteles
gr. “dynamis” = Möglichkeit
gr. “enérgia” = Wirklichkeit
Möglichkeit:
- lässt sich dem Stoff zuordnen
- logische Möglichkeit
- physische Möglichkeit:
- — Entwicklungsvermögen
- — Seinsvermögen
- —— Wirkvermögen (aktiv)
- —— Leidens- oder Aushaltevermögen (passiv)
- —- einige Vermögen sind angeboren, andere können durch Übung erworben werden
Wirklichkeit:
- lässt sich der Form zuordnen
- Terminus “enérgia” wurde von Aristoteles neu geprägt
- —- wörtlich: “am Werke sein”, “im Wirken sein”
- —- Bsp: “in Wirklichkeit bestehendes Haus” vs. “der Möglichkeit nach bestehendes Haus”
- bezeichnet die Verwirklichung von Möglichkeiten