8/8 (§§ 306-306f; 323a; 323c I; 323c II; 316; 315c; 315d; 315b; 142) Flashcards
Brandstiftung (§§ 306–306f); Vollrausch (§ 323a); Unterlassene Hilfeleistung (§ 323c I); Behinderung von hilfeleistenden Personen (§ 323c II); Trunkenheit im Verkehr (§ 316); Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c); Verbotene Kraftfahrzeugrennen (§ 315d); Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr (§ 315b); Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort (§ 142)
Brandstiftungsdelikte: Systematik
- 306 als spezielles Sachbeschädigungsdelikt
- 306 nicht als GrundTB zu 306a
- 306: rechtfertigende Einwilligung möglich (kein gemeingefährliches Delikt)
- Prüfung:
1. 306 (Sachbeschädigungsdelikt, verdrängt 303, 305)
2. 306a I (abstraktes Gefährdungsdelikt)
3. 306a II (konkretes Gefährdungsdelikt)
4. Qualifikationen
Prüfung § 306 I
I. TBM 1. Obj TB a) Tatobjekt: ein fremdes Objekt der Nr. 1-6 b) Tathandlungen aa) Inbrandsetzen bb) durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstören 2. Subj TB a) Vorsatz b) wenn (-), § 306d I Var. 1 II. Rechtswidrigkeit -> Einwilligung nach hM möglich III. Schuld IV. Tätige Reue § 306e
306 I: Tatobjekte
- angesichts der hohen Strafandrohung: restriktive Interpretation
- hM: nur solche Objekte im SB, die einen nicht unerheblichen Wert oder eine größere Menge verkörpern
(vgl. Wertung des § 315c: 1000 €)
306 I: Tathandlung
- in Brand setzen: wenn zumindest Teile des Objekts, die für dessen bestimmungsgemäßen Gebrauch wesentlich sind, so vom Feuer erfasst werden, dass das Feuer aus eigener Kraft, dh ohne Fortwirken des Zündstoffs, weiterbrennt
- > bei Gebäuden: Tür, Fensterrahmen, Zimmerwand, Flurtreppe, Zimmerfußboden, nicht: Einrichtung
- > Rspr: Möglichkeit des Übergreifens auf wesentliche Teile ausreichend (hM: con: Wortlautüberdehnung)
- > schon brennendes Tatobjekt: (+), wenn neuer Brandherd am Objekt gesetzt wird
- > bloßes Weiterbrennenlassen ist kein Inbrandsetzen (vgl Wortlaut) durch Unterlassen
- durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstören:
- > zerstören: vgl. 303
- > teilweise: wenn Teile des Objekts, die für seinen bestimmungsgemäßen Gebrauch wesentlich sind, unbrauchbar werden (hM zusätzlich: von einigem Gewicht)
- > Brandlegung: jede Handlung, die sich auf das Verursachen eines Brandes richtet
Prüfung 306a I
I. TBM 1. Obj TB a) Tatobj: besondere (Eigentumsverhältnisse unerheblich) b) Tathandlungen wie in 306 I 2. Subj TB a) Vors b) wenn (-), § 306 d I Var. 2 II. RW -> Einwilligung des Eigentümers unbeachtlich III. S IV. Tätige Reue (§ 306e)
Tatobjekte 306a I - “dient der Wohnung von Menschen”
- “dient der Wohnung von Menschen”, wenn sie von ihren Bewohnern zumindest vorübergehend tatsächlich als Mittelpunkt ihrer privaten Lebensführung zu Wohnzwecken genutzt wird
- > (konkludente) Entwidmung möglich
Tatobjekte 306a I - Inbrandsetzen von gemischt genutzten Gebäuden
eA: (+), wenn ein Gebäudeteil von gemischt genutzten Gebäuden in Brand gesetzt wird, der nicht zur Wohnung eines Menschen dient (wenn Einheitlichkeit des Gebäudes gegeben ist und Gefahr, dass Feuer übergreift)
pro: 306a I als abstraktes Gefährdungsdelikt
(Beachte: Vorsatz muss sich auch auf das einheitliche Gebäude beziehen!)
aA: durch § 306a I Nr. 1-3 geschützte Räumlichkeit muss selbst in Brand gesetzt werden
pro: Wortlaut
pro: Abstrakte Gefährlichkeit setzt erst mit Inbrandsetzen der Wohnung selbst ein
P: Teleologische Reduktion des § 306a I
eA: (+), wenn absolut ausgeschlossen wurde, dass Leben gefährdet werden
pro: hohe Strafandrohung (Verbrechen); Schuldprinzip
aA: keine telRed
pro: Charakter des abstrakten Gefährdungsdelikts geht verloren; unvermeidbare Annäherung an konkretes Gefährdungsdelikt
P: Konkurrenz zwischen § 306 I und § 306a I
eA: Tateinheit
pro: unterschiedliche Schutzrichtungen
aA: Konsumtion
pro: oftmals sind fremde Gebäude betroffen
pro: auch § 306 I wohnt ein Element der Gemeingefährlichkeit inne (!?)
Prüfung § 306a II
I. TBM
1. Obj TB
a) Tatobjekte: eines der Objekte des § 306 I, das nicht fremd sein muss
b) Tathandlungen
c) Taterfolg: konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung eines anderen Menschen
d) Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen b) und c)
2. Subj TB
a) Vorsatz
b) wenn (-), § 306d I Var. 3 oder § 306d II
II. RW
-> Einwilligung des Eigentümers unbeachtlich
-> Einwilligung des konkret Gefährdeten möglich
III. S
IV. Tätige Reue § 306e
P: 306a II: Gefährdeter anderer auch Tatbeteiligter?
eA: (-)
pro: steht auf Täterseite
aA: (+)
pro: Wortlaut gibt keinen Hinweis auf Restriktion
pro: selbst Mittäter sind für den Täter andere Menschen
§ 306a II: Konkurrenzen
wegen eigenständiger Schutzrichtung des konkreten Gefährdungsdelikts besteht sowohl mit § 306 I als auch mit § 306a I Tateinheit
Besonders schwere Brandstiftung: § 306b I
- erfolgsqualifiziertes Delikt
- > Untergrenze der großen Personenzahl: wohl 10
- Gefahrverwirklichungszusammenhang: Realisierung eines tatbestandstypischen Brandstiftungsrisikos
- Retter und Helfer als Opfer: allgemeine Grundsätze der freiverantwortlichen Selbstgefährdung (so (-), wenn Handlungspflicht; Motivationslage (Nötigungssituation vergleichbar) des § 35)
Besonders schwere Brandstiftung: § 306b II
Nr 1: Vorsatz nötig - konkrete Todesgefahr
Nr 2: Reichweite der Ermöglichungsvariante: nur soweit, dass Straftaten ermöglicht werden durch die spezifischen Gefahren und Folgen des Brandereignisses (also nicht bspw. für einen Betrug - dagegen spricht die hohe Mindeststrafe trotz Absenkung des Strafrahmens der Betrugsdelikte, s. extra Streit)
Nr 3: restriktive Auslegung (Erschwernis muss Grad einiger Erheblichkeit haben)
P: § 306b II bei Betrugsdelikten?
Die Vorschrift des § 306b II Nr. 2 löste nach dem 6. Strafrechtsreformgesetz 1998 die Vorschrift des § 307 Nr. 2 a.F. ab. Nach dieser lag eine besonders schwere Brandstiftung vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, die Tat zur Begehung eines Mordes (§ 211), eines Raubes (§§ 249, 250), eines räuberischen Diebstahls (§ 252) oder einer räuberischen Erpressung (§ 255) auszunutzen. Mit § 306b II Nr. 2 wurde die Strafbarkeit deutlich ausgeweitet. Nun muss der Täter lediglich in der Absicht handeln, irgendeine andere Straftat durch die Brandstiftung zu ermöglichen oder zu verdecken. Fraglich ist damit, ob § 306b II Nr. 2 auch den Fall erfasst, dass der Täter ein geschütztes Objekt in Brand setzt, um die Versicherung zu betrügen (und damit regelmäßig § 263 I, III Nr. 2, 5 sowie § 265 erfüllt).
I. Einbeziehung von § 265 in die Ermöglichungsvariante
Fraglich ist zunächst, ob § 265 eine taugliche Straftat ist, deren beabsichtigte Ermöglichung für § 306b II Nr. 2 ausreicht. § 265 stellt den Versicherungsmissbrauch unter Strafe. Tathandlung des § 265 ist bereits das Beschädigen, Zerstören oder die Brauchbarkeitsbeeinträchtigung des Tatobjekts. Demnach kann § 265 schon dem Wortlaut nach keine andere Straftat sein
II. Einbeziehung von § 263 I, III Nr. 2, 5 in die Ermöglichungsvariante
Nach dem Wortlaut des § 306b II Nr. 2 führt eine Brandstiftung in der Absicht, einen Betrug zu begehen, dazu, dass ein besonders schwerer Fall vorliegt und ein Strafrahmen mit einer Mindeststrafe von 5 Jahren eröffnet wird. Die §§ 263 I, III Nr. 2, 5 und § 265 bedrohen dieselbe Tat jedoch nur mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn respektive bis zu drei Jahren. Es liegt eine erhebliche Strafrahmendivergenz vor
Ansicht 1: Einige Stimmen wollen daher den Tatbestand des § 306b II Nr. 2 einschränken. Es soll entweder die enge räumlich-zeitliche Verbindung zwischen Brand und Folgetat aus der Rspr. zum alten § 307 Nr. 2 a.F. übernommen werden oder die durch den Brand entstandene spezifische Gefahr (z.B. Rauchentwicklung, Panik etc.) muss für die Folgetat durch den Täter ausgenutzt werden
con: Hier wird der Grund der Strafschärfung übersehen. Dieser liegt im gesteigerten Intentionsunwert gegenüber dem Grunddelikt, da der Täter seine Interessen auf besonders gefährliche und rücksichtslose Art und Weise verwirklicht. Denn Brandstiftungsdelikte sind stets für Leib und Leben der Opfer besonders gefährlich. Es wird kaum möglich sein, durch die Auslegungsmethoden zum alten Tatbestandsmerkmal des “Ausnutzens” zurückzukehren, da der Wortlaut dies nicht verlangt. Die hohe Strafe wird dadurch legitimiert, dass der Täter Unrecht mit zusätzlichem Unrecht verbindet, um seine Interessen rücksichtslos auf gemeingefährlichem Wege durchzusetzen
Ansicht 2: Es sind keine Einschränkungen des § 306 b II Nr. 2 in den Fällen des Versicherungsbetrugs erforderlich
con: Systematisch spricht gegen diese Ansicht, dass in den Fällen des § 306b stets das Gefährdungsunrecht gegenüber dem Grunddelikt erhöht ist. Hierdurch wird die eklatant höhere Strafe gerechtfertigt (s.o.). Eine bloße Steigerung des Intentionsunwerts kann einen so stark erhöhten Strafrahmen nicht rechtfertigen. Zusätzlich wird der minder schwere Fall des Betrugs gem. § 263 IV ausgeschlossen. Dies ist aufgrund der Strafrahmendivergenz unverhältnismäßig. Außerdem ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien nicht, dass der Gesetzgeber eine solche Strafverschärfung wollte
§ 306d
- § 306a II setzt sich aus einem Handlungs- und Gefährdungsteil zusammen
- > § 306d I Var. 3 regelt den Vorsatz-Fahrlässigkeits-Fall
- > § 306d II regelt den Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeits-Fall
§ 306f
Absatz 1: einwilligungsfähiges Eigentumsgefährdungsdelikt (vgl. § 306 I)
Absatz 2: Eigentumslage unerheblich; konkrete Individualgefahr erforderlich
§ 306e
Tätige Reue
- Anlehnung an Rücktrittsdogmatik
- Keine analoge Anwendung auf andere Brandstiftungsdelikte (contra legem!)
- Erheblicher Schaden
a) Eintritt einer Körperverletzung mit erheblicher Verletzungsgefahr iSd § 224 I Nr. 2
b) Sachschaden mit beträchtlicher Schadenshöhe, bei Wohngebäuden: 2.500 €
Prüfung § 316 - Trunkenheit im Verkehr
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a) Führen eines Fahrzeugs (eigenhändiges Delikt)
b) Im Verkehr
c) Zustand der Fahruntüchtigkeit, insbesondere
aa) alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit (bei Kraftfahrern ab 1,1 Promille) oder
bb) alkoholbedingte relative Fahruntüchtigkeit (ab 0,3 Promille i. V. m. Ausfallerscheinungen)
2. Subjektive Tatseite: Vorsatz oder Fahrlässigkeit
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Subsidiarität insbesondere gegenüber § 315c I Nr. 1a, III
Nach dem Wortlaut der Subsidiaritätsklausel des § 316 I, letzter Halbsatz scheint § 316 gegenüber allen Begehungsformen der §§ 315a, 315c zurückzutreten. Indes meint das Gesetz mit „die Tat“ allein die Trunkenheitstat, so dass nur bezüglich der §§ 315a I Nr. 1, 315c I Nr. 1a Subsidiarität besteht
§ 316 - Führen eines Fahrzeugs
- führen: erst wenn sich das Fahrzeug in Bewegung setzt
- > Fahrzeugführer: wer sich selbst aller oder wenigstens eines Teiles der wesentlichen technischen Einrichtungen des Fahrzeuges bedient, die für seine Fortbewegung bestimmt sind
- Fahrzeug: nicht nur KFZ, sondern jedes Verkehrsmittel des § 24 II StVO (nicht jedoch solche des § 24 I StVO)
§ 316 - im Verkehr
alle in §§ 315ff. genannten Verkehrsarten, sofern öffentlich
§ 316 - alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit
- Relative
- zwischen 0,3 und 1,1 Promille
- weitere Beweiszeichen für Fahruntüchtigkeit erforderlich (insbes. Ausfallerscheinungen) - Absolute
- zum Tatzeitpunkt: 1,1 Promille (KFZ); 1,6 Promille (Fahrrad)
§ 316 - Vorsatz
- BAK und deren Höhe sprechen als Indiz für Vorsatz (in Richtung sicheres Wissen um (spätere) Fahruntüchtigkeit)
- Bezugspunkte:
- > Führen eines Fahrzeugs im Verkehr
- > Alkoholbedingte Fahruntauglichkeit, zumindest in einer Parallelwertung der Laiensphäre
- § 316 II regelt Fahrlässigkeitsstrafbarkeit