2/8 (§ 251; 252; 253, 255; 316a; 239, 239a, 239b; 241; 123) Flashcards
Raub mit Todesfolge (§ 251); Räuberischer Diebstahl (§ 252); Erpressung (§§ 253, 255); Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a); Freiheitsberaubung (§ 239); Erpresserischer Menschenraub (§ 239a) und Geiselnahme (§ 239b); Bedrohung (§ 241); Hausfriedensbruch (§ 123)
Prüfung § 251 (Raub mit Todesfolge)
I. § 212 (wenn Tötungsvorsatz verneint wird; bei fernliegendem Tötungsvorsatz weglassen)
II. § 249 (oder § 252 oder § 255)
III. § 250
IV. § 251
- Verweis auf das strafbare Grunddelikt
- Eintritt und Verursachung des Todeserfolgs iSd Bedingungstheorie
- Objektive Zurechnung
- Spezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen Grunddelikt und Todeserfolg
- Leichtfertigkeit bzw. Vorsatz hinsichtlich des Todeserfolgs und des Gefahrverwirklichungszusammenhangs
V. § 222
Ist Tötungsvorsatz zu bejahen, so empfiehlt sich, mit II zu beginnen und bei V § 222 durch die §§ 212, 211 zu ersetzen
§ 251: Spezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang zwischen Grunddelikt und Todeserfolg
- Tatbestandsspezifische Gefahr muss sich im Erfolg niederschlagen
- P: Anwendung tödlicher Nötigungsmittel in der Beendigungsphase: s. Streit bei §§ 244, 250
- > eA: Phase der Beutesicherung genauso gefährlich und tatspezifisch (BGH)
- -> auch, wenn Handlungen, die zum Tod eines anderen führen, nur der Beutesicherung dienen sollen (BGH)
- > aA: Beendigungsphase wie bei § 244 keine qualifikationstaugliche Tatphase (Rengier ua Lit)
pro: Tatgeschehen des § 249 mit Wegnahme abgeschlossen; Beutesicherung reicht für Todesverursachung “durch” den Raub nicht aus
pro: Klare Grenzziehung zwischen Raub und Räuberischem Diebstahl (§ 252)
§ 251: Leichtfertigkeit
= grobe Fahrlässigkeit
- > qualifizierte Pflichtwidrigkeit: besonders sorgfaltswidriges Handeln
- > qualifizierte Vorhersehbarkeit: bei Handeln muss der Todeserfolg hochgradig wahrscheinlich erscheinen oder sich aufdrängen
§ 251: Konkurrenz mit Tötungsdelikten
- “wenigstens leichtfertig”: Tötungsvorsatz umfasst, sodass § 251 mit §§ 212, 211 ideal konkurriert
§ 251: P: Versuch und Rücktritt (insb.: Rücktritt vom erfolgsqualifiziertem Versuch)
- Rücktritt vom erfolgsqualifiziertem Versuch (versuchtes Grunddelikt, Eintritt des Erfolges)
- eA: nicht möglich, mit Eintritt der schweren Folge sei § 251 materiell vollendet
pro: Wertungswiderspruch, wenn Täter zurücktreten könne, obwohl Erfolg des § 251 vorliegt, nur weil er auf Wegnahme verzichtet
pro: Wortlaut des § 24, wonach als “die Tat” versuchtes Grunddelikt plus qualifizierender Erfolg verstanden werden kann
con: Grundsatz der allgemeinen Akzessorietät der Qualifikation vom Grunddelikt
- aA: möglich (hM)
pro: Wortlaut des § 24, wonach Täter von einem nur versuchten Grunddelikt zurücktreten kann
pro: ohne Grunddelikt (bei Rücktritt) fehlt Anknüpfungspunkt für Erfolgsqualifikation - Rücktritt von der versuchten Erfolgsqualifikation: Möglichkeit eines Teilrücktritts (hL)
§ 251: TuT
- Beteiligungsform bestimmt sich allein nach der Mitwirkung am Grunddelikt
- Haftung für qualifizierende Folge muss bei jedem Beteiligten getrennt nach seiner Fahrlässigkeit/Vorsatz geprüft werden
-> insbesondere Vorsatz-Prüfung hinsichtlich der für den tödlichen Verlauf relevanten Nötigungshandlungen
§ 252: Aufbau und Grundlegendes
I. Tatbestandsmäßigkeit
- Objektiver TB
a) Vortat: vollendeter, noch nicht beendeter Diebstahl (auch bei Diebstahl als Element eines Raubes)
b) Auf frischer Tat
c) “Betroffen”
d) Nötigungsmittel - Subjektiver TB
a) Vorsatz
b) Besitzerhaltungsabsicht
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Qualifikationen (“Gleich einem Räuber” -> §§ 250, 251 finden entsprechende Anwendung)
§ 252: P: auf frischer Tat
- eA: enge Sicht: verlangen einen engen zeitlichen und örtliche Zusammenhang zum Tatort (noch in unmittelbarer Nähe des Tatorts und alsbald nach der Tat)
pro: Sicherstellen der Nähe des § 252 zur tatbestandlichen Situation des Raubes (“gleich einem Räuber”) - aA: weite Sicht: gesamte Beendigungsphase
pro: Systematik: Rechtsgedanke des § 32 II
pro: auch so bleibt Nähe zum Raub erhalten, wenn bei diesem die Zeit/Ort wie in jüngster Rechtssprechung nicht mehr nur an Zahlengrößen bestimmt wird
§ 252: P: betroffen
- eA: nur derjenige, der von einer anderen Person wahrgenommen oder bemerkt wird
pro: weiter Wortlaut von “betroffen” nicht mit Art 103 II GG vereinbar - aA: auch derjenige, der durch schnelles Zuschlagen oder einen anderen Überraschungsangriff dem Bemerktwerden zuvorkommt (hM)
pro: Bestimmung von “Betroffen” aus Tätersicht möglich
pro: Telos § 252: Bekämpfung der Verteidigung des ungesicherten Gewahrsams mit Raubmitteln; Täter nicht weniger gefährlich
§ 252: Subjektiver Tatbestand
- dolus directus 1. Grades
- > Voraussetzung: noch vorhandener unmittelbarer Besitz iSv Gewahrsam (reine Fluchtsicherung nicht erfasst)
- > Absicht der Besitzerhaltung muss nicht einziger Beweggrund für Nötgungshandlung sein (verlängerte Zueignungsabsicht)
- > Verhinderung der Gewahrsamsentziehung muss zumindest nach Tätervorstellung gegenwärtig oder unmittelbar bevorstehen
§ 252: TuT (insb.: P: Diebstahlsgehilfe als (Mit)Täter von § 252, wenn er zur Besitzsicherung Nötigungsmittel verwendet?)
- Täter des § 252 muss an der Vortat beteiligt sein und seinen Besitz verteidigen
- normale Zurechnung (der objektiven (!) TBM) über § 25 II möglich
- bei mittäterschaftlicher Begehung reicht nicht eigenhändiger Besitz aus, sofern der Wille vorhanden ist, den gemeinsamen Mitbesitz zu erhalten
- Hat der Täter zum Zeitpunkt der Nötigungshandlung den Besitz vollständig an Dritten übertragen, scheidet § 252 aus (Wortlaut)
- P: Diebstahlsgehilfe als (Mit)Täter von § 252, wenn er zur Besitzsicherung Nötigungsmittel verwendet?
eA: ja, durch Wortlaut gedeckt (BGH)
aA: nein, muss (Mit)Täter des § 242 sein (hL)
-> pro: Herstellung des notwendigen Gleichgewichts zwischen § 252 (“gleich einem Räuber”) und § 249, wonach für beide Tatbestände Täterschaft bezüglich Nötigung und Diebstahl vorausgesetzt ist
-> pro: Erhaltungsabsicht bei § 252 als verlängerte Zueignungsabsicht
§ 253: Grundlegendes und Aufbau
I. Tatbestandsmäßigkeit
- Objektiver Tatbestand
a) Nötigungsmittel
aa) Gewalt (gegen eine Person) ODER
bb) Drohung mit einem empfindlichen Übel
b) Nötigungserfolg: (irgendeine) Handlung, Duldung, Unterlassung
c) Nötigungsbedingte Vermögensverfügung (str.)
d) Vermögensschaden (wie bei § 263) - Subjektiver TB
a) Vorsatz
b) Eigen- oder fremdnützige Absicht der stoffgleichen Bereicherung - Objektive RW der erstrebten Bereicherung und entsprechender Vorsatz*
II. RW
III. Schuld
- Nötigungsmittel des § 240
- § 255: Qualifikation mit den Nötigungsmitteln des § 249; besonders schwerer Fall bei Nötigungsmitteln der §§ 250, 251
- I.2. bis III. : identische Prüfungspunkte wie bei § 263
*bei fälligem und einredefreiem Anspruch (vgl. parallel: § 242): nur Nötigung möglich
§ 253: Nötigungsmittel
- grds. wie § 240
- auch Drohung durch Unterlassen möglich
- Gegenwärtige Gefahr: s. § 34: wenn bei natürlicher Weiterentwicklung der Dinge der Eintritt eines Schadens sicher oder höchstwahrscheinlich ist, falls nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden
§§ 253, 255: P: Erfordernis einer Vermögensverfügung (normlogische Abgrenzung iSv Spezialität vs. Exklusivität in Bezug auf § 249)
- eA: Verfügungslehre/Exklusivitätsthese: willentliches Verhalten nötig, durch das der Genötigte bewusst sein Vermögen unmittelbar mindert - vis absoluta (kein Raum für eigene Willensbetätigung) scheidet somit aus
pro: wenn § 255 durch vis absoluta+compulsiva weit verstanden wird, ist § 249 praktisch überflüssig (eigenständiger Anwendungsbereich nur bei Raub einer wertlosen Sache)
pro: Systematik: § 255 würde auf die Vorschrift des lex specialis verweisen (auch Überschrift: Gleichwertiges Nebeneinander; Lex specialis wäre vor der allgemeinen Regelung)
pro: ansonsten werde Privilegierung der bloßen Gebrauchsanmaßung unterlaufen (§ 249 erfordert Zueignungabsicht - würde diese entfallen, dann könnte nach aA aber trotzdem noch aus §§ 253, 255 bestraft werden) (dagegen con: Privilegierung sei bei nötigungsbedingter Gebrauchsanmaßung nicht indiziert)
pro: Charakter des Selbstschädigungsdelikts (“Freikaufcharakter” der Erpressung) bleibt erhalten und kann von Fremdschädigungsdelikt wie §§ 242, 249 abgegrenzt werden - aA: Rechtsprechung/Spezialitätsthese: keine Vermögensverfügung erforderlich; auch bei vis absoluta sind §§ 253, 255 anwendbar
pro: Verfügung laut Gesetzeswortlaut nicht erforderlich (dagegen con: auch bei § 263 ungeschriebenes TBM)
pro: warum anderer Gewaltbegriff (hins. vis absoluta vs compulsiva) als bei §§ 240, 249, wenn dadurch gerade die massivere Gewaltanwendung ausgesondert wird? (dagegen con: vis absoluta nicht notwendigerweise brutaler oder gefährlicher, bspw. bei bloßem Einsperren)
pro: aus kriminalpolitischen Gründen sollen lückenlos alle durch qualifizierte Nötigungsmittel herbeigeführten Vermögensschädigungen gleich bestraft werden können
con Spezialität (des Raubes): dann wäre Eigentum(sschutz) ein Unterfall des Vermögens(schutzes), obwohl nach ganz hM wertlose Sachen zwar Eigentumsschutz, aber gerade keinen Vermögensschutz genießen
- wA: differenzierende Lehre: Verfügung nur bei Sacherpressung, nicht aber bei Forderungserpressung nötig
pro: Verfügungsmerkmal hat nur da sinnvoll Platz, wo es um die Abgrenzung zwischen Sacherpressung und Raub gehe
Dreieckserpressung
- Lagertheorie
- Befugnistheorie
- Ermächtigungstheorie
- nach Verfügungslehre: wie Dreiecksbetrug
- nach Rechtsprechung: ähnliche Konstruktion mit “Vorliegen eines Näheverhältnisses” (Annäherung an Verfügungslehre in diesen Konstellationen)
=> identische Ergebnisse
P: Abgrenzung zwischen § 249 und § 255 (Abgrenzung in der Anwendung dieser Straftatbestände)
1) Bei Verfügungslehre: Abgrenzung (zwischen Verfügung und Wegnahme) anhand der inneren Willensrichtung des Opfers (jedenfalls ein willentliches Verhalten, das bewusst eine Vermögensminderung herbeiführt)
- eA: Wegnahme stets, wenn es in der Zwangslage für den Genötigten gleichgültig ist, wie er sich verhält, die Sache also unabhängig von seiner Mitwirkung dem Zugriff des Täters preisgegeben ist oder wenn er keine reellle Wahlmöglichkeit oder Verhaltensalternative hat [Bspw. geladene Waffe wird an den Kopf gehalten]
con: Problem des freien Willens und Vernachlässigung des Freikaufcharakters der Erpressung
- aA: notwendige Mitwirkung wird um objektive Komponente ergänzt, wonach ein unentbehrlich abgenötigtes Opferverhalten, das lediglich eine Gewahrsamslockerung bewirkt und dem Täter die Möglichkeit zur erzwungenen Wegnahme eröffnet, bereits eine die Wegnahme ausschließende Vermögensverfügung darstellt (bspw. Preisgabe des Safeschlüssels) -> Kriterium der Unmittelbarkeit soll im Erpressungsbereich also entfallen
con: in bloßer Gewahrsamslockerung liegt nicht zugleich ein (erzwungenes) Einverständnis in die Wegnahme
- wA: allein entscheidend, ob Opfer mit faktischem (wenn auch gegen seinen Willen) Einverständnis den Gewahrsam überträgt oder den Gewahrsam unwillentlich verliert
2) Bei Rechtsprechung: allein das äußere Erscheinungsbild der Tat ist mögliches Abgrenzungkriterium
-> Wegnahme: Raub
-> Hingabe: Erpressung
[jedoch Hingabe kein (!) TBM der Erpressung; lediglich Abgrenzungskriterium der Konkurrenzfrage, da Erpressung für Rspr. das allgemeinere Delikt ist]
Sicherungserpressung
- Anschlusserpressung, die lediglich der Sicherung des Vorteils nach einem Aneignungs- oder Bereicherungsdelikt dient, hat keine selbständige Bedeutung und wird als Nötigung bestraft (sofern keine Schadensvertiefung damit einhergeht)
- kein eigentlicher Sicherungscharakter, wenn die Vortat als Eingehungsbetrug [konkrete Vermögensgefährdung durch Vertragsschluss] den erzwungenen Verzicht auf die (später fällige) Forderung nur vorbereitet und es nichts Erlangtes zu verteidigen gibt
- -> hier kann – muss aber keineswegs – das spätere Verhalten einen selbstständigen Vermögensschaden herbeiführen