5/7 (Täterschaft) Flashcards

1
Q

Tatbestandsspezifische Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei besonderen Deliktstypen

A
  1. Sonderdelikte (Besondere Subjektqualität des Täters, bspw. Amtsträger)
  2. Pflichtdelikt (Besondere Pflichtstellung des Täters, bspw. Vermögenbetreuungspflicht)
  3. Eigenhändige Delikte (persönliche Ausführungshandlung)
  4. Delikte mit überschießender Innentendenz (bspw. Zueignungsabsicht)
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2
Q

P: Abgrenzung Täterschaft vs. Teilnahme

A
  1. Extrem-subjektive Theorie (überholte Rechtssprechung): Abgrenzung erfolgt allein aufgrund des inneren Willens des Handelnden (Abgrenzungsformel: Täter ist, wer die Tat als eigene will, Teilnehmer, wer sie als fremde will); auf objektive Umstände kommt es nicht an
    con: verkannt wird die durch § 25 I Alt. 1 erforderliche Tatbestandsgebundenheit des Täterwillens
    con: Figur des Täterwillens zu wenig greifbar und ungenau bestimmbar
  2. Subjektive Theorie (heutige Rechtssprechung): entscheidendes Kriterium nach wie vor der Wille zur Tat, jedoch ergänzt um eine wertende Beurteilung objektiver Kriterien (Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, Umfang der Tatbeteiligung, Tatherrschaft oder Wille zur Tatherrschaft)
    con: bis auf den Umfang der Tatbeteiligung handelt es sich im Kern noch um subjektive Kriterien (Pseudo-Objektivität)
    con: hohe Beliebigkeit des Kriteriums des Interesses und keine klare Gewichtung der einzelnen Indikatoren
    con: Eigeninteresse an der Tat wenig hilfreich bei Delikten, die tatbestandsmäßig in fremdem Interesse begangen werden (bspw. § 216 - Tötung auf Verlangen)
  3. Formal-objektive Theorie (überholte Lehre): Täter ist, wer die tatbestandsmäßige Handlung ganz oder teilweise vornimmt (Teilnehmer: nur Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlungen)
    con: § 25 I S. 1 Alt. 2 (mittelbare Täterschaft) ist nicht erklärbar
    con: Bandenchef u.a. “Schaltzentralen” können nicht als Täter erfasst werden
  4. Materiell-objektive Tatherrschaftslehre (h.L.): Täter ist Zentralgestalt des Geschehens, Teilnehmer ist Randfigur.. Zentralgestalt zeichnet sich durch planvoll-lenkende oder mitbestimmende Tatherrschaft aus. Tatherrschaft ist das vom Vorsatz umfasste In-den-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufes
    - unmittelbare Täterschaft: Handlungsherrschaft
    - mittelbare Täterschaft: Willensherrschaft
    - Mittäterschaft: funktionale Handlungsherrschaft
    pro: Synthese der erforderlichen subjektiven und objektiven Elemente durch das Prinzip der Tatherrschaft
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3
Q

Abgrenzung Täterschaft vs. Teilnahme bei Unterlassungsdelikten

A
  1. Gleichbehandlungstheorie (Rspr.): wie bei Begehungstat: greift auf die allgemeinen Abgrenzungskriterien zurück. Es wird darauf abgestellt, ob der Unterlassende das Geschehen als Zentralfigur mitbeherrscht oder es eher als Randfigur ablaufen lässt. Weitere Kriterien, die zur Abgrenzung herangezogen werden, sind der Grad der tatsächlichen Beherrschung des Geschehensverlaufs, die Nähe zum Schutzobjekt und zur Gefahrenquelle und die Mitwirkung bei der Tatplanung
    con: bei subjektiven Theorien wie oben
    con: ein Unterlassender kann auch keine Tatherrschaft besitzen; die bloße Möglichkeit der Erfolgsabwendung begründet noch keine Tatherrschaft (s. 3 Teilnehmertheorie)
  2. Tätertheorie: der ist Täter, der als Garant eine fremde Begehungstat nicht verhindert (aus Erfolgabwendungspflicht - die Pflichtverletzung ersetzt die Tatherrschaft)
  3. Teilnehmertheorie: stets als Teilnehmer, insofern der Begehungstäter voll verantwortlich ist (und die Tatherrschaft innehat) - wer die Tat geschehen lässt, beherrscht sie nicht
    con: Tatherrschaft als Abgrenzungskriterium beim Unterlassen ungeeignet: als “Gestaltung des Geschehensablaufs” fehlt sie beim Unterlassen notwendigerweise völlig
    con: Untätige Garanten, die a) nicht gegen Gefahren von Menschen ausgehend einschreiten, wären besser gestellt als solche, die b) nicht gegen Naturgefahren etc einschreiten (bei a) nur Beihilfe, bei b) Unterlassenstäter)
  4. Differenzierende Theorie: Unterlassender aus Beschützergarantenstellung ist stets Täter, aus Überwachergarantenstellung Teilnehmer, da ersterer in sozial näherer Beziehung zum Opfer steht
    con: außer der sozialen Nähe gibt es kein Argument für eine engere Verknüpfung von Täter und Opfer; außerdem besteht bei beiden Stellungen dieselbe Rechtspflicht
    con: Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen beiden Pflichtstellungsarten
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4
Q

Mittäterschaft plus Voraussetzungen

A

= bewusstes und gewolltes Zusammenwirken aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes

  1. objektiv: gemeinschaftliche Tatbegehung
  2. subjektiv: gemeinsamer Tatentschluss
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5
Q

Gemeinsamer Tatentschluss

A
  1. Einverständnis jedes Beteiligten mit dem gemeinsamen täterschaftlichen Vorgehen
  2. Auch konkludent / durch konkrete Verhaltensweise
  3. bei arbeitsteiligem Vorgehen: der Beteiligte muss seinen Beitrag als Teil des anderen und diesen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils wollen
  4. Gemeinsamer Tatplan begrenzt auch Zurechnungsmöglichkeit (darüber hinausgehende Handlungen anderer Mittäter werden als Mittäter-Exzess nicht den anderen zugerechnet)
    Aber: während der Tat ist eine einverständliche Vorsatzerweiterung möglich
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6
Q

P: Sukzessive Mittäterschaft

A

Unstreitig bis zur Vollendung der Tat möglich und nach Beendigung der Tat nicht mehr möglich (dolus subsequens) - Streitig: zwischen Vollendung und Beendigung der Tat möglich? (va §§ 242 ff, 249 ff)

  • eA: Tatherrschaftslehre: nur bis Vollendung möglich. Nach dieser ist das tatbestandliche Handeln bereits abgeschlossen und kann täterschaftlich nicht mehr beherrscht werden
    pro: Fehlende Kausalität (Grundvoraussetzung strafrechtlicher Verantwortlichkeit)
    pro: nachträgliche Billigung / Kenntnisnahme wird ansonsten unzulässig in Willen zur Tatherrschaft umgedeutet
  • aA: Subjektive Theorie: innerhalb der Gesamtwertung der Kriterien kann bspw. ein starkes Eigeninteresse den mangelnden Willen zur Tatherrschaft überlagern
    pro: Erfolg der Tat kann erst nicht mehr gefördert werden, wenn sie ihren materiellen Abschluss gefunden hat
    pro: Prinzip materieller Gerechtigkeit: auch der nach Deliktsvollendung eingetretene profitiert vom Delikt und soll dafür zur Verantwortung gezogen werden können
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7
Q

Gemeinschaftliche Tatbegehung

A

Mittäter muss einen als täterschaftliche Begehung zu wertenden Beitrag (gewisse Erheblichkeit) erbringen

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8
Q

P: Erbringen des Tatbeitrags im Vorbereitungsstadium oder nach Vollendung der Tat

A
  1. Subjektive Theorie: Tatortanwesenheit nicht erforderlich
  2. Enge Tatherrschaftslehre: wesentlicher Beitrag während des Ausführungsstadiums (irgendein kommunikativer Akt ausreichend)
    pro: ohne Anwesenheit oder kommunikative Verbindung erscheint der Beteiligte nicht als Zentralgestalt des Geschehens
    pro: keine Strafbarkeitslücken (mittelbare Täterschaft, Anstiftung)
  3. Weder Anwesenheit noch Kommunikation nötig: Täterschaft kann begründet werden, wenn Minus im Ausführungsstadium durch ein Plus im Vorbereitungsstadium ausgeglichen wird
    pro: Entscheidend bei einem Tatbeitrag ist die Bedeutung für die Tat, nicht sein Zeitpunkt
    pro: enge THL führt zu einer sachwidrigen Privilegierung des Organisators, der durch seine genaue Planung sein Mitwirken während der Ausführung überflüssig gemacht hat
    pro: Lösung über Anstiftung/mittelbare Täterschaft würde Umstand nicht gerecht, dass Organisator die Ausführung wesentlich gestaltet hat und sie daher als sein Werk anzusehen ist
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9
Q

Mittäterschaft, getrennte Prüfung

A

A. Strafbarkeit des Tatnächsten
B. Strafbarkeit des weiteren Beteiligten als Mittäter
I. Tatbestandsmäßigkeit
-> Vorprüfung: besondere Merkmale für Täterqualität vorausgesetzt? (strafbegründende persönliche oder subjektive Merkmale)
1. Objektive TBM nicht durch weiteren Beteiligten selbst verwirklicht
2. Fraglich, ob ihm die nicht selbst verwirklichten TBM über § 25 II zuzurechnen sind - Voraussetzung: Mittäterschaft (ggf. Abgrenzung: TuT)
a. Gemeinsamer Tatplan der Beteiligten (Exzess?)
b. Gemeinsame Tatbegehung (Erheblicher Tatbeitrag? Teilnahme?)
c. Besondere subjektive TBM (keine Zurechenbarkeit)
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

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10
Q

P: Versuchsbeginn bei Mittäterschaft

A
  1. Einzellösung: für jeden Beteiligten ist gesondert festzustellen, ob er mit seinem Beitrag bereits unmittelbar zur Tat angesetzt hat
    con: Die Struktur der Mittäterschaft ist die der gegenseitigen Zurechnung. Daraus erscheint es strukturwidrig, den Versuch getrennt feststellen zu wollen
    con: sachwidrige Ergebnisse, indem a) der Täter, der schon sehr früh seinen Tatbeitrag leistet, bestraft wird, obwohl noch gar keine konkrete Gefährdung für das Rechtsgut besteht, und b) der Täter privilegiert wird, der seinen Tatbeitrag erst sehr spät erbringt, obwohl durch das Handeln der Mittäter das Rechtsgut bereits gefährdet ist
  2. Gesamtlösung: für alle Beteiligten beginnt der Versuch, wenn der erste Mittäter nach dem gemeinsamen Tatplan zur Tat unmittelbar ansetzt
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11
Q

P: Fahrlässige Mittäterschaft

A
  • eA (Rspr./ hL): es fehlt der Vorsatz als Voraussetzung für einen gemeinsamen Tatentschluss
    pro: Fälle der fahrlässigen Mittäterschaft auch über Nebentäterschaft (mit Anpassung auf Kausalität-/Zurechnungsebene) möglich
    pro: bei zweifelhafter Kausalität gilt in dubio pro reo
    con: Strafbarkeitslücken bzw. Nebentäterschaftskonstruktionen, bei denen die Fahrlässigkeitsschwellen für die einzelnen Täter zu einer Verurteilung bedenklich weit abgesenkt werden
  • aA (vordringende Ansicht): Gemeinschaftliche Pflichtverletzung: liegt vor, wenn sich eine durch mehrere gemeinschaftlich geschaffene unerlaubte Gefahr im Erfolg realisiert hat
    pro: Wortlaut des § 25 II unterscheidet nicht zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit
  • > con: unzulässige, täterbelastende Auslegung des § 25 II
    pro: Argument des fehlenden gemeinsamen Tatentschlusses nicht stichhaltig, da dieser eine Voraussetzung für eine vorsätzliche Mittäterschaft sei; es gehe aber gerade um fahrlässige Mittäterschaft - ausreichend sei daher der gemeinsame Entschluss, sorgfaltswidrig zu handeln
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12
Q

P: Einseitiger Einpassungsentschluss

A

= auch wenn eine einzige Person alle tatbestandlichen Ausführungshandlungen selbst vornimmt, ist es doch denkbar, dass ein Beteiligter ohne Wissen des Handelnden so intensiv mitwirkt, dass er die Ausführung der Tat nach Ort, Zeit und Modalitäten wesentlich mitbestimmt (Ehefrau erzeugt perfekte Umstände für den Mord an ihrem Ehemann durch einen Dritten, der aber um diesen “Service” gar nicht weiß)

  • eA (Jakobs): der nicht unmittelbar Beteiligte verbindet seinen Tatbeitrag als gestaltende Mitwirkung mit dem Verhalten des Ausführenden
    pro: Schließung von Strafbarkeitslücken (Alleintäterschaft - / Mittäterschaft nach hM - / Mittelbare Täterschaft -)
  • aA (hM): beiderseitiges Zusammenwirken erforderlich
    pro: oft dürfte es an einer täterschaftlichen Ausführungshandlung als “Einpassungshandlung” fehlen; falls sie aber besteht, könnte eine Zurechnung als eigenverantwortliches Dazwischentreten erfolgen
    pro: keine Strafbarkeitslücken, da Beihilfe möglich sein wird
    pro: ein einseitiger Einpassungsentschluss widerspricht dem Wesen der Mittäterschaft, ein solches setzt ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken voraus, aber kein “Aufdrängen”
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13
Q

P: alternatives Zusammenwirken bei Mittäterschaft

A

Die Tatbeiträge addieren oder ergänzen sich nicht, sondern jeder sollte nur alternativ, dann aber allein, die Tat ausführen (Warten an verschiedenen Plätzen auf das Opfer) - ähnlicher Meinungsstand wie beim Erbringen des Tatbeitrags im Vorbereitungsstadium

  1. enge THL: (funktionale) Tatherrschaft meint die Mitausführung der konkreten Tatbestandsverwirklichung
    con: nach § 25 II ist die Mittäterschaft gerade so angelegt, kein eigenhändiges Ausführen der Tathandlung erforderlich ist (Personen sind anhand ihrer Rollenverteilung austauschbar)
  2. weite THL: Mitwirkungsakt bei Tatausführung ohne gegenseitigem Aufbauen oder Ineinandergreifen
  3. weitere THL: Erbringen eines in der Tatausführung weiterwirkenden Beitrags von erheblichem Gewicht
  4. Subjektive Theorie
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14
Q

Ebenen des vorzeitigen Ausstiegs bei Mittäterschaft

A

Ein bloß verbales Lossagen beseitigt die einmal eingenommene Tatrolle nicht

  1. Lossagen im Versuchsstadium: Voraussetzungen des § 24 II StGB
    - > es bedarf
  2. der Rückgängigmachung der Verursachungsbeiträge
  3. Erhebliche Abweichung der Tat vom ursprünglichen Tatplan in der späteren Ausführung
  4. Wegfall des Tatvorsatzes in dem dafür maßgeblichen Zeitpunkt des Versuchsbeginns, wenn der Beteiligte davon ausging, dass es nicht mehr zu Versuch und Vollendung kommen werde (jedoch Strafbarkeit aus Teilnahme denkbar)
  5. Lossagen im Vorbereitungsstadium unter Mitteilung an Mittäter
    - > Bestrafung als Teilnehmer möglich, wenn und soweit Tatbeitrag in Tatausführung hineinwirkt
  6. Lossagen im Vorbereitungsstadium ohne Mitteilung an Mittäter
    - > Fraglich, ob alleinige innere Abstandnahme ausreichend ist
    con: gemeinsamer Tatplan bleibt bestehen, sofern nicht Gegenteiliges geäußert wird
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15
Q

Mittelbare Täterschaft

A

Mittelbarer Täter ist gem. § 25 I Alt. 2 StGB, wer die Tat „durch einen anderen begeht“. Der Täter als Hintermann instrumentalisiert dabei also einen anderen Menschen als sein „Werkzeug“ zur Begehung einer – seiner – Straftat

Tatmittler: unterlegene Stellung
Hintermann: beherrschende Rolle: erfasst Sachlage richtig und hat Geschehensablauf kraft seines planvoll lenkenden Willens in der Hand

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16
Q

Fälle des rechtlich relevanten Verantwortungsdefizits des Vordermanns

A
  1. Objektive Tatbestandslosigkeit
  2. Subjektive Tatbestandslosigkeit
  3. Fehlende Rechtswidrigkeit
  4. Fehlende Schuld
17
Q

P: Opfer als Werkzeug gegen sich selbst - Kriterien der freiverantwortlichen Selbstschädigung

A
  1. Exkulpationslösung: Freiverantwortlichkeit ist mithilfe der Schuldausschließungs- bzw. Entschuldigungsgründe zu bestimmen - dann gegeben, wenn der Person ein schuldhaftes Handeln vorgeworfen werden könnte, wenn er statt seiner selbst eine andere Person geschädigt hätte
    pro: Exkulpationsregeln stecken Rahmen für Verantwortlichkeit des eigenen Handeln ab
  2. Einwilligungslösung: Freiverantwortlichkeit gegeben, wenn der Eingriff nach den Regeln der Einwilligung (hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen) gerechtfertigt wäre
    pro: zu enge Bestimmung bei Exkulpation, die sich nach Schuld an einer Fremdschädigung richtet - bei einer Selbstschädigung jedoch ist auf eine solch enge Bestimmung nicht zurückzugreifen
    pro (bei Tötung): Wertungswiderspruch, wenn Einwilligung in Lebensgefährdung niedrigere Anforderung hätte als Einwilligung in Körperverletzung
18
Q

Mittelbare Täterschaft (Aufbau)

A

A. Strafbarkeit Tatnächster
B. Strafbarkeit des Hintermannes als mittelbarer Täter
Vorprüfung: fehlt ganz offensichtlich Täterqualität (Sonderdelikt, eigenhändiges Delikt, keine Tätereigenschaft), ist auch mT abzulehnen
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Deliktspezifische äußere Merkmale
b. Zurechnung der fremden (Tat-) Handlung, § 25 I Alt. 2
-> Vornahme der Handlung durch einen anderen
-> Zurechenbare Verursachung des tatbestandsmäßigen Geschehens durch tatbeherrschende Steuerung des Vordermannes
a. deliktisches Minus
b. “Täter hinter dem Täter”
c. ggf. Abgrenzung zur Teilnahme (insbes. bei deliktischem Minus bei Schuld, da auch Teilnahme an vorsätzlicher und rw Haupttat möglich)
2. Subjektiver Tatbestand
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld

19
Q

Prüfung: “Täter hinter dem Täter”: mT durch Organisationsherrschaft

A

Fallgruppe: Vordermann ist als Täter einer Vorsatztat strafbar, jedoch besitzt der Hintermann ein faktisch oder psychologisches (aber kein rechtliches) Übergewicht

  • > Täter handelt durch einen Befehl innerhalb eines Machtapparats, der seine Organisationsherrschaft begründet
  • > Voraussetzungen:
    1. Anordnungsgewalt des Befehlsgebers in einem hierarchisch strukturierten Machtapparat
    2. Rechtsgelöstheit des Machtapparates: Das Machtsystem muss sich zumindest im Rahmen der von ihm verwirklichten Straftatbestände vom Recht gelöst haben, so dass in dieser Gegenwelt der Ausführende annehmen kann, er habe keine strafrechtlichen Konsequenzen zu befürchten
    3. Fungibilität des unmittelbar Ausführenden (beliebige Austauschbarkeit des agierenden Vordermanns)
    4. Wesentlich erhöhte Tatbereitschaft des Ausführenden: (Roxin: besondere organisationsspezifische Tatbereitschaft, welche die Organisationszugehörigkeit erzeugt)
20
Q

Manipulation des Ausführenden hinsichtlich des konkreten Handlungssinns seiner Tat (irrelevanter Motivirrtum vs. täterschaftsbegründende Fehlvorstellung)

A
  1. Herbeiführen oder Ausnutzung eines Irrtums über gesetzliche Qualifikationsmerkmale (pro Täterschaft: erhebliches Unwertgefälle; Tat als Werk des lenkenden Hintermannes; pro Teilnahme: Vordermann kein unfreies Werkzeug aus bloßer Unkenntnis über Qualifikationsumstände, angemessene Strafmöglichkeit bleibt aus Teilnahme)
  2. Manipulierter error in persona vel obiecto (pro mT: konkrete Tat an diesem Opfer fällt Hintermann zur Last; pro unmittelbare T: Ausnutzen des Verbrechensplanes des Vordermannes für eigene Zwecke und durch Manipulation selbst darauf hingewirkt; pro Teilnahme: konkrete Tatförderung bzw. Einwirkung auf Willen des Tatentschlossenen)
  3. Vermeidbarer Verbotsirrtum
    - > vgl. Katzenkönig-Fall
    - > pro mT: mT als “offenes Wertungsproblem” laut BGH -> mT derjenige, der durch bewusst ausgelösten Irrtum das Geschehen gewollt auslöst, sodass der Irrende bei wertender Betrachtung ein (wenn auch schuldhaft handelndes!) Werkzeug darstellt
  4. Gradueller Tatbestandsirrtum
    pro mT: allein Hintermann kennt den konkreten Handlungssinn der Tat (jedoch muss der ihm bekannte Schaden den vom Vordermann vorsätzlich herbeigeführte wesentlich überwiegen)
    vermittelnd: Hintermann Teilnehmer, solange der Vordermann das Unrecht seiner Tat erkennt, Täter, solange dieser blind handelt
    pro Tn (hM): keine klare Abgrenzung zwischen graduellem TBI und bloßem Motivirrtum; Verantwortungsprinzip
    (Entscheid: mT abzulehnen aufgrund der Abgrenzungsproblematik und mangelnder Kriterien hierfür - Bestrafung auch unproblematisch über § 26 möglich)
21
Q

P: qualifikationslos-doloses Werkzeug

A
  • Konstellation: Vordermann ist bei Begehung eines Sonderdelikts mangels Täterqualität straflos, somit auch Hintermann kein Anstifter, bei dem jedoch Täterqualität vorläge
  • > eA (subjektive Theorie): mT durch starkes Interesse begründbar
    con: Einwände gegen subjektive Theorie
  • > aA (Tatherrschaftslehre): Täterschaft schwer begründbar, da allein Vordermann handelt
  • -> normativ begründete Tatherrschaft, da allein Sonderpflichtiger als Täter handeln könne und den Geschehensablauf auch in beherrschender Weise in der Hand hat
    pro: vermeidet Strafbarkeitslücken
    con: spezielle, vom eigentlichen (objektiven) Kriterium der THL abweichende Modifikation
  • > wA (Lehre von den Pflichtdelikten): nicht die Täterschaft, sondern allein die Verletzung der Sonderpflicht begründet die Strafbarkeit
    con: willkürliche Aufgabe des in § 25 vorgesehenen Kriteriums der Täterschaft
    con: Wortlaut der Pflichtdelikte, der an bestimmte Handlung und nicht an abstrakte Pflichtverletzung anknüpft
22
Q

P: absichtslos-doloses Werkzeug

A
  • Bsp: B fordert den A auf, die Gänse aus der Gänsebucht des O in seinen Stall zu treiben. A öffnet die Tür und treibt die Gänse in den Stall des B. Das Schicksal der Gänse ist dem A aber völlig egal (-> keine Drittaneignungsabsicht - absichtslos). Ihm kommt es nur darauf an, dem O, mit dem er aufgrund eines alten Streits noch eine Rechnung offen hat, Schaden zuzufügen (dolos - vs. wird vorgespiegelt, dass B Gänse zurückgeben wird: B problemlos als mT)
  • eA (hM, Rengier): normative THL: auch derjenige, der die erforderliche deliktsspezifische Absicht besitzt und mit dieser auf den bloß vorsätzlich – ohne eben diese Absicht – handelnden Tatmittler einwirkt, hat Tatherrschaft (§ 25 I Alt. 2); Tatmittler strafbar nach §§ 242, 25 I Alt. 2, 27
    con: maßgebliches Kriterium der eigentlichen THL - nämlich die objektive Tathandlung - liegt nicht vor; es handelt allein der Vordermann
  • aA: Ablehnung der normativen THL, § 25 I Alt. 2 (-)
    con: wird dem Gedanken nicht gerecht, dass Hintermann den Erfolg über den Vordermann herbeiführt
    pro: keine Straflosigkeit, bei § 242 immerhin Unterschlagung denkbar
23
Q

P: mT bei Zwangsausübung unterhalb der Schwelle des § 35 durch den Hintermann

A
  • eA: mT (+)
    pro: auch hier beherrscht der Hintermann durch seinen ausgeübten Zwang das Geschehen
  • aA (hM): mT (-)
    pro: Verantwortungsprinzip
    pro: Strafbarkeit des “Hintermanns” wegen Anstiftung dennoch möglich
    pro: Wertung des § 35 - solange Zwang unterhalb dieser Schwelle bleibt, hat Vordermann dem Druck standzuhalten
24
Q

P: Zulässigkeit der mT durch Organisationsherrschaft

A
  • eA: (-)
    pro: Bestrafung aus Anstiftung möglich
  • > dagegen con: wird Unrechtsgehalt nicht gerecht
    pro: Bestrafung aus MT möglich
  • > dagegen con: bei Befehlshierarchie idR kein gemeinsamer Tatplan
  • aA: (hM): (+)
    pro: Notwendig, um Unrechtsgehalt der Tat des Hintermannes zu erfassen
    pro: Hintermann hat dem Täter typische beherrschende Stellung, da er durch Befehlshierarchie, Rechtsgelöstheit und Fungibilität von der Tatbegehung ausgehen kann, wenn er sie anordnet
    con: Verantwortungsprinzip, das beim Vordermann verbleibt
25
Q

P: Zulässigkeit der mT durch Organisationsherrschaft bei Wirtschaftsunternehmen

A
  • eA (BGH): (+), indem auf Kriterien der Rechtsgelöstheit und Fungibilität verzichtet wird
    pro: gerade zu unsicheren Zeiten des Arbeitsmarkt kann durchaus Austauschbarkeit vorliegen
    pro: auch in Wirtschaftsunternehmen existieren eingespielte Befehlshierarchien
  • aA (Rengier): (-)
    pro: keine Rechtsgelöstheit des Wirtschaftsunternehmens, sodass von Mitarbeitern erwartet werden kann, dass sie keine rechtswidrigen Anordnung ausführen -> Hintermann kann sich der Ausführung nicht sicher sein und nimmt somit keine beherrschende Stellung ein
    pro: Verantwortungsprinzip
26
Q

P: Irrtum über Werkzeugeigenschaft des Vordermanns bei mittelbarer Täterschaft (Vordermann handelt ohne deliktisches Minus, Hintermann nimmt dies jedoch an)

A
  1. Ansicht: Subjektive Theorie (Rspr.): Ausreichend, dass Täter Tat als eigene will. Es reicht daher aus, dass der Hintermann subjektiv eine Beherrschung annimmt, der Irrtum über das objektiv nicht bestehende Beherrschungsverhältnis ist unerheblich. Der Hintermann kann dieser Ansicht folgend unproblematisch als mittelbarer Täter bestraft werden
  2. Ansicht: Tatherrschaftslehre (Lit.): die bloß vorgestellte Tatherrschaft genügt nicht, um Täterschaft zu begründen. Die Strafbarkeit des Hintermanns als mittelbarer Täter scheitert daher an der objektiv fehlenden Werkzeugeigenschaft des Vordermanns. Innerhalb der Vertreter der Tatherrschaftslehre ist umstritten, wie der Hintermann sich stattdessen strafbar gemacht hat:

a. bei unmittelbarem Ansetzen des Hintermanns ist eine Strafbarkeit wegen Versuchs zu bejahen. Eine Strafbarkeit als Anstifter müsse jedoch ausscheiden, da zwar eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat vorliege, der Anstiftervorsatz des Hintermanns aber nicht bejaht werden könne, weil er beim vermeintlichen Werkzeug nicht den Vorsatz zur Begehung einer vorsätzlichen Tat hervorrufen wollte.
con: nur versuchte Tatbegehung in mittelbarer Täterschaft bringt nicht zum Ausdruck, dass der Hintermann an einer vollendeten Tat beteiligt war

b. Hintermann als Anstifter; Anstiftervorsatz als wesensgleiches “Minus” im weitergehenden Tatherrschaftswillen enthalten
con: angesichts Art. 103 II GG ist das Hineinlesen eines solchen Vorsatzes eine bedenklich weite Auslegung des § 26 StGB

c. vollendete Anstiftung in Tateinheit mit versuchter Tatbegehung in mittelbarer Täterschaft
con: doppelte Anrechnung des Vorsatzes (einmal als Teilnehmervorsatz und einmal als Tätervorsatz)
con: angesichts Art. 103 II GG ist das Hineinlesen eines solchen Vorsatzes eine bedenklich weite Auslegung des § 26 StGB

27
Q

Irrtum über deliktisches Minus: Vordermann hat ein deliktisches Minus, der Hintermann weiß dies aber nicht

A
  1. mT: (-), da kein Vorsatz bzgl. Steuerung
  2. Anstiftung: (-), da keine vorsätzliche rw Haupttat (wenn deliktisches Minus nicht auf Schuldebene)
  3. versuchte Anstiftung (+)
28
Q

P: error in persona des Mittäters

A
  • eA: error in persona
  • aA: aberratio ictus
  • wA: Lehre vom Individualisierungsrisiko (hier besonder: Tatplanprüfung)
  • > Besonderheit: error in persona trifft Mittäter
  • -> Strafbarkeit des Mittäters? ganz hM: idR nach dem Tatplan auch Mittäterschaft des getroffenen Mittäters (+)
  • –> eA: Strafbarkeit aus untauglichem Versuch (hM)
    con: Umgehung der Straflosigkeit der Selbstschädigung
  • –> aA: nur aus § 30 II StGB
    pro: Tatplan idR so auszulegen, dass keine Mittäter getroffen werden sollen