4/7 (Versuch, Rücktritt) Flashcards
Vollendung
vs.
Beendigung
tritt in dem Moment ein, in dem der Täter alle im Gesetz genannten TBM eines Delikts verwirklicht hat
vs.
schließt die Rechtsgutsverletzung materiell ab: Beendigung liegt in dem Moment vor, in dem das strafbare Unrecht seinen Abschluss gefunden hat
-> Auseinanderfallen vor allem bei Dauerdelikten und Delikten mit überschießender Innentendenz (§§ 239, 242)
P: Strafgrund des Versuchs
- Subjektive Theorie: mit dem Versuch betätigt der Täter bereits einen rechtsfeindlichen Willen
con: das Gesetz erfordert ein unmittelbares Ansetzen als objektive Rechtsgutsgefährdung - Objektive Theorie: im Versuch liegt bereits eine Gefährdung eines geschützten Rechtsgutes
con: kann nicht erklären , warum aus § 23 III der untaugliche Versuch strafbar ist, da bei diesem eine objektive Rechtsgutsgefährdung nicht vorliegt - Objektiv-subjektive (Eindrucks-)Theorie: Strafgrund liegt darin, dass der objektiv betätigte rechtsfeindliche Wille dazu geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsordnung zu erschüttern
Versuchsstrafbarkeit (Prüfung)
I. Vorprüfung
- Nichtvollendung der Tat
- > Feststellung, dass die Tat nicht oder zumindest nicht zurechenbar vollendet wurde. - Strafbarkeit des Versuchs
- > Feststellung, dass der Versuch strafbar ist, weil es sich entweder um ein Verbrechen handelt oder bei Vergehen die Versuchsstrafbarkeit besonders angeordnet wurde (§§ 23 I, 12 StGB)
II. Tatentschluss
- „Vorsatz“ hinsichtlich aller Merkmale des obj. Tatbestands inklusive Kausalität und objektiver Zurechenbarkeit
- Ggf. besondere subj. Merkmale (Mordmerkmale der 1. und 3. Gruppe; Zueignungsabsicht)
III. Unmittelbares Ansetzen
Prüfung, ob der Täter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB)
IV. Rechtswidrigkeit
V. Schuld
VI. Persönlicher Strafaufhebungsgrund: Rücktritt nach § 24 StGB
Untauglicher Versuch
= der Plan des Täters kann objektiv von vornherein nicht zur Tatbestandsverwirklichung führen:
- Mangelnde Eignung des Tatobjekts
- Mangelnde Eignung des Tatmittels
- Str: Mangelnde Eignung des Tatsubjekts
- > grds. strafbar (§ 23 III)
Unterfälle:
a. Grob unverständiger Versuch: ein solcher Versuch, bei dem der Täter eine völlig abwegige Vorstellung von ge-meinhin bekannten naturgesetzlichen Kausalzusammenhängen hat (mit Luftgewehr auf Flugzeug schießen)
- > strafbar, aber Milderung möglich (§ 23 III)
b. irrealer/abergläubischer Versuch: der Täter versucht sein tatbestandliches Ziel mit irrealen, der menschlichen Beherrschung entzogenen Mitteln zu erreichen (es fehlt am rechtserschütternden Eindruck der Allgemeinheit)
- > straflos
Wahndelikt
= der Täter geht beim bloßen Wahndelikt irrig davon aus, die (von ihm richtig erkannten) tatsächlichen Umstände den Tatbestand einer Verbotsnorm erfüllen, die es aber nicht oder nicht so gibt
- umgekehrter Verbotsirrtum (Annahme, Ehebruch sei strafbar)
- umgekehrter Subsumtionsirrtum (Annahme, Wegnahme eigener, aber verliehener Sachen sei bereits ein Diebstahl)
- umgekehrter Erlaubnisirrtum (zu enge Auslegung eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes)
- > Straflos (Art 103 II GG)
Abgrenzungsprobleme: Untauglicher Versuch vs. Wahndelikt
- Fehlvorstellung über normative Tatbestandsmerkmale: Genaue Prüfung, ob sich Irrtum auf eine rechtliche oder eine tatsächliche Komponente bezieht
- Falsche Auslegung eines TB-Merkmals: bei falscher Rechtsvorstellung liegt nach hM ein Wahndelikt vor (Täter stellt sich irrig einen Tatbestand vor, der so nicht existiert)
- Fehlvorstellung über die Tauglichkeit des Tatsubjekts: strafbarer untauglicher Versuch (hM)
pro: Irrtum bezieht sich auf tatsächliche Umstände, die besondere Täterqualität begründen
pro: Umkehrprinzip: Weil ein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen der besonderen Pflichtenstellung den Täter nach § 16 I 1 StGB entlastet, muss ihn der umgekehrte Fall belasten und zum untauglichen Versuch führen
aber pro Straflosigkeit:
pro: Begrenzung der Sonderdelikte durch Gesetzgeber, die durch bloße subjektive Vorstellung nicht erweitert werden soll
pro: Nur der Täter, der die Sonderstellung innehat, kann dem Rechtsgut tatsächlich gefährlich werden
con: Vertrauen Dritter und der Allgemeinheit kann auch erschüttert sein, wenn die Sonderstellung nach innen wie nach außen (wenn auch nur zum Schein) besteht
Tatentschluss
beinhaltet den endgültigen* Handlungswillen zur Verwirklichung aller den jeweiligen objektiven Tatbestand ausfüllenden Umstände sowie die deliktspezifischen subjektiven TB-Merkmale
* die Entscheidung über das “Ob” der Tat muss definitiv gefallen sein
Tatentschluss vs. Tatgeneigtheit
- Tatgeneigtheit: wenn der Täter die Tatbestandverwirklichung zwar in Betracht zieht, darüber aber noch nicht endgültig entschieden hat
- hinreichender (vorbehaltsloser) Tatentschluss jedoch auch dann, wenn der Täter seinen Tatentschluss auf bewusst unsicherer Tatsachengrundlage trifft oder sich einen Rücktritt vorbehält (bedingter Handlungswille)
Unmittelbares Ansetzen
Unproblematisch bei Teilverwirklichung des TB
- Ansonsten:
1. Sphärentheorie: Zeitpunkt, in dem der Täter in die Schutzsphäre des Opfers eingedrungen ist und zwischen Tathandlung und ersehntem Erfolg ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht
2. Theorie der “Feuerprobe”: wenn der Täter die Schwelle zum „jetzt geht’s los“ überschritten, sein Tatplan also die „Feuerprobe der kritischen Situation“ bestanden hat
3. Gefährdungstheorie: der Täter bereits in ein Stadium gelangt ist, in dem das geschützte Rechtsgut aus seiner Sicht unmittelbar gefährdet erscheint
4. Zwischenaktstheorie: wenn zwischen dem Verhalten des Täters und der TB-Verwirklichung keine wesentlichen Zwischenschritte mehr erforderlich sind, so dass sich das Geschehen als Einheit darstellt
5. und vorzugswürdig: Kombination subjektiver und objektiver Elemente: wenn subjektiv die Schwelle zum „Jetzt geht´s los“ überschritten und obj. eine Handlung vorgenommen wurde, die ohne wesentliche Zwischenschritte nach dem Tatplan des Täters in die Tatbestandsverwirklichung münden sollte - > Rengier: ggf. Ergänzung um Gedanken der Sphären- und Gefährdungstheorie
Erfolgsqualifizierter Versuch
vs.
Versuch der Erfolgsqualifikation
I. Erfolgsqualifizierter Versuch: das Grunddelikt wurde versucht, dabei wurde (zumindest fahrlässig) der qualifizierte Erfolg herbeigeführt
II. Versuch der Erfolgsqualifikation
a. Grunddelikt vollendet, die vom Täter aber zumindest billigend in Kauf genommene schwere Folge ist nicht eingetreten
b. auch das Grunddelikt bleibt im Versuchsstadium stecken, die schwere Folge ist auch hier wieder ausgeblieben
P: Erfolgsqualifizierter Versuch
- vorgelagertes P: Strafbarkeit des Versuchs des Grunddelikts erforderlich?
- > hM: (+), Erfolgsqualifikation würde Strafbarkeit nicht erhöhen, sondern contra legem (§ 18: “schwerere Strafe”) begründen
- eA: Ein fahrlässiger Versuch ist nicht möglich (gegen hM). Ein Versuch erfolgsqualifizierter Delikte kommt daher nur bei einer vorsätzlichen, nicht aber bei einer fahrlässigen Herbeiführung der schweren Folge in Betracht
pro: da erfolgsqualifizierter Versuch in §§ 11 II, 18 nicht erwähnt ist, ist hM Rechtsfortbildung gegen Art. 103 II GG
con: Grunddelikt und Folge müssen als Einheit betrachtet werden. Eine Haftung für den Erfolgseintritt, trotz insofern fehlenden Vorsatzes wird daher durch § 11 II i.V.m. § 18 vorgeschrieben. Zudem geht bereits von dem Versuch des Grunddelikts eine besondere Gefährlichkeit aus - aA: Unabhängig von der Struktur des Grunddelikts liegt ein erfolgsqualifizierter Versuch vor, wenn sich die dem Grunddelikt anhaftende Gefahr in der schweren Folge realisiert hat
con: Knüpft der Tatbestand an die spezielle Gefährlichkeit des vorsätzlich herbeigeführten Erfolgs des Grunddelikts an, so wäre es systemwidrig trotz Ausbleiben dieses Erfolgs die Versuchsstrafbarkeit zu verschärfen - wA (hM): Es ist danach zu differenzieren, ob der qualifizierende Erfolg mit der Tathandlung verknüpft ist oder auf dem Erfolg des Grunddelikts aufbaut. Nur im ersten Fall ist ein erfolgsqualifizierter Versuch möglich, da nur dort überhaupt die Möglichkeit besteht, dass die schwere Folge auch eintritt. Bei einer Anknüpfung an den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs des Grunddelikts kann schon sachlogisch die schwere Folge nicht eintreten, da für den Versuch gerade charakteristisch ist, dass der Eintritt des Taterfolges ausbleibt. Ansonsten kann lediglich aus dem Versuch des Grunddelikts (ggf. in Verbindung mit einem Fahrlässigkeitsdelikt) bestraft werden.
con: die besondere Gefährlichkeit des Grunddelikts verwirklicht sich bei allen Versuchsvarianten
Versuch bei Qualifikationsdelikten / Regelbeispielen
a. es liegt in der Verwirklichung eines Qualifikationsmerkmals nur dann ein unmittelbares Ansetzen auch schon zum Grunddelikt, wenn dieses in unmittelbarem Fortgang des Geschehens verwirklicht werden sollte
b. im umgekehrten Fall des unmittelbaren Ansetzens zum Grunddelikt liegt aber nicht schon deshalb ein Versuch der Qualifikation, weil der Tatentschluss des Täters darauf gerichtet war
bei Regelbeispielen entsprechend: es ist zu fragen, ob mit Beginn der erschwerenden Umstände auch schon ein Versuch des Grunddeliktes besteht (-> s. insb. Strafrecht BT § 242)
P: Unmittelbares Ansetzen bei abgeschlossenem Täterhandeln / Distanzfällen
bspw. Passauer Giftfalle
- Allgemeine Ansatzformel: Versuch beginnt erst mit der konkreten Gefährdung des Rechtsguts gemäß dem Täterplan, also mit der nach Tätervorstellung erforderlichen Mitwirkungshandlung des Opfers
con: Relevanz des genauen Zeitpunkts der Gefährdung nicht mehr gegeben, wenn der Täter das Geschehen aus seinen Händen gegeben hat
con: Täter kann diesen Zeitpunkt oftmals (etwa bei Verlassen des Tatorts) gar nicht präzisieren - Beendigungstheorie: unmittelbares Ansetzen, wenn der Täter seine Ausführungshandlungen abgeschlossen hat
con: erfasst bereits den Zeitraum, in dem der Täter - wie beim unbeendeten Versuch - noch die Herrschaft über das Geschehen hat - Entlassungstheorie: unmittelbares Ansetzen bei abgeschlossenem Täterhandeln wenn a) keine wesentlichen Zwischenakte mehr erforderlich sind oder b) - auch vor Eintritt der konkreten Gefährdung - der Täter den weiteren Geschehensablauf bewusst aus der Hand gegeben hat
con: Versuchsbeginn wird zu weit in das Vorbereitungsstadium vorgelagert und untergräbt das Unmittelbarkeitskriterium des § 22
con: Unklarheit, wann “Entlassen aus dem Herrschaftsbereich” vorliegt - Vermittelnde Ansicht (BGH): Versuch kann schon dann beginnen, wenn der Täter nach seiner Vorstellung alles für die Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan hat, ohne dass es zu einer akuten Rechtsgutsgefährdung kommen muss - Gefährdung müsste dann aber zeitnah gem. Tatplan eintreten
a. Hat der Täter sichere Kenntnis um das Erscheinen/Mitwirken des Opfers, liegt eine unmittelbare Gefährdung bereits mit dem Abschluss der Tathandlung vor
b. Hält der Täter das Erscheinen/Mitwirken lediglich für möglich oder sogar unwahrscheinlich, beginnt der Versuch erst mit dem Erscheinen des Opfers und dem unmittelbar bevorstehenden Mitwirken
P: unmittelbares Ansetzen beim Versuch des unechten Unterlassungsdelikts
- eA: Versuchsbeginn in dem Zeitpunkt, in dem der Garant die erste zur Erfolgsabwendung taugliche Maßnahme unterlässt
pro: effektiver RGSchutz
con: Versuchsbeginn wird zu weit vorverlagert: Ist erst die erste Rettungsmöglichkeit verstrichen, erscheint das Tatobjekt regelmäßig noch nicht unmittelbar gefährdet. con: man gelangt so zu einer strengeren Haftung gegenüber den im Unwertgehalt parallel liegenden Begehungsdelikten, bei denen das Tatobjekt bei Versuchsbeginn regelmäßig bereits unmittelbar gefährdet erscheint. - aA: Versuchsbeginn in dem Augenblick, in dem der Garant die letzte zur Erfolgsabwendung taugliche Maßnahme ungenutzt verstreichen lässt
con: Versuchsbeginn wird zeitlich zu weit nach hinten verlagert
con: ein Rücktritt vom Unterlassungsversuch wäre nicht mehr denkbar - wA: vermittelnder Standpunkt (hM): spätestens, wenn das Tatobjekt unmittelbar gefährdet erscheint. Vergibt der Täter zuvor aber die Möglichkeit eines rettenden Eingriffs und gibt das Geschehen “aus der Hand” (“überlasst das Opfer sich selbst”), so liegt darin bereits das unmittelbare Ansetzen zum Unterlassungsdelikt
P: Unmittelbares Ansetzen bei Mittäterschaft
- eA: Einzellösung: für jeden Mittäter gesondert festzustellen, ob er bereits mit seinem Beitrag unmittelbar zur Tat angesetzt hat
con: Wenn ohnehin jeder Tatbeitrag eines Mittäters dem anderen als eigenes Handeln zuzurechnen ist, dann erscheint es wenig sinnvoll, den Versuchsbeginn für jeden Mittäter gesondert festzustellen. Insoweit widerspricht die Einzellösung gerade der Struktur der Mittäterschaft. Außerdem führt die Lösung zu sachwidrigen Ergebnissen: Derjenige, der seinen Tatbeitrag im Vorfeld der eigentlichen Tatausführung erbringt, ist schon in einem Moment wegen Versuchs strafbar, in dem eine konkrete Gefahr für das Tatobjekt nicht vorliegt. Gleichzeitig wird derjenige Mittäter privilegiert, der seinen Tatbeitrag erst sehr spät erbringen soll und so lange straffrei bleibt, obwohl das Tatobjekt durch das Handeln der anderen Mittäter bereits konkret gefährdet sein kann. - aA: Gesamtlösung (hM): Versuch beginnt für alle Beteiligten zu dem Zeitpunkt, in dem der erste Mittäter im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses zur Tat unmittelbar ansetzt
pro: § 25 II ergibt wechselseitige Zurechnung der Tatbeiträge
con: Der Mittäter eines Versuchs muss (nach der strengen Tatherrschaftstheorie) den Versuch mit beherrschen; liegt der Tatbeitrag eines Mittäters im Vorfeld des Versuchs, so ist lediglich Beihilfe zum Versuch gegeben - > dagegen con: mit hM sind auch Vorbereitungshandlungen mittäterschaftsbegründend