2/7 (Rechtswidrigkeit) Flashcards

1
Q

Notwehr / Nothilfe (Aufbau)

A

I. Objektive Rechtertigungselemente

  1. Notwehrlage
  2. Notwehrhandlung
  3. 1 Verteidigung durch Eingriff in die Rechtsgüter des Angreifers
  4. 2 Erforderlichkeit
  5. Gebotenheit

II. Subjektive Rechtfertigungselemente

  1. Verteidigungsvorsatz
  2. Verteidigungsabsicht (str.)
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2
Q

Notwehrlage

A
  1. Angriff: jede Bedrohung (objektiv aus der ex-post-Perspektive) rechtlich geschützter Interessen durch menschliches Verhalten (notwehrfähig grds. jedes, nicht notwendigerweise durch Strafgesetze bewährtes, Individualrechtsgut)
  2. Gegenwärtig: unmittelbar bevorstehend, gerade stattfindend, oder noch fortdauernd (ohne weitere Zwischenschritte)
  3. Rechtswidrig: im Widerspruch zur Rechtsordnung (aA: wenn der Betroffene ihn nicht zu dulden braucht), d.h. Angreifer hat keine Erlaubnis/Befugnis
  4. auf den Verteidiger oder einen Dritten
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3
Q

Notwehrhandlung: Verteidigung

A

= schneidiges Notwehrrecht gibt nur ein Recht zum Eingriff in Rechtsgüter des Angreifers, nicht aber in Rechtsgüter dritter, unbeteiligter Personen (Tötung eines Hundes, den nicht der Besitzer auf einen hetzt - nicht Notwehr, sondern Defensivnotstand!)

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4
Q

Notwehrhandlung: Erforderlichkeit

A

Recht braucht Unrecht nicht zu weichen (keine Güterabwägung)

  1. Verteidigungshandlung muss nach objektivem ex-ante Urteil geeignet sein, den Angriff abzuwehren (zur sofortigen und endgültigen Beseitigung des Angriffs)
  2. Bei mehreren gleich wirksamen Mitteln ist das relativ Mildeste zu wählen (3- Stufen-Regel bei tödlichen Waffen: Androhen - Kampfunfähig - Tötung nur als letztes Mittel) - Notwehrhandelnder braucht sich nicht auf das Risiko einer ungenügenden Abwehrhandlung einzulassen
  3. Aus Rechtsbewährungsprinzip (Verteidigung der Rechtsordnung): Fehlende Erforderlichkeit bei sofort verfügbarer und effektiver obrigkeitsstaatlicher Hilfe
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5
Q

Notwehrhandlung: Gebotenheit

A

Einschränkungen bei

  1. Bagatellangriffen (wenn Notwehrlage bejaht wird, darf Notwehrhandlung nicht Grenze zur Körperverletzung überschreiten)
  2. Krasses Missverhältnis (jedoch keine regelmäßige Güterabwägung - beschränkt auf Extremfälle: Schuss auf apfelstehlende Jugendliche, oft P: Art. 2 EMRK)
  3. Angriff schuldlos Handelnder
  4. 1 Kinder, Betrunkene, Geisteskranke, durch Notwehrexzess und Notstand Entschuldigte (Stufen: Ausweichen - Schutzwehr - Trutzwehr unter Möglichstes Schonung)
  5. 2 Schuldlosigkeit durch Irrtum: Irrtum soll zunächst aufgeklärt werden
  6. Persönliche Nähebeziehung: Notwehrbeschränkung bei intakten familiären Nähebeziehungen (hM, aber str!)
  7. Art. 2 EMRK: Auslegung des § 32 danach würde Tötungen zum Schutz von Sachwerten konventionswidrig machen, aber hM bezieht Art. 2 nur auf Staat-Bürger
  8. Schuldhafte Herbeiführung der Notwehrlage (separat)
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6
Q

Schuldhafte Herbeiführung einer Notwehrlage

A
  1. Absichtsprovokation: der Angriff wurde gerade mit dem Ziel herausgefordert, unter dem Deckmantel der Notwehr verletzen zu können (str. mM nimmt keinerlei Beschränkungen an, aA verlangt Ausweichen, hM lässt Notwehr vollständig entfallen, tw. wird Provokation als Einwilligung, als Angriff, als Selbstgefährdung, nicht mehr zur Verteidigung der Rechtsordnung, als rechtsmissbräuchlich ohne Vereidigungswillen handelnd gesehen)
  2. Sonst vorwerfbar herbeigeführte Notwehrlage
  3. 1 Zurechnungszusammenhang zwischen provozierendem Vorverhalten und dem ausgelösten Angriffsverhalten
  4. 2 Schuldhaft: Rechtswidriges Vorverhalten, aber auch str. sozialethisch zu missbilligendes Verhalten (1.Klasse-Fall)
  5. Enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang

Allgemein: je schwerer die rechtswidrige und verwertbare Provokation der Notwehrlage wiegt, umso größere Zurückhaltung ist ihm bei der Abwehr zuzumuten

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7
Q

P: Abwehrprovokation

A

“Überrüstung” in Erwartung eines Angriffs

  • eA Notwehrablehnung wie bei Notwehrprovokation
  • aA (BGH): wäre Widerspruch, wenn Befugnis zur Ausübung des Notwehrrechts bestünde und gleichzeitig eine Bestrafung angedroht würde
    pro: Angreifer ist allein für Notwehrlage verantwortlich
    pro: Einschränkungen nach den Grundsätzen der Abwehrprovokation sind dennoch möglich (bspw. absichtliches Liegenlassen des milderen Verteidigungsmittel, um Angreifer schwerer verletzen zu können)
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8
Q

Verteidigungswille (Notwehrwille)

A

Täter muss die Umstände kennen, die die Notwehrlage begründen und die Erforderlichkeit der konkret gewählten Verteidigungshandlung ausmachen. Darüber hinaus muss Verteidigungsabsicht vorliegen (und ggü anderen Motiven dominieren)

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9
Q

Nothilfe

A
  1. Notwehrvoraussetzungen- und Einschränkungen sind aus dem Verhältnis von Angreifer und Angegriffenem abzuleiten
  2. Nothilfe hat sich am Willen des Betroffenen zu orientieren
  3. “Allgemeinheit” ist kein anderer (Funktion der staatlichen Organe)
  4. Staatsnothilfe
  5. 1 Anderer als juristische Person: Staatsnothilfe möglich, wenn der Staat als Träger von Individualrechtsgütern betroffen ist
  6. 2 Staat als Hoheitsträger: nur wenn der Staat in seinem Bestand als solchem evident gefährdet ist und nicht in der Lage, sich durch seine eigenen Organe zu verteidigen
  7. Str., ob Hoheitsträger bei amtlichem Handeln auf Nothilfe sich berufen können (Metzler-Fall)
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10
Q

Selbsthilfe zur Anspruchssicherung (§§ 229 ff. BGB)

A
  1. Selbsthilfelage
  2. 1 Einredefreier, durchsetzbarer zivilrechtlicher Anspruch
  3. 2 Gefahr der Vereitelung oder Erschwerung
  4. 3 Staatlich Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen
  5. Selbsthilfehandlung
  6. 1 Wegnahme, Beschädigung oder Zerstörung einer Sache
  7. 2 Bei Fluchtverdacht Festnahme
  8. 3 Beseitigung von Widerstand
  9. 4 In allen Fällen: Verhältnismäßigkeit und nur vorläufige Anspruchssicherung erlaubt (§ 230 I); ferner Selbsthilfegrenzen des § 230 II-IV, insbesondere bei Wegnahme einer Sache: Beantragung von Sicherheitsarrest
  10. Selbsthilfewille
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11
Q

Selbsthilfe des Besitzers (§ 859 BGB)

A
  1. Besitzstörung / Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht
  2. 1 Besitzstörung muss noch andauern
  3. 2 Besitzentziehung muss noch frisch sein
  4. Besitzwehr- / Besitzkehrhandlung
  5. 1 Bei Besitzstörung: durch angemessene Gewaltanwendung
  6. 2 Bei Besitzentziehung: gewaltsame Wegnahme
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12
Q

Vorläufige Festnahme durch Jedermann (§ 127 I S. 1 StPO)

A
  1. Festnahmelage
  2. 1 Andere Person auf frischer Tat betroffen oder verfolgt (nicht bei Fahndung oder bei Gefängnisausbruch!)
  3. 2 Fluchtverdacht (nach Umständen oder Lebenserfahrung berechtigte Annahme, der Betroffene werde sich der Strafverfolgung durch Flucht entziehen) oder Identität nicht sofort feststellbar (Name nicht bekannt und Verweigerung der Angaben/ kann sich nicht ausweisen)
  4. Festnahmehandlung
  5. 1 Erklärung der Festnahme und zwangsweise Durchsetzung
  6. 2 Verhältnismäßigkeit (insbesondere keine Handlungen, die ernsthafte Gesundheitsschädigung oder Lebensgefährdung nach sich ziehen könnten)
  7. Festnahmeabsicht
  8. 1 Kenntnis der die Festnahme begründenden Umständen
  9. 2 Absicht, den Betroffenen der Strafverfolgung zu übergeben
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13
Q

P: Taterfordernis bei § 127 I S. 1 StPO

A
  • eA materielle Theorie: Straftat muss wirklich begangen worden sein
    pro: Scheinangriff begründet auch keine Notwehr
    pro: Systematik des § 127: wenn wie für Abs. 2 dringender Tatverdacht auch für Abs. 1 ausreichen würde, wäre Abs. 2 überflüssig
    pro: Festnahme durch Private als Ausnahme und daher eng auszulegen
    pro: Duldungspflicht kann Betroffenem nur bei tatsächlicher Tat abverlangt werden
  • aA prozessuale Theorie (wohl hM): bei pflichtgemäßer Zusammenschau der erkennbaren äußeren Umstände darf von einer Tatbegehung ausgegangen werden
    pro: alle anderen Eingriffsnormen der StPO lassen dringenden Tatverdacht genügen
    pro: die Rechtmäßigkeit der Festnahmehandlung kann nicht derart lange in der Schwebe sein, bis etwaige Zweifelsfragen bezüglich der Straftat geklärt sind
    pro: Bürger können nicht mehr Sorgfalt abverlangt werden als Behörden
    pro: bei Risiko würde sonst keine mehr 127 anwenden
  • -> dagegen con: Irrender wird ausreichend über ETBI geschützt
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14
Q

Rechtfertigender Notstand (Schema)

A

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Notstandslage: Gegenwärtige Gefahr für ein rechtlich geschütztes Interesse des Verteidigers oder eines Dritten
  2. Notstandshandlung
  3. 1 Eingriff in ein anderes Rechtsgut durch die begangene tatbestandsmäßige Tat (= das beeinträchtigte Interesse)
  4. 2 Erforderlichkeit der Notstandshandlung (= die Gefahr darf „nicht anders abwendbar“ sein)
  5. 2.1 Eignung
  6. 2.2 Einsatz des mildesten effektiven Mittels
  7. Interessenabwägung: Das geschützte Interesse muss das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegen
  8. Angemessenheit des Mittels (§ 34 S. 2)

II. Subjektives Rechtfertigungselement: Rettungsabsicht (str.)

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15
Q

Notstandslage

A
  1. Notstandsfähiges Rechtsgut: alle Rechtsgüter des Einzelnen und der Allgemeinheit, sofern sie in der konkreten Situation schutzbedürftig und schutzwürdig sind
  2. Gegenwärtig Gefahr meint einen Zustand, dessen Weiterentwicklung den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt, sofern nicht alsbald Abwehrmaßnahmen ergriffen werden (objektive ex-ante-Prognose: objektiver Beobachter unter Berücksichtigung etwaigen Sonderwissens des Notstandstäters)
  3. Gegenwärtigkeit auch: Dauergefahr, wenn die gefährliche Situation jederzeit in einen Schaden umschlagen kann und sofortiges Handeln angezeigt ist, um ihm wirksam begegnen zu können
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16
Q

Erforderlichkeit der Notstandshandlung

A

= Gefahr darf nicht anders als durch die Eingriffshandlung des Täters abwendbar sein, dh.

  1. geeignetes (Rettungschance enthaltendes) und zugleich 2. relativ mildestes Mittel
    - > jede Abwehrmaßnahme ist heranzuziehen, ggf. auch eine bloße Ausweichmöglichkeit
    - > insb. staatliche Hilfe vorrangig
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17
Q

Interessenabwägung bei der Notstandshandlung (Kriterien)

A

Bei Abwägung der widerstreitenden Interessen muss das geschützte das eingegriffene wesentlich überwiegen. Abwägungsgesichtspunkte sind:

  1. Strafrahmenvergleich
  2. Wertgefälle der Rechtsgüter
  3. Intensität der drohenden Rechtsgutsverletzung
  4. Grad der drohenden Gefahr
  5. Keine Abwägung Leben gegen Leben
  6. Autonomieprinzip (Eingriff richtet sich gegen Dritte)
  7. Verschulden der Notstandslage (kein Ausschluss, aber Abwägekriterium)
  8. Besondere Pflichtenstellung (Polizist etc, aber: Risikopflicht, keine Aufopferungspflicht!)
  9. Individuelle Bedeutung der Schäden für die jeweils Betroffenen
  10. Entstehung einer Gefahr aus der Sphäre des Eingriffsopfers (s. Fallgruppen)
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18
Q

Wesentliches Überwiegen des geschützten Interesses beim rechtfertigenden Notstand

A

Ein Interessenübergewicht muss zweifelsfrei und eindeutig sein, wenn eine Rechtfertigung erfolgen soll und bei unklarem Abwägungsergebnis keine Rechtfertigung erfolgen kann

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19
Q

Angemessenheit der Notstandshandlung

A

Zusätzliches Korrektiv, sodass sichergestellt werden soll, dass das Verhalten des Notstandstäters auch nach den anerkannten Wertvorstellungen der Allgemeinheit als eine sachgemäße und dem Recht entsprechende Lösung der Konfliktlage erscheint

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20
Q

Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstands bei Hoheitsträgern

A
  1. Interessenskonflikt ist nicht vom Gesetzgeber wegen seiner Ungewöhnlichkeit vorausgesehen
  2. Gesetzgeber wartet mit einer entsprechenden konkreten Kodifizierung des § 34 für diesen Fall noch ab
21
Q

Prüfung: Erklärte rechtfertigende Einwilligung

A
  1. Disponibilität des betroffenen Rechtsguts: alle Individualrechtsgüter aus dem menschlichen Leben (arg. e § 216 StGB)
  2. Verfügungsberechtigung: der Einwilligende muss Rechtsgutsträger sein oder als Vertreter zu Einwilligung befugt sein
  3. Erklärung der Einwilligung: explizit oder konkludent, jedenfalls vor dem Abschluss des Rechtsgutseingriffes
  4. Einwilligungsfähigkeit: Einwilligende muss nach seiner geistigen und sittlichen Reife in der Lage sein, Art und Tragweite des Rechtsgutseingriffs zu erkennen und sachgerecht zu beurteilen
  5. Keine wesentlichen Willensmängel (wie Täuschung (P) oder Verletzung der Aufklärungspflicht des Arztes)
  6. Kein Verstoß gegen die guten Sitten (bei §§ 223 ff.)
  7. Handeln in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung
22
Q

P: Einwilligungsfähigkeit bei Eingriff in das Rechtsgut Vermögen/Eigentum

A
  1. eA: geistige und sittliche Reife
  2. aA: zivilrechtliche Regelungen der Geschäftsfähigkeit (§§ 104 ff. BGB)
    pro: Einheit der Rechtsordnung
    con: Unterschiedliche Zielsetzungen von Straf- und Zivilrecht
    con: Wertungswiderspruch, wenn Eingriffe in körperliche Unversehrtheit möglich wären, aber nicht in Vermögen
23
Q

Kriterien für die ärztliche Aufklärungspflicht

A
  1. Aufklärung über den Verlauf des Eingriffs, seine Erfolgsaussichten, Risiken und mögliche Behandlungsalternativen mit wesentlich anderen Risiken
  2. Aufklärung muss inhaltlich “im Großen und Ganzen” erfolgen
  3. Hinweis auf das schwerste mögliche Risiko
  4. Erläuterung des sicher oder regelmäßig eintretenden post-operativen Zustandes
24
Q

Grundprinzipien der mutmaßlichen Einwilligung

A
  1. Handeln im materiellen Interesse des Betroffenen (Prinzip der Interessenbehauptung): Maßgeblich ist ein Wahrscheinlichkeitsurteil ex ante über den wahren Willen des Betroffenen zum Tatzeitpunkt (abzustellen ist auf die individuellen Interessen, Bedürfnisse, Wünsche, Wertvorstellungen - wenn nicht vorhanden: was allgemein als sachgerecht und vernünftig anzusehen ist)
  2. Prinzip aus mangelndem Interesse: unter Respektierung der persönlichen Interessen des Betroffenen fehlt es an einem schutzwürdigen Erhaltungsinteresse
25
Q

Mutmaßliche Einwilligung

A
  1. Verfügbarkeit des geschützten Rechtsguts
  2. Verfügungsbefugnis
  3. Einwilligungsfähigkeit
  4. Subsidiarität: keine zumutbare Möglichkeit, die Einwilligung rechtzeitig einzuholen
  5. Ermittlung des mutmaßlichen Willens unter gewissenhafter Prüfung der individuellen Präferenzen des Rechtsgutsinhabers & Übereinstimmung mit mutmaßlichem Willen
  6. Subjektives Rechtfertigungselement
26
Q

Tatbestandsausschließende Einwilligung (Einverständnis)

A

Wirkt tatbestandsausschließend (objektives Tatbestandsmerkmal):

  1. allein der innere Wille zum Tatzeitpunkt ist maßgeblich (Willensrichtungstheorie)
  2. Voraussetzung ist die natürliche Willensfähigkeit (nicht Einsichtsfähigkeit wie bei der Einwilligung)
  3. Willensmängel sind unbeachtlich
  4. Kenntnis des Täters ist nicht erforderlich
27
Q

Hypothetische Einwilligung

A

(Arztrecht) Ein eigentlich rechtswidriger Eingriff ist gerechtfertigt, wenn davon auszugehen ist, dass der Patient bei ordnungsgemäßer Aufklärung in diesen eingewilligt hätte und wenn der Arzt lege artis vorgegangen ist

con: Ärztliche Aufklärungspflicht wird ausgehöhlt
con: kein anzuerkennendes Bedürfnis nach dieser Konstruktion

28
Q

Der strafrechtliche Rechtmäßigkeitsmaßstab für öffentlich-rechtliche Handlungen

A
  1. Amtsträger muss für die konkrete Handlung zuständig sein
  2. Wesentliche Regeln des Ob und Wie der Maßnahme müssen gewahrt sein
  3. Bestehendes Ermessen muss pflichtgemäß ausgeübt sein
  4. Wille des Amtsträgers, zum Zwecke der Amtsausübung tätig zu sein
29
Q

Streit: Irrtumsprivileg des Staates

A
  1. eA: Rechtmäßigkeit trotz Irrtum, wenn der Amtsträger pflichtgemäß geprüft hat
    pro: Diensthandlungen würden erschwert oder praktisch sogar unmöglich gemacht, wenn der Betroffene gegen ihn ein Notwehrrecht hätte
    pro: Handlungskraft in unübersichtlichen Situationen wird gesichert
    con: dem irrtümlich Betroffenen wird sein Notwehrrecht genommen
  2. aA: Bei falscher Sachgrundlage besteht keine Rechtfertigung
    pro: keine Privilegierung (obrigkeitsstaatliches Relikt)
30
Q

Der rechtswidrige verbindliche Befehl

A
  1. Befolgungspflicht: besteht nur, “sofern das ihm aufgetragene Verhalten nicht strafbar oder ordnungswidrig ist und nicht die Würde des Menschen verletzt” (§§ 35, 36 BeamtStG) und dies erkennbar ist
  2. (Keine) strafrechtliche Verantwortung
  3. 1 eA: aus Rechtfertigung (gegenüber dem gehorsamspflichtigen Befehlsempfänger widersinnig, eine Ausführungspflicht zu bejahen, in der Folge aber diese pflichtgemäße Handlung als rechtswidrig einzustufen; Befehlsempfänger gegenüber wären Notwehrhandlungen möglich; Pflichtenkollision für Befehlsempfänger, die nach § 34 zur Rechtfertigung führen würde)
  4. 2 aA: oder Entschuldigung (ein rechtswidriger Befehl kann Unrecht nicht in Recht verwandeln - aber die Tat an sich würde gar nicht rechtens, da sie in mittelbarer Täterschaft begangen sein könnte; Delegation der Handlung kann nicht Rechtswidrigkeit beseitigen; kein Grund für Entziehung des Notwehrrechts beim Betroffenen ersichtlich)
31
Q

Fallgruppen zum rechtswidrigen Befehl

A
  1. Verkennen der sachlichen Eingriffsvoraussetzungen durch den Vorgesetzten: Ausführung rechtmäßig, wenn sie ihm Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung erfolgt ist
  2. Verkennen der rechtlichen Voraussetzungen/Einschränkungen durch Vorgesetzten:
  3. 1 eA Vollzugsakt immer rechtswidrig, auch wenn der Untergebene auf Rechtmäßigkeit vertraut hat
  4. 2 aA Rechtfertigung, wenn der Ausführende den vom zuständigen Vorgesetzten erteilten dienstlichen und nicht offensichtlich rechtswidrigen Befehl in gesetzlicher Form vollzieht (Überprüfung nicht notwendig)
32
Q

P: Absichtsprovokation in der Gebotenheit der Notwehr

A
  • eA: Volles Notwehrrecht (Rechtsbewährungstheorie)
    pro: Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen
    pro: Die Rechtsordnung verlangt vom Angreifer eben, dass er der Provokation widersteht
    con: Rechtsbewährung geht Rechtsmissbrauch voraus
  • aA: Actio illicita in causa (aiic): Anknüpfungspunkt nicht Notwehrhandlung (gerechtfertigt), sondern schuldhafte Herbeiführung der Notwehrlage (ungerechtfertigt)
    pro: Eine Täterstrafbarkeit könnte nach den Regeln von Kausalität und objektiver Zurechnung ohne Probleme bejaht werden
    pro: Verhalten des in Notwehr Handelnden lässt sich in eine rechtswidrige Veranlassungs- und einen rechtmäßigen Notwehr-Teil auftrennen
    con: Hier wäre ein und dasselbe Handeln einmal rechtmäßig und zugleich wieder rechtswidrig; Rechtfertigung der Notwehrhandlung nur zum Schein
    con: objektive Zurechenbarkeit bereits fraglich, da zwischen Provokation und Erfolg eine erlaubte Notwehrhandlung gem. der aiic den Zurechnungszusammenhang abbricht
  • wA: Kein Notwehrrecht (hM) -> Vorsatzdelikt
    pro: Rechtsbewährungsprinzip soll niemandem Schutz gewähren, der das Recht zu Schädigungszwecken missbraucht
    pro: Verteidigungswille fehlt, da in Wahrheit Angriffswille besteht
    con: ggf. müsse sich der Angegriffene nach dieser Ansicht töten lassen
  • -> dagegen con: Einschränkung dahingehend, dass dem Angegriffenen sein Notwehrrecht nur soweit zu versagen ist, wie er sich den Angriff des Provozierten vorgestellt hat
  • neA: Einwilligungstheorie: Notwehr ausgeschlossen, da der Provozierende dadurch konkludent auf den Schutz seiner Rechtsgüter verzichtet, sodass es bereits an der Rechtswidrigkeit des Angriffs mangelt
    con: Notwehrrecht als Bewährung der Rechtsordnung darf nicht ausscheiden, da der Provokateur darüber nicht verfügen kann (auch: Einschränkungen der §§ 216, 228 über die eigenen Rechtsgüter wie Leben und körperliche Unversehrtheit)
33
Q

P: Wie ist die fahrlässige / nur schuldhaft herbeigeführte Notwehrlage zu behandeln?

A
  • eA: Abgestuftes Notwehrrecht
    Der fahrlässige Provokateur hat dem Angriff zunächst auszuweichen. Danach darf er “Schutzwehr” (Abwehr) und letztlih auch “Trutzwehr” (iSd norm. §32-Handlung) üben.
  • aA: ähnlich der actio illicita in causa
    Hält sich der Täter an die abgestufte § 32 und muss letztlich doch zurückschlagen, so wird aus der Fahrlässigkeitstat bestraft, sofern der es sich beim Angreifer um einen “unfrei handelnden” handelt. Voraussetzung sind wieder Kausalität und objektive Zurechnung der Schaffung.
    con: Die Kritik der Absichtsprovokation findet Anwendung.
    Zudem erscheint das Verhalten nicht als strafwürdig, da der Provokateur dem Angriff bereits mit milderen Mitteln begegnet ist.
34
Q

Ist der Art. II a) EMRK auf § 32 StGB anwendbar?

“(2) Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um

a) jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen”

A

Standardfall ist die Tötung zur Verteidigung von Sachwerten. Hierbei wird diese Problematik jedoch nicht in der Gebotenheit (dort: “krasses Missverhältnis”) angesprochen, sondern bereits in der Erforderlichkeit der Notwehrhandlung.

  • eA: Anwendbar
    Die Tötung eines Angreifers zur Verteidigung von Sachwerten kann nicht zulässig sein
    pro: Die EMRK gilt für den Staat und damit auch für die zugunsten des Staates handelnden Polizisten. Dann kann es auch dem Privatmann nicht mehr erlaubt sein.
  • aA: Differenzierung
    Die Gerichte haben den § 32 konventionskonform auszulegen. Die EMRK findet dementsprechend mittelbar Anwendung.
    pro: Nach dem Wortlaut der EMRK wird nur Absicht (dd 1) überhaupt erfasst. Folglich ist eine Tötung mit dd 2 oder d evtl auch möglich.
    pro: Mit der Erforderlichkeit und Gebotenheit sind schon strenge Anforderungen an § 32 gesetzt, wonach der Art. II a) hauptsächlich Rechtsmissbrauch und Willkürtötungen verhindern will.
  • wA: Keine Anwendbarkeit (h.M.)
    Es lassen sich keine Einschränkungen herleiten, die über bereits heute schon anerkannte sozial-ethische Schranken hinausgehen.
    pro: Die Normen der EMRK wollen nur Übergriffe des Staates gegenüber Einzelpersonen verhindern und beziehen sich nicht auf das Verhältnis der Bürger untereinander.
35
Q

P: Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements

A

“Handelt der Täter in Unkenntnis seiner Notwehrlage, so scheidet nach allen Ansichten eine Rechtfertigung aus.”
Umstritten ist nur, ob wegen Versuchs oder wegen Vollendung bestraft werden soll.

  • eA: objektive Unrechtslehre: subjektives Rechtfertigungselement ist entbehrlich -> Rechtfertigung (+)
  • aA: Vollendungslösung: Ausschluss des Vorliegens einer “Verteidigung” iSd § 32 II.
    pro: Täter will das Recht nicht bewähren. Dass der eingetretene Erfolg trotz Handlungsunwert obj. rechtl. geduldet wird, genügt nicht. Derjenige, der sich in Angriffsabsicht gegen das Recht wendet und so einen Taterfolg herbeiführt, kann nur aus dem vollendeten Delikt strafbar sein
    pro: Aus einem Umkehrschluss des § 16 I 1 ergibt sich, dass, wenn dem Täter Tatbestandsmerkmale, die er nicht kennt nicht zur Last gelegt werden können, ihn auch nicht Tatsachen iRd Rechtfertigung entlasten, die ihm trotz Vorliegen unbekannt sind.
  • hM: Versuchslösung:
    pro: Liegt nur Handlungsunrecht des Täters vor und wird der Erfolg gleichzeitig von der Rechtsordnung gebilligt, so ist ein typischer Fall des Versuchs gegeben, nämlich der Unterfall des aus rechtlichen Gründen untauglichen Versuchs
    pro: Das Rechtsbewährungsinteresse und die Berufung auf den Begriff der Verteidigung nach § 32 II schließen nur eine Rechtfertigung aus, gebieten jedoch keine Vollendungsstrafbarkeit; die Versuchsstrafbarkeit genügt zur angemessenen Sanktionierung der Tat; Strafbarkeitslücken sind als gesetzgeberische Entscheidung / Verneinung der Strafwürdigkeit hinzunehmen.
36
Q

Welche Interessen sind in die Interessensabwägung bei § 34 einzubeziehen?

A

Problematisch ist, ob nur auf die durch den betreffenden Tatbestand unmittelbar oder mittelbar geschützten Rechtsgüter oder ob auch sonstige beeinträchtigte und gefährdete Rechtsgüter in Abwägung zu stellen sind.

Ansicht 1: Alle Rechtsgüter miteinbeziehe (Mm)
Alle Interessen auf beiden Seiten sind einzubeziehen.
(+) iSd § 34 soll nur ein Verhalten gerechtfertigt sein, dass mehr Nutzen als Schaden bringt.
(-) Der Grenze des Schutzes kann sich stets nur aus dem jeweiligen Tatbestand ergeben (Schutzzweck).

Ansicht 2: Nur auf tatbestandliche Rechtsgüter abstellen (h.M.) aus oben genanntem Grund.

37
Q

“Säulen” des Notwehrrechts

A
  1. Individualrechtliches Schutzprinzip: niemand muss eine Verletzung seiner Rechtsgüter durch einen Angreifer hinnehmen; zugleich ist der Rechtfertigungsgrund auf den Schutz von Individualrechtsgütern beschränkt
  2. Sozialrechtliches Rechtsbewährungsprinzip: der Notwehrübende tritt auch für den Bestand der Rechtsordnung ein, indem er gleichsam stellvertretend für die nicht anwesende Staatsgewalt das Recht gegen das Unrecht verteidigt
38
Q

Notwehrlage: Angriff mit Scheinwaffen

A
  • Angriff aus der ex post Perspektive zu beurteilen: zwar kein Angriff auf Leib oder Leben; jedenfalls aber Angriff auf Handlungsfreiheit (Bedrohung)
  • > Erforderlichkeitsprüfung aus ex ante Sicht
39
Q

P: Notwehrlage: Angriff durch Unterlassen

A
  • eA: Rechtspflicht zum Handeln muss sich aus einer Garantenpflicht ergeben
    pro: schneidiges Notwehrrecht erfordert stärkere Rechtspflichtverletzung, als sie der § 323c allgemein normiert
  • aA: Rechtspflicht zum Handeln ergibt sich bereits aus der allgemeinen Hilfeleistungspflicht des § 323c
    pro: auch die allgemeine Hilfeleistungspflicht löst Solidaritätspflichten zugunsten des Opfers aus
    con: § 323c verfügt über nur geringen Strafrahmen; unbillig, gegen eine solche Verfehlung schneidiges Notwehrrecht in Stellung zu bringen
40
Q

P: Notwehrlage: Präventivnotwehr

A
  • eA (hM): künftig drohende Angriffe nicht von § 32 erfasst
  • aA: „Präventivnotwehr“ oder „notwehrähnlichen Lage“, wenn der Angriff später nicht mehr erfolgreich oder nur mit schärferen Mitteln abgewehrt werden kann
    con: Wortlaut als Grenze des schneidigen Notwehrrechts con: Präventives Handeln ist nur in den Grenzen des § 34 erlaubt (Systematik)
  • wA: Präventivnotwehr durch § 32 analog
    pro: Art. 103 II verbietet Analogie nur zulasten des Täters
    pro: Schutzprinzip (Individualschutz) und Rechtsbewährungsprinzip (bei ausdrücklicher/konkludenter Androhung) (+)
    con: Präventives Handeln ist nur in den Grenzen des § 34 erlaubt (Systematik)
    con: keine vergleichbare Interessenlage: schneidiges Notwehrrecht nur durch zugespitzte Lage legitimierbar
    con: Flucht oder anderweitige Hilfe möglich/erreichbar
41
Q

Antizipierte Notwehr

A
  • insbesondere bei festinstallierten Verteidungsanlagen
  • > Objektiver Rechtfertigungstatbestand = Prüfung ob das, was die Verteidigungsvorrichtung ohne menschliche Steuerung macht, erforderlich und geboten wäre, wenn statt der Anlage der Angegriffene agierte
  • > Subjektiver Rechtfertigungstatbestand = antizipierter Verteidigungswille
  • insbes. auch Vorprüfung, ob bei sozialadäquaten Verteidigungsmitteln die objektive Zurechenbarkeit entfällt (da sich der Angreifer freiwillig selbst gefährdet oder kein rechtlich relevantes Risiko besteht)
42
Q

Notwehr: Gebotenheit: Stufenabfolge der gerechtfertigten Handlungen

A
  1. alle Flucht- und Ausweichmöglichkeiten sind auszuschöpfen, soweit sie die Gefahr beseitigen
  2. der Angegriffene muss sich bis zur Zumutbarkeitsgrenze auf hinhaltende Schutzwehr beschränken, evtl. auch gewisse Risiken und Beeinträchtigungen hinnehmen
  3. Scharfe Trutzwehr
43
Q

P: Schuldhafte Herbeiführung einer Notwehrlage: Sozialethisch zu missbilligendes Verhalten

A
  • eA (hM): nur rechtswidriges Verhalten dient als Anknüpfungspunkt
  • aA (Rspr) auch sozialethisch zu missbilligenden Verhalten kann Anknüpfungspunkt sein (1. Klasse-Fall)
    pro: Einstufung von Rechtswidrigkeit oder Sozialwidrigkeit für faktische Provokation unerheblich
    con: keine klare Abgrenzung möglich, Rechtssicherheit leidet
44
Q

P: Umfang des subjektiven Rechtfertigungselements

A
  • eA (hL): objektive Kenntnis der Notwehrlage genügt
    pro: mit Kenntnis der Notwehrlage steht objektivem Handlungsunwert bereits ausreichende Kompensation entgegen - aA wäre Gesinnungsstrafrecht
    con: reine Kenntnis gerade nicht ausreichend, da Bewährungsgedanke der Notwehr nicht greift, wenn Handelnder dessen Bewährung nicht will
  • aA (Rspr, mM Lit): zusätzlich ist eine Verteidigungsabsicht erforderlich
    pro: Wortlaut (“um … zu”)
    pro: andere Motive sind ebenfalls möglich, solange nur Verteidigungsabsicht nicht völlig in den Hintergrund gerät
45
Q

P: Nötigungsnotstand (als Fallgruppe der Angemessenheit)

A
  • eA: Rechtfertigungslösung (§ 34 uneingeschränkt)
    pro: keine Einschränkung des Wortlauts
    pro: genötigter Täter verdient Solidarität der Rechtsgemeinschaft
    con: Keine Notwehr des Dritten möglich, wenn Angriff gerechtfertigt
    con: Hintermann könne sich durch gravierende Nötigung, nach der der Vordermann gerechtfertigt wäre, selbst der Anstiftung straffrei stellen
  • aA: Entschuldigungslösung (§ 35 uneingeschränkt)
    pro: Täter tritt gezwungenermaßen, aber dennoch bewusst auf die Seite des Unrechts
    con: § 35 enger als § 34 hinsichtlich der geschützten Rechtsgüter
  • wA (hM): differenzierend: bei gravierenden Individualrechtsgütern des Dritten ist Angemessenheit bzw. wesentliches Überwiegen der RG des Vordermannes zu verneinen (Entschuldigungslösung)
    pro: interessensgerechter Ausgleich
46
Q

Notstand: Ausschluss der Angemessenheit (Fallgruppen)

A

Tat ist unangemessen, wenn

  1. der Täter in einem Nötigungsnotstand handelt und dem unbeteiligten Dritten der Eingriff in seine Rechtsgüter nicht zugemutet werden kann (str.)
  2. die Gefahr einkalkulierte Folge einer gesetzlichen Regelung ist
  3. die Rechtsordnung zur Abwendung der Gefahr ein rechtlich geordnetes Verfahren vorsieht
  4. die Menschenwürde, unantastbare Freiheitsrechte oder fundamentale Wertprinzipien der Rechtsordnung verletzt werden (Beispiel der erzwungenen Blutspende)
  5. die Beseitigung der Gefahr Aufgabe der Sozialgemeinschaft ist (bspw. Armutsbekämpfung)
47
Q

Prüfung: Agressivnotstand (§ 904 BGB)

A

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Notstandslage
    - > Gegenwärtige Gefahr: entspricht der Notstandslage des § 34
  2. Notstandshandlung
    a) Einwirkung auf eine fremde Sache
    b) Einwirkung notwendig: entspricht der Erforderlichkeit des § 34
  3. Interessenabwägung
    - > Drohender Schaden muss gegenüber entstehendem Schaden unverhältnismäßig groß sein: entspricht dem wesentlichen Überwiegen des § 34

II. Subjektives Rechtfertigungselement
-> Rettungsabsicht

48
Q

Prüfung: Defensivnotstand (§ 228 BGB)

A

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Notstandslage
    - > Von einer Sache ausgehende drohende Gefahr für irgendein Rechtsgut (Gegenwärtigkeit nicht erforderlich!)
  2. Notstandshandlung
    a) Beschädigung oder Zerstörung der gefährlichen Sache, die
    b) erforderlich ist
  3. Interessenabwägung
    - > Schaden an der gefährlichen Sache darf nicht außer Verhältnis zu der drohenden Gefahr stehen: Die bedrohten Interessen können ein wesentlich geringeres Gewicht als der angerichtete Schaden haben (da Schaden von der Sache selbst ausgeht: umgekehrter Maßstab zu § 904 BGB / § 34 StGB)

II. Subjektives Rechtfertigungselement
-> Verteidigungsabsicht

49
Q

P: Einwilligung: Freiheit von Willensmängeln: Anforderung an die Annahme eines täuschungsbedingten Irrtums

A
  • eA: Täuschung/Irrtum muss rechtsgutsbezogen sein (= wenn der Rechtsgutsinhaber über Art, Umfang, Schwere oder Risiken des Eingriffs irrt)
    con: zu geringe Einhegung missbräuchlicher Täuschungen
  • aA (hM): grundsätzlich jeder täuschungsbedingte Irrtum kann einen relevanten Willensmangel darstellen (= auch wesentliche (!) Fehlvorstellungen bzgl der Gegenleistung, des verfolgten Zwecks, der Motive oder anderer Begleitumstände)
    pro: Willensfreiheit bzgl. des Rechtsguts bzw dessen Preisgabe umfasst auch Zwecke und Motive
  • wA: vermittelnd: maßgeblich, ob die Einwilligung noch Ausdruck einer selbstbestimmten Entscheidung ist (verneint etwa bei notstandsähnlichen Zwangslagen und tw. auch bei der Verfolgung altruistischer Zwecke seitens des Einwilligenden)
    con: Unschärfe des Autonomiekriteriums