5/7 (Störungen im SV: Rücktritt und Rest) Flashcards
P: Übertragbarkeit des § 323 auf einseitige Verträge / vorvertragliche Schutzpflichtverletzungen
- hM: Analogie (-)
pro: § 323 fußt auf dem Gedanken des Synallagma, sodass keine vergleichbare Interessenlage besteht
pro: § 324 analog sachnäher, da Schutzpflichtverletzungen nicht im Synallagma stehen
Umfang des § 325 (Rücktritt und SE parallel)
- grds. Kombination möglich, jedoch dürfen Positionen nicht doppelt veranschlagt werden
- > bspw. Kaufpreis kann über den Rücktritt und SE statt der Leistung zurückgefordert werden -> keine doppelte Verrechnung
P: Rücktrittrecht vor Eintritt der Fälligkeit auch nach der Fälligkeit?
- BGH: Rücktritt vor Fälligkeit gem. § 323 IV kann nur davor erklärt werden; danach gelten die allgemeinen Regeln des § 323 I, II
pro: Wortlaut und Systematik: § 323 IV “vor Fälligkeit”, § 323 I “nach Fälligkeit”
pro: Telos: nach Fälligkeit nicht mehr schutzbedürftig
con: Langmütiger Gläubiger wird bestraft, der dem Schuldner noch Zeit geben möchte - > pro: wer vor der Fälligkeit trotz der Gefährdungslage der Erfüllbarkeit von seinem Rücktrittsrecht nicht Gebrauch gemacht hat, zeigt an, dass ihm ein Abwarten zumutbar ist
- aA: Rücktrittsrecht nach § 323 IV wirkt fort
pro: Offensichtlichkeit der Nichtleistung zur Fälligkeit wird nur stärker
Anwendungsbereich des § 323 II Nr. 2
- relatives Fixgeschäft
- > “wesentlich”: wenn Einhaltung des Termins oder der Frist für Gläubiger so wichtig ist, dass damit der Vertrag stehen oder fallen soll
Verhältnis von § 323 II Nr. 2 und § 376 HGB
- mM: Wahlrecht
- hM: § 376 als lex specialis
con: Schlechterstellung des Verbrauchers auch gegeben (Gläubiger muss sofort signalisieren, dass der Leistung noch will), da § 376 nach § 345 auch für einseitiges Handelsgeschäft gilt -> Unvereinbar mit RL
P: Verzögerung der Leistung/Nichtleistung als besonderer Grund iSd § 323 II Nr. 3
- vor RL: enthalten, nach RL: nicht enthalten, da RL Ausnahme vom Fristsetzungserfordernis nicht für Verzögerung vorsieht -> Nr. 3 nur für Schlechtleistung
- > Grund: Verbraucherrechtelinie: bei Nichtleistung ist Fristsetzung sogar erforderlich!
- > außerhalb des Anwendungsbereiches (RL für Verbraucherverträge) zulässig, die Entbehrlichkeit bei Verzögerung auf § 242 zu stützen
- -> Schlechterstellung des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer, der sich auf § 242 berufen kann, aufzulösen, indem auch der Verbraucher sich auf § 242 berufen kann
pro: Treu und Glauben stellt auch im Europarecht eine anerkannte Rechtsregel dar
pro: Gesetzgebungsmaterialien sehen § 242 als Notlösung angesichts der Problematik der weggefallenen Nichtleistung vor
P: Fristsetzungserfordernis beim Verbrauchsgüterkauf § 474
- hM: Art. 3 V der Verbrauchsgüterkauf-RL sieht bei Schlechtleistung (!) nur das Ablaufen einer angemessenen Frist vor, keine Fristsetzung
- > RL-Widrigkeit damit aufzulösen, dass § 323 II Nr. 3 richtlinienkonform aufzulösen ist (§ 474 als besonderer Grund)
[- bei Nichtleistung (bei Verbraucherrechte-RL) ist diese nicht anwendbar -> Fristsetzung sogar zwingend erforderlich]
§ 323 V 1: Teilbarkeit der Gegenleistung des Gläubigers für Teilrücktritt erforderlich?
- bspw. Leistung besteht in Geldzahlung und Werkleistung, Gegenleistung besteht in der Übereignung einer Wohnung
- BGH: (+)
pro: partielle Rückabwicklung ist nicht möglich - > Rücktritt vom gesamten Vertrag möglich, ohne dass es auf die Interessen an den erbrachten Teilleistungen ankommt
- ähnlich: Anteiliges Erlöschen der Gegenleistungspflicht, §§ 326 I S. 1 Hs. 2, 441 III
- > hL: Minderung nicht möglich, da Vertragsaufspaltung nicht möglich (Gegenleistung nicht teilbar)
- > Lit: Schuldner soll das Recht haben, für die unmögliche Teilleistung Geld anzubieten - wenn Schuldner oder Gläubiger dies nicht wahrnimmt: Gläubiger kann nach § 323 V vom gesamten Vertrag zurücktreten
Rechtsfolgen des Fristablaufs beim Rücktritt
- Erfüllungsanspruch erlischt nicht automatisch, erforderlich ist zusätzlich eine Rücktrittserklärung
- bis zur Erklärung hat der Gläubiger die Wahl zwischen Rücktritt und weiterer Erfüllung
- nach weiterem Erfüllungsverlangen ist keine erneute Fristsetzung erforderlich
§ 324: Zumutbarkeit
- grds. wie bei § 282 (Schwere der Pflichtverletzung, Verschulden, Wiederholungswahrscheinlichkeit, Relevanz der Pflichtverletzung mit Hinblick auf Vertragszweck)
- entgegen § 323 kann Vertretenmüssen des Schuldners hier berücksichtigt werden
- auch Mitverantwortlichkeit des Gläubigers kann nach hM hier berücksichtigt werden
(-> § 323 VI analog (-), da Rechtsausschuss explizit gegen Übertragung der Kriterien)
Anwendungsbereich des § 326 I S. 2
- irreparable Schlechtleistung
- > Zweck: die Wahlfreiheit des Gläubigers nach dem Mängelgewährleistungsrecht des Kauf- und Werkvertragsrechts entgegen der automatischen Minderung nach § 326 I S. 1 soll erhalten werden
- > Minderung muss erklärt werden; Rücktritt nach § 326 V möglich (jeweils iVm mit den Mängelgewährleistungsvorschriften)
- > nach §§ 434 III, 633 II 3 sind auch Zuwenigleistungen als Schlechtleistungen einzustufen [§ 275?]
§ 326 II: Verantwortlichkeit des Gläubigers für die Unmöglichkeit
- hM: allein oder weit überwiegend extensiv auszulegen: wenn SEA-Anspruch des Gläubigers nach § 254 sogar entfiele, weil sein Schuldanteil so groß
pro: Wille des Gesetzgebers: laut Drucks. mind. 90 % Verantwortlichkeit - mM: sogar auf sämtliche Umstände auszuweiten, die aus der Sphäre des Gläubigers stammen
con: unangemessene Ungleichbehandlung von Gläubiger und Schuldner
con: gegen Willen des Gesetzgebers
(insb. lassen sich Zweckerreichung und Zweckfortfall nicht als Umstände ansehen, für die der Gläubiger unbedingt einzustehen habe)
P: beiderseits zu verantwortende Unmöglichkeit (Umgang mit § 326 I, II)
- hL: § 326 II S. 1 Var. 1 nur, wenn Verantwortlichkeit des Schuldners für Unmöglichkeit im Vergleich zur weit überwiegenden Verantwortlichkeit des Gläubigers zu vernachlässigen ist
pro: Wortlaut
pro: Wille des Gesetzgebers - > Ggf. Ungleichverteilung des Schadens wird über Anspruch des Schuldners gegen den Gläubiger aus §§ 280 I, 241 II reguliert (Schaden: Verlust des Kaufpreisanspruches)
- aA: § 254 analog
pro: § 326 als dispositives Recht; bei ergänzender Vertragsauslegung ist anzunehmen, dass Parteien sich auf gleiche Risikoverteilung geeinigt hätten
pro: methodisch näher liegt eine Modifikation der vertraglichen Gefahrtragungsregeln, nicht ein zusätzlicher SEA - > entsprechende Minderung des Kaufpreisanspruches und des SEA nach jeweiliger Verantwortlichkeit
- wA: Ausgleich in der Schadensberechnung bei §§ 280 I, III, 283, die nach der Surrogationstheorie durchgeführt wird
- > Gläubiger bleibt zur vollen Kaufpreiszahlung verpflichtet, hat deswegen jedoch einen höheren Schaden bei §§ 280 I, III 283
- > Streitentscheid: iE erzielen alle Ansichten denselben Saldobetrag:
- > hL: über § 326 I,II + §§ 280 I, III, 283, 254 (Differenztheorie) + §§ 280 I, 241 II
- > aA: über § 326 I,II iVm § 254 analog + §§ 280 I, III, 283, 254
- > wA: über § 326 I,II + §§ 280 I, III, 283 (Surrogationstheorie), 254
Fallgruppen des § 326 V
- § 326 V existiert, obwohl nach § 326 I Gegenleistung entfällt, in den Fällen
- > Irreparable Schlechtleistung
- > Teilweise Unmöglichkeit (Gegenleistungsanspruch entfällt nach § 326 I nur anteilig; Rücktritt vom ganzen Vertrag nach §§ 326 V, 323 V)
- > nicht synallagmatisch verknüpfte Leistungspflichten (eher theoretische Möglichkeit der Befreiung von zusätzlichen Nebenleistungspflichten, da diese mit Entfallen der Gegenleistungspflicht nach § 326 I als zumeist akzessorische Pflichten automatisch entfallen)
Gläubigerverzug: Vertretenmüssen der Nichtannahme der Leistung?
- nicht erforderlich (als wesentlicher Unterschied zum Schuldnerverzug)
- > Legitimation: nur rechtliche Nachteile, kein Anknüpfen von SEA
Gläubigerverzug: Anwendungsbereich des § 300 II
- idR liegt bereits eine Konkretisierung nach § 243 vor
- hM: § 300 II für den Fall des wörtlichen Angebots bei der Bringschuld (hier liegt idR noch keine Konkretisierung vor)
- > mM: wörtliches Angebot reicht für eine Konkretisierung; ist noch nicht ausgesondert, kann auch kein Übergang der Leistungsgefahr stattfinden, da nicht klar ist, auf welche Sache sich die Gefahr bezieht (con: kann durch wörtliches Angebot konkretisiert werden)
Prüfung: Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 I/II
I. “Vorprüfung”: keine vertraglichen oder gesetzlichen Regelungen (Vorrangigkeit)
-> P: Anfechtungsregeln
II. Voraussetzungen
- Vorliegen einer Geschäftsgrundlage
- Schwerwiegende Änderung (Abs. 1) / wesentlicher Irrtum (Abs. 2)
- Relevanz des Umstands für den Vertragsschluss
- Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag
- > wenn mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbaren bzw. untragbare Härte
- > besondere Berücksichtigung der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung
III. Rechtsfolgen
- Primär: Vertragsanpassung (angemessen angesichts der Interesselage der Parteien und der veränderten Lage)
- > P: Rechtsnatur der Mitwirkung an der Vertragsanpassung - Rücktritts- bzw. Kündigungsrecht
- > wenn Anpassung nicht möglich oder nicht zumutbar (Abs. 3)
§ 313: Geschäftsgrundlage
- subjektiv: die bei Vertragsschluss zutage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und nicht beanstandete Vorstellungen des einen Vertragsteils oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragspartner, auf welchen der Geschäftswille aufbaut
-> bloße Erwähnung der Verwendungsabsicht (-)
oder - objektiv: Vorhandensein bzw. Fortdauer gewisser objektiver Umstände ist erforderlich, damit der Vertrag nach Intention der Parteien aufrechterhalten werden kann
- expliziter oder konkludenter Vertragsinhalt kann nicht zur Geschäftsgrundlage gehören
§ 313: Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag: typische Risikoverteilung
- Vereinbarung eines Festpreises: Schuldner der Sachleistung
- Leistungserschwerung: Schuldner der Sachleistung
- Geldentwertung: Gläubiger der Geldleistung
- (eigene) Zahlungsfähigkeit: Schuldner der Geldleistung
- Verwendungsinteresse/”Zweckstörung”: Gläubiger der Sachleistung
- Entwertung der Sachleistung: Gläubiger
- > typisiert und nur in gewissen Grenzen (bspw. höhere Gewalt denkbar) - Auslegung des Einzelfalles, ob vertragliches Risiko ggf. konkludent übernommen wurde
P: Rechtsnatur der Mitwirkung an der Vertragsanpassung (§ 313)
- eA (BGH): echte Rechtspflicht
con: andere Partei kann ihren Anspruch auf Vertragsanpassung unmittelbar gerichtlich durchsetzen und ist daher nicht auf Mitwirkung der anderen Partei angewiesen - aA: bloße Obliegenheit
Fall von § 313: Äquivalenzstörung
- Verhältnis von Leistung und Gegenleistung wird nachträglich in erheblicher und unvorhersehbarer Weise gestört
- > da Äquivalenz der privatautonomen Vereinbarung anheim gestellt ist, sind hohe Anforderungen zu stellen (bspw. Inflation; unerwartetes, vertragsuntypisches Risiko)
Funktionen der Vertragsstrafe
- Präventivfunktion: Druckmittel, um Schuldner zur ordnungsgemäßen Leistung anzuhalten und Pflichtverletzungen zu verhindern
- Schadensersatzfunktion: Mindestersatz ohne Nachweis eines konkreten Schadens
Abgrenzungen: echtes Strafversprechen vs.
a) unechtes Strafversprechen
b) Pauschalierung von SEA
= Akzessorietät vom Bestand der zu sichernden Hauptschuld
vs.
a) besteht unabhängig von einer Hauptschuld - soll Druck auf die Vornahme einer nicht geschuldeten Leistung aufbauen
-> in § 343 II vorausgesetzt (§ 344 ist analog anzuwenden)
b) zielt vorrangig auf den Verzicht eines konkreten Schadensnachweises ab (Vertragsstrafe eher Druckmittel)
Prüfung: Anspruch auf Entrichtung der Vertragsstrafe
- Wirksames Strafversprechen
- > von Wirksamkeit der Hauptschuld abhängig
- > vertragliche Vereinbarung nach §§ 145ff. erforderlich - Verletzung der bestehenden, gesicherten Hauptpflicht
- > Verschuldenserfordernis (§ 339) dabei dispositiv - Eigene Vertragstreue des Gläubigers
- > bspw. nach § 242 ausgeschlossen, wenn Gläubiger die Pflichtverletzung der gesicherten Hauptpflicht durch den Schuldner verletzt