3/7 (Störungen im SV: Grundlagen und SE I) Flashcards

1
Q

Systematik: Störungen im Schuldverhältnis

A
  1. Verletzung von Leistungspflichten
    a. Nichtleistung
    aa. Unmöglichkeit
    bb. Verzögerung
    b. Schlechtleistung
  2. Verletzung von Schutzpflichten
    (-> “Leistungsstörung” daher im weiteren Sinne, oder “Störungen im Schuldverhältnis”)
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2
Q

Geltendes Leistungsstörungsrecht als Mischsystem

A
  • Rechtsfolgenorientierung
  • > Regelungskomplexe des Schadensersatzes (§§ 280-286) und des Rücktritts (§§ 323-326)
  • Tatbestandsorientierung
  • > Unterscheidung bestimmter Leistungsstörungen nach den Fallgruppen vor der Schuldrechtsreform (bspw. SE statt der Leistung; § 275 als eigenständiger TB)
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3
Q

Echte Unmöglichkeit: Physische Unmöglichkeit

A

1) Allgemein
- meist Zerstörung
- abergläubische Verträge
- > nach § 311 a I: grds. nicht unwirksam
- -> § 275 I: Leistungspflicht des Schuldners entfällt
- -> § 326 I 1: Leistungspflicht des Gläubigers entfällt (kann jedoch - auch konkludent - abbedungen werden)
- –> BGH: wenn beide Parteien den Vertrag in dem Bewusstsein geschlossen haben, den Boden wissenschaftlich gesicherter Erfahrung zu verlassen

2) Zweckerreichung/Zweckfortfall (s. Extra-KK)
3) Zweckstörung (s. Extra-KK)

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4
Q

Echte Unmöglichkeit: Physische Unmöglichkeit: Zweckerreichung/Zweckfortfall

A

1) Zweckerreichung = wenn der mit dem Vertrag bezweckte Erfolg ohne eine Leistung des Schuldners gegenüber dem Gläubiger eintritt und daher durch eine solche Leistung nicht mehr herbeigeführt werden kann
2) Zweckfortfall = wenn der geschuldete Erfolg wegen Wegfalls des vom Gläubiger zu stellenden Leistungssubstrats oder aus einem in der Person des Gläubigers liegenden Grund nicht mehr durch eine Leistung des Schuldners zu verwirklichen ist

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5
Q

Echte Unmöglichkeit: Physische Unmöglichkeit: Zweckstörung

A

= Gläubiger hat Interesse an der Leistung verloren, weil er diese nicht mehr in der beabsichtigten Weise einsetzen kann
-> grds. unbeachtlich, da Verwendbarkeit der Leistung im alleinigen Risikobereich des Gläubigers liegt

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6
Q

Echte Unmöglichkeit: Rechtliche Unmöglichkeit (Bsp)

A
  • bspw. Werkvertrag über ein Bauwerk, das nicht genehmigungsfähig ist
  • bspw. Verletzung eines Einfuhrverbots, wenn sich Verkäufer die Ware beschaffen will
  • §§ 134, 138: vorrangig, da Nichtigkeit ex lege
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7
Q

Echte Unmöglichkeit: subjektive Unmöglichkeit

A
  • insbesondere, wenn verkaufte Sache im Eigentum eines Dritten oder durch Unbekannten entwendet
  • > § 275 I: wenn “um keinen Preis” beschaffbar
  • > § 275 II im Übrigen
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8
Q

Echte Unmöglichkeit: teilweise Unmöglichkeit

A
  • Leistungsgegenstand muss teilbar sein
  • > bei unteilbaren Leistungsgegenständen: teilweise Unmöglichkeit steht vollständiger Unmöglichkeit gleich (bspw. wenn Eigentum, aber nicht mehr Besitz an Kfz verschafft werden kann)
  • grds.: § 275 I: Leistungspflicht entfällt nur “insoweit” unmöglich - wenn kein Interesse an Teilleistung
  • > SEA: §§ 280 I, III, 283 S. 2; § 311 a II 3 iVm § 281 I 2
  • > Rücktritt: § 326 V iVm § 323 V 1
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9
Q

Echte Unmöglichkeit: vorübergehende Unmöglichkeit

A
  • Abgrenzung: absolutes Fixgeschäft
  • ganz hM: steht dauernder Unmöglichkeit gleich, wenn durch das Hindernis die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt ist und der einen oder anderen Partei bei Abwägung der Interessen nicht zugemutet werden kann, die Leistung zu erbringen bzw. zu empfangen
  • wenn dies nicht gegeben ist:
  • > hM: Leistungspflicht ist nach § 275 I analog nur solange ausgeschlossen, wie das Hindernis besteht (Einrede)
  • -> §§ 286; § 281; § 323 analog für Gläubiger möglich (vorübergehende Unmöglichkeit steht der Fälligkeit nicht entgegen, Telos von § 275 I analog ist der Gläubigerschutz)
    pro: Analogie: Fristsetzung soll sicherstellen, dass Schuldner nicht schlechter als bei einfacher Leistungsverzögerung steht
  • -> auch möglich: § 284 analog bzw. § 285 analog
  • > mM: kein Fall des § 275 I (analog) -> Ansprüche wie hM, aber direkt
    pro: zeitweise Unmöglichkeit ist in der Sache eine Leistungsverzögerung, sodass die Vorschriften direkt anwendbar sind
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10
Q

Echte Unmöglichkeit: absolutes Fixgeschäft

A

= wenn die geschuldete Leistung ihrer Natur oder dem Inhalt des Schuldverhältnisses nach nur zu einer bestimmten Zeit erbracht werden kann
-> § 275 I direkt

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11
Q

Echte Unmöglichkeit: relatives Fixgeschäft

A

= wenn die Leistung prinzipiell nachgeholt werden kann, dem Schuldner aber schon beim Vertragsschluss bewusst ist, dass dem Gläubiger die Einhaltung einer bestimmten Leistungszeit oder -frist besonders wichtig ist

  • > § 323 II Nr. 2 (Fristsetzung entbehrlich)
  • > § 376 HGB (Fixhandelskauf)
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12
Q

P: Dogmatische Einordung des § 275 II (praktische Unmöglichkeit)

A
  • Einrede
  • > eA: Einrede führt zum Erlöschen des Anspruchs (parallel zu § 275 I)
  • > aA: Einrede führt zur (dauerhaften) Hemmung des Anspruchs (hM)
    pro: e contrario zum Wortlaut des § 275 I, der explizit von Ausschluss spricht
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13
Q

§ 275 II (praktische Unmöglichkeit): Maßstab

A
  • Aufwand des Schuldners ist allein am Leistungsinteresse des Gläubigers zu messen
  • > keine sonstigen Interessen des Schuldners sind miteizubeziehen
  • bei entwendeten Sachen
  • > nur bei realistischer Möglichkeit der Wiederbeschaffen möglich (wenn Detektive etc. “ins Blaue hinein” beauftragt werden müssten, liegt § 275 I vor)
  • bei Gattungsschulden
  • > § 275 II sehr restriktiv anzuwenden, da Schuldner Beschaffungsrisiko übernommen hat
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14
Q

§ 275 II (praktische Unmöglichkeit) vs. § 313 (Äquivalenzstörung)

A
  • § 313: Verhältnis von Aufwand und Leistungsinteresse bleibt relativ konstant, obwohl Aufwand und Leistungsinteresse (bspw. durch Inflation nominal) sich ändern
  • § 275 II: Aufwand für Schuldner deutlich erhöht, während das Leistungsinteresse konstant bleibt (keine relative Konstanz der Interessen)
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15
Q

§ 275 III: Leistungsverweigerung aus Gewissensgründen

A
  • Art. 4 I genießt mitunter Vorrang
  • > insb., wenn Konflikt bei Vertragsschluss nicht vorhersehbar war
  • > bei höchstpersönlichen Leistungspflichten, ansonsten § 242 oder § 313
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16
Q

Arten der Pflichtverletzung

A
  1. Verzögerung der Leistung (/= Verzug!)
  2. Schlechtleistung
  3. Schutzpflichtverletzung
    - > vor, während und nachvertraglich
  4. Unmöglichkeit
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17
Q

Arten der Pflichtverletzung: Verzögerung der Leistung: Auswirkung des Bestehens einer Einrede auf die Pflichtwidrigkeit der Nichtleistung

A
  1. Grundsatz: Durchsetzbarkeit des Anspruchs ist schon mit Entstehung der Einrede aufgehoben -> keine Pflichtwidrigkeit, da die Einrede auf den Zeitpunkt ihres Entstehens zurückwirkt
  2. Ausnahmen:
    - > § 273: Verknüpfung von Anspruch und Gegenanspruch erst durch Einrede -> Pflichtwidrigkeit wird nur für die Zukunft ausgeschlossen, wenn Einrede auch tatsächlich erhoben wird
    - > § 320: Pflichtwidrigkeit der Nichtleistung erst dann möglich, wenn die Gegenleistung tatsächlich angeboten wird (bis zum tatsächlichen Angebot besteht ein Zurückbehaltungsrecht aus § 320, somit keine Pflichtwidrigkeit)
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18
Q

P: Inhalt der Pflichtverletzung bei (nachträglicher Unmöglichkeit)

A
  • eA: Geschuldete Leistung wird aufgrund der Unmöglichkeit nicht erbracht (Unmöglichkeit als Pflichtverletzung); Herbeiführung als Frage des Vertretenmüssens
    pro: Wille des Gesetzgebers
    con: Leistungspflicht ist nach § 275 I ausgeschlossen, sodass keine Pflicht mehr besteht, die verletzt werden könnte
  • aA (mM): Herbeiführung bzw. unterlassene Abwendung des Leistungshindernisses
    con: hier hat § 283 S. 1 nur klarstellende Funktion, sondern fingiert die Pflichtverletzung
    con: Beweislastumkehr bei nachträglicher Unmöglichkeit wäre beträchtlich entwertet, da Gläubiger zusätzlich zur Unmöglichkeit noch eine sie herbeiführende Pflichtverletzung darlegen müsste
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19
Q

Verantwortlichkeit des Schuldners: Maßstab der Fahrlässigkeit

A
  • Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit
  • objektivierter Maßstab
  • > maßgeblich sind die Fähigkeiten eines durchschnittlichen Angehörigen des betreffenden Verkehrskreises und der betreffenden Altersgruppe
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20
Q

Verantwortlichkeit des Schuldners: Übernahmeverschulden

A
  • auch wenn im konkreten Fall nach dem Maßstab der Fahrlässigkeit diese zu verneinen ist (bspw. hohes Alter des behandelnden Arztes), kann daran angeknüpft werden, dass der Handelnde die Tätigkeit übernommen hat, obwohl er wusste oder hätte wissen müssen, dass er nicht (mehr) ihren Anforderungen entspricht
21
Q

Verantwortlichkeit des Schuldners: Grobe Fahrlässigkeit

A

= wenn der Handelnde die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt bzw. das außer acht lässt, was jedem hätte einleuchten müssen
(besonders hohes Maß an objektiver Erkennbarkeit und objektiver Vermeidbarkeit des Sorgfaltsverstoßes)

22
Q

Verantwortlichkeit des Schuldners: Einschränkungen des Sorgfaltsmaßstabs

A
  1. Vertrag (wenn nicht expklizit: restriktiv)
  2. Gesetz
  3. Sonstiger Inhalt des SV: inbs. betrieblich veranlasste Tätigkeit
23
Q

Verantwortlichkeit des Schuldners: Einschränkungen des Sorgfaltsmaßstabs: Vertrag

A
  • restriktiv bei ergänzender Vertragsauslegung oder konkludente Vereinbarung über Haftungsmilderung
  • > insb. bei unentgeltlichen Mitfahrten im Kfz (jedoch wohl nicht, wenn Privilegierung nur Haftpflichtversicherer zugute käme)
24
Q

Verantwortlichkeit des Schuldners: Einschränkungen des Sorgfaltsmaßstabs: betrieblich veranlasste Tätigkeit

A
  1. Leichte Fahrlässigkeit: Arbeitgeber
  2. Vorsatz: Arbeitnehmer
  3. Grobe Fahrlässigkeit: Interessensabwägung, ggf. Quote nach § 254
25
Q

Verantwortlichkeit des Schuldners: Haftung ohne Verschulden (§ 276 I 1)

A
  1. Übernahme einer Garantie
    = wenn Schuldner eine Eigenschaft/Beschaffenheit zusichert und damit eine uneingeschränkte Einstandspflicht für alle Schäden übernimmt, die aus deren Fehlen folgen
  2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos
    = im Einzelfall zu bestimmen, jedoch auch keine uneingeschränkte Beschaffungspflicht
  3. Geldschulden
    - > insb. Regelung durch InsO verdeutlicht, dass sich der Geldschuldner nicht damit entlasten kann, dass er seine Insolvenz nicht zu vertreten hat
26
Q

Doppelbedeutung des § 278

A
  1. § 278 direkt: Zurechnung des Verschuldens
  2. § 278 analog: Zurechnung der Pflichtverletzung
    => Zurechnung des gesamten Verhaltens
27
Q

Erfüllungsgehilfe

A

= wer nach den tatsächlichen Gegebenheiten mit dem Willen des Schuldners als dessen Hilfsperson bei der Erfüllung der Pflichten des Schuldners (= in dessen Pflichtenkreis) tätig wird

  • > unselbständige Hilfspersonen
  • > auch selbstständige Unternehmer
  • > Hersteller oder Zulieferer (-), vgl. Wertungen des Kaufrechts (Wille des Gesetzgebers, der mit § 433 I 2 nicht die Einstandspflicht des Verkäufers auf Hersteller/Zulieferer ausweiten wollte)
28
Q

P: Organe juristischer Personen als “gesetzliche Vertreter” iSd § 278

A
  • eA: (+)
    pro: Wortlaut § 26 I 2 Hs. 2: haben “die Stellung eines gesetzlichen Vertreters”
  • aA (hM): (-)
    pro: § 31 als speziellere Haftungsregelung
29
Q

P: Erfüllungsgehilfe: Handeln in Erfüllung der Verbindlichkeit

A
  • eA: spezifischer Zusammenhang zwischen Schädigung und Aufgaben, die der gesetzliche Vertreter/Erfüllungsgehilfe trägt
    pro: Wortlaut “zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit”
    con: Leistungspflicht des Schuldners wird zu stark als Inhalt des SV in den Fokus genommen (Vernachlässigung des § 241 II)
  • aA: ausreichend, wenn dem gesetzlichen Vertreter/Erfüllungsgehilfen die Ausführung der Schädigung durch die Übertragung der Aufgabe erheblich erleichtert worden ist
    pro: Telos des Schuldverhältnisses, dass auch Pflichten nach § 241 II umfasst sein sollen - keine Privilegierung dadurch, dass sich Schuldner der Arbeitsteilung bedient
    pro: gleiche Interessenlage, da Gläubiger auch gesetzlichem Vertreter/Erfüllungsgehilfen eine gesteigerte Möglichkeit zur Einwirkung auf seine RG und Interessen gegeben hat
30
Q

P: Erfüllungsgehilfe: Bestimmung des Fahrlässigkeitsmaßstabes

A
  • eA: Schuldner ist maßgeblich (hM)
    pro: Wortlaut “wie eigenes Verschulden”
    pro: keine Privilegierung durch Arbeitsteilung
  • aA: Erfüllungsgehilfe ist maßgeblich
    pro: Arbeitsteilung ist offensichtlicher Prozess des Wirtschaftslebens
    pro: angepasster Maßstab, dass die für die jeweilige Tätigkeit fachmännische Durchführungssorgfalt maßgeblich ist
31
Q

P: Erfüllungsgehilfe: Einstandspflicht für nicht schuldfähigen Erfüllungsgehilfen

A
  • eA (hM): (-)
    pro: es fehlt an dem Verschulden insgesamt, sodass gar nichts zugerechnet werden kann
  • aA: (+)
    pro: ansonsten Anreiz, schuldunfähige Gehilfen einzusetzen
  • > dagegen con: fraglich, ob dieser einzige Vorteil wirklich einen relevanten Anreiz darstellen kann, schuldunfähige Gehilfen zu beschäftigen und einzusetzen
32
Q

Abgrenzung: Pflichtverletzung vs. Vertretenmüssen bei Fahrlässigkeit

A

Konzeption des Gesetzgebers:

  • Verletzung leistungsbezogener Pflichten: Erfolgsbezogen (Leistung wird nicht oder nicht wie geschuldet erbracht)
  • > Vertretenmüssen: hat der Schuldner die Umstände zu vertreten, aufgrund derer die Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbracht worden ist
  • > ggf. zu modifizieren, wenn eine (sorgfältige) Tätigkeit geschuldet wird (bspw. Arbeits- und Dienstverträge)
  • -> bspw. auch beim Kauvertrag: Eigentumsverschaffung idR erfolgsbezogen, problematisch jedoch bei §§ 873, 925 (nur Handlungen vorzunehmen, die für die Umschreibung im Grundbuch erforderlich sind)
  • Verletzung von Schutzpflichten: Handlungsbezogen (Feststellung der konkreten Schutzpflichtverletzung)
  • > Vertretenmüssen: Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit der Pflichtverletzung
33
Q

Abgrenzung: SE statt vs. neben der Leistung

A
  1. SE statt der Leistung: Ersatzanspruch tritt an die Stelle des Primärleistungsanspruchs
  2. SE neben der Leistung: Ersatzanspruch für Schaden, der aufgrund der Pflichtverletzung endgültig eingetreten ist und daher durch eine Nachholung der Leistung bzw. durch Nacherfüllung nicht mehr vermieden oder beseitigt werden kann (Fristsetzung von § 281 I funktionslos)
  3. Abgrenzung
    a. Genaue Bestimmung der Leistung
    b. Frage, ob der Schaden durch eine gedachte Nachholung der Leistung bzw. Nacherfüllung vermieden bzw. beseitigt werden könnte
    b*. Frage, ob der Schaden eingetreten wäre, wenn der Schuldner zum letztmöglichen Zeitpunkt noch geleistet hätte (nein: Schadensersatz statt der Leistung; ja: Schadensersatz neben der Leistung)
34
Q

P: In welchem Zeitpunkt hätte der Schaden durch die gedachte Nachholung der Leistung bzw. Nacherfüllung in den Fällen der Nichtleistung trotz Möglichkeit bzw. Schlechtleistung zu beheben gewesen sein müssen (insb. Deckungskauf)

A
  • eA: Zeitpunkt, in dem der (Nach-)Erfüllungsanspruch durch Rücktritt oder Geltendmachung des Schadensersatzanspruches statt der Leistung (§ 281 IV) erloschen ist
    con: eher zufälliger Zeitpunkt
    con: so könnte SE neben der Leistung und (Nach-)Erfüllung nebeneinander geltend gemacht werden (Doppelkompensation)
    pro: Rechtssicherheit: Zeitpunkt ist idR klarer zu bestimmen als bei aA
  • aA (BGH): Zeitpunkt, zu dem die Frist zur Nachholung der Leistung bzw. Nacherfüllung abgelaufen ist
    pro: Schuldner verliert sein Recht zur zweiten Andienung bereits mit Fristablauf
    pro: Deckungskauf und geschuldete Leistung sind auf den gleichen Leistungserfolg gerichtet
    con: je nach Fristsetzung unklarer Zeitpunkt

=> Konstellation: Gläubiger tätigt nach Fristablauf einen Deckungskauf und verlangt danach SE für die daraus folgenden Mehrkosten

  • > eA: SE neben der Leistung, da die Kosten des Deckungskaufs vor der Geltendmachung des SEA entstanden sind und durch eine spätere Nacherfüllung nicht mehr zu vermeiden gewesen wären
  • > aA: SE statt der Leistung, da bei (Nach-)Erfüllung zum Zeitpunkt des Fristablaufs der Deckungskauf noch vermieden worden wäre
35
Q

P: Einordnung des entgangenen Gewinns

A
  • eA: Schadensersatz statt der Leistung
    pro: betrifft das Erfüllungsinteresse des Käufers
  • aA: zu differenzieren: wird der entgangene Gewinn statt oder neben der Leistung begehrt?
  • > statt der Leistung: regelmäßig bei nicht nachholbarer Weiterveräußerung
  • > neben der Leistung: für entgangenen Gewinn bei Mangel einer gekauften Maschine (Nutzungsaufallschaden)
36
Q

P: Einordnung des Nutzungsausfallschadens (bis zur Nacherfüllung)

A
  • eA (hM, BGH): § 280 I pur (und - soweit Voraussetzungen vorliegen - §§ 280 I, II, 286)
    pro: Gesetzesbegründung
    pro: Schaden, der auf Pflichtverletzung (Mangel, nicht ausbleibende Nacherfüllung!) beruht
    pro: Wortlaut des § 286 (nur “Nichtleistung”, nicht “Schlechtleistung”)
    pro: Käufer ist bei mangelhafter Sache schutzwürdiger als im Fall einer schlichten Nichtleistung (gegen aA), da Schuldner Gläubiger mehr Einflussmöglichkeit in seinen Rechtskreis gewährt
  • aA: Verzögerungsschaden nach §§ 280 I, II, 286
    con: Gläubigerbenachteiligung (Mahnung erforderlich) für die Zeit, in der er den Schaden noch nicht auf den Mangel zurückführen konnte (Nichtleistung schneller zu erkennen als Schlechtleistung)
    pro: nach eA steht Schlechtleister schlechter als Nichtleister, obwohl Nichtleistung “schwerere” Pflichtverletzung
    pro: mangelfreie Sache zu spät geliefert
  • > con: Mahnerfordernis (allerdings: aA hält dann Mahnung nach § 286 II Nr. 4 regelmäßig für entbehrlich)
    con: bei mangelhafter Sache: Unterscheidung von Schlechtleistung und Verzögerung der Leistung wird eingeebnet, in der Sache geht es um eine Schlechtleistung
  • wA: SE statt der Leistung, §§ 280 I, III, 281
    pro: Nutzung wären nicht ausgefallen, wenn geleistet worden wäre (Erfüllungsinteresse betroffen)
    con: Fristsetzungserfordernis passt teleologisch nicht zum Nutzungsausfallschaden, der bereits vor Fristsetzung entstanden ist
    con: nach allgemeiner Abgrenzungsformel wäre Schaden auch dann nicht entfallen, wenn zum letztmöglichen Zeitpunkt geleistet worden wäre

=> iE oft gleichlaufend, da von aA Mahnung und von wA Fristsetzung oft für entbehrlich gehalten wird (über Auffangklausel der Abwägung beiderseitiger Interessen)

37
Q

Begriff: Mahnung

A

= einseitige, empfangsbedürftige Aufforderung des Gläubigers an den Schuldner, die Leistung zu erbringen, wobei der Gläubiger eindeutig und bestimmt zum Ausdruck bringen muss, dass er die geschuldete Leistung verlangt
-> rechtsgeschäftsähnliche Handlung

38
Q

Einmalige Zusenden einer Rechnung als Mahnung

A
  • Mahnung kann auch mit der die Fälligkeit begründenden Handlung einhergehen
  • idR: keine Mahnung
    pro: § 286 III 1 (würde Privilegierung des Verbrauchers entwerten)
39
Q

Entbehrlichkeit der Mahnung: Bestimmung einer Leistungszeit

A
  • durch vertragliche Vereinbarung, Gesetz oder Urteil
  • nicht einseitig möglich
  • > außer wenn Gläubiger ein einseitiges Bestimmungsrecht nach § 315 zusteht
40
Q

Entbehrlichkeit der Mahnung: besondere Gründe

A
  • wenn Leistung nach dem Zweck des Vertrages besonders dringlich ist
  • wenn Schuldner die Leistung selbst ankündigt (und damit quasi die Mahnung des Gläubigers verhindert) (Selbstmahnung) - restriktiv auszulegen
  • wenn Mahnung treuwidrig vereitelt wurde (bspw. ständiger Wohnsitzwechsel zur Zustellvereitelung)
41
Q

§ 275 II: Berechnungsmöglichkeiten des Aufwandes

A
  1. Bruttorechnung
  2. Nettorechnung (gleiche Abzugsposten)
    - > Nachtrag Meier Fall 17
42
Q

§ 275 II: Grobes Missverhältnis, wenn Schuldner Unmöglichkeit nicht zu vertreten hat

A
  • hL: entscheidend ist allein das Vorliegen eines groben Missverhältnisses
    pro: Wille des Gesetzgebers
    pro: Wortlaut
  • mM: bei Nichtvertretenmüssen sollte grds. kein Aufwand betrieben werden müssen
    pro: Verschuldensprinzip
    pro: Wille der Parteien (deckt keine quasi Garantiehaftung) bzw. Inhalt des Schuldverhältnisses, das keine Wiederbeschafftungspflicht trotz mangelndem Vertretenmüssen vorsehen dürfte -> geht in der Sache in Richtung § 275 I
43
Q

Annahme einer bedingten/befristeten Mahnung

A
  • mM: wenn Mahnung mit Frist verbunden wird, kann der Verzug erst mit Ablauf der Frist eintreten
  • hM: keine pauschale Beurteilung, sondern Auslegungsfrage
    pro: im Zweifel unbedingte Mahnung (Fristsetzung davon getrennt zu betrachten)
    pro: im Zweifel kein Rechtsverzicht
    pro: Frist kann auch im Hinsicht auf Rücktritt/SEA gesetzt werden; es steht dem Gläubiger frei, Mahnung und Fristsetzung in einer Erklärung zu verbinden
44
Q

P: Mahnungsbefugnis des Minderjährigen

A
  • hM: (+), wenn kein rechtlicher Nachteil (darf nicht zur Leistung ausschließlich an sich selbst mahnen, wenn er keine Empfangszuständigkeit hat)
    pro: § 107 (hinsichtlich rechtlich neutralen/vorteilhaften Geschäften vorrangig vor § 111 zu prüfen)
  • aA: abhängig davon, ob der Minderjährige zur Entgegennahme der (anzumahnenden) Leistung die Zustimmung des Vertreters benötigt
    pro: Mahnung als Vorstadium der Erfüllung
  • > Streit um Erfüllung nach § 362 ggü Minderjährigem (hM: Fehlen der Empfangszuständigkeit)
45
Q

Ersatz von Gutachterkosten nach § 280 I 1 BGB? Ist der Kausalitätszusammenhang unterbrochen, weil A die Kosten frw aufgewender hat und sich frw schädigt?

A

In den Fällen
der sog. psychisch-vermittelten Kausalität muss der
Schuldner für das Handeln des anderen einstehen, wenn
sein Handeln dem Geschädigten bzw. Dritten einen rechtfertigenden Anlass gegeben bzw. ihn dazu herausgefordert
hat. Das ist bei sog. Rechtsverfolgungskosten nicht immer der Fall, sondern erst dann, wenn die Kosten aus der
Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte
erforderlich und zweckmäßig waren. Der Käufer einer
sich andeutenden mangelbehafteten Sache darf sich herausgefordert fühlen, zu belegen, ob er berechtigterweise
den Verkäufer in Anspruch nehmen kann.

46
Q

Sind Aufwendungen die vor dem Kaufvertragsschluss getätigt wurden nach § 284 ersatzfähig?

A

hM: Ersatzfähig sind nur Aufwendungen, die nach wirksamer Begründung des Schuldverhältnisses gemacht wurden.
(+) das Frustrationsrisiko bleibt grundsätzlich in der
Sphäre des Gläubigers, solange ein auf den Erhalt der Leistung gerichteter Anspruch noch
nicht besteht.
(+) aber evtl. Ersatz durch cic
wA: auch Kosten, die im Hinblick auf den
Vertragsschluss entstehen, sind ersatzfähig
(+) Parallelwertung des § 122-> bei voriger Anfechtung des Angebots Haftung
aA: Diese vorvertraglichen Aufwendungen sind ausnahmsweise ersatzfähig, wenn der Vertragsschluss auf
Grund fortgeschrittener Verhandlungen nur noch „Formsache“ ist bzw. dass eine Zweckvereitelung vorliegt, die Aufwendungen sonst storniert worden wären bzw. bei Abschluss mit jmd anderes rentabel wären.

47
Q

(P1) Einordnung mangelbedingter Nutzungsausfallschäden

- §§ 280 II, 286 oder über 280 I

A

eA: § 280 II ist anwendbar
(+) der Nutzungsausfall beruht auf einer
Verzögerung der mangelfreien Leistung.
(+) Wendet man § 280 I an, haftet ein Verkäufer, der schuldhaft nicht mangelfrei leistet, schärfer als derjenige, der
schuldhaft gar nicht leistet.
-> (-) der Käufer ist im Fall der
Schlechtleistung schutzbedürftiger, da er diese – anders als die Nichtleistung – möglicherweise
erst mit erheblicher Verzögerung bemerkt, so dass Haftungslücken drohen.
hM: Ersatz der Nutzungsausfallschäden über § 280 I
(+) Wille des Gesetzgebers, der im
Gesetz insofern Niederschlag gefunden hat, als § 437 Nr. 3 zwar auf § 280, nicht aber auf § 286
verweist. Überzeugender ist es daher, auf Nutzungsausfallschäden § 280 I anzuwenden.

48
Q

(P2) Nutzungsausfall als Vermögensschaden nach § 251 I oder aber nur nicht ersatzfähiger immaterieller Schaden

A
  • Ob eine Sache genutzt werden kann oder nicht, schlägt sich
    ausschließlich in ihrem Substanzwert nieder. D.h. nach einer Reparatur ist diese Minderung beseitigt. Die fehlende abstrakte
    Gebrauchsmöglichkeit ist damit für sich genommen kein zusätzlicher Schadensposten, sondern nur
    Quelle möglicher vermögenswerter (Folge-)Schäden.
  • bei Kfz misst der BGH der abstrakten Gebrauchsmöglichkeit dennoch einen eigenen
    Vermögenswert zu. Aber diese Ausnahme gilt nur für Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die Lebenshaltung angebracht, da nur deren
    Funktionsstörung die materiale Vermögenssphäre betreffe und für ihren Gebrauch typischerweise
    auch ein Markt existiere.
    (+) sonst wäre derjenige, der seine Güter privat nutzt und nicht vermietet (§ 252), unbillig benachteiligt
49
Q

(P3) Kann A trotz ihres Rücktritts Ersatz für entgangene Nutzungen verlangen

A

Gemäß §§ 346 I, 347 I gebühren die Nutzungen dem Verkäufer, während Schadensersatz nach §
280 I den Käufer so stellen soll, als wäre ordnungsgemäß erfüllt worden, als hätte der Käufer also
die vertragsgemäße Leistung nutzen können.
Für einen Vorrang des Schadensersatzes bei Nutzungsausfall spricht, dass der Gesetzgeber dem
Gläubiger mit § 325 gerade ermöglichen wollte, trotz seines Rücktritts den Gewinn aus der
Vertragsdurchführung zu verlangen. Käufer muss als Nutzungsersatz nach §§ 346 I, II, 347 II leisten und kann auch einen SEAnspruch auf Nutzungsausfall geltend machen-> Zweistufigkeit, weil SE auch VM erfordert.
§§ 325, 281 V bringen daher zum Ausdruck, dass nach einem Rücktritt der Leistungsaustausch in natura
storniert wird, der schadensersatzberechtigte Gläubiger bezüglich Nutzungen vermögensmäßig
aber trotzdem so zu stellen ist, als wäre ordnungsgemäß erfüllt worden.
->Aber dem Ausgleich dieser Nachteile bzgl. der Nutzung korrespondieren als anzurechnende Vorteile den gewöhnlichen abnutzungsbedingten Wertverlust, den der Käufer als Eigentümer hätte tragen müssen, sowie die Zinsen als Nutzungen des Verkäufers, Nutzungen, die sie bei ordnungsgemäßer Erfüllung nicht hätte ziehen können.