5/7 (Schadensrecht II: Immaterielle Schäden; Grenzfälle; Mitverantwortlichkeit; Leistungsstörung in der Fallbearbeitung) Flashcards

1
Q

Entschädigung in Geld bei Persönlichkeitsverletzungen

A
  • keine Korrektur wegen geringerer Intensität der RG-Verletzung im Vergleich zur Entschädigungshöhe bei Verletzung von physischer oder psychischer Integrität
    pro: eigene Form der Präventivfunktion erklärt Höhe der Entschädigung bei APR Verletzung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

P: Verlust von Gebrauchsvorteilen

A
  • erwerbswirtschaftlich: regelmäßig als entgangener Gewinn nach § 252 BGB
  • privat (vor allem Pkw)
  • > Kostenersatz für Mietsache (§ 249 II 1 BGB), auch fiktiv (hM)
    con: läuft auf Ersatzfähigkeit von bloß immateriellen Schäden hinaus (und unterläuft damit § 253 BGB)
    pro: Sparsamkeit des Geschädigten soll nicht Schädiger entlasten
    pro: viele Geschädigte wissen nicht um ihre Möglichkeit des Kostenersatzes für eine Mietsache, was iE nicht den Schädiger entlasten soll
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Voraussetzungen des Kostenersatzes von verloren gegangenen Gebrauchsvorteilen

A
  1. Wirtschaftsgüter von allgemeiner und zentraler Bedeutung für die Lebenshaltung
    - > “auf deren ständige Verfügbarkeit die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise angewiesen ist”
    - > Mittelweg zwischen strenger Regelung des § 253 BGB und der unerwünschten Privilegierung des Schädigers
  2. Fühlbarkeit der Nutzungsbeeinträchtigung
    a. Nutzungswille
    b. hypothetische Nutzungsmöglichkeit
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

P: Ersatz von Aufwendungen, die infolge des schädigenden Ereignisses fehlgeschlagen sind

A
  • eA (mM): Frustrationsthese: Vermögensschaden ist auch darin zu erkennen, dass (wegen Körper- oder Gesundheitsverletzungen) Gebrauchsmöglichkeiten eingeschränkt werden
    con: ausufernde Ausdehnung der Ersatzpflicht
    con: Vermögensschaden umfasst allein Wert der Sache (am Markt)
    con: Gebrauchsmöglichkeiten von Sachen liegt bei Körper- oder Gesundheitsverletzungen regelmäßig nicht im Schutzbereich der Norm
  • aA (hM): ersatzfähig nur unter engen Voraussetzungen (bei vertraglichen Ersatzansprüchen):
  • > erwerbswirtschaftlich: Rentabilitätsvermutung
  • > eigenwirtschaftlich: § 284 BGB
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Ersatzfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen

A

con: allgemeine Dogmatik: keine Zurechenbarkeit, da vor dem haftungsbegründenden Ereignis
pro: Rspr. & Lit: anteiliger Ersatz von Kosten für vorsorgliche Bereithaltung von Ersatzsache (Ersatzwagen in der Hinterhand)
- > pro: Interessensausgleich: begrenzt durch den Schaden, den der Geschädigte ohne den Einsatz des Ersatzfahrzeuges erlitten hätte
pro: Entlastung des Schädigers, da zu ersetzender Schaden ohne Ersatzfahrzeug oft wesentlich höher
- > con: in erster Linie Interesse des Geschädigten, sodass nur konkrete Kosten ersatzfähig sind

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

P: Verlust oder Einschränkung der (unentgeltlichen) Arbeitskraft

A
  • unproblematisch: Ersatz von Vermögensnachteilen bei Ausfall entgeltlicher Arbeit (Verlust des Einkommens, entgangener Gewinn)
  • str.: unentgeltliche/ehrenamtliche Arbeit
    con (hM): Arbeitskraft als solche ist eine bloße Eigenschaft der Person und hat als solche keinen messbaren Vermögenswert
    -> pro: § 252 regelt Ersatz für den Verlust von Arbeitskraft abschließend und stellt Arbeitskraft nicht als eigenes Gut dar
    pro: wenn unentgeltliche Arbeit einer bezahlten Tätigkeit vergleichbar sei und damit einen Marktwert habe (bspw. karitative Arbeit) und konkret durch schädigenden Ereignis vereitelt wurde
    -> pro: ansonsten Diskrimierung von unentgeltlicher Arbeit
    -> pro: Parallele zum Eigentum, dessen Beschädigung auch unabhängig von Weiterveräußerungsmöglichkeit ersatzfähig ist
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Ersatzfähigkeit von nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

A
  • frühere Rspr: Kommerzialisierungsgedanke: Urlaub idR durch Vermögensaufwendungen erkauft und damit kommerzialisierbar; (-) bei bloßer Freizeit
    con: § 253, im Kern geht es um immateriellen Schaden
  • heute: § 651 n II regelt Urlaubsschaden abschließend; nur im vertraglichen Bereich ersatzfähig
    con: § 651 n II regelt nur vertraglichen Risikobereich; darüber hinaus ist nicht auf andere Verträge (analoge Anwendung) oder Deliktsrecht gesagt
  • > dagegen con: § 651 n II als gesetzliche Ausnahme iSd § 253 I, sodass der Gesetzgeber den immateriellen Schaden nur in diesem Fall ersatzfähig ausgestalten wollte -> keine analoge Anwendung, keine Übertragung ins Deliktsrecht
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Ersatzfähigkeit von nutzlos aufgewendeter Freizeit

A
  • im Deliktsrecht: aus gleichen Erwägung wie bei nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit kann erst recht bloße Freizeit nicht ersatzfähig sein
  • im Vertragsrecht:
  • > tw: Übertragung des Kommerzialisierungsgedankens, wenn durch den Vertrag eine bestimme Freizeitgestaltung ermöglicht werden sollte, wofür Aufwendungen getätigt wurden
  • > hM: (-), da ansonsten nahezu alle Genüsse der Freizeit als Vermögensgut anzusehen wäre
    pro: § 253 würde unterlaufen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

P: Vorliegen eines Vermögensschadens: Schadensersatz bei Geburt eines ungewollten Kindes (wrongful birth)

A
  • nach Differenzmethode: grds. (+), da keine Unterhaltspflicht nach § 1601 BGB
  • Korrektur aus normativen Gründen?
  • > BVerfG (2. Senat): Kind weder als Schaden noch als Schadensquelle (für Unterhaltsansprüche)
    pro: Art. 1 I GG
    con: Kostenfaktor des Kindes auch bei gewollten Kindern Realität; daher kein Korrektur anhand Art. 1 I GG, solange Kind immaterieller Wert beikommt und es nicht auf seinen Status als Kostenfaktor reduziert wird
  • > BVerfG (1. Senat) & BGH: Unterhaltskosten als ersatzfähiger Schaden
    pro: Recht des Kindes auf Leben aus Art. 2 II GG wird durch Aussicht auf finanzielle Entlastung eher gestärkt als geschwächt
    pro: Schadensquelle ist nicht das Kind, sondern die Vertragsverletzung bzw. Verletzungshandlung
  • > Ausnahmen:
  • -> bei fehlgeschlagenem Schwangerschaftsabbruch: (+), wenn rechtmäßig gewesen wäre
  • -> bei Täuschung der Mutter über Empfängnisverhütung: Unterhaltspflicht des Vaters nicht als Schaden durch Mutter (da bei Wegfall der Unterhaltspflicht Motivation der Mutter zur Austragung geschwächt)
  • > Vorteilsausgleichung beachten (Kindergeld)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

P: Vorliegen eines Vermögensschadens: Schadensersatz bei Geburt eines behinderten Kindes (wrongful life)

A
  • hM: wenn Kind ansonsten nicht gezeugt oder ausgetragen worden wäre, beschränkt sich der SE nicht nur auf krankheitsbedingte Mehrkosten, sondern auf die volle Unterhaltspflicht (wenn vom Schutzzweck des Behandlungsvertrages umfasst)
  • > kein eigener SEA für Kind
    pro: paradoxer Anknüpfungspunkt wäre die Nichtverhinderung der eigenen Geburt als Pflichtverletzung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Grundprinzipien des § 254 BGB

A
  1. Gleichbehandlungsgrundsatz
    - > Verschulden, nicht bloße Mitverursachung des Geschädigten
    - > verschuldensunabhängige Einstandspflichten auch beim Geschädigten (Bsp: § 7 StVG analog)
  2. Quotenteilungsprinzip
    - > Schaden quotenmäßig nach Verantwortungsverteilung aufzuteilen
  3. Verantwortlichkeitsprinzip
    - > Grund für Berücksichtigung des Mitverschuldens ist Verantwortlichkeit des Einzelnen für die Folgen seines Verhaltens
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

P: Bezugspunkt des Verschuldens bei § 254 BGB

A
  • eA: auch seitens des Geschädigten muss ein rechtswidriges Verhalten vorliegen
    pro: Gleichbehandlungsgrundsatz
    con: selbstschädigendes Verhalten grds. nicht verboten
  • hM: Verschulden gegen sich selbst = Nichteinhaltung der Sorgfalt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung des eigenen Schadens anzuwenden pflegt (und nur, wenn Vermeidung des Schadens in den Verantwortungsbereich des Geschädigten fällt)
  • wA: Verschulden gegen sich selbst nur im eigenen Verantwortungsbereich; dieser wird durch Obliegenheiten des Geschädigten umgrenzt (Obliegenheitsfeststellung unter Interessensabwägung von Haftungsrisiko und Handlungsfreiheit)
    pro: Gleichbehandlungsprinzip: Obliegenheitsverletzung als Spiegelbild zur Rechtswidrigkeit
    con: § 254 sieht keine Obliegenheitsverletzung als TBM vor
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

§ 254 I: Mitverantwortlichkeit bei der Entstehung eines Schadens

A
  1. Mitverursachung & objektive Zurechenbarkeit
  2. Obliegenheitsverletzung
  3. Verschulden: § 276 analog (objektiver Maßstab)
    - > P: Zurechnungsfähigkeit: §§ 827, 828 analog (hM)
    - -> con: §§ sollen nur vor SEA schützen
    - -> pro: Wortlaut des § 254 “Verschulden”: erfordert begriffsnotwendig Zurechnungsfähigkeit
    - -> pro: besondere Bedeutung des Schutzes von Kindern/schwächeren Verkehrsteilnehmern
  4. bei Gefährdungshaftung des Geschädigten (+), analog zu Gefährdungstatbeständen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

§ 254 II: Obliegenheit zur Schadensabwendung oder Schadensminderung

A

= Obliegenheit, sich im Rahmen des Zumutbaren um die Abwendung oder Minderung des Schadens zu bemühen

  • > Interessensabwägung im Einzelfall zwischen Handlungsfreiheit des Geschädigten und Haftungsrisiko des Schädigers
  • -> insb. bei Operation oder Umschulung: höchstpersönliche Belange des Geschädigten zu berücksichtigen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

§ 254 II: Warnung vor ungewöhnlich hohem Schaden

A
  • Warnpflicht als besondere Ausprägung der Schadensabwendungspflicht
  • > betrifft oft schon haftungsbegründenden Kausalverlauf
  • > § 254 II macht jedoch deutlich, dass die Nichtvorhersehbarkeit des Schadens für den Schädiger nicht die Schadenszurechnung ausschließt
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

P: § 254 II S. 2: Verantwortlichkeit des Geschädigten für Dritte

A
  • ganz hM: gilt für § 254 II S. 1 und § 254 I
    pro: Redaktionsversehen, sollte Abs. 3 sein

(P) was unter der entsprechenden Anwendung des § 278 zu verstehen?
- eA: Rechtsgrundverweisung (hM): zwischen Geschädigtem und Schädiger muss Schuldverhältnis oder ähnliche rechtliche Sonderverbindung bestehen => ansonsten bleibt nur die Prüfung von § 831 analog (hM)
(+) Telos: Gesetzgeber hat sich in § 254 für die prinzipielle Gleichbehandlung von Schädiger und Geschädigtem entschieden: daher ist es nicht gerechtfertigt den Anwendungsbereich des § 278 für den Geschädigten einseitig auf den außervertraglichen Bereich auszuweiten (§ 278 analog greift gerade nicht im Deliktsrecht zulasten des Schädigers)
(+) nicht ersichtlich, warum Zurechnung bei Mitverschulden weiter gehen soll als bei Haftungsbegründung (keine Entlastungmöglichkeit wie bei § 831 möglich)
(+) syst: der unm. Anwendungsbereich des § 278 ist auf bestehende SV beschränkt. Dies schließt nicht aus die Vorschrift im Rahmen einer Verweisung auf den außervertraglichen Bereich zu erstrecken. Da die Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter im außervertraglichen Bereich in § 831 geregelt ist, liegt dessen entsprechende Anwendung jedoch näher. Dass eine ausdrückliche Verweisung auf § 831 fehlt, steht dem nicht entgegen. Da § 831 eine Haftung für eigenes Verschulden begründet, bereitet die Berücksichtigung von entsprechenden Obliegenheitsverletzungen des Geschädigten bei der Auswahl und Überwachung des Gehilfen im Rahmen des § 254 von vornherein keine Probleme

  • aA: Rechtsfolgenverweisung (Teile Lit)
    pro: “entsprechende” Anwendung lässt das Erfordernis des Schuldverhältnisses entfallen
  • > con: “entsprechend” ist die Anwendung schon deshalb, weil § 278 auf den Schädiger zugeschnitten ist; es ist gerade fraglich, ob darüber hinaus noch weitere Elemente angepasst werden müssen
    con: syst (s.o.)
    con: aus dem Verantwortungsprinzip ist im Deliktsrecht grds. keine Zurechnung des Verhaltens Dritter möglich; als Ausnahmen werden Sonderverbindungen konstruiert -> Ausnahmecharakter
    con: wenn auf Sonderverbindung verzichtet wird, ist fraglich, welches Drittverhalten überhaupt relevant wird, da keine Verbindlichkeit des Geschädigten besteht, die der Dritte erfüllen könnte
  • vermittelnde Ansicht: § 278 kann im außervertraglichen Bereich nur auf die Hilfspersonen des Geschädigten entsprechend angewendet werden, nicht aber auf dessen gesetzliche Vertreter
17
Q

P: Handeln auf eigene Gefahr

A

= wenn sich Geschädigter bewusst und ohne zwingenden Grund einer Gefahr ausgesetzt hat, die vom Schädiger geschaffen worden ist und beherrscht wird

  • Teilnahme an gefährlichen Fahrten
  • > ältere Rspr: Einwilligung (konkludent)
    con: trotz Erkennbarkeit wird idR auf Ausbleiben einer Verletzung vertraut (Einwilligung als bloße Willensfiktion)
  • > BGH heute: Fälle des Mitverschuldens (aber nur, wenn sich gerade die Gefahr verwirklicht hat, derentwegen dem Geschädigten der Vorwurf einer Außerachtlassung der in eigenen Angelegenheiten gebotenen Sorgfalt gemacht wird)
  • Teilnahme an gefährlichen Sportarten
  • > Rspr: § 242: venire contra factum proprium, wenn SEA nach Verletzung durch regelkonformes Verhalten von Mitspielern
  • -> aber BGH: nicht, wenn Versicherungsschutz besteht, da Versicherung gerade zur Geltendmachung bei etwaigen Schäden dient
  • > Teile der Lit: § 254
  • > Looschelders: § 823 I bereits TBlich (-)
  • bei Gefährdungshaftung: bewusste Inaufsichnahme der Gefahr durch Geschädigten kann bereits haftungsbegründenden TB ausschließen (besonders str. aber bei § 833 S. 1 und Reitpferden)
18
Q

P: Vorliegen eines Vermögensschadens: Schadensersatz bei nur leidensverlängernder Lebensverlängerung (wrongful survival)

A
  • immaterieller SE (BGH): (-)
    pro: (Weiter-)Leben kann kein Schaden sein (Art. 1 I, 2 II GG)
    con: Privatautonomie
  • > dagegen con: Verfassungsordnung und Dritte können daher gerade nicht Lebensunwert bestimmen, sondern nur das Individuum selbst
    pro: keine Differenzhypothese bildbar (Bedeutung des Todes kann nicht festgestellt werden)
    pro: Parallele zu wrongful life, bei der Lebender selbst auch keinen eigenen Anspruch hat
  • materieller SE (wie Pflegebedarf, künstliche Ernährung; BGH): (-)
    pro: wie bei wrongful birth / life
    con: BGH: “wertende Betrachtung” -> Schutzzweckzusammenhang: Zweck der (Aufklärungs- und Informations-)Pflichten ist nicht, wirtschaftliche Belastungen zu verhindern; insb. dienen die Pflichten nicht dazu, den Erben das Vermögen des Patienten möglichst ungeschmälert zu erhalten