4 Das Strafrecht im Gesundheitswesen Flashcards

1
Q

Was bedeutet der Satz „nullum crimen sine lege“ bzw. „nulla poena sine lege“?

A

Keine Strafe ohne Gesetz

Gibt es keine strafrechtliche Bestimmung, die ein bestimmtes Verhalten verbietet, kann man dafür auch nicht strafrechtlich zur Verantwortung
gezogen werden.

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2
Q

Das Fehlen eines solchen Tatbestandes steht einer strafrechtlichen Verantwortung entgegen, schließt aber nicht

A

• zivilrechtliche (Schadenersatz)
• verwaltungsstrafrechtliche oder
• disziplinarrechtliche Folgen aus.

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3
Q

Was ist der Unterschied zwischen Zivilrecht (Schadenersatz) und Strafrecht?

A

• Im Zivilrecht stehen sich Private gegenüber, im Strafrecht muss man sich dem Staat gegenüber verantworten.
• Im Zivilrecht (Schadenersatzrecht) geht es darum, einen
• Im Strafrecht geht es nicht darum einen Schaden auszugleichen, entstandenen Schaden auszugleichen.
sondern darum, eine Person für ihr Handeln zu bestrafen

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4
Q

Für eine strafrechtliche Haftung sind folgende Voraussetzungen nötig:

A
  1. Erfüllung eines gesetzlichen Tatbestandes
  2. Kausalität der Handlung

Der Schädiger hat nur für jene Nachteile einzustehen, die durch sein Verhalten verursacht wurden. Geprüft wird dies durch die „conditio sine qua non“-Formel.

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5
Q

Was besagt die „conditio sine qua non“ - Formel?

A

Denkt man sich das Verhalten des Schädigers weg und ändert sich am Erfolg nichts, ist der Schädiger für den Erfolg nicht ursächlich (kausal).

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6
Q

Für eine strafrechtliche Haftung sind folgende Voraussetzungen nötig:

A
  1. Fehlen eines Rechtfertigungsgrundes
    Welche Rechtfertigungsgründe kennen Sie?
    • Notwehr/Nothilfe
    • Einwilligung (Besonders relevant für Gesundheitsberufe)

Beachte: In den Tod kann nicht eingewilligt werden. Tötung auf Verlangen ist ein Strafdelikt in Österreich
Exkurs: Mitwirkung am Selbstmord

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7
Q

Exkurs: Einwilligung – Aufklärung

A

• Begibt sich ein Patient / eine Patientin in (ärztliche) Behandlung, liegt darin in der Regel die Einwilligung in die indizierten (diagnostischen und therapeutischen) Routinemaßnahmen.

• Alle weiteren Eingriffe/Behandlungen (insbesondere Operationen) bedürfen stets einer gesonderten Einwilligung, wofür es einer hinreichenden Aufklärung bedarf.

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8
Q

Exkurs: Umfang der Aufklärung

A

Aufzuklären ist über
• Art und Tragweite der Behandlung
• typische Gefahren, Folgen und Nebenwirkungen
• aussichtsreichere und schonendere Behandlungsalternativen.

Die Aufklärung hat so zu erfolgen, dass sie der Patient / die Patientin versteht. Der Patient / Die Patientin kann aber darauf verzichten.

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9
Q

Für eine strafrechtliche Haftung sind folgende Voraussetzungen nötig:

A
  1. Fehlen eines Entschuldigungsgrundes
    Man wird nur bestraft, wenn einem die Tat persönlich zum Vorwurf gemacht werden kann; Ohne eigenes Verschulden gibt es keine Haftung!

Beispiele: Zurechnungsunfähigkeit, entschuldigender Notstand

  1. Fehlen sonstiger Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgründe (Beispiel: Verjährung)
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10
Q

Wichtig für alle Gesundheitsberufe:

A

• Angehörige eines Gesundheitsberufes dürfen keine Tätigkeiten übernehmen, für die ihr Wissens- oder Ausbildungsstand nicht ausreicht. Tut er/sie es dennoch, trifft ihn/sie die so genannte Übernahmsfahrlässigkeit.

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11
Q

Infolge einer Übermüdung kommt es zu einem Behandlungsfehler. Wie sieht es mit einer allfälligen Haftung aus?

A

• Entsteht ein Behandlungsfehler auf Grund von Übermüdung (des Arztes, der/des DGKP …), schließt auch das den Schuldvorwurf in der Regel nicht aus.

• Auch hier begründet die Übernahme der Behandlung den Schuldvorwurf. Es handelt sich ebenfalls um einen Fall der Übernahmsfahrlässigkeit

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12
Q

Welche „Arten von Tätern“ gibt es im Strafrecht?

A

• Unmittelbarer Täter (Derjenige, der die Tat selbst ausführt)

• Bestimmungstäter (Derjenige, der vorsätzlich einen anderen zur Ausführung der Tat veranlasst)

• Beitragstäter (Derjenige, der die Tat zwar nicht selbst ausführt, aber physisch oder psychisch einen Beitrag leistet; Klassisches Beispiel: Der Fahrer bei einem Banküberfall)

Neben dem unmittelbaren Täter werden auch der Bestimmungstäter und der Beitragstäter mit derselben Strafe bedroht.

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13
Q

Welche möglichen Strafen gibt es im österreichischen Strafrecht?

A

• Freiheitsstrafen oder Geldstrafen
Ist die Schuld nicht schwer und hat die Tat nicht den Tod eines Menschen zur Folge, kommt eine diversionelle Erledigung in Betracht:

In diesem Fall kann der Staatsanwalt/das Gericht von der Verfolgung zurücktreten, wenn eine Bestrafung insbesondere im Hinblick auf

• die Zahlung eines Gelbetrages
• die Erbringung gemeinnütziger Leistungen oder
• einen außergerichtlichen Tatausgleich
nicht als geboten erscheint. -> Besonderheit: Keine Vorstrafe

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14
Q

Grundprinzipien im Strafrecht

A

• Bestimmtheitsgebot/Analogieverbot: Wenn ein Verhalten nicht eindeutig verboten ist, darf man dafür nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Analogien sind nicht erlaubt!
• Rückwirkungsverbot: Die Handlung muss zur Zeit der Begehung
• Analogie- und Rückwirkungsverbot sind verfassungsrechtlich durch strafbar sein.
Art. 7 EMRK abgesichert (Recht auf ein faires Verfahren)

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15
Q

Was besagt der Vertrauensgrundsatz?

A

• Wer sich selbst objektiv sorgfaltsgemäß verhält, darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass auch die anderen Personen sich sorgfaltsgemäß verhalten, es sei denn, deren sorgfaltswidriges Verhalten ist eindeutig erkennbar oder auf Grund konkreter Umstände nahe liegend.

• Besonders relevant bei Arbeiten in interdisziplinären Teams (Horizontale Pflichtenverteilung).

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16
Q

Vorsicht bei vertikaler Pflichtenverteilung:

A

• Beispiel: Beaufsichtigt ein Tutor, den ihm zur Ausbildung anvertrauten Famulanten nicht, so haftet auch der Tutor für den vom Famulanten sorgfaltswidrig verursachten Tod.

• Beispiel: Auf das Urteil eines Turnusarztes über den psychischen Zustand eines Selbstmörders darf sich der Dienst habende Unfallchirurg nicht verlassen.

17
Q

Strafrechtlich verpönt sind (im Bereich der Delikte gegen Leib und Leben):

A

• der Tod des Patienten,
• Körperverletzungen und
• Gesundheitsschäden

Körperverletzungen: Wunden, Schwellungen, Verstauchungen, Verrenkungen, Brüche …

Gesundheitsschäden: Infektionen, Schockzustände, Vergiftungen …

Hinweis: Minimale Hautabschürfungen und alsbald vorübergehende Hautrötungen sind Bagatellen, die von den Körperverletzungsdelikten nicht erfasst sind.

18
Q

Heilbehandlungen - Definition

A

Heilbehandlungen sind alle Eingriffe und Behandlungen, die auf Grund einer medizinischen Indikation vorgenommen werden, um

• Krankheiten, Leiden, Körperschäden usw.
• vorzubeugen, zu erkennen, zu heilen und zu lindern

19
Q

Droht eine Strafbarkeit, wenn die Behandlung „lege artis“ vorgenommen wurde?

A

Werden die Regeln der medizinischen Wissenschaft eingehalten, ist eine Haftung wegen Körperverletzungs- oder Tötungsdelikten
ausgeschlossen, und zwar auch dann, wenn sich ein Operationsrisiko erfüllt und der Patient stirbt.

20
Q

In Fällen leichter Körperverletzung wird der Täter nicht bestraft, wenn

A

• der Täter ein Angehöriger eines gesetzlich geregelten Gesundheitsberufes und die Körperverletzung in Ausübung seines
Berufes zugefügt worden ist

und die Person nicht grob fahrlässig gehandelt hat

21
Q

Überblick Einwilligung

A

Gibt sich ein Patient / eine Patientin in (ärztliche) Behandlung, liegt darin in der Regel die Einwilligung in Routinemaßnahmen. Schwer wiegende Eingriffe (Operationen etc. ) bedürfen stets einer gesonderten
Einwilligung (+ einer hinreichenden Aufklärung).

Für Unmündige/Minderjährige gibt es besondere gesetzliche Vorschriften

22
Q

Überblick über die Altersstufen bei Einwilligung:

A

• Altersgruppe 0-14 (Unmündige): Bei Unmündigen ist stets die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich.

• Altersgruppe 14-18 (Mündige Minderjährige): Mündige Minderjährige können in der Regel in unproblematische Behandlungen (zB. Injektionen …) einwilligen. Bei Operationen ist hingegen grundsätzlich die Einwilligung des gesetzlichen
Vertreters nötig.

23
Q

Frage: Wie geht man vor, wenn ein gesetzlicher Vertreter bei einer Minderjährigen die Einwilligung in eine notwendige Operation verweigert?

A

• Verweigert der gesetzliche Vertreter oder Pflegeberechtigte aus sachfremden Motiven die Einwilligung, kann die Einwilligung durch eine Entscheidung des Pflegschaftsgerichts ersetzt werden.

• Exkurs: Erwachsenenschutzgesetz 2018

24
Q

Einwilligung wichtig

A

Ist durch den Aufschub der Behandlung das Leben oder die Gesundheit des Patienten / der Patientin ernstlich gefährdet, so darf auch ohne Einwilligung behandelt werden (Gefahr im Verzug).

Beispiele:
• Patient ist bewusstlos,
• die Entscheidung des Gerichtes kann nicht so schnell eingeholt werden,
• der gesetzliche Vertreter ist nicht erreichbar

25
Q

Verbandsverantwortlichkeitsgesetz

Können neben natürlichen Personen (Menschen) auch juristische Personen (also z.B. Träger von Krankenanstalten) strafrechtlich belangt werden?

A

Ja! Nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (seit 2006 in Kraft) können auch juristische Personen (also GmbHs, AGs …) zur Verantwortung gezogen und mit einer Geldbuße belangt werden