2. Antidepressiva Flashcards
Indikationen von Antidepressiva
Antidepressiva sind eine heterogene Gruppe von Pharmaka, von denen viele bei den folgenden Störungen als wirksam evaluiert worden sind:
Depression
Angst- und Zwangsstörungen
Essstörungen
Schlafstörungen
Anhedonie und Antriebslosigkeit
Prämenstruelle Störung
Bipolare Störung
ADHD
PTSD
chronische Schmerzen
Therapieprinzipien Antidepressiva
Merke
1. Zur Verschreibung von Pharmaka gehört ein fundiertes Wissen über Biochemie, Pharmakologie, Nebenwirkungen, Erkrankungen des Pat, Interaktionen der Pharmaka
2. Die Auswahl eines Antidepressivums (AD) folgt einer passenden Wirkungs-Nebenwirkungsüberlegung
3. Der Wirkeintritt eines AD folgt fast immer verzögert ab ca. Woche 2
4. Erkrankungen des Patienten / Schwangerschaft oder Komedikation müssen bei der Auswahl dringend berücksichtigt werden. Unerwünschte Effekte können verstärkt werden
Therapieprinzipien Antidepressiva - Diagnosestellung
Therapieprinzipien Antidepressiva - Indikationsstellung
Therapieprinzipien Antidepressiva
Ansprechen (Response)
Reduktion um 50%
Remision
Vollständige Wiederherstellung
Rückfall
Wiederauftreten während Erhaltungstherapie
Vollständige Genesung
Symptomfrei nach 6 Monaten
Rezidiv
Wiederauftreten nach Vollst. Genesung
Erkrankungsphasen und Behandlungsschritte (Abbildung)
Tabelle Einstufung Therapie Erfolg
Indikation – depressive Störungen – Empfehlungen
Majore Depression mit atypischen Merkmalen:
erhaltene affektive Modulationsfähigkeit, Hyperphagie/vermehrtem Appetit, vermehrtem Schlafbedürfnis, ausgeprägtem körperlichen Schweregefühl und Empfindlichkeit gegenüber
Zurückweisungen. -> First line SSRI, Second Line MAOH
Postpartale Depression (Wochenbettdepression):
treten 4-6 Wochen nach der Geburt eines Kindes bei der Mutter auf. -> keine Präferenz eines AD. Muttermilchgängigkeit beachten
Saisonal abhängige Depression (SAD):
-> Lichttherapie, SSRI und MAOH, Bupropion als Prophylaxe
Dysthymia:
Wirksamkeit von AD ist gesichert –> First Line SSRI, ggf auch Duloxetin, -> Second Line TZA
Indikation – Prämenstruelle dysphorische Störung - Empfehlung
Schwere Form des Prämenstruellen Syndroms
Irritabilität und Dysphorie -> First line: SSRI (Citalopram,Fluoxetin, Paroxetion, Sertralin) -> Second Line Venlafaxin, Clomipramin
Gabe als Dauermedikation oder intermittierend, schnelle Wirksamkeit innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen
CAVE: Minderung der Sicherheit oraler Kontrazeptiva
Indikation – Angststörungen – Empfehlungen
Panikstörung & Agoraphobien
-> First Line: SSRI (Citalopram, Escitalopram, Paroxetin und Sertralin, sowie als TZA Clomipramin), -> First Line: SNRI (Venlafaxin) immer in Verbindung mit kognitiver Verhaltenstherapie, Wirkeintritt nach 2-4 Wochen, Dauer 1 Jahr
Generalisierte Angstsstörung
-> First Line: Duloxetin, Escitalopram, Paroxetin und Venlafaxin -> First Line: Pregabalin -> Second Line: Opipramol (schmale Datenlage)
immer in Verbindung mit kognitiver Verhaltenstherapie, Wirkeintritt nach 2-4 Wochen, Dauer 6 Monate
Soziale Phobie
-> First Line: wie Panikstörung & Agoraphobie -> Second Line: Pregabalin, ß-Blocker
Indikation – Zwangsstörungen – Empfehlungen
Akuttherapie der Zwangsstörung
-> First Line: SSRI ((Es)Citalopram, Paroxetin , Fluoxetin, Fluvoxamin, Sertralin, sowie als TZA Clomipramin), -> Second Line: SNRI (Venlafaxin), Mirtazapin ggf. Kombination mit Neuroleptikum (zB. Citalopram plus Quetiapin); schnellerer Wirkungseintritt: Citalopram plus Mirtazapin); höhere Dosierungen als in der Depressionsbehandlung nötig
Bei Resistenz
-> First Line: Umsetzen auf ein anderes SSRI ist anderer Substanz überlegen -> First Line: SNRI (Venlafaxin) ggf. Kombination mit Neuroleptikum bringt bei 30% der resistenten Patienten Erfolge
Indikation – PTSD – Empfehlungen
AD Medikation
-> First Line: SSRI (Paroxetin, Sertralin) größte Evidenz, ggf Albträume als NW
-> Second Line: SNRI (Venlafaxin), Mirtazapin
bei PTSD sind insgesamt keine sehr guten Wirksamkeitsnachweise von AD vorhanden
Weitere Medikamente
-> Neuroleptika (Risperidon, Olanzapin, Quetiapin bei Schlafstörungen in der PTSD
-> Ketamin Einmalgabe: gute Effekte auf Symptome der PTSD und Depression
-> Clonidin: positive Effekte auf Agitation, Hyperarousal, Schlafstörungen und Albträume
-> Prazosin: gute Effekte auf Albträume und Schlafstörungen
Indikation – chronische Schmerzzustände – Empfehlungen
TZA (Amitriptylin) sowie Antidepressiva mit kombinierter serotonerger und noradrenerger Wirkung (Duloxetin, Mirtazapin, Venlafaxin) sind besser wirksam als SSRI
Nebenwirkungen von Antidepressiva (AD)
Allgemeine Faustregeln
1. Zur individuellen Auswahl eines Pharmakons sind umfassende Kenntnisse von Pharmakokinetik und -dynamik zwingend notwendig!
2. Neue AD haben grundsätzlich ein günstigeres Nebenwirkungsprofil (NW) als alte AD. Allerdings haben alle AD eine Wirkung auf das Erregungsleitungssystem des Herzens und die Neuronenaktivität im Gehirn, können also bis hin zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen und Krampfanfälle auslösen. Neue AD können zusätzlich Migräne auslösen.
3. Einige NW treten rasch auf, andere erst 2-4 Wochen nach Beginn, manche bilden sich von alleine zurück andere erst nach Beendigung der Therapie mit diesem Pharmakon
4. Die älteren TZA sind wegen ihres NW (va. anticholinerge Effekte) vor allem bei Patienten mit zB. Herz-Kreislauferkrankungen, Leber und Nierenfunktionsstörungen, Engwinkelglaukom, Prostatahypertrophie, Epilepsie, Demenz oder neurologischen Erkrankungen nicht empfehlenswert – Ausnahme Nortriptylin
5. Klassische MAO Hemmer wegen Tyraminpotenzierung nicht mehr einsetzen (Hypertensive Krisen!). Hier vor allem Rotwein / Käse Diät.
6. Fahrtauglichkeit und vergleichbares zwingend mit dem behandelnden Arzt absprechen
Lebensbedrohliche Nebenwirkungen von Antidepressiva (AD) - Zentrales Serotoninsyndrom
Zentrales Serotoninsyndrom! – Lebensbedrohlich!
1. Symptomtrias:
Fieber (Hyperthermie, Schüttelfrost)
Muskuläre Symptome (Hyperrigidität, Hyperrefleie, Myoklonie, Tremor, Kopfschmerz)
psychopathologische Auffälligkeiten (Delir, Bewusstseinsstörungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Verwirrtheit, Erregungszustände).
Zusätzlich auch: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Herzrhythmusstörungen, bis hin zu Multiorganversagen und Tod.
- Therapie:
Lebensbedrohliche Nebenwirkungen von Antidepressiva (AD) - Zentrales anticholinerges Syndrom
Zentrales anticholinerges Syndrom! – Lebensbedrohlich!
1. Vor allem bei TZA Medikation auch im niedrigen Dosisbereich
2. Symptome:
periphere Symptome: Trockene haut und Schleimhäute, Hyperthermie, Mydriasis, Harnverhalt, Obstipation (bis Ileus), Tachycardie, Herzrhythmusstörungen.
Agitierter Verlauf: delirante Symptomatik, Desorientiertheit, Verwirrtheit, Sinnestäuschung, Unruhe, Krampfanfälle
apathisch-hypoaktive Form: Somnolenz / Koma
- Therapie:
Weitere Nebenwirkungen von Antidepressiva (AD)
Nebenwirkungen von AD auf das kardiovaskuläre System
1. Blutdruck- und Herzfrequenzerhöhung
2. QTc-Zeit Verlängerung, Torsades de Pointes Syndrom
3. orthostatische Dysregulation
4. SSRI, NSRI ua. sind bei Herz-Kreislauf Erkrankungen günstiger als TZA
Nebenwirkungen von AD auf das vegetative System
- bei anticholinergem Wirkprofil: Miktionsstörungen, Magen Darm Atonie bin hin zum Ileus
- Verstärktes Schwitzen vor allem bei NRI und SRI
Nebenwirkungen von AD auf den Wachheitsgrad
- Sedierung bei antagonisieren von 5-HT2 und H1-Rezeptoren. Der Effekt bildet sich meist innerhalb von 2 Wochen zurück, jedoch bis dahin keine Fahrtauglichkeit
Nebenwirkungen von AD auf das hämatopoetische System
- Leukopenien / Agranulozytose möglich (sehr selten)
- Thrombozytenfunktionsstörungen vor allem unter SRI, NRI (verlängerte Blutungszeit, wie zB. bei ASS)
- Gastrointestinale Blutungen vor allem bei SRI frühe NW (7-28 Tage nach Einnahmebeginn): Folge: ggf Gabe eines Magenschutzes (Protonenpumpenhemmer/Antazidum)
Hepatotoxische Nebenwirkungen von AD
- Alle AD können Leberschädigungen hervorrufen, insbesondere bei Polypharmazie, unvorhersehbar, nicht dosisabhängig ab Beginn bis 6 Monate nach Beginn der Einnahme.
Nebenwirkungen von AD auf das zentrale Nervensystem
- Epileptische Krampfanfälle, Myoklonien bevor allem bei TZA (Clomipramin, Imipramin), Bupropion und Maprotilin, bei Vorschädigung und schlagartigem Absetzen des AD
- SSRI, SNRI keinen konvulsiven Effekt in therapeutischen Dosierungen
Allergische Reaktionen
- Vermehrt bei TZA
Gewichtszunahme
Bei AD mit 5-HT2 und H1 Rezeptoraffinität häufiger
Sexuelle Funktionsstörungen
Vor allem bei SSRI Einnahme
Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion – Lebensbedrohlich!
- in den ersten 3-4 Wochen der Einnahme. Symptome sind körperliche Schwäche, Lethargie, Übelkeit, Erbrechen, Gewichtszunahme, Kopfschmerz, Verwirrtheit, Krampfanfälle, Koma
- Risikofaktoren: Weibliches Geschlecht, niedriger BMI, höheres Alter, Suchtmittelkonsum, weitere Medikation -> in den ersten 4 Wochen mindestens 1x Elektrolyte untersuchten
Suizidalität – Lebensbedrohlich!
vor allem bei agitierter Depression, Agitiertheit, erhöhter psychomotirischer Anspannung erhöht. Va. innerhalb der ersten 55 Tage nach Beginn der Medikation. Risiko erhöht bei Pat zwischen 18-24 Jahren (Risiko 2fach erhöht für Suizidversuche und Selbstverletzendes Verhalten)