Was ist Ethnologie? Flashcards
Was ist Ethnologie?
- eine empirische und vergleichende Wissenschaft, die nachprüfbar Aussagen über den Menschen als den Schöpfer und Träger von Kultur machen will
- Ziel: Die Vielfalt kollektiver menschlicher Lebensweisen zu erforschen, Weltverständnisse zu entschlüsseln und kulturübergreifend verstehbar und erklärbar zu machen
Wortherkunft
- Griech: ethos (Volk) + logos (Wort, Sinn)
- Wissenschaft: methodische Suche nach neuen Erkenntnissen, diese sollen transparent & nachvollziehbar sein
Marcus Tullius Cicero unterschied als erster zwischen: Kultur als…
- Landwirtschaftliche Pflege (“cultura agri”): menschliches Handeln, mit dem die Natur zum Zwecke der Lebenserhaltung “pfleglich” verändert wird (behutsamer Eingriff, der einen Ertrag sichert -> Gedanke der Nachhaltigkeit)
- Pflege des Geistes (“cultura animi”): auch der Geist muss gepflegt und gestaltet werden, um ertragreich zu sein; heute die Verbindung noch in Kindergarten
Alltags-Wortfelder von Kultur (lat.: “cultura”)
- Bewohnen, ansässig sein (Lebenswelt, Alltagswelt)
- pflegen, schmücken, ausbilden, veredeln als Kunst, Geistes-kultur (z.B. Hochkultur, Kulturbanause)
- bebauen, Ackerbau treiben (z.B. Kultivieren)
- verehren, anbeten, feiern (z.B. Kultstätte)
Kultur Natur
Dem Wortsinn nach kontrastiert Kultur mit dem Naturbegrff: Beispielsweise ist natürlich vorgegeben, dass der Mensch essen muss. Wie er isst, kann er frei gestalten.
- Kultur meint das Produkt solchen Gestaltens (Bonmot: “culture is not where u get things, but how u put them together.”
- bezieht sich immer auf Gelerntes und Geschaffenes, nie biotisches
Heutige ethnologische Sichtweise auf Kultur
- Individuen sind mehreren Kulturfeldern zugehörig (Nationalität, Organisation, Religion, Geschlecht, Generation, Familie, etc.) ->
- > Multiple and often conflicting identities!
- Jedoch Abgrenzung v. Identität und Rolle
Kultur ist…
- Gelernt
- Geteilt
- Verantwortlich für Gruppendifferenzen
- Essentiell für Personenwerdung
- Beeinflusst (von) Weltsicht und Verhalten
Kultur ist…(1) gelernt!
- gelernt=nicht genetisch vererbt (ebenso wie etwa die Muttersprache)
- Soziales Lernen: durch Beobachtung, Nachahmung
- Soziales Lernen spart Zeit und Transaktionskosten
- Kulturell bewährte Infos können beliebig weiter kommuniziert und akkumuliert werden
- > menschliches Alleinstellungsmerkmal
Kultur ist…(2) geteilt!
- Kulturmitglieder teilen Vorstellung von gemeinsamer “kultureller Identität” -> erkennen, erleben und definieren sich und ihre kulturelle Traditionen als unterschiedlich zu denen von anderen Menschen und Traditionen
- Kulturmitglieder sind in der Lage, ohne größere Missverständnisse miteinander zu kommunizieren, ohne ihr Verhalten ständig erklären zu müssen.
- Geteilte Kultur und kulturelle Identität KANN an gemeinsames Territorium, gemeinsame Sprache oder nationale Grenzen gebunden sein, muss es aber nicht.
Kultur ist…(3) verantwortlich für Gruppendifferenzen!
- Innensphäre vs. Außensphäre (Ethnozentrischer Dualismus
- Der konzentrische Dualismus (am Beispiel moralischer Topografie bei sesshaften Bauern)
Kultur ist…(4) essentiell für die “Personenwerdung”!
- nicht Erbanlagen, sondern Kultur und Erziehung bestimmen, wie sich Menschen entwickeln
- philosophischer Aspekt, zugrundeliegendes Menschenbild, das Implikationen für Politik, Pädagogik, Recht etc. mitbringt
Kultur beeinflusst (5)…
- Normen, Werte
- Symbole
- Realitäts- und Weltsicht
- Verhalten und Verhaltenserwartungen
-> Kultur stellt uns Sehgewohnheiten zur Verfügung. Und sie fügt zum Sehen noch das Deuten hinzu!
Räume kultureller Identifikation
Repräsentativkultur: die kulturellen Sonderleistungen, Vorbildcharakter und Referenzraum für die gesamte Kulturgemeinschaft
Alltagskultur: Lebenspraxis, in der sich die implizite Kultur entfaltet, durch Faktoren wie Geschlecht, Alter, Schicht, Beruf
Implizite Kultur: Unreflektierte Muster der Wahrnehmung, des Denkens, Handelns und der Kommunikation