Vorlesung Flashcards
Der Handlungsbegriff
- Grundlage der Strafbarkeit -> Strafe kann nur an Handlung geknüpft werden
- unterscheidet strafrechtlich relevantes menschliches Verhalten von sog. Nicht-Handlungen
- Tatstrafrecht -> Fokus auf Tat
- erster Punkt im Aufbauschema des objektiven Tatbestandes
Menschliches Verhalten nur dann strafrechtlich relevant, wenn die handelnde Person Steuerungsfähigkeit besaß.
Handlungsbegriff nach heutiger herrschender Auffassung:
“Vom Willen beherrschte, finale sozialerhebliche Verhaltensform.”
Handlungslehre - Theorien
I. Die naturalistisch-kausale Handlungslehre
-> umreißt die Handlung als gewillkürtes Verhalten
- willentliche Handlung zur Abgrenzung von Naturereignissen
II. Die finale Handlungslehre
-> menschliches Verhalten als zweckgerichtete Tätigkeit definiert
- Menschen zeichne gerade Fähigkeit aus, planend und zweckgerichtet in das Sozialleben einzugreifen (Abgrenzung Tiere und Instinkte)
III. Die personale Handlungslehre
-> Handlungen als Persönlichkeitsäußerungen
- Nichthandlungen sollen ausgeblendet werden, die alleine von der körperlichen Sphäre des Menschen ausgehen (ohne Steuerung des “Ich”)
IV. Die sozialen Handlungslehren
-> strafrechtliche Handlungen als ein vom menschlichen Willen beherrschtes oder beherrschbares, sozialerhebliches Verhalten
- Sozialerheblichkeit als Abgrenzungskriterium
Handlungsbegriff in der Fallbearbeitung
Handlungsqualität im Regelfall gegeben, dass sie als Merkmal nicht genannt werden muss
-> Nur in zweifelhaften Fällen müssen näherer Ausführungen gemacht werden
- Liegt menschliches Verhalten vor?
- Wenn ja, war das Verhalten vom Willen des Menschen beherrscht oder beherrschbar?
- Wenn ja, war dieses Verhalten sozial relevant?
Nichthandlungen
- Mit unwiderstehlicher Gewalt (vis absoluta) erzwungene Handlungen
-> Schubs gegen ein Fenster - Körperbewegungen, die mangels jeglicher willentlicher Steuerung der Beherrschbarkeit durch den Willen entzogen sind
-> Bewegungen, Krampfanfälle, Reflexe - Naturereignisse
- Vorgänge, die sich ausschließlich im Inneren des Menschen abspielen
-> Gedanken, Gefühle, Gesinnungen
-> “Die Gedanken sind frei”
Übersicht Tätigkeitsdelikt, Erfolgsdelikt, Kausalität
Steigende Intensität der Beeinträchtigung des jeweiligen geschützten Rechtsguts
- Tätigkeitsdelikte = Kein konkreter Erfolg wird vorausgesetzt
- Abstrakte Gefährdungsdelikte = Kein Eintritt einer konkreten Gefahr im Einzelfall vorausgesetzt
=> Keine Kausalität notwendig
- Erfolgsdelikte = Setzen Eintritt eines von der Tathandlung abgrenzbaren Erfolgs voraus
- Konkrete Gefährdungsdelikte = Konkrete Gefahr im Einzelfall vorausgesetzt
- Verletzungsdelikte = Beeinträchtigung des Rechtsguts im Einzelfall
=> P: Kausalität zwischen der Handlung und dem Erfolg im Einzelfall
Theorien zur strafrechtlichen Kausalitätslehre
- Äquivalenztheorie (h.M.)
-> Gleichwertigkeit aller Ursachen
-> Conditio-sine-qua-non-Formel
“Ein Umstand ist kausal für den Erfolg, wenn er nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.”
- Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung
-> Gleichwertigkeit aller Ursachen
-> Frage, ob zwischen Handlung und Erfolg eine nach den bekannten Naturgesetzen erklärbarer Zusammenhang besteht
=> prüft danach, ob konkrete Handlung im konkreten Erfolg tatsächlich wirksam geworden ist
=> konkrete Handlungsanweisung für Rechtsanwender - Adäquanz-/Relevanztheorie
-> Formel:
“Die Möglichkeit des Erfolgseintritts aufgrund der gesetzten Bedingungen darf nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegen.”
=> Wertungsfrage
-> Kausalzusammenhang von Handlung und Erfolg + strafrechtliche Relevanz dieses Kausalzusammenhangs
Sonderkonstellationen der Kausalität
- Hypothetische Ersatzursachen und Kausalverläufe
-> hypothetische Kausalverläufe dürfen nicht berücksichtigt werden
=> nur tatsächlich verwirklichte Ursachen maßgeblich
=> Dass der sozialschädliche Erfolg später aufgrund folgender Ereignisse und in anderer Weise ebenfalls eingetreten wäre, beseitigt die Ursächlichkeit der realen Bewirkungshandlung nicht
Alternative Kausalität
Mehrere voneinander unabhängige Ursachen treffen zeitlich zusammen und jede einzelne Ursache hätte für sich genommen den Erfolg herbeigeführt.
“Nach der modifizierten csqn-Formel sind auch solche Bedingungen erfolgsursächlich, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.”
-> Der Fall liegt vor, wenn mehrere voneinander unabhängige Ursachen, von denen jede allein den Erfolg hätte bewirken können, zur gleichen Zeit wirken
=> A und B geben unabhängig voneinander eine jeweils für sich genommene tödlich wirkende Dosis Gift in den Tee des O
Handlung 1 -> Erfolg
Handlung 2 -> Erfolg
Kumulative Kausalität
“Mehrere voneinander unabhängige Ursachen bewirken erst zusammen den Erfolg.”
=> Nach der csqn-Formel ist jede Bedingung kausale Ursache für den Erfolg
=> A und B geben unabhängig voneinander eine jeweils für sich genommen nicht tödlich wirkenden Dosis Gift in den Tee des O. Zusammengenommen erreichen die Dosierungen eine tödliche Wirkung.
Handlung + Handlung = Erfolg
Abgebrochene/überholende Kausalität
“Eine andere Ursache bewirkt völlig unabhängig von der Handlung allein den Erfolg bzw. die Handlung bewirkt unabhängig von einer anderen Ursache den Erfolg.”
Überholende Bedingung: ursächlich für den Erfolg
Abgebrochene Bedingung: nicht kausal
=> A gibt eine tödlich wirkende Dosis Gift in den Tee des O, die erst ein paar Stunden nach dem Trinken ihre Wirkung entfaltet (abgebrochen). Unmittelbar nach dem Trinken des Tees wird O von B erschossen (überholend).
Atypischer Kausalverlauf
-> Erfolg tritt durch eine andere Ursache ein, diese knüpft aber an die vorhergehende Handlung an
=> A ist durch das Gift so geschwächt und unkonzentriert, dass er mit seinem Fahrrad einen Fahrfehler begeht, auf die Gegenseite der Fahrbahn gerät und hier von einem Autofahrer tödlich erfasst wird.
Handlung -> andere Ursache -> Erfolg
Schwächen der Conditio-sine-qua-non-Formel
- bereits im Ausgangspunkt die Einschränkung über das Merkmal “Erfolg in seiner konkreten Gestalt”
- Anpassungsbedarf in Fällen der alternativen Kausalität
- unklar, ob ein bestimmtes Verhalten ursächlich für einen Erfolg ist, kann die Formel nicht erfolgsversprechend angewendet werden
-> setzt voraus, was durch sie erst ermittelt werden soll
Grundaussagen zur objektiven Zurechnung
- Weite des Kausalitätskriteriums einschränken (durch normative Betrachtung des Zusammenhangs zwischen Handlung und Erfolg)
-> Verkauf der Tatwaffe als kausaler Beitrag zum Taterfolg
Frage zur Eingrenzung:
“Kann dem Täter der von ihm verursachte Erfolg auch normativ (=bewertend) als dessen Werk zugerechnet werden?”
=> Ist der Fall, wenn die Handlung des Täters eine rechtlich missbilligte Gefahr für das geschützte Rechtsgut geschaffen und sich diese Gefahr im konkreten Erfolg tatbestandstypischer Weise verwirklicht hat
Objektive Zurechnung
1. Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr für das tatbestandlich geschützte Objekt
- Handlung ist für das Tatobjekt objektiv riskant
(Gefahr = obj. Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts) - Risiko ist neu, weil es die bisherige Situation noch nicht oder nur in geringerem Umfang enthielt
- Risiko wird von Rechtsordnung nicht gebilligt
- Risiko kann nicht ausschließlich für den Täter fremden Verantwortungsbereichen zugeordnet werden
(eigenverantwortliche Selbstgefährdung, einverständliche Fremdgefährdung)
Objektive Zurechnung
2. Verwirklichung dieser Gefahr im Erfolg
- Erfolg als Verwirklichung des vom Täter geschaffenen unerlaubten Risikos
-> nicht als Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos/ von einem anderen geschaffenen Risiko
Voraussetzungen:
- verwirklichtes Risiko greift in Schutzbereich der verletzten Norm ein
- kein rechtmäßiges hypothetisches Alternativverhalten des Täter erkennbar, das den Erfolg in gleicher Weise herbeigeführt hätte
- Verhalten des Täters muss eine nicht durch ein erlaubtes Risiko gedeckte Gefahr für das Handlungsobjekt geschaffen und sich diese Gefahr auch im konkreten Erfolg verwirklicht hat
Sonderkonstellationen und Fallgruppen der objektiven Zurechnung
Täter muss durch sein Verhalten
(Abgrenzung nach Verantwortungsbereichen:
-> Eigenverantwortliche Selbstschädigung bzw. Selbstgefährdung des Opfers
-> Dazwischentreten eines Dritten)
eine rechtlich missbilligte Gefahr
(-> Erlaubtes Risiko
-> Sozialadäquanz)
geschaffen oder erhöht haben,
(Risikoverringerung)
die sich im konkret eingetretenen Erfolg realisiert hat.
(-> atypischer Kausalverlauf
-> Schutzzweck der Norm
-> Pflichtwidrigkeitszusammenhang)
Objektive Zurechnung
Fallgruppen mit fraglicher eigener Gefahrenschaffung
Allgemeines Lebensrisiko
-> erlaubtes bzw. rechtlich nicht missbilligtes Risiko
Bsp. T überredet E zu Flugreise und hofft, dass Flugzeug abstürzt. So geschieht es.
-> Keine Zurechnung, da mit jeder Flugreise Absturzrisiko verbunden ist => kein Risiko, das Rechtsordnung verbietet
-> Keine Zurechnung, auch bei tödlichen Unfallfolgen im Straßenverkehr => bei verkehrsgerechter Teilnahme = allgemeines Lebensrisiko
Objektive Zurechnung
Fallgruppen mit fraglicher eigener Gefahrenschaffung
Risikoverringerung
Liegt vor, wenn bereits im Gang befindliche Ursachenreihe gebremst und die von ihr ausgehende Gefahr für Opfer herabgesetzt wird
Bsp.:
- Abmilderung von Verletzungen/Sachschäden
- zeitliches Hinausschieben des Erfolges
-> Kausalität bejaht
-> Objektive Zurechnung verneint
=> Allgemeines Interesse an Erhaltung strafrechtlich geschützter Rechtsgüter -> kein Schaffen einer rechtlich missbilligten Gefahr
Bsp.: A will B Stein an Kopf werfen, trifft ihn aber nur an Schulter, weil C dem A in den Wurfarm fällt.
Achtung: Nicht mit Risikoersetzung verwechseln.
-> hier muss es GEBREMST werden
-> nicht ERSETZT durch eine neue eigenständige Ursachenreihe
Objektive Zurechnung
Fallgruppen mit abzugrenzenden Verantwortungsbereichen
Freiverantwortliche Selbstschädigung und -gefährdung des Opfers
Theorie
- Zwischen Selbstschädigung und -gefährdung des Opfers unterscheiden (Opferperspektive maßgeblich)
Selbstschädigung: Opfer erkennt Möglichkeit der Verletzung des eigenen Rechtsguts und findet sich damit zumindest ab
Selbstgefährdung: Opfer handelt zwar bewusst fahrlässig, vertraut jedoch auf Ausbleiben des Verletzungserfolgs
Prinzip der Eigenverantwortlichkeit: Jeder ist für sein eigenes Handeln verantwortlich.
-> Täter kann kein Erfolg zugerechnet werden, bei dem das Opfer alleine die Verantwortung dafür trägt, auch wenn er sich daran beteiligt haben mag
-> Bsp. Konsum von Drogen, die zuvor bei Dealer D gekauft wurden führt zum Tod
- Selbsttötungen und Selbstverletzungen sind straffrei
-> Mangels Haupttat bleiben auch Anstiftung und Beihilfe §§ 26, 27 StGB ohne Konsequenzen
Objektive Zurechnung
Fallgruppen mit abzugrenzenden Verantwortungsbereichen
Freiverantwortliche Selbstschädigung und -gefährdung des Opfers
Voraussetzungen für freiverantwortliches Verhalten
2 Voraussetzungen für Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs:
- Freiverantwortliches Verhalten des späteren “Opfers” muss vorliegen
-> davon kann nur gesprochen werden, wenn der Gefährdete überhaupt in der Lage ist, bezüglich der Preisgabe seiner Rechtsgüter selbstverantwortlich zu entscheiden
Problematisch bei:
- mangelnder Reife oder Erfahrung des Gefährdeten
- überlegenem Sachwissen des Täters
Maßstab der an freiverantwortliche Entscheidung zu stellen ist, ist umstritten:
M1: Sinngemäße Anwendung der für eine Fremdschädigung geltende Exkulpationsregeln -> §§ 20, 35 StGB; § 3 JGG
=> Freiverantwortlichkeit entfällt, wenn dessen Strafbarkeit entfiele, d.h. er schuldlos handelte
=> bei Geisteskrankheit, Betrunkenheit, Zwang
M2: Nach Regeln der Einwilligungsfähigkeit
=> Opfer schädigt sich nicht selbst, sondern wird von anderem geschädigt und willigt dazu ein (wird angenommen)
=> Einwilligung unwirksam, wenn wesentliche Willensmängel vorliegen: Täuschung, Drohung, Irrtum, etc.)
Objektive Zurechnung
Fallgruppen mit abzugrenzenden Verantwortungsbereichen
Freiverantwortliche Selbstschädigung und -gefährdung des Opfers
Voraussetzungen für Selbstschädigung/-gefährdung
- Voraussetzung: Selbstschädigung/-gefährdung muss vorliegen
=> Opfer muss Tatherrschaft über den unmittelbar lebensbeendenden bzw. Verletzungs- oder Gefährdungsakt innehaben
=> tatbestandlicher Geschehensablauf muss in den Händen gehalten werden
- h.M. erörtert Frage der Einwilligung erst im Rahmen der Rechtswidrigkeit
- Mindermeinung will auf Stufe des Tatbestandes die Einwilligung thematisieren, weil dann schon der Straftatbestand nicht erfüllt wäre
-> vorzugswürdig laut Hefendehl
Objektive Zurechnung
Fallgruppen mit abzugrenzenden Verantwortungsbereichen
Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
“Die Verantwortung des Erstverursachers endet grundsätzlich, wenn ein Dritter vollverantwortlich eine neue, selbstständige Gefahr begründet, die sich dann alleine im Erfolg realisiert.”
Obj. Zurechnung zu bejahen, wenn:
- Täter rechtlich relevant Gefahr durch Verletzung von Sicherheitsvorschriften schafft, die gerade zum Schutz vor Vorsatz- oder Fahrlässigkeitstaten Dritter dienen
- Wenn Verhalten Dritter so spezifisch mit Ausgangsgefahr verbunden ist, dass es bereits als typischerweise in der Ausgangsgefahr begründet erscheint
Objektive Zurechnung
Sog. Retterfälle
- Schnittfeld der freiverantwortlichen Selbstgefährdung und Dazwischentreten eines Dritten
- Umstand, dass Dritter in einen vom Ersttäter in Gang gesetzten Kausalverlauf eingreift und sich dabei selbst gefährdet/schädigt
-> 2 Fallkonstellationen zu unterscheiden:
1. Retter kann freiwillig eingreifen
2. Oder ist in konkreter Situation zum Eingreifen verpflichtet
Problematisch: Ist demjenigen, der die Gefahr schafft, das freiwillige Eingreifen des des Retters zuzurechnen?
Einschränkung des Grundsatzes der Straffreiheit wegen bewusster Selbstgefährdung des Opfers:
“Wenn Täter durch seine Handlung die naheliegende Möglichkeit einer bewussten Selbstgefährdung dadurch schafft, dass er OHNE Mitwirkung/Einverständnis des Opfers eine erhebliche Gefahr für ein RECHTSGUT des Opfers oder IHM NAHESTEHENDE PERSON begründet und damit ein EINSICHTIGES MOTIV für gefährliche Rettungsmaßnahmen schafft.”
- Etwas anderes könnte nur bei von vornherein sinnlosen/offensichtlich unverhältnismäßigen Rettungsversuch gelten
Objektive Zurechnung
Vorsätzliches Dazwischentreten Dritter
- Täter kann den von ihm in Gang gesetzten Kausalverlauf unterbrechen
- Wenn Täter die Realisierung einer von ihm gesetzten Gefahr im Erfolg verhindert, indem er durch eine Zweithandlung vorsätzlich eine neue Gefahr schafft, die sich alleine im Erfolg verwirklicht
-> unwesentliche Abweichung des tatsächlich vorgestellten Kaualverlaufs
-> 2. Tat knüpft an Ausgangsgefahr an, unterbricht nicht die objektive Zurechnung
Objektive Zurechnung
Fallgruppen mit fraglicher Gefahrrealisierung
a) Atypischer Kausalverlauf
-> liegt vor, wenn der eingetretene Erfolg völlig außerhalb dessen liegt, was nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge nach der allgemeinen Lebenserfahrung noch in Rechnung zu stellen ist
=> Zurechnung scheidet aus, da sich nicht die geschaffene Gefahr realisiert hat
b) Pflichtwidrigkeitszusammenhang
-> Zurechnung entfällt, wenn der durch pflichtwidriges Verhalten verursachte Erfolg auch bei pflichtgemäßem Alternativverhalten eingetreten wäre
-> Risikoerhöhungslehre: soll für Zurechenbarkeit genügen, dass das pflichtwidrige Verhalten des Täters das Risiko des Erfolgseintritts erhöht hat
c) Schutzzweck der verletzten Norm
-> im konkreten Erfolg muss sich diejenige rechtlich missbilligte Gefahr verwirklicht haben, deren Eintritt nach dem Schutzzweck der einschlägigen Norm vermieden werden sollte.
=> Keine Zurechnung, wenn ein Erfolg eintritt, der außerhalb des Schutzzwecks der Norm liegt
Grundlagen und Erscheinungsformen des Vorsatzes
Vorsatz = als subjektive Komponente der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände
Kurzformel: Vorsatz = Wissen + Wollen der Tatbestandsverwirklichung
Nach Willensbeziehung des Täters 3 Vorsatzformen:
- Absicht (dolus directus 1. Grades)
- direkter Vorsatz (dolus directus 2. Grades)
- bedingter Vorsatz (dolus eventualis)
- soweit sich aus gesetzlicher Beschreibung eines Delikts nichts anderes ergibt, muss Täter zur Tatbestandsverwirklichung vorsätzlich handeln -> § 15
Vorsatzformen
Absicht - dolus directus 1. Grades
Absicht = zielgerichteter Erfolgswille
-> gegeben, wenn es dem Täter gerade darauf ankommt, den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs herbeizuführen, für den das Gesetz absichtliches Handeln voraussetzt
- Zielgerichteter Erfolgswille kann, muss aber nicht zugleich Beweggrund des Täters sein
- Angestrebter Erfolg muss nicht notwendig das Endziel des Täter sein, sondern kann auch Zwischenzeit auf dem Weg dahin sein
- Sichere, aber nicht bezweckte Nebenfolgen der Handlung sind nicht Gegenstand der Absicht
Faustregel:
- Zielgerichtetes Handeln ist erforderlich, wenn es für Täter um günstige Position geht, z.B. §§ 242, 263 StGB
- Direkter Vorsatz genügt, wenn es um eine für einen Dritten ungünstige Position geht, z.B. § 274 StGB
Vorsatzformen
Direkter Vorsatz - dolus directus 2. Grades
Direkter Vorsatz = Wenn Täter weiß/als sicher erkennt, dass seinHandeln zur Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestands führt
- steht nicht entgegen, dass Täter der Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs an sich unerwünscht ist
-> reicht aus, dass er ihn als notwendige Folge seines Handelns erkennt - Im Gesetz durch Formulierungen wie “wissentlich” oder “wider besseren Wissens” vorausgesetzt
Bedingter Vorsatz - dolus eventualis
- schwächste Vorsatzform
-> wenn Täter die Tatbestandsverwirklichung weder anstrebt, noch für sicher hält
- genügt prinzipiell immer dann, wenn Gesetz keine ausdrücklich qualifizierte Vorsatzform verlangt
Fälle, in denen unklar, ob Täter Verletzung/Tötung bedingt vorsätzlich hingenommen hat:
- Schießbudenfall
- Lederriemenfall
- HIV-Fall
- Tritt gegen Kopf
- Illegales Straßenrennen
- Organspendefall
=> Fraglich, weil der dolus eventualis im Grenzbereich zur bewussten Fahrlässigkeit liegt
-> Gemeinsamkeit: Täter erkennt Gefahr, deshalb könnte sein Verhalten den jeweiligen Tatbestand erfüllen
-> nur vorsätzliches Handeln strafbar => Abgrenzung entscheidet über Strafbarkeit
Abgrenzung dolus eventualis und bewusste Fahrlässigkeit
Lösungsansätze mit Schwerpunkt auf intellektuellen Vorsatz-Element
Wissen: Bedingter Vorsatz (+), wenn Möglichkeit, bzw. Wahrscheinlichkeit der TB-Verwirklichung erkannt
Wollen: Irrelevant
a) Möglichkeitstheorie
-> liegt vor, wenn Täter konkrete Möglichkeit der TB-Verwirklichung erkannt und dennoch gehandelt hat
b) Wahrscheinlichkeitstheorie
-> liegt vor, wenn Täter die TB-Verwirklichung für wahrscheinlich, d.h. mehr als möglich, aber weniger als überwiegend wahrscheinlich, hält
Abgrenzung dolus eventualis und bewusste Fahrlässigkeit
Lösungsansätze mit Schwerpunkt auf voluntativen Vorsatz-Element
Wissen: Erkennen der Möglichkeit der TB-Verwirklichung
Wollen: Darüber hinaus voluntativ erforderlich -> Billigung, Gleichgültigkeit, Abfinden
a) Billigungstheorie (h.M.)
-> liegt vor, wenn Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und ihn billigend in Kauf genommen hat
-> billigen = um erstrebten Zieles willen damit abfinden/ bereit sein Folgen hinzunehmen
-> Gleichgültigkeit deutet darauf hin
-> auch oft Formel, dass Täter “Einverstanden mit TB-Verwirklichung sein muss”
b) Gleichgültigkeitstheorie
-> liegt vor, wenn Täter die für möglich gehaltene TB-Verwirklichung aus Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut in Kauf genommen hat
c) Ernstnahmetheorie
-> liegt vor, wenn Täter mit der Möglichkeit der TB-Verwirklcihung ernstlich rechnet, um des erstrebten Zieles willen aber trotzdem weiterhandelt
=> findet sich dadurch mit einer eventuellen TB-Verwirklichung ab
-Theorie steckt in Billigungstheorie, weil billigen als abfinden versanden wird
Bewusste Fahrlässigkeit
Bewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten.
Das Vertrauen darf aber nicht auf bloßen Hoffnungen beruhen, sondern muss tatsachenbasiert sein.
Abgrenzung dolus eventualis und bewusste Fahrlässigkeit
Normative Risikotheorien
-> Problem soll mit wertender Betrachtungsweise gelöst werden
a) Manifestation des Vermeidewillens
-> dolus eventualis liegt vor, wenn der Wille des Täters auf die TB-Verwirklichung gerichtet war
-> bewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wenn Täter Gegenfaktoren einsetzt, dass es nicht zur TB-Verwirklichung kommt
b) Unabgeschirmtes Risiko
-> dolus eventualis liegt vor, wenn sich der Täter bewusst für Verhalten entschieden hat, as mit einer in der Rechtsordnung geltenden Risikomaxime unverträglich ist
c) Kombinationstheorie Schünemanns
-> Synthese aus Risikotheorie und Möglichkeitstheorie
- löst Täter bewusst nicht mehr tolerables Risiko aus, steuert er das Geschehen gegen das Rechtsgut -> emotionale Distanzierung ändert nichts daran
-> Wissen um die Möglichkeit der TB-Verwirklichung ausreichend
-> zu weite Ausdehnung der Strafbarkeit auf Ebene der Vorsatzschuld korrigiert
Unterscheidung bedingter Vorsatz und bedingter Handlungswille
a) Zustand der Unentschlossenheit (schießen oder nur drohen?)
-> kein Vorsatz, da definitive Willensentscheidung fehlt
b) Tatentschluss auf hypothetischer Tatsachengrundlage (Häftlinge planen Raubüberfall unter Bedingung des erfolgreichen Ausbruchs)
-> auf tatbestandlichen Erfolg wird im Bewusstsein der Gefährdung des Handlungsobjekts hingearbeitet => Vorsatz liegt auch vor, wenn Tat noch von Bedingung abhängig ist
-> Entscheidung zur Tat schon gefallen, nur Ausführbarkeit bedingt
c) Tatentschluss mit Rücktrittsvorbehalt
-> Rücktrittsvorbehalt, dass sich Tat erübrigen sollte, ändert nichts am Vorsatz
Zeitliche Dimension des Vorsatzes: dolus antecedens und dolus subsequens
Gem. § 16 I 1 StGB muss der Vorsatz bei Begehung der Tat vorliegen
-> Simultanitäts- oder Koinzidenzprinzip
Gem. § 8 S. 1 StGB ist eine Tat zu der Zeit begangen, zu welcher der Täter gehandelt hat/ oder hätte handeln müssen
-> Erfolgseintritt ist nicht maßgeblich
=> dolus antecedens (Vorsatz vor Beginn der Tat) und dolus subsequens (Vorsatz erst nach Ende der Tatausführung) genügen nicht für den Tatbestandsvorsatz
=> sind rechtlich irrelevant
Tatbestandsbezogenheit
Dolus cumulativus und dolus alternativus
Vorsatz muss immer auf einen konkreten Tatbestand bezogen sein und für jeden TB gesondert geprüft werden.
-> Erfüllt der Täter also durch eine Handlung objektiv mehrere TBs, muss jedes Delikt einzeln auf Vorsatz geprüft werden
a) Dolus cumulativus
-> Täter will sowohl den einen als auch den anderen TB verwirklichen und kann das zeitlich
-> unproblematisch
b) Dolus alternativus
-> problematisch
-> Vorsatz des Täters der Art nach auf mehrere einander ausschließende TBs gerichtet, der Zahl nach aber nur auf einen
-> A wird von B und seinem Hund verfolgt, hat nur noch eine Kugel in der Pistole und schießt in der Hoffnung einen von beiden zu treffen, B wird getroffen
=> h.M. und Rspr. nehmen an, dass Vorsatz gegenüber beider TBs angenommen wird und nach beiden Delikten bestraft wird
Der Tatumstandsirrtum
Kennt der Täter einen Umstand, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört nicht, so handelt er gem. § 16 I 1 StGB nicht vorsätzlich.
-> Tatumstands/-bestandsirrtum = Täter verkennt das tatsächliche Vorliegen der Voraussetzungen, von denen das Gesetz die objektive Tatbestandsmäßigkeit abhängig macht
Tatumstandsirrtum - deskriptive Tatbestandsmerkmale
- bringen durch einfache Beschreibung zum Ausdruck, was Gegenstand des TB sein soll -> Mensch, beweglich, Sache, wegnehmen
- ohne zugrundeliegender Rechtsordnung versteh-/erklärbar
- reicht aus, wenn Täter sie tatsächlich sinnlich wahrgenommen hat
Bsp.: A schießt auf Vorhang, der B gehört. A weiß nicht, dass B hinter dem Vorhang steht und die Schüsse ihn tödlich treffen werden.
-> § 303 (+), A wusste, dass der Vorhang B gehört und wollte diesen beschädigen
-> § 212 (-), A wusste nicht, dass sie auf einen Menschen schießt und kannte somit einen Umstand nicht, der zum Tatbestand des § 212 gehört
=> gem. § 16 I 2 kommt hinsichtlich B aber fahrlässige Tötung gem. § 222 in Betracht
Tatumstandsirrtum - normative (wertausfüllungsbedürftige) Tatbestandsmerkmale
- können nicht sinnlich wahrgenommen werden
- müssen erst durch Wertung aufgrund rechtlicher/sozialer Kriterien ausgefüllt werden
-> “fremd” -> Fremdheit einer Sache sieht man ihre nicht an, bürgerlich-rechtliche Vorschriften über Eigentum bestimmen es
=> nicht ohne Berücksichtigung der zugrundeliegenden Rechtsordnung sind diese TB-Merkmale nicht verständlich
Bsp.: A verwechselt an der Garderobe ihren Mantel mit dem des B und nimmt ihn mit. Weil A nicht weiß, dass es sich um einen fremden Mantel gehört, kennt sie den Umstand nicht, der zum TB des § 242 gehört.
- bei normativen TB-Merkmalen muss der Täter auch das Merkmal ausfüllender Wertung richtig erkennen, um Vorsatz annehmen zu können
Faustformel: Der Täter muss all das erkannt haben, was zur juristischen Definition des Merkmals gehört
Unterscheidung des Tatumstandsirrtums gegenüber dem Verbotsirrtum
- strikt zu unterscheiden
Verbotsirrtum nach § 17 StGB:
- Täter fehlt die Einsicht Unrecht zu tun
-> kennt Tatbestand gar nicht
-> hält TB für ungültig
-> gelangt durch falsche Auslegung zu einer Fehlvorstellung über seinen Geltungsbereich => sieht sein Verhalten nicht als verboten an
- gem. § 17 S.1 handelt, wer einen solchen Irrtum nicht vermeiden konnte, schuldlos
- war es vermeidbar, kann die Strafe gem. §§ 17 S. 2, 49 gemildert werden
Faustformel zur Unterscheidung:
- Irrt Täter auf tatsächlicher Ebene (Tatsache/sozialer Sinngehalt eines Tatumstands) => Tatumstandsirrtum
- Irrt Täter auf rechtlicher Ebene (Verbot der Handlung) => Verbotsirrtum
Gegenstand des Tatbestandsvorsatzes
Umstände des gesetzlichen Tatbestandes i.S.v. § 16 I 1 StGB sind solche des objektiven TBs.
a) Irrtum über Qualifikationsmerkmale
-> Strafbarkeit bleibt wegen Grunddelikts bestehen
Bsp.: A schlägt B mehrfach heftig auf den Kopf, wobei sie nicht davon ausgeht, die Handlung sei lebensgefährlich.
-> A hat keinen Vorsatz bezüglich § 224 I Nr. 5
-> wird allein aus § 223 I, weil sie immerhin Vorsatz zur Körperverletzung hatte
b) Irrtum über Tatbestandsalternativen
-> verwirklicht Täter tatsächlich eine andere TB-Alternative als die, die er zu erfüllen glaubt
- Irrtum unbeachtlich, wenn die Tatbestandsalternativen nur Auffächerungen eines einheitlichen Schutzgegenstandes ist
- Irrtum beachtlich bei qualitativ verschiedenen Schutzgegenständen
-> § 16 II enthält Sonderregelung
“Gewöhnliche” Kausalabweichungen
- Kausalverlauf =Prognose
-> Einzelheiten des Geschehensablaufs können nie voraus gesehen werden
=> unwesentliche Abweichungen des tatsächlich eingetretenen vom vorgestellten Kausalverlauf schließen Vorsatz des Täters NICHT aus
Unwesentliche Abweichung
-> noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren
Wesentliche Abweichung
-> Bsp. O wird nicht wie geplant unmittelbar durch den Schuss des A getötet, sondern infolge durchgehender Pferde, die durch den Schuss erschreckt wurden
Error in persona vel objecto
= Irrtum über das Handlungsobjekt
-> Fehlvorstellung des Täters über die Identität oder sonstige Eigenschaften des Tatobjekts
- Erfolg tritt an dem Objekt ein, das der Täter anvisiert hat -> es ist jedoch ein anderes als vorgestellt
Zwischen rechtlicher Ungleichwertigkeit und rechtlicher Gleichwertigkeit zu unterscheiden
- Rechtliche Ungleichzeitigkeit
- Tatumstandsirrtum nach § 16 I 1
-> A will Hund von B erschießen, trifft aber Kind in Hundehütte, das sie für Hund hielt
=> § 212 I (-), weil wusste nicht dass Mensch, nach § 16 I 1 unvorsätzlich
=> § 222 (+), wenn sie erkennen konnte, dass es Mensch ist
=> Versuchte Sachbeschädigung, §§ 303 I, III, 22, 23 I (+)
- Rechtliche Gleichwertigkeit der Tatobjekte
-> für den Vorsatz umbeachtlicher Irrtum
-> A will B töten, hält C für B und erschießt sie
=> kein Aberration ictus, weil Objekt getroffen, das sie anvisiert hat
-> B und C sind beides Menschen -> A ist sich bewusst, dass sie Mensch tötet und handelt somit vorsätzlich
=> bloßer Motivirrtum liegt vor (umbeachtlich)
=> § 212 I (+)
=> §§ 212 I, 22, 23 I (-) -> kein Doppelvorsatz -> Tötung des Falschen begründet keinen Versuch am Richtigen
Aberratio ictus
= Fehlgehen der Tat
-> Vorsatz richtet sich auch bestimmtes Tatobjekt, Angriff geht jedoch aufgrund eines vom Täter nicht vorhergesehenen Kausalverlaufs fehl => anderes Objekt wird getroffen
Für vorsatzsausschließenden Tatumstandsirrtum nach § 16 I 1 muss zwischen rechtlicher Ungleichwertigkeit und rechtlicher Gleichwertigkeit unterschieden werden
Bsp.: A verfolgt B und C mit seinem Auto. Will C überfahren, der aber im letzten Moment zur Seite springt und trifft B.
- Rechtliche Ungleichwertigkeit
-> nach § 16 I 1 liegt beachtlicher Tatumstandsirrtum vor
-> wenn A nur den Hund trifft, statt einen Menschen, kennt er einen Umstand nicht, der zum TB gehört und handelt unvorsätzlich - Rechtliche Gleichwertigkeit
-> umstritten
a) Gleichwertigkeitstheorie:
-> trotzdem Vorsatz im Hinblick auf Tötung des getroffenen Objekts
b) Konkretisierungstheorie (h.M.)
-> sieht den Vorsatz auf ein bestimmtes Objekt als etwas Anderes gegenüber dem Vorsatz irgendein Objekt der gleichen Gattung zu verletzen
=> Kein Vorsatz auf das tatsächlich getroffene Objekt
-> Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tatbegehung am getroffenen Objekt und wegen versuchter Tatbegehung am eigentlich anvisierten Objekt
-> nach h.M. handelt A unvorsätzlich im Hinblick auf den Tod der B
-> hat sich wegen versuchten Totschlags und fahrlässiger Tötung strafbar gemacht
Dolus generalis
= Täter schafft willentlich und wissentlich eine Gefahr für eine beliebige Vielzahl von Rechtsgütern/ nimmt infolge einer Unsicherheit über das Ausreichen einer Ersthandlung noch eine Zweithandlung vor, um tatbestandliches Ziel zu erreichen
-> Terrorist positioniert Bombe, um möglichst viele Menschen zu töten -> generelle Tötung- und Verletzungsabsicht aller späteren Opfer
-> A will O mit Eisen töten, ist sich nicht sicher, ob es schon geklappt hat, hängt ihn dann noch auf, um sicher zu gehen -> genereller Tötungsvorsatz, der sich noch auf die 2. Handlung erstreckt
Mehrere Ansätze zur Lösung
a) Lehre vom dolus generalis -> beide Akte als einheitliches Geschehen -> auch im 2. Teil vom Tötungsvorsatz getragen
b) Versuchslösung -> Teilakte als 2 selbstständige Handlungen -> Tötungsvorsatz bei Zweithandlung erloschen
c) Vollendungslösung (h.M.) -> zweiaktige Geschehensabläufe sind nach Grundsätzen der unwesentlichen Abweichung vom Kausalverlauf zu lösen
=> Unwesentliche Abweichung vom gesamten vorgestellten Geschehensablauf
-> heute nicht mehr richtig vertreten, lieber weglassen??
Die Notwehr, § 32
Dualismus
Nach h.M. ist Notwehrrecht dualistisch begründet:
- Selbstverteidigungsprinzip: In Notsituation jedem erlaubt, Rechtsgüter selbst zu verteidigen
- Rechtsbewährungsprinzip: In Notlage ist jeder Angegriffene immer auch Repräsentant des Rechts und dessen aktueller Verteidigung gegen Unrecht
Voraussetzungen der Notwehr
Notwehrlage
§ 32 II = Notwehr ist Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwehren
- Notwehrlage
§ 32 II -> Vorliegen von gegenwärtigen und rechtswidrigen Angriff
a) Angriff
=> durch menschliches Verhalten drohende Verletzung eines notwehrfähigen Rechtsguts (kein Straftatbestand muss verwirklicht werden)
- Unterlassen?-> nach h.M. Angriff, wenn Verstoß gegen Garantenpflicht vorliegt, sonst generell verneint
- Notwehrfähiges Rechtsgut = alle Indiviudalrechtsgüter, sonstige rechtlich geschützte Interessen
- Rechtsgüter der Allgemeinheit -> nicht notwehrfähig
b) Rechtswidrigkeit des Angriffs
=> wenn nicht von Erlaubnisnorm gedeckt
- gegen Notwehr/anderen Rechtfertigungsgrund keine Notwehr möglich
- rechtswidriger Angriff auch bei objektiv pflichtgemäßen Verhalten?-> h.M.: Nein
- schuldhaftes Handeln?-> h.M.: Nein
c) Gegenwärtigkeit des Angriffs
=> i.S.v. akut bedrohlicher Lage unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder fortdauert
Voraussetzungen der Notwehr
Notwehrhandlung
- Notwehrlage
- Notwehrhandlung
a) Geeignetheit und Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung
=> Geeignetheit= Maßnahme grds. in der Lage, Angriff entweder ganz zu beenden oder ihm wenigstens Hindernis in den Weg zu legen
-> Auch Verteidigungshandlungen, die den Angriff leicht abmildern sind als Erfolg anzusehen
=> Erforderlich= diejenige Verteidigungshandlung, die (zur Angriffshandlung geeignet ist und dabei, vgl. oben) das relativ mildeste der in Betracht kommenden Verteidigungsmittel ist
-> keine überhöhten Anforderungen daran, ex-ante-Betrachtung -> was verständiger Beobachter zur sicheren Abwehr des Angriffs als notwendig erachten würde
=> Das mildeste Mittel = jenes, das bei gleicher Wirksamkeit den geringsten Schaden anrichtet