Strafrecht AG Flashcards
Das StGB
Allgemeiner Teil = Rechtsnormen, die für alle Tatbestände des Besonderen Teils gelten
Allgemeiner Teil (§§ 1-79b)
Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit, z.B.:
- Geltung des deutschen Strafrechts
- Vorsatz
- Fahrlässigkeit
- Irrtum
- Versuch
- Rücktritt
- Rechtfertigung
- Täterschaft und Teilnahme
- Unterlassen
Generelle Aussagen über die Rechtsfolgen strafbaren Verhaltens
- (Strafen/Maßregeln der Besserung und Sicherung)
Besonderer Teil (§§ 80-358)
Auflistung der einzelnen Straftaten (inkl. der Strafandrohung); innerhalb des BT geordnet nach Rechtsgütern
Individualrechtsgüter
- Rechtsgüter des Einzelnen
Bsp.: Leben, Freiheit, Ehre, Eigentum
Universal-/Kolletivrechtsgüter
- Rechtsgüter der Allgemeinheit
Bsp.: Staatsschutz, Rechtspflege, Geldverkehr
Aufbau der Strafnormen: Tatbestand -> Rechtsfolge
Rechtsgüter
Rechtlich anerkannte Interessen des Einzelnen oder der Allgemeinheit, die wegen der besonderen Bedeutung für die Gesellschaft Rechtsschutz genießen
Dreigliedriger Deliktsaufbau
I. Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Tathandlung, Tatobjekt, Taterfolg
- Kausalität
- Objektive Zurechnung
=> Umstände, die das äußere Erscheinungsbild einer Tat bestimmen - Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz
- besondere subjektive Tatbestandsmerkmale, insbesondere Absichten
=> Umstände, die psychisch-seelischen Bereich und Vorstellungswelt des Täters angehören
II. Rechtswidrigkeit
- liegt grundsätzlich vor
-> Rechtswidrigkeit werde durch die Tatbestandsverwirklichung indiziert
Ausnahme: Rechtfertigungsgründe (z.B. §§ 32, 34) -> ! § 33 StGB kein Rechtfertigungsgrund
III. Schuld
- Schuldfähigkeit, §§ 19-21
- Fehlen von Entschuldigungsgründen, §§ 33, 35
- kein relevanter Irrtum, §17
Wortlaut Auslegung im Strafrecht
Wortlaut bildet die absolute Grenze zulässiger Auslegung
- Auslegung, die mit dem Wortlaut nicht in Einklang zubringen ist - wenn auch alle anderen Auslegungsmethoden das Ergebnis tragen => im Strafrecht wegen Art. 103 II GG absolut unzulässig und verfassungswidrig
Übersicht Kausalität
Zusammenhang zwischen Tathandlung und Taterfolg erforderlich
-> Kausalität und objektive Zurechnung stellen fest, wie der Zusammenhang beschaffen sein muss
Herrschende Theorien
Kausalität
Äquivalenztheorie
Jeder Umstand, der zum Eintritt des Erfolgs führt, stellt eine Ursache dar (Gleichwertigkeit aller Bedingungen)
Herrschende Theorien
Kausalität
Conditio sine qua non- Formel
Ursächlich ist jede Bedingung eines Erfolges, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Herrschende Theorien
Kausalität
Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung
Ein Verhalten ist dann ursächlich für den Erfolg, wenn dieser Erfolg, mit dem Verhalten durch eine Reihe von Veränderungen (natur)gesetzmäßig verbunden ist.
Problemfälle
Kausalität
Alternative Kausalität
Bsp.: T1 und T2 geben O unabhängig voneinander eine jeweils tödlich wirkende Menge Gift -> O stirbt
Problem:
- 2 Ursachen führen zum selben Erfolg
-> jede Ursache kann alternativ (einzeln), aber nicht kumulativ (zusammen) weggedacht werden, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele
Folge:
Beide Täter wären in Bezug auf das vollendete Delikt nach der csqn-Formel straflos
Lösung:
Von mehreren Bedingungen, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, ist jede ursächlich, sog. modifizierte csqn-Formel.
-> also sind beide strafbar
=> Lehre der gesetzmäßigen Bedingung kommt zum gleichen Ergebnis, da beide Gifte im Körper des O wirksam werden
Problemfälle
Kausalität
Kumulative Kausalität
Bsp.: T1 und T2 geben in den Kaffee des O jeweils eine für sich nicht tödlich wirkende Dosis Gift, ohne von der Tat des anderen zu wissen. O stirbt an der Gesamtdosis.
Problem:
- 2 Ursachen führen ebenfalls zum konkreten Erfolg, aber nur durch das Zusammenwirken beider Ursachen. Jede allein würde nicht zum Erfolg führen.
Folge:
=> beide kausal, da weder die Handlung des einen, noch die des anderen hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele
- im Sinne der Lehrer von der gesetzmäßigen Bedingung beide Giftmengen mit dem Tod des O naturgesetzmäßig verbunden
Lösung:
- nicht im Rahmen der Kausalität, sondern im Rahmen der objektiven Zurechnung
-> Tatbeitrag des einen kann dem anderen nicht zugerechnet werden -> Risikozusammenhang fehlt
=> beide kausal, aber mangels objektiver Zurechnung nur strafbar wegen versuchten Totschlags und vollendeter Körperverletzung
Problemfälle
Kausalität
Überholende bzw. abbrechende Kausalität
Bsp.: T1 vergiftet O. Bevor O an der Vergiftung stirbt, wird er von T2 erschossen
Problem:
Täter setzt Ursache für einen Erfolg, BEVOR sich dieser Erfolg realisieren kann, setzt ein 2. Täter eine NEUE Ursache, die einen früheren Erfolgseintritt bewirkt.
Folge:
Denkt man die Vergiftungshandlung des T1 weg, wäre O dennoch an dem Schuss des T2 gestorben.
Lösung:
=> Kausal ist die Ursache, die zum konkreten Erfolg geführt hat
- diese hat T2 gesetzt
-> T2 ist daher wegen vollendeter Tat zu bestrafen
=> Ursache, die T1 gesetzt hatte, wirkt nicht bis zum Tötungserfolg fort
- Kausalität abgebrochen
-> T1 nur wegen Versuchs strafbar
=> Eingreifen anderer ändert idR nicht an der Kausalität
!!AUSNAHME!!
Früherer Handlung wirkt bis zum Erfolgseintritt nicht mehr fort, weil Dritte neue Ursachenreihe eröffnet
Problemfälle
Kausalität
Hypothetische Kausalität
Bsp.: T vergiftet O, der stirbt. O wäre sowieso kurz danach an einer Krankheit gestorben.
Problem:
Erfolg wäre im selben Moment oder später auch durch eine andere Ursache eingetreten.
Folge:
Handlung des Täters könnte hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele. T wäre nicht wegen des vollendeten Delikts strafbar.
Lösung:
Hypothetische Kausalverläufe bleiben unberücksichtigt (Grundformel!!)
- Verbot des Hinzudenkens von Ersatzurachen
- Auf Erfolg in konkreter Gestalt abzustellen
=> Vergiftung durch T ist also kausal
- T ist strafbar
!!=> Maßgebend für die Beurteilung der Kausalität
-> ursächliche Verbindung zwischen dem wirklichen Geschehen und dem Erfolg
-> Ursächlichkeit der realen Bewirkungshandlung wird nicht beseitigt
Objektive Zurechnung
Allgemeines
Objektiv zurechenbar = Durch menschliches Verhalten verursachter Erfolg nur dann, wenn dieses Verhalten
(1) eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen oder erhöht hat (=rechtlich relevantes Risiko)
UND
(2) gerade diese Gefahr sich im konkreten Erfolg realisiert hat (=Risikozusammenhang)
=> 2 Elemente erforderlich
Funktion: Dient der Korrektur des Kausalitätsergbnisses
-> Normative Wertung wird getroffen: Kann dem Täter der Erfolg als sein Werk zugerechnet werden?
Grundformel objektive Zurechnung
P: Grenzenlose Weite des Begriffs der Kausalität
Aufgabe der objektiven Zurechnung
-> dient der Korrektur des Kausalitätsergebnisses
-> hier wird normative Wertung getroffen: Kann dem Täter der Erfolg aus sein Werkzeug zugerechnet werden?
Grundformel:
Täter muss durch SEIN VERHALTEN
-> Abgrenzung nach Verantwortungsbereichen:
- Eigenverantwortliche Selbstschädigung & Selbstgefährdung des Opfers
- Dazwischentreten eines Dritten
eine RECHTLICH MISSBILLIGTE GEFAHR
- erlaubtes Risiko
- Sozialadäquanz
GESCHAFFEN ODER ERHÖHT HABEN,
- Risikoverringerung
die sich im eingetretenen Erfolg REALISIERT HAT
- Atypische Kausalverläufe
- Schutzzweck der Norm
- Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Sozialadäquates Verhalten/ Schaffung eines erlaubten Risikos
Bsp.:
- Normaler Straßenverkehr
- ordnungsgemäßer Betrieb einer gefährlichen Anlage
- Verkauf von scharfen Messern
-> wenn Täter sozialadäquat handelt, liegt keine rechtlich missbilligte Gefahr vor
- gilt auch, wenn der Erfolg unvorhersehbar ist
-> Ein solcher Erfolg muss von der Rechtsordnung gebilligt werden, um ein Zusammenleben überhaupt erst zu ermöglichen
Grenze: Sozialadäquanz liegt nicht mehr vor.
Freiverantwortliche Selbstschädigung/-gefährdung
Bsp.:
- Verkauf von Drogen
Straftatbestände schützen den Rechtsgutsinhaber nur vor Eingriffen Dritter, nicht aber vor sich selbst.
-> Wer bei einem anderen eine freiverantwortliche Selbstgefährdung veranlasst, ist daher straflos
Grenze: Der Handelnde überblickt das Risiko aufgrund überlegenen Wissens (oder aufgrund von Willensherrschaft) in entscheidendem Ausmaß besser als der Geschädigte
Risikoverringerung
Bsp.: T1 will auf Os Kopf schlagen, der Schlag wird aber durch das Dazwischentreten von T2 abgelenkt und trifft nur auf die Schulter des O
-> nach h.M. keine Zurechnung, wenn der Täter einen drohenden schweren Erfolgseintritt abschwächt oder zeitlich hinauszögert
- hier schafft oder erhöht der Täter kein rechtlich relevantes Risiko
Fehlender Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Bsp.: T fährt in einer Ortschaft zu schnell. Plötzlich taumelt der Betrunkene O vor sein Auto und wird tödlich verletzt. T hätte den tödlichen Unfall wahrscheinlich auch bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verursacht.
-> Durch das pflichtwidrige Täterverhalten begründetes Risiko schlägt sich dann nicht im Erfolg nieder
- wenn dieser auch bei einem pflichtgemäßen Alternativverhalten möglicherweise eingetreten wäre
Nach a.A.: soll bereits Risikoerhöhung durch das pflichtwidrige Verhalten zur objektiven Zurechnung führen
Atypischer Kausalverlauf
Bsp.: T verletzt den O so, dass dieser sich nicht mehr bewegen kann. Während eines darauffolgenden Gewitters wird O vom Blitz getroffen und stirbt.
=> keine Zurechnung, wenn eine ganz ungewöhnliche, atypische Schadensfälle eintritt, oder
- wenn es zu einem nicht vorhersehbaren, außerhalb der Lebenserfahrung liegenden Geschehensablauf kommt
Erfolg außerhalb des Schutzzwecks der Norm
Bsp.: T fährt auf der Autobahn von Berlin nach Freiburg zu schnell. Dadurch erreicht er Freiburg eine halbe Stunde früher als geplant. Auf der Friedrichstraße überfährt er trotz zulässiger Höchstgeschwindigkeit ein Kind, das plötzlich die Straße überquerte.
- es genügt nicht jeder Verstoß gegen eine Verhaltensnorm
Rechtlich relevante Gefahr, die sich im konkreten Fall verwirklicht: => nur wenn der Täter eine gerade dem Schutz des betreffenden Rechtsguts dienende Verhaltensnorm übertritt
Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten
Bsp.: P lässt pflichtwidrig ein hoch giftiges Pflanzenschutzmittel offen zu Hause liegen, mit dem seine Frau den O vergiftet.
-=> Wenn ein Dritter in den Kausalverlauf eingreift und ein neues, allein von ihm gesteuertes (h.M. vorsätzlich) Risiko setzt, das sich dann auch verwirklicht => Schaffung eines neuen Risikos durch einen Dritten
- objektive Zurechnung ausnahmsweise dann zu BEJAHEN, wenn der Täter die rechtlich relevante Gefahr durch Verletzung von Sicherheitsvorschriften schafft, die gerade dem Schutz vor Vorsatz- oder Fahrlässigkeitstaten Dritter dienen
oder
- wenn das Verhalten des Dritten so spezifisch mit der Ausgangsgefahr verbunden ist, dass es bereits als typischerweise in der Ausgangsgefahr begründet erscheint
P.: Freiverantwortliche Selbstschädigung/-gefährdung
e.A.: Exkulpationsregeln (§§ 20, 35 StGB)
-> Selbstschädigende = “Täter gegen sich selbst”
a.A.: Kriterien der Einwilligung:
- disponibles Rechtsgut
- Verfügungsberechtigung
- Einwilligungsfähigkeit
- keine wesentlichen Willensmängel
- kein Verstoß gegen die guten Sitten, § 228
-> Selbstschädigende = “Opfer seiner selbst”
Tatherrschaft über Verletzungs-/Gefährdungsakt entscheidend (Wer hält das Geschehen in den Händen?)
möglich auch: Herrschaft kraft überlegenen Wissens
Billigungstheorie (BGH)
Billigungstheorie (Rspr.)
Wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und ihn billigend in Kauf genommen/sich abgefunden hat (“na wenn schon”, v.a. auch bei Gleichgültigkeit)
-> Genügt, wenn er sich um ein erstrebten Zieles willen mit dem Erfolgseintritt abgefunden hat.
Wissenselement
- für möglich halten
Wollenselement
- Billigend in Kauf nehmen oder sich mit ihm abfinden