Strafrecht AG Flashcards

1
Q

Das StGB

A

Allgemeiner Teil = Rechtsnormen, die für alle Tatbestände des Besonderen Teils gelten

Allgemeiner Teil (§§ 1-79b)

Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit, z.B.:

  • Geltung des deutschen Strafrechts
  • Vorsatz
  • Fahrlässigkeit
  • Irrtum
  • Versuch
  • Rücktritt
  • Rechtfertigung
  • Täterschaft und Teilnahme
  • Unterlassen

Generelle Aussagen über die Rechtsfolgen strafbaren Verhaltens

  • (Strafen/Maßregeln der Besserung und Sicherung)
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2
Q

Besonderer Teil (§§ 80-358)

A

Auflistung der einzelnen Straftaten (inkl. der Strafandrohung); innerhalb des BT geordnet nach Rechtsgütern

Individualrechtsgüter

  • Rechtsgüter des Einzelnen
    Bsp.: Leben, Freiheit, Ehre, Eigentum

Universal-/Kolletivrechtsgüter

  • Rechtsgüter der Allgemeinheit
    Bsp.: Staatsschutz, Rechtspflege, Geldverkehr

Aufbau der Strafnormen: Tatbestand -> Rechtsfolge

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3
Q

Rechtsgüter

A

Rechtlich anerkannte Interessen des Einzelnen oder der Allgemeinheit, die wegen der besonderen Bedeutung für die Gesellschaft Rechtsschutz genießen

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4
Q

Dreigliedriger Deliktsaufbau

A

I. Tatbestand

  1. Objektiver Tatbestand
    - Tathandlung, Tatobjekt, Taterfolg
    - Kausalität
    - Objektive Zurechnung
    => Umstände, die das äußere Erscheinungsbild einer Tat bestimmen
  2. Subjektiver Tatbestand
    - Vorsatz
    - besondere subjektive Tatbestandsmerkmale, insbesondere Absichten
    => Umstände, die psychisch-seelischen Bereich und Vorstellungswelt des Täters angehören

II. Rechtswidrigkeit
- liegt grundsätzlich vor
-> Rechtswidrigkeit werde durch die Tatbestandsverwirklichung indiziert
Ausnahme: Rechtfertigungsgründe (z.B. §§ 32, 34) -> ! § 33 StGB kein Rechtfertigungsgrund

III. Schuld
- Schuldfähigkeit, §§ 19-21
- Fehlen von Entschuldigungsgründen, §§ 33, 35
- kein relevanter Irrtum, §17

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5
Q

Wortlaut Auslegung im Strafrecht

A

Wortlaut bildet die absolute Grenze zulässiger Auslegung

  • Auslegung, die mit dem Wortlaut nicht in Einklang zubringen ist - wenn auch alle anderen Auslegungsmethoden das Ergebnis tragen => im Strafrecht wegen Art. 103 II GG absolut unzulässig und verfassungswidrig
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6
Q

Übersicht Kausalität

A

Zusammenhang zwischen Tathandlung und Taterfolg erforderlich

-> Kausalität und objektive Zurechnung stellen fest, wie der Zusammenhang beschaffen sein muss

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7
Q

Herrschende Theorien
Kausalität
Äquivalenztheorie

A

Jeder Umstand, der zum Eintritt des Erfolgs führt, stellt eine Ursache dar (Gleichwertigkeit aller Bedingungen)

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8
Q

Herrschende Theorien
Kausalität
Conditio sine qua non- Formel

A

Ursächlich ist jede Bedingung eines Erfolges, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.

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9
Q

Herrschende Theorien
Kausalität
Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung

A

Ein Verhalten ist dann ursächlich für den Erfolg, wenn dieser Erfolg, mit dem Verhalten durch eine Reihe von Veränderungen (natur)gesetzmäßig verbunden ist.

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10
Q

Problemfälle
Kausalität
Alternative Kausalität

A

Bsp.: T1 und T2 geben O unabhängig voneinander eine jeweils tödlich wirkende Menge Gift -> O stirbt

Problem:
- 2 Ursachen führen zum selben Erfolg
-> jede Ursache kann alternativ (einzeln), aber nicht kumulativ (zusammen) weggedacht werden, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele

Folge:
Beide Täter wären in Bezug auf das vollendete Delikt nach der csqn-Formel straflos

Lösung:
Von mehreren Bedingungen, die zwar alternativ, aber nicht kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, ist jede ursächlich, sog. modifizierte csqn-Formel.
-> also sind beide strafbar

=> Lehre der gesetzmäßigen Bedingung kommt zum gleichen Ergebnis, da beide Gifte im Körper des O wirksam werden

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11
Q

Problemfälle
Kausalität
Kumulative Kausalität

A

Bsp.: T1 und T2 geben in den Kaffee des O jeweils eine für sich nicht tödlich wirkende Dosis Gift, ohne von der Tat des anderen zu wissen. O stirbt an der Gesamtdosis.

Problem:
- 2 Ursachen führen ebenfalls zum konkreten Erfolg, aber nur durch das Zusammenwirken beider Ursachen. Jede allein würde nicht zum Erfolg führen.

Folge:
=> beide kausal, da weder die Handlung des einen, noch die des anderen hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele

  • im Sinne der Lehrer von der gesetzmäßigen Bedingung beide Giftmengen mit dem Tod des O naturgesetzmäßig verbunden

Lösung:
- nicht im Rahmen der Kausalität, sondern im Rahmen der objektiven Zurechnung
-> Tatbeitrag des einen kann dem anderen nicht zugerechnet werden -> Risikozusammenhang fehlt

=> beide kausal, aber mangels objektiver Zurechnung nur strafbar wegen versuchten Totschlags und vollendeter Körperverletzung

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12
Q

Problemfälle
Kausalität
Überholende bzw. abbrechende Kausalität

A

Bsp.: T1 vergiftet O. Bevor O an der Vergiftung stirbt, wird er von T2 erschossen

Problem:

Täter setzt Ursache für einen Erfolg, BEVOR sich dieser Erfolg realisieren kann, setzt ein 2. Täter eine NEUE Ursache, die einen früheren Erfolgseintritt bewirkt.

Folge:

Denkt man die Vergiftungshandlung des T1 weg, wäre O dennoch an dem Schuss des T2 gestorben.

Lösung:
=> Kausal ist die Ursache, die zum konkreten Erfolg geführt hat
- diese hat T2 gesetzt
-> T2 ist daher wegen vollendeter Tat zu bestrafen

=> Ursache, die T1 gesetzt hatte, wirkt nicht bis zum Tötungserfolg fort
- Kausalität abgebrochen
-> T1 nur wegen Versuchs strafbar

=> Eingreifen anderer ändert idR nicht an der Kausalität

!!AUSNAHME!!

Früherer Handlung wirkt bis zum Erfolgseintritt nicht mehr fort, weil Dritte neue Ursachenreihe eröffnet

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13
Q

Problemfälle
Kausalität
Hypothetische Kausalität

A

Bsp.: T vergiftet O, der stirbt. O wäre sowieso kurz danach an einer Krankheit gestorben.

Problem:
Erfolg wäre im selben Moment oder später auch durch eine andere Ursache eingetreten.

Folge:
Handlung des Täters könnte hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele. T wäre nicht wegen des vollendeten Delikts strafbar.

Lösung:
Hypothetische Kausalverläufe bleiben unberücksichtigt (Grundformel!!)
- Verbot des Hinzudenkens von Ersatzurachen
- Auf Erfolg in konkreter Gestalt abzustellen
=> Vergiftung durch T ist also kausal
- T ist strafbar

!!=> Maßgebend für die Beurteilung der Kausalität
-> ursächliche Verbindung zwischen dem wirklichen Geschehen und dem Erfolg
-> Ursächlichkeit der realen Bewirkungshandlung wird nicht beseitigt

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14
Q

Objektive Zurechnung
Allgemeines

A

Objektiv zurechenbar = Durch menschliches Verhalten verursachter Erfolg nur dann, wenn dieses Verhalten

(1) eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen oder erhöht hat (=rechtlich relevantes Risiko)
UND
(2) gerade diese Gefahr sich im konkreten Erfolg realisiert hat (=Risikozusammenhang)
=> 2 Elemente erforderlich

Funktion: Dient der Korrektur des Kausalitätsergbnisses
-> Normative Wertung wird getroffen: Kann dem Täter der Erfolg als sein Werk zugerechnet werden?

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15
Q

Grundformel objektive Zurechnung

A

P: Grenzenlose Weite des Begriffs der Kausalität

Aufgabe der objektiven Zurechnung
-> dient der Korrektur des Kausalitätsergebnisses
-> hier wird normative Wertung getroffen: Kann dem Täter der Erfolg aus sein Werkzeug zugerechnet werden?

Grundformel:

Täter muss durch SEIN VERHALTEN
-> Abgrenzung nach Verantwortungsbereichen:
- Eigenverantwortliche Selbstschädigung & Selbstgefährdung des Opfers
- Dazwischentreten eines Dritten

eine RECHTLICH MISSBILLIGTE GEFAHR
- erlaubtes Risiko
- Sozialadäquanz

GESCHAFFEN ODER ERHÖHT HABEN,
- Risikoverringerung

die sich im eingetretenen Erfolg REALISIERT HAT
- Atypische Kausalverläufe
- Schutzzweck der Norm
- Pflichtwidrigkeitszusammenhang

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16
Q

Sozialadäquates Verhalten/ Schaffung eines erlaubten Risikos

A

Bsp.:
- Normaler Straßenverkehr
- ordnungsgemäßer Betrieb einer gefährlichen Anlage
- Verkauf von scharfen Messern

-> wenn Täter sozialadäquat handelt, liegt keine rechtlich missbilligte Gefahr vor
- gilt auch, wenn der Erfolg unvorhersehbar ist

-> Ein solcher Erfolg muss von der Rechtsordnung gebilligt werden, um ein Zusammenleben überhaupt erst zu ermöglichen

Grenze: Sozialadäquanz liegt nicht mehr vor.

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17
Q

Freiverantwortliche Selbstschädigung/-gefährdung

A

Bsp.:
- Verkauf von Drogen

Straftatbestände schützen den Rechtsgutsinhaber nur vor Eingriffen Dritter, nicht aber vor sich selbst.

-> Wer bei einem anderen eine freiverantwortliche Selbstgefährdung veranlasst, ist daher straflos

Grenze: Der Handelnde überblickt das Risiko aufgrund überlegenen Wissens (oder aufgrund von Willensherrschaft) in entscheidendem Ausmaß besser als der Geschädigte

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18
Q

Risikoverringerung

A

Bsp.: T1 will auf Os Kopf schlagen, der Schlag wird aber durch das Dazwischentreten von T2 abgelenkt und trifft nur auf die Schulter des O

-> nach h.M. keine Zurechnung, wenn der Täter einen drohenden schweren Erfolgseintritt abschwächt oder zeitlich hinauszögert
- hier schafft oder erhöht der Täter kein rechtlich relevantes Risiko

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19
Q

Fehlender Pflichtwidrigkeitszusammenhang

A

Bsp.: T fährt in einer Ortschaft zu schnell. Plötzlich taumelt der Betrunkene O vor sein Auto und wird tödlich verletzt. T hätte den tödlichen Unfall wahrscheinlich auch bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verursacht.

-> Durch das pflichtwidrige Täterverhalten begründetes Risiko schlägt sich dann nicht im Erfolg nieder
- wenn dieser auch bei einem pflichtgemäßen Alternativverhalten möglicherweise eingetreten wäre

Nach a.A.: soll bereits Risikoerhöhung durch das pflichtwidrige Verhalten zur objektiven Zurechnung führen

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20
Q

Atypischer Kausalverlauf

A

Bsp.: T verletzt den O so, dass dieser sich nicht mehr bewegen kann. Während eines darauffolgenden Gewitters wird O vom Blitz getroffen und stirbt.

=> keine Zurechnung, wenn eine ganz ungewöhnliche, atypische Schadensfälle eintritt, oder
- wenn es zu einem nicht vorhersehbaren, außerhalb der Lebenserfahrung liegenden Geschehensablauf kommt

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21
Q

Erfolg außerhalb des Schutzzwecks der Norm

A

Bsp.: T fährt auf der Autobahn von Berlin nach Freiburg zu schnell. Dadurch erreicht er Freiburg eine halbe Stunde früher als geplant. Auf der Friedrichstraße überfährt er trotz zulässiger Höchstgeschwindigkeit ein Kind, das plötzlich die Straße überquerte.

  • es genügt nicht jeder Verstoß gegen eine Verhaltensnorm

Rechtlich relevante Gefahr, die sich im konkreten Fall verwirklicht: => nur wenn der Täter eine gerade dem Schutz des betreffenden Rechtsguts dienende Verhaltensnorm übertritt

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22
Q

Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten

A

Bsp.: P lässt pflichtwidrig ein hoch giftiges Pflanzenschutzmittel offen zu Hause liegen, mit dem seine Frau den O vergiftet.

-=> Wenn ein Dritter in den Kausalverlauf eingreift und ein neues, allein von ihm gesteuertes (h.M. vorsätzlich) Risiko setzt, das sich dann auch verwirklicht => Schaffung eines neuen Risikos durch einen Dritten

  • objektive Zurechnung ausnahmsweise dann zu BEJAHEN, wenn der Täter die rechtlich relevante Gefahr durch Verletzung von Sicherheitsvorschriften schafft, die gerade dem Schutz vor Vorsatz- oder Fahrlässigkeitstaten Dritter dienen

oder

  • wenn das Verhalten des Dritten so spezifisch mit der Ausgangsgefahr verbunden ist, dass es bereits als typischerweise in der Ausgangsgefahr begründet erscheint
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23
Q

P.: Freiverantwortliche Selbstschädigung/-gefährdung

A

e.A.: Exkulpationsregeln (§§ 20, 35 StGB)
-> Selbstschädigende = “Täter gegen sich selbst”

a.A.: Kriterien der Einwilligung:
- disponibles Rechtsgut
- Verfügungsberechtigung
- Einwilligungsfähigkeit
- keine wesentlichen Willensmängel
- kein Verstoß gegen die guten Sitten, § 228
-> Selbstschädigende = “Opfer seiner selbst”

Tatherrschaft über Verletzungs-/Gefährdungsakt entscheidend (Wer hält das Geschehen in den Händen?)
möglich auch: Herrschaft kraft überlegenen Wissens

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24
Q

Billigungstheorie (BGH)

A

Billigungstheorie (Rspr.)
Wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und ihn billigend in Kauf genommen/sich abgefunden hat (“na wenn schon”, v.a. auch bei Gleichgültigkeit)
-> Genügt, wenn er sich um ein erstrebten Zieles willen mit dem Erfolgseintritt abgefunden hat.

Wissenselement
- für möglich halten

Wollenselement
- Billigend in Kauf nehmen oder sich mit ihm abfinden

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25
Q

Übersicht Vorsatz

A

Definition:
Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung eines Straftatbestandes in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände oder kurz: WISSEN UND WOLLEN DER TATBESTANDSVERWIRKLICHUNG

Vorsatz

Wissen
- intellektuelles/kognitives Element
-> Grund: arg. e. (Umkehrschluss) § 16 I 1 StGB

Wollen
- voluntatives Element
-> Grund: Rechtfertigung der strengeren Bestrafung (bewusste Entscheidung gg. Rechtsgut durch “Wollen” mitgeprägt)

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26
Q

Vorsatz
Inhalt des Wissenselements

A

Wissen
- intellektuelles/kognitives Element

Erfordert Kenntnis der konkreten Umstände, die die Voraussetzungen des Tatbestands erfüllen.

Intensität des Wissens?
- keine ständige Reflexion erforderlich
- aber auch nicht ausreichend, wenn die konkreten Umstände bei einigem Nachdenken hätten erkannt werden können
=> “Sachgedankliches Mitbewusstsein”
Mitbewusstsein = Person ist Bewusstsein jederzeit verfügbar, wenn sie Aufmerksamkeit in entsprechende Richtung lenkt

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27
Q

Übersicht Vorsatzformen
Vorsatz

A

Vorsatz

Wissen
- intellektuelles/kognitives Element

  • Sicheres Wissen oder Für möglich halten

Wollen
- voluntatives Element

  • Zielgerichtetes Wollen oder “In Kauf nehmen”

=> unterschiedliche Ausprägungen der Intensität möglich -> entsprechend unterschiedliche Vorsatzformen

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28
Q

Übersicht Vorsatzformen
Absicht
= Dolus directus 1. Grades

A

Wissen
- intellektuelles/kognitives Element
- Sicheres Wissen oder Für möglich halten
-> für möglich halten ausreichend

Wollen
- voluntatives Element
-> ZIELGERICHTETES WOLLEN

Definition:
Dem Täter kommt es gerade darauf an, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.

Charakter: Willenselement im Vordergrund; bei Wissenselement genügt “für möglich halten” oder sogar für unwahrscheinlich halten

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29
Q

Definiton Absicht
= Dolus Directus 1. Grades

A

Definition:
Dem Täter kommt es gerade darauf an, den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.

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30
Q

Übersicht Vorsatzformen
Direkter Vorsatz
= Dolus Directus 2. Grades

A

Wissen
- intellektuelles/kognitives Element
-> Sicheres Wissen der Erfolgsherbeiführung

Wollen
- voluntatives Element
-> Es reicht aus: “In Kauf nehmen”

  • keine eigenständige Prüfung -> Täter hat sich bei sicherem Wissen stets für Erfolg entschieden, auch wenn er ihm unerwünscht sein könnte

Definition:
Täter weiß oder sieht als sicher voraus, dass sein Verhalten zur Verwirklichung des Tatbestandes führt.

Charakter:
- Wissenselement im Vordergrund
- direkter Vorsatz bezieht sich häufig auf Nebenfolgen, die mit Handlungsziel zusammenhängen

Willenselement:
- Tatbestandsverwirklichung muss nicht erwünscht sein
- bei sicherem Wissen hierum, hat sich Täter aber zumindest mit ihr abgefunden
- nimmt sie in Kauf

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31
Q

Definition Direkter Vorsatz
= Dolus Directus 2. Grades

A

Definition:
Täter weiß oder sieht als sicher voraus, dass sein Verhalten zur Verwirklichung des Tatbestandes führt.

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32
Q

Übersicht Vorsatzformen
Eventualvorsatz
= Dolus Eventualis

A

Wissen
- intellektuelles/kognitives Element
- Für möglich halten (konkret)

Wollen
- voluntatives Element
- “In Kauf nehmen” (h.M.)
- Erfolg “billigen”; sich mit ihm anfinden

Definition:
Täter hält es für möglich und findet sich damit ab (billigt es, nimmt es in Kauf), dass sein Verhalten zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes führt.

Charakter
- beide Vorsatzelemente schwach ausgeprägt
P: Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit

Hintergrund:

Täter rechnet in beiden Fällen mit Möglichkeit, dass im Gesetz genannten Umstände gegeben sind und sein Verhalten den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs bewirkt

Brisanz:

Ggf. Grenze zwischen strafbarem und straflosen Verhalten
- jdfs. aber unterschiedlich strafbewehrtes Verhalten

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33
Q

Definition Eventualvorsatz
= Dolus Eventualis

A

Definition:
Täter hält es für möglich und findet sich damit ab (billigt es, nimmt es in Kauf), dass sein Verhalten zur Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes führt.

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34
Q

Problem
Abgrenzung Dolus Eventualis - Bewusste Fahrlässigkeit

A

Möglichkeitstheorie:
Wenn der Täter die konkrete Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung erkannt und dennoch gehandelt hat.

Wahrscheinlichkeitstheorie:
Wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für wahrscheinlich, d.h. mehr als möglich, aber weniger als überwiegend wahrscheinlich hält.

Gleichgültigkeitstheorie:
Wenn der Täter die von ihm für möglich gehaltene Tatbestandsverwirklichung aus Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut in Kauf genommen hat.

Billigungstheorie (Rspr.)/ Ernstnahmetheorie
Wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und ihn billigend in Kauf genommen/sich abgefunden hat (“na wenn schon”, v.a. auch bei Gleichgültigkeit)
-> Genügt, wenn er sich um ein erstrebten Zieles willen mit dem Erfolgseintritt abgefunden hat.

Von Bewusster Fahrlässigkeit abzugrenzen:
Festes Vertrauen, TB-Verwirklichung zu vermeiden
(“Es wird schon gut gehen.”)

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35
Q

Möglichkeitstheorie

A

Wenn der Täter die konkrete Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung erkannt und dennoch gehandelt hat.

-stellt sich Erfolg als konkret möglich vor und handelt trotzdem -> Wissenselement

Wollenselement: /

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36
Q

Wahrscheinlichkeitstheorie

A

Wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für wahrscheinlich, d.h. mehr als möglich, aber weniger als überwiegend wahrscheinlich hält.

Wissenselement
- Erfolg als wahrscheinlich vorgestellt
- d.h. mehr als bloß möglich

Willenselement
/

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37
Q

Gleichgültigkeitstheorie

A

Wenn der Täter die von ihm für möglich gehaltene Tatbestandsverwirklichung aus Gleichgültigkeit gegenüber dem geschützten Rechtsgut in Kauf genommen hat.

Wissenselement:
- für möglich halten

Wollenselement:
- Gleichgültig hinnehmen
- aber (-), wenn Erfolg unerwünscht und Täter hofft, dass er ausbleibt

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38
Q

Ernstnahmetheorie

A

Wissenselement:
- für möglich halten

Wollenselement:
- Die Gefahr des Erfolgseintritts ernst nehmen und sich mit ihr abfinden

Ernstnahmetheorie
Wenn der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkannt und ihn billigend in Kauf genommen/sich abgefunden hat (“na wenn schon”, v.a. auch bei Gleichgültigkeit)
-> Genügt, wenn er sich um ein erstrebten Zieles willen mit dem Erfolgseintritt abgefunden hat.

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39
Q

Struktur des Vorsatzes

A

Wissen & Wollen
intellektuelles Element & voluntatives Element

  • Vorstellung des Töters muss die konkrete Tat in ihren Grundzügen umfassen -> sachgedankliches Mitbewusstsein ausreichend
  • Vorsatz muss “bei Begehung der Tat”, vgl. §§ 16 Abs. 1 S. 1, 8 S. 1 StGB vorhanden sein
  • Nicht ausreichend: vorgelagerter Vorsatz (sog. dolus antecendens) oder nachträglicher Vorsatz (dolus subsequens)
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40
Q

Vorsatzkenntnis
(Tatumstands- und Bedeutungskenntnis)

A

Deskriptive Tatbestandsmerkmale

= beschreibende Merkmale
“Beschädigen”, “Zerstören”, “Sache”
- Täter muss natürlichen Sinngehalt erfassen (=Sinnliche Wahrnehmung)

Normative Tatbestandsmerkmale

= wertausfüllende Merkmale; nur vor dem Hintergrund der Rechtsordnung verstehbar
“fremd”, “sich zueignen”, “Urkunde”
- Täter muss den rechtlichen Bedeutungsgehalt nach Laienart richtig erfassen (sog. Parallelwertung in der Laiensphäre, “Akt des Verstehens”)

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41
Q

Formen der Fahrlässigkeit

A

Bewusste Fahrlässigkeit = Luxuria

Unbewusste Fahrlässigkeit = Neglegentia

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42
Q

Bewusste Fahrlässigkeit = Luxuria

A

Wissen:
- Erfolg konkret für möglich halten

Wollen
- Vertrauen auf guten Ausgang (h.M.)

Definition

Täter hält den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges konkret möglich, vertraut aber pflichtwidrig darauf, dass er nicht verwirklicht wird.

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43
Q

Unbewusste Fahrlässigkeit = Neglegentia

A

Wissen:
Täter sieht den Erfolg nicht voraus

Wollen:
Entsprechend kein Wille

Definiton
Täter lässt die gebotene Sorgfalt außer Acht und verwirklicht infolgedessen den Tatbestand, ohne dies zu erkennen.

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44
Q

Bsp. Vorsatz

A

Bsp.: Der Polizeibeamte P nimmt auf seiner Streife dem O die Jacke weg, weil er sie so toll findet.

Vorsatz bzgl. einer fremden (beweglichen) Sache (§ 242 Abs. 1 StGB)?

„Sache“ = deskriptives Tatbestandsmerkmal (Merkmale bezeichnen Gegenstände der
äußeren Sinneswelt)

„fremd“ = normatives Tatbestandsmerkmal
⇒ es ist nicht erforderlich, dass P die korrekten Eigentumsverhältnisse kennt, es genügt,
dass er weiß, dass die Jacke „nicht ihm gehört“

Deskriptive Tatbestandsmerkmale erfordern in subjektiver Hinsicht das Erfassen des natürlichen Sinngehalts (= sinnliche Wahrnehmung), normative Tatbestandsmerkmale
eine „Parallelwertung in der Laiensphäre“ (= Akt des Verstehens).

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45
Q

Bsp. Vorsatz

A

Bsp.: A hasst E. Er plant daher, ihm irgendwann sein Auto zu zerkratzen. Am nächsten Tag fährt er auf einem Parkplatz versehentlich ein fremdes Fahrzeug an, welches einen kleineren Lackschaden erleidet. Als A entdeckt, dass E der Eigentümer des Kfz ist, freut er sich darüber.

Vorsatz bzgl. Beschädigens einer Sache (§ 303 Abs. 1 StGB)?

Zum Tatzeitpunkt (Anfahren des Fahrzeugs) hatte A keinen Vorsatz.

Nicht ausreichend ist es, dass A vorher Vorsatz hatte (dolus antecedens)

…oder er sich im Nachhinein über die Beschädigung freut und sie „billigt“ (dolus subsequens).

Vorsatz muss „bei Begehung der Tat“ (§§ 16 Abs. 1, 8 S. 1 StGB) vorhanden sein. Nicht ausreichend: vorgelagerter Vorsatz (sog. dolus antecedens) oder nachträglicher Vorsatz (sog. dolus subsequens).

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46
Q

Vorsatz in der Klausur

A
  • idR näher Thematisierung und Konkretisierung des Vorsatzes nicht angezeigt

Grund: Auch Handeln mit Eventualvorsatz verwirklicht Tatbestand (es kann dann mit der unpräzisen Formel “Wissen und Wollen…” gearbeitet werden.

Ausnahmen

  • StGB gibt bestimmte Formen des Vorsatzes vor (z.B. § 258 StGB)
  • Vorsatz ist im Einzelfall problematisch oder zu “problematisieren” (Hinweise im SV)
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47
Q

Eventualvorsatz in der Klausur

A

Thematisierung des dolus eventualis

Keine näheren Ausführungen, wenn SV erwähnte dass Täter den Erfolg billigend in Kauf genommen oder auf einen guten Ausgang gehofft hat.

Thematisierung idR erwünscht bei Formulierungen wie “Gefahr erkannt”, “Hoffnungen” oder “Gleichgültigkeit” + Konsequenzen bei Erfolgseintritt

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48
Q

Error in persona vel objecto
-> Irrtum über das Tatobjekt

A

Der Taterfolg tritt an dem ANVISIERTEN Opfer ein, der Täter irrt jedoch über die IDENTITÄT oder die Eigenschaften des Objekts.

Rechtliche Behandlung nach h.M.

Bei Gleichwertigkeit des anvisierten und tatsächlich getroffenen Objekts:

  • Irrtum unbeachtlich

Bsp.: T will auf O1 schießen, glaubt O2 sei O1 und tötet O2.
- Bewertung nach § 212 I (+)

Argument:

  • Obj. Tatbestand des § 212 spricht vom Töten eines „anderen Menschen”
    -> Darauf muss sich Vorsatz beziehen, was auch der Fall ist, wenn lediglich eine Identitätsverwechslung vorliegt

=> Durch die tatbestandliche Gleichwertigkeit der Rechtsgüter liegt beim Täter lediglich ein unbeachtlicher Motivirrtum vor

Bei Ungleichzeitigkeit des anvisierten und tatsächlich getroffenen Objekts:

  • Irrtum ist beachtlich

Bsp: T schießt auf den vermeintlichen Hund in der Hundehütte. Tatsächlich war es ein Kind, das getötet wird.

Bewertung: § 212 Abs. 1 (-), da § 16 Abs. 1 eingreift:
- § 222 (+/-)
- §§ 303 Abs. 1, 2, 22, 23 Abs. 1 (untauglicher Versuch) (+)

Argument:
- Vorsatz bezieht sich hier nicht auf das Töten eines anderen Menschen, sondern auf die Beschädigung/Zerstörung einer Sache

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49
Q

Dolus cumulativus

A

Dolus cumulativus

Keine besonderen Probleme aufgeworfen

Dabei geht es um Fälle, in denen der Täter:
- sowohl die Verwirklichung des einen als auch des anderen Tatbestands will
- und zeitgleich „erledigen“ kann

Bsp.: A wird von Wachmann B und dessen Hund verfolgt; um sich seiner Verfolger zu entledigen, schießt er mit einem Maschinengewehr auf sie und trifft beide tödlich. Weil A hier Vorsatz sowohl hinsichtlich § 212 StGB an B und bzgl. § 303 StGB an dessen Hund hat, wird A entsprechend bestraft: §§ 212, 303, 52 StGB.

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50
Q

Dolus Alternativus

A

-> Vorsatz des Täters der Art nach auf mehrere einander ausschließende Tatbestände, der Zahl nach jedoch nur auf einen richtet.

  • Täter nimmt Entweder-oder-Verhältnis an -> denkt er kann nur einen von den vorgestellten Tatbeständen herbeiführen

Bsp.: A wird von Wachmann B und dessen Hund verfolgt; mit der letzten Kugel in der Pistole schießt er auf seine Verfolger in der Hoffnung, dass jedenfalls einer der beiden getroffen wird; B wird tödlich ge- troffen.

M1 (h.L. + Rspr.):

Vorsatz bzgl. beider Delikte → §§ 212, 22, 23 I, § 303 I, § 52 StGB

(-) Lässt außer Acht, dass Täter nur ein Objekt treffen wollte und wusste, dass er nur
eines treffen kann

M2: Vorsatz nur bzgl. des vollendeten Delikts

(-) Lässt möglicherweise das schwerere Delikt unter den Tisch fallen
(-) Versagt, wenn beide Delikte nicht vollendet

M3: Vorsatz nur bzgl. des schwereren Delikts

(-) Berücksichtigt nicht, dass möglicherweise vollendetes Unrecht vorliegt
(-) Versagt, wenn beide Delikte gleich schwer

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51
Q

Aberratio ictus (Fehlgehen der Tat)

A

Sonderfall Tatumstandsirrtum § 16
T will B erschießen, trifft aber A

Aberration ictus Fälle sind gekennzeichnet durch:
- Täter hat als Ziel (Angriffsobjekt) seiner Tat ein konkretes Handlungsobjekt individualisiert
- Erfolg tritt aber nicht bei dem anvisierten, sondern VERSEHENTLICH bei einem anderen gleichwertigen Objekt (Verletzungsobjekt) ein

Gleichwertigkeitstheorie, Vorsatz (+)
§ 212 hinsichtlich A und §§ 212, 22, 23 I hinsichtlich B
Arg.:
- Vorsatz müsse sich nur auf ein Gattungsmerkmal, nicht auf eine bestimmte Person erstrecken
- Vermeidung Strafbarkeitslücken
-> unterstellt Täter generellen Verletzungswillen
- fordert keine Konkretisierung, in jedem konkretisierten Vorsatz ist logisch ein genereller Vorsatz enthalten

Konkretisierungstheorie (h.M.)
§ 212, 22, 23 I hinsichtlich B und § 222 hinsichtlich A
Arg.:
- Vorsatz muss sich auf konkrete Wirklichkeit, nicht abstrakt auf Tatbestandsmerkmal beziehen
- Vorsatz war konkretisiert bei Begehung der Tat
- Angriffs- ist gerade nicht das Verletzungsobjekt -> Vorsatz besteht nur auf das anvisierte Objekt
-> Versuch bzgl. Angriffsobjekt
-> Fahrlässigkeit bzgl. Verletzungsobjekt (sofern strafbar)

Materielle Gleichwertigkeitstheorie

Bei höchstpersönlichen Rechtsgütern:
- Versuch bzgl. Angriffsobjekt und Fahrlässigkeit bzgl. Verletzungsobjekt
-> Vorsatz (-)

Bei anderen Rechtsgütern:
- Vollendung bei Gleichwertigkeit der Objekte
-> Vorsatz (+)

Argument:
- Vollendung bei anderen Rechtsgütern ist deshalb legitim, weil die Vorsatzkonkretisierung hier irrelevant ist
-> Täter hat hier mit der gattungsmäßigen Bestimmung des Tatobjekts das für den Unrechtstypus Wesentliche erfasst

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52
Q

Notwehr § 32 StGB

A

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

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53
Q

Voraussetzungen der Notwehr, § 32 StGB

A

-> wenn Voraussetzungen vorliegen, gestattet die Rechtsordnung ausnahmsweise ein objektiv und subjektiv tatbestandsmäßiges Verhalten

  1. Notwehrlage: gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff

a) Angriff
b) gegenwärtig
c) rechtswidrig

  1. Notwehrhandlung: nur gegen Rechtsgüter des Angreifers

a) Geeignet und erforderlich; unter mehreren gleich geeigneten Mitteln muss das mildeste ausgewählt werden, aber: keine Pflicht zur Flucht
b) Geboten; in bestimmten Sonderkonstellationen wird das Notwehrrecht aus sozialtethischen Gründen eingeschränkt

  1. Subjektives Rechtfertigungselement:

Kenntnis der Notwehrlage, Verteidigungswille (str.)

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54
Q

Notwehrlage

A

Angriff: Jede durch menschliches Verhalten drohende Verletzung rechtlich geschützter Güter oder Interessen.

H.M.: Ein Angriff ist auch durch Unterlassen möglich, wenn eine bestehende Garantenstellung nicht beachtet wird.

gegenwärtig:

Angriff, der unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert.

rechtswidrig:

Angriff, der im Widerspruch zur Rechtsordnung steht, d.h. nicht durch einen Rechtfertigungsgrund gedeckt ist.

H.M.: auch bei schuldlos Handelnden gegeben.

auf ein notwehrfähiges Rechtsgut:

Jedes geschützte Gut von sich oder einem Dritten (Nothilfe), d.h. jedes Individualrechtsgut. Grundsätzlich aber nicht Güter der Allgemeinheit.

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55
Q

Notwehrhandlung gegenüber dem Angreifer

A

Erforderliche Notwehrhandlung:

Erforderlich i.w.S. ist die Verteidigung (gegen den Angreifer), die geeignet ist, den Angriff sofort zu beenden oder zu erschweren und das relativ mildeste Mittel darstellt (Erforderlichkeit i.e.S.).

H.M.: Einschränkungen bei lebensgefährlichen Abwehrhandlungen (z.B. Waffengebrauch).

Gebotene Notwehrhandlung:

(„sozialethische Schranken“ des Notwehrrechts)

Diskutierte Fallgruppen:
- Angriff erkennbar schuldlos oder (str.) mit verminderter Einsichts- oder Handlungsfähigkeit Handelnder (mangelndes Rechtsbewährungsinteresse)

  • Angriff von Person, die sich erkennbar in rechtserheblichem Irrtum befinden (mangelndes Rechtsbewährungsinteresse)
  • Bagatellangriffe
  • krasses Missverhältnis zwischen Art und Umfang der drohenden Verletzung durch den
    Angriff und der mit der Verteidigung verbundenen Beeinträchtigung.

-> Str. ob wegen Art. 2 EMRK Tötung wegen Angriff auf Sachwerte generell ausscheidet

So etwa Sch/Sch/Perron/Eisele, 30. Aufl. 2019, §32 Rn.62; dagegen freilich die ganz h.M. (in der deutschen Rechtswissenschaft), die sich u.a. darauf stützt, dass die Grundrechte das Verhältnis Staat-Bürger und nicht das der Bürger untereinander regelt. Das Notwehrrecht bleibe daher von Art. 2 Abs. 2 a) EMRK unberührt (Nachweise a.a.O.).

  • Notwehrprovokation (bei Absichtsprovokation nach h.M. sogar Ausschluss des Notwehrrechts)
  • engeFamilienangehörige(str.)
  • Menschenwürde (str., Folter und Androhung von Folter ist kein erlaubtes Notwehrmittel
    [wird teilweise nur für Hoheitsträger als eingeschränkt angesehen])

-> ggf: Ausweichen-Schutzwehr-Trutzwehr (Drei-Stufen-Theorie) oder Ausschluss des
Notwehrrechts

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56
Q

Subjektives Notwehrelement

A
  • Kenntnis der Notwehrlage
  • h.M.: Wille zur Abwehr des Angriffs (Verteidigungswille)
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57
Q

Gesetzliche Rechtfertigungsgründe

A
  • Notwehr § 32
  • Rechtfertigender Notstand § 34
  • Zivilrechtlicher Notstand -> Defensivnotstand § 228 BGB, Aggressivnotstand § 904 BGB
  • Festnahmerecht § 127 StPO
  • Wahrnehmung berechtigter Interessen
58
Q

Gewohnheitsrecht

A
  • Einwilligung
  • Mutmaßliche Einwilligung
  • Rechtfertigende Pflichtenkollision
59
Q

Voraussetzungen rechtfertigende Einwilligung

A
  1. Dispositionsfähiges Rechtsgut
    -> Individualrechtsgut (Einwilligungsschranken: §§ 216, 228 StGB)
  2. Verfügungsbefugnis des Einwilligenden
    -> Einwilligender alleiniger Träger des Rechtsguts
  3. Natürliche Urteils- und Einsichtsfähigkeit des Einwilligenden
    -> Rechtsgutsträger muss nach seiner geistigen und sittlichen Reife Auswirkungen des Eingriffs erfassen können
  4. Kundgabe der Einwilligung (vor der Tat und nach außen erkennbar)
    -> Nicht notwendig ausdrücklich (konkludent reicht aus)
    -> bei Fehlen: ggf. mutmaßliche Einwilligung
  5. Keine wesentlichen Willensmängel beim Einwilligenden
    -> Einwilligung darf nicht auf Irrtum, Täuschung, Drohung oder Gewalt beruhen
  6. Subjektive Komponente
    -> Handeln des Täters aufgrund und in Kenntnis der Einwilligung
60
Q

Mutmaßliche vs. hypothetische Einwilligung

A

Mutmaßliche Einwilligung

  • Einwilligung vor Eingriff nicht erreichbar, aber Patient hätte eingewilligt, wenn Befragung möglich gewesen wäre

Hypothetische Einwilligung

  • Abgestellt wird darauf, ob Patient, dessen Einwilligung trotz Möglichkeit nicht eingeholt wurde bei Befragung eingewilligt hätte

Unterschied:

Bei hypothetischer Einwilligung besteht faktische Möglichkeit der Einholung einer vorherigen Einwilligung

61
Q

Einwilligung
I. Objektive Rechtfertigungselemente
1. Verfügungsbefugnis des Einwilligenden

A

I. Objektive Rechtfertigungselemente

  1. Verfügungsbefugnis des Einwilligenden
  • Verzicht auf den Strafrechtsschutz muss überhaupt möglich sein
  • Bei eigenen Individualrechtsgütern i.d.R. kein Problem – Einwilligungsschranken: § 216 StGB und § 228 StGB .
  • Keine Dispositionsbefugnis bei Rechtsgütern der Allgemeinheit oder dritter Personen

Problematisch bei Mischdelikten (nota bene:

Das ist mehr eine Frage des Strafrecht BT), wie z.B. § 315c, der auch die Sicherheit des Straßenverkehrs als überindividuelles Rechtsgut schützt

  • (e.A.: keine Einwilligung möglich; a.A.: Einwilligung in individuellen Teil möglich, d.h. Teilrechtfertigung, die i.Erg. zur Straflosigkeit führt)
62
Q

Natürliche Einsicht- und Urteilsfähigkeit des Einwilligenden

A

Rechtsgutsträger muss nach seiner
geistigen und sittlichen Reife die Tragweite und die Auswirkungen des seine Interessen beeinträchtigenden Eingriffs voll erfassen können.

Dabei lässt sich sagen:

Je gewichtiger der Rechtsgutseingriff und je schwerer die (drohenden) Folgen,
=> desto strengere Anforderungen sind an die Einsichts- und Urteilsfähigkeit zu stellen.

63
Q

Erklärung der Tat

A
  • Kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen

=> nach h.M.genügt eine bloß innere Zustimmung nicht

  • Einwilligung ist bis zur Tatbegehung frei widerruflich und nicht bedingungsfeindlich
  • nachträgliche Genehmigung genügt nicht.
64
Q

Keine Willensmängel beim Einwilligenden

A

Einwilligung ist unwirksam, wenn sie:

  • unter wesentlichen Willensmängeln leidet und i.d.S. unfreiwillig erfolgt

Denkbare ursächliche Willensmängel:
- Irrtum
- Täuschung
- Drohung oder Gewalt (im Einzelnen vieles strittig)

Problem:

  • Grad der relevanten Drohung und Gewalt (h.M.: Grenzen verwerflicher Nötigung i.S.v. § 240 StGB müssen überschritten werden).

Problem:

  • Irrtümer
  • e.A.: nur rechtsgutsbezogene Fehlvorstellungen beseitigen Wirksamkeit der Einwilligung, bspw. bzgl. Art und Umfang des Eingriffs
  • wohl h.M.: jeder täuschungsbedingte Irrtum relevant, d.h. auch wenn etwa über die Gegenleistung [50 € für Blutspende] getäuscht wird
65
Q

II. Subjektives Rechtfertigungselement

A

Handeln in Kenntnis der Einwilligung und basierend auf jener

66
Q

Mutmaßliche Einwilligung

A

Hinweis:

Es handelt sich um „Einwilligungssurrogat“, das an die Stelle einer tatsächlich erteilten Einwilligungserklärung tritt.
-> die gleichen Voraussetzungen wie bei der Einwilligung müssen vorliegen

I. Voraussetzungen

  1. Objektive Rechtfertigungselemente
  • Voraussetzungen einer Einwilligung müssen bis auf Einwilligungserklärung vorliegen
  • Erscheinungsformen der mutmaßlichen Einwilligung:
  • Handeln im materiellen Interesse des Betroffenen: z.B. unaufschiebbare OP bewusstloser Patienten
  • Handeln im eigenen Interesse:
    Täter greift aus eigenem Interesse in Rechtsgüter des Opfers ein, wobei das Opfer aufgrund einer Nähebeziehung oder wegen der geringen Eingriffsschwelle eingewilligt hätte
  • bspw. Täter fährt Fahrrad eines Freundes zum Hbf [§ 248b StGB], um seinen Zug zu erwischen

Hiervon (nicht immer trennscharf) zu unterscheiden:
- Mangelndes Interesse des Opfer am eigenen Rechtsgüterschutz

-Bsp.: Wanderin nimmt vom reichlich vorhandenen
Fallobst der Bäuerin einen Apfel als Proviant mit
-> Beachte: Hier ist Zurückhaltung geboten!

Subsidiarität:

  • Eine existierende Erklärung hat immer Vorrang
  • Einwilligungssurrogat scheidet ferner
    aus, wenn Rechtsgutsinhaber in zumutbarer Weise rechtzeitig befragt werden kann

Ermittlung des mutmaßlichen Willens:

  • Mutmaßliche Antwort des Rechtsgutsinhabers (und nicht die
    objektiv vernünftigste und beste Antwort) muss ermittelt werden

Anhaltspunkte:
- persönliche
Umstände
- individuelle Interessen
- Wünsche
- Bedürfnisse und Wertvorstellungen

Und objektive Kriterien

  • z.B. gemeinhin vernünftige und dem Interesse einer verständigen Person entsprechende
    Maßnahme?

-> Diese haben keine eigenständige, sondern allenfalls indizielle Bedeutung

-> Liegen keine Anhaltspunkte (s.o.) vor, dass sich jemand anders entschieden hätte, ist anzunehmen, dass sein
(hypothetischer) Wille mit dem übereinstimmt, was gemeinhin als „normal“ und „vernünftig“ angesehen wird

67
Q

Mutmaßliche Einwilligung
I. Voraussetzungen
2. Subjektive Rechtfertigungselemente

A

Mutmaßliche Einwilligung
I. Voraussetzungen
1. Objektive Rechtfertigungselemente
2. Subjektive Rechtfertigungselemente

Täter muss rechtfertigende Umstände kennen und Absicht haben, dem Willen des Rechtsgutsinhabers entsprechend zu handeln

68
Q

§ 127 StPO
Festnahmerecht

A

Teleologisch liegt dem Jedermann-Festnahmerecht das:

  • öffentliche Interesse an der Strafverfolgung und
  • Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs zugrunde

Die handelnde Person nimmt
m.a.W.
=> stellvertretend öffentliche Aufgaben wahr

Zum Verhältnis zu anderen Rechtfertigungsgründen:
§ 32 StGB sowie §§ 229 f. haben Vorrang

69
Q

Voraussetzungen Festnahmerecht
§ 127 StPO

A

Voraussetzungen Festnahmerecht (§ 127 StPO)

  1. Festnahmelage
    - auf frischer Tat betroffen
    -> bei Begehung der Tat oder unmittelbar danach in räumlicher Nähe zum
    Tatort angetroffen

(P) Muss eine Tat tatsächlich begangen worden sein oder reicht ein dringender Tatverdacht aus?

  1. Festnahmegrund
    - Fluchtverdacht
    - keine sofortige Feststellung der Identität möglich
  2. Festnahmehandlung
  • ERFORDERLICHKEIT, um Festnahme zu erreichen:
  • geeignet und das relativ mildeste Mittel: => demnach sind regelmäßig Nötigungen, Freiheitsberaubungen und leichtere Körperverletzungen vom Festnahmerecht gerechtfertigt

VEHÄLTNISMÄßIGKEITSPRINZIP:
- keine Befugnis zur Festnahme, wenn diese zu der Bedeutung der Sache und einer zu erwartenden Strafe außer Verhältnis steht
- Keine ernsthaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen wegen Bagatelldelikten

  1. Festnahmewille
    - Straftat muss zum Zwecke der Festnahme erfolgen
70
Q

§ 127 StPO Jedermann-Festnahmerecht
Objektive Rechtfertigungselemente
Festnahmelage

A

Festnahmelage

Betreffen oder Verfolgen auf frischer Tat (= sowohl vollendete als auch versuchte Tat; muss nicht schuldhaft begangen werden).

  • Auf frischer Tat betroffen ist, wer bei Begehung der Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder in seiner Nähe angetroffen wird

Problem:

Muss eine Tat tatsächlich begangen worden sein (materiellrechtliche Theorie) oder reicht ein dringender Tatverdacht (= wenn Festnehmende aufgrund der ihm erkennbaren Umstände bei pflichtgemäßer Prüfung von einer Straftat ausgehen durfte) aus -> Prozessuale Theorie h.M.?

Pro materiellrechtliche Theorie:

§§ 127 Abs. 2, 112 Abs. 1 StPO lassen Umkehrschluss auf § 127 Abs. 1 StPO zu; auch bei den anderen Rechtfertigungsgründen muss die Rechtfertigungslage tatsächlich vorliegen; Festnehmende wird bei Irrtum angemessen über ETI geschützt.

Pro prozessuale Theorie:

§ 127 StPO hat prozessualen Charakter (Strafprozessordnung)

-> strafprozessuale Maßnahmen können sich kraft Natur der Sache nur auf einen (dringenden) Tatverdacht stützen

  • materiellrechtliche Theorie birgt Notwehrrisiko durch Festgenommenen (wenn Tat nicht realiter vorliegt, könnte sich Festnehmende mit Notwehr verteidigen) und damit Eskalationspotential
  • Tatverdächtige wird zu seiner Verdächtigung i.d.R. beigetragen haben.
71
Q

§ 127 StPO: Jedermann-Festnahmerecht
Objektive Rechtfertigungselemente
II. Festnahmegrund

A

Fluchtverdacht des Verdächtigen oder keine sofortige Feststellung der Identität möglich (Verdächtige kann/will Ausweis nicht vorzeigen)
-> kann dann nur durch StA (Staatsanwaltschaft) oder Polizei erfolgen, vgl. § 163b Abs. 1 S. 1 StPO

72
Q

§ 127 StPO: Jedermann-Festnahmerecht
Objektive Rechtfertigungselemente
III. Festnahmehandlung

A

Als Realakt an keine bestimmte Form gebunden aber am Wortlaut “Festnahme” zu orientieren

Erforderlichkeit, um Festnahme zu erreichen (geeignet und mildestes Mittel):

  • Nötigung und Freiheitsberaubung (+)
  • leichte Körperverletzungen (z.B. festes Zupacken) (+)
  • Schwere oder lebensgefährliche Verletzungen (-)
    -> Grund: Enge Auslegung geboten, da § 127 Abs. 1 StPO staatliches Gewaltmonopol durchbricht
  • Schusswaffengebrauch: Warnschuss u.Um noch (+), nicht mehr Schuss auf den Körper (-)
  • Verhältnismäßigkeitsprinzip
73
Q

Jedermann-Festnahmerecht, § 127 Abs. 1 S. 1 StPO
Subjektives Rechtfertigungselement

A
  • Wissen um die Festnahmelage und Absicht
  • Festgenommenen der Strafverfolgung zuzuführen
74
Q

Notstand
§ 34 StGB

A
  • hat Auffangcharakter
    -> bei mehreren in Betracht kommenden Rechtfertigungsgründen sollte er am Schluss geprüft werden
    -> insbes. §§ 228, 904 BGB haben Vorrang
  • wenn § 32 bejaht wird, muss § 34 StGB nicht geprüft werden
    -> § 32 StGB räumt die weitestgehenden Befugnisse ein + hat bei den Anforderungen an die Rechtfertigungslage engere Voraussetzungen

Parallel zu den §§ 228, 904 BGB kann auch bei § 34 StGB zwischen 2 Notständen differenziert werden

Defensivnotstand
= Gefahr stammt aus Sphäre des Eingriffsopfers

Aggressivnotstand
= Gefahr stammt nicht aus Sphäre des Eingriffsopfers; Notstandstäter greift “aggressiv” in Rechtsgüter Unbeteiligter ein)

75
Q

Notstand
I. Objektive Rechtfertigungselemente
1. Notstandslage

A

Notstandsfähiges Rechtsgut:
- beliebiges Rechtsgut
Aufzählung:
- Leben
- Leib
- Freiheit
- Ehre
- Eigentum oder anderes Rechtsgut
- (str. ob auch Rechtsgüter der Allgemeinheit erfasst sind, was die h.M. bejaht)

Gegenwärtige Gefahr:

Zustand, dessen Weiterentwicklung den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt.

  • Gefahr i.S.d. § 34 kann auch eine Dauergefahr sein
  • Ursprung der Gefahr ist unerheblich (neben menschlichem Verhalten daher auch Naturereignisse oder
    Unglücksfälle erfasst)
76
Q

Notstand § 34 StGB
Objektive Rechtfertigungselemente
Notstandshandlung

A

= Begehung einer tatbestandsmäßigen Handlung, deren Rechtswidrigkeit hier geprüft wird

Erforderlichkeit: (“nicht anders abwendbar”)

  • Handlung muss geeignet sein, um die Gefahr abzuwenden
    (Gefahrenabwendung muss nicht ganz unwahrscheinlich sein) +
  • das relativ mildeste Mittel darstellen

Anders als bei § 32 StGB:
-> Ausweichmöglichkeiten müssen wahrgenommen werden, ebenso vorrangig staatliche Hilfe

Interessenabwägung

Geschütztes Interesse (= Erhaltungsgut), dem gegenwärtige Gefahr droht, muss das durch die tatbestandsmäßige Handlung beeinträchtigte Interesse (= Eingriffsgut) WESENTLICH ÜBERWIEGEN

Abwägungsgesichtspunkt:

  • Abstraktes Rangverhältnis beider Güter
  • Grad drohender Gefahren
  • Ausmaß drohender Rechtsgutsverletzungen etc.

Angemessenheit:

  • insbesondere Behandlung des Nötigungsnotstands
77
Q

Notstand
Subjektives Rechtfertigungselement

A
  • Kenntnis der rechtfertigenden Umstände + nach h.M. Rettungswille
78
Q

Zivilrechtlicher Notstand

A

§ 904 BGB – Aggressivnotstand:

Einwirkung auf eine Sache, von der die Gefahr nicht ausgeht

(Schulfall: Aufbrechen einer Hütte [§ 303 Abs. 1 StGB] und Verheizen von Holz [§ 242 Abs. 1 StGB], um sich vor Schneesturm zu retten - § 123 StGB hingegen über § 34 StGB gerechtfertigt).

§ 228 BGB – Defensivnotstand:

Einwirkung auf eine Sache von der die Gefahr ausgeht (Bsp.: Tierangriffe).

79
Q

Direkter Verbotsirrtum
§ 17 StGB

A

Täter weiß NICHT, dass er gegen (irgendwelche) rechtlichen Verbote oder Gebote verstößt, obwohl er alle Umstände der Tat richtig erfasst, weil er z.B.

  • die Verbotsnorm nicht kennt,
  • die Verbotsnorm für ungültig hält,
  • aufgrund von Fehlvorstellungen über den Geltungsbereich der Verbotsnorm sein Verhalten für rechtlich zulässig hält.

Weitere Frage: War Irrtum vermeidbar oder unvermeidbar?

80
Q

Indirekter Verbotsirrtum (sog. Erlaubnisirrtum)

A

Erlaubnisnormirrtum
Täter glaubt irrig an das Bestehen eines gesetzlich nicht anerkannten Rechtfertigungsgrundes, obwohl er alle Umstände der Tat richtig erfasst

oder

Erlaubnisgrenzirrtum
Täter verkennt die rechtlichen Grenzen eines an sich anerkannten Rechtfertigungsgrundes

  • Erlaubnisirrtum wird wie der „direkte Verbotsirrtum“ nach § 17 StGB behandelt, da der Täter auch hier auf rechtlicher Ebene irrt:
  • Unrechtsbewusstsein fehlt, da er denkt, ein (tatsächlich nicht) existenter Rechtfertigungsgrund greife zu seinen Gunsten ein

Weitere Frage: War Irrtum vermeidbar oder unvermeidbar?

81
Q

Erlaubnistatumstandsirrtum (ETI)

A

=> Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen eines gesetzlich anerkannten Rechtfertigungsgrundes, d.h. Täter nimmt irrig Umstände an, die im Falle ihres wirklichen Vorliegens die Tat rechtfertigen würden

Problem:

ETI = Zwitterstellung zwischen Tatumstandsirrtum und Verbotsirrtum

Mit dem Tatumstandsirrtum verbindet ihn

-> Irrtum über die tatsächlichen Umstände (beim Tatumstandsirrtum bezogen auf den Tatbestand, beim ETI bezogen auf die Rechtfertigungslage)

Mit dem Verbotsirrtum verbindet ihn

-> Fehlvorstellung über die Rechtswidrigkeit

Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Regelung des ETI ist umstritten, wie der ETI behandelt werden soll, entweder über § 17 StGB oder über § 16 StGB. Es geht also darum, welche gesetzliche Wertung am ehesten der Problematik des ETI entspricht.

82
Q

Aufbau Erlaubnistatumstandirrtum in der Klausur

A

A. Vorsatzdelikt
Strafbarkeit wegen eines versuchtenVorsatzdelikts

I. Tatbestand

  1. Objektiver Tatbestand
  2. Subjektiver Tatbestand

II. Rechtswidrigkeit

Ein Rechtfertigungsgrund greift nicht, weil die zur Rechtfertigung notwendigen objektiven Umstände (sog. Erlaubnistatumstände) nicht vorliegen.

III. Erlaubnistatumstandsirrtum

  1. Vorliegen eines Erlaubnistatumstandsirrtums

Der Täter könnte sich eine Situation vorgestellt haben, die ihn bei ihrem objektiven Vorliegen gerechtfertigt hätte.

  1. Vorliegen der Figur Erlaubnistatumstandsirrtum

a) Definition des ETI
b) Sichtweise des Täters als Realität gedacht: Wäre das Verhalten von einem Rechtfertigungsgrund gedeckt? Prüfung des Rechtfertigungsgrundes anhand seiner Vorstellungen.

  1. Rechtliche Behandlung des ETI
  2. Ergebnis

IV. Ergebnis: Der Täter ist nicht nach der Vorsatztat strafbar.

B. Fahrlässigkeitsdelikt
Nicht vergessen: nach Ablehnung des Vorsatzdeliktes noch das entsprechende Fahrlässigkeitsdelikt zu prüfen (z.B. ist von § 212 I der § 222 das Äquivalent), sofern überhaupt ein solches existiert (nicht gegeben z.B. bei § 303 I).
Die Sorgfaltspflichtverletzung kann sich dann daraus ergeben, dass die wirklichen Umstände für den Täter erkennbar waren.

83
Q

Aufbauschema zum Erlaubnistatbestandsirrtum

A

A. Strafbarkeit wegen eines (versuchten) Vorsatzdelikts

I. Tatbestandsmäßigkeit

I. Rechtswidrigkeit

III. Erlaubnistatbestandsirrtum

  1. Vorliegen eines Erlaubnistatbestandsirrtums

a) Voraussetzungen: Täter stellt sich tatsächliche Umstände vor, bei deren Vorliegen er gerechtfertigt
wäre (hypothetische Rechtfertigungsprüfung)
b) Wenn nein: etwaigen Verbotsirrtum beachten
c) Wenn ja:

  1. Rechtsfolgen des Erlaubnistatbestandsirrtums

a) Strenge Schuldtheorie (Verbotsirrtumsregeln)
b) Eingeschränkte Schuldtheorien

aa) Lehre von den negativen
Tatbestandsmerkmalen (§ 16 I 1 unmittelbar)
bb) Vorsatzunrechtverneinende
eingeschränkte Schuldtheorie (§ 16 I 1 analog)
cc) Rechtsfolgenverweisende
genauer: vorsatz-
schuldverneinende
eingeschränkte Schuld-
theorie (§ 16 I 1 analog)

B. Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung (§ 16 I 2 unmittelbar oder analog)

I.Vorhandener Fahrlässigkeitstatbestand (§ 15) und Erfolgseintritt

II. Beruhen des Erlaubnistatbestandsirrtums auf Fahrlässigkeit

84
Q

Erlaubnistatumstandsirrtum
Vorgehensweise + Definition

A

Irrtum über die tatsächliche Voraussetzungen eines gesetzlich anerkannten Rechtfertigungsgrundes, d.h. der Täter nimmt irrig Umstände an, die im Falle ihres wirklichen Vorliegen die Tat rechtfertigen würden.

Schritt 1: Feststellung des Vorliegens eines ETI durch hypothetische Rechtfertigungsprüfung auf Basis der Vorstellung des Täters.

Schritt 2: Meinungsstreit zur rechtlichen Behandlung des ETI

Abgrenzung zu
- Tatumstandsirrtum (§16)
- Verbotsirrtum (§17)
- Indirekter Verbotsirrtum (=Erlaubnisirrtum; § 17)

85
Q

Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen

A

Nach dieser Lehre:

  • Zu objektivem Tatbestand gehört auch die Feststellung, dass KEIN Rechtfertigungsgrund eingreift
  • Verschmelzung von Tatbestand und Rechtswidrigkeit zu Gesamtunrechtstatbestand -> Vorsatz muss sich darauf erstrecken

Der Tatbestand des Totschlags –
„Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein“ (§ 212 I StGB), wäre demnach etwa zu lesen als:
„Wer einen Menschen tötet ohne Mörder zu sein, und dabei nicht in Notwehr handelt, nicht in einem rechtfertigenden Notstand handelt, nicht einer Pflichtenkollision unterliegt etc.“ wird bestraft.

Objektiver Gesamtunrechtstatbestand
- Objektive TB-Merkmale müssen vorliegen; objektive Rechtfertigungselemente dürfen nicht vorliegen

Subjektiver Gesamtunrechtstatbestand
- Bezieht sich auf objektiven Gesamtunrechtstatbestand

=> Vorsatz muss auch das Fehlen von objektiven Rechtfertigungselementen erfassen - bei ETI:
Täter geht vom Vorliegen objektiver Rechtfertigungselemente aus
-> § 16 Abs. 1 S. 1 StGB

86
Q

Doppelirrtum

A
  • Zahlenmäßig eigentlich nur ein Irrtum
    -> Erlaubnisirrtum

Täter nimmt irrig Voraussetzungen für einen gesetzlich anerkannten Rechtfertigungsgrund an und verkennt zugleich dessen rechtliche Grenze

  • Fall wird als bloßer Erlaubnisirrtum behandelt
  • über § 17 gelöst

Auch bei Annahme der Umstände nach Vorstellung des Täters keine Rechtfertigung
-> d.h. kein ETI

87
Q

Die strenge Schuldtheorie

A
  • Nur noch selten vertreten, trotzdem in Fallbearbeitung nicht vernachlässigen

Nach ihr:

  • Trennung von Vorsatz und Unrechtsbewusstsein auch beim ETI
  • Verlagerung des Vorsatzes von der Schuld in den Tatbestand
  • sieht keinen Anlass Strafbarkeit nach dem Vorsatzdelikt generell auszuschließen -> wendet streng die Verbotsirrtumsregeln an
  • Wenn ETI vermeidbar war, nach Vorsatzdelikt bestraft

Vorteil:
- Strafe verhängen, wo kein Fahrlässigkeitstatbestand existiert

Nachteil:
- Täter der sich die tatsächlichen Voraussetzungen eines anerkannten Rechtfertigungsgrundes vorstellt will sich an sich rechtstreu verhalten

-> dehnt durch rechtliche Fehlwertung NICHT die Rechtsordnung zu seinen Gunsten aus (glaubt sich völlig rechtsmäßig zu verhalten)
=> Solcher Täter erfasst letztlich nicht das Handlungsunrecht der Vorsatztat

88
Q

Schuldformen
Vorsatzschuld und Fahrlässigkeitsschuld

A

Vorsatzschuld
Für das Unrecht und gegen das Recht manifestierende rechtsfeindliche/gleichgültige Einstellung.

Fahrlässigkeitsschuld
Nachlässige/sorglose Einstellung gegenüber Sorgfaltsanforderungen der Rechtsordnung.

89
Q

Vorsatzschuldverneinende eingeschränkte Schuldtheorie

A
  • Lässt Tatbestandsvorsatz und Unrecht der Vorsatztat unangetastet
    -> Erhebt gegen den Täter wegen der Vorsatztat aber keinen Schuldvorwurf
    => Rechtsfolge lediglich Bestrafung aus den Fahrlässigkeitsdelikten möglich
  • Vorsatz als Verhaltensform (+), denn Täter will den objektiven Tatbestand erfüllen
  • Vorsatz als Schuldform analog § 16 Abs. 1 S. 1 (-)
    -> denn Täter entscheidet sich nicht gegen, sondern (in seiner Vorstellung) für das Recht
    -> Allenfalls könne man ihm vorwerfen, die Tatsituation fehlinterpretiert zu haben (Fahrlässigkeitsvorwurf)

Grund:
- Einsicht, dass Vorsatz eine Doppelfunktion hat
-> Vorsatztäter hat höhere Schuld als Fahrlässigkeitstäter
- Schuldvorsatz bei ETI zu verneinen
- analog § 16 I 1 (regelt eigentlich nur den Tatbestandsirrtum)

90
Q

Vorsatzunrechtsverneinende eingeschränkte Schuldtheorie

A
  • Im Ergebnis entfällt Tatbestandsvorsatz
  • Unrecht es vorsätzlichen Handelns wird als nicht verwirklicht angesehen

-> Analog § 16 I 1, denn der Irrende erfülle nicht im gleichen Maße Unrecht wie im “Normalfall” einer vorsätzlichen Tatbegehung

  • § 16 I 1 meint die Straftatbestände des BT und nicht die Voraussetzungen der §§ 32, 34
91
Q

Subjektives Rechtfertigungselement
Beim Fehlen des subjektiven Rechtfertigungselements

A

Bsp.: A wird von B mit einem Messer bedroht. Ohne dies zu merken, zückt A eine Pistole und erschießt B, da er ihn nicht mag.

Objektives Rechtfertigungselement (+)
Erfolgsunwert (obj. Tatbestand) = Verletzung/Gefährdung des jeweiligen Rechtsguts

Subjektives Rechtfertigungselement (-)
Handlungsunwert (subj. Tatbestand) = Art und Weise des Handlungsvollzugs

=> Konsequenz: Versuchsstrafbarkeit

92
Q

Subjektives Rechtfertigungselement
Beim Fehlen des objektiven Rechtfertigungselements, aber irrtümlicher Annahme eines Rechtfertigungsgrundes

A

Bsp.: A hört nachts Geräusche an der Wohnungstür und glaubt an einen Einbrecher. Als eine Person die Wohnung betritt, die in der Dunkelheit nicht zu erkennen ist, wirft A eine Vase auf die Person. Es stellt sich heraus, dass es sich lediglich um den Mitbewohner B handelt, der spät nach Hause gekommen ist.

Objektives Rechtfertigungselement (-)
Erfolgsunwert (obj. Tatbestand) = Verletzung/Gefährdung des jeweiligen Rechtsguts

Subjektives Rechtfertigungselement
Handlungsunwert (subj. Tatbestand) = Art und Weise des Handlungsvollzugs
Subjektives Rechtsfertigungseleme

=> Konsequenz: ggf. Fahrlässigkeitsstrafbarkeit

93
Q

Aufbau Rechtfertigungsgründe

A
  • Struktur der Rechtfertigungsgründe gleicht denen des Tatbestands -> obj. und subj. Tatbestand

Objektives Rechtfertigungselement
Erfolgsunwert (obj. Tatbestand)
= Verletzung/Gefährdung des jeweiligen Rechtsguts

Subjektives Rechtfertigungselement
Handlungsunwert (subj. Tatbestand)
= Art und Weise des Handlungsvollzugs

94
Q

Prüfungsschema Fahrlässigkeit

A

I. Tatbestand

  1. Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs
  2. Für den Erfolgseintritt kausale Handlung des Täters
  3. Objektive Sorgfaltswidrigkeit dieser Handlung bei objektiver Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts
  4. Objektive Zurechnung des Erfolgs

II. Rechtswidrigkeit

  • Fehlen von Rechtfertigungsgründen, wie beim vorsätzlichen Begehungsdelikt.
  • Nur ansprechen, wenn Anhaltspunkte im Sachverhalt

III. Schuld

  • Insbesondere subjektive Sorgfaltspflichtverletzung bei subjektiver Vorhersehbarkeit des
    Erfolgseintritts
95
Q

Irrtum über den Kausalverlauf

A

=>Erfolg tritt am gewollten Objekt ein, der vorgestellte Kausalverlauf deckt sich aber nicht mit dem wirklichen

Lösung der Rspr.:

Wesentliche Abweichung des Kausalverlaufs:
-> Beachtlicher Irrtum, der zum Vorsatzausschluss bzgl. des objektiven Kausalverlaufs führt
-> weshalb nur Versuchsstrafbarkeit in Betracht kommt

Unwesentliche Abweichung:
- wenn es sich noch in den Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigt

Nach h.L.
- Irrtum nahezu irrelevant
- Im Rahmen der obj. Zurechnung wird ein solcher Erfolg schon nicht zugerechnet
-> Wird Erfolg jedoch zugerechnet, dann kann ein solcher Irrtum i.d.R. nicht vorliegen

96
Q

Erlaubnistatumstandsirrtum

A

Jemand stellt sich tatsächliche Umstände vor, die - würden sie tatsächlich vorliegen - ihn rechtfertigen würden

Wichtig also zu prüfen:

  1. Voraussetzungen des ETI
    a. Irrt der Täter in tatsächlicher Hinsicht?
    b. Hypothetische Rechtfertigung (Rechtfertigungslage- und Handlung) auf Grundlage seiner Vorstellung
  2. Dann erst: Rechtsfolgen des ETI?
97
Q

Erlaubnistatumstandsirrtum
Rechtsfolgen: str.

A

M1: Strenge Schuldtheorie
- Alle Irrtümer außer Tatumstandsirrtümer, die den Tatbestand betreffen, fallen
und § 17 StGB, also auch der ETI

M2: Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen
- Rechtfertigungsgründe seien negative TBM → Rechtsfolge: § 16 I 1 StGB direkt

M3: Vorsatzunrechtsverneinende eingeschränkte Schuldtheorie
- § 16 I 1 StGB analog auf Tatbestandsebene → Verneinung des Vorsatzes

M4: Vorsatzschuldverneinende eingeschränkte Schuldtheorie
- § 16 I 1 StGB analog auf Rechtsfolgenebene → Verneinung d. Vorsatzschuld

98
Q

Schuld(un)fähigekit

A

Zweistufige Prüfung

  1. Biologisch-psychologischer Mangel
    -> Bsp.: Krankhafte seelische Störung
  2. Psychologisch-normativer Mangel
    - Unfähig, das Unrecht in der Tat einzusehen? (Einsichtsfähigkeit)
    - Unfähig, nach dieser Einsicht zu handeln? (Steuerungsfähigkeit)

!! Promilleangaben ohne Hinweise darauf, was aus diesen zu schließen ist, dürfen nicht für Fragen von §§ 20, 21 StGB interpretiert werden.

99
Q

Actio libera in causa

A

Frage: Wie kann Täter, der schuldunfähig eine Straftat begeht, sich auf diesen Zustand berufen, wenn er ihn zuvor “frei”, d.h. schuldhaft herbeigeführt hat.

Anders: Täter setzt im schuldfähigen Zustand eine Ursache für eine Tat, die er danach in schuldunfähigem Zustand verwirklicht.
Tat ist in ihrem Vollzug unfrei, aber in ihrer Ursache (in causa) frei.

(P): §20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störung

“Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung (…).”

-> Mildere Strafe wegen § 323 mit Hilfe der Alic zu überwinden

100
Q

Die vorsätzliche Actio libera in causa

A

Grundsatz

Wer im Zustand des § 20 eine vorsätzliche Straftat begeht, kann sich nicht auf seine Schuldunfähigkeit berufen, wenn er den Defektzustand vorsätzlich herbeigeführt und sich dabei sein Vorsatz auf die später begangene Vorsatztat erstreckt hat.

  • setzt typischerweise alkoholbedingte Schuldunfähigkeit voraus
  • Doppelvorsatz erforderlich
    1. Schuldunfähigkeit muss vorsätzlich herbeigeführt worden sein
    2. Vorsatz muss sich auf die im Defektzustand begangene Tat bezogen haben
    => Wenn beides vorliegt, Modelle diskutieren
101
Q

Alic
Schuldausnahmemodell

A

Konzept:
Knüpft die Strafbarkeit an das tatbestandsmäßige Verhalten im Rauschzustand
-> hält es aber für legitim, bei der Schuld eine Ausnahme davon zu machen, dass Schuld bei Begehung der Tat vorliegen muss (v.a. Gedanke des Rechtsmissbrauchs)

-> bei Tatbegehung fehlende Schuld durch schuldhaftes Vorgehalten ausgeglichen

Kritik:
- Mit Art. 103 GG nicht vereinbar
- setzt sich über Wortlaut des § 20 hinweg
-> Verbot von strafbarkeitsbegründendem Gewohnheitsrecht
- keine allgemeine Rechtsüberzeugung

102
Q

Alic Ausdehnungsmodell

A

Konzept:
Knüpft die Strafbarkeit an das tatbestandsmäßige Verhalten im Rauschzustand an (versucht Art. 103 II GG und Koinzidenzprinzip zu entgehen)

-> Versteht den Begriff „der Tat“ des § 20 StGB aber nicht im Sinne von zeitlichen Grenzen (Anfang und Ende; Versuch und Vollendung)

-> Sondern mit „der Tat“ soll ein darüber hinausreichender Schuldtatbestand gemeint sein, der auch schuldhaftes Vorverhalten (d.h. das Berauschen) einbezieht

Kritik:
- Lehre als terminologischer Trick -> Koinzidenz von Tatbegehung und Schuld
- Unschlüssig warum Tatbegriff in § 20 anders als in §§ 16 und 17 zu verstehen
- Ähnliche Kritik wie Ausnahmemodell
-> Legaldefinition von “bei Begehen der Tat” in § 8 S.1

103
Q

Alic Ausdehnungsmodell
Verwirklichungsstufen einer Tat

A

Entschluss und Vorbereitungsstadium
i.d.R. straflos, Ausnahme: § 30 II StGB

Versuchsstadium
Beginn des strafrechtlich relevanten Verhaltens bei Verbrechen, bei Vergehen nur, wenn bes. angeordnet

(formelle) Vollendung
Alle Tatbestandsmerkmale (objektive und subjektive) sind erfüllt.

(materielle) Beendigung
Es ist nicht lediglich der Tatbestand erfüllt, sondern das gesamte tatbestandliche Unrecht verwirklicht (beim Diebstahl: Beutesicherung).

104
Q

Alic Tatbestandsmodell
h.M.

A

Konzept:

Bereits das Sichberauschen im Zustand der Schuldfähigkeit ist tatbestandsrelevant und von daher als Teil der Tatbegehung anzusehen.

Für Merkmal „bei Begehung der Tat“ reicht aus, dass Täter zumindest bezüglich eines Teils der – mit dem Eintritt in das Versuchsstadium beginnenden – Tat schuldfähig gewesen ist.

=> Geschehen lasse sich mithilfe der csqn Formel bis zum Zeitpunkt der Defektbegründung zurückverfolgen
- wenn dort Schuldbezug vorliegt, könne hieran der Schuldvorwurf geknüpft werden
- Beginn des fraglichen Delikts beginne also mit Herbeiführung des Defektzustandes -> Täter setzt hier unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung an
- reicht also aus, dass Täter zu irgendeinem Zeitpunkt der Deliktsverwirklichung (hier bei Eintritt des Versuchsstadiums) schuldfähig gewesen ist

Subjektiver Doppelvorsatz

Vorsatz 1 -> Muss sich auf Schuldunfähigkeit (Defektbegründung) beziehen

Vorsatz 2 -> Muss sich zum Zeitpunkt der Defektbegründung darauf beziehen, im Defektzustand eine bestimmte Straftat zu begehen

Argumentation:

Mit Defektbegründung wird Versuchsschwelle überschritten – Parallele zum Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft (§ 25 Abs. 1 Var. 2 StGB).

Richtigkeit zeigt Konstellation des beendeten Versuchs, in der Täter ein gefährliches Gut (Bombe) auf Opfer schickt -> entsagt sich der weiteren Herrschaft über Geschehensablauf

Kritik:
- Kausalität kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden -> man weiß nicht, ob Tat ohne Sich-Betrinken nicht begangen worden wäre
- Sich-Betrinken als Versuchsbeginn fragwürdig -> fehlt an unmittelbarere Gefährdung des Rechtsguts, § 22 zuwider

105
Q

(Schuld-)Ausnahmemodell

A

Das Modell knüpft die Strafbarkeit an das tatbestandsmäßige Verhalten im Rauschzustand, hält es aber für legitim, bei der Schuld eine Ausnahme von dem Koinzidenzprinzip zu machen ((+) Gedanke des Rechtsmissbrauchs)

Kritik: Unvereinbarkeit mit Art. 103 II GG, da hinwegsetzen über Wortlaut des § 20 StGB.

106
Q

Ausdehnungsmodell

A

Das Modell knüpft ebenfalls an das tatbestandsmäßige Verhalten im Rauschzustand an und versteht den Begriff „der Tat“ des § 20 StGB nicht im Sinne von zeitlichen Grenzen, deren Anfang und Ende Versuch und Vollendung markieren, sondern mit „der Tat“ soll ein darüber hinausreichender Schuldtatbestand gemeint sein, der auch schuldhaftes Vorverhalten (dh das Berauschen) einbezieht.

Kritik: Unterschiedliches Verständnis vom Tatbegriff nicht einleuchtend, i.Ü. vgl. Bedenken oben.
(-) Begriff in § 8 S. 1 StGB legaldefiniert -> Art. 103 II GG

107
Q

Tatbestandsmodell (h.M.)

A

Bereits das Sichberauschen im Zustand der Schuldfähigkeit ist tatbestandsrelevant

  • Als Teil der Tatbegehung anzusehen, denn -> für Merkmal „bei Begehung der Tat“ reicht aus, dass Täter zumindest bezüglich eines Teils der Tat schuldfähig gewesen ist
    (mit dem Eintritt in das Versuchsstadium beginnend)
  • Beim Sichberauschen der Fall, wenn Schwelle des § 22 StGB überschritten wird (Parallele zur mittelbaren Täterschaft)

Kritik: § 25 I Var. 2 StGB verlangt einen „anderen“ sowie unmittelbares Ansetzen fraglich
(-) Betrinken als unmittelbares Ansetzen?
(-) Inskonsequent, dann nicht schon das Betrinken als Versuch zu bestrafen

108
Q

Besonderheiten Alic

A

H.M.:
a.l.i.c. nicht bei eigenhändigen und schlichten Tätigkeitsdelikten (§§ 315c, 316, 153 f. StGB) sowie bei fahrlässigen Erfolgsdelikten kein Rückgriff erforderlich.

Erfordernis des Doppelvorsatzes (Vorsatz, sich in den Zustand der Schuldunfähigkeit zu versetzen + Vorsatz bei der Defektherbeiführung später eine bestimmte Straftat auszuführen).

109
Q

Actio libera in causa in der Klausur

A

Sofern man Tatbestandsmodell folgt, sollte alic im Prüfungsaufbau als eigener „Tatbestand“ auftauchen:

Prüfung § 223

Tatbestandsmäßigkeit
Rechtswidrigkeit
(P) Schuld: Schuldunfähigkeit iSd § 20 StGB

Unbeachtlichkeit infolge Ausnahmemodell ->ablehnen
Ausdehnungsmodell -> ablehnen Unvereinbarkeitstheorie -> ablehnen Tatbestandsmodell -> vorzugswürdige Meinung

→ Ergebnis: keine Strafbarkeit aus § 223

Prüfung § 223 iVm den Grundsätzen der vorsätzlichen actio libera in causa

Prüfung, ob die Voraussetzungen der vorsätzlichen Alic erfüllt sind:

Täter muss durch die Herbeiführung des § 20 eine Ursache für späteren Erfolg gesetzt haben.

Doppelvorsatz:
1. Herbeiführung des § 20
2. Begehung der Tat im Zustand des § 20.

110
Q

Unvereinbarkeitslehre Alic

A

Alle Versuche der Konstruktion einer Strafbarkeit sind mit gravierenden Schwächen behaftet.
=> Actio libera in causa daher abzulehnen, verfassungswidrig

(P): Bedürfnis nach angemessener Bestrafung.
§ 323a StGB reicht nicht aus.

111
Q

Gedanke des § 35 StGB

A

§ 35 I liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der Täter in einer außergewöhnlichen Motivationslage befindet, in der von ihm ein normgerechtes Verhalten nicht erwartet werden kann.
Im Ergebnis kann eine nach § 35 I StGB entschuldigte Tat dem Täter nicht vorgeworfen werden.

112
Q

Voraussetzungen des § 35 I 1 StGB
I. Notstandslage

A

I. Notstandslage

  1. Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit für Täter, Angehörige oder nahestehende Person
  • Aufzählung Rechtsgüter;
  • Angehörigenbegriff in § 11 I Nr. 1 StGB legaldefiniert
    -> nahestehende Person muss Angehörigen vergleichbar sein (bspw. eheähnliche Gemeinschaften)
  1. Gegenwärtigkeit der Gefahr
    Wie bei § 34 StGB auszulegen
113
Q

Notstand
Voraussetzungen, § 35 I 1 StGB
II. Notstandshandlung

A

II. Notstandshandlung

  1. Begehung einer rechtswidrigen Tat
  2. Erforderlichkeit (“nicht anders abwendbar”)
    Wie bei § 34 auszulegen
  3. Rettungsabsicht
    Nahezu unbestritten, dass Kenntnis der Gefahr nicht genügt, sondern Rettungsabsicht erforderlich ist
114
Q

Notstand
Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme, § 35 I 2 StGB

A

Zu prüfen:
- Kann Täter nicht ausnahmsweise zugemutet werden, Gefahr hinzunehmen

Vorschrift enthält 2 Regelbeispiele;
1. Gefahr selbst verursacht
2. Täter steht in einem besonderen Rechtsverhältnis

  • allgemeine Zumutbarkeitsklausel (“namentlich”) -> § 35 I 2
115
Q

Notstand
Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme, § 35 I 2 StGB
Selbstverursachung der Gefahr

A

P*: Auslegung des Verursachens?

Konsens:
- Einerseits genügt bloße Kausalität nicht.

E.A.: bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Herbeiführung der Konfliktsituation gegeben

a.A.: wenn sich Täter ohne zureichenden Grund in eine Gefahr begeben hat, die voraussehbar zu einer Notstandslage führen könnte (objektiv pflichtwidriges Verhalten)

=> Wer für Notstandslage selbst verantwortlich ist, muss sehen, wie er mit Gefahr klar kommt
-> Darf Konflikt nicht durch Aufopferung anderer lösen

116
Q

Notstand
Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme, § 35 I 2 StGB
Bestehen eines besonderen Rechtsverhältnisses

A

=> Personen, denen berufliche oder berufsähnliche Schutzpflichten ggü. Allgemeinheit obliegen (bspw. Ärzte und Feuerwehrleute) und berufstypisch in besondere Gefahrenlage geraten

-> Daher höhere Gefahrtragungspflicht bei berufstypischen (!) Gefahren (bspw. muss Arzt Ansteckungsrisiko tragen oder Feuerwehrmann einsatzbedingte Risiko einer Rauchvergiftung)

Beachte: Im Einzelfall kann auch für diese Personengruppen Zumutbarkeitsgrenze überschritten sein (bspw. muss niemand den sicheren oder höchstwahrscheinlichen Tod in Kauf nehmen).

117
Q

Notstand
Zumutbarkeit der Gefahrhinnahme, § 35 I 2 StGB
Allgemeine Zumutbarkeitsklausel

A

Bspw.

  • Beschützergarantenstellungen
  • Wahrung einer gewissen Proportionalität (der dem Notstandsopfer zugefügte Schaden darf nicht im Missverhältnis zu den aus gegenwärtigen Gefahr drohenden Schäden stehen)
118
Q

Notstand
Irrtum, § 35 II StGB

A

§ 35 II regelt den Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen des entschuldigenden Notstands.

  • Irrtum wird für den Verbotsirrtum geltenden Regeln unterworfen
    -> darf NICHT mit ETI verwechselt werden (schließt Bestrafung von Vorsatzdelikten aus)
119
Q

Versuch in der historischen tat

A

Entschluss und Vorbereitung
Versuchsstadium
Vollendung
Beendigung

120
Q

Prüfungsschema
Versuch

A

I. Vorprüfung

  • Keine (zurechenbare) Deliktsvollendung
  • Strafbarkeit des Versuchs gem. §§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB bzw.
    wegen gesetzlicher Anordnung

II. Tatentschluss (entspricht subj. TB):

  • Vorsatz hins. aller obj. Tatbestandsmerkmale.
  • Sonstige subj. Tatbestandsmerkmale (z.B. besondere Absichten).
  • Unbedingter Tatentschluss liegt nicht vor bei bloßer Tatgeneigtheit.

III. Unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung:

  • Unmittelbares Ansetzen idR (aber nicht immer) dann, wenn Täter
    schon einen Teil des obj. TB verwirklicht hat, sofern hierdurch
    typisches Unrecht erfasst ist.
  • Bei fehlender Teilverwirklichung: Kriterium umstritten

=> Tatentschluss und unmittelbares Ansetzen bilden zusammen den “Tatbestand” im Versuchsaufbau

IV. Rechtswidrigkeit

V. Schuld

VI.Persönlicher Strafaufhebungsgrund (Rücktritt gem. §24 StGB)

121
Q

Versuch
Tatentschluss

A
  1. Was wollte der Täter? Was stellte er sich vor?
  2. Wenn das Gewollte verwirklicht worden wäre, hätte es den (objektiven) Tatbestand eines Delikts erfüllt? (im Ergebnis fiktive Prüfung)

Vorsätzliches Handeln setzt neben dem Willen zur Tatvollendung auch immer einen endgültige bzw. festen Tatentschluss voraus
-> Feststellung der Tatentschlossenheit
=> Endgültiger Tatentschluss

  • bloße Tatgeneigtheit und bewusst unsichere Tatsachengrundlage zu unterscheiden
122
Q

Problematisch
Unmittelbares Ansetzen i.S.v. § 22
Meinungsstreit

A

Zwischenaktstheorie:
Nach Vorstellung des Täters darf kein wesentlicher Teilakt zwischen der bereits ausgeführten Handlung und der tatbestandl. Handlung liegen.

Sphärentheorie:
Nach Vorstellung des Täters Eindringen in Schutzsphäre des Opfers und Plan der alsbaldigen Ausnutzung dieses räumlichen Verhältnisses.

Gefährdungstheorie:
Nach Vorstellungsbild des Täters ist Opfer (objektiv) bereits konkret gefährdet.

Kombinationsansatz Rspr. und h.L.: Unmittelbares Ansetzen liegt vor, wenn subjektiv die Schwelle zum „Jetzt-geht ́s-los“ überschritten ist und der Täter objektiv ein Verhalten zeigt, das nach seinem Gesamtplan so eng mit der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung verbunden ist, dass es bei ungestörtem Fortgang unmittelbar (dh ohne wesentliche Zwischenakte oder zeitliche Zäsur) zur Verwirklichung des Straftatbestandes führen soll.

123
Q

Kombinationsansatz der h.M.
In der Klausur

A

Schlüsselbegriffe müssen fallen (Subj. Komponente)
- Schwelle zum “Jetzt gehts los”

Objektive Komponente
- Unmittelbar räumlich-zeitlicher Zusammenhang (zwischen Verhalten und tatbestandlicher Ausführungshandlung)
- Ohne weitere wesentliche Zwischenakte
- Angriffsobjekt schon konkret gefährdet
=> v.a. in Grenzfällen erheblicher Argumentationsspielraum
-> Klausurtaktisch ausschöpfen

124
Q

Übersicht
Versuch
Voraussetzungen

A

A. „VORPRÜFUNG“

  1. Keine Deliktsvollendung (d.h. der objektive Tatbestand ist nicht vollständig gegeben; z.B. weil der Erfolg nicht eingetreten oder dieser objektiv nicht zurechenbar ist)

Achtung: Also kann auch dann, wenn – im Falle eines in Rede stehenden Tötungsdelikts – der Tod eines Menschen eingetreten ist, dennoch nur ein versuchtes Tötungsdelikt vorliegen!

  1. Strafbarkeit des Versuchs gem. §§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB bzw. wegen gesetzlicher Anordnung

B. TATBESTAND
I. Tatentschluss

  • Vorsatz hins. aller obj. Tatbestandsmerkmale.
  • Sonstige subj. Tatbestandsmerkmale (z.B. besondere Absichten).
  • Notwendige Unbedingtheit des Tatentschlusses, liegt nach h.M auch vor bei:
  • Tatentschluss auf bewusst unsicherer Tatsachengrundlage -> Der Täter ist entschlossen, die Tat durchzuführen, weiß aber nicht, ob dies gelingt, da er nicht alle zur Begehung der Tat erforderlichen Umstände kennt.
  • Tatentschluss mit Rücktrittsvorbehalt -> Der Täter ist entschlossen zur Tat, will aber bei Eintritt bestimmter Umstände aufgeben bzw. von ihr Abstand nehmen.

-> Unbedingter Tatentschluss liegt nicht vor bei bloßer Tatgeneigtheit. Der Täter spielt mit dem Gedanken, die Tat zu begehen, ist aber noch nicht fest entschlossen, sondern schiebt die Entscheidung über das „Ob“ der Tat noch hinaus.

II. Unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB)

Unmittelbares Ansetzen grundsätzlich dann, wenn:

  • Täter schon einen Teil des obj. TB verwirklicht hat, sofern hierdurch typisches Unrecht erfasst ist
  • Nach der gemischt subjektiv-objektiven Theorie (h.M.) liegt es vor, wenn der Täter:
  • nach SEINER Vorstellung von der Tat eine Ursachenkette in Gang setzt
    -> Bei ungestörtem Fortgang mündet sie ohne wesentliche Zwischenschritte ungehindert in die Tatbestandsverwirklichung ein
    -> so dass das Opfer bereits konkret gefährdet erscheint, und der Täter dabei subj. die Schwelle zum “Jetzt-geht ́s-los” überschreitet

C. RECHTSWIDRIGKEIT

D. SCHULD

E. PERSÖNLICHER STRAFAUFHEBUNGSGRUND:
RÜCKTRITT GEM. § 24 STGB

125
Q

Rücktritt beim Einzeltäter § 24 Abs. 1 StGB

A

Rücktritt = persönlicher Strafaufhebungsgrund

  • Umstände, die nach Begehung einer Straftat eintreten und eine bereits begründete Strafbarkeit rückwirkend beseitigen
  • Persönliche Strafausschließungsgründe (z.B. § 258 Abs. 6 StGB) zu unterscheiden
    -> Vorliegen führt von vornherein zur Straflosigkeit
126
Q

Prüfungsschema knapp
Rücktritt des Einzeltäters (§ 24 Abs. 1 StGB)

A

I. Kein fehlgeschlagener Versuch
- a.A: Frage der Freiwilligkeit

II. Rücktrittsleistung
Unbeendeter Versuch, § 24 Abs. 1 Var. 1 StGB
ODER
Beendeter Versuch, § 24 Abs. 1 Var. 2 StGB

III. Freiwilligkeit

Wichtig: Es kommt hier überall auf die Tätervorstellung an

127
Q

Prüfungsschema ausführlich
Voraussetzungen Rücktritt beim Einzeltäter § 24 Abs. 1 StGB

A

A. KEIN FEHLGESCHLAGENER VERSUCH

Wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat den Erfolg nicht mehr im unmittelbar räumlichen oder zeitlichen Zusammenhang herbeiführen kann.
-> Einzelakts-, Tatplan- und Gesamtbetrachtungslehre
(Bsp.: Der aufgebrochene Geldschrank ist leer).

B. UNBEENDETER VERSUCH NACH § 24 ABS. 1 S. 1 VAR. 1

Täter hat nach seiner Vorstellung noch nicht alles getan, um den tatbestandlichen Erfolg herbeizuführen.
-> Weitere Prüfung:

I. Aufgeben der weiteren Tatausführung

Bsp.: Abbrechen des Einschlagens mit Tötungsabsicht auf das bis dahin lediglich verletzte Opfer.

II. Freiwilligkeit
h.M.: Ablassen von der Tat aus autonomen Motiven

C. BEENDETER VERSUCH NACH § 24 ABS. 1 S. 1 VAR. 2

Täter hat nach seiner Vorstellung schon alles für die Vollendung getan.
Nach h.M. beendet die Erreichung außerhalb des Tatbestandes liegender Ziele den Versuch NICHT.
-> Weitere Prüfung:

I. Verhinderung der Tatvollendung durch aktives Tun
Bsp.: Rufen der Feuerwehr, um ein Übergreifen des Feuers auf das Gebäude zu verhindern.

II. Freiwilligkeit

ODER

-> Weitere Prüfung (§ 24 Abs. 1 S. 2):

Konstellationen: Unerkannt untauglicher beendeter Versuch; objektiv misslungener beendeter Versuch, was vom Täter nicht erkannt wurde; „versuchter Rücktritt“; fehlende Zurechenbarkeit der Vollendung.

I. Ernsthaftes Bemühen um Nichtvollendung
Bsp.: Herbeirufen des Rettungswagens, obwohl ein Passant das Krankenhaus schon informiert hat „versuchter Rücktritt“.

II. Freiwilligkeit

128
Q

Kein Fehlschlag
-> Fehlschlag bei mehraktigen Handlung

A

Einzelaktstheorie:
Jeder Ausführungsakt des Täters ist gesondert zu bewerten
(+) Täter beweist hier schon seine kriminelle Energie
(-) Opferschutz: Täter hat keine Motivation mehr, aufzuhören

Tatplantheorie:
Maßgeblich ist Tatplan vor der Tat, scheitert der Tatplan ist
Versuch fehlgeschlagen
(+) Vermeidet zu frühes Abschneiden der Rücktrittsmöglichkeit
(-) Privilegiert den besonders umsichtig Planenden

Gesamtbetrachtungslehre:
Kein Fehlschlag, wenn es Täter mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln möglich ist, den tatbestandsmäßigen Erfolg in unmittelbarem und räumlichen Zusammenhang zu erreichen.
Bsp.:A konnte nach dem Überfahrversuch G auch durch Würgen töten, das Würgen hätte immer noch zum Erfolg führen können
-> Fehlschlag (-)

129
Q

Übersicht Unterlassungsdelik

A

I. Tatbestand

  1. Objektiver Tatbestand

a) Eintritt des tatbestandlichen Erfolges

b) Unterlassung/ Nichtvornahme (ggf. Abgrenzung zum Tun) einer geeigneten und erforderlichen Verhinderungshandlung trotz physisch-realer Handlungsmöglichkeit

c) Unterlassen muss hypothetisch kausal sein -> nach h.M.: erforderliche Handlung kann nicht hinzugedacht werden, ohne dass der konkrete Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele

d) Muss objektiv zurechenbar sein

e) Garantenstellung gemäß § 13 (Garantenposition und Handlungspflicht im konkreten Fall)

f) Entsprechungsklausel -> d.h. Gleichwertigkeit des Unterlassens im Vergleich zum positiven Tun, insbesondere in Bezug auf die Art und Weise der Tatbegehung (§ 13)
-> nur bei verhaltensgebundenen Delikten relevant

  1. Subjektiver Tatbestand
  • Vorsatz bezüglich aller Merkmale des objektiven Tatbestandes (auch bzgl. Garantenstellung und Möglichkeit der Vornahme der gebotenen Handlung evtl. Vorliegen eines Irrtums hierüber!)
  • Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale

II. Rechtswidrigkeit

  • Wie beim vollendeten Begehungsdelikt
    Relevant vor allem rechtfertigende Pflichtenkollision:
  • Konfliktlage: Kollision zweier oder mehrerer rechtlicher Handlungspflichten
  • Erfüllung einer Pflicht auf Kosten der anderen (gleichwertige oder minderwertige) Pflicht

III. Schuld
Wie beim vollendeten Begehungsdelikt
Besonderheiten:

  1. Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens als weiterer Entschuldigungsgrund (h.M.)
  2. Gebotsirrtum statt Verbotsirrtum in Fällen des § 17
130
Q

Beschützergaranten

A
  • Besondere Obhutspflicht für ein bestimmtes Rechtsgut
    -> muss es gegen alle oder bestimmte von außen kommende Gefahren schützen

-> Anvertrautes Gut mit menschlichen Schutzschild umgeben

Geschütztes Gut: Menschen oder Sachen

131
Q

Beschützergaranten
Aus enger, familiärer Gebundenheit

A
  • Eltern-Kind-Verhältnisse und Verwandte gerader Linie
  • Ehegatten untereinander
    Pflichten sind Teilwiese kodifiziert (z.B.: §§ 1353, 2626, 1793 BGB) oder aus Näheverhältnis (z.B. bei Geschwister, Verlobte) ableitbar
    -> Umfang der Schutzpflicht von Fall zu Fall verschieden

Maßgebliche formale Kriterien -> familiäre Bande
- Existenz der familiären Gemeinschaft
- Zusammenleben
- gegenseitiges Vertrauen
- Zerrüttung

-> Umfang der Schutzpflicht von Fall zu Fall verschieden (kann auch ganz entfallen) -> z.B. wenn eheliches Verhältnis zerrüttet ist

Ende Ehegatten-Garantenstellung
- Eheleute müssen dauernd getrennt leben
- evtl. neuen Partnern zugewandt
- unterschdl. Gründe für keine Scheidung
- Moment der Einlegung der Scheidung

BGH Urteil:
- “…wenn sich ein Ehegatte vom anderen in der ernsthaften Absicht getrennt hat, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder herzustellen.”

132
Q

Beschützergaranten
Lebensgemeinschaften

A
  • Mit familiärer Verbundenheit vergleichbares besonderes Näheverhältnis
  • langjährige Lebens- und Hausgemeinschaften -> auf Dauer angelegte Partnerschaften

Maßgebliches Kriterium:
Ergibt sich aus Gesamtverhalten der Beteiligten konkludent die Verpflichtung zum Beistand?

  • mehr oder weniger lose Verbindungen keine Beschützergarantenstellung
    -> bloßes Zusammenleben, bloße Freundschaften und Liebesverhältnisse etc.
133
Q

Beschützergaranten
Gefahrengemeinschaften

A

Mitglieder, die sich zusammengetan und gegenseitig konkludent versprochen haben, auf sie zu kommende Gefahren voneinander abzuwenden.
-> Bergsteigergemeinschaften

Unglücks- und Schicksalsgemeinschaften (Schiffbrüchige; Katastrophenopfer)
-> keine Beschützergarantepflicht (mangels Übernahme einer Beistandspflicht)

134
Q

Beschützergarantenstellung
Vertrag und tatsächliche Übernahme

A
  • Man kann sich vertraglich oder faktisch verpflichten Funktion eines Beschützergaranten zu übernehmen

=> wenn es auf Vertrag beruht, kommt es auf zivilrechtliche Wirksamkeit nicht an (Minderjähriger Babysitter)

-> Vertragsschluss begründet Garantenstellung nicht, sondern erst tatsächliche Übernahme der Funktion

135
Q

Beschützergaranten
Übernahme von Schutzfunktionen/Amtsträger/Position (Organ)

A

Besonders: Übernahme durch Vertrag, z.B.: Arzt, Bergführer, Surflehrer, Babysitter.
Amtsträger: -> Ableitung einer Garanten-Schutzplichten einer besonderen Legitimation

-> Für das Entstehen einer Garantenstellung ist aber die zivilrechtliche Gültigkeit des Vertrages nicht maßgebend
=> Entscheidend ist die faktische Übernahme.

Des Weiteren Polizei:
Pflicht zur Verhinderung von Straftaten (str.).
Hier dann besonders fraglich:
Was, wenn der Polizist das Wissen um die Gefahr privat (also nicht im Dienst als Polizist) erlangt hat?

Weitere Beschützergaranten: Hauptsächlich Organe juristischer Personen des Privatrechts -> Geschäftsführer einer GmbH

136
Q

Überwachungsgarantenstellung

A
  • Für bestimmte Gefahren besondere Sicherungspflichten
    -> müssen dafür sorgen, dass sich “Quelle” nicht ausbreitet und andere schädigt

Gefahrenherde: Nicht nur Sachen, sondern auch Personen

137
Q

Überwachungsgaranten/ Sicherungspflicht
Ingerenz

A
  • Bezieht sich auf jeden Fall eines vorwerfbaren pflichtwidrigen (schädigenden) Vorverhalten

Wer durch sein Verhalten eine nahe Gefahr durch für Rechtsgüter schafft, ist dadurch zur Abwendung/Beseitigung dieser Gefahr verpflichtet

  • Wird u.a. auch ganz abgelehnt und ist in ihrer Weite umstritten

Standardproblem: Kann sich eine Garantenstellung aus Ingerenz auch aus rechtmäßigen Vorbehalten ergeben?

138
Q

Überwachungsgaranten
Beherrschung einer Gefahrenquelle

A
  • Verkehrssicherungspflichten z.B:
  • des Kfz-Halters
  • Grundeigentümers
  • des Betreibers einer Achterbahn
  • Tierhalter
    Unternehmer auch für Taten der Mitarbeiter
  • Pflicht zur Beaufsichtigung Dritter (z.B. Eltern in Bezug auf Handlungen eines Vierjärigen; Pfleger in Psychiatrie in Bezug auf seine ihm zugewiesenen Patienten)

Beachte: In Suizidfällen, aber auch bei sonstigen Selbstschädigungen an der Gesundheit
(Sich- betrinken, Drogenkonsum mit Todesfolge) etc.

=> Entfällt nach überwiegender Ansicht eine Obhutsgarantenpflicht Dritter, soweit die Selbstgefährdung bzw. Schädigung EIGENVERANTWORTLICH erfolgt

139
Q

Beschützergaranten
Treu und Glauben?
Kritik

A

Rengier ergänzen

140
Q

Beteiligung, § 28 II

A

Täterschaft oder Teilnahme

141
Q

Täterschaft

A

Täter ist, wer eine eigene Straftat begeht.

  1. Alleintäterschaft, § 25 Abs. 1 Var. 1
  2. Mittelbare Täterschaft, § 25 Abs. 1 Var. 2
  3. Mittäterschaft, § 25 Abs. II
142
Q

Teilnahme

A

Strafrechtlicher Begriff für die Beteiligung an der von einem anderen, dem Haupttäter, begonnenen (Versuch) oder vollendeten vorsätzlichen rechtswidrigen Handlung.

=> Teilnahme an fremder Straftat

Formen:
- Anstiftung, § 26
- Beihilfe, § 27