Prüfungsschemata Flashcards
Prüfungsschema einer Strafbarkeit in der Fallbearbeitung (in Klausuren und Hausarbeiten)
I. Tatbestandsmäßigkeit
- Objektiver Tatbestand
- Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale einer Deliktsnorm (Handlung und Erfolg)
- Kausalität
- Objektive Zurechnung - Subjektiver Tatbestand
- u.a. Vorsatz
- besondere subjektive Merkmale
II. Rechtswidrigkeit
- u.a. Notwehr- oder Notstandskonstellation
III. Schuld
- Schuldfähigkeit und Entschuldigungsgründe
IV. Persönliche Strafausschließungs-/Strafaufhebungsgründe
V. Strafzumessung
VI. Besondere Strafverfolgungsvoraussetzungen/-hindernisse
Ergebnis: Strafbarkeit (+/-)
Notwehr, § 32
I. Objektive Rechtfertigungselemente
- Notwehrlage
a) Angriff
b) Gegenwärtigkeit des Angriffs
c) Rechtswidrigkeit des Angriffs - Notwehrhandlung
a) Verteidigung nur gegen Rechtsgüter des Angreifers
b) Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung
aa) Eignung
bb) Einsatz des mildesten effektiven Mittels - Gebotenheit der Notwehr
a) krasses Missverhältnis zwischen angegriffenem Rechtsgut und Verteidigungshandlung
b) Angriffe von schuldlos Handelnden (Kinder, Geisteskranke, Volltrunkene) und von erkennbar Irrenden
c) Angriffe im Rahmen von engen persönlichen (Garanten-)Beziehungen
d) Schuldhafte Herbeiführung einer Notwehrlage (Notwehrprovokation)
II. Subjektives Rechtfertigungselement
Verteidigungsabsicht
Rechtfertigender Notstand § 34
I. Objektive Rechtfertigungselemente
- Notstandslage
a) Gefahr für irgendein Rechtsgut (=das geschützte Interesse) des Täters oder eines Dritten
b) Gegenwärtigkeit der Gefahr - Notstandshandlung
a) Eingriff in ein anderes Rechtsgut durch die begangene tatbestandsmäßige Tat (=das beeinträchtigte Interesse)
b) Erforderlichkeit der Notstandshandlung (=die Gefahr darf „nicht anders abwendbar“ sein)
II. Subjektives Rechtfertigungselement
Rettungsabsicht (str.)
aa) Eignung
bb) Einsatz des mildesten effektiven Mittels
- Interessenabwägung: Das geschützte Interesse muss das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegen
- Angemessenheit des Mittels (§ 34 S. 2)
Die Tat ist unangemessen, wenn
a) der Täter in einem Nötigungsnotstand handelt und dem unbeteiligten Dritten der Eingriff in seine Rechtgüter nicht zugemutet werden kann
b) die Gefahr einkalkulierte Folge einer gesetzlichen Regelung ist
c) die Rechtsordnung zur Abwendung der Gefahr ein rechtlich geordnetes Verfahren vorsieht
d) die Menschenwürde, unantastbare Freiheitsrechte oder fundamentale Wertprinzipien der Rechtsordnung verletzt werden
e) die Beseitigung der Gefahr Aufgabe der Sozialgemeinschaft ist
Versuchsstrafbarkeit
I. Vorprüfung
- Nichtvollendung der Tat
- > Feststellung, dass die Tat nicht oder zumindest nicht zurechenbar vollendet wurde. - Strafbarkeit des Versuchs
- > Feststellung, dass der Versuch strafbar ist, weil es sich entweder um ein Verbrechen handelt oder bei Vergehen die Versuchsstrafbarkeit besonders angeordnet wurde (§§ 23 I, 12 StGB)
II. Tatentschluss
- „Vorsatz“ hinsichtlich aller Merkmale des obj. Tatbestands
- > Prüfung, ob die Vorstellung des Täters darauf gerichtet war, einen Tatbestand obj. zu erfüllen - Ggf. besondere subj. Merkmale
III. Unmittelbares Ansetzen
-> Prüfung, ob der Täter zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB).
IV. Rechtswidrigkeit
V. Schuld
VI. Persönlicher Strafaufhebungsgrund:
Rücktritt nach § 24 StGB
Rücktritt vom Versuch
I. Kein fehlgeschlagener Versuch
II. Erforderliche Rücktrittsleistung
1. Unbeendeter oder beendeter Versuch?
- Bei unbeendetem Versuch:
Aufgabe der Tatausführung (§ 24 I 1 Alt. 1 StGB) - Bei beendetem Versuch:
a) bewusstes und gewolltes Verhindern der Vollendung (§ 24 I 1 Alt. 2 StGB) oder
b) bei Nichtvollendung der Tat ohne Zutun (bei nicht kausaler, nicht objektiv zurechenbarer, ausbleibender und unmöglicher Vollendung):
aa) Sichbemühen zur Verhinderung der Vollendung (§ 24 I 2 StGB)
bb) Ernsthaftigkeit der Bemühung (§ 24 I 2 StGB)
III. Freiwilligkeit
Tatbestand der unechten Unterlassungsdelikte
I. Objektiver Tatbestand
- Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs
- Unterlassen der Rettungshandlung trotz physisch-realer Handlungsmöglichkeit.
- (Quasi-)Kausalität
- > Die Vornahme der unterlassenen Handlung müsste mit an Sicherheit grenzender Wahr- scheinlichkeit zum Entfallen des (konkreten) Erfolgs geführt haben. - Objektive Zurechnung
- Garantenstellung des Täters
- Entsprechungsklausel gem. § 13 I StGB
II. Subjektiver Tatbestand
III. Rechtswidrigkeit
IV. Schuld
-> hier insbesondere: Zumutbarkeit des normgemäßen Verhaltens
Rechtfertigende Einwilligung
-> Prüfungspunkt Rechtswidrigkeit
I. Objektive Rechtfertigungselemente
- Verfügbarkeit des geschützten Rechtsguts
Disponibles RG des Einwilligenden
-> alleiniger Inhaber des RGs + Individualrechtsgut
a) nur bei Individual-Rechtsgütern
b) Einwilligungsschranken des §§ 216 und 228
-> darf nicht sittenwidrig sein - Verfügungsbefugnis
- Einwilligungsfähigkeit
- Einwilligungserklärung
- Freiheit von Willensmängeln
II. Subj. Rechtfertigungselement
Handeln in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung
Fahrlässigkeitsdelikte
- > nach h.M.
- individuelle Komponente der Fahrlässigkeit wird Schuld zugeordnet
- subj. TB des Fahrlässigkeitsdelikts wird nicht anerkannt
I. Tatbestand
- Handlung – Erfolg – Kausalität
- Objektive Komponenten der Fahrlässigkeit
a) Objektiver Sorgfaltspflichtverstoß
b) Objektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts
- Objektive Zurechnung des Erfolgs
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
- Schuldfähigkeit
- Individuelle Komponenten der Fahrlässigkeit
a) Individueller Sorgfaltspflichtverstoß
b) Individuelle Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts - Entschuldigungsgründe
Objektive Komponente der Fahrlässigkeit
a) Objektiver Sorgfaltspflichtverstoß
b) Objektive Vorhersehbarkeit
Objektiv fahrlässig handelt, wer sich objektiv sorgfaltspflichtwidrig verhält und dadurch objektiv vorhersehbar einen TB verwirklicht.
a) Objektiver Sorgfaltspflichtverstoß
Liegt vor, wenn der Täter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt
Welche Sorgfaltspflicht im Einzelnen geboten ist, lässt sich so Ermitteln:
- Verstoß gegen gesetzliche Norm
- Verstoß gegen sonstige Bestimmungen, wie betriebliche Unfallverhütungs- und Dienstvorschriften
- Maßgeblich ist schließlich, wie sich ein besonnener und gewissenhafter Mensch bei Betrachtung der Gefahrenlage ex ante in der konkreten Situation und der sozialen Rolle des Handelnden verhalten hätte
- > unterdurchschnittliche Kenntnisse umbeachtlich/ Sonderfähigkeiten beachtlich
- > Vertrauensgrundsatz der Rspr. insbes. für Straßenverkehr: Man darf auf verkehrsrichtige Verhalten Dritter vertraut und muss sein Verhalten nicht auf alle möglichen Pflichtwidrigkeiten anderer richten
b) Objektive Vorhersehbarkeit
Objektiv vorhersehbar ist alles, was ein umsichtiger Mensch aus den Verkehrskreis des Täters unter Berücksichtigung der konkreten Umstände aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung in Rechnung stellen würde.
Probleme objektiver Zurechnung bei Fahrlässigkeitsdelikten
Filter der bloßen Kausalität zwischen pflichtwidriger Handlung und Erfolg ist viel zu weit
- > Lehre von der objektiven Zurechnung tritt hinzu (gesteigerte Bedeutung, weil keine Korrektur im subj. TB über Figur der (un-)wesentlichen Abweichung im Kausalverlauf
- bekannte Grundformel
2 Fallgruppen der obj. Zurechnung auf Fahrlässigkeit besonders zugeschnitten
a) Pflichtwidrigkeitszusammenhang
b) Schutzzweck der verletzten Norm
Die individuelle Komponente der Fahrlässigkeit
- Untersucht, ob der konkrete Täter nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage war, die objektiv erwartete Sorgfalt aufzubringen
Individuelle Fähigkeit zu pflichtgemäßem Verhalten ist dann zu bejahen, wenn Täter aufgrund seiner
- Intelligenz
- Bildung
- Geschicklichkeit
- Befähigung
- Lebenserfahrung
- sozialen Stellung
in der Lage gewesen ist, dem objektiven Maßstab entsprechend die Gefahr der Erfolgsherbeiführung zu erkennen und durch sorgfaltsgemäßes Handeln zu vermeiden.
Entscheidend für die Bejahung einer individuellen Vorhersehbarkeit ist, ob vom Täter in seiner konkreten Lage nach seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten der Erfolgseintritt (im Ergebnis, nicht in Einzelheiten) vorausgesehen werden konnte.
Das fahrlässige Unterlassungsdelikt
I. Objektiver Tatbestand
- Nichtvornahme der gebotenen Handlung – Erfolg – (Quasi-)Kausalität
- Garantenstellung des Täters
- Objektive Komponente der Fahrlässigkeit
- Objektive Zurechnung des Erfolgs
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
- Schuldfähigkeit
- Individuelle Komponente der Fahrlässigkeit
- Entschuldigungsgründe
Prüfungsschema zur Mittäterschaft bei getrennter Prüfung
I. Strafbarkeit des tatnächsten Beteiligten A
II. Prüfung des anderen Beteiligten B
- Tatbestandsmäßigkeit
→ Vorüberlegung: Setzt Delikt besondere Täterqualität voraus, die B womöglich fehlt?
a) Feststellung, dass die objektiven TBM nicht selbst durch B vollständig verwirklicht wurden.
b) Frage, ob B die nicht selbst verwirklichten TBM nach § 25 II StGB zugerechnet werden können. Voraussetzungen:
aa) Gemeinsamer Tatplan der Beteiligten: Prüfung eines möglichen Exzesses
bb) Gemeinsame Tatausführung: objektiver Tatbeitrag durch B; evtl. Abgrenzung zur Teilnahme
c) Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
Prüfungsschema bei mittelbarer Täterschaft
I. Strafbarkeit des Tatnächsten (Vordermann)
-> Defekt
II. Strafbarkeit des mittelbaren Täters (Hintermann)
- Tatbestandsmäßigkeit
a) Objektiver Tatbestand
→ Vorüberlegung: Setzt Delikt besondere Täterqualität voraus, die dem Hintermann womöglich fehlt?
aa) Feststellung, dass objektiven TBM nicht selbst durch Hintermann vollständig verwirklicht wurden
bb) Zurechnung der Tathandlung des Tatnächsten gem. § 25 I Alt. 2 StGB?
b) Subjektiver Tatbestand
aa) Vorsatz
bb) Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
Prüfungsschema Anstiftung
I. Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
a) Vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
b) Bestimmen zu dieser Tat - Subjektiver Tatbestand (doppelter Anstiftervorsatz)
a) Vorsatz bezüglich der Vollendung der vorsätzlichen rechtswidrigen Haupttat
b) Vorsatz bezüglich des Bestimmens
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld