Vorlesung 1 Flashcards
Arbeiten Menschen weiter, selbst wenn sie nach einem Lottogewinn nicht müssten?
Ja, die Mehrheit der Menschen arbeitet weiterhin, selbst wenn sie nach einem Lottogewinn finanziell unabhängig wären. Studien zeigen, dass etwa 80 % der Befragten (Morse & Weiss, 1955) angeben, weiterhin arbeiten zu wollen, trotz eines Lottogewinns.
Welche Menschen bzw. Menschen in welchen Situationen arbeiten nach einem Lottogewinn insbesondere weiter und welche nicht?
-Weiterarbeitende Menschen: Personen, die in ihrem Job zufrieden sind oder eine hohe berufliche Identifikation haben, arbeiten häufiger weiter. Auch Menschen aus der Mittelschicht arbeiten häufiger an ihrem bestehenden Arbeitsplatz weiter (61 %), während dies bei der Arbeiterklasse seltener der Fall ist (34 %).
-Nicht Weiterarbeitende: Menschen, die unzufrieden mit ihrer Arbeit sind oder Arbeit nur als Mittel zum Lebensunterhalt sehen, hören häufiger nach einem Lottogewinn auf zu arbeiten.
Kulturelle Unterschiede bei der Weiterarbeit nach einem Lottogewinn:
Kaum interkulturelle Unterschiede: In der Beantwortung der Frage, ob man nach einem Lottogewinn weiterarbeiten würde, zeigen sich kaum kulturelle Unterschiede zwischen industrialisierten und nicht-industrialisierten Ländern (de Voogt & Lang, 2017). In nicht-industrialisierten Ländern gibt es tendenziell sogar mehr positive Antworten.
Rückgang an Erwerbstätigkeit nach der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens in Nordamerika:
Rückgang um ca. 4 %: Nach der Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens (z.B. in Kanada) sank die Beschäftigungsquote um etwa 4 %. Dieser Rückgang betraf vor allem:
-Frauen, die sich um kleine Kinder kümmern.
-Junge Menschen, die in ihre Ausbildung investieren.
-Arbeitslose, die länger nach dem „richtigen“ Job suchen.
Inwieweit ist Arbeit mehr als „bloßer Broterwerb“?
Arbeit ist mehr als nur ein Mittel zum Lebensunterhalt. Sie erfüllt wichtige psychosoziale Funktionen wie:
-Aktivität und Kompetenzerwerb (Handlungskompetenz).
-Zeitstrukturierung.
-Kooperation und soziale Kontakte.
-Soziale Anerkennung.
-Identitätsstiftung („jemand sein“).
Latente Funktionen von Erwerbstätigkeit:
Latente Funktionen sind die unsichtbaren, aber essenziellen psychosozialen Vorteile von Arbeit. Dazu gehören:
-Aktivität und Kompetenzerwerb.
-Zeitstrukturierung (Tages- und -Lebensrhythmus).
-Soziale Interaktionen und Kontakte.
-Soziale Anerkennung (gesellschaftlicher Beitrag).
-Identitätsstiftung (Arbeit verleiht Status und Selbstbild).
Drift- und Social-Causation-Hypothesen:
Social-Causation-Hypothese: Erwerbslosigkeit führt zu einem Anstieg psychischer Belastungen, da der Verlust von Arbeit den Zugang zu den latenten Funktionen von Erwerbstätigkeit einschränkt. Diese Hypothese wird durch die Daten stärker gestützt.
Drift-Hypothese: Menschen mit schlechter psychischer Gesundheit neigen eher dazu, arbeitslos zu werden.