Studie 2: Weber, R. A. and C. Camerer (2003): Cultural Conflict and Merger Failure: An Experimental Approach Flashcards
Experimentelles Design? (6)
➢ Die Studierenden mussten gemeinsam eine Aufgabe erfüllen, für die sie eine gemeinsame Sprache/Wissen/Verständnis, einen “Code”, entwickeln mussten, um die Aufgabe effizienter erfüllen zu können und welcher dann als ein vereinfachtes Modell für die Organisationskultur dient
➢ Idee: Vereinfachter, kontrollierter und abstrakter Versuchsaufbau, unterschätzt kulturelle Konflikte eher (konservative Messung)
➢ Die Teilnehmer erhielten eine Gruppenaufgabe: verschiedene Bilder von Büros, sollten verbal derart beschrieben werden, dass die Teamkollegen sie so schnell wie möglich identifizieren konnten → Lohn abhängig von der Geschwindigkeit
➢ Im ersten Teil des Experiments mit 20 Runden bestanden die Gruppen aus zwei Teilnehmern, einem Manager und einem Angestellten: Manager mussten beschreiben, Angestellte mussten das Bild identifizieren
➢ Merger: Dann wurden zwei Gruppen für 10 weitere Runden zusammengelegt, wobei ein Manager blieb und das Bild nun gleichzeitig zwei Angestellten beschrieb (er hatte nur mit einem von ihnen Erfahrung)
➢ Zum Zeitpunkt der Fusion mussten alle Studenten angeben, wie schnell die Aufgabe nach der Fusion erfüllt wird und vor und nach der Fusion mussten sie einen Fragebogen ausfüllen, der die Kompetenz der Teammitglieder und die Komplexität der Aufgabe einschätzte
Was waren die Ergebnisse? (5)
➢ Die Leistung war nach der Fusion meistens schlechter, aber der hinzugekommene „Angestellte“ ist nur in der ersten Runde deutlich schlechter als der Andere
➢ Es wurden auch Kontrollsitzungen durchgeführt, um einen möglichen Einfluss der gestiegenen Gruppengröße als Ursache für den Produktionsrückgang zu kontrollieren
–>5 Kontrollsitzungen mit Dreiergruppen (1 Manager, 2 Angestellte) auch über 20 Runden, jedoch kein Unterschied in der Leistung verglichen mit Zweiergruppen
–>der Leistungseinbruch nach der Fusion ist nicht auf die gestiegene Gruppengröße zurückzuführen
➢ 77% der Teilnehmer waren zu optimistisch hinsichtlich der Einschätzung der Performance nach der Fusion → die Schwierigkeit einer Fusion wird unterschätzt
➢ Manager der neuen Firma bekommt:
- schlechtere Bewertung durch Mitarbeiter im Vergleich zum vorherigen Manager
- eine bessere Bewertung durch den übernommenen Mitarbeiter im Vergleich zum neuen Mitarbeiter
➢ Fundamental Attribution Error: Auch wenn die Angestellten der übernehmenden Firma wissen, dass die Aufgabe für den neuen Mitarbeiter schwieriger ist, neigen sie dazu, die Ursache für das Versagen den Kompetenzen der anderen Person und nicht der Situation zuzuschreiben
Was sind Vorteile des Experiments?
➢ Kontrolle von potentiellen Einflussfaktoren
➢ Effekt von Kultur isolierbar durch systematische Variation der UV und konstante Umgebung
➢ Kausale Interpretation möglich
➢ Genaue Messung der AV
➢ Randomisierung der Teilnehmer auf die Treatments
➢ Dies mit Felddaten zu testen wäre auch kaum zu realisieren, weil Daten über gescheiterte Merger schwer zu bekommen und immer mit diversen Faktoren korreliert sind → Bei Verwendung von Felddaten wäre auch unklar, ob Korrelation auch Kausalität ist
Was ist die Kritik an der Studie?
➢ Kleine Stichprobe
➢ Sprache ist nur eine minimale Modellierung von Kultur
➢ Externe Validität?: Abstrakte Aufgabe mit Studierenden als Teilnehmer, künstliche und simplifizierte Situation
Was könnten reale Organisationen aus den Ergebnissen lernen und wie könnten sie darauf geeignet reagieren?
Inkompatible Kulturen können Merger scheitern lassen oder zumindest erschweren. Organisationen sollten deshalb darauf achten, dass
- Kulturen kompatibel sind, bevor es zum Merger kommt
- Kulturen angeglichen werden (z.B. Training, Mentoring, Job Rotation etc.)
- Genügend Zeit für das Angleichen der Kulturen eingeplant ist
- Nicht der Fehler gemacht wird, Misserfolge einzelnen Personen zuzuschreiben, sondern auch die Umstände berücksichtigt werden (fundamental attribution error)
Das betrifft nicht nur Merger von Unternehmen, sondern z.B. auch die Zusammenarbeit von Gruppen unternehmensintern.
Was sind Instrumente zur Analyse des Einflusses möglicher kultureller Konflikte auf den Erfolg einer Fusion?
➢ Es wäre problematisch die Forschungsfrage anhand von Felddaten zu analysieren
- Die Antworten der Mitarbeiter können aufgrund von sozialer Erwünschtheit, Überlebenswillen (survivorship bias) oder Nachsicht (hinsight bias) voreingenommen sein
- Auswahlverzerrungen (selection bias) hinsichtlich der gewählten Zusammenschlüsse möglich
- Die Identifizierung kausaler Zusammenhänge ist schwierig
➢ Analyse mittels Laborexperimenten mit dem Nachteil, dass ein stark vereinfachtes Modell verwendet wird