Strafrecht AT I Flashcards
Nenne die wichtigsten Fallgruppen, in denen es an der Handlungsqualität fehlt oder in denen sie problematisch ist.
vis absoluta, Körperbewegung bei Schlaf, Hypnose (str.) oder Bewusstlosigkeit, Krankheitssymptome wie zB epileptischer Anfall
Was ist “vis absoluta”?
willensbrechende Gewalt
Kann es auch bei fehlender Handlung im Zeitpunkt der “eigentlichen” Erfolgsherbeiführung eine Strafbarkeit geben?
Bleibt der Täter bei der “eigentlichen” Erfolgsbeiführung straflos, so kann ihm unter Umständen ein zeitlich vorgelagertes sogfaltspflichtwidriges Verhalten im Rahmen einer Fahrlässigkeitstat angelastet werden (Übernahmefahrlässigkeit).
Wann ist eine Handlung für einen Erfolg nach h.M. ursächlich? (“Äquivalenz-Theorie”)
Kausal für einen Erfolg ist eine Handlung, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. (auch “Conditio-sine-qua-non-Formel”)
Was ist die Schwäche der herrschenden Kausalitätsdefinition?
Sie ist zu weit.
Wie wird die herrschende Kausalitätsdefinition eingeschränkt?
Der Erfolg muss dem Täter als “sein Werk” zugerechnet werden können.
h.L.: stellt im obj. TB die Frage, ob dem Täter der Erfolg objektiv zugerechnet werden kann
Rspr: prüft im subjektiven TB, ob dem Täter der Erfolg subjektiv zugerechnet werden kann
Wann wird dem Täter ein Erfolg objektiv zugerechnet?
Dem Täter ist ein Erfolg objektiv zuzurechnen, wenn er durch seine Handlung eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im konkreten Erfolg verwirklicht hat.
In welchen Fällen fehlt es an der objektiven Zurechenbarkeit?
- atypischer Kausalverlauf
- bloße Risiko- bzw Schadensverringerung
- Schadenseintritt außerhalb des menschlichen Beherrschungsvermögens
- Eigenverantwortlichkeit des Opfers
- Dazwischentreten Dritter
- Erfolgen außerhalb des Schutzbereichs der Norm
Bei welchen Delikten reichen die beiden Formen des dolus directus aus?
Schädigungsdelikten
Bei welchen Delikten ist ein zielgerichtetes Handeln erforderlich?
wenn der Täter eine für ihn günstige Position erstrebt
(z.B Bereicherung)
(P): Ist das “Wissen und Wollen” beim Eventualvorsatz notwendig?
Wissen (+)
Wollen (str.)
m.M.: (Möglichkeitstheorie) (-), wer die Möglichkeit des Erfolgseintritts erkennt und dennoch handelt, handelt vorsätzlich.
m.M.: (Wahrscheinlichkeitstheorie) (-), wer die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts erkennt und dennoch handelt, handelt vorsätzlich.
h.M.: (Billigungstheorie) Bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, dass der Täter den tatbestandlichen Erfolg als möglich und nicht ganz fern liegend erkennt, ferner, dass er ihn billigt oder sich um das erstrebten Zieles Willen mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet.
(P): Die Wollenskomponente ist umstritten beim Eventualvorsatz. Wie wird sie bestimmt?
h.M.: Täter muss die Möglichkeit des Erfolgeintritts als nicht ganz fern liegend erkennen.
m.M.: Erfolgseintritt muss aus Sicht des Täters mehr als nur und weniger als überwiegend wahrscheinlich sein.
(P): Liegt beim aberratio ictus (Fehlgehen der Tat) Tötungsvorsatz vor?
Formelle Gleichwertigkeitstheorie: es liegt eine vollendete Tötung an dem tatsächlich getroffenen Objekt vor. Der Vorsatz hinsichtlich des Objektes, welches der Täter eigentlich treffen wollte, aber nicht getroffen hat, wird verbraucht.
Konkretisierungstheorie (h.M.): Der Vorsatz hat sich auf das anvisierte Objekt konkretisiert und es liegt bezüglich des getroffenen Objekts kein Vorsatz vor.
Was ist ein aberratio ictus?
ein Fehlgehen der Tat
(der Täter trifft nicht das Objekt, welches er treffen wollte, also anvisiert hat, sondern ein anderes Objekt, an dem der Verletzungserfolg eintritt)
Was ist ein error in persona?
Beim error in persona irrt sich der Täter über die Identität der konkret individualisierten Person oder Sache.
Liegt beim error in persona Vorsatz vor?
Ja, sofern die Objekte gleichwertig sind.
In den Fällen, in denen das konkret angegriffene und das verwechselte Objekt nicht gleichwertig sind (also zB Person und Sache), liegt kein error in persona vor und sind vorsatzrelevant.
Wann ist eine Handlung geeignet zur Angriffsabwehr?
Geeignet zur Angriffsabwehr ist jede Handlung, die nicht von vornherein als völlig abwehruntauglich erscheint.
Wann ist eine Verteidigung erforderlich zur Angriffsabwehr?
Die Verteidigung ist erforderlich, wenn sie das relativ mildeste Mittel unter mehreren gleichermaßen sicher den Angriff abwehrenden Mitteln darstellt.
Wann ist eine Verteidigung geboten zur Angriffsabwehr?
wenn sie keinen Rechtsmissbrauch darstellt
Was sind die Fallgruppen der Notwehrprovokation?
- schuldlose Provokation: Keine Einschränkung des Notwehrrechts
- fahrlässige Provokation: Reduzierung der zulässigen Gegenwehr (Ausweichen, Schutzwehr, Trutzwehr)
- Absichtprovokation: Ausschluss des Notwehrrechts
Was ist ein extensiver Notwehrexzess?
Wenn der Täter die zeitlichen Grenzen des Notwehrrechts überschreitet und sich weiter “verteidigt”, obwohl gar kein Angriff mehr gegenwärtig ist.
Nach h.M. ist § 33 StGB nicht anwendbar.
Wann ist ein Täter auf frischer Tat betroffen?
Wenn er bei Begehung einer rechtswidrigen Tat oder unmittelbar danach am Tatort oder dessen unmittelbarer Nähe gestellt wird.
Wann ist ein Täter auf frischer Tat verfolgt?
Wenn er sich zwar bereits von Tatort entfernt hat, aber sichere Anhaltspunkte auf ihn als Täter hinweisen und seine Verfolgung zum Zwecke der Ergreifung aufgenommen wird.
Wann liegt ein Fluchtverdacht vor?
Wenn die gerechtfertigte Annahme besteht, der Betroffenen werde sich der Verantwortung durch Flucht entziehen, wenn er nicht asbald festgenommen wird.
Unterschied Einwilligung und Einverständnis
Einwilligung: Rechtfertigungsgrund
Einverständnis: lässt den Tatbestand entfallen
Einverständnis ist auch wirksam, wenn es durch Täuschung erschlichen wurde.
Einwilligung unwirksam, wenn durch Täuschung erschlichen.
Wann liegt eine Gefahr für ein Rechtsgut vor?
Wenn die tatsächlichen Umstände dem Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich erscheinen lassen.
Wann ist eine Gefahr gegenwärtig?
Eine gegenwärtige Gefahr ist ein Zustand, dessen Weiterentwicklung den Eintritt oder die Intensivierung eines Schadens ernstlich befürchten lässt, wenn nicht alsbald Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Was ist die vorsätzliche actio libera in causa?
Der Täter führt vorsätzlich den Zustand seiner Schuldunfähigkeit herbei, hat Vorsatz bezüglich seiner später zu begehenden Straftat und handelt bei Begehung der späteren Tat ebenfalls vorsätzlich. (“3-facher Vorsatz”)
Was sagt das modifizierte Tatbestandsmodell aus? (h.M. a.l.i.c.)
das Berauschen an sich ist bereits die Tathandlung, die dann in kausaler und zurechenbarer Weise in die “eigentliche” Tathandlung im schuldunfähigen Zustand einmündet
Nur bei reinen Erfolgsdelikten anwendbar.
Was besagt die Ausnahmetheorie? (a.l.i.c.)
Die a.l.i.c. ist eine ungeschriebene Ausnahme zu § 20, nach der die Berufung auf § 20 ausscheidet, wenn der Täter den Zustand der Schuldunfähigkeit seinerseits verschuldet hat
Was besagt die Ausdehnungstheorie? (a.l.i.c.)
Das Merkmal „bei Begehung der Tat“ ist im Rahmen der Schuldprüfung gem. § 20 auf den Zeitpunkt der Rauschherbeiführung (anders als bei §§ 16, 17) auszudehnen
Wie ist die a.l.i.c. zu prüfen?
I. normale Prüfung TB
- bei Schuld Ausdehnung und Ausnahmetheorie ansprechen und ablehnen
II. TB i.V.m. a.l.i.c.
- Herleitung a.l.i.c. durch Tatbestandsmodell
III. immer Vollrausch noch prüfen!
Ist die a.l.i.c. auch bei Fahrlässigkeitsdelikten anwendbar?
Bei verhaltensgebundenen Delikten nach dem modifizierten Tatbestandsmodell ist die a.l.i.c. nicht anwendbar.
Wann liegt ein unmittelbares Ansetzen zum a.l.i.c.-Versuch vor?
strittig, keine h.M.
1. Theorie von ersten Schluck
2. Theorie vom Eintritt der Schuldunfähigkeit
3. Theorie von der eigentlichen Ausführungshandlung
Was ist ein Doppelirrtum?
Bei einem Doppelirrtum stellt sich der Täter irrig Umstände vor, die für seine Rechtfertigung relevant sind, seine Tat wegen eines zusätzlichen Wertungsirrtums jedoch auch dann nicht rechtfertigen würden, wenn sie tatsächlich vorliegen würden.
Wann liegt ein Tatbestandsirrtum vor?
Beim Tatbestandsirrtum nimmt der Täter irrig einen Umstand an, der, wenn er tatsächlich vorläge, die Tat rechtfertigen würde.
Welche Theorien zur rechtlichen Behandlung des Erlaubsnistatbestandsirrtums werden vertreten?
Vorsatzunrecht-verneinende eingeschränkte Schuldtheorie
Strenge Schuldtheorie
Lehre von den negativen Tatbestandsmerkmalen
rechtsfolgenverweisende eingeschränkte Schuldtheorie
Hat der Täter Tatentschluss, wenn er die Begehung der Tat an eine Bedingung knüpft?
Bei einer objektiven Bedingung, auf deren Vorliegen der Täter keinen Einfluss hat, ja.
Bei einer subjektiven Bedingung ist der Täter hingegen bloß tatgeneigt, was nicht zur Bejahung des Tatentschlusses ausreicht.
Wann ist ein Versuch fehlgeschlagen?
wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat davon ausgeht, dass er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln den tatbestandsmäßigen Erfolg entweder gar nicht mehr oder zumindest nicht mehr ohne zeitlich relevante Zäsur herbeiführen kann
Wann ist ein Versuch unbeendet?
Wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat noch nicht alles zu Herbeiführen des Erfolgs Notwendige getan hat.
Wann ist ein Versuch beendet?
Wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat bereits alles zur Herbeiführen des Erfolgs Notwendige getan hat.
Wann ist ein Rücktritt freiwillig?
Wenn er Ausdruck freier Selbstbestimmung des Täters ist, dieser also noch Herr seiner Entschlüsse ist.
Aus welcher Perspektive ist zu beurteilen, ob ein Fehlschlag vorliegt?
Aus der subjektiven Sicht des Täters, also der Erkenntnishorizont des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung.
sog. Rücktrittshorizont
Wann liegt ein Fehlschlag vor?
- tatsächliche Umstände (zB keine Munition mehr)
- subjektive Umstände (zb Täter glaubt er hat keine Munition mehr)
- Täter erkennt die Untauglichkeit seines Versuchs
- Täter erkennt die Sinnlosigkeit weiterer Tatausführung
(P): Wann liegt bei einem (potentiell) mehraktigen Versuch ein Fehlschlag vor?
- Einzelaktstheorie: jede an sich zur Herbeiführen des Erfolges geeignete Tathandlung ist als separater Tatbegehungsversuch zu werten, der bei Nichteintritt des Erfolges separat fehlschlägt.
- Tatplantheorie: die Vorstellung des Täters, also sein Tatplan ist maßgeblich
- Lehre vom Rücktrittshorizont: alleine die Vorstellung des Täter nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung ist maßgeblich.