StPO- Zwangsmittel/ UHaft Flashcards
Überblick über wichtigsten Zwangsmittel
- Festnahmerechte §127 I StPO
a. Jedermann-Festnahmerecht §127 I
b. bes Festnahmerecht der StA u Polizei §127 II - U-Haft §112
Setzt das Festnahmerecht §127 I eine tats vom Festgehaltenen begangene Tat voraus od reicht nur der Tatverdacht?
- eA: tats begangene Tat erforderl
(+) Wortlaut
(+) rechtspolitische Überlegung, dass einem Unschuldigen das Notwehrrecht gg freiheitsberaubende Angriffe von Privatpersonen zustehen muss - Rspr: dringender Tatverdacht reicht aus
Reichweite des §127 I
- nicht Anw jeden Mittels ist gestattet, das zur Erreichung des Ziels erforderl ist
- angewandtes Mittel zum Festnahmezweck in einem angemessenen Verhältnis stehen
- keine ernsthafte Gesundheitsbeschädigung zulässig
Ziel u Zweck der U-Haft
- vollständige Aufklärung der Tat
- rasche Bestrafung des Täters
- Durchführung eines geordneten Strafverfahrens
- Sicherstellung der Vollstreckung eines auf Freiheitsstrafe lautendes Urteil
Voraussetzungen der U-Haft §112
- dringender Tatverdacht
- Vorliegen eines Haftgrundes §112 II
- Verhältnismäß.keit/ “nicht außer Verhältnis”
Haftgründe für U-Haft §112 II
- Flucht (Nr1) od Fluchtgefahr (Nr2)
- Verdunkelungsgefahr (Nr3)
- Verdacht eines Schwerstverbrechens §112 III
- Wiederholungsgefahr §112a
- Dringender Tatverdacht
= wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte auch tatsächlich Täter der ihm zur Last gelegten Tat ist
- Haftgrund: Flucht od Fluchtgefahr §112 II Nr.1,2
- Haftgrund Flucht ist erfüllt, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen festgestellt ist, dass der Betreffende flüchtig ist
oder sich verborgen hält. - Auch bei Fluchtgefahr müssen konkr Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass tats die Gefahr besteht, der Beschuldigte werde sich durch Flucht dem Strafverfahren entziehen
- Gericht hat sämtliche bekannten Umstände zu würdigen und in die Beurteilung mit einzubeziehen: Einzelfallbetrachtung
- Maßgebliche Indizien z.B. : familiäre Bindungen, fester Arbeitsplatz, besondere Beziehungen ins Ausland (evtl.
auch Staatsbürgerschaft), finanzielle Lage etc - hohe Straferwartung genügt für sich allein genommen noch nicht für die Annahme einer Fluchtgefahr.
- Ebenso wenig ist ein Selbstmordversuch ausreichend, um eine solche Annahme zu stützen
- Haftgrund: Flucht od Fluchtgefahr §112 II Nr.1,2
- > “sich-entziehen” wenn ein im Ausland lebender Ausländer, sich ohne Fluchtwillen in sein Heimatland begibt ?
- (+) wenn er erklärt, dass er sich dem in DE gg ihn laufenden Strafverfahren nicht stellen werde
- NICHT wenn er ernsthaft bereit ist, sich dem Verfahren zu stellen u an Hauptverhdl teilzunehmen (durch konkr Tatsachen belegt) -> auch bei hoher Strafandrohung nicht
- Verdunkelungsgefahr: § 112 II Nr. 3 (legaldefiniert)
- konkr Tatsachen müssen eine solche Gefahr begründen
- Sie liegt vor, wenn der dringende Verdacht besteht, der
Beschuldigte werde
aa) Beweismittel vernichten, verändern, beiseiteschaffen, unterdrücken oder fälschen
bb) auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken
cc) andere zu solchem Verhalten veranlassen,
UND
wenn deshalb die Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert werde
- Verdacht eines Schwerstverbrechens: §112 III
- Nach dem Wortlaut kann U-Haft auch dann verhängt werden, wenn der Beschuldigte verdächtig ist, eine der dort aufgezählten Katalogtaten begangen zu haben, wenn ein Haftgrund nach Abs 2 nicht besteht
- zB Mord/ Totschlag/ schwere Körperverletzung
- > da aber wegen des schweren Eingriffs in die Freiheitsrechte des noch nicht rechtskräftig verurteilten (!) Beschuldigten muss die Norm verfassungskonform ausgelegt werden!! (sonst U-Haft bei nur dringendem Verdacht mögl)
- > hinzutreten muss eine nicht auszuschließende Flucht- od Verdunkelungsgefahr od Sicherung gg Wiederholung (Haftgründe aus Abs.2)
Spannungsverhältnis der U-Haft
- Spannungsverhältnis zw Recht des Einzelnen auf pers Freiheit Art.2 II u Art.104 u Bedürfnissen der wirks Verbrechensbekämpfung
- > Eingriff in die Freiheit ist nur dann hinzunehmen, wenn Anspr auf vollst Aufklärung der Tat u rasche Bestrafung des Täters nicht anders gesichert werden, als durch die vorläufige Inhaftierung des Verdächtigen (ULTIMA RATIO)
- Wiederholungsgefahr: § 112a
a. Eine solche kann einmal bei bestimmten Sexualdelikten/ qualifizierten Stalkings (§ 238 II, III StGB) angenommen werden §112a I Nr.1
b. In § 112a I Nr. 2 finden sich eine Reihe weiterer mittelschwerer Straftaten, wie etwa qualifizierte KV- (§§ 224-227 StGB) oder Raubdelikte (§§ 249-255 StGB).
- > ABER anders als bei § 112a I Nr. 2 ist Wiederholungsgefahr hier aber nicht bereits durch die erste Begehung der Tat indiziert, sondern es ist eine wiederholte und fortgesetzte Begehung erforderlich
- Bei beiden Alternativen müssen best Tatsachen den Verdacht der Wiederholung stützen.
- In den Fällen des § 112a I Nr. 2 ist zusätzlich eine Straferwartung von mehr als einem Jahr notwendig
- § 112a II stellt zudem klar, dass die Vorschrift gegenüber den Haftgründen des § 112 subsidiär ist
Verhältnismäßigkeitsgrds bei U-Haft §112 I 2
- Da die Freiheitsentziehung einen bes schweren Grundrechtseingriff darstellt, ist der Verhältnismäßigkeitsgrds
streng zu beachten (verfassungsrechtliche Erwägungen) - § 112 I 2: U-Haft darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
- gilt auch für die Dauer der U-Haft (nicht außer Verhältnis zur Strafe)
Worauf kommt es bei der Verhältnismäßigkeit der Verfahrensdauer der U-Haft an?
- obj Kriterien des Einzelfalls: Komplexität der Rechtssache, Vielzahl der beteiligten Personen, Verhalten der Verteidigung
- voraussichtl Gesamtdauer des Verfahrens u drohende Straferwartung