Sitzung 4 Angststörung - tiefenpsychologische Sicht Flashcards

1
Q

Freuds Menschenbild

A
  1. Der Mensch ist ein Konfliktwesen, dessen gesamte Existenz durch die letztlich unaufhebbare Gegensätzlichkeit von naturnahen Bedürfnissen und sozialen Normen geprägt ist
  2. Im stärksten Kontrast steht hier die Animalische Seite mit der zivilisierten, kultivierten Seite
  3. Freud ging von einer schwachen Schicht der Zivilisiertheit aus, unter der alle Formen primitiver Strebungen wach seien
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2
Q

Wer war der zentrale Theoretiker und Begründer der Psychoanalytischen Richtung? und was war seine zentrale Beobachtung?

A

Sigmund Freud
zentrale Beobachtung: Durch das Reden können psychosomatische Erkrankungen behandelt werden

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3
Q

Der Konflikt in der psychoanalytischen Richtung

A
  1. Wird als Normalfall in unserem “Seelenleben” auf gefasst und an sich nicht als psychopathologisch verstanden: In unserer Brust wohnen immer mehrere “Seelen” (heute eher innere Anteile) in der wir immer mit ver. widersprechenden Wünschen, Ansprüchen & Idealen umgehen müssen
  2. zu viel Triebverzicht kann zu Problem führen und zu wenig Triebverzicht kann zu sozialen Ausschluss führen
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4
Q

Lustbefriedigung in der Konsumgesellschaft

A

Gerade in unsere Konsumgesellschaft mit ihren Werbestrategien wir auf verführerische Konsumbotschaften aufgebaut, die auf unsere Triebe und sofortige Lustbefriedigung ausgerichtet ist

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5
Q

Was bedeutet, wenn eine Person eher Ich-Schwach ist?

A

Sie kann Versuchungen der schnellen Lustbefriedigung schlechter weiderstehen und kann den inneren Wiederstreit nicht gut aushalten

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6
Q

Was umfasst ein Konflikt und welche Konzepte spielen eine Rolle?

A

im Kern eine Bedürfnisproblematik
Konzepte:
1. Triebe (Freund)
aktuelle wird gesprochen von:
2. Wünsche
3. Bedürfnisse
4. Motive

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7
Q

Die psychodynamische Systematik von Bedürfnissen (Rudolf, 2010) - Welche Bedürfnisse/ Wünsche gibt es?

A
  1. Triebwünsche
  2. beziehungswünsche
  3. Bedürfnisse des Selbst
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8
Q

Die psychodynamische Systematik von Bedürfnissen (Rudolf, 2010) - 1. Triebwünsche

A
  1. Besonders drängende Motivationslagen, die von vitaler, d.h. expliziter körperlicher Art sind
  2. Es sind die dem animalischen nahestehenden Seiten:
    a) orale Gier
    b) Aggression
    c) Sexualität
    die zu einer zivilisierten, kultivierten Seite des Menschen im starken Kontrast stehen (man verliert soziale Etikette oder Kontrolle)
  3. Zeitlicher Verlauf: periodisch anschwellend & abklingend
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9
Q

Die psychodynamische Systematik von Bedürfnissen (Rudolf, 2010) - 2. Beziehungswünsche: Chrakteristika & Zeitlicher Verlauf

A
  1. Soziales Miteinander: Wunsch nach emotionalen Kontakt, nonverbalem und sprachlichen Austausch, nach geselligem Miteinander & Zugehörigkeit
  2. Sicherheit im Bindungssystem: Wunsch nach körperlicher Versorgung & Nahrung, nach Sicherheit und Schutz gegen Gefahren, nach Hilfe & Unterstützung, Wärme, Geborgenheit
  3. Anregung und Gewährenlassen: Wunsch nach Stimulation, Anregung, Anleitung & Freiraum für eigene Handlungsversuche
  4. Zuneigung und Bestätigung
  5. Zeitlicher Verlauf: dauerhaft vorhanden, geringe Schwankungen
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10
Q

Die psychodynamische Systematik von Bedürfnissen (Rudolf, 2010) - 3. Bedürfnisse des Selbst

A
  1. sich von Zeit zu Zeit von der Objektwelt abzuwenden
  2. Zurückziehen, sich etwas gutes tun
  3. sich reflektieren und mit sich selbst beschäftigen
  4. Bedürfnisse des Selbst:
    a) Ein Selbst-Autonom sein
    b) sich abgrenzen und über sich verfügen
    c) Für sich sein und eine Identität entwickeln
    d) Authentisch sein und einen Selbstwert beanspruchen
    e) Seine Würde bewahren
  5. Zeitlicher Verlauf: gelegentlich spürbar werdend
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11
Q

Welche Verfahren des psychoanalytischen Modells gibt es?

A
  1. psychoanalytisches Verfahren
  2. Tiefenpsychologische fundierte Verfahren
    -> beide Verfahren beruhen/ beziehen sich auf der/ die Psychoanalyse
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12
Q

Zur Sprache: Die Kategorie “Tiefenpsychologisch fundierte Verfahren”

A
  1. wurde 1967 in der BRD eingeführt durch die Richtlinien-Psychotherapie geprägt -> Kategorie wird ausschließlich im deutsche Sprachraum verwendet
  2. International: Psychodynamische Psychotherapie
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13
Q

Gemeinsamkeiten der psychodynamischen Psychotherapieformen

A

Die Denkmodelle sind gleich:
1. Psychoanalytische Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Krankheitstheorie als gemeinsame Basis
2. Arbeit an der unbewussten Psychodynamik ist zentral
3. Therapeutische Beziehungserfahrung im Hier und Jetzt von großer Bedeutung

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14
Q

Zwei unabhängige Verfahren: 1. Analytische Psychotherapie - Setting, Frequenz, Dauer, Gegenstand, Ziel, zentrale Wirkkraft, methodisches Vorgehen & Indikation

A
  1. Setting: Patient leigt (im Regelfall), Therapeut sitzt neben oder hinter ihm, Einzel- und Gruppentherapie
  2. Frequenz: 2-3 Stunden pro Woche
  3. Dauer: ca. 2-3 Jahre (200-300 Sitzungen)
  4. Gegenstand: unbewusste Konflikte und Konfliktgeschichte -> Konzentration auf Vergangenheit
  5. Ziel:
    a) strukturelle Veränderung der Persönlichkeit
    b) Symptomfreiheit/ Symptomreduzierung
  6. zentrale Wirkfaktoren: Einsicht
  7. methodisches Vorgehen:
    a) Arbeit in & mit der Übertragung, Förderung von Übertragung und Regression
    b) freie Assoziation des Patienten
    c) gleichschwebende Aufmerksamkeit des Analytikers
    d) Inhaltsdeutung zweitrangig gegenüber Übertragungsdeutung
  8. Indikation: repetitiv-dysfunktionale Konflikte
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15
Q

Zwei unabhängige Verfahren: 2. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie - Setting, Frequenz, Dauer, Gegenstand, Ziel, zentrale Wirkkraft, methodisches Vorgehen & Indikation

A
  1. Setting: Patient und Therapeut sitzen sich gegenüber, Einzel-, Gruppen-, Paar- & Familientherapie
  2. Frequenz: 1-2 Stunden pro Woche
  3. ca. 1-3 Jahre (50-100 Sitzungen)
  4. Gegenstand: aktuell wirksame Konflikt -> Konzentration auf Gegenwart
  5. Ziele:
    a) Überwindung aktueller Schwierigkeiten
    b) Restabilisierung & Symptomfreiheit
  6. zentrale Wirkfaktoren: Unterstützung & Klärung
  7. methodisches Vorgehen:
    a) Bearbeitung aktueller Konflikte unter Beachtung/ Bearbeitung der Beziehung zw. Patient und Therapeut
    b) Konfliktaufdeckung
    c) auch supportive & psychoedukative Techniken
    d) eher Inhaltsdeutung als Übertragungs- und Widerstandsdeutung
  8. Indikation: Aktualkonfikte
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16
Q

Analytische vs. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

A

Analytische Vorteil (Gegenteil wäre Nachteil tiefenpsychogisch fundierter):
(1. ist der Psychoanalyse näher)
2. größere Intimität zw. Patient & Therapeut, schnellere Vertrauensaufbau, Therapeut wird zur wichtiger Bezugsperson, die Hilft Zugang zu Teilen von einem Selbst zu finden

Analytische Nachteil (Gegenteil wäre Vorteil der tiefenpsychologisch fundierten):
1. Patient hat weniger “Macht”, “Agency” & Therapeut wird zu großen Autorität, große Abhängigkeit

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17
Q

Regression -Definition

A
  1. Zurückfallen in frühere Entwicklungsstadien/Stufen
    Ist an sich nicht Schlimm, gerade wenn wir uns erholen, oder Bedürftig sind, kann das eine Fähigkeit sein
  2. In der Analytischen Psychotherapie wird daher auch das Liegen gebraucht um jemanden wieder in kindische Zustände zu versetzten
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18
Q

Was ist das spezifische psychodynamische Diagnosesystem?

A

OPD-2 (Für Erwachsene
operationalisierte Psychodynamische Diagnostik

OPD-KJ-2 (Für Kinder & Jugendliche)

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19
Q

Achsen im OPD-2

A

Achse I: Krankheitserleben und Behandlungsvorausetzungen

Achse II: Beziehung (Übertragung, Gegenübertragung, Beziehungsepisoden)

Achse III: (Lebensbestimmende unbewusste innere) Konflikte

Achse IV: Strukturniveau (grundsätzliche Fähigkeiten des psychischen Funktionierens)

Achse V: psychische und psychosomatische Störungen in Bezug auf ICD-10, DSM-5

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20
Q

Psychodynamisch gesehen wichtige diagnostische Fragestellungen

A
  1. Mit welchen Konfliktthemen hat ein Patient in besondere Weise zu kämpfen? Welcher Konflikt ist aktualisiert?
  2. Wie sieht die Selbst- und Ichorganisation bei diesem Patienten aus? Welche Ich-Funktionen sind ggf. nur eingeschränkt vorhanden? Auf welche Strukturniveau bewältigt jemand sein Leben?
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21
Q

Welche verschiedenen psychodynamischen Betrachtungsebenen gibt es in den psychodynamischen Psychotherapieformen?

A
  1. Strukturbedingt
  2. Konfliktbedingt
  3. Traumabezogen
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22
Q

Wie geht man in psychodynamischen Psychotherapien vor?

A
  1. Symptomebene: Manifeste Symptome & Phänomen werden gesammelt und angeschaut
  2. Ätiologie: Was ist “unter” den Symptomen? Welche psychische Dynamik/ welches Zusammenspiel innere Kräfte liegt den Symptomen zugrunde?
  3. Äthiologisches Störungsmodell (Pathogenese):
    a) strukturbedingt
    b) konfliktbedingt
    c) traumabezogen
    Um eine Entscheidung über eine angemessene Therapie treffen zu können, ist in dem psychodynamischen Verständnis die Hypothese über das zugrundeliegende Störungsmodell ein entschiedener Aspekt
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23
Q

Äthiologisches Verständnis - Definition

A

Unterschiedliche Entstehungsgründe von psychischen Störungen unterscheiden können

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24
Q

grundlegende psychodynamische Entstehungsmodelle (orientiert an Rudolf)

A

-> analog zu psychodynamischen Betrachtungsebene
1. Traumamodell: Modell der traumatischen Informationsverarbeitung
2. Stukturmodell: Modell der Ich-strukturellen Defizite
3. Konfliktmodell: Modell der unbewussten Konflikte
-> für jedes Modell gibt es auch spezifische Behandlungsmodelle

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25
Q

grundlegende psychodynamische Behandlungsmodelle je nach Entstehungsmodell (orientiert an Rudolf)

A
  1. Traumamodell -> Integration traumatisch bedingte Abspaltung
  2. Strukturmodell -> Nachentwicklung struktureller Ich-Funktionen/ Ich-Einschränkungen
  3. Konfiktmodell -> Bewusstmachung/ Bearbeitung der unbewussten Konflikte
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26
Q

Was gibt die Behandlungsrichtung in der psychodynamischen Psychotherapie vor?

A

Nicht (allein) die Symptomatik, sondern das hinzugezogene Störungsmodell gibt die Behandlungsrichtung vor!

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27
Q

Symptombildung/ auslösende Situationen

A
  1. Symptomauslösende Konfliktlagen:
    entspringen oft aus Veränderungen der Lebenssituation, wie sie -oft undramatisch - im Laufe des Lebens immer wieder auftauchen: z.B.: Veränderung der Berufssituation, Erkrankung, Unfall, Todesfall, Pandemie, Arbeitslosigkeit, Hochzeit, Scheidung, Elternschaft, Hausbau, Migration, Flucht,… (Achtung: Auch “postiive” Veränderungen können zu Symptombildung führen)
  2. “Schwellensituationen”:
    angesichts alterstypischer Entwicklungsaufgaben handeln: erster Schulbesucht, Berufsangang, Verselbstständigung, erste Partnerschaft, Rente,…
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28
Q

Grundlegendes Modell der Entstehung von konfliktbedingten Störungen - Welche Ebenen werden bearbeitet?

A
  1. Symptome
  2. aktualisierter Konflikt
  3. Auslösende Situation
  4. Neurosenstruktur/Persönlichkeitsstil
  5. Grundkonflikt
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29
Q

Grundlegendes Modell der Entstehung von konfliktbedingten Störungen - Aus welche Ebene besteht es?

A
  1. Frühe Biographie
  2. Grundkonflikt
  3. Neurosenstruktur -> persönlichkeits-Akzentuierungen mit teils dysfunktionalen Mustern (als sichtbarer Teil der Neuronenstruktur)
  4. Kompensationen
  5. Auslöser (bewusst & unbewusst)
  6. AWUK (aktuell wirksamer unbewusster Konflikt)
  7. Symptome
    S. F. 38
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30
Q

Grundlegendes Modell der Entstehung von konfliktbedingten Störungen: 1. Frühe Biographie und Grundkonflikt - Welche Fragen muss man sich stellen?

A
  1. Wer ist die Person, die hier krank geworden ist?
  2. Wie ist sie aufgewachsen und wodurch ist sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung geprägt worden?
  3. Welche Belastungserfahrungen haben ihre psychische Entwicklung nachhaltig geprägt?
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31
Q

Entwicklungspsychologisches Modell: Vier Entwicklungsbedingte Grundbedürfnisse nach Rudolf - Grundbedürfnisse

A

1.Bedürfnis nach Nähe
2. Bedürfnis nach Bindung
3. Bedürfnis nach Autonomie
4. Bedürfnis nach Identität

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32
Q

Entwicklungspsychologisches Modell: Vier Entwicklungsbedingte Grundbedürfnisse nach Rudolf - 1. Bedürfnis nach Nähe - Prägende Entwicklungszeit, Definition & welches System wird aufgebaut?

A
  1. Prägende Entwicklungszeit: 0LM - 6 LM
  2. Erste Unterscheidungsschritte zwischen Selbst & Objekt (Ich- und Nicht-Ich), Beginn der frühen Nähe- Distanzregulierung. Es geht um die Einstellung zum Erleben von Nähe und die Gewissheit der eigenen Existenz
  3. Aufbau des Beziehungs- und Kommunikationssystems
33
Q

Entwicklungspsychologisches Modell: Vier Entwicklungsbedingte Grundbedürfnisse nach Rudolf - 2. Bedürfnis nach Bindung - Prägende Entwicklungszeit, Definition & welches System wird aufgebaut?

A

Prägende Entwicklungszeit: 6LM - 18 LM
2. Erleben einer sicheren Beziehungsbasis und verlässlichem Versorgt werden. Es geht um Geborgenheit, Versorgung, Sicherheit, Tröstung durch ein Objekt, das dem bedürftigen Selbst verlässlich zu Verfügung steht. Wünsche die wir an andere stellen
3. Aufbau des Bindungssystems

34
Q

Entwicklungspsychologisches Modell: Vier Entwicklungsbedingte Grundbedürfnisse nach Rudolf - 3. Bedürfnis nach Autonomie - Prägende Entwicklungszeit, Definition & welches System wird aufgebaut?

A
  1. prägende Entwicklungszeit: 2 Lj. -3.Lj.
  2. Erfahrung des Selbst und eigenständigen handeln- und Denken Könnens. Es geht darum nach eigenem Willen zu handeln und zu entscheiden, sich damit durchsetzen, sich abgrenzen, zu explorieren, dominieren, Macht auszuüben
  3. Aufbau des Autonomiesystems
35
Q

Entwicklungspsychologisches Modell: Vier Entwicklungsbedingte Grundbedürfnisse nach Rudolf - 2. Bedürfnis nach Identität - Prägende Entwicklungszeit, Definition & welches System wird aufgebaut?

A
  1. prägende Entwicklungszeit: 3 Lj. - 6 Lj.
  2. Gewissheit einer psychosexuellen Identität in Beziehungen und in der sozialen Gemeinschaft. Es geht darum, in einer eigenen psychosexuellen und sozialen Rolle authentisch sein zu dürfen und dementsprechend variable Beziehungen leben zu können. Die eigene soziale Rolle finden, so seine dürfen wie man ist und nicht dafür bestraft zu werden
  3. Aufbau eines Identitätssystems
36
Q

Welche Grundkonflikte gibt es?

A
  1. Grundkonflikt der Nähe: Wunsch nach Nähe vs. Angst vor Überwältigung
  2. Grundkonflikt er Bindung: Verlagen nach einem haltgebenden idealen Objekt vs. Objektenttäuschung, -Entwertung & -Vermeidung
  3. Grundkonflikt der Autonomie: Autonomiewunsch vs. Objektverlust
  4. Grundkonflikt der Identität: Bedürfnis, eigene Identität zu leben vs. Anpassung an Erwartungen & Verbote andere
37
Q

Grundkonflikte: 1. Grundkonflikt der Nähe: Entwicklungszeit, Entwicklungsaufgabe, Polarisierung, Prägende Angst

A
  1. Entwicklungszeit: erstes Lebens-Halbjahr
  2. Entwicklungsaufgabe:
    a) Erste Unterscheidungsschritte zw. Selbst & Objekt (Ich und Nicht-Ich)
    b) Beginn der Distanz-Näheregulierung
  3. Polarisierung: Nähebedürfnis - Distanzwunsch; Polarisierung von Selbst und Objekt
  4. Prägende Angst: die basale Beziehung zu einem Objekt oder sich selbst zu verlieren- Der Grundkonflikt der Nähe hinterlässt in der Persönlichkeit eine konflikthaft-spannungsreiche Einstellung zum Erleben von Nähe und eine brüchige Gewissheit der eigenen Existenz
  5. Strukturelle Aspekte: in der frühe Beziehung werden insbesondere strukturelle Funktionen geweckt und entwickelt  heute ätiologische Akzente würde eher auf struktruelle Aspekte als auf die Konfliktthematik setzen und die therapeutische Aufgabe der strukturellen Förderung unterstreichen
  6. Im OPD: gleichzeitig wird im OPD der konflikthafte Aspekt unterstrichen mit dem Individuations-Abhängigkeits-Konflikt: die tiefe Angst, die basale Beziehung zu einem Objekt oder die Beziehung zu sich selbst zu verlieren vs. sich in Abgrenzung dazu, betont autonom zu entwickeln  konfliktaufdeckende Bearbeitung jedoch nur mit der gleichzeitigen aktiven Förderung der strukturellen Defizit effektiv
38
Q

Grundkonflikte: 2. Grundkonflikt der Bindung: Entwicklungszeit, Entwicklungsaufgabe, Polarisierung, Prägende Angst, Störungsfolgen

A
  1. Entwicklungszeit: etwas 2 Halbjahr bis 2 Lj
  2. Entwicklungsaufgabe: Sicherheit und Versorgung finden beim verlässlich verfügbaren Objekt, sich dadurch liebenswert fühlen. Geborgenheit, Versorgung, Sicherheit, Tröstung durch ein Objekt, das dem bedürftigen Selbst verlässlich zu Verfügung steht
  3. Polarisierung: Objektverlangen haben und ausdrücken wollen- Verbot sich mit der eigenen Bedürftigkeit an das Idealobjekt zu wenden
  4. Prägende Angst: das wichtige Objekt zu verlieren
  5. Störungsfolgen:
    a) unbewusst andrängende Impulse: sehnsüchtiges Verlagen nach idealisierten Objekten, wütendes Zurückstoßen der enttäuschenden Objekte
    b) Unbewusste Angst: das wichtige Objekt zu verlieren
    c) unbewusst negative Affekte: Schmerz, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Enttäuschungswut
    d) Erleben/Verhalten (von außen gesehen): dependente, Sicherheit in Beziehungen suchende Einstellung oder zweispaltig ambivalentes Beziehungsverhalten oder ängstlich Beziehung vermeidende Einstellung
    e) Aktualisierter Konflikt (OPD): Versorgung vs. Autarkie
  6. Strukturentwicklung im depressiven Grundkonflikt:
    Diese Entwicklungsstufe (und die vorrangegangenen) bilden die Grundlage für die strukturelle Entwicklung des Kindes. Störungen der frühen Bindung haben daher nicht nur negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Bindung, sondern auch eine eingeschränkte Entwicklung struktureller Funktionen als folge  bei der Aktualisierung des depressiven Grundkonflikts müssen wir mit dem Vorliegen struktureller Störungen bzw. struktureller Vulnerabilität rechnen
39
Q

Grundkonflikte: 3. Grundkonflikt der Autonomie: Entwicklungszeit, Entwicklungsaufgabe, Polarisierung, Prägende Angst, Störungsfolgen

A
  1. Entwicklungszeit. 2-3 Lj.
  2. Entwicklungsaufgabe: unter der Voraussetzung einer sicheren Bindung unabhängig von Objekt nach eigenem Willen handeln und entschieden, daran festzuhalten, sich damit durchzusetzen, sich abzugrenzen, explorieren, dominieren, Macht ausüben
  3. Polarisierung: Autonomie wird ersehnt und zugleich gefürchtet, Bindung wird als Sicherheit gebend erseht und zugleich als einengend und die Individualität zerstörend gefürchtet
  4. prägende Angst: die Selbstverfügbarkeit und die wohlwollende Zustimmung der anderen zu verlieren
  5. Störungsfolgen:
    a) unbewusst andrängende Impulse: willkührliche, von stakren Affekten begleitete Handlungsimpulse, die auch aggressiv, destruktiv oder „anal“ geprägt sein können
    c) unbewusste negative Affekte: Angst (vor der eigenen Impulsivität), Wut (gegen die verbietenden Objekte), Schuld (wegen eigener aggressiv-destruktiver Impulse)
    d) Erleben/ Verhalten (von außen gesehen): Verzicht auf selbstbestimmtes, emotional belebendes Handeln zugunsten einer ängstlichen, sicherheitssuchenden oder an zwanghaften Prinzipien orientierten Einstellung
    v. aktualisierter Konflikt (OPD): Unterwerfung vs. Kontrolle, Schuldkonflikt
40
Q

Grundkonflikte: 4. Grundkonflikt der Identität: Entwicklungszeit, Entwicklungsaufgabe, Polarisierung, Prägende Angst

A
  1. Entwicklungszeit: 3 - 6. Lj.
  2. Entwicklungsaufgabe: als Selbst in einer eigenen psychosexuellen und sozialen Rolle authentisch sein dürfen und entsprechende variable Beziehungen leben zu können
  3. Polarisierung: Wunsch nach Annahme in den eigenen Identitätsspektren- Angst davor in diesem Aspekten abgelehnt zu werden
  4. Prägende Angst: in den eigenen Identitätsaspekten nicht angenommen, sondern angelehnt zu werden
  5. Störungsfolgen:
    a)unbewusste andrängende Bedürfnisse: in der jeweiligen Identität gesehen, akzeptiert, bewundert, geliebt zu werden
    c) unbewusste negative Affekte: Beschämung, Verwirrung, bedrohliche Erotisierung
    d) Erleben/Verhalten (von außen gesehen): Rollenhaftigkeit, Kindlichkeit oder aufgesetzte Weiblichkeit/Männlichkeit, Emotionalisierung, Sexualisierung, narzisstische Züge
    e) aktualisierte Konflikt (OPD): ödipaler Konflikt, Identitätskonflikt
41
Q

Objekt - Definition

A

in der andere / das Gegenüber
Stammt aus Freund´s Vokabular, Personen haben Triebobjekte, auf denen der Trieb gerichtet ist

42
Q

Entwicklungsschritte und mögliche Störfaktoren (Rudolf)

A
  1. Aufbau des Beziehungs- und Kommunikationssystems - Grundkonflikt der Nähe (strukturelle Vulnerabilität)
  2. Aufbau des Bindungssystems - Grundkonflikt der Bindung (strukturelle Vulnerabilität)
  3. Aufbau des Autonomiesystems - Grundkonflikt der Autonomie (strukturelle Vulnerabilität)
  4. Grundkonflikt der Identität

-> Grundkonflikte nach Rudolf beziehen sich auf kindliche Beziehungserfahrungen und die dazugehörigen Entwicklungsaufgaben, Wünsche, Affekte und Abwehrstrategien

43
Q

Konfliktmodell für “reife” in der mittleren Kindheit erworbene Konflikte

A
  1. kindliche-altersspezifische Bedürfnisse, Wünsche und Triebregungen die durch
  2. biographisch negative Beziehungserfahrungen (Frustration, Angst, Scham, Verlust, Schuld, Entbehrung) zu
  3. Internalisierungen führen: emotionale Spannungen, Bedürfnisspannungen
    a) negative Beziehungsrepräsenation
    b) negative Objektrepräsentation
    c) negative Selbstrepräsentation
    d) (pathogene Überzeugungen)
  4. es kommt zu einer Abwehr deren Wahrnehmung
  5. In aktuellen Lebenssituationen kann es jedoch zu einer Labilisierung der Abwehr mit Versuchungs-Versagens-Charakterisierung und Symptombildung kommen
    s. F. 48
44
Q

Was besagt das traditionell dynamische Konfliktmodell?

A
  1. Triebimpulse/ Beziehungswünsche können in der kindheit zu negativen Erfahrungen führen , d.h. die Erfahrungen von wichtigen Beziehungspersonen zurückgewiesen, übersehen, verachtet oder bestraft zu werden, kann die Folge haben, dass negative Affekte von Schmerz, Scham, Angst Schuld, usw. mit dem Wunschleben verknüpft werden
  2. die negativen Affekte heften sich sowohl auf die zurückweisenden Objekte als auch auf das ohnmächtige zurückgewiesene Selbst mit der Folge, dass die heiklen Wünsche und Impulse gehemmt und die Erinnerungen an die negativen Erfahrungen mit Hilfe von Abwehrvorgängen aus dem bewussten Erleben ferngehalten werden
45
Q

Grundlegendes Modell der Entstehung von konfliktbedingten Störungen: 3. Neurosenstruktur

A

Es bildet sich durch viele, sich wiederholende Abwehrbemühungen eine Neurosenstruktur aus, die wie eine Art Keil den Grundkonflikt ins unterbewusste drücken
-> so kann man mit dem Grundkonflikt umgehen

46
Q

Neurosenstruktur als Schutzrüstung

A

Die Entstehung der Neurosenstruktur lässt sich auch mit einem Kind vergleichen, dass sich eine Schutzrüstung zulegt, die so schwer ist, dass es in eine groteske Form wachsen muss
Nach Jahren ist der Körper so verformt, dass das Kind die Rüstung nicht mehr ablegen kann, obwohl die ursprüngliche Bedrohung nicht mehr existiert

47
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2

A
  1. Abhängigkeit vs. Autonomie
  2. Unterwerfung vs. Kontrolle
  3. Versorgung vs. Autarkie
  4. Selbstwertkonflikt
  5. Schuldkonflikt
  6. Ödipal-sexuelle Konflikte
  7. Identitätskonflikt
48
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2 : 1. Abhängigkeit (Individuation) vs. Autonomie

A

Konflikt zw. dem Wunsch nach Beziehung mit ausgeprägter Abhängigkeit und dem Bedürfnis nach emotionaler Unabhängigkeit.
Leitaffekt: durch Nähe oder Distanz ausgelöste Angst, die um den Grundbestand der Selbstständigkeit kreist

49
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2: 2. Unterwerfung vs. Kontrolle

A

Gehorsam/ Unterwerfung vs. Kontrolle/ Sich-Auflehnen bestimmen die interpersonellen Beziehungen und das innere Erleben

50
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2: 3. Versorgung vs. Autarkie

A

Die Wünsche nach Versorgung und Geborgenheit führen zu starker Abhängigkeit oder werden als Selbstgenügsamkeit und Anspruchslosigkeit abgewehrt

51
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2: 4. Selbstwertkonflikt

A

Die Frage nach dem Selbstwert ist in jeder Situation von zentraler Bedeutung: Bin ich großartig oder Garnichts wert? Damit korrespondiert die überhöhte oder entwertende Sicht auf die Objekte

52
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2: 5. Schuldkonflikt

A

Schuld wird bereitwillig bis zur masochistischen Unterwertung auf sich genommen oder es fehlen Schuldgefühle

53
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2: 6. ödipal-sexueller Konflikt

A

Erotik und Sexualität sind im Erleben ausgeblendet oder bestimmen alle Lebensbereiche, ohne dass eine Befriedigung erfolgt

54
Q

aktualisierte Konflikte nach OPD-2: 7. Identitätskonflikt

A

Es besteht Identitätsdissonanz (keine Identitätsdiffusion) hinsichtlich Zugehörigkeit zu Geschlecht, Generation, sozialen Rollen & kulturellen Gemeinschaften

55
Q

Selbstwertkonflikt - OPD-2 KJ

A

Hier geht es um Kinder & Jugendliche, bei denen die Anstrengungen zur Regulierung des Selbstwertgefühls übermäßig stark, in besonderer Weise erfolglos oder deutlich konflikthaft sind
-> Ihr Erleben & Verhalten werden weitgehend von dem Thema der eigenen Wertigkeit bestimmt und bewegen sich zw. den polen “geringer vs. Übersteigerter Selbstwert”
und entsprechend “gering vs. übersteigerter Objektwert”
Aktiv: Grandiose Selbstüberschätzung (auch in der Phantasie)
Passiv: Starke Verunsicherung und Ängste vor (weiteren) befürchteten Kränkungserlebnissen

56
Q

Grundlegendes Modell der Entstehung von konfliktbedingten Störungen: 6. AWUK

A

unter dem Durch der ausgelösenden Situation und seines Konfliktstoffes wird eine individuelle Schwachstelle berührt, sodass die Neurosenstruktur und ihr Abwehr den Grundkonflikt nicht länger im Unbewussten halten können
Das alte Gleichgewichtig wird empfindlich labilisiert oder zerstört und die im Grundkonflikt gespeicherte “Erinnerungsspur” wiederbelebt, so dass das alte Konfliktthema wieder aufbricht. Es konstituiert sich der AWUK

57
Q

Definition von zeitlich überdauernden, (unbewussten) Konflikten in OPD-2

A
  1. sind gekennzeichnet durch festgelegte repetitive Erlebnis- und Konfliktmuster
  2. die in entsprechenden Situationen immer wieder zu ähnlichen Verhaltensmustern führen
  3. ohne dass dies dem Menschen bewusst wäre
  4. zu psychischen Störungen komme es in dieser Sicht, wenn sog. dysfunktionale Konfliktlösungen vorliegen. Es können keine situativ angemessenen Konfliktlösungen oder Kompromisse gefunden werden
58
Q

Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung (2.1)

A

a) Fokus des Psychodynamischen Störungskonzepts: auf lebensgeschichtlich frühe familiäre Belastungserfahrungen, die nachhaltige Stressreaktionen in Gang setzten

b) Passung: Maßgeblich für die zukünftige Entwicklung ist die Passung zwischen dem individuellen Kind mit seiner genetischen Ausstattung (Vulnerabilität & Resilienz) und den psychosozialen Belastungen in seiner Familie

59
Q

2.1 Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung: 2.1.1 Umweltbelastung und genetische Vulnerabilität

A

a) Individuelle Varianz der Störbarkeit: Individuelle Störbarkeit ist durch das Geflecht von belastenden und protektiven Faktoren in der Umwelt mitbestimmt. Diese Faktoren sind jedoch keine konstante Größe und sehr variable  letztendlich geht es immer um die Passung (2.1 b))

b) Genetische Vulnerabilität des Kindes: „Polymorphismen“ in den von beiden Eltern stammenden Allelen haben einen großen Einfluss auf die Belastbarkeit/ Störbarkeit des Kindes hinsichtlich früh einsetzender Stressreaktionen  entscheidend für die physiologische & emotionale Ausgeglichenheit des Kindes, bei einem genetisch Vulnerablen Kind reicht schon eine mittlere biographische Belastung aus um es in seiner Entwicklung zu stören

c) epigenetische Einflüsse:
I. Definition: Veränderung der Genregulation/ Genexpression utner dem Einfluss belastbarer Umwelteinflüsse
II. Konsequenzen: frühe Erfahrungen finden ihren Niederschlag in modifizierten Strukturen affektregulierender Zentren, dem limbischen System und der Amygdala  aus anfänglichen Funktionsweisen werden dauerhafte Strukturen, welche die Bereitschaft prägen, affektiv heftig zu reagieren

60
Q

2.1.Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung - 2.1.2 Die Zeitfenster der frühen Entwicklung - Bedeutung des Zeitfensters für die Unterscheidung zwischen konfliktbedingter und struktureller Störung

A

I. Internalisierung von Konflikten: erfolgt zu einer Zeit, in der das Kind schon über ausgeprägte kognitive Fähigkeiten verfügt und in der Lage ist Beziehungsprobleme wahrzunehmen, sprachlich zu benennen und problematische Beziehungserfahrungen als narrative Episoden zu speichern
II. Grundlegung struktureller Funktionen: in den ganz frühen Beziehungserfahrungen, die das Baby mit seinen „regulating others“ macht –> Strukturelle Funktionen bleiben aus, wenn in diesem Zeitfenster keine affektiver Dialog und kein affektives Reguliertwerden stattfindet
III. Zwischen strukturellen und konflikthaften Pol: hier liegen zwei bedeutsame Entwicklungsschritte: die Entwicklung der Bindung und der Autonomie  es entwickeln sich in diesem Abschnitt weitere strukturelle Funktionen, aber dieser Zeitraum wird von manchen Therapeuten auch als Entstehungsraum der „frühen Konflikte“ versanden

61
Q

2.1Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung - 2.1.2 Die Zeitfenster der frühen Entwicklung - Zusammenhang mit Neurobiologischen Befunden der Gehirnentwicklung

A

Maßgeblich beteiligt für die frühe Persönlichkeitsentwicklung sind:
I. Vor- und Nachgeburtlich: die untere limbische Ebene (Hypothalamus)  das Stressmanagementsystem wir etabliert oder gestört
II. frühe Lebensabschnitte: die mittlere limbische Ebene (Amydgala)  Bedrohungs- und Angsterfahrungen der frühen Beziehung werden erkannt und gespeichert
III. folgende Jahre: mesolimbische System  mittels körpereigener Opioide lässt es die Freude der Bindung und den Schmerz des Verlusts erleben
IV. mittlere Kindheit: orbitofrontaler Cortex, der mittels kognitiver Strukturen die Etablierung sozialer Regeln ermöglicht
s. Lerzettel Abb. 2-1

62
Q

2.1 Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung - 2.1.2 Die Zeitfenster der frühen Entwicklung - Pathogenetische Folgen ätiologischer Belastungen in der frühen Beziehung

A
  1. fehlende Entwicklungsförderung bzw. Entwicklungsdefizite
  2. fehlende Beriedigung von Grundbedürfnissen (Bedürfnissstau)
  3. Fehlende Internalisierung positiver Erfahrungen (konflikthafte Strukturierung der Persönlichkeit)
    4.Dysfunktionale Abwehr- und Bewältigungsstrukturen
  4. Komplextraumatisierung
63
Q

2.1 Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung - 2.1.2 Die Zeitfenster der frühen Entwicklung - Pathogenetische Folgen ätiologischer Belastungen in der frühen Beziehung - !. fehlende Enwicklungsförderung und 2. fehlende Befriedigung von Grundbedürfnissen

A

I. fehlende Entwicklungsförderung bzw. Entwicklungsdefizite:
(1) strukturelle Fähigkeiten vulnerable (z.B.: Affektregulierung)
(2) Grundkompetenzen unsicher (Näheregulierung, Bindung, Autonomie oder Identität)

II. fehlende Befriedigung von Grundbedürfnissen (Bedürfnisstau):
(1) Beziehungsbedürfnisse (z.B.: Bindung)
(2) Selbstbedürfnisse (z.B.: Autonomie, Selbstwert) unerfüllt
(3) Triebbedürfnisse (z.B.: Oralität, Aggressivität) gestaut

64
Q

2.1 Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung - 2.1.2 Die Zeitfenster der frühen Entwicklung - Pathogenetische Folgen ätiologischer Belastungen in der frühen Beziehung - 3. Fehlende Internalisierung positiver Erfahrungen und 4. Dysfunktionale Abwehr- und Bewältigungsstrukturen

A

III. Fehlende Internalisierung positiver Erfahrungen (konflikthafte Strukturierung der Persönlichkeit) :
(1) negative Beziehungsrepräsentanz
(2) negative Objektrepräsentanz
(3) negative Selbstrepräsentanz
(4) pathogene Überzeugungen
(5) hohes Ich-Ideal
(6) strenges Über-Ich

IV. Dysfunktionale Abwehr- und Bewältigungsstrukturen

65
Q

2.1 Äthiologische Voraussetzungen für gestörte psychische Entwicklung - 2.1.2 Die Zeitfenster der frühen Entwicklung - Pathogenetische Folgen ätiologischer Belastungen in der frühen Beziehung - 5. Komplextraumatisierung

A

Stellt ein weitgehend hypothetisches Konstrukt dar. Bedeutete eine traumatheoretische Interpretation der frühen Persönlichkeitsentwicklung und ein daraus abgeleitetes Verständnis aktueller psychischer Störungen –> eine diagnostische Unterscheidung früher traumatischer Erfahrungen von nicht-traumatischen Beratungserfahrungen scheint derzeit kaum möglich sowie die Trennung von aktueller komplextraumatischer Störung von strukturellen oder konfliktbedingten Störungen

66
Q

2.2 Konfliktedingte Störungen

A

a) das klassische Konfliktmodell: beschreibt die Internalisierung von unlösbar schwierigen Beziehungserfahrungen in der mittleren Kindheit mit der Folge abwehrebedingter Einschränkungen des Erlebens und Verhaltens
b) Grundkonflikte: Werden als Störungsdisposition mitgetragen und in konflikthaften Situationen des Erwachsenenlebens aktualisiert
s. Lernzettel Abb. 2-2

67
Q

2.2.1 Das psychodynamische Konfliktmodell -Grundannahmen

A

I. Triebimpulse oder Beziehungswünsche in der Kindheit können zu negativen Erfahrungen führen, d.h. die Erfahrung von wichtigen Beziehungspersonen zurückgewiesen, übersehen, verachtet oder bestraft zu werden, kann die Folge haben, dass negative Affekte von Schmerz, Scham, Angst, Schuld usw. mit dem Wunscherleben verknüpft werden
II. Die negativen Affekte heften sich sowohl auf das zurückweisende Objekt, als auch an das ohnmächtige zurückgewiesen Selbst  die heiklen Wünsche und Impulse werden gehemmt und die Erinnerungen an die negativen Erfahrungen mit Hilfe von Abwehrvorgängen aus dem bewussten Erleben verdrängt

68
Q

2.2.1 Das psychodynamische Konfliktmodell - biologische Belastungsfaktoren

A

I. konflikthafte Beziehungsgestaltung in der Elternfamilie  emotionale Überforderung des Kindes
II. psychische und soziale Belastung der Bezugsperson  emotionale Vernachlässigung des Kindes/ wenig Entwicklungsförderung
III. psychische und soziale Belastung der Elternfamilie  Kind bleibt ungeschützt, köperlich vernachlässigt, misshandelt oder sexuell missbraucht
IV. schicksalhafte Belastung wie Personenverlust, Erkrankungen, Unfälle,…
V. Vulnerabilität des Kindes durch Teilleistungsstörungen oder angeboren Missbildungen
VI. transgenerative Weitergabe von traumatischen Erfahrungen in der Familie
 Solche Erfahrungen können „neutrotische“ Persönlichkeitsentwicklungen in Gang setzten

69
Q

2.2 Das psychodynamische Konfliktmodell - Nach außen erkennbare kennzeichen einer “neurotischen” Persönlichkeitsentwicklung

A
  1. fehlende Verfügbarkeit über Grundkompetenzen: (Sicherheitsgefühl, Gebundenheitsgefühl, autonome Handlungsfähigkeit, Identitätsgefühl)
  2. aufdrängende Bedürftigkeit: die hinter der Abwehr durchschimmert
  3. ausgeprägtes Abwehrverhalten: Engt Verhaltensspielraum ein und kostet viel seelische Energie
  4. negative Beziehungserwartungen: bestehend aus idealisierenden Hoffnungen bei gleichzeitiger Gewissheit der Enttäuschung, des Zurückgewiesenwerdens und des Scheiterns
  5. Übertragungsbereitschaft: unbewusste Tendenz, neue Beziehungen im Sinne der genannten Einstellungen zu gestalten und dadurch das zentrale Konfliktthema zu inszenieren
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Q

2.2 Das psychodynamische Konfliktmodell - Aus der bewussten Wahrnehmung ferngehalten werden …

A

I. unerfüllte, andrängende, objektgerichtete Bedürfnisse kindlicher Art (Sehnsüchte nach Geborgenheit, Zuneigung, Anerkennung)

II. negative Affekte bezogen auf die Einstellung zu wichtigen Objekten (Angst, Scham, Ärger, Enttäuschung)
III. negative Selbstbewertung (Zweifel am eigenen Wert / Kompetenz)
IV. negative Objektbilder (zurückgewiesene, entwertende, strafende Einstellungen der Objekte) neben Objektidealisierung
V. pathogene Überzeugungen (bzgl. Abgelehntsein Scheitern, Misserfolge, etc.)
 im beobachtbaren Verhalten wir das Nicht-Handeln, Nicht-Fühlen, Nicht-Erinnern erkennbar (psychodynamisch als Nicht-Wollen bzw. Vermeiden-Wollen verstanden) die dahinerliegenden abgewehrten Wünsche/Affekte sind oft nur zu vermuten

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Q

2.2.2 Kolflikte: bewusst vs. unbewusst

A

a) Unbewusster Konflikt: wenn eine Person von motivationalen Einstellungen bewegt wird, die ihr selbst nicht bewusst sind und in denen widerstreitende innere Einstellungen zusammenstoßen
b) bewusster Konflikt: sind ebenfalls durch widerstreitende Gefühle und Intentionen gekennzeichnet, in einer Bewussten Autonomie des Erlebens sollte die Betreffende Person sich irgendwann für das eine oder das andere entscheiden können

72
Q

2.2.2 Konflikte: aktualisiert vs. Grundkonflikt

A
  1. Der Grundkonflikt:
    a) ist als ein biographisch verstehbares dysfunktionales Muster des Selbsterlebens, der erlebten Beziehung, der eigenen Beziehungserwartungen und eigenen aktiven Beziehungsgestaltung
    b) er resultiert aus familiären Beziehungserfahrungen, die das Kind in einer unlösbare Konfliktlage und kaum erträgliche Gefühlslage versetzt hatte
    c) in dieser Lage wirken die Eltern, die das Kind sonst zur Problemlösung und Affektbewältigung benötigt, nicht hilfreich, da sie selbst Teil des Problems sind
  2. Folgen des Grundkonflikts
    a) es kommt zur Störung der altersspezifisch anstehenden Entwicklungsschritte
    b) der Grundkonflikt wird als die prägende Erfahrung angesehen, die entscheidend wichtig ist für die innere Verfassung des Selbst und die künftigen Beziehungserwartungen  der Grundkonflikt wird zu mitgetragener Disposition
  3. der aktualisierte Grundkonflikt: Die aus dem Grundkonflikt resultierende Disposition verknüpft sich mit Lebenskonflikten und Beziehungsproblemen des Erwachsenseins. Das führt zu einer Aktualisierung des Grundkonflikts unter neuen Lebensbedingungen –> Aufdrängende Bedürfnisse und vorweggenommene Enttäuschungen werden auf wichtige Personen übertragen
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Q

2.2.3 Reife vs. frühere Konflikte - Annahmen der klassischen Konflikttheorie:

A

(1) Grundkonflikte sind nur jene Konflikte, die als Narrative metallisiert gespeichert, erinnerbar und mit Sprache ausdrück- und reflektierbar sind
(2) innere Bilder der problematischen Beziehungserfahrungen sind in Form von deutlichen Objekt-, Beziehungs- und Selbstrepräsentanzen gespeichert
(3) Grundkonflikt ist trotz der Abwehr im expliziten Gedächtnis gespeichert und wird durch die therapeutische Lockerung der Abwehr einen Zugang ermöglicht
 bei solchen Grundkonflikten spricht man auch von „reifen“ Grundkonflikten

74
Q

2.2.3 reife vs. frühe Konflikte - frühe Grundkonflikte

A

(1) keine Grundkonflikte nach der klassischen Konflikttheorie: da lebensgeschichtlich zu früh und nicht im explizitem Gedächtnis abgespeichert oder als Narrative verarbeitet werden konnten

(2) implizite Speicherung von Beziehungserfahrungen angenommen: diese ist stark affektiv getönt, mehr atmosphärisch-medial und noch nicht differenziert in Selbst- und Objektrepräsentanz

(3) Lichtenbergs Modell der motivationalen Systeme: Motivationssysteme werden mit ihrer ganzen Menge an Affekten, Bedürfnissen, Phantasien und Handlungsabläufen in das Selbst integriert

(4) Das kleine Kind kein isoliertes Wesen: („There is no such thing as a baby“) sondern als Teil eines Beziehungssystems, das sich wechselseitig ko-konstruiert

  1. je weiter ein Konflikt in die frühe Kindheit zurückreicht, desto diffuser werden zwangläufig die inneren Bilder vom Selbst, seinen Wünschen und seinen Objekten –> es kann nur Affektiv-Atmosphärisches oder Bedürfnishaftes erlebt werden

s. Abb 2-3

75
Q

2.2.5 Die aktualisierten unbewusste Konflikte - Systematiken der unbewusste Konflikte

A

Es keinen Konsens:
I. Freudianer: betonen die Triebkonflikte der sexuellen Libido
II. Kleinianer: betonen die Triebkonflikte der Aggression
III. Adlerianer: unterstreichen die Bedeutung von sozialen Konflikten von
IV. Jungianer: Konflikten der Persönlichkeitsentwicklung und -reifung

b) Gemeinsamer Nenner aller Systematiken:
I. Annahme unbewusster innerer Spannungen, unabhängig von Konfliktthema
II. Wesentliches Bestimmungsmerkmal eines Konflikts: die Polarität = die Spürbare Anspannung zwischen zwei Polen  die Art der inneren Polarisierung gilt es diagnostisch zu erfassen

c) Systematisierung nach OBD:
I. Die OPD hat eine Systematik der wichtigsten Konflikte entworden und darin eine operationalisierte Verhaltensbeschreibung für die einzelnen Konflikte vorgelegt
II. passiver und aktiver Modus: nach OPD kann jeder Konflikt in einem vorwiegend passiven Modus (Vorherrschen der Bedürftigkeit) oder einem aktiven Modus (Vorherrschen der Abwehr und kompensatorische Gegenbewegung)

s. Lernzettel Tabelle 2-1

76
Q

2.2.6 Konfliktaktualisierung und Symptombildung - Zusammenhang zwischen unbewussten Konflikt und Symptomen

A

. Durch das psychodynamische Verständnis des unbewussten Konflikts kann heuritisch das „neurotische“ Erleben und Verhalten des Patienten in seiner Dauerhaftigkeit erklärt werden sowie der Vorgang der aktuellen Erkrankung und Symptombildung plausibel gemacht werden

77
Q

2.2.6 Konfliktaktualisierung und Symptombildung - frühe vs. spätererworbener Grundkonflikt

A

I. reifer Grundkonflikt: Das lebensbestimmende Konfliktthema ist als konkretes Beziehungsskript festgelegt
II. früher Grundkonflikt: Das lebensbestimmende Konfliktthema ist als emotional-atmosphärische Grundeinstellung, die unbewusst pathogene Überzeugungen prägt und in den alterstypischen Lebensschwierigkeiten des Erwachsenenalters die alten Konfliktthemen in neuer personeller Besetzung inszeniert

78
Q

2.2.6 Konfliktaktualisierung und Symptombildung - Äußerungen des aktualisierten Konflikts

A

I. kann sich zunächst in den neurotischen Lebensstilen des Verhaltens und Erlebens äußern, ehe es zu einer kritischen Destabilisierung des Systems und damit zur manifesten Symptombildung kommt  Es ist eine Situation eingetreten, in welcher die Abwehr des Patienten labilisiert wurde, sodass sie nicht aufrecht erhalten werden kann

II. Früher wurde angenommen, dass die Symptomauswahl einem umschriebenen Konfliktgeschehen zugeschrieben werden könne  lässt sich kaum noch halten

III. heute steht besonders das Thema des Affektausdrucks und der -regulierung in der Symptombildung sowie das dahinterliegende Konfliktthema im Fokus

IV. Symptombildung als Lösungsversuch: für die aktuell zugespitzte Symptomatik  Symptom nicht nur als Durchbrechen der affektiven Verzweifelung, sondern auch als Hilferuf, Bitte, Appell, Vorwurf, Anklage an das sich anwendende Objekt. In diesem Verständnis können Symptome als Indikator für die dahinterliegenden Konfliktthemen therapeutisch genutzt werden

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Q

2.2.6 Konfliktaktualisierung und Symptombildung - Vorgang des Symptomverständnis

A

I. Das wichtigste: Die Erarbeitung des Kontexts zur aktuellen Situation und Beziehungen und den darin erkennbaren Konfliktthemen

II. Bedeutung liegt weniger im Symptom, sondern in der Symptomauslösenden Situation, deren affektive Bedeutung der Patient i.d.R. nicht wahrgenommen hatte bzw. die er aufgrund seiner mitgetragenen Internalisierungen nicht anders als konflikthaft konstellieren konnte

III. Situative Kontexte sind im jeden Lebensalter und vom Geschlecht abhängig

IV. Der diagnostische Blick darf nicht auf die intrapsychischen Situation beschränkt bleiben, da sonst eine gewisse Stereotypie resultiert

V. Die Operationalisierung im OPD unterstreicht diese Orientierung zum inneren Erleben UND äußeren Umwelt

VI. Das typische klinische Bild konfliktbedingter Störungen enthält folgende Züge:
(1) Symptomatik: psychische Symptome (Depression, Ängste, Zwänge), somatoforme Beschwerden
(2) Affekterleben: spezifische Affekt herrschen vor (Ängstlichkeit, Resignation, Enttäuschung, …
(3) Beziehungserleben: sich wiederholende Belastungserfahrungen (Verlassenwerden, Gekränktwerden, Enttäuschtwerden,…)
(4) Selbsterleben: Selbstentwertung, Selbstüberforderung, Selbstaufopferung etc.
(5) Verhalten: Bemühen und Scheitern an immer gleichen Konfliktthemen