Sitzung 3 Depressionen - kognitiv-verhaltenstheoretische Sicht Flashcards
Symptome Depressionen
- Emotionale Symptome:
a) Traurigkeit & Niedergeschlagenheit
b) Schuldgefühle
c) Reizbarkeit
d) Leere - Kognitive Symptome:
a) Negative Gedanken
b) Wertlosigkeit
c) Suizidgedanken
d) Rumination = festhängen in Gedankenschleifen, Negativspiralen aus der man nicht mehr rauskommt - Physiologisch-vegetative Symptome:
a) Antriebslosigkeit/ Energieverlust
b) Interessenverlust
c) Schlafstörungen
d) innere Unruhe - Behaviorale/motorische Symptome:
a) Verlangsamung
b) Agitiertheit = Nervosität, Unruhe
c) geringe Aktivitätsrate
Depressive Störungen: unipolare Störungen
- Major Depression:
a) Einzelne Episode
b) vollremittiert - Major Depression:
a) Rezidivierend
b) vollremittiert
- Major Depression:
- Major Depression:
a) Rezidivierend
b) teilremittiert - Major Depression:
a) Rezidivierend
b) Episoden können ver. Starkegrade (leicht-schwer) haben - Major Depression:
a) Einzelne Episode (schwergradig: vormals auch Chronisch)
& Persistierende Depressive Störung - mit persistierender Episode einer Major Depression - Persistierende Depressive Störung - mit intermittierenden Episoden einer Major Depression
- Persistierenden Depressive Störung - mit rein Dystymen Syndrom
s. F. 6
Remission: Definition
Rückgang oder Nachlassen psychischer oder physischer Störungszeichen
Das vorherige, “normale” Stimmungsniveau wird nach einer Episode wieder erreicht
Rezidiv: Definition
Das Wiederauftreten einer psychischen oder physischen Erkrankung
Persistierend: Definition
Die Symptomatik ist nicht so stark ausgeprägt, dafür aber sehr langanhaltend. Die Stimmung ist immer unten und erreicht kein “normales” Niveau zwischen den Episoden
Personen haben oft nicht das Gefühl in einer Episode zu sein, sondern dass die Störung ein Teil von ihnen ist/ ihnen immanent ist
Depressive Störungen: unipolare Störungen: 1. Major Depression: Einzelne Episoden, vollremittiert
Eine Ausbuchtung sonst Normalniveau
Depressive Störungen: unipolare Störungen: 2. Major Depression: rezidivierend & vollremittiert
Mehrere Ausbuchtungen, zwischen, vor und nach den Episoden wird Normalniveau erreicht
Depressive Störungen: unipolare Störungen: 3. Major Depression: rezidivierend & teilremittiert
Mehrere Ausbuchtungen, zwischen den Episoden wird kein Normalniveau erreicht
Depressive Störungen: unipolare Störungen: 4. Major Depression: Rezidivierend - aktuelle Episode mittelgradig
mehrere Ausbuchtungen, zwischen den Ausbuchtungen wird Normalniveau erreicht, aktuelle Episode ist schwere als die vorherige
Depressive Störungen: unipolare Störungen: 5. Major Depression, Einzelne Episode (schwergradig), & Parasitierende Depressive Störung - mit persistierender Episode einer Major Depression
eine sehr lange sehr tiefe Ausbuchtung
Depressive Störungen: unipolare Störungen: 6. Persistierende Depressive Störung - mit intermittierenden Episoden einer Major Depression, ohne aktuelle Episode
Nie auf Normalniveau, mit Schwankungen und mehreren Ausbuchtungen
Depressive Störungen: unipolare Störungen: 7. Persistierende Depressive Störung - mit rein Dysthymen Syndrom
Keine Ausbuchtungen, Stimmung immer etwas, aber nicht sehr stark unter Normalniveau
Depressive Störungen: Bipolare Störungen
- Zyklothyme Störung: leichte Ausbuchtungen nach oben & unten
- Bipolar - I-Störung: Starke Ausbuchtungen nach oben & unten
Klassifikation Major Depression nach DSM-5
A. Depressive Symptomatik (insgesamt 5)
B. klinisch bedeutsames Leiden oder Beeinträchtigung
C. Keine Folge physiologischer Wirkung von Substanz oder medizinischen Krankheitsfaktoren
D. Keine Erklärung durch andere psychische Erkrankungen
E. Keine manisch oder hypomane Episode (aktuell oder lifetime) -> sonst Bipolare Störung
Wann ist jemand depressiv im Sinne von psychisch Krank?
- Phasen von Traurigkeit sind normal
- Klinisch bedeutsame Veränderung der Stimmungslage nach ICD-10 oder DSM-5-Kriterien:
a) Symptome treten über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen an fast jedem Tag den Großteil des Tages über auf (A-Kriterium)
b) Symptome führen zu bedeutsamem Leid und/oder
zu Beeinträchtigungen (B-Kriterium)
Wann ist jemand depressiv im Sinne von psychisch Krank? -> Leid und Beeinträchtigung
- Leid und Beeinträchtigung können individuell definiert werden
- Wichtig: Leid und Beeinträchtigung in verschiedenen Bereichen, z.B.:
a) sozial: Auswirkungen auf Beziehungen mit anderen Menschen
b) beruflich: Auswirkungen auf Arbeit/Schule
c) Auswirkungen auf häusliches/ privates Leben
d) Auswirkungen auf andere wichtige Lebensbereiche
Epidemiologie
- Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen weltweit
a) Major Depression:
‒ 12-Monats-Prävalenz: 6 – 7%
‒ Lebenszeit-Prävalenz: 12.7% (i.d.R. zwischen 15% und 20%)
b) Persistierende depressive Störung (früher Dysthymie):
‒ 12-Monats-Prävalenz: 2%
‒ Lebenszeitprävalenz: 4.5% - Frauen erkranken circa zwei- bis dreimal häufiger an Depressionen als Männer
Suizidalität: Definition
psychischer Zustand, in dem Gedanken und Verhaltensweisen darauf ausgerichtet sind, gezielt den eigenen Tod herbeizuführen oder diesen als möglichen Ausgang in Kauf zu nehmen
(Cal, 2012, S. 59)
Suizid: Definition
„absichtliche, bewusste, selbst herbeigeführte und selbstschädigende Handlung, die den eigenen Tod zum
Ausgang hat“
(Cal, 2012, S. 59)
Schritte zum Suizid
- Suizidale Gedanken und Suizidideen: “Manchmal wäre es mir am liebsten, ich würde einfach nicht mehr aufwachen”
- Riskantes/suizidales Verhalten:
“Ich prüfe schon mal welche Methoden es so gibt” - Suizidversuch: “Ich schlucke alle Tablette, dass wird schon reichen”
- Suizid
-> Müssen nicht immer in der Reihenfolge passieren und müssen auch nicht zwangsläufig einander bedingen
Wie kann sich Suizidalität äußern?
- DSM-5: MDE A9:
a) wiederkehrende Gedanken an den Tod/ Suizidvorstellungen
b) Suizidversuche
c) Suizidplan - Mitteilung: Mit jemanden über Suizid sprechen
- Vorbereitung:
a) konkreter Plan
b) Mittel und Instrumente besorgen - Gedanken:
a) Häufig
b) konkret
c) Aufdrängender Charakter
Abklären von Suizidalität
- Verbindlicher Bestandteil des diagnostischen Erstgesprächs
- Wiederholte Exploration im weiteren Verlauf, bei:
a) Eintreten von Krisen
b) Fremddiagnostische Hinweisen
c) Verschlechterung des Befindens - Entlastung für Patientinnen – Entlastung für Psychotherapeutinnen: Bericht über Suizidalität i.d.R. eher entlastend für Patient*innen
Abklären von Suizidalität: Handlung bei vorliegender akuter Suizidalität
- Abklären Vorhendensein von Suizidgedanken:
Ja -> Abklären Ausmaß der Suizidgedanken
Nein -> kein Handlungsbedarf (weiterhin Exploration wärhrend Verlaufs) - Abklären des Ausmaß der Suizidgedanken
- Abklären der Absprachfähigkeit
vorhanden -> Anti-Suizidvertrag, Notfallplan, etc. (+ weiterhin Exploration im Verlauf) - Nicht vorhanden -> Informierung über psychiatrische Vorstellung
Einwilligung -> psychiatrische Vorstellung anbahnen
Ablehnung -> Polizei oder Psychiater*in informieren
Nach Suizidalität fragen
- Offen, direkt, empathisch, konkret
- Beispielfragen:
a) Hatten Sie in letzter Zeit den Wunsch, nicht mehr leben zu wollen?
b) Kam das häufiger vor?
c) Haben Sie auch daran denken müssen, ohne dass Sie das wollten? Haben Ihnen sich die Gedanken aufgedrängt?
d) Haben Sie konkret darüber nachgedacht, wie Sie es tun würden?
e) Haben Sie Vorbereitungen getroffen?
f) Gibt es etwas, was Sie davon abhält?
g) Haben Sie jemals einen Suizidversuch unternommen?
Welche störungsspezifischen Modelle zu Entstehung und Aufrechterhaltung von Depressionen gibt es?
- Lewinsohn, 1974: Verstärker- Verlust-Modell
- Seligman, 1974: Modell der erlernten Hilflosigkeit (Erweiterung durch Abramson et. al. 1978)
- Beck, 1970, 1974: Kognitives Modell
Erklärungsätze für Depressionen
- Multifaktorieller Erklärungsansatz:
a) Biologische Erklärungen
b) psychologische Erklärungen -> kognitiv-behavioralen Störungstheorien (Verhaltenstheoretische Modell & kognitives Modell) - Zentral beim multifaktoriellen Erklärungsansatz:
a) Störungsspezifisch
b) Schwerpunkt auf aufrechterhaltenden Bedingungen
Verstärker-Verlust-Modell (Lewinsohn, 1974): Grundidee
Grundidee: Der Verlust eines zentralen, individuell bedeutsamen Verstärkers (geliebte Person, wichtige Tätigkeit, …) wirkt sich negativ auf die Stimmung einer Person aus
Verstärker-Verlust-Modell (Lewinsohn, 1974): Verstärkerverlust-Hypothese
eine geringe Rate positiver Verstärkung wirkt depressionsauslösend -> Mensch mit akuter Depression befinden sich unter „Lösungsbedingungen“
Verstärker-Verlust-Modell (Lewinsohn, 1974): Einflussfaktoren auf die Menge positiver Verstärker
- Potenziell Verstärkende Ereignisse: hier spiele quantitative Aspekte wie Anzahl und Intensität sowie qualitative Aspekte sowie Art und Funktion eine Rolle. Beeinfluss werden diese durch die persönliche Geschichte, soziale Rahmenbedingungen, Alter & Geschlecht, …)
- Erreichbarkeit von Verstärkung in der Umgebung: Die Menge der zu einem bestimmten Zeitpunkt unter definierten Bedingungen verfügbaren Verstärker (Lebensbedingungen spielen eine Rolle wie: Armut, Trennung, soziale Isolation, …)
- Instrumentelles Verhalten der Person: Verhaltensrepertoire (Kompetenz) einer Person, um sich so verhalten zu können, dass Verstärkung erfolgt (soziale und berufliche Kompetenzen spielen eine Rolle)
Verstärker-Verlust-Modell (Lewinsohn, 1974): 4. Kreislauf des depressiven Verhaltens
a) Das auf diese Weise entstanden depressive Verhalten wird durch soziale Zuwendung aufrechterhalten und verstärkt:
Die kurzfristig negative Verstärkung durch das Wegfallen angenehmer Bedingungen steht die längerfristig aversive Erfahrung der durch das depressive Verhalten belasteten Sozialbeziehungen gegenüber welch zu einer weiteren Reduktion positiver Verstärkung führt -> Depression selbst trägt dazu bei, dass das Ausmaß an positiven Verstärkern abnimmt
b) Depressives Verhalten wirkt auf sozial Partner aversiv: Oft kann Feindseligkeit und Negativität in depressiven Sozialbeziehungen beobachtet werden
c)
d) „Zwangsmechansimus“: Sozialpartner in langfristigen Sozialbeziehungen können sich aufgrund der schlechten Verfassung des Depressiven nicht oder nur unter Gefahr einer Verschlechterung (bis hin zum Suizid) von dem Depressiven „trennen“/ vermeiden. Daraus resultiert ein Zwangsmechanismus, dem Sozialpartner nicht entrinnen können
e) Depressive lösen bei Sozialpartnern oft negatives Befinden, Abwehr, Ablehnung oder Vermeidung aus. Partnerschaftliche Interaktionsmuster sind oft vorwurfsvoll, negativ, feindselig, wenig positiv und zeigen ungünstig lange Sequenzen derartiger negativer Interaktionen
Modell der erlernte Hilflosigkeit (Seligman): Hilflosigkeit Definition
Hilflosigkeit ist durch die Erwartung gekennzeichnet, dass wünschenswerte Ereignisse nicht eintreten oder unerwünschte eintreten werden und die Person keine Möglichkeit sieht, diese Situation zu verändern
Modell der erlernte Hilflosigkeit (Seligman): Ausgangsbeobachtung
: Erfahrungen von Kotrollverlust und Nichtkontrolle über unangenehme Bedingungen führt zu Verunsicherung, Angst, Rückzug, Passivität, Aufgeben und Störungen des Neulernens
Modell der erlernte Hilflosigkeit (Seligman): Hilflosigkeitshypothese der Depression
Erfährt eine Person Nichtkontrolle über aversive, persönlich wichtige Lebens- und Umgebungsbedingungen, dann entwickelt sich nicht nur Passivität, Apathie und Resignation, sondern auch Appetit- und Gewichtsverlust, erhöhte Latenz unwillentlicher Reaktionen, hormonelle und endokrine Störungen, immunologische Defekte & vegetative Beschwerden -> Eine „Einstellung“ der persönlichen Hilflosigkeit wird entwickelt, weitet sich (kognitiv) auf andere Bereiche aus und führt zur akuten Depression
Modell der erlernte Hilflosigkeit (Seligman):
Hilflosigkeitserwartung und die Attribution des Misserfolges:
a) Hilflosigkeitserwartung: Entscheidend für die Entwicklung einer Depression ist die Hilflosigkeitserwartung. Die Erfahrung des Misserfolgs und Nichtkontrolle wird auf neue Situationen generalisiert, auch wenn in diesen objektiv Kontrolle möglich ist
b) Attribution des Misserfolgs/der Nichtkontrolle: Die Art der Kausalattribution spielt eine bedeutende Rolle für die Stabilität und Universalität der emotionalen, motivationalen, motorischen, vegetativen und kognitiven Veränderung.
Die Ursachenzuschreibung erfolgt auf drei Dimensionen
I. Internal – external (die eigene Person ist schuld vs. Die Umwelt ist schuld)
II. Stabil – oder variabel (Der Grund ist in allen Situationen der gleiche vs. Der Grund ist je nach Situation ein anderer)
III. Global – spezifisch (Die Hilflosigkeit wird in alles Situationen erwartet vs. Die Hilflosigkeit wird nur in spezifischen Situationen erwartet)
Modell der erlernte Hilflosigkeit (Seligman):
Beschreibung
Sieht Depressionen als Resultat der Erfahrung der Nichtkontrolle über subjektiv bedeutsame Bedingungen. Diese Erfahrungen werden durch die Kausalattribution internal, stabiler und globaler Faktoren verarbeitet, was zur Misserfolgserwartung hinsichtlich zukünftiger Ereignisse führt und damit zusätzlich zur Verschlechterung und zur Verfestigung des depressiven Befindens beträgt