Sitzung 2 (Staatenwelt, Unsicherheit und Machtgleichgewicht: (Neo-)Realismus) Flashcards
internationale Ordnung der Neuzeit
Herausbildung eines kompetitiven und konfliktträchtigen Staatensystems
-Kriegsführung wichter Grund für die Mobilisierung von Ressourcen und die Entstehung von Nationalstaatlichkeit
–war made the state, and the states made the war
Zentrale Charakteristika:
- Angrenzende Staaten erkannten gegenseitig Legitimität und Unabhängigkeit an
- Anerkennung bezog sich nicht auf außereuropäische Entitäten
- Beziehungen zwischen Staaten wurden Regeln der Diplomatie und des Völkerrechts unterworfen
- Ein Gleichgewichtssystem zwischen den Staaten verhinderte wiederholt die Hegemonie eines Staates durch eine Staatenkoalition
Globale Expansion des europäischen Staatensystems
1600er: Europa (Europäisches Staatensystem)
1700er: + Nordamerika (westliches Staatensystem)
1800er: + Südamerika, Japan (globalisiertes System)
1900er: + Asien, Afrika, Naher Osten und Karibik (globales System)
– europäischer Kolonalismus und ungleicher Tausch/Handel
globale Staatensystem heute
5 Großmächte: USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien
30 sehr mächtige Staaten in Europa, Nordamerika und Japan
75 mäßig mächtige Staaten in Asien und Lateinamerika
90 Quasi-Staaten in Afrika, Asien, der Karibik und im Pazifik
Wozu Theorien?
Ordnung in das Chaos der Tatsachen bringen
– Ordnung in das Chaos bringen […] Was sie (die Wissenschaft) allein leisten kann […] die empirische Wirklichkeit denkend ordnen (Max Weber)
Theoriedefinitionen
Weites vs. enges Theorieverständnis
- Theorien im Sinne von theoretischen Konzepten, Denkmodellen, Ordnungsbegriffen usw.
- Theorien sind streng genommen generalisierte Hypothesen, die Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge bestimmen und damit Phänomene erklären.
Minimaldefinition von Theorie:
-“Theorien sind Sätze von Aussagen, die in einem logischen Zusammenhang stehen, die einer wissenschaftlichen Untersuchung als Bezugsrahmen dienen, eine begrifflich-systematische Ordnung der Ergebnisse ermöglichen und zu praktischem Handeln befähigen können” (Haftendorn)
Funktionen und Wirkungsweisen von Theorien
Theorie:
-Erklärung
SelektionOrdnung
––Handlungsorientierung
Hintergründe: Gesellschaft, Tradition, Interesse usw. –> Theorie
Theorie–> Wirkung
Wirkung:
–> revidieren –> Hintergründe
–> stabilisieren –> Hintergründe
Kriteriein zur Beurteilung von Theorien nach Frei (1973)
Maximale Leistungsfähigkeit in Bezug auf vorliegende Informationen
- maximale Informationsverarbeitung bei maximaler Trennschärfe
- keine Totalerklärungen
Innere Konsistenz und Logik
-Klarheit, Zusammenhang der Aussagen, Widerspruchsfreiheit
Wahrheitsgehalt von Theorien:
- Gesunder Menschenverstand?
- Dem “Wahren und Guten” verpflichtet?
- Wissenschaftliche Autorität?
- Empirische (intersubjektive) Überprüfbarkeit und Repräsentativität (Falsifikationsprinzip)
Theoriegattungen
deskriptive Theorie:
-gibt Antwort auf die Frage, wie die internationalen Beziehungen beschaffen sind
normative Theorie:
-gibt Antworten auf die Frage, was moralisch wünschenswert oder richtig ist
kausalanalytische theorie:
-gibt Antworten auf die Frage, warum die internationalen Beziehungen so sind wie sie sind
Erklärung und Kausalität
Definition von Theorie: “Theories are general statements that does describe and explain the causes and effects of classes of phenomena” (Van evera)
Variable =veränderbare Größe
- abhängige Variable (AV) = zu erklärende Variable
- unabhänigige Variable (UV) = die erklärende Variable
- intervenierende Variable (IV) = eingreifende Variable
- konditionierende Variable (KV) = konditionierende Variable
KV –> UV
KV –> IV
UV–>IV–>AV
zentrale Begriffe nach Van Evera
abhängige Variable (AV) = erklärte Variable
- efasst, was verstanden bzw. erklärt werden soll, d.h. worauf sich die Forschungsfrage richtet
unabhängige Variable (UV) = erkärende Variable
-erfasst die Sachverhalte, von denen angenommen wird, dass sie das Auftreten oder die Ausprägung der AV beeinflussen
intervernierende Variable (IV) = eingreifende Variable -erfasst die Sachverhalte, von denen vermutet wird, dass ihr Vorhandensein oder ihre Ausprägung den Zusammenhang zwischen der UV und der AV beeinflsust
konditionierende Variable (KV) - beeinflusst Beziehung zwischen UV und IV sowie zwischen IV und AV
Ursache-Wirkungs-Zusammenhang
Unabhängige V.: “Sonnenschein”
Konditionierende V.: “Regen” –>
–>Intervenierende V.: “Photosynthese”
–> abhängige V.: “Gras wachsen”
Zentrale Begriffe: Hypothesen
Hypothesen (H) sind Annahmen über einen vermuteten Zusammenhang zwischen zwei Phänomenen
–X (=UV) > Y(=AV)
deterministische vs. probalitistische Hypothesen
- deterministische Hypothese: H: Demokratien führen untereinander keine Kriege
- probalistische Hypothese: H: Je demokratischer beide Mitglieder eines Staatenpaares sind, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass eine militärische Auseinandersetzung zwischen ihnen ausbricht”
Der Realismus – zeitlos gültig?
Realismus als die dominante Theorie in der Geschichte der IB
-klassische politische Theorie
–Thukydides 1991 [ca. 410 v. Chr.]: Geschichte des Pelopennesischen Krieges
–Hobbes 1966 [1651]: Leviathan
–Ranke 1958 [1936]: “Primat der Außenpolitik”
- politischer (auch: antrhopologischer/klassischer) Realismus: Carr und Morgenthau
- Neorealismus (auch: struktureller Realismus): Waltz, Gilpin, Mearsheimer
Exkurs: Pelopennesische Krieg
Athen und Sparta sind Verbündete gegen das Perserreich, bilden jedoch nach dem Sieg jeweils Schutzbündnisse
- Athen: Delischer Bund von Inselstaaten
- Sparte: Pelopennesische Allianz von Kontinentalstaaten
Melos (spartanische Kolonie) war als einzige der Kykladen-Inseln dem Attischen Seebund nicht beigetreten
- 416 v. Chr. landete eine vin einer Streitmacht begletete athenische Gesandtschaft auf Melos, um die Melier zum Übertritt zu bewegen
- Melier-Passage gibt beispielhaft Einblick in die Beweggründe einer auf Machtgewinn gerichtete Politik
Exkurs: Realismus in der Antike – Thukydides
Aufforderung der Athener an die Bewonher von Melos, zusammen mit Athen gegen Sparta in den Krieg zu ziehen:
mit schön klingenden Worten […], dass Recht in menschlichen Verkehr nur bei gleichem Kräfteverhältnis zur Geltung kommt, die Stärkeren aber alles in ihrer Macht stehende durchsetzen und die Schwachen sich fügen