Psycholinguistik Flashcards

1
Q

Behaviourismus

A

Skinner: operante Konditionierung, Lernen aufgrund von Stimulus
und Input
Auf Spracherwerb übertragen:
- Kinder lernen passiv durch Imitation
- Eigene Produktion wird angepasst je nach Reaktion der
Erwachsenen
à Kinder übernehmen den Input
à Mind as a black box; wir können nicht wissen, welche
Prozesse im Gehirn ablaufen

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2
Q

Geschichte der Psycholinguistik II: Kognitive Wende

A

Probleme mit behavioristischen Spracherwerbstheorien:
- Übergeneralisierungsfehler im Spracherwerb (typisches Beispiel: goed statt went) à kommen nicht im Input
vor
- Von generativer Seite: Poverty of Stimulus, Input ist ungenügend
- Von interaktionaler Seite: Bedeutung von sozialer Interaktion wird unterschätzt
Interesse an mentalen Prozessen; Methoden zur Sichtbarmachung dieser Prozesse

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3
Q

Noam Chomsky: generative Theorien

A

Ausgangslage: Erstaunliche Sprachfähigkeit von Kindern, schnelle Lernfähigkeit und wenig Fehler
- Poverty-of-Stimulus-Argument
- Die Fehler (Übergeneralisierungen) lassen auf ein zugrundeliegendes System schliessen
- Dieses ist laut Nativisten/Generativisten die sog. Universalgrammatik (UG)
- Die UG ist:
- Angeboren
- Modular
- Evolutionär durch eine Mutation entstanden
- Liegt allen Sprachen zugrunde
- Words & rules; Klare Unterscheidung zwischen Lexik und Grammatik

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4
Q

Probleme der generativen Theorien

A

„What exactly is Universal Grammar, and has anyone seen it?“ Ewa Dabrowska (2015)
- Poverty of stimulus nicht wirklich ein Problem
- Spracherwerb durch statistisches Lernen à nicht modular, UG nicht notwendig
- Stattdessen Fokus auf generelle kognitive Mechanismen + Rolle der sozialen Interaktion
- Ein grosser Teil der Äusserungen ist nicht regelhaft; Kreativität lässt sich mit words & rules schlecht erklären
- Sprache als Mutation unwahrscheinlich

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5
Q

Geschichte der Psycholinguistik III: Konstruktionsgrammatik

A

Fliessender Übergang zwischen Lexik und grammatischen Strukturen
Konstruktionen als Verbindungen von Form und Bedeutung („emergent clusters of lossy memory traces that
are aligned within our […] conceptual space on the basis of shared form, function, and contextual dimensions

Häufige Kollokationen werden entrenched (gemeinsam verarbeitet), z. B. „wie geht‘s?“
* Konstruktionen sind miteinander verknüpft über verschiedene Relationen (Diessel 2019)
* Sprachliches Wissen abgebildet im sog. Konstruktikon

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6
Q

UG (universal grammar) vs. UB (usage-based)

A

Generative Theorien
- Angeborene Grammatik (UG) mit rekursiver Struktur
- Modular
- Ähnlichkeit von Sprachen
- Input triggert Grammatik, ansonsten irrelevant
- Words & rules
- Andere Bezeichnungen: UG, Nativistische Theorien

Gebrauchsbasierte Theorien
- Angeborene allgemeine kognitive Fähigkeiten wie
statistisches/soziales Lernen; Grammatik z.B. CxG
- Allgemeine Lernmechanismen, nicht
sprachspezifisch
- Unterschiede von Sprachen
- Input zentral
- Lexik = Grammatik; Konstruktionen
- Andere Bezeichnungen: UB, Kognitive Linguistik

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7
Q

Methoden der Psycholinguistik

A
  • Verhaltensbeobachtung (Korpusdaten oder Experimente)
  • Neurowissenschaftliche Methoden
  • Computergestütze Simulation von sprachlichem Verhalten
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8
Q

Abhängige und unabhängige Variablen

A

Die abhängige Variable ist das, was wir nicht beeinflussen (sondern, was die Teilnehmenden der Studie tun),
und von dem wir herausfinden wollen, ob es von der unabhängigen Variable (die wir selbst definieren) abhängt.

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9
Q

Stroop Effekt

A
  • Konflikt zwischen widersprüchlichen
    Informationen
  • Input wird automatisch verarbeitet,
    kontrollieret Verarbeitung braucht wesentlich
    mehr Kapazitäten
  • Kann auch Hinweis für nicht-modulare
    Verarbeitung von Sprache sein, da
    sprachliche Information die Verarbeitung von
    nicht-sprachlichen Informationen beeinflusst.
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10
Q

Frequenzeffekte

A

Experiment: Entscheidungstest (ist das ein Wort oder nicht?)
Stimuli: Häufige Wörter, seltene Wörter und nonce-Wörter, alle mit derselben Anzahl Buchstaben
Beispiele: machen, nehmen; forsch, adrett; lizafe, leberi
Messung der Reaktionszeit
Je häufiger ein Wort, desto schneller wird es verarbeitet.
Schneller Zugriff auf häufig benötigte Muster à begünstigt die Verwendung dieser Muster
Entrenchment; not all words (chunks) are equal

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11
Q

Priming

A

Priming beziehungsweise Bahnung bezeichnet in der Psychologie meist die Beeinflussung der Verarbeitung (Kognition) eines Reizes dadurch, dass ein vorangegangener Reiz implizite Gedächtnisinhalte aktiviert hat. Die Verknüpfung des Reizes mit speziellen Assoziationen im Gedächtnis, aufgrund von Vorerfahrungen geschieht häufig und zum allergrößten Teil unbewusst

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12
Q

Vorgeburtliche Entwicklung

A
  • Hinwendung zu Stimmen und Sprache
  • Erkennen von prosodischen und rhythmischen Eigenschaften der Umgebungssprache
  • Erkennen von sprachlichen Sequenzen
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13
Q

Phonetische Entwicklung im ersten Lebensjahr

A

Perzeption
* Sprachen unterscheiden sich in ihren phonologischen Eigenschaften.
* Bsp: im Deutschen sind [a] und [æ] Phoneme (= bedeutungsunterscheidend, z. B. ich fahre vs. die Fähre), im Arabischen sind es
kombinatorische Allophone des Phonems /a/.
* Neugeborene können zunächst eine grosse Vielzahl von von Phonemen
unterscheiden; im Lauf des ersten Lebensjahrs lernen sie, welche Phone
in ihrer Sprache bedeutungsunterscheidend sind und welche nicht.
* Im Erwachsenenalter sind wir auf die Phoneme unserer Alltagssprache(n)
eingestellt; es fällt schwer, andere Phone zu unterscheiden/produzieren.
Produktion
* Frühe Vokalisierungen, oft mit kommunikativer Funktion
* Kanonisches Babbeln und Artikulationsübungen

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14
Q

Überblick Wortschatzentwicklung

A
  • Wörter aus dem Sprachfluss erkennen: statistisches Lernen
  • Beispiel aus dem Text: CHI hört Kombination prettybaby; woher weiss CHI, dass die Wortgrenze bei pretty
    baby ist und nicht pre ttybaby?
  • Weitere Kombinationen: pretty girl, pretty flower, pretty colour à Wahrscheinlichkeit, dass auf pre tty folgt
    ist grösser, als die Wahrscheinlichkeit, dass auf tty ba folgt.
  • à pre und tty treten häufig zusammen auf; was häufig zusammen auftritt, wird zusammen verarbeitet
    (gleiche Prozesse lexikalische & grammatische Konstruktionen)
  • Verstehen vor Produktion (ca. ab 9 Monaten)
  • Erste Wörter ca. ab dem zweiten Lebensjahr
  • Fokus individuell auf Intonationseinheiten oder Artikulation einzelner Wörter
  • Zunächst langsamer Erwerb einzelner Wörter; ab ca. 50 Wörtern Verständnis für sprachliche Symbole à
    Vokabelspurt (zweite Hälfte 2. Lebensjahr)
  • Bald nach Einsetzen des Vokabelspurts: Mehrwortäusserungen
  • Ab 3 Jahren MLU (mean length of utterange = durchschnittliche Äusserungslänge) von 3 Wörtern
    à Grammatische Entwicklung
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15
Q

Grammatikentwicklung

A
  • Kinder übernehmen Formen aus dem Input, ohne zu analysieren: z.B. wo ist X
    als Einheit („chunk“) ohne als FRAGEPARTIKEL + VERB zu analysieren.
  • à zunächst keine zugrundeliegende Regeln / produktiven Neubildungen (wie
    wo sind, wer hat, warum geht…) = „slot-and-frame-patterns“/ Pivot-Schemas
  • Tomasello 1992, verb islands: verbspezifische Muster, Verben haben
    bestimmte sprachliche Nischen, ausserhalb derer sie anfangs kaum auftreten.
  • Mit der Zeit werden grammatische Regeln abstrahiert; die Muster werden
    flexibler / produktiv.
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16
Q

Übergeneralisierung

A

Übergeneralisierung weisen darauf hin, dass das Kind eine Regel erkannt hat und die Formen produktiv nach
dieser Regel bildet.
* Aus korrekten Formen lässt sich dies nicht schliessen, weil diese eine Imitation aus dem Input sein könnten (z.
B. zwei Legos, zwei Velos etc.)

17
Q

Welche Faktoren haben einen Einfluss auf den kindlichen Spracherwerb?

A

Ziemlich sicher
* Menge und Qualität an Input
* Genetik
* Geistige und physische Beeinträchtigungen

Umstritten
* Geschlecht
* Mehrsprachigkeit
* Bildungsstand der Eltern

Wenig erforscht
* Stressoren in der Umwelt
* Bindung?
* Eingebundenheit in Sozialverband? Anzahl Bezugspersonen?
* Medienkonsum?

18
Q

Kindgerichtete Sprache

A
  • Typische Merkmale: - Hohe Tonlage, grosse Variation in der
    Tonhöhe
  • Deutliche Artikulation - Kurze, vollständige Sätze - Übertriebene Intonation - Oft von (mimischen) Gesten begleitet - Vereinfachtes Vokabular - Mehr Wiederholungen/ Imitation * Wird gegenüber Haustieren, Intimpartnern,
    oder Fremdsprachigen
  • Intuitiv und spontan (genauso wie Abstand
    zum Kopf des Kindes)
  • Wird nicht in allen Kulturen gleich und
    gleich viel verwendet
  • Menge an CDS korreliert mit späterem
    Spracherwerb des Kindes
19
Q

Joint attention

A

«engagement is not only triadic – the infant and adult are
sharing attention to an external entity or situation – but, in
addition, it has a kind of recursive social structure. The infant
is attending not only to the adult’s attention to the object, but
also to the adult’s attention to her attention to the object, and to
the adult’s attention to her attention to the adult’s attention to
the object, and so on.»

20
Q

Cooperative Breeding Hypothesis

A

Unterschiede in der sozialen Struktur zwischen Schimpansen und
Menschen (Infantizid)
- Menschenkinder sind früh auf Unterstützung von nicht-Müttern angewiesen
- sie müssen deshalb a) Intentionen dieser Personen verstehen und b)
angemessen darauf reagieren können und c) die eigenen Bedürfnisse
sinnvoll kommunizieren
- Fähigkeit zu Perspektivenwechsel + angemessene Reaktion = Theory
of mind, Kommunikation

21
Q

L1 & L2

A
  • L1: zu Hause bis 3. Lebensjahr
  • L2: schulischer Kontext (gesteuerter L2-Erwerb)
  • L1 oder L2 (je nach Alter): ungesteuerter, natürlicher Erwerb der Umgebungssprache
22
Q

Unterschiede im L1-/L2-Erwerb

A
  1. Erwerbsalter
  2. Quantität und Qualität des Inputs
  3. Vorangehende Spracherfahrung
  4. Lernmethoden: explizites und implizites Lernen
23
Q

Einfluss des Erwerbsalters

A
  • Ab ca. 3 Jahren: L2
  • Grössere Arbeitsgedächtniskapazitäten à Input wird weniger stark auf relevante Einheiten fokussiert
  • Besseres Verständnis von explizit vermittelten, abstrakten Regeln à Fokus auf diese Regeln,
    Übergeneralisierungen
  • Komplexere Situationen im Erwachsenenalter, weniger eindeutige Form-Funktionszuordnung
24
Q

Einfluss des Inputs

A
  • Geringere Quantität (insbesondere in Unterrichtskontexten)
  • à weniger Wiederholungen à fehlendes Entrenchment von Mehrworteinheiten
  • Inputqualität: Vermittlung meist von einer Lehrperson an eine Mehrzahl von Lernenden à wenig Scaffolding,
    Variationsets (joint attention, Würstchen-Beispiel letzte Woche)
  • Dekontexktualisiertes Lernen im Klassenzimmer: Wenig Wissen über sprachliche Routinen in
    Alltagsinteraktionen und in verschiedenen sozialen Kontexten
25
Q

Einfluss der L1

A
  • Die L1 strukturiert die Aufmerksamkeit der Lernenden vor (L1 als Filter)
  • Beispiel: Schwierigkeit von deutschsprachigen Personen, tonale Sprachen (Bsp. Mandarin) zu lernen, da
    Intonation im Deutschen andere Funktionen hat
  • à Muster in der Intonation rutschen „durch den antrainierten selektiven Aufmerksamkeitsfilter der L1 … weil
    sie durch Erwartungen aus der L1 überschattet werden“ (Madlener-Charpentier & Behrens 2022: 52).
  • Zudem: Übertragungsfehler aus der L1 (Beispiel: ich habe ihm die Regeln erklärt à *I explained him the rules
    anstelle von I explained the rules to him)
26
Q

Einfluss der Lernmethode

A
  • Im L1-Erwerb praktisch nur implizites Lernen, in L2, vor allem in Unterrichtssituationen, explizites Lernen
  • Words & Rules Approach: Wörterlisten + Grammatikregeln
  • à fehlendes Wissen über Mehrworteinheiten und typische Kontexte von lexikalischen/grammatischen
    Konstruktionen (breites statt tiefes Wortschatzwissen)
  • Beispiel: egl. umbrella = dt. Regenschirm; aber auch: umbrella term; under the umbrella of…; parasol;
    metaphor for protection; parachute;…
  • Schwierigkeit, auch aktives Sprachwissen (Produktion) in schulischen Kontexten ausreichend zu fördern
    (sinnvolle Anwendung)
  • Zudem: Motivationsprobleme im schulischen Unterricht
27
Q

Explizites und implizites Lernen

A

Explizites Lernen: Vermittlung von Regeln und explizite Aufmerksamkeitslenkung auf bestimmte sprachliche
Muster; top-down
* Implizites Lernen: ungesteuerte Mustererkennung anhand statistischer Häufigkeiten im Input; bottom-up

Kann explizites Wissen je zu implizitem Wissen werden?
3 Ansätze
* Starkes Interface: ja, Regeln können durch Übung automatisiert und zu implizitem Wissen werden à
didaktischer Ansatz: Strukturen erklären
* Kein Interface: nein, explizites und implizites Wissen sind getrennt; explizites Wissen kann nie implizit werden
à didaktischer Ansatz: Inputfluten
* Schwaches Interface: explizites Wissen kann genutzt werden, um die implizite Verarbeitung des Inputs zu
steuern (Aufmerksamkeitslenkung auf relevante Aspekte im Input) à didaktischer Ansatz: viele Beispiele +
Erklärungen