iura in re aliena - beschränkte dingliche Rechte Flashcards
iura in re aliena – beschränkte dingliche Rechte
iura in re aliena „Rechte an einer fremden Sache“
→ A ist Eigentümer, B hat ein beschränktes dingliches Recht
- Der Berechtigte erhält bestimmte Rechte an der Sache, die das
Herrschaftsrecht des Eigentümers einschränken. Da es sich um dingliche
Rechte (Sachenrechte) handelt, kann der Berechtigte sie gegenüber
jedermann mit actio in rem durchsetzen! - Wir behandeln: Servituten / Pfandrecht
Servituten (Dienstbarkeiten) - Grundlagen
- servitus („Dienstbarkeit“), vgl.servus („Sklave“). Vorsicht: bei Servituten geht es nicht um Sklaven!
Auf Latein istservitus feminin, daher sagt man auch auf Deutsch „die Servitut“!
-Räumt der Eigentümer einer Sache einer anderen Person eine Servitut ein, so ist Eigentümer nunmehr verpflichtet,
(a) ein bestimmtes Verhalten dieser Person zu dulden oder
(b) selbst ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen
→ servitus in faciendo consistere nequit („Eine Dienstbarkeit kann nicht in einem Tun bestehen“) – der Eigentümer ist nur zu einem Dulden/Unterlassen verpflichtet, aber nie zu einem aktiven Tun
- Servituten bestehen immer nur an fremden Sachen!
→ nemini res sua servit – „Niemandem dient die eigene Sache“
→ Erwirbt der Servitutsberechtigte das Eigentum an der Sache, erlischt die Servitut durch Konfusion
(wörtl.„Vermischung“: Vereinigung von Berechtigtem und Verpflichtetem in einer Person) - Man unterscheidet: Prädialservituten und Personalservituten
Prädialservituten (Grunddienstbarkeiten)
-praedium „Grundstück“ – eine Prädialservitut ermöglicht/erleichtert die Nutzung einer
Liegenschaft
- Es gibt ein herrschendes Grundstück (praedium dominans) und ein dienendes
Grundstück (praedium serviens)
Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist der Servitutsberechtigte, der
Eigentümer des dienenden Grundstücks ist der Servitutsverpflichtete
→ Berechtigung/Verpflichtung aus der Servitut sind also mit dem Eigentum am
jeweiligen Grundstück verbunden
Personalservituten (persönliche Dienstbarkeiten)
- sind höchstpersönliche Rechte
→ d.h. sie gehen mit dem Tod des Berechtigten unter - ususfructus „Nießbrauch“, „Fruchtgenuss“ (usus „Gebrauch“, fructus „Fruchtziehung“)
→ Recht, eine fremde Sache zu gebrauchen und daraus Früchte zu ziehen unter
Schonung der Substanz
→ z.B. Recht, in einem Haus zu wohnen und es zu vermieten / Recht, einen Wald zu
nutzen und Bäume zu fällen (aber nicht so viele, dass die Substanz leidet) - usus: Recht zum bloßen Gebrauch (d.h. nicht zur Fruchtziehung)
→ z.B. Recht, in einem Haus zu wohnen (es aber nicht zu vermieten)
Durchsetzung einer Servitut
- Durchsetzung mittels vindicatio servitutis = actio confessoria
→ Klage auf Feststellung des Bestehens der Servitut und Herstellung des
servitutsgemäßen Zustands
→ actio „confessoria“ : wie engl. confess (zugeben): Klage gegen denjenigen, der das Bestehen der Servitut bestreitet; er muss
„zugeben“, dass die Servitut besteht - z.b. Ago hat die Servitut, in der Wohnung der Bellona zu wohnen (usus). Als
sich die beiden zerstreiten, tauscht Bellona das Schloss der Wohnung aus,
damit Ago nicht mehr dort wohnen kann
→ Ago kann von Bellona mit der actio confessoria verlangen, ihm wieder
den Zugang zur Wohnung zu ermöglichen
Befreiung von einer Servitut
- usucapio libertatis(„Ersitzung der Freiheit“)
→ übt der Servitutsberechtigte die Servitut nicht aus, „ersitzt“ der Servitutsverpflichtete die Freiheit (Fristen wie bei der Ersitzung: bewegliche Sachen ein Jahr, bei unbeweglichen Sachen zwei Jahre)
→ nach erfolgreicher usucapio libertatis kann der Eigentümer gegen den
Servitutsberechtigten mit einer actio negatoria (Eigentumsfreiheitsklage) auf
Feststellung des Nichtbestehens der Servitut klagen – Folge: Pflicht zur Duldung/Unterlassung besteht nicht mehr - z.B Antonius hat die Servitut, Vieh über das Grundstück der Berenike zu treiben. Eines
Tages verkauft er alle seine Kühe und widmet sich nur noch dem Obstanbau. Drei
Jahre später nimmt er die Viehwirtschaft wieder auf und treibt seine Kühe wie
früher über das Grundstück der Berenike
→ Berenike kann dies mit der actio negatoria unterbinden
Pfandrecht (pignus) - insolvenzrechtliche Grundlagen 1
Turia borgt Ufens 10.000. Leider kann Ufens den Kredit nicht zurückzahlen und
schlittert in die Insolvenz. Es stellt sich heraus, dass Ufens noch zwei anderen
Gläubigern Geld schuldet, nämlich Felix (40.000) und Merops (50.000). Das
Vermögen des Ufens beläuft sich jedoch nur auf 10.000.
In der Insolvenz gilt der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung, d.h. alle
bekommen prozentuell gesehen gleich viel.
Forderungen iHv 100.000 steht ein Vermögen von 10.000 gegenüber, d.h. 10%.
Alle Gläubiger bekommen also 10% ihrer Forderung: Felix bekommt 4.000, Merops
bekommt 5.000 und Turia bekommt 1.000.
Die Gläubiger erleiden somit einen Forderungsausfall von 90%.
Insolvenz „Zahlungsunfähigkeit“ (verneinendes in- und solvere, „zahlen“)
Beim Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung spricht man auch von der par conditio creditorum
(wörtl. „gleiche Lage der Gläubiger“).
Pfandrecht – insolvenzrechtliche Grundlagen 2
Turia hat, als sie Ufens den Kredit (10.000) gewährt, die Insolvenzgefahr vor
Augen und lässt sich ein Pfandrecht an der teuren Vase (Wert: 10.000)
einräumen, die das gesamte Vermögen des Ufens ausmacht.
Als Ufens in die Insolvenz schlittert, ist Turia abgesichert! Sie kann die Vase
versteigern lassen und erhält den Erlös (10.000), der ihre Forderung zur
Gänze deckt. Turias Pfandrecht geht den ungesicherten Forderungen der
anderen Gläubiger vor – Turia erhält alles, die anderen erhalten nichts!
Involvierte Personen
Der Gläubiger hat eine Forderung iHv 1.000 gegen den Schuldner.
Der Schuldner räumt dem Gläubiger ein Pfandrecht an einer seiner Sachen ein
Gläubiger — 1000 —-> Schuldner (schuldrecht)
Pfangläubiger — 1000 –> Pfandbesteller (sachenrecht)
Typischer Fall
Anton will sich eine Wohnung kaufen. Er hat lange gespart, aber da die
Immobilienpreise sehr hoch sind, hat er nur einen Teil des Kaufpreises bei der Hand. Er
braucht also einen Kredit von der Bank. Die Bank gibt Anton einen Kredit, um die
Wohnung zu kaufen, lässt sich aber eine Hypothek an der Wohnung einräumen.
Kann Anton den Kredit zurückzahlen, sind alle Beteiligten glücklich.
Kann Anton den Kredit nicht zurückzahlen, ist die Bank dennoch abgesichert: Aufgrund
des Pfandrechts kann sie die Wohnung von Anton herausverlangen, versteigern und ihre
Forderung aus dem Erlös befriedigen.
„Hypothek“: griechisch hypo = unter, thek = Legen – die Pfandsache wird „unter die Forderung gelegt“
…im römischen Recht noch allgemein Synonym für pignus (Pfand) – d.h. auch bewegliche Sachen
…im geltenden Recht: Pfandrecht nur an einer unbeweglichen Sache (Liegenschaft)
Publizität des Pfandrechts?
- Publizität (lat. publicus„öffentlich“) = Offenkundigkeit, Ersichtlichkeit
→ der Rechtsverkehr soll davon erfahren - Im römischen Recht noch nicht ausgeprägt (kein Faustpfandprinzip/Grundbuch)
- Heute schon: Faustpfandprinzip / Grundbuch!
→ Faustpfandprinzip: ist die Pfandsache beweglich, muss sie dem
Pfandgläubiger übergeben werden (damit sie nicht mehr beim
Pfandbesteller ist – er soll nicht „reicher aussehen, als er ist“)
→ Grundbuch: ist die Pfandsache unbeweglich, muss das Pfandrecht im
Grundbuch eingetragen werden („Hypothek“)
Pfandrecht – Voraussetzungen (römisches Recht!)
(1) dingliche Berechtigung des Pfandbestellers
(2) gültige Forderung des Gläubigers: Akzessorietätsprinzip
→ accedere „hinzukommen“
→ Der Bestand des Pfandrechts hängt vom Bestehen der Forderung ab!
→ erlischt die Forderung (z.B. weil der Schuldner bezahlt oder der Gläubiger ihm die
Forderung erlässt), erlischt auch das Pfandrecht
(3) conventio pignoris(Pfandabrede): Vereinbarung zwischen Pfandbesteller und
Pfandgläubiger, dass diese Sache für diese Forderung verpfändet sein soll
→ conventio „Vereinbarung“
Verwertung der Pfandsache I
- „Pfandverwertung“: bei Fälligkeit und Nichtzahlung der Forderung
- Pfandgläubiger hat die vindicatio pignoris – mit dieser kann er von allen
Besitzern die Herausgabe der Pfandsache verlangen
→ andere Namen der Klage: actio pigneraticia in rem, actio hypothecaria, actio Serviana - Pfandsache wird öffentlich versteigert
→ damit erlischt das Pfandrecht: der Käufer erwirbt unbelastetes Eigentum
→ Erlös der Versteigerung geht an den Pfandgläubiger
Verwertung der Pfandsache II – superfluum/hyperocha
- superfluum (wörtl. „Überfluss“) bzw. hyperocha (gr. „Übersteigendes“) heißt der
Mehrbetrag, um den der Verwertungserlös die besicherte Forderung übersteigt - Bsp: Ago hat Bellona einen Kredit (1.000) gegeben und sich ein Pfandrecht an
Bellonas Vase einräumen lassen. Bellona kann den Kredit nicht zurückzahlen,
sodass Ago die Vase mittels vindicatio pignoris von Bellona herausverlangt und
versteigert. Der Erlös beträgt (a) 1.500 / (b) 500.
(a): Ago erhält 1.000 (seine Forderung), die übrigen 500 sind superfluum/hyperocha.
Diese 500 muss Ago an Bellona herausgeben.
(b): Ago erhält 500, was seine Forderung nicht befriedigt. Er hat weiterhin eine
Forderung in Höhe der restlichen 500 gegen Bellona.
pignus tacitum – stillschweigendes Pfandrecht
- Pfandrecht ohne ausdrückliche conventio pignoris
→ deshalb „stillschweigend“ (tacitum)
→ die beiden anderen Voraussetzungen (dingliche Berechtigung, Akzessorietät)
müssen dennoch vorliegen! - Hauptfall: Pfandrecht des Vermieters an den invecta illata
Pfandrecht des Vermieters an den invecta illata
- invecta illata (wörtl. „Hineingetragenes und Hineingebrachtes“) sind die Sachen,
die nach Absicht des Mieters auf Dauer in der Wohnung bleiben sollen (z.B.
Möbel, Kunstgegenstände) - invecta illata gelten als verpfändet, auch wenn Mieter und Vermieter das nicht
explizit vereinbaren - Besonderheit: Perklusionsrecht des Vermieters (percludere „wegsperren“)
→ er darf die invecta illata eigenmächtig beschlagnahmen und muss nicht (wie
sonstige Pfandgläubiger) eine vindicatio pignoris anstrengen, um Besitz zu erlangen - gibt es auch noch im geltenden Recht (§ 1101 ABGB)
Indivisa est pignoris causa
- Prinzip der ungeteilten Pfandhaftung
→ wörtl. „ungeteilt ist der Grund des Pfandes“ (gemeint: die Forderung) - Werden für eine Schuld mehrere Gegenstände verpfändet, bleibt das Pfandrecht
an allen Sachen bestehen, bis die gesamte Schuld getilgt ist
→ der Gläubiger (= Pfandbesteller) muss die gesamte Schuld bezahlen, bevor
auch nur eine seiner Sachen „frei wird“ - z. B. Quintus verpfändet zwei seiner Kühe (Wert jeweils: 1.000) für eine Schuld iHv
2.000 an Faustilla. Eine Woche später zahlt er 1.500 zurück. Obwohl die Schuld
jetzt nur noch 500 beträgt, besteht das Pfandrecht an beiden Kühen weiter!
(ungeachtet dessen, dass jede einzelne Kuh 1.000 wert ist und damit schon für
sich allein ausreichen würde, um die Restschuld adäquat zu besichern)
Einlösungsrecht – ius offerendi ac succedendi
- wörtl. „das Recht, anzubieten und nachzufolgen“
- Ein nachrangiger Pfandgläubiger kann einem vorrangigen Pfandgläubiger
anbieten, diesem seine Forderung zu bezahlen („einzulösen“).
Dafür erhält er dessen Rechte: die Forderung (schuldrechtliche Ebene) und das
dazugehörige Pfandrecht (sachenrechtliche Ebene)
→ der Erwerber hat dann zwei Forderungen und zwei Pfandrechte - Hat für den nachrangigen Pfandgläubiger den Vorteil, über den Zeitpunkt der
Pfandverwertung entscheiden zu können
Prioritätsprinzip – priortempore, potior iur
- prior tempore, potior iure wörtl. „früher in der Zeit, stärker im Recht“
- Rangordnung der Pfandrechte richtet sich nach dem Zeitpunkt des Entstehens: das
am frühesten entstandene Pfandrecht ist im ersten Rang, das als zweites entstandene
im zweiten Rang etc. - Der erstrangige Pfandgläubiger entscheidet, wann das Pfand verwertet wird
- Wichtig bei der Pfandverwertung: jeder Pfandgläubiger wird aus dem
Verwertungserlös voll befriedigt, bevor der nächstrangige Pfandgläubiger zum Zug
kommt
→ reicht der Verwertungserlös nicht aus, gehen nachrangige Gläubiger leer
aus
Einlösungsrecht – ius offerendi ac succedendi
- wörtl. „das Recht, anzubieten und nachzufolgen“
- Ein nachrangiger Pfandgläubiger kann einem vorrangigen Pfandgläubiger anbieten, diesem seine Forderung zu bezahlen („einzulösen“). Dafür erhält er dessen Rechte: die Forderung (schuldrechtliche Ebene) und das dazugehörige Pfandrecht (sachenrechtliche Ebene)
→ der Erwerber hat dann zwei Forderungen und zwei Pfandrechte
Hat für den nachrangigen Pfandgläubiger den Vorteil, über den Zeitpunkt der Pfandverwertung entscheiden zu können