Eigentum (dominium/proprietas) Flashcards
Grundlagen Eigentum
Eigentum ist das dingliche Vollrecht an einer Sache
→ Substanz und Nutzungen der Sache sind dem Eigentümer grundsätzlich
umfassend zugeordnet
→ Einschränkungen ergeben sich durch gesetzliche Vorschriften (z.B.
Nachbarrecht, Denkmalschutz) und durch beschränkte dingliche Rechte
anderer Personen (z.B. Servituten, Pfandrecht)
§ 354 ABGB: „Als ein Recht betrachtet, ist Eigenthum das Befugniß, mit der
Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Andern davon auszuschließen.“
Klagen aus dem Eigentum
Eigentum als Recht zum Besitz
→ der nicht besitzende Eigentümer kann seine Sache von jedem
Inhaber herausverlangen: rei vindicatio und actio Publiciana
- Eigentum als Recht auf Ungestörtheit
→ der besitzende Eigentümer kann verlangen, dass sein Eigentum
nicht gestört wird: actio negatoria („Eigentumsfreiheitsklage“;
negare „verneinen“)
→ z.B. gegen Immissionen (dauernde störende Einwirkungen) oder
gegen behauptete Servituten (dazu dort)
originär VS derivativ
originär“ / „derivativ“: vgl. bereits beim Besitzerwerb
- originärer Eigentumserwerb = nicht von einem Vormann abgeleitet
→ z.B. Ersitzung, occupatio (Aneignung), accessio (Verbindung) - derivativer Eigentumserwerb = von einem Vormann abgeleitet
→ z.B. traditio (Übergabe) einer Sache
Derivativer Eigentumserwerb
3 Varianten:
(1) traditio
(2) mancipatio
(3) in iure cessio
traditio
formlose Übergabe einer Sache: A drückt B das Buch in die Hand
→ auch Traditionssurrogate möglich! (traditio brevi manu, constitutum possessorium)
- drei Voraussetzungen, damit Eigentum übergeht:
(1) dingliche Berechtigung des Veräußerers
(2) iusta causa (auch titulus genannt)
(3) Besitzübertragung (auch modus genannt)
dingliche Berechtigung des Veräußerers
zwei Möglichkeiten: Eigentum / Verfügungsbefugnis
(1) Eigentum: der Eigentümer kann einer anderen Person sein Eigentum übertragen
(2) Verfügungsbefugnis: der Eigentümer hat einer anderen Person die Befugnis
eingeräumt, das Eigentum an der Sache zu übertragen
(„über die Sache zu verfügen“ – vgl. „Verfügungsgeschäft“)
Nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet
„Niemand kann mehr Recht (an einer Sache) übertragen als er selbst hat“
Grundregel des derivativen Eigentumserwerbs: der Veräußerer muss
dinglich berechtigt sein (d.h. selbst Eigentümer oder verfügungsbefugt),
um dem Erwerber Eigentum übertragen zu können.
wird oft nur mit den ersten Worten als „nemo-plus-iuris“ zitiert
iusta causa = titulus
- iusta „rechtmäßig“, „rechtlich anerkannt“; causa „Grund“ / titulus „Titel“
Eine iusta causa bezeichnet einen gültigen Rechtsgrund für die
Eigentumsübertragung, d.h. ein Geschäft, das auf Eigentumserwerb
abzielt und diesen begründet/erklärt
→ meist ein schuldrechtliches Geschäft, z.B. Kaufvertrag/Schenkung/Darlehen: der Käufer/Beschenkte/Darlehensnehmer soll nach dem Willen der Parteien
Eigentümer werden
→ nicht aber z.B. Leihe: bei einer Leihe soll der Entleiher die Sache dem Verleiher
zurückgeben, d.h. der Entleiher soll nicht nach dem Willen der Parteien
Eigentümer werden
Besitzübertragung = modus = traditio ieS
modus bedeutet wörtlich „Art und Weise“
Besitzübertragung kann durch eine schlichte Übergabe (traditio im
engeren Sinne, ieS) oder durch ein Traditionssurrogat (traditio brevi manu,
Besitzkonstitut) erfolgen
traditio - mehrdeutiges wort
Im Kontext von Besitz bezeichnet es die Übergabe (vgl. traditio brevi manu)
Im Kontext von Eigentum bezeichnet es die Übereignung durch Übergabe
Man kann daher sagen: „Die traditio hat drei Voraussetzungen:
Verfügungsbefugnis, iusta causa und traditio im engeren Sinne“
→ Das bedeutet: Die Eigentumsübertragung durch traditio hat drei Voraussetzungen: Verfügungsbefugnis, iusta causa und Besitzübertragung
traditio = kausales, derivatives Verfügungsgschäft
„derivativ“ = das Eigentum des Erwerbers leitet sich vom Eigentum des
Veräußerers ab
„Verfügungsgeschäft“ = ändert die Zuordnung eines dinglichen Rechts
(hier: des Eigentums, das übertragen wird)
“kausal“ = es wird eine iusta causa benötigt
→ Gegenbegriff: „abstrakt“ = keine iusta causa benötigt (bei mancipatio, in iure cessio)
abstrakt heißt wörtl. „weggezogen“ (abstrahere „wegziehen“)
Prinzip der kausalen Tradition (Österreich)
Das österreichische Recht folgt dem römischen Recht!
Die traditio setzt eine iusta causa voraus → „Prinzip der kausalen Tradition“
Das ABGB spricht jedoch von „Titel“ (für die iusta causa) und „Modus“ (für die
Besitzübertragung)
→ Voraussetzungen für den derivativen Eigentumserwerb:
dingliche Berechtigung / Titel / Modus
Im geltenden Recht ist der Modus für den Rechtserwerb an Liegenschaften
zwingend die Eintragung ins Grundbuch („Intabulation“ = „Einverleibung“)
→ „Intabulationsprinzip“: tabulae heißen in der Antike Tafeln, die zum Schreiben
verwendet wurden – „Intabulation“ bezeichnet also den Vorgang des Aufschreibens
Derivativer Eigentumserwerb im römischen Recht
3 Varianten
1 - traditio
2 - mancipatio
3 - in iurse cessio
2 + 3= strukturell ähnlich: abstrakte derivative Verfügungsgeschäfte
mancipatio – Grundlagen
von manus („Hand“) und capere („ergreifen“)
altrömischer Formalakt mit acht Personen: Veräußerer, Erwerber,
Waagehalter, fünf Zeugen: der Erwerber ergreift die Sache mit der Hand,
behauptet, dass sie jetzt ihm gehört, und schlägt mit einer Münze auf die
Waage, während der Veräußerer schweigt (d.h. er bestreitet das Recht des
Erwerbers nicht und akzeptiert es damit)
überträgt das zivile Eigentum an res mancipi
res mancipi
res mancipi sind „Manzipationssachen“
= Sachen, an denen ziviles Eigentum nur
durch mancipatio (oder in iure cessio) übertragen werden kann
jene Sachen, die im frühen agrarischen Rom von zentraler Bedeutung für die
Landwirtschaft waren:
(1) Grundstücke in Italien
(2) Sklaven
(3) große Tiere: Rinder (Kühe/Stiere/Ochsen), Pferde, Esel, Maultiere, Maulesel
alle anderen Sachen sind res nec mancipi („Nicht-Manzipationssachen“)