IIb. Inhaberwechsel / Firmenfortführung Flashcards
Haftung für Altverbindlichkeiten
Voraussetzungen
1) Rechtsgeschäftlicher Erwerb eines kaufmännischen Handelsgeschäfts
- Veräußerer muss Kaufmann sein
- Erwerb ist jede Unternehemsübertragung und Überlassung (nicht aber vom Insolvenzverwalter etc.)
- Maßgeblich ist die tatsächliche Übernahme
2) Beibehaltung der bisherigen Firma und tatsächliche Fortführung des Unternehmens
- Geschäftsfortführung
- Firmenfortführung
3) Forderung im Geschäftsbetrieb begründet
4) Kein unverzüglicher Haftungsausschluss
Geschäftsfortführung
Geschäftsfortführung: Unternehmenskontinuität ist anzunehmen, wenn der den Schwerpunkt des Unternehmens bildende wesentliche Kern übernommen wird, so dass sich der nach außen für den Rechtsverkehr in Erscheinung tretende Tatbestand als Weiterführung des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand darstellt.
Firmenfortführung
Maßgeblich ist, ob aus der Sicht des Rechtsverkehrs der prägende Bestandteil der Firma fortgeführt wird, so dass der Verkehr die neue Firma trotz der Änderung noch mit der alten identifiziert.
… wenn das Unternehmen selbst aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs im Wesentlichen unverändert unter der alten Firmenbezeichnung fortgeführt wird.
Unverzüglicher Haftungsausschluss
Ein Ausschluss hat im Außenverhältnis nur Wirkung, wenn er unverzüglich ins HR eingetragen und bekanntgemacht oder dem Dritten mitgeteilt worden ist. Diese Regelung verdrängt § 15 Abs. 1 HGB, sodass sich der Erwerber auf anderweitig als durch Mitteilung eingetretene Kenntnis des Gläubigers nicht berufen kann.
Wichtig: Wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht erfüllt sind, greift der Haftungsausschluss selbst dann nicht, wenn der Dritte ihn positiv kennt!
Rechtsfolge der Übernahme
- Ggf. Haftung für Altverbindlichkeiten
- Ggf. Zugriff auf Altforderungen!
Altverbindlichkeiten
- Gesetzlicher Schuldbeitritt; Haftung neben dem alten Inhaber.
- Aber: Nachhaftung des früheren Inhabers nach § 26 begrenzt.
Altforderungen
- Gehen ggf. über: § 25 I 2, wobei die genaue Einordnung der Norm streitig ist.:
- Verhältnis Erwerber-Schuldner: Schuldner kann mit befreiender Wirkung an Erwerber leisten (unstr.). Erwerber kann aber Forderung nur geltend machen, wenn er tatsächliche Abtretung nachweist (str.)
- Verhältnis Altinhaber-Schuldner: Schuldner kann (weiterhin) befreiend an eigentlichen Gläubiger leisten (str.). Altinhaber kann Forderung nicht geltend machen, solange § 25 I 2 HGB greift (str., insb. ob Ausnahme bei Kenntnis des Schuldners von Nichtabtretung)
- Verhältnis Altinhaber-Erwerber: richtet sich allein nach deren Vereinbarungen, § 26 I 2 HGB gilt nicht. Bei Leistung des Schuldners an den Erwerber hat dieser das Erlangte gem. § 816 II BGB herauszugeben (unstr.).
§ 25 Sinn und Zweck
Das Unternehmen ist eine Gesamtheit von Sachen und Rechten, die der Verfolgung eines bestimmten wirtschaftlichen Zwecks dienen.
§ 25 ff HGB tragen der Tatsache Rechnung, dass der Rechtsverkehr (juristisch haltlos!) davon ausgeht, dass diese Forderungen und Verbindlichkeiten mit dem Unternehmen bzw. der Firma verknüpft sind und sich daher an den jeweils aktuellen Inhaber wenden möchte, unabhängig von dessen Identität und etwaiger Vereinbarungen im Innenverhältnis.
Erwerb eines Handelsgeschäfts
Jedes tatsächliche Einrücken in die Stellung des bisherigen Inhabers.
Die Rechtsnatur und nach hM auch die Wirksamkeit des zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrags sind unerheblich.
Eintritt in das Unternehmen eines Einzelkaufmann § 28
Voraussetzungen
1) Geschäft eines Einzelkauffmann
2) Übernahme des Geschäfts.
- Keine Fortführung der Firma notwendig
3) Eintritt = Entstehung einer Personengesellschaft (oHG/KG) unter Einbringung des Handelsunternehmens
4) Kein Haftungsausschluss nach § 28 II
Eintritt in das Unternehmen eines Einzelkaufmann § 28
Rechtsfolge
Haftung für Verbindlichkeiten des früheren Inhabers:
…der Gesellschaft
- Gesetzlicher Schuldbeitritt
…des früheren Inhabers
- Ausnahme: § 28 III
… des eintretenden Gesellschafters
- Nach hM: Zudem persönliche, unbeschränkte Haftung gem. § 128 für die Altschulden als Gesellschaftsschulden! (nicht § 130 HGB)
Andere Ansicht: § 28 HGB ist im Kontext von § 25 zu sehen. Allein die Gesellschaft führt das Unternehmen fort. Eine Haftung aus § 128 entspricht nicht den Schutzerwartungen des Rechtsverkehrs
Analogische Anwendung des § 28 I 1 auf die Entstehung einer GbR?
Gem. BGH käme eine analoge Anwendung in Betracht, wenn diese die Besonderheiten der Art der Berufsausübung nicht betreffen.
Problematisch: Gesellschaftern einer GbR ist es nicht möglich, einen Haftungsausschluss im Handelsregister eintragen zu lassen.
Argumentationsstruktur:
i. Nach heutiger Rspr. ist die GbR teilrechtsfähig, § 124 Abs. 1 HGB analog.
ii. Die Gesellschafter einer GbR haften analog § 128 S. 1 HGB.
iii. Ebenso gilt § 130 HGB analog.
iv. Findet § 130 HGB analoge Anwendung, dann darf es keinen Unterschied machen, ob die Gesellschaft durch den Beitritt erst gegründet worden ist (dann § 28 HGB) oder nicht (dann § 130 HGB).
v. Achtung: ggf. Differenzierung nach Art der Verbindlichkeit! Beachte auch, Prof. Steinbeck sieht das wohl anders (s.o.)!
Erwerb kraft Erbfolge § 27 HGB
Voraussetzungen
1) Handelsgeschäft gehört zum Nachlass
2) Fortführung von Handelsgeschäft und bisheriger Firma
- Für den Rechtsverkehr muss wieder der Eindruck entstehen, das Unternehmen werde in seinen wesentlichen Bestandteilen fortgeführt.
3) Keine Einstellung innerhalb von drei Monaten, § 28 II
4) Forderung im Betrieb begründet
5) Keine Haftungsbeschränkung entsprechend § 25 II (str.)
- Hier: Lediglich einseitige Erklärung des Erben, muss allerdings auch unverzüglich geschehen.q
Forderungsübergang bei Inhaberwechsel (§ 25 I 2)
Dogmatische Einordnung
Dogmatische Einordnung streitig.
Ansichten:
1) Schutz des Schuldners in Fällen, in denen die Forderung nicht abgetreten wurde.
2) Fiktion einer Abtretung
3) Unwiderlegliche Vermutung zum Schutze des Schuldners
4) Abtretung findet tatsächlich statt, Gesetzgeber unterstellt lediglich Abtretungswille
Forderungsübergang bei Inhaberwechsel (§ 25 I 2)
Voraussetzungen
Voraussetzungen
1) Rechtsgeschäftlicher Erwerb des Handelsgeschäfts
2) Tatsächliche Fortführung
3) Einwilligung des bisherigen Inhabers in Fortführung
4) Forderung in Betrieb begründet
5) Forderung formlos übertragbar
6) Kein Ausschluss nach § 25 II HGB
Forderungsübergang bei Inhaberwechsel (§ 25 I 2)
Rechtsfolge
- Forderung gilt auf den Erwerber übergegangen, bleibt aber eine solche des bisherigen Geschäftsinhabers; unwiderlegbare Vermutung zum Schutze des Schuldners
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Was passiert, wenn der Schuldner an den Erwerber zahlt, aber keine Abtretung stattgefunden hat?
→ Schuldner kann gem. § 362 Abs. 1 BGB, § 25 Abs. 1 S. 2 HGB mit befreiender Wirkung an den Erwerber zahlen.
→ Der Veräußerer verliert seine Aktivlegitimation, d.h. der Schuldner kann sich ihm gegenüber über § 25 Abs. 1 S. 2 HGB darauf berufen, dass die Forderungszuständigkeit beim Erwerber liegt.
→ Der Veräußerer erhält gegen den Erwerber einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB.
Regelung des § 28 I 2 bei Eintritt in das Geschäft eines Einzelkaufmanns
Voraussetzungen und Rechtsfolge
Voraussetzungen
1) Eintritt in einzelkaufmännisches Handelsgeschäft
2) Entstehen einer OHG/KG
3) Geschäftsfortführung
4) Kein sofortiger Ausschluss des Forderungsübergangs § 28 II
Rechtsfolge
Forderung gilt auf den Erwerber übergegangen, bleibt aber eine solche des bisherigen Geschäftsinhabers.