HaWi II - UWG Flashcards
Auf welche Verfassungsnormen stützt sich das UWG?
- BV 95 I: Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit
- BV 96: Wettbewerbspolitik
- BV 97 I & II: Konsumentenschutz
- BV 122 I: Zivilrecht
Wie steht es um die verfassungskonforme Auslegung des UWG?
- Das UWG ist verfassungskonform auszulegen
- Meinungsäusserungs-, Medien- und Wissenschaftsfreiheit sind bei der Auslegung zu berücksichtigen
- Neutrale Dritte (z.B. Medien oder Wissenschaftler) haben grösseren Spielraum als Konkurrenten
Was ist der Theorienstreit im UWG?
«Theorienstreit»: Geschäftsmoralischer vs. funktionaler Ansatz
➔ Widerspruch oder Ergänzung?
➔ «lauterer und unverfälschter Wettbewerb»: Pleonasmus/Tautologie oder Hendiadyoin?
- h.L.: Kombination beider Ansätze: Auslegung des UWG im Hinblick auf:
- «den lauteren Wettbewerb»: Geschäftsmoral
- «den unverfälschten Wettbewerb»: Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs
- richtigerweise: rein funktionale Betrachtung und Verzicht auf geschäftsmoralische Aspekte
Was ist der geschäftsmoralische Ansatz?
UWG
- Abstellen auf Regeln des kaufmännischen Anstandes, auf Gebote der beruflichen Korrektheit
oder auf die kaufmännischen guten Sitten - Problemfelder
- Ökonomisch unreflektierte Wertentscheidungen; Tür und Tor für subjektive Wertungen der
zuständigen Richter; gewisse Gerichte folgen/folgten explizit dem «fiese Siech»-Prinzip - Vernachlässigung der Dreidimensionalität (Fokus auf Anbieter und Ausblenden der Abnehmer/Allgemeinheit)
- Rhetorik statt Reflexion: z.B. «hinterlistige oder schmarotzerische Übernahme fremder Leistungen»
- Ökonomisch unreflektierte Wertentscheidungen; Tür und Tor für subjektive Wertungen der
Was ist der funktionaler Ansatz?
UWG
-
Abstellen auf Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs
- Normierung aufgrund ökonomisch-funktionaler Kriterien (systemadäquater Ansatz)
- Ausrichtung auf ein Referenzsystem
- Berücksichtigung der Interessen von Konkurrenten, Abnehmern und Allgemeinheit und damit Einbezug
der Systemkomponente Berücksichtigung der Dreidimensionalität - Objektive, wertungsfreie Beurteilung
-
Kritik
- Zu komplex und deshalb nicht-justiziabel
- Streit zwischen ökonomischen Theorien vor Gericht unerwünscht
-
Problemfelder
- Leicht erhöhte Komplexität wegen Berücksichtigung von Erkenntnissen der Ökonomie
- Fehlende Bereitschaft zur Berücksichtigung, fehlendes Verständnis der Jurist:innen
- Festhalten an rhetorisch einfachen «Begründungen» und an intuitiven, aber meist wenig reflektierten, tradierten Wertungen
-
Potenzial
- Kein Abstellen auf spezifische ökonomische Theorien, sondern auf allgemein anerkannte, sehr
grundlegende Erkenntnisse - Minimales Verständnis ökonomischer Zusammenhänge genügt
- Kein Abstellen auf spezifische ökonomische Theorien, sondern auf allgemein anerkannte, sehr
Was ist ist der Lösungsansatz zum Theorienstreit?
UWG
⇒ Operationaliserter, funktionaler Ansatz
- Sinn und Zweck der Wettbewerbspolitik: Gewährleistung und Erhaltung des Wettbewerbs als äusserst komplexer, historisch offener Vorgang
- Mittel der Wettbewerbspolitik:
- Einwirkung auf Marktstruktur
- Lenkung des Marktverhaltens
- VSS für Wettbewerb:
- Freiheit der Wettbewerbs-Tn (Rahmenbedingungen = BV/ Schutz gen Private (KG/UWG)
- Rechtliche Gleichheit
Welche Funktionen hat der Wettbewerb beim operationalisierten, funktionalen Ansatz?
-
Lenkungsfunktion
- Koordination des Angebots durch die Nachfrage
- Aufg. d. Rechts = Schutz d. nachfragerelevanten Markttranspartenz
-
Verteilungsfunktion
- Primärverteilung des Einkommens nach der vom Markt bewerteten Leistung
- Einkommen entspricht Leistung, wenn Ausschlussprinzip gilt (mit Hilfe von ET und IGR)
- Aufg. d. Rechts = ergänzende Umsetzung des Ausschlussprinzips bei unmittelbarer Übernahme fremder Leistung
-
Fortschrittsfunktion
- Wettbewerb für Forschritt im weitesten Sinn
- Aufg. d. Rechts = Gewährleistung der Wechselwirkung von Innovation und Imitation
- Dafür 2 Wege
- Ausschliesliche Nutzung für begrenzte Zeit (IGR)
- Zulassen von Imitation von Anfang an (UWG = “Nachahmungsfreiheit”)
Wie wird das Leitbild beim operationalisierten, funktionalen Ansatz formuliert und welche Kriterien werden für das Referenzsystem herangezogen?
- Normative Formulierung des Leitbildes
- Fkt. des Wettbewerbs grds. pos. bewertet
- Gewähleistung der VSS d. Wettbewerbs und Normativierung zentraler wettbewerblicher Muster
- Kriterien des Referenzsystems
- Beeinträchtigung der Wettbewerbsfreiheit
- Beeinträchtigung der rechtlichen Gleichheit
- Beeinträchtigung der Lenkungsfunktion
- Beeinträchtigung der Verteilungsfunktion
- Beeinträchtigung der Fortschrittsfunktion
Was ist die Methodik bei der Beurteilung nach dem operationalisierten, funktionalen Ansatz
- Beurteilung einer Handlung im Hinblick auf Beitrag zur Realisierung des Referenzsystems
- Beurteilung nach Massgabe der betroffenen Interessen aller Beteiligten (Dreidimensionalität), namentlich der konkurrierenden Anbieter und der Abnehmer
→ Beurteilung auch abstrakt möglich, Grundlage für Formulierung von Spezialtatbeständen - Beurteilung nach Mass der Beeinträchtigung der Kriterien des Referenzsystems und der Interessen aller Beteiligten
→ Beurteilung nur im Einzelfall möglich (Anwendung der Generalklausel, keine Grundlage für SpezialTB)
Verhältnis KG zu UWG
- Grds. gleichgerichteter Zweck: Schutz des wirksamen/funktionsfähigen Wettbewerbs
- Aber unterschiedlicher Fokus
- KG schützt Wettbewerbsfreiheit
- UWG schützt VSS des Wettbewerbs
- UWG gewährleistet Erreichen der Wettbewerbsfunktionen
Verhältnis IGR und UWG
- Grds. gleichgerichteter Zweck in Teilbereichen (insb. Förderung von Fortschritt)
- Aber unterschiedliche rechtliche Mittel
- IGR: Absolute subjektive Rechte
- UWG: Verhaltensnormen
- Tw. weitgehend deckungsgleiche Konzepte
- Kumulative vs. autonome Anwendung
Was sind Wettbewerbshandlungen?
UWG
- Handlungen, die objektiv auf Beeinflussung der Wettbewerbsverhältnisse auf einem Markt angelegt sind;
- jede Handlung, die marktrelevant, marktgeneigt oder wettbewerbsgerichtet ist;
- Auswirkung auf
- Verhältnis zwischen Mitbewerbern
- Verhältnis zwischen Anbietern und Abnehmern
Was ist der sachl. Geltungsbereich des UWG?
- UWG ist auf Wettbewerbshandlungen anwendbar
- Objektive Eignung zur Beeinflussung genügt (muss sich weder tatsächlich auswirken, noch ist ein Vorsatz nötig)
- Spürbarkeit im Wettbewerb (Bagatellschwelle)
- Nicht erfasst: Handlungen, die nicht marktrelevant, marktgeneigt oder wettbewerbsgerichtet sind
- Äusserungen in Privatspähre
- unternehmensinterne Verhaltensweisen
- Politische Debatten bei Wahlen und Abstimmungen
- Tätigkeiten von Vereinen mit ausschliesslich ideellen Zwecken
- Tätigkeiten im Rahmen des wissenschaftlichen Diskurs
Was ist der persönliche Geltungsbereich des UWG?
- UWG 1: “Wettbewerb im Interesse aller Beteiligten zu schützen”
- Interessen der Anbieter, Abnehmer und Allgemeinheit sind zu wahren ⇒ 3-Dimensionalität des Wettbewerbsrecht ⇒ Jedermann kann gegen das UWG verstossen
- Wettbewerbsverhältnis nicht erforderlich
Was ist der räumliche Geltungsbereich des UWG?
- Marktauswirkungsprinzip
- s. IPRG 136
Was ist der Tatbestand des UWG 2
- Generalklausel im Licht des Zweckartikels auslegen ➔ UWG 1
- Treu & Glauben um UWG ≠ T&G aus ZGB 2
TB:
- Verhalten oder Geschäftsgebaren
- Verhalten: jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, auch Anstiftung und Beihilfe
- Geschäftsgebaren: Unterfall des Verhaltens
- Verstoss gegen T&G
- Geschäftsmoralischer Ansatz: Gebote der beruflichen Korrektheit
- Funktionaler Ansatz: Schutz des unverfälschten Wettbewerbs
Verhältnis der SpezialTB zur Generalklausel
- Rsp: SpezialTB sind vor der Generalklausel zu prüfen
- Lit:
- Überwiegende Ansicht: Immer von der Generalklausel auszugehen
- Anderer Teil der Lehre: Gewisse EinzelTB nehmen abschliessende Grenzziehung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten vor
- Durch Auslegung ermitteln, ob TB eine abschliessende Grenzziehung zwischen erlaubtem und verbotenem Verhalten vornehmen ⇒ offene vs. abschliessende TB
- offene TB: SV, die den TB nicht erfüllen, vermögen die Generalklausel erfüllen
Was sind die Fallgruppen für unlauteres Verhalten nach dem UWG
- Ausüben von Zwang
- Vorsprung durch Rechtsbruch
- Systematische Nachahmung
- Rufausbeutung
Aktive und passive (Privat-)Bestechung (Art. 4a UWG)
- Arbeitnehmer, Gesellschafter, Beauftragter oder andere Hilfsperson eines Dritten im privaten Sektor
- Im Zusammenhang mit einer dienstlichen oder geschäftlichen Tätigkeit
- Für eine pflichtwidrige oder im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung
- Zu Gunsten des Täters oder eines Dritten
- einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt (= aktive Bestechung: Art. 4a lit. a UWG)
- einen nicht gebührenden Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt (= passive Bestechung: Art. 4a lit. b UWG)
- Keine nicht gebührenden Vorteile: geringfügige, sozial übliche Vorteile und vertraglich vom Dritten (Arbeitgeber, Auftraggeber etc.) genehmigte Vorteile
- Strafrechtliche Folgen im StGB geregelt: Art. 322octies f. StGB; Offizialdelikt (ausser in leichten Fällen)
Behinderung und Manipulation (Art. 2 UWG)
Abgrenzung und Differenzierung
-
Abgrenzung
- Anonymer Zwang des Marktes
- Ausüben von Zwang, der unmittelbar auf einen oder mehrere Marktteilnehmer zielt
-
Differenzierung
- Behinderung von Wettbewerbsteilnehmern
- Manipulation von Abnehmern