Grundrechte Flashcards

0
Q

Juristische Person i.S.d. Art. 19 III

A

Juristische Person i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG ist jede Personenmehrheit oder Organisation, der nach einfachem Recht die Fähigkeit eingeräumt wird, Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein (= Rechtsfähigkeit), gleich ob Voll- oder nur Teilrechtsfähigkeit.

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1
Q

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde

A

Jeder Akt öffentlicher Gewalt. Ein Akt öffentlicher Gewalt ist jedes Tun oder Unterlassen der gesetzgebenden, vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt, vgl. Art. 1 Abs. 3 GG. Bei mehreren Akten der öffentlichen Gewalt in einer Sache kann der Beschwerdeführer auswählen, ob er alle Akte oder nur die letztinstanzliche Entscheidung mit einer Verfassungsbeschwerde angreifen möchte.

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2
Q

Inländisch i.S.d. Art. 19 III

A

Eine juristische Person gilt als inländisch i.S.v. Art. 19 Abs. 3 GG, wenn ihr „Sitz“ , d.h. der tatsächliche Mittelpunkt ihrer Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland liegt. Problematisch ist dabei die aus dieser Anforderung resultierende Benachteiligung von juristischen Personen mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat, da eine solche Benachteiligung gegen Art. 49, 54 AEUV verstößt.

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3
Q

Wesensmäßige Anwendbarkeit, Art. 19 III

A

Voraussetzungen:
1. das Grundrecht knüpft nicht an natürliche Eigenschaften des Menschen an
2. Erfordernis eines personalen Substrats
= die Tätigkeit der juristischen Person kann im Hinblick auf das konkrete Grundrecht auf die grundrechtlich geschützte Tätigkeit Einzelner zurückgeführt werden (da die Grundrechte eben in erster Linie die Würde und Freiheit dieser Einzelpersonen schützen sollten)
* bei allen juristischen Personen des Privatrechts regelmäßig erfüllt (BVerfG)
* bei juristischen Personen des Öffentlichen Rechts dagegen nach st. Rspr. grundsätzlich kein Durchgriff möglich, da hinter ihr letztlich der Staat steht (sog. Konfusionsargument) - aber: Ausnahme, wenn sie „Grundrechte in einem Bereich verteidigen, in dem sie vom Staat unabhängig sind“ (daher (+): Berechtigung der Universitäten bzgl. Art. 5 Abs. 3 GG, öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten bzgl. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG sowie der Kirchen und Religionsgemeinschaften bzgl. Art. 4 Abs. 1 GG)

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4
Q

Beliehene

A

Private Rechtssubjektive, denen kraft Hoheitsaktes die selbständige hoheitliche Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen übertragen worden ist. (Bsp.: TÜV)
Wo die Beliehenen von ihrer hoheitlichen Befugnis Gebrauch machen, sind sie ohne Weiteres an die Grundrechte gebunden.

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5
Q

Sachlicher Schutzbereich der Menschenwürde

A

Das BVerfG bestimmt den Schutzbereich der Menschenwürde negativ aus der Perspektive des Eingriffs.

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6
Q

Eingriff in die Menschenwürde

A

Liegt vor, wenn der Mensch „zum bloßen Objekt im Staat“ gemacht wird (sog. Objektformel). Dies ist dann der Fall, wenn

  • der Mensch „einer Behandlung ausgesetzt wird, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt“
  • indem sie „die Achtung des Wertes vermissen lässt, der jedem Menschen um seiner selbst willen, kraft seines Personseins, zukommt“

Fallgruppen, in denen typischerweise ein Eingriff in die Menschenwürde bejaht werden kann:

  • Sklaverei, Leibeigenschaft etc. (also bei schweren Verletzungen der Gleichheit aller Menschen)
  • Folter, Gehirnwäsche etc. (also bei schweren Verletzungen der körperlichen und seelischen Integrität)
  • Entzug des Existenzminimums etc. (also bei schweren Vernachlässigungen der sozialstaatlichen Verantwortung)

Insgesamt ist bei der Bestimmung der Frage, ob im konkreten Fall ein Eingriff in die Menschenwürde vorliegt, ein restriktiver Maßstab anzulegen. Denn angesichts der „Unantastbarkeit“ der Menschenwürde schützt Art. 1 Abs. 1 GG (nur) einen absoluten Kernbereich des Menschseins.

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7
Q

Rechtfertigung des Eingriffs in die Menschenwürde

A

Ein Eingriff stellt immer auch eine Verletzung der Menschenwürde dar.
Denn gem. Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG ist die Würde des Menschen „unantastbar“ und damit vorbehaltlos gewährleistet. Da diese Vorschrift gemäß Art. 79 Abs. 3 GG nicht einmal durch ein verfassungsänderndes Gesetz abgeändert werden darf, ist die Garantie der Menschenwürde uneinschränkbar.

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8
Q

Schutzbereich der Allgemeinen Handlungsfreiheit, Art. 2 I

A

Geschützt ist jedes menschliche Verhalten, ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht ihm für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt.
Als Auffanggrundrecht gegenüber allen anderen Freiheitsrechten tritt Art. 2 I jedoch zurück, soweit der Schutzbereich eines anderen, speziellen Freiheitsrechts eröffnet ist, und darf daher nur dann geprüft werden, wenn kein anderes Freiheitsrecht einschlägig ist.

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9
Q

Rechtfertigung eines Eingriffs in Art. 2 I

A
  1. „verfassungsmäßige Ordnung“ - umfasst nach Auffassung des BVerfG „die allgemeine Rechtsordnung …, die die materiellen und formellen Normen der Verfassung zu beachten hat, also eine verfassungsmäßige Ordnung sein muss.“, d.h. Art. 2 Abs. 1 GG steht unter einfachem Gesetzesvorbehalt
  2. Grundrechtsschranke der „Rechte anderer“ meint alle subjektiven Rechte Dritter (keine eigenständige Bedeutung, da in 1. enthalten)
  3. Schranke des „Sittengesetzes“: Die hierunter verstandenen guten Sitten und die Grundsätze von Treu und Glauben sind heute weitgehend positiv-rechtlich geregelt und gehen damit in der „verfassungsmäßigen Ordnung“ auf
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10
Q

Sachlicher Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I

A

Gewährleistet die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Ausprägungen:

  • Recht auf persönliche Selbstbestimmung / Identität
  • u.A.: Recht auf selbstbestimmte Sexualität und einen der Sexualität entsprechenden Personenstand und Vornamen; Beibehaltung des Geburtsnamens; Kenntnis der eigenen Abstammung und der eigenen Vaterschaft
  • Recht auf Selbstbewahrung = Möglichkeit, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen und sich abzuschirmen, sowohl in sozialer als auch in räumlicher Hinsicht
  • u.A.: Vertraulichkeit des Tagebuchs und Recht auf einen bestimmten räumlichen Bereich, in dem sich der Einzelne frei von öffentlicher Beobachtung bewegen kann
  • Recht auf Selbstdarstellung = Befugnis des Einzelnen, selbst zu entscheiden, wie und wann persönliche Lebenssachverhalte öffentlich dargestellt werden
  • Recht am eigenen Bild und Wort , einschließlich des Schutzes vor dem Unterschieben nicht gemachter Äußerungen; auf Schutz der persönlichen Ehre; auf Gegendarstellung und Berichtigung
  • Recht auf informationelle Selbstbestimmung = schützt die umfassende „Befugnis des Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu verfügen“
  • Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme - umfassender Schutz vor Zugriff
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11
Q

Rechtfertigung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht

A
  • Schranken wie Art. 2 I
  • Schraken-Schranken: in bestimmten Fällen strengerer Maßstab durch Nähe zu Art. 1 I - BVerfG besonderer Verhältnismäßigkeitsmaßstab (sog. Sphärentheorie)
  • Intimsphäre = der unantastbare „Kernbereich privater Lebensgestaltung“
  • etwa „Äußerungen innerster Gefühle“ und „Ausdrucksformen der Sexualität“
  • keiner Rechtfertigung zugänglich
  • Privatsphäre = Bereich privater, nicht-öffentlicher Lebensgestaltung
  • etwa Gespräche unter Familienmitgliedern oder Freunden
  • Eingriffe lassen sich rechtfertigen, müssen allerdings unter strenger Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips und zugunsten überwiegender Allgemeininteressen erfolgen
  • sog. Sozialsphäre (Lit.) = den Bereich des öffentlichen Lebens
  • etwa Teilnahme an sportlichen und kulturellen Veranstaltungen
  • Eingriffe können unter den allgemeinen Voraussetzungen gerechtfertigt sein
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12
Q

Schutzbereich Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Art. 2 II 1

A
  1. Recht auf Leben = körperliche Dasein, i.e. die „biologisch-physische Existenz“ des Menschen
    - Umstritten, ob umgekehrt – d.h. im Sinne einer negativen „Freiheit vom Leben“ – auch das Recht auf Selbsttötung umfasst - h.M. verneint dies, sieht jedoch die Selbsttötung als vom Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit umfasst an
  2. Recht auf körperliche Unversehrtheit = schützt die körperliche Integrität
    * in „biologisch-physischer Hinsicht“,
    * aber auch in „geistig-seelischer Hinsicht“, sofern es um nichtkörperliche Einwirkungen geht, die „ihrer Wirkung nach körperlichen Eingriffen gleichzusetzen“ sind
    - umstr., ob dagegen darunter auch das rein psychische Wohlbefinden oder sogar das sog. soziale Wohlbefinden fallen - wird von der h.M. unter Hinweis auf den Wortlaut („körperliche Unversehrtheit“) abgelehnt
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13
Q

Eingriff in das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG

A
  • Gefährdung kann Eingriff darstellen, sofern Verletzung ernsthaft zu befürchten
  • typischerweise bejaht bei:
  • Recht auf Leben: Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe; Ermächtigung zum sog. finalen Rettungsschusses durch einen Polizeibeamten (0und der Ermächtigung zur Tötung Unschuldiger zur Rettung Dritter; der konkreten Gefährdung des Lebens eines suizidgefährdeten Mieters durch die Räumung seiner Wohnung; der beruflichen Pflicht zum Einsatz des eigenen Lebens (z.B. von Soldaten, Feuerwehrleuten usw.)
  • Recht auf körperliche Unversehrtheit: Zufügung von Schmerzen (z.B. körperliche Strafen oder Züchtigungen usw.); strafprozessuale Eingriffe wie z.B. Blut- oder Liquorentnahme; Injektion oder Einflößung von Stoffen (z.B. Impfzwang, Einflößen eines Brechmittels usw.)
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14
Q

Rechtfertigung Eingriff in Art. 2 II 1

A
  • einfacher Gesetzesvorbehalt
  • spezielle Schranken-Schranken: Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG (Verbot der körperlichen Misshandlung festgehaltener Personen) und Art. 102 GG (Abschaffung der Todesstrafe)
  • Schließlich kann auch eine Einwilligung des Betroffenen in den Grundrechtseingriff rechtfertigend wirken. Dies gilt jedoch nur – in gewissen Grenzen – für die körperliche Unversehrtheit; in die eigene Tötung kann der Einzelne mangels Disponibilität des Rechtsguts Leben nicht einwilligen.
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15
Q

Schutzbereich Freiheit der Person, Art. 2 II 2 und Art. 104

A

Schützt Freiheit der Person, i.e. die „körperliche Bewegungsfreiheit“, soweit der Grundrechtsträger einen Ort oder Raum aufsuchen oder sich dort aufhalten möchte, der dem Grundrechtsträger „(tatsächlich und rechtlich) zugänglich“ ist. Nicht geschützt ist daher die Befugnis, sich „unbegrenzt überall aufhalten und überall hin bewegen zu dürfen“.

Umstr.: negative Freiheit, einen bestimmten Ort zu meiden oder nicht zu verlassen

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16
Q

Eingriffe in Freiheit der Person

A

Typischerweise bejaht bei:

  • Sistierung (Mitnahme zur polizeilichen Dienststelle)
  • der Vorführung , insbesondere der zwangsweisen Durchsetzung einer Vorladung
  • der Festnahme und der Ingewahrsamnahme
  • der Verhängung einer Freiheitsstrafe durch strafgerichtliches Urteil
  • des Vollzugs einer Freiheitsstrafe
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17
Q

Freiheitsbeschränkungen, Art. 104 I 1

A

Alle Eingriffe in die Freiheit der Person

Gem. Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG einfacher Gesetzesvorbehalt, der allerdings in Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG aufgenommen und – i.S. einer Schranken-Schranke – verschärft wird:
Jede Freiheitsbeschränkung bedarf hiernach einer formell-gesetzlichen Grundlage, in der die wesentlichen Regelungen im Hinblick auf die „Formen“ der Freiheitsbeschränkung getroffen sind. „Formen“ ist dabei umfassend zu verstehen als die behördliche Zuständigkeit für die Anordnung der freiheitsbeschränkenden Maßnahme sowie das Verfahren und die Form der Maßnahme. Eine Beschränkung aufgrund eines nicht-formellen Gesetzes (z.B. einer Rechtsverordnung) ist daher nur insoweit zulässig, als sie bereits in der formell-gesetzlichen Grundlage vorgezeichnet ist.

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18
Q

Freiheitsentziehungen, Art. 104 II - IV

A

Den Begriff der Freiheitsentziehung grenzt das BVerfG vom Begriff der Freiheitsbeschränkung anhand der Intensität des Eingriffs ab und versteht die Freiheitsentziehung als die Aufhebung der tatsächlich und rechtlich gegebenen körperlichen Bewegungsfreiheit „nach jeder Richtung hin“.
Liegt typischerweise vor bei jeder Art von Haft und sonstigem Festhalten an eng umgrenztem Ort.

Eine Freiheitsbeschränkung wird durch jeden unmittelbaren Zwang (Verhaftung, Festnahme oder ähnliche Eingriffe) verwirklicht.
Freiheitsentziehungen sind alle der öffentlichen Gewalt zurechenbaren Maßnahmen, die unmittelbar die körperliche Bewegungsfreiheit gegen oder ohne den Willen der Person für eine gewisse Mindestdauer durch besondere Sicherungen allseitig bzw. auf einen engen Raum beschränken.

  • Solche Freiheitsentziehungen können nur unter den in Art. 104 Abs. 1 S. 1 GG und in Art. 104 Abs. 2-4 GG genannten Voraussetzungen erfolgen. Insbesondere muss vor einer Freiheitsentziehung grundsätzlich ein Richter über die Sache entscheiden, Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG (sog. Richtervorbehalt). Nur ausnahmsweise ist eine Freiheitsentziehung ohne vorherige richterliche Entscheidung möglich; in solchen Fällen ist eine richterliche Entscheidung aber unverzüglich nachzuholen, Art. 104 Abs. 2 S. 2 GG.
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19
Q

Verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung

A

Eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung liegt vor, wenn

  • eine Person (oder Personengruppe oder Situation) in einer bestimmten Weise rechtlich behandelt wird, d.h. insbesondere durch Eingriff oder Leistung,
  • eine andere Person (oder Personengruppe oder Situation) in einer bestimmten anderen Weise rechtlich behandelt wird
  • diese Ungleichbehandlung demselben Träger hoheitlicher Gewalt zugerechnet werden kann und
  • beide Personen (oder Personengruppen oder Situationen) unter einen gemeinsamen Oberbegriff gefasst werden können
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20
Q

Intensität der Beeinträchtigung (im Rahme der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung)

A

Maßgebliche Anhaltspunkte für eine größere Intensität der Beeinträchtigung sind insbesondere

  • mangelnde Einflussmöglichkeiten des Betroffenen auf das Merkmal, anhand dessen die Ungleichbehandlung vorgenommen wird, vor allem also bei Ungleichbehandlungen nach (unmittelbar oder mittelbar) personenbezogenen (d.h. nicht situationsbezogenen) Merkmalen
  • nachteilige Auswirkungen der Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich verbürgter Freiheitsrechte
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21
Q

Willkürverbot (im Rahmen der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung)

A

Ungleichbehandlungen mit geringer Intensität sind nur dann nicht gerechtfertigt, wenn sie evident unsachlich vorgenommen werden. Die Rechtfertigung gelingt also immer, wenn sich nur irgendein sachlicher Grund zu Gunsten der Ungleichbehandlung anführen lässt.

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22
Q

sog. neue Formel (im Rahmen der Rechtfertigung der Ungleichbehandlung)

A

Ungleichbehandlungen mit größerer Intensität misst das BVerfG dagegen gemäß seiner neuen Formel am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine solche Ungleichbehandlung ist demnach nur dann gerechtfertigt, wenn sie

  • einen legitimen Zweck verfolgt
  • zur Erreichung dieses Zweck geeignet
  • und erforderlich ist und die
  • in einem angemessenen Verhältnis zum Zweck der Ungleichbehandlung steht.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Kriterium der Erforderlichkeit eine geringere Rolle als im Rahmen der Rechtfertigung von Eingriffen in Freiheitsrechte spielt, soweit es sich um eine Ungleichbehandlung zur Verfolgung von Förderungszwecken handelt (sog. positive Diskriminierung). Hier kommt dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

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23
Q

Rechtfertigung im Fall des Art. 3 III

A

Ausnahmsweise ist eine Anknüpfung an die in Art. 3 Abs. 3 GG bezeichneten Merkmale zulässig, sofern

  • sich die Ungleichbehandlung gerade aus der (vor allem biologischen) Natur einer der Gruppen von Merkmalsträgern ergibt, insbesondere etwa aus „objektiven biologischen Unterschieden“ zwischen Männern und Frauen, oder
  • eine solche Ungleichbehandlung durch das Grundgesetz ausdrücklich erlaubt ist, insbesondere etwa durch das in Art. 3 Abs. 2 GG enthaltene Gleichberechtigungsgebot, demgemäß „faktische Nachteile, die typischerweise Frauen treffen, … durch begünstigende Regelungen ausgeglichen werden“ dürfen, oder auch durch Art. 12a Abs. 4 S. 2 GG, wonach ausschließlich Männer zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden können, oder
  • sich – wie auch bei den vorbehaltlos gewährleisteten Freiheitsgrundrechten – aus „kollidierendem Verfassungsrecht“ verfassungsimmanente Grenzen der Diskriminierungsverbote ergeben
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24
Q

Sachlicher Schutzbereich Glaubensfreiheit

A

Schützt die Freiheit, einen Glauben zu bilden und zu haben (sog. forum internum), sowie die Freiheit, die eigenen Glaubensüberzeugungen zu äußern und nach ihnen zu handeln (sog. forum externum).

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25
Q

Begriff des Glaubens

A

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist bei der Bestimmung der Frage, ob es sich bei der im konkreten Fall vorgebrachten Überzeugung um einen (religiösen) Glauben i.S.v. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG handelt, das subjektive Selbstverständnis des Grundrechtsträgers von entscheidender Bedeutung. Denn gerade wegen Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist dem Staat grundsätzlich jede wertende Qualifizierung der Bekenntnisse und des Wahrheitsgehalts der Lehren untersagt.
Bei einem derart weiten Verständnis besteht allerdings die Gefahr, dass der sachliche Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG konturlos wird und der grundrechtliche Schutz ausufert. Dementsprechend hat das BVerfG – freilich mit Blick auf den persönlichen Schutzbereich – gefordert, dass „es sich auch tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion“ handeln müsse.

Ergänzt wird diese leichte Objektivierung des Religionsbegriffs in der Rechtsprechung des BVerwG und in der Literatur mit Blick auf die Freiheit der Religionsausübung: Für den religiösen bzw. weltanschaulichen Auftrag, auf den sich der Grundrechtsträger bei seinem Verhalten beruft, muss das in Frage stehende Handeln notwendig sein und in einem gewissen sachlichen und organisatorischen Zusammenhang stehen.

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26
Q

Schutzbereich der Gewissensfreiheit

A

Gewissen ist ein „seelisches Phänomen … , dessen Forderungen, Mahnungen und Warnungen für den Menschen unmittelbar evidente Gebote unbedingten Sollens sind“; „eine Gewissensentscheidung ist somit jede ernste sittliche, d.h. an den Kategorien von ‚Gut‘ und ,Böse‘ orientierte Entscheidung … , die der einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte“.

  • Reichweite des sachlichen Schutzbereichs: forum internum und externum
  • Persönlicher Schutzbereich: Im Gegensatz zur Glaubensfreiheit erstreckt sich der persönliche Schutzbereich der Gewissensfreiheit nur auf natürliche Personen
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27
Q

Schutzbereich Meinungsfreiheit

A

Meinungen sind Werturteile, unabhängig davon, auf welchen Gegenstand sie sich beziehen und welchen Inhalt sie haben. Entscheidend sind dabei Elemente „der Stellungnahme, des Dafürhaltens, des Meinens im Rahmen einer geistigen Auseinandersetzung“.

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28
Q

Schutzbereich Informationsfreiheit

A

Informationsquelle ist jeder denkbare Träger von Informationen (etwa Zeitungen, Fernsehsendungen etc.), aber auch der Gegenstand der Information selbst (etwa bestimmte Ereignisse und Vorgänge).

Allgemein zugänglich ist eine Informationsquelle, wenn sie „geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d.h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu beschaffen.“
Hier ist zu unterscheiden: Die Geeignetheit richtet sich dabei „allein nach den tatsächlichen Gegebenheiten“, also unabhängig von Rechtsnormen, die den Informationszugang regulieren; ansonsten könnte der Staat durch eine Bestimmung darüber, was allgemein zugängliche Quellen sind, die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG unterlaufen. Im Gegensatz dazu richtet sich die Bestimmtheit der Quelle zur allgemeinen Zugänglichkeit nach dem Willen desjenigen, der nach der Rechtsordnung über ein entsprechendes Bestimmungsrecht verfügt, i.e. das Recht, zu bestimmen, ob eine Informationsquelle der Allgemeinheit zugänglich sein soll. Die Ausübung dieses Rechts betrifft somit nicht den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG. 292 Dies hat zur Folge, dass in Fällen, in denen der Staat das Bestimmungsrecht über eine Informationsquelle hat und dieses Recht ausübt, indem er Rechtsvorschriften über den Zugang zu jener Quelle erlässt, der Schutzbereich der Informationsfreiheit nicht eröffnet ist, die zugangsbeschränkenden Rechtsvorschriften mithin nicht an Art. 5 Abs. 1 GG zu messen sind.

Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Informationsquellen meint sowohl das aktive Beschaffen als auch die passive Entgegennahme von Informationen.

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29
Q

Schutzbereich der Pressefreiheit

A

Presse = alle zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse

  • unstr.: periodisch erscheinende und einmalig gedruckte Veröffentlichungen, allgemein zugängliche und gruppeninterne Publikationen
  • Lit. auch Ton- und Bildträger (also z.B. auch CDs, CD-ROMs, DVDs)
  • str.: nichtkörperliche Internetpublikationen

Reichweite des sachlichen Schutzbereichs: umfasst „die Pressetätigkeit in sämtlichen Aspekten“ und reicht „von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung“ Geschützt sind damit insbesondere etwa

  • die Vertraulichkeit der Informationsquellen
  • die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit
  • die Bestimmung und Verwirklichung der Tendenz einer Zeitung
  • die inhaltliche und formale Gestaltung des Titelblatts
  • pressetechnische Hilfstätigkeiten soweit sie notwendige Bedingung des Funktionierens einer freien Presse sind, sowie
  • die Wiedergabe der Meinungen Dritter, gleich ob diese namentlich genannt sind oder anonym bleiben

Nicht geschützt ist dagegen die rechtswidrige Beschaffung von Informationen, wohl aber die Verbreitung von rechtswidrig erlangten Informationen.

In Abgrenzung zur Meinungsäußerung ist Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ist immer dann einschlägig, wenn es um das Pressespezifische einer in der Presse getätigten Meinungsäußerung geht.

In persönlicher Hinsicht schützt die Pressefreiheit alle „im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen“. Dazu gehören insbesondere etwa Journalisten, Redakteure, Herausgeber und Verlage.

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30
Q

Schutzbereich der Rundfunkfreiheit

A

Rundfunk ist jede an einen unbestimmten Adressatenkreis gerichtete drahtlose oder drahtgebundene Übermittlung von Gedankeninhalten durch physikalische Wellen, unabhängig vom Gegenstand der übermittelten Inhalte. Der Rundfunkbegriff erfasst sowohl Hörrundfunk als auch Fernsehrundfunk.
Von der Pressefreiheit ist die Rundfunkfreiheit anhand des jeweiligen Kommunikationsmediums zu unterscheiden.

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31
Q

Schutzbereich der Filmfreiheit

A

Der Begriff des Films erfasst – in Anlehnung an die Definition des Rundfunks – alle Übermittlungen von Gedankeninhalten durch Bilderreihen, die zur Projektion bestimmt sind, gleich welchen Gegenstand die übermittelten Inhalte haben. Auch die Reichweite des Schutzbereichs der Filmfreiheit erstreckt sich von der Herstellung bis zur Verbreitung und Aufführung des Films. Die praktische Bedeutung der Filmfreiheit ist im Verhältnis zu den übrigen Kommunikationsgrundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG allerdings sehr gering, da sie nahezu vollständig in anderen Grundrechten, insbesondere der Kunstfreiheit und der Rundfunkfreiheit aufgeht.

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32
Q

Allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Var. 1 GG

A

eA: Sonderrechtslehre
aA: Abwägungslehre
BVerfG: Kombination beider Ansätze: diejenigen Gesetze, „die ‚nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten‘, die vielmehr ‚dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsguts dienen‘, dem Schutze eines Gemeinschaftswerts, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorrang hat“ . Die Frage, ob ein Gesetz die Anforderungen eines allgemeinen Gesetzes erfüllt, erfordert somit stets
- die Prüfung der Meinungsneutralität des Gesetzes, d.h. es muss ein Rechtsgut geschützt werden, dessen Bestand in der Rechtsordnung allgemein und unabhängig davon anerkannt ist, ob es durch Meinungsäußerungen oder auf andere Weise verletzt werden kann, sowie
- die Prüfung, ob das Schutzgut des Gesetzes – typischerweise die Persönlichkeitsrechte Dritter – gegenüber den Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 GG höherrangig ist.

Eine „Ausnahme“ von dem Erfordernis der Allgemeinheit meinungsbeschränkender Gesetze hat das BVerfG jüngst in einem Beschluss zur Vereinbarkeit von § 130 Abs. 4 StGB mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gemacht: Die Gutheißung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürerrschaft sei „in Deutschland ein Angriff auf die Identität des Gemeinwesens nach innen mit friedensbedrohendem Potential“ und könne „allein auf der Grundlage der allgemeinen Regeln zu den Grenzen der Meinungsfreiheit nicht erfasst werden“.

Allgemeinheit i.S.d. Meinungsneutralität ist nach BVerfG auch Vrss. Für die Bestimmungen zum Jugend- und Ehrenschutz.

33
Q

Zensurverbot (Schranken-Schranke Art. 5 I)

A

Das Zensurverbot ist eine spezielle Schranken-Schranke, die eine Beschränkung in Form der Zensur für unzulässig erklärt. Zensur in diesem Sinne meint ein präventives Verfahren, „vor dessen Abschluss ein Werk nicht veröffentlicht werden darf“.

34
Q

Wechselwirkungslehre des Bundesverfassungsgerichts

A

Diese Rechtsprechung verlangt eine Wechselwirkung zwischen den beschränkenden allgemeinen Gesetzen und der Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG „in dem Sinne, dass die ,allgemeinen Gesetze‘ zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken setzen, ihrerseits aber … in ihrer das Grundrecht begrenzenden Wirkung selbst wieder eingeschränkt werden müssen.“.
D.h.: Bei der Auslegung des grundrechtsbeschränkenden Gesetzes ist – wenn möglich – diejenige Auslegungsmöglichkeit zu wählen, die mit dem Grundrecht vereinbar ist und diesem größtmögliche Wirksamkeit verleiht. Die im Zusammenhang mit Art. 5 GG als solche bezeichnete Wechselwirkungslehre entspricht somit der allgemeinen verfassungskonformen und –orientierten Auslegung und Anwendung.

35
Q

Kunstbegriffe BVerfG

A

a) Formaler Kunstbegriff
Der formale Kunstbegriff orientiert sich an den Erscheinungsformen der Kunst und sieht das Wesentliche eines Kunstwerks darin, dass es einem bestimmten Werktypus zugeordnet werden kann, also der Malerei, der Bildhauerei, der Dichtung usw.

b) Materialer Kunstbegriff
Der als material bezeichnete Kunstbegriff versteht als das Wesentliche der künstlerischen Betätigung „die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden“ .

c) Offener Kunstbegriff
Demgegenüber sieht der offene Kunstbegriff „das kennzeichnende Merkmal einer künstlerischen Äußerung darin … , dass es wegen der Mannigfaltigkeit ihres Aussagegehalts möglich ist, der Darstellung im Wege einer fortgesetzten Interpretation immer weiter reichende Bedeutungen zu entnehmen, sodass sich eine praktisch unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung ergibt“

36
Q

Reichweite des sachlichen Schutzbereichs der Kunstfreiheit

A

Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG gewährleistet die Freiheit der Betätigung im Kunstbereich umfassend.
Daher sind „nicht nur die künstlerische Betätigung (Werkbereich), sondern darüber hinaus auch die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks“ (Wirkbereich) als sachnotwendige Voraussetzungen „für die Begegnung mit dem Werk“ vom Schutzbereich umfasst. Dementsprechend sind nicht nur der Künstler selbst, sondern ggfs. auch andere Personen durch die Kunstfreiheit geschützt, die eine vermittelnde Tätigkeit ausüben zur Herstellung der Beziehungen zwischen Künstler und Publikum. Dies betrifft etwa den Verleger eines Romans, den Plattenhersteller usw.

Keinen Schutz genießt dagegen die eigenmächtige Inanspruchnahme fremden Eigentums oder sonstiger geschützter Rechtspositionen Dritter, etwa durch das Besprühen öffentlicher oder privater Bauwerke mit Graffiti-Kunstwerken.

37
Q

Wissenschaft

A

Wissenschaft ist jede Tätigkeit, die „nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist“ .
Der Begriff der Wissenschaft umfasst sowohl Forschung als auch Lehre:
Forschung ist „die geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen“ .
Lehre ist die „wissenschaftlich fundierte Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse“.

38
Q

Reichweite sachlicher und persönlicher Schutzbereich Wissenschaftsfreiheit

A

Die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG schützt als Abwehrrecht jede wissenschaftliche Tätigkeit vor Eingriffen, also sowohl die an den Hochschulen ausgeübten wissenschaftlichen Tätigkeiten von Hochschullehrern, Assistenten und Studenten als auch wissenschaftliche Betätigung außerhalb einer Hochschule.

Darüber hinaus entfaltet Art 5 Abs. 3 GG noch andere Wirkungen, und zwar

  • als subjektives Teilhaberecht i.e.S., etwa auf Teilhabe an der Ausstattung der Hochschule 350 sowie
  • als objektive Schutzpflicht zur Funktionssicherung und zum Grundrechtsschutz in der Universität

Neben den in der Wissenschaft tätigen natürlichen Personen schützt Art. 5 Abs. 3 GG auch juristische Personen, in erster Linie also die – i.d.R. als Körperschaften des öffentlichen Rechts errichteten – Universitäten. Letzteren gewährt Art. 5 Abs. 3 GG das Recht auf akademische Selbstverwaltung, welches insbesondere etwa die sog. Satzungsautonomie umfasst, also die Befugnis, eigenständig Rechtsnormen im Bereich der Forschung und der Lehre zu erlassen.

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Q

Ehe, Art. 6 I

A

Das Grundgesetz enthält keine eigene Definition der Ehe und gewährleistet deren Schutz daher „nicht abstrakt, sondern in der Ausgestaltung, wie sie den jeweils herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten Anschauungen entspricht … “.
Der Ehebegriff bedarf somit in gewissem Maße der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber. Zu den wesentlichen Merkmalen der Ehe, an die auch der Gesetzgeber gebunden ist, gehört allerdings, dass sie „die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft ist, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates … , in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen … und über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens frei entscheiden können“.
Unter den Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG fallen somit
- nach bürgerlichem Recht (§§ 1303 ff. BGB) geschlossene Ehen
- sog. hinkende Ehen, d.h. solche Ehen, die nur nach ausländischem Recht, nicht aber nach deutschem bürgerlichen Recht wirksam geschlossen worden sind

Zu den von Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Verhaltensweisen gehören insbesondere

  • die Eheschließung mit einem frei gewählten Partner
  • die Modalitäten des ehelichen Zusammenlebens sowie
  • auch die Ehescheidung
40
Q

Familie, Art. 6 I

A

Familie ist die aus Eltern und Kind bestehende Gemeinschaft. Zu den Kindern gehören dabei neben den leiblichen auch Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder, die Eltern müssen nicht miteinander verheiratet sein.

Der grundgesetzliche Schutz der Familie erstreckt sich in sachlicher Hinsicht auf die Familiengründung sowie auf sämtliche Bereiche des familiären Zusammenlebens, d.h.
- zunächst und zuvörderst auf die familiäre Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, die von der prinzipiellen Schutzbedürftigkeit des Kindes bestimmt ist,

  • sodann auf die familiäre Hausgemeinschaft, die entsteht, wenn mit wachsender Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit der Kinder die Verantwortlichkeit und das Sorgerecht der Eltern zurücktreten
  • sowie – nach Auflösung der Hausgemeinschaft – auf die Begegnungsgemeinschaft, bei der Eltern und Kinder nur gelegentlichen Umgang pflegen.
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Q

Elternrecht, Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG

A

Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG schützt das (gegenüber Abs. 1 verselbständigte) elterliche Recht auf Pflege und Erziehung der Kinder. Träger des Elternrechts sind – unabhängig von der Ehelichkeit des Kindes – die beiden leiblichen Eltern und die Adoptiveltern, nicht jedoch die Pflegeeltern. In sachlicher Hinsicht umfasst das elterliche Recht auf Pflege und Erziehung der Kinder die freie Entscheidung der Eltern darüber, „wie sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen“.

42
Q

Versammlung

A

Eine Versammlung i.S.v. Art. 8 Abs. 1 GG 374 setzt voraus eine örtliche Zusammenkunft von mindestens zwei/drei/sieben Personen (= quantitatives Element) zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (= qualitatives Element).

a) Örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen
Im Hinblick auf das quantitative Erfordernis einer Personenmehrheit wird – teils unter Rückgriff auf vereinsrechtliche Bestimmungen (§§ 56, 73 BGB) – bisweilen gefordert, es müsse sich um eine Zusammenkunft von mindestens drei bzw. sieben Personen handeln. Diese restriktiven Auslegungen sind indes nicht vom Wortlaut des Art. 8 GG und vom Sinn und Zweck der Vorschrift (i.e. der Schutz der Willensbildung und –kundgabe zusammen mit anderen) gedeckt und werden von der wohl h.Lit. daher abgelehnt. Es genügt somit nach vorzugswürdiger Auffassung eine Zusammenkunft von zwei Personen.

b) Zweck der Zusammenkunft
Mit dem o.g. qualitativen Element des Versammlungsbegriffs sind zwei Fragen verbunden:
Zunächst ist eine Abgrenzung der Versammlung zur bloßen Ansammlung anhand des Merkmals „gemeinschaftlich“ vorzunehmen. Mit der Zusammenkunft muss ein gemeinsamer – und nicht: gleichzeitiger – Zweck verfolgt werden, d.h. es muss eine bestimmte innere Verbindung der Personen zu gemeinsamer Zweckverfolgung gegeben sein. Dies ist etwa nicht gegeben bei Menschenaufläufen infolge Schaulustigkeit usw. Nicht erforderlich ist dagegen eine Uniformität der Zweckverfolgung, d.h. es sind etwa auch diejenigen in den Schutz des Art. 8 GG einbezogen, die den verkündeten Meinungen kritisch gegenüber stehen.
Darüber hinaus ist streitig, ob für die Eröffnung des Schutzbereichs bereits die Verfolgung irgendeines Zwecks genügt, oder ob mit der Zusammenkunft eine bestimmte Art von Zweck verfolgt werden muss. Nach Ansicht des BVerfG setzt Art. 8 GG voraus, „dass die Zusammenkunft auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet ist“ . Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn die Zusammenkunft in erster Linie Unterhaltungszwecken dient und die Meinungskundgabe in den Hintergrund tritt. Das BVerfG kann sich dabei insbesondere auf die Bedeutung der Versammlungsfreiheit für den Prozess der Meinungsbildung sowie auf ihre Komplementärfunktion zur Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG stützen.

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Q

Friedlichkeit und Waffenlosigkeit der Versammmlung

A

Eine Demonstration oder Versammlung ist friedlich, wenn weder ihr Zweck noch der Verlauf die Begehung oder den Versuch von Straftaten gegen Leib, Leben, Freiheit oder sonstige erhebliche Rechtsgüter Dritter oder der Allgemeinheit mit sich bringt.

Eine Versammlung ist unfriedlich, wenn sie einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt oder zu nehmen droht. Der Begriff der Gewalttätigkeit ist dabei nicht mit dem (weiten) Begriff der Gewalt i.S.v. § 240 StGB gleichzusetzen, zumal die Friedlichkeit in Art. 8 Abs. 1 GG zusammen mit der Waffenlosigkeit genannt wird und insofern erhöhte Anforderungen an die Versagung des Grundrechtsschutzes zu stellen sind. Überwiegend wird daher eine aggressive körperliche Einwirkung von einiger Erheblichkeit verlangt. Das Merkmal der Aufruhr meint demgegenüber den aktiven körperlichen Widerstand gegen rechtmäßig handelnde Vollstreckungsbeamte.

Waffen i.S.v. Art. 8 Abs. 1 GG sind Waffen im technischen Sinne (vgl. § 1 WaffG, also Schusswaffen, Dolche usw.) sowie – nach h.M. – auch andere gefährliche Gegenstände (z.B. Baseballschläger, Eisenketten usw.), sofern sie zum Zweck des Einsatzes mitgeführt werden.

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Q

Reichweite des sachlichen und persönlicher Schutzbereich der Versammlungsfreiheit

A

Art. 8 GG schützt alle Verhaltensweisen, die mit der Versammlung in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang stehen. Dazu gehören insbesondere

  • die freie Bestimmung über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Versammlung,
  • die (u.U. auch kritische) Teilnahme an der Versammlung bzw. das Fernbleiben sowie
  • der freie Zugang zu der Versammlung und die freie Abreise

In persönlicher Hinsicht schützt Art. 8 GG zum einen natürliche Personen, die Deutsche i.S.v. Art. 116 Abs. 1 GG sind. Zum anderen sind nach Maßgabe des Art. 19 Abs. 3 GG auch juristische Personen geschützt, insbesondere etwa dann, wenn es sich bei dem Versammlungsveranstalter um eine Personenvereinigung handelt.

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Q

Unter freiem Himmel - in geschlossenen Räumen

A

Grund für die Beschränkungsmöglichkeit im Falle von Versammlungen unter freiem Himmel ist das gesteigerte Gefahrpotential einer solchen Zusammenkunft, da hier - anders als bei Versammlungen in geschlossenen Räumen – ein räumlicher Kontakt zur Außenwelt besteht. Für die Abgrenzung der beiden Versammlungsformen kommt es demnach nur darauf an, ob die Versammlung zu den Seiten hin räumlich umschlossen ist; die Überdachung spielt dabei entgegen dem Wortlaut „unter freiem Himmel“ keine Rolle.

46
Q

Allgemeine Vereinigungsfreiheit, Art. 9 I GG

A

Eine Vereinigung i.S.v. Art. 9 Abs. 1 GG ist somit jeder
- freiwillige, also nicht zwangsweise erfolgte
- Zusammenschluss von mindestens zwei Personen, welcher der
- Verfolgung (irgend)eines gemeinsamen Zwecks dient und
- ein Mindestmaß an zeitlicher Stabilität und organisierter Willensbildung aufweist.
Die genannten Voraussetzungen sind dabei allesamt weit auszulegen.

Art 9 Abs. 1 GG schützt neben allen natürlichen Personen, die Deutsche i.S.v. Art. 116 Abs. 1 GG sind, auch die Personenmehrheiten, die sich zu Vereinigungen i.S.v. Art. 9 Abs. 1 GG zusammenschließen, als solche. Ob dies einen Rückgriff auf Art. 19 Abs. 3 GG entbehrlich macht, ist umstritten.

Als Individualgrundrecht schützt die Vereinigungsfreiheit

  • den freien Zusammenschluss zu einer Vereinigung (sog. Gründungsfreiheit),
  • den freien Beitritt zu einer bestehenden Vereinigung (sog. Beitrittsfreiheit),
  • die Betätigung im Verein (sog. Betätigungsfreiheit) sowie
  • die Freiheit, der Vereinigung fernzubleiben oder aus ihr auszutreten (sog. negative Vereinigungsfreiheit).

Als Kollektivgrundrecht schützt die Vereinigungsfreiheit in erster Linie die Selbstbestimmung der Vereinigung im Hinblick auf die eigene Organisation, das Verfahren der Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte (sog. interne Organisationsautonomie). Umstritten ist, inwiefern auch die Tätigkeit der Vereinigung nach außen hin geschützt ist. Dagegen spricht insbesondere, dass durch einen derart umfassenden Schutz die Vorschrift des Art. 19 Abs. 3 GG umgangen werden könnte. Erfüllt nämlich eine Personenmehrheit die dort genannten Voraussetzungen für den Grundrechtsschutz juristischer Personen im Hinblick auf das tätigkeitsspezifische Grundrecht nicht, könnte sie sich dennoch stets auf Art. 9 Abs. 1 GG berufen. Das BVerfG sieht jedoch zumindest einen „Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinstätigkeit“ als durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützt an, also etwa die Namensführung.

47
Q

Koalitionsfreiheit

A

Die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Koalitionen unterscheiden sich von den allgemeinen Vereinigungen durch ihre spezielle Zwecksetzung, nämlich der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Ferner müssen die Vereinigungen nach allgemeiner Auffassung gegnerfrei (d.h. nur Arbeitnehmer oder nur Arbeitgeber dürfen ihnen jeweils angehören) und gegnerunabhängig (d.h. gegenüber der Gegenseite wirtschaftlich selbständig) sein. Das BVerfG fordert ferner die Überbetrieblichkeit der Vereinigungen.

Die Koalitionsfreiheit schützt sowohl natürliche Personen – die nicht notwendigerweise Deutsche i.S.v. Art. 116 Abs. 1 GG sein müssen – als auch die Koalitionen als solche, d.h. als Vereinigungen. Man spricht insofern von individueller und kollektiver Koalitionsfreiheit.

Die sachliche Reichweite der individuellen und kollektiven Koalitionsfreiheit entspricht grundsätzlich der Reichweite der allgemeinen Vereinigungsfreiheit. Allerdings beschränkt sich der Schutz der kollektiven Koalitionsfreiheit nicht auf den Kernbereich des Koalitionsbestandes und der Koalitionstätigkeit, sondern erfasst alle koalitionsspezifischen Tätigkeiten, also insbesondere

  • das Aushandeln und den Abschluss von Tarifverträgen
  • die Werbung von Mitgliedern sowie
  • die in Art. 9 Abs. 3 S. 3 GG ausdrücklich erwähnten Arbeitskampfmaßnahmen
48
Q

Briefgeheimnis

A

Das Briefgeheimnis schützt den brieflichen Verkehr der Einzelnen gegen eine Kenntnisnahme der öffentlichen Gewalt vom Inhalt des Briefes. Briefe i.S.v. Art. 10 GG sind dabei alle Sendungen, die eine individuelle schriftliche Mitteilung enthalten.
Ob Art. 10 GG nur verschlossene Sendungen schützt, ist umstritten; dafür sprechen insbesondere der Wortlaut der Vorschrift („Geheimnis“) sowie der Normzweck, i.e. der Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation.

49
Q

Postgeheimnis

A

Das Postgeheimnis schützt alle postalisch beförderten Sendungen, also sowohl Briefe als auch offene Sendungen, gegen eine Kenntnisnahme der öffentlichen Gewalt. Der Begriff der postalischen Beförderung ist mit dem Wegfall des staatlichen Postmonopols problematisch geworden. Dabei ist umstritten, ob sich der Schutz des Postgeheimnisses nunmehr auch auf die Beförderung von Sendungen durch private Unternehmen erstreckt. Teilweise wird dies abgelehnt und davon ausgegangen, dass das Postgeheimnis seinen Schutzgegenstand weitgehend verloren hat. Andere sehen den Schutzgegenstand des Art. 10 GG unabhängig vom Anbieter als den durch einen (öffentlichen oder privaten) Postdienstleister vermittelten Postverkehr. Eine Entscheidung des BVerfG zur dieser Frage liegt bislang nicht vor.

50
Q

Fernmeldegeheimnis

A

Das Fernmeldegeheimnis schützt schließlich „sämtliche mit Hilfe der verfügbaren Telekommunikationstechniken erfolgenden Übermittlungen von Informationen“ unter Einzelnen vor staatlicher Kenntnisnahme, ohne Rücksicht auf die Übermittlungsart (Kabel oder Funk, digitale oder analoge Übermittlung usw.) und die Ausdrucksform (Sprache, Bilder, Töne, Zeichen usw.). 400 Dabei sind nicht nur die Inhalte der Kommunikation geschützt, sondern auch die näheren Umstände der Kommunikation, also vor allem „ob, wann und wie oft zwischen welchen Personen oder Telekommunikationseinrichtungen Telekommunikationsverkehr stattgefunden hat oder versucht worden ist“.
Erfasst ist damit allerdings zeitlich nur der Kommunikationsvorgang; nicht geschützt sind dagegen die nach Abschluss des Übertragungsvorgangs im Herrschaftsbereich des Telekommunikationsteilnehmers gespeicherten Informationen. Diese sind vielmehr geschützt über Art. 13 GG, über das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie das Recht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG.

51
Q

Freizügigkeit

A

Art. 11 GG schützt die Freizügigkeit, i.e. die Freiheit, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen; geschützt ist auch die Einreise in das Bundesgebiet zu einem dieser beiden Zwecke. Keinen Schutz genießt dagegen die Ausreise und Auswanderung aus dem Bundesgebiet.
Wohnsitz meint dabei die ständige Niederlassung an einem Ort. Der Begriff des Aufenthalts ist weiter gefasst und meint jedes auch nur vorübergehende Verweilen. Welche Anforderungen an dieses Verweilen zu stellen sind – insbesondere zur Abgrenzung der Freizügigkeit gegenüber der Fortbewegungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 2 GG – ist umstritten. Überwiegend wird dabei vertreten, dass Art. 11 GG einen Ortswechsel von einiger Bedeutung und Dauer erfordert. Eine Entscheidung des BVerfG zu dieser Frage liegt bislang nicht vor.

52
Q

Wahl des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte

A

Wahl des Arbeitsplatzes
Neben der freien Wahl und Ausübung des Berufes schützt Art. 12 Abs. 1 GG außerdem die freie Arbeitsplatzwahl.
Arbeitsplatz i.S.v. Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ist die Stelle, an welcher der Einzelne einem gewählten Beruf konkret nachgeht bzw. nachgehen möchte. Der Begriff ist dabei nicht – auch nicht in erster Linie – räumlich zu verstehen, vielmehr geht es um eine konkrete Betätigungsmöglichkeit bzw. ein konkretes Arbeitsverhältnis. Im Verhältnis zur Gewährleistung der freien Wahl und Ausübung des Berufes hat die freie Arbeitsplatzwahl allerdings kaum eigenständige Bedeutung, da mit der freien Arbeitsplatzwahl in aller Regel zugleich die Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit betroffen ist.

Wahl der Ausbildungsstätte
Ausbildungsstätte i.S.v. Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ist jede Einrichtung, die – über die Vermittlung allgemeiner Schulbildung hinaus – der Ausbildung für Berufe dient. Dazu zählen insbesondere Berufsschulen, Universitäten und staatliche Vorbereitungsdienste; auch die Sekundarstufe II an Gymnasien mit ihren frühzeitigen Spezialisierungsmöglichkeiten wird vom BVerfG als Ausbildungsstätte begriffen.

53
Q

Beruf

A

Der verfassungsrechtliche Begriff des Berufs erfasst nach h.M. jede selbständige und unselbständige, auf eine gewisse Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient oder dazu beiträgt und nicht verboten ist.
Diese Definition ist grundsätzlich weit zu verstehen. Dies gilt zum einen im Hinblick auf die erforderliche Dauer der Tätigkeit. Auch Gelegenheits- und Ferienjobs gehören daher zu den geschützten Verhaltensweisen. Eine Tätigkeit fällt nur dann aus dem Schutzbereich das Art. 12 Abs. 1 GG heraus, wenn sie sich „in einem einmaligen Erwerbsakt erschöpft“. Gleiches gilt für das Erfordernis der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage. Auch nebenberufliche Tätigkeiten sind daher vom Schutzbereich erfasst. Die Tätigkeit muss aber zumindest zur Erhaltung der Lebensgrundlage beitragen; nicht geschützt sind daher etwa Hobbies o.ä.
Bestritten wird zuweilen das Erfordernis, dass die Tätigkeit nicht verboten sein dürfe. Gegen diese Einschränkung spricht, dass es nicht in der Hand des (einfachen) Gesetzgebers liegen dürfe, den Schutzbereich der Berufsfreiheit von vornherein durch Verbote zu begrenzen und damit den Vorbehalt des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG zu umgehen. Das Kriterium wird daher zumeist durch das Kriterium der Sozial- oder Gemeinschaftsschädlichkeit der Tätigkeit ersetzt. Allerdings besteht die Gefahr einer Aushöhlung des Schutzes durch den Gesetzgeber nicht, wenn man den eigentlichen Sinn und Zweck des Kriteriums des Erlaubtseins beachtet und nur solche verbotenen Verhaltensweisen aus dem Schutzbereich herausnimmt, die als solche, also unabhängig von ihrer beruflichen Vornahme verboten sind, z.B. beim Handel mit Rauschgift, Töten gegen Bezahlung usw.

54
Q

Reichweite des sachlichen Schutzbereichs der Wahl und Auswahl des Berufs

A

Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG schützt zunächst die freie Wahl des Berufes, also die Entscheidung, einen bestimmten Beruf zu ergreifen. Geschützt ist außerdem die freie Ausübung des Berufes, i.e. die Gesamtheit der mit der Berufstätigkeit zusammenhängenden Modalitäten, also Ort, Inhalt, Umfang, Dauer, äußere Erscheinungsform, Verfahrensweisen usw. Geschützt sind dabei auch jeweils die negative Berufswahl- und Berufsausübungsfreiheit.

Da Art. 12 Abs. 1 GG auch die selbständige unternehmerische Freiheit schützt und insofern die sog. Unternehmerfreiheit verbürgt, stellt sich oftmals die Frage, inwieweit die Vorschrift auch Wettbewerbsfreiheit gewährleistet. Hier ist zu unterscheiden: Die Berufsfreiheit schützt nach Maßgabe der o.g. Grundsätze das freie Verhalten der Unternehmer im Wettbewerb. Zu dieser Freiheit gehört es allerdings auch, dass man im Wettbewerb unterliegen kann; dementsprechend schützt Art. 12 Abs. 1 GG nicht die Freiheit vor Wettbewerb, gewährleistet also weder Schutz vor der Konkurrenz durch andere Wettbewerber noch einen Anspruch auf Erfolg im Wettbewerb. In gewisser Weise schützt Art. 12 Abs. 1 GG nur dann vor Konkurrenz, wenn der Staat den freien Wettbewerb und damit auch die freie Betätigung des Unternehmers beeinträchtigt, indem er Konkurrenten Vorteile verschafft (z.B. durch Subventionen) oder Konkurrenten durch Monopolisierung ausschaltet.

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Q

objektiv berufsregelnde Tendenz (erforderlich bei mittelbar-faktischen Eingriffen in die Berufsfreiheit, BVerfG)

A

Dies ist der Fall bei Normen, welche „nach Entstehungsgeschichte und Inhalt im Schwerpunkt Tätigkeiten betreffen, die typischerweise beruflich ausgeübt werden“.
Relevant wird dieses Erfordernis insbesondere etwa bei grundrechtsbeeinträchtigenden Wirkungen von steuer- und abgabenrechtlichen Vorschriften

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Q

sog. Drei-Stufen-Theorie

A
  • Berufsausübungsregelungen
  • subjektive Berufswahlregelungen
  • objektive Berufswahlregelungen

In der Fallbearbeitung bedeutet dies Folgendes:

  1. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, welcher Aspekt, welche „Stufe“ der Berufsfreiheit im konkreten Fall betroffen ist.
  2. Sodann ist eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs vorzunehmen. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist dabei den Anforderungen der Drei-Stufen-Lehre anzupassen. Allgemein gilt hier Folgendes: Unter dem Punkt „Legitimer Zweck“ ist zu prüfen, ob die sich nach der Drei-Stufen-Lehre ergebenden Anforderungen an das mit dem Eingriff verfolgte Gemeinwohlziel vorliegen. Außerdem ist die je nach Art bzw. „Stufe“ der Beschränkung unterschiedliche Intensität des Eingriffs im Rahmen der Angemessenheitsprüfung besonders zu berücksichtigen.
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Q

Berufsausübungsregelungen

A

Am „freiesten“ ist der Gesetzgeber bei Eingriffen in die Berufsausübung. Eine Regelung der Berufsausübung liegt vor, wenn die Regelung „auf die Freiheit der Berufswahl nicht zurückwirkt, vielmehr nur bestimmt, in welcher Art und Weise die Berufsangehörigen ihre Berufstätigkeit im Einzelnen zu gestalten haben“.

Beispiele für Berufsausübungsregelungen sind etwa

  • Anmeldepflichten, z.B. nach § 14 GewO,
  • Regelungen über Werbung, z.B. Werbeverbote für Tabakwaren,
  • Regelungen der Öffnungszeiten (z.B. in den Ladenschlussgesetzen der Länder) sowie
  • alle sonstigen Vorschriften, die nicht unter den Begriff der (subjektiven und objektiven) Berufswahlregelung fallen, wie z.B. auch Rauchverbote in Gaststätten.

Solche Beschränkungen der Berufsausübungsfreiheit sind bereits dann rechtmäßig, wenn „vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls“ den Eingriff rechtfertigen. Ob dies der Fall ist, muss dann im Rahmen der an diese Vorgabe angepassten Verhältnismäßigkeitsprüfung ermittelt werden.

58
Q

Subjektive Berufswahlregelungen

A

Eine Berufswahlregelung ist eine Regelung, „die schon die Aufnahme der Berufstätigkeit von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig macht“; von einer subjektiven Berufswahlregelung spricht man dabei, wenn die Regelung an bestimmte „persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen, erworbene Abschlüsse und erbrachte Leistungen, schon ausgeübte Berufe und eingegangene Verpflichtungen“ anknüpft.

Solche subjektiven Anknüpfungen sind beispielsweise

  • Altersgrenzen und andere körperlich-physischen Anknüpfungen sowie
  • Befähigungsnachweise, z.B. in § 4 BRAO.

Beschränkungen der Berufsfreiheit durch subjektive Berufswahlregelungen sind nur dann rechtmäßig, wenn sie durch ein „wichtiges Gemeinschaftsgut“ gerechtfertigt werden können. Dies ist im Rahmen der an diese Vorgabe angepassten Verhältnismäßigkeitsprüfung zu ermitteln.

59
Q

Objektive Berufswahlregelungen

A

Objektiv ist eine Berufswahlregelung schließlich dann, wenn die Erfüllung der an die Aufnahme der Berufstätigkeit geknüpften Voraussetzungen „dem Einfluss des Einzelnen schlechthin entzogen“ ist.
Zu diesen objektiven Berufswahlregelungen gehören insbesondere etwa
- sog. Bedürfnisklauseln, die eine Berufszulassung von einem bestimmten öffentlichen Bedürfnis abhängig machen, wie z.B. die Regelung in Art. 3 Abs. 1 ApoG a.F., die dem Apotheken-Urteil des BVerfG zugrunde lag, sowie
- Verwaltungsmonopole, welche die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit dem Staat vorbehalten, z.B. das staatliche Monopol für Sportwetten

Solche objektiven Berufswahlregelungen sind nur rechtmäßig, wenn sie „zur Abwehr nachweisbarer und höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut“ erforderlich sind. Auch dies ist im Rahmen einer an diese strengen Vorgaben angepassten Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen.

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Q

Sachlicher Schutzbereich Art. 13 GG

A

Der Begriff der Wohnung i.S.v. Art. 13 Abs. 1 GG ist weit auszulegen und erfasst die gesamte „räumliche Privatsphäre“. Wohnung in diesem Sinne ist jeder nicht allgemein zugängliche Raum, der zur Stätte des Aufenthalts oder Wirkens von Menschen gemacht wird. Dazu zählen unstreitig nicht nur die Räume der Wohnung i.e.S., sondern auch Nebenräume (z.B. Keller, Dachboden) und dazugehörige Flächen (z.B. räumlich abgeschlossene Höfe und Gärten) sowie Gäste- und Hotelzimmer.

Umstritten ist, inwiefern auch Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume in den Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG fallen. Das BVerfG sieht diese Räumlichkeiten grundsätzlich als geschützt an und kann sich dabei auf die Entstehungsgeschichte der Vorschrift berufen.
Noch nicht eindeutig geklärt ist allerdings, ob sich dieser Schutz nur auf Geschäftsräume bezieht, die der Wohnung i.e.S. angegliedert (z.B. die „Wohnzimmerkanzlei“) oder zwar von dieser getrennt, zumindest aber dem unkontrollierten öffentlichen Zutritt entzogen sind (z.B. Arztpraxen, Anwaltskanzleien), oder ob auch solche Geschäftsräume erfasst werden, die der Öffentlichkeit weitgehend unkontrolliert zugänglich sind (z.B. Kaufhäuser).

Zu beachten ist, dass Art. 13 Abs. 1 GG sachlich nicht vor jeglichen Beeinträchtigungen schützt, die einen Wohnungsinhaber treffen können. Denn Schutzgut des Art. 13 Abs. 1 GG ist „die räumliche Sphäre, in der sich das Privatleben entfaltet“; insofern gewährleistet Art. 13 Abs. 1 GG nur „das Recht, in diesen Räumen in Ruhe gelassen zu werden“, also die „Privatheit“ der Wohnung.

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Q

Durchsuchung Art. 13 II

A

Durchsuchung i.S.v. Art. 13 Abs. 2 GG ist „das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe in einer Wohnung, um dort planmäßig etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will“.
Keine Durchsuchung in diesem Sinne ist daher z.B. die durch einen Sachverständigen in der Wohnung durchgeführte Schallmessung im Rahmen eines zwischen dritten Personen schwebenden Zivilprozesses.

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Q

Eigentum, Art. 14

A

Trotz der Normgeprägtheit des sachlichen Schutzbereichs wird der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff nicht etwa mit dem zivilrechtlichen Begriff des Eigentums (§ 903 BGB) gleichgesetzt, sondern „muß aus der Verfassung selbst gewonnen werden“. Eigentum i.S.v. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG sind demnach zunächst alle privatrechtlichen vermögenswerten Rechte.
Dazu zählen insbesondere
- das Eigentum nach bürgerlichem Recht (§ 903 BGB), also das dingliche Vollrecht
- sonstige vermögenswerte Rechte wie z.B. beschränkte dingliche Rechte (Hypotheken, Grundschulden usw.), das in einer Aktie verkörperte „Anteilseigentum“ und obligatorische Rechte (Kaufpreisansprüche , das Besitzrecht des Mieters usw.) sowie
- nach nicht unbestrittener Ansicht das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
- nicht hingegen das Vermögen als solches, also die Gesamtheit der Vermögenswerte des Einzelnen als solche; ausnahmsweise kommt Art. 14 GG allerdings in Extremfällen zum Zuge, wenn eine staatlich auferlegte Geldleistungspflicht den Einzelnen übermäßig belastet und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigt, d.h. eine erdrosselnde Wirkung hat
- umstr.: vermögenswerte subjektiv-öffentliche Rechte

Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG schützt den Bestand des vorhandenen Eigentums sowie dessen Nutzung, also z.B. den bestimmungsgemäßen Gebrauch einer Sache, den Verbrauch oder die Veräußerung. Nicht geschützt sind dagegen bloße Erwerbs- oder Gewinnaussichten, die möglicherweise mit einem bestimmten Gegenstand erzielten werden könnten

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Q

Abgrenzung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen und Enteignungen

A

Das BVerfG sieht in „Inhaltsbestimmungen, Legalenteignungen und Administrativenteignungen … jeweils eigene Rechtsinstitute, die das Grundgesetz deutlich voneinander absetzt“. Sie stehen daher nicht in einem graduellen Steigerungsverhältnis, sondern in einem kategorischen Ausschließlichkeitsverhältnis. Die Abgrenzung nimmt das BVerfG dementsprechend formal vor: Nicht die Schwere des Eingriffs oder die Sonderopferstellung des Betroffenen sind maßgeblich, sondern der Umstand, ob die staatliche Maßnahme abstrakt-generellen oder konkret-individuellen Charakter hat.

Eine Enteignung ist demnach eine Maßnahme, die auf „die

  • vollständige oder teilweise Entziehung
  • konkreter
  • subjektiver, durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG gewährleisteter Rechtspositionen
  • zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben
  • [final] gerichtet“ ist.

Entscheidend ist dabei, dass „Güter hoheitlich beschafft werden, mit denen ein konkretes, der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienendes Vorhaben durchgeführt werden soll“ (Güterbeschaffung).

Die Enteignung ist grundsätzlich in zwei verschiedenen Formen denkbar, nämlich zum einen als Enteignung durch Gesetz (sog. Legalenteignung), zum anderen als Enteignung auf Grund eines Gesetzes durch administrative Maßnahmen (sog. Administrativenteignung).
Inhalts- und Schrankenbestimmungen sind demgegenüber Regelungen, die „generell und abstrakt die Rechte und Pflichten des Eigentümers fest[legen]“. Inhalts- und Schrankenbestimmungen sind daher Rechtsnormen, die den Inhalt des Eigentums vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an für die Zukunft in allgemeiner Form bestimmen.

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Q

sog. ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmungen

A

Bisweilen stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber einen besonders intensiven Eingriff in die Eigentumsfreiheit, der für sich betrachtet unverhältnismäßig wäre, durch (insbesondere finanziellen) Ausgleich kompensieren oder zumindest mildern kann oder muss und die Beeinträchtigung dadurch verfassungsrechtlich zu rechtfertigen vermag. Damit sind die sog. ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen angesprochen. Ein besonders intensiver Eingriff in die Eigentumsfreiheit kann durch einen solchen Ausgleich ausnahmsweise gerechtfertigt werden, wenn

  • der Ausgleich auf einer gesetzlichen Grundlage beruht,
  • er sich nicht nur vorschnell auf eine Entschädigung in Geld beschränkt, sondern eineunverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real zu vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums (z.B. durch Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften) so weit als möglich zu erhalten versucht (sog. Vorrang der Bestandsgarantie) und
  • die Verwaltung bei der Anwendung der konkreten Inhalts- und Schrankenbestimmung zugleich über den gegebenenfalls erforderlichen Ausgleichsanspruch zumindest dem Grunde nach zu entscheiden hat
65
Q

Anforderungen an die Rechtfertigung der Enteignung

A
  1. Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit, Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG
    Die Enteignung muss zum Wohl der Allgemeinheit erfolgen. Dies ist dann der Fall, wenn sie mit dem erklärten Ziel erfolgt, das Eigentumsobjekt für eine konkrete, dem Wohl der Allgemeinheit dienende Aufgabe zu gebrauchen.
    Problematisch ist diese Voraussetzung insbesondere dann, wenn bei der Verfolgung strukturpolitischer Gemeinwohlaspekte ein privater Vorhabenträger begünstigt werden soll, welcher eigene erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt. In solchen Fällen ist eine Enteignung nur dann zulässig, wenn
    - das strukturpolitische Ziel als Zweck der Enteignung ausdrücklich im Gesetz festgelegt wird und
    - der Gesetzgeber zugleich ein Instrumentarium der Einflussnahme schafft, das Gewähr dafür bietet, dass der Enteignungszweck erreicht und dauerhaft gesichert wird.
  2. Junktimklausel, Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG
    Das der Enteignung zugrunde liegende förmliche Gesetz muss gemäß Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG zugleich „Art und Ausmaß der Entschädigung“ regeln (sog. Junktimklausel). Dadurch wird zum einen der Gesetzgeber im Hinblick auf die Tragweite seines Handelns gewarnt, zum anderen wird die eigenmächtige Zuerkennung von Entschädigungen durch die (Zivil)gerichte verhindert.
  3. Bestimmung der Entschädigung unter gerechter Abwägung, Art. 14 Abs. 3 S. 3 GG
    Gemäß Art. 14 Abs. 3 S. 3 GG ist die Entschädigung unter gerechter Abwägung der Allgemeininteressen und der Interessen der Beteiligten zu gewähren. Dies betrifft sowohl die Regelung von Art und Ausmaß der Entschädigung durch den Gesetzgeber als auch ggfs. deren konkrete Festlegung durch die Verwaltung.
  4. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
    Schließlich ist auch bei Enteignungen der allgemeine Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, d.h. es sind Geeignetheit und Erforderlichkeit der Enteignung zum Wohle des jeweiligen Gemeinwohlaspekts sowie die Angemessenheit des Eingriffs zu prüfen.
66
Q

Enteignende und enteignungsgleiche Eingriffe

A

enteignende Eingriffe = Nebenfolgen eines im Übrigen rechtmäßigen hoheitlichen Handelns

enteignungsgleiche = rechtswidrige Beeinträchtigungen durch hoheitliches Handeln

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Q

Rechtsweggarantie Art. 19 IV

A
  • Öffentliche Gewalt i.S.v. Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG meint nach Rechtsprechung des BVerfG nur die vollziehende Gewalt, also die Exekutive.
  • Zur Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 19 Abs. 4 GG genügt jeder behauptete rechtswidrige Eingriff in ein subjektives Recht („in seinen Rechten verletzt“), gleich ob dieses grundrechtlich verbürgt oder nur einfachgesetzlich normiert ist.
  • Das Offenstehen des Rechtswegs i.S.v. Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG meint den Zugang zum Gericht (Art. 92, 97 GG), das Verfahren vor dem Gericht sowie die Entscheidung durch das Gericht, und zwar prinzipiell im Rahmen der gesetzlichen Ausgestaltung von Gerichtsverfassung und Gerichtsverfahren. Da nämlich die Rechtswegeröffnung notwendig einen Rechtsweg voraussetzt und an eine bestimmte normative Ausgestaltung anknüpfen muss, verfügt der Gesetzgeber grundsätzlich über einen „beträchtlichen Gestaltungsspielraum“. Das BVerfG verlangt allerdings, wie schon anfangs erwähnt, zumindest eine Ausgestaltung im Sinne eines effektiven, also wirksamen Rechtsschutzes.
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Q

Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG)

A
  • Richter i.S.v. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ist jeder staatliche Richter, d.h. jeder einzelne zur Entscheidung berufene Richter, aber auch jeder Spruchkörper (Kammer, Senat) und jedes Gericht als solches, von der untersten Instanz bis zum BVerfG und dem EuGH.
  • Der gesetzliche Richter ist zunächst derjenige Richter, dessen (örtliche, sachliche usw.) Zuständigkeit für den konkreten Fall sich aus im Voraus erlassenen, abstrakt-generellen Regelungen ergibt. Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG knüpft damit an bestehende einfachgesetzliche Zuständigkeitsregelungen an, die sich aus dem Prozessrecht, namentlich aus dem Zusammenspiel von Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und anderen Prozessgesetzen (z.B. ZPO, VwGO) ergeben. Das Recht auf den gesetzlichen Richter leistet insofern Gewähr dafür, dass der im Einzelfall zuständige Richter auch der „gesetzlich“ zuständige Richter ist, d.h. durch die Anwendung der von Vornherein geltenden, abstrakt-generellen Zuständigkeitsregelungen ermittelt worden ist.
  • Daneben verbürgt Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG außerdem das Recht auf einen Richter, der in jeder Hinsicht den Anforderungen des Grundgesetzes genügt, auch insoweit also nicht „ungesetzlich“ ist; damit sind insbesondere die Unparteilichkeit des Richters nach Art. 92 GG sowie die Unabhängigkeit nach Art. 97 GG gemeint.
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Q

Entzug des gesetzlichen Richters (= Eingriff)

A

Grundsätzlich durch jede hoheitliche Maßnahme aller drei Gewalten denkbar. Eingriffe durch die Legislative stellen z.B. die Normierung mehrerer Zuständigkeiten in derselben Sache oder die Einräumung von Ermessensspielräumen an nichtrichterliche Organe bei der Zuständigkeitsbestimmung dar.
Exekutivische Eingriffe in das Recht aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG sind zwar grundsätzlich möglich, kommen praktisch allerdings kaum vor. Entziehungen durch die Judikative können demgegenüber umso häufiger auftreten, da die Zuständigkeitsregelungen des GVG und der jeweiligen Prozessgesetze weit überwiegend von den Gerichten angewendet werden. An sich könnte man dabei jede falsche Anwendung jener Zuständigkeitsvorschriften bereits als Eingriff in das Recht auf den gesetzlichen Richter betrachten, denn dann hat sich im Einzelfall nicht derjenige Richter für zuständig befunden, der bei korrekter Anwendung der allgemeinen Zuständigkeitsvorschriften zuständig wäre. Ein solches Verständnis würde allerdings dazu führen, dass dem BVerfG die Rolle einer Superrevisionsinstanz in Zuständigkeitsfragen zukäme. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG sind daher Maßnahmen und Entscheidungen eines Gerichts, die gegen Zuständigkeitsvorschriften verstoßen, nur dann als Eingriffe in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG zu bewerten, „wenn sie willkürlich sind“. Dies gilt z.B. auch für höchstinstanzliche gerichtliche Entscheidungen, die entgegen der Vorlagepflicht aus Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEU) von einer Anrufung des EuGH absehen; die Missachtung der Vorlagepflicht stellt nur dann einen Eingriff in Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG dar, wenn sie willkürlich erfolgt

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Q

Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)

A

In Literatur und Rechtsprechung werden drei Verwirklichungsstufen des Anspruchs auf rechtliches Gehör unterschieden:

  • Die wirksame Wahrnehmung des Anhörungsrechts setzt zunächst ausreichende Informationen über die Einleitung, den Inhalt und den derzeitigen Stand des Verfahrens voraus. Art. 103 Abs. 1 GG verbürgt insoweit ein Recht auf Information, insbesondere etwa ein Recht auf Akteneinsicht .
  • Als Recht auf Äußerung gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG die Möglichkeit zu mündlichen oder schriftlichen Ausführungen zu Tatsachen- und Rechtsfragen, die nach dem jeweiligen Verfahrensstand „für die spätere Entscheidung möglicherweise erheblich sein können“.
  • Als Recht auf Beachtung gebietet Art. 103 Abs. 1 GG dem Gericht schließlich, die Äußerungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Kenntnisnahme setzt dabei die Gegenwart, Aufnahmefähigkeit und –bereitschaft der Richter voraus.

Unter Gerichten i.S.v. Art. 103 Abs. 1 GG sind – in Anknüpfung an Art. 92 GG – nur staatliche Gerichte zu verstehen. Nicht von Art. 103 Abs. 1 GG geschützt sind daher zum einen Verfahrensbeteiligte vor Schieds-, Vereins- und Verbandsgerichten usw. sowie Beteiligte in Verwaltungsverfahren oder in Verfahren vor dem Rechtspfleger.

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Q

Allgemeine Gesetze iSd Art. 5 II GG

A

Allgemeine Gesetze sind solche Gesetze, die nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nicht gegen die Äußerung der Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsgutes dienen, den Schutz eines Gemeinschaftswerkes, der gegenüber der Betätigung der Meinungsfreiheit den Vorzug hat.

72
Q

Erziehung

A

Erziehung meint die Pflicht der Eltern für die seelische und geistige Entwicklung und die Vermittlung von Wissen und Wertorientierung zu sorgen.

73
Q

Frieden, Art. 1 GG

A

Unter Frieden versteht man die Abwesenheit von Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören.

74
Q

Vorbehalt des Gesetzes

A

Von einem Gemeingebrauch spricht man, wenn öffentliche Sachen gemäß ihrer Widmung benutzt werden.

75
Q

Vorrang des Gesetzes

A

Unter dem Gesetzesvorrang versteht man den Grundsatz, dass das Handeln der drei Gewalten nicht gegen höherrangiges Recht verstoßen darf.

76
Q

Handwerk

A

Handwerk ist jede Be- und Verarbeitung von Stoffen ohne Massenproduktion mit einem erheblichen Anteil qualifizierter Handarbeit.

77
Q

Rechtsprechung iSd Art. 1 III GG

A

Mit der Rechtsprechung in Art. 1 III GG ist die Judikative als eine der drei Gewalten im Sinne von Montesquieu gemeint.

78
Q

Rechtsschutzgarantie

A

Unter der Rechtsschutzgarantie versteht man das Grundrecht auf Anrufung staatlicher Gerichte, Art. 19 IV GG.

79
Q

Schmähkritik

A

Bei einer herabsetzenden Äußerung ist erst dann der Charakter einer Schmähung gegeben, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung mit der Sache, sondern die Diffamierung und Herabsetzung der Person im Vordergrund steht.

80
Q

Sittengesetz

A

Sittengesetze umfassen die für ein geordnetes Zusammenleben als unverzichtbar anerkannten grundlegenden sozial-ethischen Wertvorstellungen.

81
Q

Grundrechtlicher Unterlassungsanspruch

A
  • Heute allgemein anerkannter öffentlich-rechtlicher Abwehr- oder Unterlassungsanspruch
  • unmittelbar entweder aus dem Rechtsstaatsprinzip oder aus dem jeweils betroffenen Grundrecht
  • besteht, wenn der Realakt einen (faktischen) Eingriff in das Grundrecht darstellt, unmittelbar bevorsteht oder noch andauert und rechtswidrig ist

Bsp s. Lindner Rn. 1196 ff. sowie KW Fall 25 Subventionen der Uhrenindustrie