FLB 1 - Kapitel 6 Flashcards

1
Q

Was sind Verhandlungen und wofür sind Sie da?

A
  • Verhandlungen: Bedeutsamer, sozial-interaktiver Prozess zur Vermeidung, Reduktion / Beseitigung sozialer Konflikte
    => Form des kommunikativen Dialogs, mit dessen Hilfe Parteien versuchen, wechselseitige Abhängigkeit bei manifesten Interessensdivergenzen zu lösen
  • Sicht der sozialpsychologischen Kognitionsforschung: Dialog zw Parteien als interaktive Entscheidungsfindung, bei der Parteien zs an Suche einer allseits akzeptierten Konfliktlösung arbeiten
  • Wirksamkeit von Verhandlungen hängt insbesondere von Art der sozialen Auseinandersetzung ab
    => Wesentliche Unterscheidung sozialer Konflikte:
    (1) Interessenskonflikte
    (2) Wertkonflikte
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2
Q

Wie unterscheidet sich ein Interessenskonflikt von einem Wertkonflikt?

A
  • Interessenskonflikt: Entsteht bei Austausch / Verteilung von Ressourcen (zB (im)materielle Ressourcen wie Geld, Arbeitszeit, Güter, Ländereien)
    => Verhandlungen = Wirkungsvolles Instrument zur Lösung sozialer Divergenzen
  • Wertkonflikt: Entsteht bei divergierenden Positionen bzgl ethischer Glaubensgrundsätze, sozialer Normen und moralischer Weltanschauungen
  • Entstehen vor Hintergrund der ideologischen und moralischen Überzeugungen
    => Stark mit individueller Identität und Selbstwertgefühl verknüpft
    => Verhandlungen “Austausch von zB ökonomischen Ressourcen, um Werte zu kompensieren” können zu Eskalation führen
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3
Q

Welche Reihe von Merkmalen sind den meisten Verhandlungen zu Interessenskonflikten gemeinsam?

A

a) Wahrnehmung Interessenskonflikt mit unvereinbaren Positionen
b) Parteien sind interdependent
=> Realisierung eigener Interessen nicht (/ nur mit hohen Kosten) ohne andere Partei
c) Parteien erleben „gegensätzliche“ bzw. „gemischte“ Motive (mixed-motive)
=> Streben eigene Interessen zu realisieren (egoistisches Motiv) & nach allseits akzeptabler Lösung (prosoziales Motiv)
d) Parteien nähern sich Konfliktlösung im kommunikativen Dialog
e) Konfliktlösung über Austausch von Zugeständnissen im Dialog
f) Zugeständnisse: Vorschläge zum Austausch / zur Verteilung von ((im)materiellen) Ressourcen, die sich als Gegenstände zur Lösung des Interessenskonflikts herauskristallisiert haben

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4
Q

Wie sieht das Zusammenspiel struktureller Merkmale, psychologischer Prozesse, einigungsrelevanter Verhaltensweisen sowie den sich hieraus ergebenden Verhandlungsergebnissen aus?

A

Soziale Interaktion und einigungsrelevante Verhaltensweisen: Forderungen
und Ausbau interessenrelevanter Ressourcen <=> Strukturelle Merkmale der Verhandlung: Lösungsraum, Ertragsstruktur, Ressourcenmerkmale <=>
Psychologische Prozesse: Kognitive, motivationale, affektive Wirkmechanismen <=> Soziale Interaktion und einigungsrelevante Verhaltensweisen: Forderungen
und Ausbau interessenrelevanter Ressourcen =>
Verhandlungsergebnis: Objektiv-rationelle und subjektiv-soziale Ergebnisse

=> Einigungsrelevante Verhaltensweisen beeinflussen Qualität der resultierenden Einigung, die sich anhand Reihe von Kenngrößen auf objektiv-rationeller und subjektiv-sozialer Ebene quantifizieren lässt

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5
Q

Strukturelle Verhandlungsmerkmale und Verhandlungsergebnisse: Limits und Einigungsspielraum

A
  • Strukturelle Charakteristika von Verhandlungen, die Verlauf und Ergebnis maßgeblich bestimmen: (1) Beinhalten stets einen / mehrere Gegenstände, bzgl derer Parteien zu Beginn unvereinbare Positionen vertreten
    => Ob Einigung zw beiden Parteien erreicht wird, hängt ua von subjektiven „Limits“ der Parteien ab
  • Limits: Potenzielle Verhandlungsergebnisse, welche Parteien gerade noch bereit sind zu akzeptieren
    => Überschneiden sich Limits, sind im Bereich zw Limits Einigungen möglich („Einigungsspielraum“)
  • Je größer der Einigungsspielraum, desto wahrscheinlicher, dass Parteien Konfliktlösung finden
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6
Q

Wie lauten die bedeutsamsten Determinanten der subjektiven Limits und des Einigungsspielraums?

A

(1) „Verhandlungsziele“ (erwünschte Idealergebnisse)
(2) „Status-quo“ (Ergebnis, das eintritt, wenn durch die Verhandlung keine Veränderung entsteht)
(3) „Bestmögliche Einigungsalternative“ (BATNA; Best Alternative to a Negotiated Agreement)

=> Bei Bestimmung des Einigungsspielraums können Parteien ihre Limits nicht immer eindeutig festlegen

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7
Q

Strukturelle Verhandlungsmerkmale und Verhandlungsergebnisse: Anzahl von Ressourcen und Ertragsstruktur

A
  • Einigungsspielraum zusätzlich von Verhandlungsmasse (Menge aller interessensrelevanten Ressourcen) abhängig
    => Unterscheidung zw Verhandlung mit einzelnem und mehreren Gegenständen
    => Spielt insbesondere hinsichtl Ertragsstruktur eine zentrale Rolle („pay-off structure“)
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8
Q

Distributive (starre) Ertragsstruktur vs. integrative (variable) Ertragsstruktur

A
  • Distributive (starre) Ertragsstruktur: Verhandlungen mit einzelnem Gegenstand
    => Gewinn einer Partei ggü gleichwertigem Verlust der anderen
    ==> Einigungen nur auf Dimension des verhandelten Gegenstands
  • Integrative (variable) Ertragsstruktur: Mit zunehmender Anzahl an Gegenständen steigt Wahrscheinlichkeit, dass…
    => Beide Parteien Ertrag steigern können, ohne vollständig zu Lasten des Ertrags der Gegenpartei
    => Einzelnen Gegenständen werden unterschiedl Bedeutung beigemessen, Zugeständnisse unterschiedl gewichtig
  • Pareto-optimale Einigung: Bestmögliche Lösung aus Sicht aller Parteien
    => In distributiven Verhandlungen: Kompromisslösung / 50:50-Lösung, Mitte des Einigungsspielraums
    => Integrative Verhandlungen: Win-win-Lösungen
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9
Q

Strukturelle Verhandlungsmerkmale und Verhandlungsergebnisse:
Merkmale von Ressourcen

A
  • Alle Elemente einer Verhandlung, die dazu beitragen können, Spielraum an Lösungsmöglichkeiten zur Reduktion des Interessenskonfliktes zu vergrößern
  • Ressourcen werden zu konkreten Verhandlungsgegenständen, wenn Parteien
    (a) die Ressourcen als Thema in Verhandlung aufnehmen und
    (b) divergierende Positionen bzgl Ressource vertreten
  • Je mehr Ressourcen in Verhandlung aufgenommen werden, desto größer ist Verhandlungsmasse, desto mehr Einigungsoptionen entstehen und desto wahrscheinlicher ist es, dass integrative, variable Ertragsstruktur entsteht
  • Inwieweit Ressourcen variable Ertragsstruktur ermöglichen, hängt neben Anzahl von weiteren spezifischen Merkmalen ab:
    Teilbarkeit, Besitzstand, Erwartungswert
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10
Q

Merkmale von Ressourcen: Teilbarkeit der Ressourcen

A
  • Auf zwei verschiedene Weisen teilbar:
    (1) Aufteilbar, dh sie können in Einheiten derselben Ressource aufgeteilt werden
    (2) Unterteilbar, dh durch ihre Unterteilung entstehen mehrere neue „Sub-Ressourcen“
    => Berücksichtigen, ob diese miteinander im Hinblick auf Einigung verbunden bzw unverbunden sind
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11
Q

Aufteilbarkeit von Ressourcen

A
  • Typisches Beispiel: Geld
  • Ressource eines einzelnen Gebrauchtwagens ist nicht in Teile der gleichen Ressource aufteilbar
    => Nicht teilbare Ressource = Kein Verhandlungsgegenstand, da keine alternativen Einigungsoptionen und Parteien keine gegensätzl Positionen einnehmen
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12
Q

Unterteilbarkeit von Ressourcen

A
  • Ressourcen können in verschiedene neue Ressourcen unterteilbar sein
    => Gelegentlich erweisen sich scheinbar unteilbare Ressourcen bei näherer Betrachtung als teilbar
    zB Gebrauchtwagen zur Gewinnung von Ersatzteilen
    => Zusätzliche Einigungsoptionen aus scheinbar unteilbarer Ressource Gebrauchtwagen, wenn dieser als Zssetzung aus verschiedenen Sub-Ressourcen gesehen wird

=> Klassisches Beispiel für Suche nach integrativen Lösungen

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13
Q

Verbundenheit von Ressourcen

A
  • Manche Verhandlungen erfordern, dass am Ende Lösung für alle verhandelten Ressourcen gemeinsam gefunden wird
    => Ansonsten bringt Scheitern einer Vereinbarung auf einer Ressource unmittelbar Scheitern auf anderer Ressource
  • Verbundene Gegenstände: Ressourcen, die im Hinblick auf abschließende Einigung als „unteilbar“ gelten

zB sind Tariferhöhung und Laufzeit typischerweise verbundene Gegenstände; hingegen sind in Verhandlung über mehrere Möbel in Einrichtungshaus, in denen der Preis für einen Schrank, ein Sofa und einen Esstisch verhandelt wird, Einigungen auf einzelnen Gegenständen möglich

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14
Q

Merkmale von Ressourcen: Besitzverhältnisse von Ressourcen

A
  • Weiteres wichtiges Merkmal von Ressourcen: Besitzverhältnisse
    => Ressourcen können im exklusiven, geteilten, undefinierten Besitz sein
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15
Q

Exklusive Besitzverhältnisse

A
  • Häufig Gegenstände in „Austauschverhandlungen“, wie Preisverhandlungen über Güter, Dienstleistungen / Infos
  • Ressourcen finden sich auch in Beitragsverhandlungen (vgl. public-goods dilemma), in denen Parteien ihre Beiträge von Ressourcen zu „Allmende“ (Gemeinschaftsbesitz) verhandeln
    => Von exklusivem zu geteiltem Besitz (zB zw Lebenspartnern über Beiträge zum gemeinsamen Haushalt)
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16
Q

Geteilte Besitzverhältnisse

A
  • Gegenstück zu Beitragsverhandlungen = Verteilungsverhandlungen
    => Ressourcen zunächst im Gemeinschaftsbesitz und Parteien versuchen, sich über Verteilung der geteilten Ressourcen zu einigen
    => Von geteilt zu exklusivem Besitz

zB Verhandlungen zw Erben über Verteilung von Hinterlassenschaften

  • Verteilungsverhandlungen werden in empirischer Forschung ebenso häufig als Paradigma eingesetzt wie Austauschverhandlungen (Verteilung von Profiten / Punkten)
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17
Q

Erwartungswert von interessensrelevanten Ressourcen

A
  • Bedeutsames Merkmal einer Ressource: Erwartungswert
    => Beeinflusst Verhandlung maßgeblich beeinflusst
  • Ergibt sich aus subjektivem Wert und Valenz der Ressource sowie Wahrscheinlichkeit, dass die mit Ressource assoziierten Konsequenzen in Zukunft eintreten werden
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18
Q

Erwartungswert von interessensrelevanten Ressourcen: Wert der Ressourcen

A
  • Subjektive Bedeutsamkeit bzw. Gewichtung einer Ressource
    => Verhandlungsforschung: Gewichtung = „Präferenz“

(1) Spiegelt wider, welche Ressourcen Partei im Vgl zu anderen Ressourcen stärker bevorzugt (intraindividuelle Präferenzunterschiede) und
(2) welche Ressourcen zw Parteien unterschiedl gewichtet werden (interindividuelle Präferenzunterschiede)

  • Besitzen Parteien gleiche Präferenz bzgl verhandelter Ressource => Distributiver Gegenstand (bestenfalls Kompromisslösung mögl)
  • Haben Parteien unterschiedl Präferenzen bezüglich der verhandelten Ressourcen => Integrative Ressourcen (Win-win-Lösungen mögl)
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19
Q

Erwartungswert von interessensrelevanten Ressourcen: Valenz der Ressourcen

A
  • Positiv-valente Ressourcen wie Geld, materielle Güter, Dienstleistungen wurden vielfältig untersucht
  • Mangel an empirischen Studien zu negativ-valenten Ressourcen (zB Müll, kontaminierter Boden, Emissionen) => Bisherige Studien zeigen hierbei, dass in Verhandlungen mit negativ-valenten Ressourcen die Zugeständnisbereitschaft der Parteien stark reduziert ist
    => Integrative Lösungen werden seltener gefunden
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20
Q

Erwartungswert von interessensrelevanten Ressourcen: Wahrscheinlichkeit der Kosten und Nutzen

A
  • Erwartungswert einer Ressource = Wertkomponente (Präferenz & Valenz) + Erwartungskomponente (Erwartungen hinsichtl zukünftiger Nutzen und Kosten)
    => Bestimmte Nutzen und Kosten unmittelbar verfügbar (zB kann nach erfolgreicher Verkaufsverhandlung Bargeld für Gebrauchtwagen sofort genutzt werden), andere Nutzen und Kosten erst in Zukunft realisierbar
  • Kontingenzvereinbarungen: Jede Partei erklärt sich mit Einigung einverstanden, bei der unterschiedl Erwartungen Gegenstand der Vereinbarung werden
    => Treffen Erwartungen der Arbeitgeber zu, werden Tarife nicht rückwirkend erhöht / werden Erwartungen der Arbeitnehmer Realität, kommt es rückwirkend zu Tariferhöhung
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21
Q

Strukturelle Verhandlungsmerkmale und Verhandlungsergebnisse: Verhandlungsergebnisse

A
  • Qualität einer Einigung und deren subjektive Folgen lassen sich anhand verschiedener Kenngrößen quantifizieren
    => Unterscheidung in empirischer Verhandlungsforschung: (1) Objektiv-rationelle und (2) subjektiv-soziale Ergebnisse
    (1) Quantifizierung anhand des ökonomischen Nutzens (zB monetärer Profit, Anzahl geeinigter Gegenstände)
    (2) Subjektive Bewertungen beziehen sich auf ökonomische Ergebnisse, Wahrnehmung der sozialen Beziehung zur Gegenpartei, Urteil über Prozess und auf Bewertung des eigenen Verhaltens
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22
Q

Wovon hängen die maßgeblichen Indikatoren der objektiv-rationellen Verhandlungsergebnisse ab?

A
  • Von Ertragsstruktur der Verhandlung und Ressourcenmerkmalen
    => Es lässt sich auf sehr grundlegender Ebene erfassen, ob Parteien Einigung erzielt haben / gesamte Verhandlung gescheitert ist (total impasse)
  • Ausmaß der Einigung lässt sich anhand Anzahl geeinigter Gegenstände feststellen (partial impasses)
  • In distributiven Verhandlungen mit starrer Ertragsstruktur lassen sich zusätzl Unterschiede im individuellen Profit als Maße für ökonomisch-rationellen Erfolg der jeweiligen Parteien erfassen (individual outcome)
  • Integrative Verhandlungen: Häufig wird neben individuellen Erträgen der gemeinsame Profit (joint outcome) als Indikator erfasst
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23
Q

Welche psychologischen Prozesse spielen bei Verhandlungen eine Rolle?

A

(1) Kognitive Prozesse und Verzerrungen
(2) Soziale und epistemische Motivation
(3) Emotionale Prozesse

24
Q

Psychologische Prozesse in Verhandlungen: Kognitive Prozesse

A
  • Partei muss Überblick über verschiedene Gegenstände und Ressourcen, aktuelle Angebote, mögliche Alternativangebote, eigene Limits, Ziele und evtl gegnerische Präferenzen haben
    => Aufgrund begrenzter Rationalität (bounded rationality) werden nicht immer systematische Entscheidungen gefällt
    ==> Nutzung von Heuristiken und kognitiven Schemata
25
Q

Kognitive Prozesse:
Kognitive Frames: Gewinn- und Verlustorientierung in Verhandlungen

A
  • Heuristische Infoverarbeitungsprozesse in Verhandlungen zeigen sich zB anhand Auswirkung sogenannter Ergebnisframes
    => Lassen Einigungsoption abhängig von alternativen Referenzergebnissen als Gewinn / Verlust erscheinen
  • Vgl eines potenziellen Ergebnisses mit alternativ besserem Referenzergebnis löst Verlustorientierung aus, während Vgl mit schlechterem Referenzergebnis Gewinnorientierung auslöst
    => In Analogie zur „Verlustaversion“ in Entscheidungssituationen: „Zugeständnisaversion“
  • Verlustorientierte Parteien, die als Bezugsgröße ein besseres Referenzergebnis vor Augen haben, erzielen weniger integrative Lösungen, brechen Verhandlungen häufiger mit Nichteinigung ab und zeigen generell weniger kooperative Verhaltensweisen
    => In gemischten Dyaden (gewinnorientierte vs. verlustorientierte Partei) wird häufiger negative Fokussierung der verlustorientierten Partei übernommen, als umgekehrt
26
Q

Kognitive Prozesse: Ankereffekte

A
  • Sowohl Novizen als auch Experten werden durch Höhe der ersten Forderung beeinflusst
    => Wirkt als Anker
  • Folge: Bedeutsamer Einfluss auf Limits, Ziele und Verhandlungsergebnis
  • Numerische Präzision erhöht Ankerwirkung

zB Arbeitnehmer, die mit hoher und präziser erster Forderung in Verhandlung einsteigen (zB Tariferhöhung von 6.23 %) erzielen am Ende höheren Tarifabschluss als Arbeitnehmer, die mit niedriger, gerundeter Forderung die Verhandlung eröffnen (zB Tariferhöhung von 5.00 %)

27
Q

Kognitive Prozesse: Nullsummenannahme

A
  • Ebene der sozialen Interaktion: Parteien erliegen häufig fehlerhaften Annahmen hinsichtl Ertragsstruktur
  • Eine der wichtigsten und folgenschwersten kognitiven Fehlschlüsse: „Nullsummenannahme“ (fixed-pie-perception)
    => Parteien neigen dazu, Ertragsstruktur der Verhandlung als starr und distributiv statt mit integrativer, variabler Struktur wahrzunehmen
    ==> Tatsächlich ggb Einigungsraum wird unterschätzt

zB Tarifverhandlung: Eine der Parteien könnte fälschlicherweise annehmen, dass beiden Seiten die prozentuale Tariferhöhung wichtiger als Höhe der Einmalzahlung ist, obwohl Präferenzen unterschiedlich gelagert sind
=> Folge: Anstreben eines Kompromisses anstatt besserer integrativer Einigung

28
Q

Kognitive Prozesse: Weitere verhandlungsspezifische Heuristiken und Schemata

A

(1) Verzerrungen durch egozentrische, selbstdienliche Fairnessvorstellungen bei Bewertung potenzieller Verhandlungsergebnisse
(2) Fundamentaler Attributionsfehler bei Beurteilung der Verhaltensweisen der Gegenpartei
(3) Inkompatibilitätsfehler, welcher bei kompatiblen Interessen fälschlicherweise Annahme eines Positionskonflikts suggeriert
(4) Reaktive Abwertung von Gegenangeboten, bei der Lösungsvorschlag der Gegenseite negativer beurteilt wird als wenn derselbe Vorschlag von eigener Seite unterbreitet worden wäre

29
Q

Motivationale Prozesse

A
  • Widerstreitende Motive: Zw prosozialem Motiv der Kooperation zur Erreichung gemeinsamer Lösung und egoistischem Motiv zur Maximierung des eigenen Nutzens hin und her gerissen sein
    => Motivwiderstreit spielt in Verhandlungen zentrale Rolle
  • In Verhandlungsforschung wird zw zwei Klassen von Wertorientierungen unterschieden: Prosoziale & egoistische Motive
    => Dispositionale Persönlichkeitsstrukturen / durch situative Faktoren hervorgerufen
  • Egoistisch motivierte Parteien: Eigenen Nutzen unabhängig vom Nutzen der Gegenseite maximieren
  • Prosoziale Parteien: Motiviert, Nutzen beider Seiten zu vergrößern
30
Q

Motivationale Prozesse: Modell der Interessensberücksichtigung (dual-concern-model)

A
  • Aufbauend auf Klassifikation von egoistischen vs. prosozialen Motiven
  • Beschreibt vorherrschende Verhandlungsstrategien anhand von zwei Interessensdimensionen:
    1. Self-concern: Ausprägung der Zugeständnisaversion und Unnachgiebigkeit der Verhandlungspartei
    2. Other-concern: Kontinuum zw Extrempunkten des egoistischen Motivs (niedriges other-concern) und prosozialen Motivs (hohes other-concern)
  • Hohe Zugeständnisaversion in Verbindung mit hohem Interesse am Ggü (prosoziales Motiv)
    => Problemlösestrategien, integrative Lösungen (systematischer Austausch von Ressourcen, Einbringen weiterer Ressourcen zur Erweiterung der Verhandlungsmasse)
    ==> Belege in etlichen empirischen Studien erbracht
  • D-C-Modell: Parteien streben danach, eigene Positionen mit Hilfe von Drohungen, Täuschen und anderen kompetitiven Verhaltensweisen durchzusetzen, wenn prosoziale Motivation gering und Zugeständnisaversion hoch ist (Wettstreit)
  • Ist prosoziale Motivation hoch und Zugeständnisaversion gering => Hohe Nachgiebigkeit (Nachgeben)
31
Q

Motivationale Prozesse: Modell der motivierten Informationsverarbeitung (motivated information processing model)

A
  • Berücksichtigt zusätzl zu sozialen Motiven auch Determinante der „epistemischen Motivation“
    => Brücke zw motivationalen & kognitiven Ansätzen
  • Verhandlungen: Niedrige epistemische Motivation führt zu vermehrten kognitiven Fehlschlüssen, heuristischer Infoverarbeitung und schlechteren Ergebnissen
  • Annahme: Aus Kombi der unabhängigen Dimensionen der sozialen Motive und epistemischen Motivation lassen sich vier Verhandlungstypen ableiten:
    (1) der prosoziale Denker
    (2) der prosoziale, kognitive Geizhals
    (3) der egoistische Denker
    (4) der egoistische, kognitive Geizhals - Modell sagt vorher, dass Problemlösestrategien vor allem von prosozial-motivierten Denkern angewandt werden
  • Hohe epistemische Motivation (eM) mit egoistischer Wertorientierung (egoistischer Denker) oder geringe eM mit prosozialer Wertorientierung (prosozialer, kognitiver Geizhals) keine hinreichenden Bedingungen für problemlösende Strategien darstellen
    => Erste empirische Studien bestätigen Annahme
32
Q

Erkläre die epistemische Motivation samt Need for cognition (NFC) und Need for cognitive closure (NFCC).

A

Epistemische Motivation:
- Motivation Infos systematisch zu sammeln & zu verarbeiten, aktiv nach Alternativhypothesen zu suchen, und generelle intrinsische Motivation, sich mit kognitiv aufwendigen Aufgaben zu beschäftigen
=> Basiert auf theoretischen Konstrukten des need for cognition & need for cognitive closure

NFC:
- Intrinsisch motiviertes Aufsuchen von kognitiv fordernden Aufgaben

NFCC:
- Bedürfnis Ambiguität zu vermeiden und schnelle Entscheidungen zu treffen

33
Q

Emotionale Prozesse

A
  • Wichtiger Einflussfaktor für Erfolg / Misserfolg in Verhandlungen
  • Unterscheidung zw intra- und interpersonellen Effekten
    => Intrapersonelle Effekte: Einfluss der individuellen Stimmung auf individuelle Kognitionen, Strategien, Wahrnehmungen, Verhaltensweisen
    => Interpersonelle Effekte: Einfluss von emotionalen Ausdrücken (verbal, mimisch, gestisch) auf Ggü
34
Q

Emotionale Prozesse: Intrapersonelle Effekte von Emotionen

A
  • Einflussreichste Erklärungsansätze:
    (1) Affekt-als-Information-Modell
    (2) Affektive Priming-Ansätze
    (3) Affekt-Infusions-Modell
    => Alle Theorien nehmen valenzkongruenten Einfluss der Stimmungen auf zu bewertendes Objekt an
    => Unterscheiden sich nur in Annahmen über vermittelnde Prozesse
  • Empirisch konnte in Studien demonstriert werden, dass Parteien mit positiver Stimmung mehr kooperative Verhaltensweisen zeigen und mehr Problemlösestrategien nutzen
  • Parteien mit negativer Stimmung zeigen häufiger kompetitive bzw. egoistische Verhaltensweisen
  • Positive Emotionen nicht grundsätzlich erleichtern, negative nicht grundsätzlich erschwerend für Verhandlungsverlauf
    => Negativ gestimmte, traurige Parteien verarbeiten Infos syste- matischer und treffen präzisere Entscheidungen als positiv gestimmte, glückliche Parteien
35
Q

Affekt-Infusions-Modell

A
  • Annahme: (Positive / negative) Stimmung der Parteien dient als Bezugspunkt für deren Urteile, Entscheidungen und Strategien
    => Wichtige Auswirkungen auf Verhandlungsergebnis
  • Entsprechend zeigte sich in mehreren Studien, dass negativ gestimmte Parteien häufiger einigungserschwerende Reaktionen (zB mangelnde Zugeständnisbereitschaft / kompetitive Strategien) zeigen
36
Q

Emotionale Prozesse: Interpersonelle Effekte von Emotionen

A
  • Emotionale Expressionen können sich in gewählten Worten, Art, wie sie gesagt werden / begleitenden Gesten & Mimiken zeigen
  • Können unabsichtlich Infos vermitteln / taktisch eingesetzt werden
    => Auswirkungen auf Erlebniswelt der Gegenpartei
  • Vorherrschende Annahme über Emotionseinfluss besagt, dass Emotionsausdruck als Infoquelle für Intentionen des Senders genutzt wird
  • Empfänger kann potenziell Verhalten im Verhandlungsprozess anpassen
    => Infogewinn für Empfängerpartei lässt sich empirisch für Äußerung von positiven Emotionen (Freude) als auch negativen Emotionen (Frustration, Ärger) zeigen
    => Effekt an Bedingung geknüpft, dass zum Ausdruck gebrachte Emotionen Infos über Ressourcenpräferenzen beinhalten
37
Q

Soziale Interaktion: Geben und Nehmen in Verhandlungen

A
  • Ob ausgehend von anfänglichen Positionen Einigung erzielt wird, hängt von jeweiliger Zugeständnisbereitschaft im weiteren Verhandlungsprozess ab
  • Einigung wird nur dann erzielt, wenn ausgehend von Anfangspositionen mindestens eine Partei soweit Zugeständnisse macht, dass diese das Limit der Gegenpartei überschreiten
    => Bereich zw Einstiegsposition und Limit einer Partei = Individueller Zugeständnisraum (Je stärker sie sich überschneiden, umso größer ist Ausmaß der Einigungsmöglichkeiten)
  • Individueller Zugeständnisraum = Funktion von zwei Formen einigungsrelevanten Verhaltens
    => „Nehmen“ und „Geben“ in Verhandlungen verstehen kann (claiming and creating value)
  • Ziel fordernder Verhaltensweisen (claiming value): Ansprüche auf verhandelte Ressourcen erheben, um größtmöglichen Teil der Verhandlungsmasse in Besitz zu nehmen
    => Engen Zugeständnisraum ein
  • Ziel ausbauender Verhaltensweisen (creating value): Verhandlungsmasse durch systematische Nutzung vorhandener Ressourcen sowie Beitragen neuer Ressourcen zu erweitern
    => Erweitern Zugeständnisraum
  • Zugeständnisräume der Parteien nicht starr und unveränderbar, sondern können durch ausbauende Strategien (creating value) vergrößert werden
38
Q

Logrolling: Der systematische Austausch von Zugeständnissen

A
  • Systematischer Austausch von Zugeständnissen
    => Systematisch: Unterschiede in Präferenzen zw Parteien werden berücksichtigt
  • Jede Partei macht Zugeständnisse auf denjenigen Gegenständen, die für sie selbst von geringerer Bedeutung sind
  • Im Gegenzug erhält jede Partei Zugeständnisse auf Gegenständen, die der jeweiligen Partei selbst wichtiger sind
  • Bedeutung von Ressourcenmerkmalen werden ersichtlich. Nur wenn die Parteien unterschiedliche Präferenzen bezüglich der verhandelten Ressourcen haben, dh wenn Parteien den Ressourcen einen unterschiedl Erwartungswert zuschreiben, ist präferenzkonsistenter Austausch von Zugeständnissen möglich
  • Unterschiede in Erwartungswerten können sich hierbei nicht nur auf Wertdimension der Ressourcen manifestieren (Präferenzen) sondern auch auf Erwartungsdimension
  • Dies wird erneut ersichtlich anhand der zuvor beschriebenen Strategie der Kontingenzvereinbarungen
39
Q

Erweiterung der Verhandlungsmasse: Expanding the pie

A
  • Vergrößerung des Einigungsspielraums über Erweiterung / Ausbau Verhandlungsmasse
    (expanding the pie)
    => Parteien nehmen zusätzliche Ressourcen in Verhandlung auf, die bereits zuvor verhandelt wurden
  • Erfolg der Strategie wird dadurch beeinflusst, ob Parteien Verhandlungsmasse durch eigene Ressourcen, Ressourcen der Gegenseite / Ressourcen einer Drittpartei erweitern
  • Besonders effektive Form des Ausbaus der Verhandlungsmasse: Ressourcen aufbauen, die in kollektiven Besitz überführt werden
40
Q

Berücksichtigung zugrunde liegender Interessen

A
  • Parteien können durch Analyse der zugrunde liegenden Interessen und Bedürfnisse der Gegenpartei bisher noch nicht berücksichtigte Ressourcen in Verhandlung einbringen
    => Bislang unberücksichtigte interessensrelevante Ressourcen werden eingebracht
  • Wirksame Strategie bei Analyse der zugrunde liegenden Motive und Interessen der Gegenpartei
    => „Vier-Ohren-Prinzip“ von Schulz von Thun (2008)
  • Harvard-Modell der Verhandlungsführung: In Interessenskonflikten von großer Bedeutung, zw Konfliktpositionen und zugrunde liegenden Interessen hinter Positionen (zB Wertschätzung; Inflationsausgleich; Gewinnbeteiligung) zu unterscheiden
    => Ursachen des Konflikts wie tiefer liegende Motive, Ängste oder Verletzungen liegen im Verborgenen und müssen erst von den Parteien ergründet werden
  • Vor Hintergrund erkannter Interessen können sodann bisher nicht erkannte Ressourcen in Verhandlung eingebracht werden, die unmittelbar die Interessen beteiligter Parteien ansprechen
  • Auch bei Einsatz dieser Strategie spielen spezifische Ressourcenmerkmale eine bedeutsame Rolle
  • Durch Unterteilung einer Ressource in einzelne Bestandteile kann zusätzl Verhandlungsmasse generiert werden
    => „Entflechtung“ von Ressourcen (unlinking)
41
Q

„Vier-Ohren-Prinzip“ von Schulz von Thun (2008)

A
  • Botschaft besitzt neben Sachinformation drei weitere semantische Anteile, die sich zw Sender und Empfänger entfalten (Appell, Beziehungsebene, Selbstoffenbarung)
42
Q

Verhandlungen vor dem Hintergrund sozialpsychologischer Theorien

A
  • Verhandlungen stets in sozialen Rahmen eingebettet
    => Verhandeln „… aus einer sozialpsychol Perspektive als sozialer Gruppenprozess innerhalb des Bereichs Konflikt…“
  • Verhandeln = Möglichkeit, Konflikte innerhalb von Gruppen zu reduzieren
  • Bekannte Theorien in dem Zshang:
    (1) Soziale Austauschtheorien
    (2) Gruppentheorien
43
Q

Soziale Austauschtheorien

A
  • Sozialer Austausch = Grundlegende Form der sozialen Interaktion
    => Zentrale Elemente: Eigeninteresse und wechselseitige Abhängigkeit
  • Bei bestehender Interdependenz (zB zw Verhandlungsparteien) entsteht Problem der Koordination mit Ziel: Hohen Nutzen erreichen, Kosten vermeiden
  • Zufriedenheit mit Interaktion ist abhängig vom Vergleichsstandard (comparison level; CL)
    => Umfasst Erwartungen über Höhe von Nutzen und Kosten in einer sozialen Beziehung aufgrund von Selbst- oder Fremderfahrung
  • Liegen in Verhandlung erzielte Ergebnisse über Vergleichsstandard (CL) => Verstärkte Zufriedenheit
  • Häufig liegen erzielte Ergebnisse unterhalb des Vergleichsstandards
    => Unzufriedenheit der Parteien (trotz Unzufriedenheit kann man häufig beobachten, dass sich Parteien dennoch einigen)
  • Entscheidend: Vergleichsstandard für Alternativen (comparison level for alternatives; CL-Alt)
    => Beinhaltet Erwartungen über Höhe von Nutzen und Kosten für Alternativen zur ggb Einigungsmöglichkeit, zB zu erwartender Nutzen und Kosten bei Abbruch der Verhandlung / aus Verhandlung mit anderem Verhandlungspartner
  • Vergleichsstandard für Alternativen determiniert soziale Abhängigkeit von Gegenpartei und Verbleiben in Verhandlung & Zufriedenheit mit ggb Einigungsmöglichkeit
  • Verhandlungsliteratur: Annahmen der Austauschtheorie Niederschlag in Forschungsarbeiten zu Limits
    => Viele Parteien bestimmen ihr Limit auf Grundlage der BATNA, welche wiederum dem Vergleichsstandard für Alternativen entspricht
44
Q

Gruppentheorien

A
  • Häufig verhandeln Parteien nicht nur in individuellem Interesse, sondern als Mitglieder (Vertreter) sozialer Gruppen
  • Forschungsarbeiten dazu bauen auf Erkenntnissen aus Studien zu sozialen Dilemmata (zB prisoner-dilemma-game), sozialen Identitätsprozessen sowie Untersuchungen zu Gruppenentscheidungen auf
  • Bedeutsamer und robuster Befund: Intergruppales Verhalten kann von Wettbewerb, abwertenden Einstellungen und feindseligem Verhalten gekennzeichnet sein
  • Untersuchungen zur Theorie der sozialen Identität (SIT) deren Weiterentwicklung in Form der Selbstkategorisierungstheorie (SCT), dass Identifikation auf kollektiver Ebene (Identifikation als Mitglied einer sozialen Gruppe) im Vgl zu Identifikation auf individueller Ebene (Identifikation als Einzelperson) weitreichende Auswirkungen auf Erleben und Verhalten hat
    => Effekte selbst dann zu beobachten, wenn Individuen sozialen Gruppen aufgrund von arbiträren Merkmalen zugeordnet werden
  • Entsprechend sozialen Identitätstheorien (SCT, SIT) spielen bei Erklärung intergruppaler Konflikte soziale Vergleichsprozesse und Streben nach positiver sozialer Identität eine zentrale Bedeutung: Soziale Vergleiche zw Eigen- und Fremdgruppen dienen dazu, Infos über Wertigkeit der eigenen Identität zu gewinnen
  • Ziel dieses Vergleichs: Positive, kollektive Identität besitzen, die dann erreicht wird, wenn sozialer Vgl zw Eigen- und Fremdgruppe positives Ergebnis aufweist
    => Personen, die nach positiver sozialer Identität streben, tendieren dazu, Eigengruppe zu favorisieren / Fremdgruppe zu diskriminieren
45
Q

Kontext von sozialen Dilemmasituationen

A
  • Intergruppenverhalten ist im Vgl zu interpersonalem Verhalten durch reduziertes Niveau an Kooperation und erhöhtes Niveau an Wettbewerb charakterisiert
  • Gruppen sind in interpersonalen Situationen kompetitiver als Individuen
    => Erhöhtes Misstrauen („Fear-Komponente“), Habgier („Greed-Komponente“)
46
Q

Gruppentheorien: Verhandlungen zwischen Teams

A
  • Erste Studien, die sich mit Verhandlungen zw Teams beschäftigt haben, hatten zum Ziel, den in Sozialen-Dilemma-Studien gefundenen konfliktverstärkenden Effekt durch Gruppen zu replizieren
    => Verhandlungsteams misstrauten sich stärker, geringere Bereitschaft zur Kooperation und stellen höhere ultimative Forderungen
    ==> Verhandlungserschwerende Prozesse wirkten sich nicht negativ aufs Verhandlungsergebnis aus
  • Im Gegensatz zur Dilemma-Forschung zeigte sich positiver Effekt in intergruppalen Teamverhandlungen
    => Teams erzielten integrativere Ergebnisse als Verhandlungspaare
  • Autoren erklären positiven Teameffekt durch Vorteil bei Infoverarbeitung und effektiver Aufgabenverteilung innerhalb Verhandlungsteams
    => Da Finden von integrativen Lösungen nur durch Verarbeitung vielfältiger und komplexer Infos möglich ist, sind Teams Einzelpersonen bei Problemlöseaufgabe „integrative Ver- handlung“ überlegen
47
Q

Vorteile von Teams in Verhandlungen

A
  • Teams können…
    … vielfältige Aufgaben in Verhandlung besser innerhalb des Teams verteilen
    … Handlungen besser untereinander koordinieren
  • Teammitglieder können…
    … sich gegenseitig unterstützen, wenn Infos nicht eindeutig übermittelt werden / Missverständnisse entstehen

=> Betrachtet man Befunde aus Perspektive existierender Forschungsarbeiten zu Gruppenentscheidungen, lässt sich vermuten, dass der sich aus Interessenskonflikt ergebende Dissens zw Gruppen positiv auf systematische Infoverarbeitung in integrativen Verhandlungen auswirkt

48
Q

Gruppentheorien: Verhandlungen zwischen Gruppenrepräsentanten

A
  • Gruppenrepräsentanten agieren kompetitiver als Einzelpersonen ohne Gruppenmandat
    => Wirkt sich negativ auf Qualität der erzielten Ergebnisse aus
  • Neuere Studien: Erhöhtes Ausmaß an Kompetition zw Mitgliedern unterschiedl Gruppen nicht allein durch Rolle als Interessensvertreter der Gruppe bedingt
    => Auch durch soziale Identitätsprozesse gefördert
  • Parteien, die sich als Mitglieder einer Gruppe auf kollektiver Ebene identifizieren neigen eher zu kompetitiven Verhaltensweisen und erzielen geringwertigere Ergebnisse als Parteien, die sich als Einzelpersonen wahrnehmen und folglich auf individueller Ebene identifizieren
  • Analysen zu zugrunde liegenden Prozessen für verhandlungserschwerenden Effekt: Parteien haben in intergruppalem Kontext Mangel an wechselseitigem Vertrauen
    => Parteien scheuen im intergruppalen Kontext davor zurück, Gegenpartei hochwertige Angebote zu unterbreiten aus Furcht, vom Mitglied der Gegenseite getäuscht und ausgebeutet zu werden
49
Q

Gerechtigkeitstheorien

A
  • Subjektive Gerechtigkeits- und Fairnessvorstellungen: Eine der wichtigsten Determinanten in Verhandlungen
    => Beeinflussen Verhalten der beteiligten Parteien vor, während und nach Verhandlung
  • Beachten: Existenz einer Vielzahl von Kriterien zur Beurteilung der Gerechtigkeit und Fairness
    => Vier Bezugsklassen (Albin, 1993) von Gerechtigkeitsvorstellungen
  • Ergebnisgerechtigkeit = Geläufigste und am stärksten untersuchte Form von Fairnessvorstellungen
    => Bezieht sich auf Verhandlungseinigung und daraus folgenden Konsequenzen
  • Deutsch (1975) unterscheidet drei Gerechtigkeitsvorstellungen
  • Individuelle Fairnessvorstellungen der Parteien meist eigennützig und erschweren Einigungsprozess eher als ihn voranzutreiben
50
Q

Vier Bezugsklassen von Gerechtigkeitsvorstellungen (Albin, 1993)

A

(1) Ergebnisfairness (Gerechtigkeit der Einigung und Folgen)
(2) Prozessfairness (Verhalten der Verhandlungsparteien (faire wechselseitige Behandlung))
(3) Prozedurale Fairness (Allgemein gültige Regeln, Normen und Werte)
(4) Strukturelle Fairness (Verhandlungssituation, wie zB Ort, Zeitpunkt / beteiligte Parteien)

=> Jede Bezugsklasse bietet großen Interpretationsspielraum und liefert Vielzahl an Bewertungskriterien

51
Q

Deutsch (1975) unterscheidet drei Gerechtigkeitsvorstellungen, wie lauten diese?

A

(1) Verhältnismäßigkeitsprinzip (equity principle; Parteien erhalten in Abhängigkeit von individuellen Beiträgen Anteile an Nutzen bzw. Kosten)
(2) Gleichheitsprinzip (equality principle; Parteien erhalten gleichen Anteil an den Nutzen bzw. Kosten)
(3) Bedürfnisorientiertes Gerechtigkeitsprinzip (need principle; Parteien erhalten entsprechend ihrer Bedürftigkeit Anteile an Nutzen und Kosten)

=> Gleichheitsprinzip ist leichter in Verhandlungen anzuwenden als die beiden anderen Prinzipien
=> Geringfügige Veränderungen im sozialen Kontext können zu Veränderungen der bevorzugten Gerechtigkeitsprinzipien führen

52
Q

Fairness und Gerechtigkeit: Zusammenfassung nach Thompson und Loewenstein (1992)

A

(1) Parteien nehmen gerechtigkeitsbezogene Infos in Abhängigkeit ihrer individuellen Gerechtigkeitsvorstellungen unterschiedlich wahr
(2) Parteien tendieren bei Bewertung gegensätzl Prinzipien dazu, sich an Infos, die ihre Position unterstützen, besser zu erinnern als an widersprüchl Infos
(3) Parteien gewichten die für Bewertung von Fairness zur Verfügung stehenden Infos auf subjektive Weise
(4) Kognitive Verzerrungsprozesse werden aufgrund subjektiver Fairnessvorstellungen mit zunehmender Komplexität der Verhandlung stärker

53
Q

Weitere sozialpsychologische Theorien

A

(1) Elaboration-Likelihood-Modell
(2) Hypothesentheorie der Wahrnehmung
(3) Assimilations-Kontrast-Theorie
(4) Fuß-in-die-Tür-Strategie

54
Q

Elaboration-Likelihood-Modell

A
  • Untersuchung der Wirkung des überzeugenden Argumentierens in Verhandlungen
  • Annahme: Parteien müssen kognitiv motiviert und kognitiv idL sein, Argumenten zuzuhören und diese zu verarbeiten
    => Je eher es gelingt, persönl Bezüge und Brücken zum Ggü in Argumenten aufzubauen, um so stärker sollte überzeugende Wirkung sein
  • Auffassungsgabe des Verhandlungspartners kann dadurch erhöht werden, dass man Argumente wiederholt, Sprache des Ggü spricht und eigene Argumentation dem intellektuellen Niveau des Gegenübers anpasst
    => Nur wenn Motivation & Fähigkeit vorliegen, besteht Chance einer Tiefenverarbeitung und damit besseren Verankerung der Argumente im kognitiven System des Ggü
  • Damit steigt die Chance, dass im Verhandlungsprozess eine echte Einstellungsänderung entsteht, die sodann zu Verhaltensänderungen führen kann
55
Q

Hypothesentheorie der Wahrnehmung

A
  • Kognitive Verzerrungen und Schemata anhand subjektiver Hypothesen und Vorausurteile erklären
    => Bereits vor Verhandlungsbeginn gebildete Hypothesen steuern Wahrnehmung, Interpretation und Abruf von Infos
    ==> Starke Konsequenzen auf weiteres Verhalten in Verhandlung
  • Typisches Bsp: Nullsummenannahme
    => Parteien streben trotz ggb integrativer Lösungen einen suboptimalen Kompromiss an
  • Auch reaktive Abwertung kann als Konsequenz bestehender Voraburteile über Vertrauenswürdigkeit der Gegenpartei verstanden werden
  • Auch gutgemeinten Vorschlägen der Gegenpartei wird mit Misstrauen und Abwertung begegnet
    => Aufgrund bestehender Hypothese, es sei von Gegenseite nur Negatives zu erwarten
56
Q

Assimilations-Kontrast-Theorie

A
  • Wirkung von überzeugenden Argumenten hängt auch von bestehenden Einstellungen des Ggü ab
  • Annahme: Hilfreich, vor Verhandlung zu reflektieren, wie Ablehnungs- und Akzeptanzbereich des Ggü aussieht
    => Forderung, die im Ablehnungsbereich (ein Tabu) liegt, wird kaum Zustimmung finden und evtl Einigung frühzeitig gefährden
  • Genaue Kenntnis des Werte- und Interessensystems des Ggü kann bestmöglich argumentiert und logischer Aufbau der eigenen Argumente exakt adjustiert werden
57
Q

Fuß-in-die-Tür-Strategie

A
  • Tabubereich bzw. Ablehnungsbereich der Gegenpartei etwas verkleinern bzw. den Akzeptanzbereich vergrößern