FLB 1 - Kapitel 4.3 und 4.5 Flashcards
Der social identity approach:
Erläutere die minimal group studies von Tajfel, Billig, Bundy und Flament (1971).
- 11-jährige Jungen wurden einer von zwei Gruppen aufgrund angeblicher Präferenzen in Bewertung abstrakter Gemälde zugeteilt
=> Gruppeneinteilung Klee vs. Kandinsky - In anderem Experiment sahen Teilnehmer eine Punktwolke und sollten Anzahl der Punkte schätzen
=> In vermeintliche Über- vs. Unterschätzer eingeteilt - Nächste Phase: Teilnehmer konnten individuell Punkte / kleine Geldbeträge verteilen – entweder an (anonymes) Mitglied der eigenen / unbekanntes Mitglied der anderen Gruppe
=> Geldbetrag nicht nur nicht fair verteilt, sondern sogar höheren absoluten Gewinn für eigenes Mitglied (z.B. 13:15 für die eigene vs. der anderen Gruppe) abgelehnt, damit eigenes Gruppenmitglied relativ mehr bekam
=> Aus Phänomen der maximalen Differenzierung zugunsten eigener Gruppe entwickelten Tajfel und Turner (1979) die Theorie der sozialen Identität
Der social identity approach:
Tajfel und Turner (1979) und die Theorie der sozialen Identität
- Besteht zunächst aus drei einfachen Grundannahmen:
(1) Individuen streben nach positivem Selbstkonzept
(2) Teil des Selbstkonzepts, die personale Identität, beschreibt individuelle Fähigkeiten und Eigenschaften der Person, anderer Teil ergibt sich aus sozialer Identität: Eigenschaften und Fähigkeiten der Gruppen, in denen die Person Mitglied ist
(3) Um positive soziale Identität aufzubauen und zu erhalten, streben Personen nach positiver Differenzierung der eigenen Gruppe(n) von Gruppen, in denen man nicht Mitglied ist
=> Im Wesentlichen stützen Befunde eher negative Auswirkung des Bedürfnisses nach positiver sozialer Identität und Selbstwert in Form von starker Intergruppendiskriminierung
=> Kann aber auch positives Verhalten nach sich ziehen, zB besonderes Fairplay beim Fußball
Der social identity approach: Selbstkategorisierung
- 1987 wurde Theorie der sozialen Identität von Turner und Kollegen durch Theorie der Selbstkategorisierung ergänzt
=> Spezifiziert Bedingungen, unter denen Gruppe salient für Individuum wird (dh bedeutsam für Denken, Handeln, Fühlen) - Welche jeweilige Gruppe und die an sie gebundene Identität verhaltenswirksam wird, hängt von Zugänglichkeit (accessibility) & Passung (fit) ab
Theorie der Selbstkategorisierung: Zugänglichkeit (accessibility) & Passung (fit)
- Zugänglichkeit: Chronische (Vor-)Identifikation, dh Gruppen, die uns prinzipiell wichtiger sind und mit deren Mitgliedern wir häufig interagieren
=> Schneller salient - Passung: Bestimmte Gruppenmitgliedschaften sind in bestimmten Kontexten besser geeignet in jeweiliger Situation zu differenzieren
zB männliche, weibliche Studierende und Lehrende in einer Sitzung zs, wird zunächst Gruppenmitgliedschaft „Dozent“ bzw. „Studierender“ differenziert
=> Unterscheidung von normative fit (jeweiligen Kategorisierungen in Situation angemessen) & comparative fit (jeweilige Kategorien in Situation erlauben möglichst eindeutige Unterscheidungen => Anwendung des Prinzips des Metakontrasts)
Der social identity approach: Prinzip des Metakontrasts
- Bedeutet, dass diejenigen Kategorien am wahrscheinlichsten salient werden, bei denen die Unterschiede innerhalb der Kategorien möglichst gering und zwischen den Kategorien möglichst maximal sind
Der social identity approach: Wofür gibt es De- und Rekategorisierungsmodelle?
- Auflösung der Probleme, die mit Kategorisierung in Form von Vorurteilen und Diskriminierung einhergehen
Modell der Dekategorisierung
- Völlige Auflösung der Gruppen als Kategorisierungsmerkmal
=> Für Reduktion von Vorurteilen am besten, wenn sich alle Personen in Kontaktsituation als je einzigartige Individuen mit ganz unterschiedl Stärken und Schwächen verhalten - Vorteil: Individuen begegnen sich dadurch positiv in Situation & können positive Beziehungen auch nach konkreter Situation aufbauen => „Ballast“ der Gruppenzugehörigkeit
- Nachteil: Kontaktsituation generalisiert schwer auf andere Gruppenmitglieder / ganze Gruppe
Rekategorisierungsmodell
- Gruppen sollten in Kontaktsituation versuchen, gemeinsame, übergeordnete Kategorien zu definieren
zB Deutsche und Polen könnten sich als Europäer definieren und positive Eigenschaften dieser übergeordneten Gruppe betonen
Kontaktmodell (Pettigrew, 1998)
- Integration von De- und Rekategorisierungsmodell
1. Mit Dekategorisierung beginnen, damit sich Individuen überhaupt aufeinander einlassen und positive Begegnungen stattfinden können
2. Nach Anfangsphase sollten aber ursprüngliche Kategorien wieder betont werden, damit Programm auch über Einzelkontakt hinaus generalisierte Effekte hat
3. Gegen Ende des Programms zu Wahrnehmung einer neuen, übergeordneten Gruppenmitgliedschaft kommen
Der social identity approach: Duale Identitäten
- Auflösung von Feindseligkeiten durch Betonung beider Identitäten
- Akkulturationstheorie von Berry (1990): Beibehaltung der Merkmale der „Herkunftskultur“ + Öffnung und Kontakt zur „Aufnahmekultur“ als Integration
=> Am meisten zielführend für geringe Vorurteile & Diskriminierung - Nur dann positive Effekte, wenn Betroffene Ziele beider Kategorien als kompatibel wahrnehmen
=> Wenn als inkompatibel wahrgenommen: Radikalisierung - Komplexe kognitive Repräsentation eigener Gruppe fördert durch multiple Überschneidungen tolerante und akzeptierende Einstellung ggü Mitgliedern anderer Gruppen
- Positive Emotionen unterstützen inklusive Kategorisierung, die gruppenbezogene Diskriminierung reduziert
- Zwei Mechanismen der überschneidenden Kategorisierung fördern tolerantere Intergruppenbeziehungen:
1. Kategoriendifferenzierung
2. Dekategorisierung
Kategoriendifferenzierung und Dekategorisierung:
- Gruppengrenzen können entweder distinkt und nicht überschneidend / nicht klar abgrenzbar sein
- Je nach Stärke der Identifikation mit Gruppe, ist klare (hohe Identifikation) / unklare (niedrige Identifikation) Kategoriendifferenzierung förderlich für mehr Intergruppentoleranz
- Je höher die Komplexität und Anzahl der Gruppenüberschneidungen, desto eher kann es zu Dekategorisierungsprozess kommen
=> Fördert Bewertung einer Person auf personenbezogener Ebene anstelle von gruppenbezogener Bewertung
==> Positive Auswirkung auf Intergruppenbeziehungen
Wo wurden Dekategorisierungsprozesse und duale Identitäten erfolgreich angewendet?
- In organisationalen Kontexten
=> Mitglieder der Teams, die am meisten mit denen anderer Teams zu tun haben (boundary spanner), sowohl mit Team als auch mit Organisation als Ganzes identifizieren
Der social identity approach: Soziostrukturelle Bedingungen
- Weitere spezifische Annahmen der Theorie der sozialen Identität über Intergruppenbeziehungen:
- Ist Gruppe ggü anderer unterlegen (zB hinsichtlich des Status, materieller Ressourcen, politischem Einfluss), hängt es von drei soziostrukturellen Bedingungen ab, wie sich Gruppenmitglieder verhalten:
- Permeabilität
- Stabilität
- Legitimität
Permeabilität, Stabilität und Legitimität
- Durchlässigkeit der Gruppengrenzen
=> Möglichkeit des individuellen Aufstiegs in statushöhere Gruppe - Permeabilität ggb: Gruppenmitglieder werden versuchen, durch individuelle Mobilität in andere Gruppe ihre Situation zu verbessern
- Permeabilität nicht ggb, Statusunterschiede gleichzeitig stabil und legitim: Mitglieder unterlegener Gruppe können versuchen, durch soziale Kreativität ihren Selbstwert zu schützen
- Keines der drei Dinge ggb: Mitglieder der unterlegenen Gruppe reagieren mit sozialem Wettbewerb und es kommt zu Protesten und Aufständen bis hin zu Glaubenskriegen / Terrorismus
Replikation des Stanford-Prison-Experimentes von Zimbardo (Haslam & Reicher, 2012; Reicher & Haslam, 2006)
- Gefangenen wurden in erster Phase die Möglichkeiten des Aufstiegs in Gruppe der Wärter ggb
=> Führte zu individualisiertem Verhalten führte - Spätere Wegnahme der Permeabilität und Einschleusen eines neuen Gefangenen, der als früherer Gewerkschaftsaktivist die Illegitimität und Instabilität der Situation aufzeigte
=> Entwicklung starken Wir-Gefühls der Gefangenen, Revolte und letztlich zum Zsbruch des Systems