FLB 1 - Kapitel 5.1 und 5.2 Flashcards
Grundlagen des Konflikts, sechs Ebenen zwischenmenschlicher Beziehungen
- Konflikte = Zwangsläufige Begleiterscheinung des menschlichen Zusammenlebens
- Können auf sechs verschiedenen Ebenen zwischenmenschlicher Beziehungen stattfinden:
(1) Intra- und interpersonaler
(2) Intra- und intergruppaler
(3) Intra- und internationaler Ebene
Grundlagen des Konflikts: Definition von Unvereinbarkeiten
- Kollidieren angestrebter Ziele, inkompatibler Verhaltensweisen mit der Absicht, die Ziele anderer Partei zu behindern und ggs Störungen durch unvereinbare Handlungen bis zu „zukunftswirksamer Gegensätzlichkeit von Interessen, Zielen, Handlungen, Meinungen oder Werten“
- Prozess mit voneinander abgrenzbaren Phasen
=> Entsteht aufgrund bestimmter Ursachen, löst affektive Reaktionen und motivationale Ziele in einer / beiden Parteien aus, welche in Verhaltensstrategien münden
==> Veranlassung verschiedener Konsequenzen
Nach welchen vier Dimensionen lassen sich Inhalte von Konflikten präzisieren?
- Verteilungskonflikt: Bedingt durch Streben nach knappem Gut, das von zwei Parteien nicht gleichzeitig erreicht werden kann
- Bewertungskonflikt: Uneinigkeit über Ziele
- Beurteilungskonflikt: Widersprüchliche Wahrscheinlichkeitseinschätzungen, dass ein von beiden Parteien gewünschtes Ergebnis eintritt
- Beziehungskonflikt: Entstehung aufgrund von persönlichen Ungeschicklichkeiten und Herabsetzungen
Was veranschaulicht das Strukturmodell von Glasl (1990)?
- Klassifiziert Konflikte über Streitpunkte, Verlauf, beteiligte Parteien, Beziehung der Parteien zueinander und Einstellungen dieser
Beschreibe das neunstufige Modell der Eskalationsstufen von Glasl (2009)
- Klar voneinander abgrenzbare „Wendepunkte“, die sich auf drei verschiedenen Ebenen abspielen:
(1) Beide Parteien können noch gewinnen („win-win“)
=> Konflikt beginnt mit Spannungen, die sich allmählich verhärten
=> Nach Meinungsverschiedenheiten folgt Abbruch der verbalen Kommunikation
(2) Eine Partei gewinnt, während andere gleichzeitig verliert („win-lose“)
=> Konflikt verschärft sich, indem Sympathisanten gesucht werden
=> Aktionen, die auf Gesichtsverlust abzielen, darauf folgend Drohungen
(3) Beide Parteien können nur noch verlieren („lose-lose“)
=> Gegenpartei soll zunächst begrenzt und anschließend völlig zerstört werden
=> Letzter Schritt: Inkaufnahme der eigenen Vernichtung, um Gegenpartei zu besiegen
Prozessmodell von Thomas (1992)
- Konfliktpotenzial / latenter Konflikt können Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ein spezielles Ereignis / Frustration ausgelöst werden
- Daraufhin wird die vorliegende Situation auf eine bestimmte Art und Weise definiert / interpretiert
- Beide Parteien zeigen anschließend spezifisches Verhalten, das jeweils aufeinander einwirken kann
=> Ergebnis dieser Interaktion führt zu kurz- und langfristigen Folgen
Spieltheoretische Paradigmen
- „Knackpunkt“ eines Konflikts: Interdependenz
=> Handlungen / -ergebnisse beteiligter Parteien sind voneinander abhängig - Empirische Darstellung der Interdependenz durch Spieltheorien
=> Strategische Analyse von Interessenskonflikten
=> Spielsituationen, die sowohl Anreize zur Kooperation als auch zum Wettbewerb (sog. „gemischte Motive“) beinhalten
==> Zwei Klassen von Spielen mit gemischten Motiven: Soziale Dilemmata, Verhandlungsspiele
Spieltheoretische Paradigmen: Soziale Dilemmata
- Wählen zw Entscheidung, die Eigeninteresse begünstigt und dabei Wohlergehen des anderen beeinträchtigt
=> Nicht kooperatives Verhalten - Entscheidung, die gemeinsames Interesse begünstigt und dabei das eigene Wohlergehen im Vergleich zu „egoistischer“ Entscheidung reduziert
- Klassische spieltheoretische soziale Dilemma: „Gefangenendilemma“
- Zwei andere Arten sozialer Dilemmata:
(1) Ressourcendilemma
=> Konkurrieren mehrerer Personen um Verbrauch einer gemeinsamen Ressource („Take-some“-Spiel, zB Wasserverbrauch)
(2) Öffentliches-Gut-Problematik
=> Frage des Beitrags zu einem öffentlichen Gut, das auch Personen zur Verfügung steht, die nichts beitragen („Give-some“-Spiel, zB Steuern)
„Gefangenendilemma“
- Probanden werden gebeten, sich vorzustellen, gemeinsam mit anderer Person eine Straftat begangen zu haben
- Staatsanwalt eröffnet Probanden zwei Optionen – leugnen / gestehen –, von denen er eine wählen muss, ohne sich vorher mit Komplizen abzusprechen
- Drei strukturelle Bedingungen:
(1) Versuchung nicht zu kooperieren > Belohnung für gegenseitige Kooperation
(2) Belohnung für Kooperation > Strafe für beiderseitige Verweigerung
(3) Strafe für beiderseitige Verweigerung > „Sucker’s payoff“
=> Am häufigsten verwendetes Experimentalparadigma dieses Bereichs
Vor- und Nachteile des „Gefangenendilemmas“
Vorteile:
- Einfache Operationalisierung wechselseitiger Abhängigkeit
- Ökonomisch
- Ermöglicht Verhaltensbeobachtung
- Präzises Maß für schwer fassbares Konzept „Kooperation“
Nachteile:
- Mangelnde Übertragbarkeit auf reale Konfliktsituationen
=> Im „wahren Leben“ oft Asymmetrie der Parteien: Eine Partei stärker und hat mehr Bestrafungs- oder Bedrohungskapazitäten / unterschiedliches Ausmaß an Abhängigkeit der Parteien zueinander
- Wissen um Interdependenz oft nicht in vollem Maße ausgeprägt
Spieltheoretische Paradigmen: Verhandlungsspiele
- Diskussion zw mindestens zwei Parteien mit Ziel von Einigung
=> Angebote und Gegen-, die nur eintreten, wenn beide Seiten sie akzeptieren - Dominierendes Forschungsparadigma: Jeder Partei wird Rolle zugewiesen – Käufer und Verkäufer –, Ausprägungen eines Gegenstands werden auf mehreren Dimensionen wie Preis / Lieferzeit verhandelt
=> Ziel: Einigung auf jeder Dimension in der Form, dass höchster (Punkt-)Wert erlangt wird - Zwei zentrale Eigenschaften:
(1) Punktwerte auf jeder Dimension können entweder gegenläufig (inkompatible Interessenslagen) / nicht (kompatible Interessen) sein
(2) Meist nicht alle Dimensionen gleich bedeutsam für jede Partei
=> Integrative Lösungen („Win-win“-Situationen oder „logrolling“)
Kritik von Verhandlungsspielen
- Vereinfachung realer Verhandlungssituationen
Wie lauten weitere Varianten der Verhandlungsspiele als “Käufer / Verkäufer-Paradigma”?
(1) Diktatorspiel
(2) Ultimatumspiel
(3) Vertrauensspiel
=> Bauen in Intensität der Verhandlungsmöglichkeiten aufeinander auf
(1) Aufteilung einer bestimmten Geldsumme durch eine Partei, während zweite Partei restlichen Anteil erhält
(2) Zweite Partei hat zusätzl Möglichkeit, die ihr zugewiesene Geldsumme zu akzeptieren / abzulehnen, wobei bei Ablehnung keine Partei etwas vom Betrag erhält („Take-it-or-leave-it“-Entscheidung)
(3) Eine Partei kann Geldsumme an zweite Partei überweisen, wobei Summe daraufhin multipliziert wird
=> Zweite Partei kann in Folge Rücktransfer an erste Partei einleiten / einen solchen verweigern
Konflikt: Entstehung von Konflikten
- Zwei Verhaltensformen prägen Konflikt: (Nicht) kooperatives Verhalten
- Generierung sozialer Konflikte, wenn nicht kooperatives Verhalten zu Deprivation von Zielen führt („Interdependenztheorie“)
=> Zwei Kernmotive sind verantwortlich für nicht kooperatives Verhalten: Habgier & Furcht, ausgebeutet zu werden - Nicht kooperatives Verhalten kann außerdem durch Gefühl verletzter Gerechtigkeit ausgelöst werden
Was beeinflusst das Verhalten in interdependenten Situationen bzgl. der Motive zur Entstehung von Konflikten?
- Persönlichkeitsfaktoren: Soziale Wertorientierung
=> Chronische Präferenz für bestimmte Ergebnisverteilungen für sich und interdependente andere
=> Beruht auf mehr oder weniger stabilen, durch Erfahrungen in Kindheit erworbenen und im späteren Alter verfestigten Interaktionsmustern
=> Kann aber durch situative Merkmale verändert werden
(1) Kooperatives Motiv
=> Streben nach Maximierung des gemeinsamen Profits
(2) Individualistisches Motiv
=> Streben nach Maximierung des eigenen Profits ohne Berücksichtigung des jeweiligen (Interaktions- bzw. Kooperations-)Partners
(3) Kompetitives Motiv
=> Streben nach relativer Gewinnmaximierung vgl mit anderen
- Messen dieser Motive anhand von „zerlegten“ Spielen („decomposed games“)
=> Probanden haben Wahl zw drei Verteilungen
=> Wählen Probanden konsistent eine der drei Verteilungen, können sie gemäß ihrer sozialen Motive klassifiziert werden