FLB 1 - Kapitel 3 Flashcards
Theoretische Strömungen zur Untersuchung von Gruppenentscheidungsprozessen: Informationale Ansätze
- Getroffene Entscheidungen werden auf Inhalt & Stärke der zuvor diskutierten Infos zurückgeführt
- Ziel von Gruppendiskussion: Austausch ALLER vorhandenen Infos
=> Entstehung eines vorwiegend rationalen Bildes des Entscheidungsverhaltens - Gruppen wählen überzufällig häufig diejenige Alternative, die aufgrund GETEILTER Infos als beste Option suggeriert wird
- UNGETEILTE Infos: Infos die nur ein Mitglied besitzt
Collective-Information-Sampling-Modell (CIS) von Stasser und Titus (1987)
- Annahme: Geteilte Infos haben wahrscheinlichkeitstechnisch einen statistischen Vorteil
=> Je mehr Personen von Anfang an über Infos verfügen, desto wahrscheinlicher werden sie in Diskussion eingebracht
=> Wahrscheinlichkeit [p(D)]:
p(D) = 1 – [ 1 – p(R)]^n
p(R): Wahrscheinlichkeit, dass sich Person an Info erinnert
- Je größer n, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass Infos in Diskussion eingebracht werden
- Ausnahme: Extremfälle p(D) = 0 oder 1
Theoretische Strömungen zur Untersuchung von Gruppenentscheidungsprozessen: Normative Ansätze
- Fokus: Soziale Motive der Gruppenmitglieder
z.B. Wunsch nach Konfliktvermeidung oder Anerkennung der eigenen Meinung
=> Individuelles Bestreben, von anderen positiv evaluiert zu werden, indem sich konform mit Erwartungen verhalten wird - Einfluss, der von Majorität ausgeht, zu großem Teil auf normative Faktoren zurückzuführen
=> Präferiert Mehrzahl während Diskussion eine bestimmte Entscheidungsalternative, wird mit Mehrheitsmeinung konform gegangen
=> Gilt besonders stark für Verhaltensbeurteilungen, ethische und ästhetische Urteile oder objektiv entscheidbare Sachverhalten
Theoretische Strömungen zur Untersuchung von Gruppenentscheidungsprozessen: Integrierte Modelle
- Kombiniert informationale & normative Ansätze
- Zwei-Prozess-Modell (dual process model): Erklärt schlechte Entscheidungsqualität in Gruppen in Situationen, in denen optimale Entscheidung vollständigen Infoaustausch voraussetzt
=> Basis:
1. CIS-Modell zur Erklärung des informationalen Einflusses
2. Fehlerhafte individuelle Präferenzen zu suboptimalem Konsens in Gruppe, welcher optimale Entscheidung verhindert - Individuelle Präferenzen der Gruppe und deren Verhandlung + Infoaustausch während Diskussion
=> Infos, die mehreren Mitgliedern zur Verfügung stehen, haben übermäßigen Einfluss auf Gruppenentscheidung, indem sie mehrere individuelle Präferenzen beeinflussen
Theoretische Strömungen zur Untersuchung von Gruppenentscheidungsprozessen: Soziale Kombinationsansätze
- Gruppenergebnis wird aus geeigneter Zsführung der anfänglichen Einzelmeinungen der Gruppenmitglieder bestmöglich vorhergesagt
=> Theorie der sozialen Entscheidungsregeln (social decision scheme theory; SDS) von Davis; 1973)
Theorie der sozialen Entscheidungsregeln (social decision scheme theory; SDS) von Davis (1973)
=> Wie ist der Ablauf?
- Anfängliche Einzelmeinungen werden mittels zu identifizierender Entscheidungsregeln evaluiert
1. Matrix erstellen, in die primäre und sekundäre Regeln eingehen
2. Vergleich vorhergesagter mit tatsächlichen Entscheidungen
=> Neun Gruppenentscheidungsregeln mit Ziel, diese bzgl. Passung auf verschiedene Entscheidungssituationen zu evaluieren - Bezieht sich auf Wahl zw diskreten Alternativen
Neun Gruppenentscheidungsregeln benennen.
- Average winner (Mittelwert-Regel): Alternative mit höchster Durchschnittsbewertung
- Median winner (Median-Regel): Alternative mit höchstem Median der Bewertungen
- SJS weighted average winner (Gewichteter-Mittelwert-Regel): Alternative mit höchster gewichteter Durchschnittsbewertung
- Borda rank winner (Borda-Wahl): Borda-Rang-Wert jeder Alternative ergibt sich aus Summe der individuellen Rankings; Alternative mit höchstem Ranking / geringster Summe gewinnt
- Condorcet majority rule (Condorcet-Methode): Paarweise Abstimmung über alle Alternativen; Alternative, die alle Wahlen gewinnt = Condorcet-Gewinner
- Majority/Plurality rule (Mehrheitsregel/Pluralitätsregel): Alternative mit meisten Stimmen
- Best member rule (das beste Mitglied „regiert“): Erste Wahl desjenigen Mitglieds, das Wert der Alternativen am genauesten eingeschätzt hat
- Random member rule (ein zufälliges Mitglied „regiert“): Erste Wahl eines zufällig ausgewählten Mitglieds gewinnt
- Group satisficing rule (Satisficing-Regel): Erste Alternative, für die Schätzwerte aller Gruppenmitglieder bestimmten Schwellenwert überschritten haben
Welche Regeln sind über eine Vielzahl von Aufgabentypen hinweg sehr robust?
- Mehrheits- und Pluralitätsregeln, selbst wenn andere Entscheidung offensichtlich logischer wäre
Worauf fokussieren Weiterentwicklungen und Verallgemeinerungen des SDS-Modells?
- Aufgaben, für die Festlegungen auf Kontinuum erforderlich sind
z.B. bei Wahrscheinlichkeitsurteilen
Individualpsychologische Ansätze
- Erklärung für Gruppenentscheidungen ausschließlich über individualpsychol Prozesse, die unabhängig von Gruppeninteraktion existieren
z.B. individual preference effect
Was ist der Individual preference effect?
- Phänomen: Gruppen oft nicht in der Lage, suboptimale initiale Präferenzen ihrer Mitglieder über Infoaustausch in Diskussion zu korrigieren
- Tendenz wird darauf zurückgeführt, dass neue Infos in Abhängigkeit einer einmal gebildeten Meinung bewertet werden
=> Meinung stützende Infos werden als relevanter und qualitativ besser bewertet als meinungskonträre
=> Unabhängig von Infoquelle
Exemplarische Untersuchungskontexte zu Gruppenentscheidungen: Entscheidungen von Geschworenen (Jurys)
- Beratungsstile:
1. Fokus: Zu fällendes Urteil (verdict-driven)
=> Diskussion von Urteilspräferenzen der einzelnen Jury-Mitglieder
2. Fokus: Beweise (evidence- driven)
=> Diskussionen, die sich an Beweisen (Infos) orientieren
Wie laufen verdict-driven Entscheidungen ab?
- Beginn der Beratung i.d.R. mit öffentlicher Abstimmung
- Mitglieder vertreten, je nach abgegebener Präferenz, ihre Meinung
- Schritte 1 und 2 werden so lange wiederholt, bis sich einstimmig auf endgültiges Urteil geeinigt wird
=> Jury-Mitglieder verhandeln über ihre von Beginn an bestehenden Präferenzen
=> Präferenzverhandlungen unterliegen stärker normativen Einflüssen
Was passiert bei evidence-driven Entscheidungen?
- Die zur Verfügung stehenden Infos werden losgelöst von möglichen Urteilsformen diskutiert
=> Präferenzverhandlungen unterliegen stärker informationalen Einflüssen
Welcher Faktor spielt bei Jurys eine wichtige Rolle?
- Sie kennen sich nicht
- Sie haben noch nie eine juristische Entscheidung gefällt
=> Gruppen brauchen eine gewisse Kennenlernzeit, um optimale Entscheidungen zu treffen