F45 somatoforme Störungen Flashcards
F45 Somatoforme Störungen
= Gruppe von Erkrankungsbildern mit anhaltenden Körperbeschwerden -> subj. beeinträchtigend und keine ausreichende organische Erklärung
- initial geht Pat. v. organischer Genese der Beschwerden aus
- Beginn in Adoleszenz, frühes Erwachsenenalter
- anhaltende Schmerzsympt. oder multiple körperl. Beschwerden
- multiple diagn. Abklärungen, Arztwechsel, Therapieabbrüche, Unzufriedenheit
- zunehmende Einengung auf Körpersymptoe -> checking behavior
Somatoforme Störungen - assoziierte psychische Störungen
F45 Somatisierungsstörung
A. Vorgeschichte von mind. 2 Jahren mit anhaltenden Klagen über multiple und wechselnde körperliche Symptome, die durch keine diagnostizierbare körperliche Krankheit erklärt werden können. Eventuell vorliegende körperliche Krankheiten erklären nicht die Schwere, das Ausmaß, die Vielfalt und die Dauer der körperlichen Beschwerden oder die damit verbundene soziale Behinderung.
Wenn einige vegetative Symptome vorliegen, bilden sie nicht das Hauptmerkmal der Störung, d.h. sie sind nicht anhaltend oder belastend.
B. ständige Beschäftigung mt den Symptomen führt zu andauerndem Leiden und dazu, dass die Pat. mehrfach (3 oder mehrmals) um Konsultationen oder Zusatzuntersuchungen beim Spezialisten gehen. Wenn aus finanziellen oder georgraphischen Gründen medizinische Einrichtungen nicht erreichbar sind, kommt es zu andauernder Selbstmedikation oder mehrfachen Konsultationen bei örtlichen Laienheilern.
C. Hartnäckige Weigerung, die medizinische Feststellung zu akzeptieren, dass keine ausreichende körperliche Urdache für die körperlichen Symptome vorliegt. Vorübergehende Akzeptanz der ärztlichen Mitteilung allenfalls für kurze Zeiträume bis zu einigen Wochen oder untmittelbar nach einer medizinischen Untersuchung spricht nicht gegen diese Diagnose.
D. 6 oder mehr Symptome, mit Symptomen aus mind. 2 verschiednen Gruppen:
Gastrointestinale Symptome:
1. Bauchschmerzen
2. Übelkeit
3. Gefühl von Überblähung
4. schlechter Geschmack im Mund oder extrem belegte Zunge
5. Klagen über Erbrechen oder Regurgitation von Speisen
6. Klagen über häufigen Durchfall oder Austreten von Flüssigkeit aus dem Anus
Kardiovask. Symptome:
7. Atemlosigkeit ohne Anstrengung
8. Brustschmerzen
Urogenitale Symptome:
9. Dysurie oder Klagen über die Miktionshäufigkeit
10. unangenehme Empfindungen im oder um den Genitalbereich
11. Klagen ber ungewöhnlichen oder verstärkten Ausfluss
Haut- und Schmerzsymptome:
12. Klagen über Fleckigkeit oder Farbveränderungen der Haut
13. Schmerzen in den Gliedern, Extremitäten oder Gelenken
14. ungenehme Taubheit oder Kribbelgefühl
E. Ausschlussvorbehalt: Störung tritt nicht ausschließlich während einer Schizophrenie oder verw. Störung (F2), einer affektiven Störung (F3) oder einer Panikstörung (F4) auf.
F45.1 Undifferenzierte Somatisierungsstörung
A. Kriterium A., C.und E. für die Somatisierungsstörung sind erfüllt, Dauer aber nur mind. 6 Monate (<2 Jahre)
B. Eines oder beide Kriterien B. und D. für die Somatisierungsstörung sind nur unvollständig erfüllt.
F45.2 Hypochondrische Störung
A. Entweder 1. oder 2.:
1. eine mind. 6 Monate anhaltende Überzeugung an höchstens 2 schweren körperlichen Krankheiten zu leiden (davon mind. 1 speziell vom Pat. benannt).
2. anhaltende Beschäftigung mit einer vom Betroffenen angenommenen Entstellung oder Missbildung (dyspmorphophobe Störung)
B. ständige Sorge um diese Überzeugung und um die Symptome verursacht andauerndes Leiden oder eine Störung des alltäglichen Lebens und veranlasst die Pat. um medizinische Behandlungen oder Untersuchungen (oder Hilfe v. Laienheilern) nachzusuchen.
C. Hartnäckige Weigerung, die med. Feststellung, dass keine ausreichende körperliche Ursache für die Symptome bzw. Einstellungen vorliegt. Vorübergehende Akzeptanz der ärztlichen Mitteilung allenfalls für kurze Zeiträume bis zu einigen Wochen oder unmittelbar nach einer medizinischen Untersuchung spricht nicht gegen diese Diagnose.
D. Ausschlussvorbehalt: Störung tritt nicht ausschließlich während einer Schizophrenie oder verw.St. (F2 bzw. F22) oder einer affektiven Störung (F3) auf.
- Stelle:
.20 Hypochondrische Störung
.21 Dysmorphophobie
F45.3 Somatoforme autonome Funktionsstörung
A. Symptome der autonomen Erregung, die von den Patienten mit einer körperlichen Krankheit in einem oder mehreren der folgenden Systeme oder Organe zugeordnet werden:
1. Herz und kardiovask. System
2. oberer GI-Trakt (Ösophagus und Magen)
3. unterer GI-Trakt
4. respiratorisches System
5. Urogenitalsystem
B. 2 oder mehr der folgenden vegetativen Symptome (objektiv):
1. Palpitationen
2. Schweißausbrüche (heiß o. kalt)
3. Mundtrockenheit
4. Hitzewallungen oder Erröten
5. Druckgefühl im Epigastrium, Kribbeln oder Unruhe in der Magengegend.
C. 1 oder mehr der folgenden Symptome (subjektiv, können wechseln)
1. Brustschmerzen oder Druckgefühl in der Herzgegend
2. Dyspnoe oder Hyperventilation
3. außergewöhnliche Ermüdbarkeit bei leichter Anstrengung
4. Aerophagie, Singultus oder brennendes Gefühl im Brustkorb oder Epigastrium
5. Bericht über häufigen Stuhlgang
6. erhöhte Miktionsfrequenz oder Dysurie
7. Gefühl der Überblähung oder Völlegefühl
D. kein Nachweis einer Störung von Struktur oder Funktion der Organe oder Systeme, über welche die Pat. sich Sorgen machen.
E. Ausschlussvorbehalt: Symptome nicht ausschließlich in Zusammenhang mit phobischen (f40.0-F40.3) oder einer Panikstörung (F41.0) auftretend.
5. Stelle:
.30 Herz-Kreislaufsystem
.31 oberes Verdauungssystem
.32 unteres Verdauungssystem
.33 Atmungssystem
.34 Urogenitalsystem
.37 mehrere Organe und Systeme
.38 sonstige Organe und Systeme
.39 n.n.b. Organ oder System
Schmerz Neurobiologie
Schmerz = ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potenzieller Ge- websschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird
ÄTIOLOGIE
biopsychosoziale Faktoren, mit emotionalen, motivationalen und kognitiven Faktoren
dichotomes Modell, nicht mehr Frage von “körperlich oder psychisch”, sondern in welchem Umfang biologische und psychosoziale Faktoren für die Schmerzentstehung und -verarbeitung wirksam sind.
-> soziale Zurückweisung (=emotionaler Stress) löst im rechten vorderen cingulären Cortex die gleichen Aktivitätsanreicherungen aus wie eindeutige organische Schmerzursachen
-> ungünstige frühkindliche Erfahrungen (Traumatisierung, Überfürsorge, familiäre emotionale Instabilität) + genet. Prädisposition -> Dysbalance in Affektregulation oder zwischenmenschl. Interaktion -> Somatisierungstendenz -> Ineffektive Stressbewältigung -> Fehlbewertung von Empfindungen -> neurobiolog. Veränderungen
PATHOGENESE
“Gate Control Theorie” als multimodales Schmerzmodell
-> neuronaler Tormechanismus im Hinterhorn des Rückenmarks
-> ZNS moduliert dieses nozizeptive Erregungsmuster durch absteigende antinozeptive Kontrollmechanismen
-> in der Schmerzverarbeitung auch subcortikale Motivations- und Emotionssysteme spielen Rolle. Auch Angst kann Schmerzwahrnehmung auslösen.
nozizeptover Schmerz -> mechanische, thermische, chemische oder elektrische Reize stimuliert (verletzungen, Entzündungen, postoperativer Schmerz)
neuropathischer Schmerz -> direkte Folge einer Schädigung/Läsion im somatosensorischen system (Mono-/Polyneuropathien)
auch Mischformen möglich
akuter Schmerz biologische Warnfunktion zur Begrenzung v. Gewebeschädigung (Ruhe, Schonung)
-> Chronifizierungsvorgänge -> Schmerz verliert Warnfunktion und wird zur eigenständigen Erkrankung
chronischer Schmerz bei Schmerzen > 3 Monaten -> bei chronischem Schmerz psychosoziale Aspekte bedeutsam -> Psychopharmako- und Psychotherapie -> bei Chronfizierung spielen Glutamat und Substanz P eine Rolle -> neuronale Sensibilisierung in diesen Transmittersystemen (Schmerzgedächtnis) -> Aktivierung von NMDA-Rezeotoren zur Langzeitpotenzierung der Nervenzelle. -> Genexpression + Proteinsynthese in Zelle (wird zur Schmerzzelle) + Reagibilität der Zellwand wird durch neue Rezeptoren erhöht.
-> Konditionierung von Schmerz und Angst über NMDA-Rezeptoren gesteiert.
-> auch neuroplastische Veränderungen im ZNS -> chronischer Schmerz in anderen Hirnarealen verarbeitet als akuter Schmerz (ähnliche Regionen zu Depressionen/PTBS).
-> Schmerzhemmende Bahnen über Serotonin und Noradrenalin -> Angst/Depressivität -> Aktivitätsminderung dieser Bahnen -> geschwächte Gate-Control
-> Schmerzchronifizierung = Ungleichgewicht zwischen neuronaler Sensibilisierung und Aktivitätssteigerung in aufsteigenden nozizeptiven Systemen und gleichzeitig Aktivitätsminderung der deszendierenden antinozizeptiven Systemen (Abbildung nächste Karte)
-> zentralisierung der Schmerzchronifizierung (nozizeptive Reize im Hintergrund)
Schmerzchronifizierung Bild
Nozizeption und Anti-Nozizeption Bild
Translationales Modell zur Entstehung somatoformer Schmerzen
- Vulnerabilitätsfaktoren (psychische Entwicklung)
- genetische und biologische Prädisposition
- Suboptimale Entwicklungsumgebung
Psychiatrische Komorbiditäten chronischer Schmerzen
Schmerzen + belastende Lebensereignisse oder Ängstlichkeit -> hohes Risiko für Arbeitsunfähigkeit
Depression und Angst häufig komorbid mit chronischen Schmerzen
hypochondrische Ängste -> Katastrophisieren -> Vermeidungsverhalten / Inaktivität -> neuerliche Schmerzerfahrung
Schlafstörungen
sexuelle Funktionsstörungen
Substanzmissbrauch
Somatisierung
Suizidalität
-> Schmerzen und Depressionen/Schlafstörungen gemeinsam behandeln
DD der Somatoformen Schmerzstörung
Anmerkung: Schizophrenie: veränderte Schmerzwahrnehmung (Hyp- / Analgesie), massive subj. Fehleinschätzungen bei akuten somatischen Erkrankungen,
F45.4 Anhaltende Schmerzstörung / Somatoforme Schmerzstörung
A. Mind. 6 Monate kontinuierlicher, an den meisten Tagen anhaltender, schwerer und belastender Schmerz in einem Körperteil, der nicht adäquat durch den Nachweis eines physiologischen Prozesses oder einer körperlichen Störung erklärt werden kann, und der anhaltend der Hauptfokus der Aufmerksamkeit des Patienten ist.
B. Ausschlussvorbehalt: Störung tritt nicht während Schizophrenie oder verw.St. (F2) auf oder ausschl. während einer affektiven Störung (F3), einer Somatisierungsstörung (F45.0), einer undiff. Somatisierungsstörung (F45.1) oder einer hypochondrischen Störung (F45.2)
-> Auftreten in Verbindung mit emotionalen Konflikten, psychosozialen Belastungen
-> körperliche Veränderungen vorhanden aber nicht ausreichend genug um die Schwere der Symptome zu erklären
F45.40 anhaltende somatoforme Schmerzstörung
F45.41 chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren (somatische Erkrankung für Teil der Beschwerden verantwortlich)
Therapie:
SNRI oder Trizyklika (Reserve bei <65a)
Psychotherapie
Physiotherapie
Fibromyalgie Syndrom F45.41
- Schmerzen zunächst lokalisiert
- schubförmig oder chron. progredient
- Ausbreitung auf ganzen Körper
- gen. Schmerzen, Muskeln und Sehnenansätzen (11 von 18 Tender Points)
- vegetative Symptome:
Mundtrockenheit
kalte Akren
Hyperhirdrosis
Tremor - Frauen häufiger
- hohe Komorbidität mit PTBS
- phys. +/- psychosoz. Stress vor Erkrankungsbeginn
- vermehrte Aufmerksamkeitslenkung auf Schmerz
F45.8 Sonstige somatoforme Störung
- Störung der Wahrnehmung der Körperfunktionen, die nicht durch das veg. Nervensystem vermittelt werden, die auf spezifische Teile oder Systeme des Körpers begrenzt sind und mit belastenden Ereignissen oder Problemen in Verbindung stehen.
- z.B.:
1. psychogene Dysmenorrhoe
2. psychogene Dysphagie (Globus hystericus)
3. psychogener Pruritus
4. psychogener Torticollis spasticus
5. psychogenes Zähneknirschen
keine morphologischen Schäden nachweisbar
nicht wechselnde Regionen wie F45.0
(F45.9 somatoforme Störung, n.n.b.)
chronischer Schmerz
Schmerzdauer >3 Monate
-> Schmerzerleben, Schmerzverarbeitung oft nicht in Relation zur körperlichen Schädigung
-> Behinderung/Beeinträchtigung nicht in Relation zur körperlichen Schädigung
-> Ziel: Schmerzlinderung
Schmerzgedächtnis -> Langzeitaktivierung postsynaptisch
NMDA Rezeptor -> Konditionierung von Schmerz und Angst
-> Aktivitätsminderung in dezend. antinozizeptiven Bahnen (Serotonin, Noradrenalin)