EST = empirically supported therapies Flashcards
Allegiance Effekt
Allegiance = Gefolgschaft, Untertanentreue. Ein beachtlicher Teil der Therapieoutcomevarianz wird durch die Identifikation der Forschergruppe mit dem Ansatz erklärt ( = Allegiance-Effekt).
→ Luborsky: Korrelation der Befunde mit Vorlieben der Forscher bis .85. Konsequenz: Ergebnisse aus Therapiestudien sollten von Forschergruppen repliziert werden, die nicht an der Entwicklung der zu überprüfenden Intervention beteiligt waren bzw. Vertreter aller untersuchten Ansätze sollten in der Studienleitung repräsentiert sein.
Was sind nach Caspar (2006) Vorteile randomisiert kontrollierter
Studien?
- kausale Wirksamkeitsbelege nur durch experimentelle Studien möglich
- hohe interne Validität
- Manuale für Anfänger gut
- Erhöhte Konkurrenzfähigkeit von Psychotherapie in politischen Diskussionen
- Fortschritte in der psychotherapeutischen Ergebnisforschung
Was sind nach Caspar (2006) Nachteile randomisiert kontrollierter
Studien?
- Patienten und Vorgehen müssen hinreichend ähnlich sein
- In Alltagspraxis oft komplexere Probleme als in RCT’s (Komorbidität) → schränkt Generalisierbarkeit ein
- Patienten haben oft auch Probleme/Ziele, die nicht in Diagnosen erfasst werden, nicht nur Beseitigung der Störung (z.B. Interpersonale Ziele)
- Unzureichende Nutzung des Outcome Varianzanteils, der nicht von Techniken, sondern z.B. von Therapiebeziehung abhängt
- Outcome-Varianz wird stärker durch Variablen innerhalb eines Therapieansatzes erklärt als durch den spezifischen Therapieansatz
- Es ist unmöglich, den ganzen Bereich psychischer Störungen mit spezifischen Manualen abzudecken
- Reine Wirksamkeitsforschung ist nur eingeschränkt nützlich → kostet viel, aber kein Wissen über Wirkungsweisen von Wirkfaktoren in Psychotherapie
Alternative Ansätze nach Caspar
ZIEL: Wissen soll sich auch auf Patienten u. Vorgehensweisen übertragen lassen, die bisher nicht untersucht wurden. Bsp.: Wirkfaktoren → unabhängig von diagn. Gruppen therap. Techniken.
DATEN: werden durch Selektion von Situationen aus der natürlichen Variation innerhalb einer grossen Zahl von unter gleichen Randbedingungen durchgeführten Therapien gewonnen. Da theoriegeleitet und die Analyse der Daten sehr spezifisch → höherer Wert als korrelative Zufallsbefunde.
GRENZEN: Drittvariablen können einfluss haben.
Argumente gegen EST Bewegung und Antowrt von Chambless et al.
Argument 1: Empirically supported therapies wurden von einer kleinen, nicht repräsentiven Gruppe (Division 12;
APA) definiert und sollten deshalb ignoriert werden.
• Antwort Chambless et al: Verschiedene Gruppen kamen zu den gleichen Ergebnissen. Die Identifikation von
ESTs kann reliabel erfolgen
• Ähnlicher Kritikpunkt an ESTs: Zu wenig Zusammenarbeit von Forschern und Klinikern/ Praktikern beim Ausarbeiten der Kriterien (in Task Forces sind v.a. Forscher vertreten)
Argument 2: Quantitative Forschung ist nicht das angemessene Forschungsparadigma in der Psychotherapieforschung. Qualitative Forschung wäre geeigneter.
• Antwort Chambless et al: Fundamental andere Sicht von Psychotherapieforschung, die nur von wenigen Stakeholdern vertreten wird.
• Ähnliche Kritikpunkte an ESTs (e.g. Bohart et al., 1998): Kriterien in ESTs bevorzugen kogn.-verhaltensth. Ansätze gegenüber e.g. humanistischen Ansätzen Kriterien sind für Therapien unangemessen, deren primäres
Ziel nicht das Heilen von Störungen ist (sondern e.g. persönliches Wachstum)
Argument 3: Empirically supported therapies basieren auf standardisierten Manualen: Die Standardisierung führt dazu, dass Therapeuten zu wenig flexibel sind, um sich an den individuellen Patienten anzupassen
• Antwort 1: Chambless et al: Einerseits Hinweise, dass stärkere Adherence sich negativ auf den Therapieoutcome auswirkt → spricht gegen Manualisierung. Andererseits fanden andere Studien, dass Adherence positiv mit Therapieoutcome assoziert ist → spricht für Manualisierung
• Antwort 2: Chambless et al: Bisher keine Hinweise, dass individualisierte standardisierten Therapien überlegen
sind.
Argument 4: Es gibt keine Unterschiede in der Wirksamkeit der anerkannten Therapieverfahren (Dodo-Verdikt), weshalb die Identifikation von ESTs unnötig ist.
• Antwort Chambless et al: Es existiert sehr wohl empirische Evidenz, dass bei bestimmten Problemen und
Patientengruppen bestimmte Interventionen wirksamer sind als andere. Beispiele: Exposition mit Reaktionsverhinderung bei Zwängen wirksamer als Entspannung oder Angstbewältigungstraining; kognitive
Verhaltenstherapie bei generalisierter Angststörung wirksamer als nondirektive Gesprächspsochotherapie; verschiedene Beispiele bei Kindern und Jugendlichen.
Argument 5: EST-Bewegung sollte ignoriert werden, da sich Ergebnisse nicht auf Praxis generalisieren lassen (e.g. andere Klienten und Therapeuten)
• Antwort Chambless et al: Es existieren sehr wohl Effectiveness-Studien, die zeigen, dass ESTs auch in der Praxis wirksam sind Chambless et al. erwähnen aber auch, dass a) die Zahl der Effectiveness-Studien
noch klein ist,
b) Klienten in Effectiveness-Studien sich im Schnitt nicht so stark verbessern, wie Klienten in Efficacy-Studien,
c) Therapeuten sich oft nicht exakt an Manuale halten können (e.g. in der Realität längere Therapien als vorgesehen; mehr nicht vorgesehene zusätzliche Interventionen e.g. Medikation)
Argument 6: Die EST-Bewegung fokussiert zu stark auf Symptome und zu wenig auf andere Aspekte wie die Verbesserung der Lebensqualität, soziale Anpassung etc.
• Antwort Chambless et al: Anerkennen den Punkt: Breite Outcomemessbatterie ist wichtig! Verweisen darauf,
dass Aspekte wie die Lebensqualität in neueren Studien vermehrt erfasst werden. Verweisen darauf, dass in ESTs, in welchen die Lebensqualität oder soziale Anpassung erfasst wurde, auch bezüglich dieser Masse gute Effekte gefunden wurden.