Entwicklungspsychologie des Vor- und Grundschulalters Flashcards
Soziale Beziehungen - Perspektivenübernahme
▪ Sprechen dem elterlichen Verhalten eine bedeutende Rolle bei der sozialen Entwicklung zu
▪ Betonen außerdem die Rolle des aktiven Kindes
▪ Selman postuliert als entscheidenden Faktor in
der sozialen Entwicklung die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme
▪ Jüngere Kinder kennzeichnen sich durch
egozentrisches Verhalten, Ältere integrieren verschiedenere Perspektiven
R.L. Selman
Visuell: was ein anderer sieht (mit 2 Jahren), wie ein anderer sieht (nach dem 3. oder 4. Lebensjahr) → Drei-Berge-Versuch
▪ Kognitiv: das eigene Wissen wird nicht dem anderen unterstellt
(z. B. False-belief-Aufgabe) (zwischen 3 und 5 Jahren)
▪ Emotional: Gefühle werden nicht nachempfunden (Empathie), sondern gedanklich erschlossen (zwischen 3 und 5 Jahren)
Visuell:
was ein anderer sieht (mit 2 Jahren), wie ein anderer sieht (nach dem 3. oder 4. Lebensjahr) → Drei-Berge-Versuch
▪ Kognitiv:
das eigene Wissen wird nicht dem anderen unterstellt
z. B. False-belief-Aufgabe) (zwischen 3 und 5 Jahren
▪ Emotional:
Gefühle werden nicht nachempfunden (Empathie), sondern gedanklich erschlossen (zwischen 3 und 5 Jahren)
Perspektivenübernahme
Entsteht durch:
1.▪ Simulationstheorie: unmittelbarer Zugang nach Innen, per Simulation ist die Perspektive des anderen möglich
2.▪ Lernen in dyadischen Beziehungen: Affektspiegelung, Affektregulation, Bindung, Mentalisierung und Theory of Mind
▪ Lernen über Identifizierungen in triadischen Situationen: Triangulierung
Soziale Beziehungen - Affektspiegelung & Affektregulation
▪ „Da das Selbst nur im Kontext mit anderen existiert, (ist) die Selbstentwicklung gleichbedeutend … mit dem Sammeln von Erfahrungen des Selbst in Beziehungen“ (Fonagy et al., 2002)
▪ Die Entwicklung des Selbst ist an die gelingende Affektregulation in frühen Beziehungen gebunden
▪ Kinder entwickeln sekundäre innere Repräsentationen durch kontingente und markierte Spiegelung einer nahen Bindungsperson
Beziehungspersonen des Kindes
▪ Spiegeln phasenadäquat die primären Affekte des Kindes
▪ Fördern dadurch die Bildung einer kohärenten Selbstrepräsentanz mit der Fähigkeit, Affekte und mentale Zustände zuzuordnen und zu regulieren „das Kind entdeckt sich im Gesicht der Mutter“
▪ Später: „Markiertes Spiegeln“
(Verfremdete Widerspiegelung verdeutlicht, dass es sich nicht um einen eigene Affekt der Bindungsperson handelt)
▪ Spiele in den ersten Lebensmonaten: Spielen in der Zweiersituation („face to face“)
▪ Erdkunden des Gesichts des Anderen
▪ Bindung - Aufgabe der Eltern (Bowlby, 1969)
▪ Fördert Triangulierung und Mentalisierung (Fonagy et al., 2002)
▪ „Einstimmung“ der Bezugsperson
▪ Rhythmus und transmodale Übersetzung
▪ Spiel als Lernen basaler Muster
▪ Gemeinsamkeit erleben in Bezug auf etwas Drittes - „Zeigen“ und das Teilen von Gefühlen ▪ „Markieren“ – Kontext und Teilen eines Bedeutungsraumes „als ob“ Modus
Affektspieglung und Regulation Modell
Körperliches Selbst primäre repräsentation Signal non verbaler Ausdruck BZP Resonanz Reflexion Ausdruck makierte Spieglung bearbeiteter Affekt Repräsentation des eigenen Zustands Abnahme der inneren Erregung
Affektregulation durch kongruente und markierte Spiegelung Was reduziert den negativen Affekt?
- ▪ Kontingenzentdeckung durch den Säugling
- ▪ Containment durch die Bezugsperson
- ▪ Zunehmender repräsentationaler Zugriff auf den Affekt und das Selbst (Grundlage der Affekt- und Selbstregulation)
Folgen nicht markierter Spiegelung
▪ Die realistische Version verstärkt den Affekt des Kindes (Mini-Traumatisierung)
▪ Ohne Markierung wird der Affekt der Bezugsperson zugeschrieben und nicht dem eigenen Selbst
▪ Keine Entwicklung einer inneren Steuerungsstruktur
▪ Langfristig Defizite in der Affektkontrolle und Selbstwahrnehmung
Folgen inkongruenter Spiegelung
▪ Affekt wird seitens der Bezugsperson missinterpretiert
▪ Aufgrund der Markierung erfolgt eine referentielle Entkoppelung und der Säugling schreibt sich den Affekt selbst zu.
▪ Verzerrte Selbstrepräsentanzen
▪ Langfristig die Entwicklung eines „falschen Selbst“ (Winnicott, 1960)
Folgen fehlender Spiegelung (Dissoziation)
▪ Dissoziiertes (in etwa: „unbeteiligtes“) oder angsterregendes Verhalten der Bezugsperson
▪ Kind lernt, dass es sicherer ist, keine Affekte zu zeigen. Eigene Affekte sind Gefahrensignale, weil es riskiert, allein gelassen zu werden. Kind dissoziiert selbst
▪ Kein innerer Zugang zu den eigenen Affekten
▪ Verinnerlicht das Bild ein „monströses“, nicht liebenswertes Wesen zu sein
Der Säugling, der sich selbst in der Mutter nicht finden kann, findet stattdessen
die Mutter“
(Winnicott 1971 [1989], 134-135)
Durch nicht markiertes Spiegeln
Okkupiertsein mit eigenen Affekten (z. B. Depression oder heftige Wut) oder
Wenig feinfühliges Orientieren an Regeln und Normen…
Soziale Beziehungen - Bindung
▪ Begründer: John Bowlby (1907-1990)
▪ Versuch die Psychoanalyse mit den Verhaltenswissenschaften (Ethologie, z. B. Lorenz)
zu verbinden
▪ Band zwischen Kindern und besonderen Erwachsenen „Attachment“ - Bindung
▪ Evolutionär verankert, da Bindung als angeborenes genetisches Verhaltensprogramm von Säugetieren definiert wird. Funktion: Schutz vor Raubtieren
Soziale Beziehungen - Bindung
Definition:
▪ Bindung ist eine enge soziale Beziehung zu bestimmten Personen, die Schutz oder Unterstützung bieten können
▪ Grundlage: Bindungsverhaltenssystem, das bei Furcht, Kummer, Krankheit, Erschöpfung oder Verunsicherung ausgelöst wird
▪ Im Verhalten zeigt sich das aktivierte Bindungssystem als Aufsuchen von Körperkontakt oder gezielte Kommunikation
▪ Bindung dient nicht der Befriedigung anderer Triebe (z. B. Nahrung, Sex), sondern ist Ziel an sich
Soziale Beziehungen - Bindung
Ziele von Bindung:
▪ Vermittlung von Sicherheit und Vertrauen unter emotionaler Belastung
▪ Grundlage des Selbst- und Sicherheitsgefühls
▪ Affektregulierung als Ziel des Bindungssystems
▪ Fonagy: Bindungsverhalten spiegelt wider, wie in affektiven Situationen mit dem Kind umgegangen wurde
Soziale Beziehungen - Bindung
Innere Arbeitsmodelle von Bindung:
▪ Definition: Schemata der Emotions- und Verhaltensregulierung
▪ Beziehungserfahrungen und Erwartungsmuster werden als Inhalte des prozeduralen Gedächtnis organisiert
▪ Diese beeinflussen das Verhalten ohne Einschalten des Bewusstseins
Soziale Beziehungen - Bindung Waagrenmodell
Bindungsverhalten
Unsicherheit: Wunsch nach Sicherheit/Bidnung/Familiarität
Sichere Basis
Explorationsverhalten
Sicherheit: wünsch nach Exploration/Abenteuer
▪ Wechsel von Erkunden und Bindungssicherheit suchen
▪ Sichere Basis – Erkunden - sicherer Hafen - Erkunden,….
▪ Feinfühligkeit als wichtiges Merkmal elterlichen Verhaltens
▪ Mentalisierungsfähigkeit/triadische Kompetenz als wichtiges Merkmal elterlichen Verhaltens
▪ Erfahrungen des Kindes werden zur Struktur (anfangs noch differenziert für unterschiedliche Personen)
Soziale Beziehungen - Bindung
Entwicklung von Bindungsrepräsentationen:
▪ Vorphase (0-3 Monate): Signale werden personenunspezifisch an die soziale Umwelt gerichtet
▪ Phase der personenunterscheidenden Ansprechbarkeit (3-7 Monate): Signale gehen an bestimmte Personen
▪ Phase der eigentlichen Bindung (ab 7-8 Monate): Fremdeln; Grundlage: Objektpermanenz und Lokomotion
▪ Phase der zielkorrigierten Partnerschaft (ab 3 Jahren): Erkenntnis, dass der andere auch Bedürfnisse hat; Möglichkeit des Aushandelns und Aufschiebens
Soziale Beziehungen - Bindung
Bindungsklassifikationen:
Kinder
Erwachsene
Anteil
Sicher
Sicher (autonom)
58%
Unsicher- vermeidend
Bindungsdistanziert
23%
Unsicher- ambivalent
Bindungsverstrickt
19%
Desorganisiert
Ungelöstes Bindungstrauma
18%
Sicher
Sicher (autonom)
58%
Unsicher- vermeidend
Bindungsdistanziert
23%
Unsicher- ambivalent
Bindungsverstrickt
19%
Desorganisiert
Ungelöstes Bindungstrauma
18%
Bindung und Entwicklung: Sicher-gebundene Kinder sind/haben:
▪ Sozial anpassungsfähiger, erfolgreicher in sozialen Bindungen
▪ Reflektierter (Mentalisierung)
▪ Weniger anfällig für Psychopathologien
▪ Bessere kognitive Fähigkeiten (Gedächtnis) ▪ Positiveres Selbstkonzept
Sichere Bindung als Resilienzfaktor:
▪ Sichere Bindung fungiert als Schutzfaktor
▪ Dazu muss die primäre Bezugsperson prompt, angemessen und feinfühlig reagieren
▪ Mind-Mindedness (Psyche des Kindes erkennen können)
▪ Mentalisierung (Verhalten bekommt einen Sinn auf der Grundlage psychischer Befindlichkeiten)
Soziale Beziehungen - Triangulierung
▪ Bildung von Repräsentanzen (Erinnerungsspuren von Interaktionen)
▪ Triangulierung als Kompetenz der Reflektion
(Relativierung und Distanzierung) von Repräsentanzen
▪ Triangulierung fördert die Ausgestaltung und Vielseitigkeit von Repräsentanzen
▪ Damit Verbesserung von Ich-Funktionen (Affektwahrnehmung, Affektdifferenzierung, Impulskontrolle, Frustrationstoleranz, Konfliktbewältigung,…)
Entwicklung von Mentalisieren/Triangulieren:
▪ Stärkung von Ich-Funktionen
▪ Beziehungen aktiv gestalten
(nicht nur Anpassung oder Protest dagegen)
▪ In Gegenwart anderer für sich sein können
▪ Belastungen („Stress“) besser bewältigen (innere Distanz)
▪ Ermöglicht Ausstieg aus selbst erlebten Mustern über die „Mentalisierung“ von Erlebnissen
Soziale Beziehungen - Mentalisierung
Entwicklung von Mentalisierung:
„Fähigkeit, sich innerpsychische (mentale) Zustände in sich selbst und in anderen Menschen vorzustellen, weil das Selbst und der Andere als intentionale Wesen aufgefasst werden, deren Verhalten auf Gründen im Sinne psychischer Befindlichkeiten basiert.“
(Fonagy et al., 2002)