Das Gleichheitsgebot, Art. 3, 6 I, V, 33, 38 I 1 GG Flashcards

1
Q

Allgemeines:

A
  • Freiheitsrechte immer vor Gleichheitsrechten prüfen!
  • keine Gleichheit im Unrecht: kein Recht auf Fehlerwiederholung
  • Art. 3 I GG: allgemeiner Gleichheitssatz: Rechtsanwendungsgleichheit (Gleichheit vor dem Gesetz) und Rechtsetzungsgleichheit (Gleichheit des Gesetzes) (Wortlaut und iVm Art. 1 III GG)
  • verbiete die grundlose Ungleichbehandlung, fordert jedoch keine absolute Gleichbehandlung; daher auch Abs. 2 und 3 da, um festzustellen, welche Gründe für die Rechtfertigung ausfallen
  • im Unionsrecht vor allem Art. 18 AEUV, die Grundfreiheiten (Art. 14 EMRK noch für EMRK, Art. 20 GrCh) –> umfassendes Regime
  • Freiheit und Gleichheit stehen zueinander in Konflikt und müssen vom Gesetzgeber in Ausgleich gebracht werden: Entscheidungsprärogative
  • Gleichheitsrechte werden zweistufig geprüft: Ungleichbehandlung und Rechtfertigung
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2
Q

Schritt 1: Ungleichbehandlung

A
  • relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem: muss durch dieselbe Rechtsetzpngsgewalt erfolgt sein (Bürger in einem Land können anders behandelt werden als die Bürger in anderem Land; auch bei Bundes- und Landesgesetzen; auch bei Satzungen verschiedener Gemeinden)
  • Menschen oder Situationen sind nie gleich; sie müssen daher vergleichbar sein = dafür bedarf es eines Bezugspunktes (tertium comparationis) –> der gemeinsame Oberbegriff (genus proximum)
  • unter ihm müssen die gemäß einem Unterscheidungsmerkmal (differentia specifica) verschiedenen Personen vollständig und abschließend sichtbar werden
    !!! wichtig ist also, den gemeinsamen Oberbegriff zu identifizieren: hier noch keine Geschlechter berücksichtigen, sondern erst auf Rechtfertigungsebene !!!

summa summarum: die eine Person wird so behandelt, die andere Person wird so behandelt, und beide fallen unter einen gemeinsamen Oberbegriff

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3
Q

Verbot, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich zu behandeln, sowie wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln.

A

–> hierbei aber einfach richtigen Oberbegriff finden, dann fällt es wieder unter wesentlich Gleiches willkürlich ungleich behandeln

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4
Q

Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

A

–> Verhältnismäßigkeitsprüfung

  1. Legitime Zwecke
    - grundsätzlich alle, die nicht ausdrücklich verboten sind: nicht also die in Art. 3 II, III aufgeführten; nur die in Art. 33 II GG aufgeführten
    - hier gerne mal unterscheiden zwischen internen Zwecken (Ungleichheit liegt schon vor, ist in Personen begründet) und externen Zwecken (Ungleichheit wird mit Regelung erst geschaffen), danach auch Zweck suchen: intern, extern
  2. Maßstab festlegen
    - je intensiver der Eingriff, desto höher sind die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit
    - -> je näher an Kriterien von Art. 3 III, je weniger der Betroffene das Kriterium beeinflussen kann, je mehr grundrechtlich geschützte Freiheiten erschwert, desto intensiver ist der Eingriff
  3. Verhältnismäßigkeit durchprüfen
    - geeignet, erforderlich, verhältnismäßig ieS sein
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5
Q

Prüfung bei “positiven” Ungleichbehandlungen

A
  • im Steuer- und Sozialrecht
  • ohne Ungleichbehandlungen nicht möglich
  • es gibt eine solche Fülle von Alternativen, dass Erforderlichkeit oft scheitern würde
  • hier hat Gesetzgeber eher weiten Entscheidungsspielraum: muss nur darlegen, dass es keine Alternative gibt, die ihn gleich oder weniger belastet, den Zweck besser verfolgt und die Personen schonender behandelt
  • nur die Überschreitung äußerster Grenzen prüfen
  • Sozialstaatsprinzip bei Steuerrecht beachten
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6
Q

Besondere Anforderungen aus Art. 3 II, III GG

A

Definitionen Art. 3 III GG:

  • Geschlecht = Mann, Frau, Intersexuell, nicht sexuelle Orientierung
  • Abstammung = biologische Beziehung zu den Vorfahren
  • Heimat = emotional besetzte örtliche Herkunft eines Menschen nach Geburt und Ansässigkeit
  • Herkunft = sozialer, schichtunspezifischer Aspekt der Abstammung
  • Rasse = ideologisches Konstrukt und schützt vor rassistischen Diskriminierungen
  • religiöse Anschauungen = Glaube
  • Behinderung = nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder seelischen Funktionen
  • -> daran darf nicht angeknüpft werden
  • -> wenn die Regelung die obigen Kriterien im weitesten Sinne betrifft, dann erhöhte Anforderungen
  • -> BVerfG verschärft Anforderungen auch, wenn an Merkmale angeknüpft wird, für den Einzelnen nicht änderbar sind: Lebensalter, Staatsangehörigkeit, sexuelle Orientierung (daher sind Ungleichbehandlungen von Lebenspartnerschaft und Ehe nicht in Ordnung oft)
  • mittelbare und unmittelbare Diskriminierungen erfasst
  • in geeignet und erforderlich dann begründen, ohne dass der Unterschied von Frau und Mann oder die anderen Merkmale des Art. 3 III eine Rolle spielen = “Differenzierungen, die auf anderen Unterschiedlichkeiten der Person oder auf Unterschiedlichkeiten der Lebensumstände beruhen, bleiben von dem Differenzierungsverbot unberührt”, selbst wenn sie im Ergebnis zu einer entsprechenden Ungleichbehandlung führen
  • dh auch okay, wenn Polizei Dunkelhäutige eher kontrolliert auf Grundlage statistischer Zahlen
  • BVerfG rechtfertigt auch gerne mit “objektiven biologischen Unterschieden”; auch auf Art. 6 IV GG abstellen möglich
  • Ausnahme noch in Art. 12a IV 2 GG
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7
Q

Art. 3 II 2, III 2 GG enthält..

A

..Förderungsauftrag des Staates
- für qualifizierungsabhängige Quotenregelungen für Frauen

  • Menschen mit Behinderung zu bevorzugen und zu fördern: zwischen Nachteilsausgleich und Notenschutz zu differenzieren
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8
Q

Besondere Anforderungen aus Art. 6 GG

A
  • gebietet nicht die Besserstellung, verbietet aber die Schlechterstellung von Verheirateten gegenüber Ledigen, Eltern gegenüber Kinderlosen und Ehe und Familie gegenüber anderen Erziehungsgemeinschaften
  • BVerfG: Art. 3 I iVm 6 I GG kann verbunden werden; im Sozial- und Steuerrecht angenommen; sonst nur noch in Ordnung, wenn es einen entsprechenden Sachgrund gibt, der heute nicht mehr zu finden ist, weil alles auf Tradition fußt
  • Art. 6 V unmittelbar anwendbares Grundrecht: taugt nicht mehr als rechtfertigender Grund für Ungleichbehandlungen
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9
Q

Besondere Anforderungen bei politischen Rechten: Art. 38 I 1 GG

A
  • schreibt Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl vor
  • Allgemeinheit = Fähigkeit aller Deutschen, zu wählen und gewählt zu werden (also Sonderfall der Gleichheit der Wahl)
  • Gleichheit verlangt weiterhin gleichen Zählwert und gleichen Erfolgswert; für passives Wahlrecht Chancengleichheit aller Wahlbewerber (als streng formale Gleichheit verstanden, zur Rechtfertigung bedarf es eines zwingenden Grundes: strenger Maßstab)
  • Wahlgleichheit begründet auch Anspruch auf Wahlprüfungsverfahren
  • Art. 38 I 1 ist Spezialfall für Wahl, kein Rückgriff auf Art. 3 I GG
  • auch auf Vorfeld der politischen Meinungsbildung erstreckt
  • Art. 3 I iVm Art. 21, 38: Chancengleichheit der Parteien: hier reicht abgestufte, proportionale Gleichheit; zur Rechtfertigung zwingende Gründe = Freiheitsrechte fallen stärker aus im politischen Meinungsbildungsprozess
  • § 5 PartG setzt es fest einfachgesetzlich: Bedeutung in der Gesellschaft haben sich Parteien selbst erarbeitet
  • damit kann nämlich auch VB erhoben werden, Art. 3
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10
Q

Besondere Anforderungen bei staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten, Art. 33 GG

A
  • Art. 33 ist zu Art. 3 spezieller
  • Art. 33 ergänzt die Rechtfertigungsverbote aus Art. 3 II, III GG
  • Art. 33 II enthält nochmals Begründungs- und Rechtfertigungsverbote: es darf nichts anderes als seine Eignung, Befähigung und fachliche Leistung zählen (Grundsatz der Bestenauslese)
  • zur Eignung gehört (nach BVerfG und hM) Verfassungstreue, die dann fehlt, wenn jemand einer verfassungsfeindlichen Partei angehört; Grundsatz der wehrhaften Demokratie; aber fraglich wegen Art. 21 IV GG
  • -> BVerfG heute vorsichtiger: Fähigkeit und Bereitschaft, die dienstlichen Aufgaben nach den Grundsätzen der Verfassung wahrzunehmen und rechtsstaatlich zu handeln

Art. 33 III GG: eigentlich überflüssig, aber spezieller

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11
Q

Wirkungen eines Gleichheitsverstoßes

A
  • anders als bei Freiheitsrechten
  • die einen können wie die anderen, die anderen wie die einen, oder alle auf eine dritte Weise behandelt werden
  • Rspr kann belastende Regelung aufheben und sie dadurch beseitigen, hurra; kann aber keine Begünstigung zusprechen
  • -> Rspr kann kassatroisch wirken, nicht aber gestalterisch, insgesamt aber zurückhaltend; wenn bei Aufhebung unerträgliche Rechtsunsicherheit entstünde, trifft Rspr selbst Übergangsregelung
  • -> sehr, sehr zurückhaltend mit Ausdehnung einer Begünstigung, da gestalterisch, und greift eigentlich in Gesetzgebung ein (Gewaltenteilungsprinzip)
  • nur unter zwei Voraussetzungen
  1. Verfassungsauftrag
  2. wenn Regelungssystem nur mit Bestimmung konsequent und stimmig bleibt

–> wenn nicht, dann erklärt BVerfG Norm für verfassungswidrig, nicht nichtig, fordert Gesetzgeber auf, verfassungsgemäße Lage herzustellen; teilweise auch Frist

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12
Q

Gleichheitsverstoß durch die Verwaltung

A
  • Art. 3 I GG iVm Grundsätze über die Selbstbindung der Verwaltung = für Verwaltungsvorschriften und ständiger Verwaltungspraxis !
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13
Q

Gleichheitsverstoß durch die Rechtsprechung

A
  • Art. 3 I GG wird auch gerne als Willkürkontrolle verwendet

- Art. 3 I GG iVm Art. 20 III GG auf prozessuale Waffengleichheit

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14
Q

Aufbauschema zu Art. 3 I GG: Gleichheitsrechte allgemein

A

I. Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem

  • mindestens zwei Personen, von denen eine anders behandelt wird als die andere
  • Bildung eines gemeinsamen Oberbegriffs nach Maßgabe des Ziels der ungleich behandelnden Regelung (was macht ihre Situation vergleichbar?)

II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

(btw: auf Parlamentsvorbehalt kann hier verzichtet werden)
- wenn durch Gesetz: Verfassungsmäßigkeit des ungleich behandelnden Gesetzes (formell, materiell: verhältnismäßig)

–> Maßstab bilden je nach Intensität der Ungleichbehandlung

a) Legitimes Ziel: verboten ist Anknüpfung an Art. 3 III; nur Art. 33 II in Anwendungsbereich
b) geeignet, erforderlich, verhältnismäßig (höhere Anforderungen, je näher an Art. 3 II, III, je weniger der Betroffene beeinflussen kann, je mehr die Ungleichbehandlung die Ausübung der Freiheitsrechte beschränkt)

  1. Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes
    - Exekutive/Legislative: Verhältnismäßigkeit prüfen
  2. Rechtsfolgen eines Verstoßes
    - hier oft dann nur Unvereinbarkeitserklärung, sodass Gesetzgeber Ungleichbehandlung beseitigen kann, nach seiner Wahl der Mittel

Rückgriff auf Art. 3 I GG immer möglich, wird nicht gesperrt (?)

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15
Q

Art. 33 V: Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums

A
  • enthalt nach BVerfG und hL ein im Wege der VB durchsetzbares subjektives Recht des Beamten, entgegen Wortlaut: für Gestaltung seiner Rechtsverhältnisse

I. Schutzbereich

  1. geht nur um die Grundsätze des Berufsbeamtentums, nicht alle Rechtssätze
  2. Grundsätze sind nicht zu beachten, sondern nur zu berücksichtigen
  3. Grundsätze dürfen fortentwickelt werden
  4. nur die hergebrachten Grundsätze okay, die mit GG im Einklang stehen (Transformationsnorm)

= jenen Kernbestand von Strukturprinzipien, die allgemein oder doch ganz überwiegend und während eines längeren, Tradition bildenden Zeitraums, mindestens unter der Rechtsverfassung von Weimar, als verbindlich anerkannt und gewahrt worden sind”

wichtigste Fälle:

  • Pflicht zu Treue und Gehorsam gegenüber dem Dienstherren
  • Pflicht zu unparteiischer Amtsführung; fachliche Vorbildung; hauptberufliche Tätigkeit; lebenslängliche Anstellung; Rechtsanspruch auf Gehalt, Ruhegehalt, Witwen- und Waisenversorgung
  • Verfassungstreue
  • Streikverbot für Beamte
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