Art. 4; 6, 7 GG Flashcards
Art. 7 GG: Allgemeines
- Art. 7 I GG enthält kein Grundrecht, sondern den Auftrag zur staatlichen Schulaufsicht, die nach der Kompetenzordnung des GG die Länder innehaben: staatlicher Bildungs- und Erziehungsauftrag, der gleichgeordnet neben dem elterlichen Erziehungsrecht steht, Art. 6 II GG
- Art. 7 II, III enthalten Grundrechte im Kontext des Religionsunterrichts, den Art. 7 III als Einrichtungsgarantie gewährleistet
- Art. 7 IV, V sind Einrichtungsgarantien der Privatschulen und enthalten zugleich Grundrechte
- Art. 7 VI GG verbietet sozial selektierende Vorschulen
- Hochschulen werden wegen Art. 5 III GG nicht umfasst
Schulische Grundrechte, Art. 7 II, III GG
Art. 7 III 1 und 2
I. Schutzbereich
- Grundrecht der Religionsgemeinschaften, NICHT aber auch der Eltern und Schüler !!! (letzteres wohl str)
- konkretisiert Art. 4 I, II, geht aber hierüber hinaus, denn sie garantiert die Religionsausübung in Form des Unterrichts innerhalb des staatlichen Schulwesens und als Teil der Ausübung öffentlicher Gewalt; sie durchbricht die Trennung von Staat und Kirche: daher lex specialis zu Art. 137 WRV, Art. 140 GG
- Religionsgemeinschaften sind nicht nur die, die Rechte einer Körperschaft des ÖR erworben haben (Art. 140 GG, Art. 137 V WRV), bürgerlich-rechtliche Rechtsfähigkeit genügt (Art. 137 IV WRV)–> kann auch islamischer Religionsunterricht erteilt werden
- Garantie, dass als ordentliches Lehrfach vorgesehen und veranstaltet wird
- –> in öffentlichen Schulen
- ordentliches Lehrfach = Pflichtfach und als solches benotet wird, in Durchschnitt eingeht und versetzungsrelevant ist, anderen Fächern gleichberechtigt, jedes Jahr im Fächerkanon vertreten sein
- Garantie richtet sich nicht auf organisatorische, sondern inhaltliche Fragen
Art. 7 III 3:
- Das Recht der Lehrer ist Konkretisierung ihrer Religions- und Weltanschauungsfreiheit und hat vor allem zur Folge, dass Lehrer hieraus keine Nachteile erwachsen dürfen: Bedeutung, weil Eingriffe in Art. 4 vermieden werden, die mit Beamtentum begründet werden
Art. 7 II
- Recht der Eltern ist Konkretisierung des elterlichen Erziehungsrechts, Art. 6 II und Art. 4 GG der Eltern; idR Eltern gemeinsam; Recht des Kindes bei Religionsmündigkeit selbst über die Teilnahme am Religionsunterricht zu bestimmten, ergibt sich unmittelbar aus Art. 4 I, II GG und primt das Recht der Eltern!
Eingriffe und Rechtfertigung:
kein Gesetzesvorbehalt; Art. 7 I GG legitimiert nur organisatorische Gestaltung des Religionsunterrichts, darüber hinaus aber nichts rechtfertigen; Vielfalt der Schulformen soll rechtfertigen, dass öffentliche Bekenntnisschule Kinder aufnimmt, die am Religionsunterricht teilnehmen (?BVerfG?); schon kein Eingriff ist Pflicht, ersatzweise am Ehtikunterricht teilzunehmen
Privatschulfreiheit, Art. 7 IV, V GG
Schutzbereich:
- Einzelpersonen und Personenmehrheiten; das Grundrecht, Privatschulen zu errichten und zu betreiben; Institutionsgarantie der Privatschule, nicht der einzelnen (wie bei Gemeinde)
- Recht zur Gestaltung des äußeren Schulbetriebs (Orga von Schule und Unterricht); des inneren Schulbetriebs (Lehrpläne, Lehrziele, Lehrstoff, -methoden, Auswahl Lehr- und Lernmittel); freie Schülerwahl und freie Lehrerwahl
- unterscheiden zwischen Ersatz- und Ergänzungsschulen: Art. 7 IV 1 für Ersatz und Ergänzung, Art. 7 IV 2-4 und V nur Ersatz
kein Gesetzesvorbehalt; Art. 7 IV 2 ist Ausgestaltungsvorbehalt; Art. 7 I GG verfassungsunmittelbare Eingriffsermächtigung, aber bei Privatschulen nur zur Überwachung, ob sie fortdauernd die Voraussetzungen erfüllen;
verfassungsunmittelbare Rechtsgüter, dann praktische Konkordanz
Art. 6 GG: Schutz von Ehe und Familie
- Abs. 1 verbürgt allgemein den Schutz von Ehe und Familie durch die staatliche Ordnung
- Abs. 2 und 3 gelten als leges speciales der Beziehung zwischen Eltern und Kindern in ihrer pflegerischen und erzieherischen Funktion und ihrer Grundlage räumlichen Zusammenseins
- Abs. 4 besonderer Schutz der Mutter
- Abs. 5 Gleichheitsrecht unehelicher Kinder
- Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Abwehrrechte; Abs. 1 Institutsgarantie
- Abs. 2 S. 2 qualifizierter Gesetzesvorbehalt und ABs. 3 Schranken-Schranke
- Abs. 1, 4, 5 als Diskriminierungsverbote, 1 und 4 auch Schutzrechte
Abwehrrechte: Schutzbereiche:
Ehe
I. Schutzbereich
1. Ehe = soziales und rechtliches Gebilde; als soziales Gebilde ist sie die Gemeinschaft, die einen Mann und eine Frau nach beiderseitiger Absicht und gegenseitigem Versprechen grundsätzlich lebenslang verbindet (laut Buch sind zivilrechtlicher Ehebegriff und verfassungsrechtlicher jetzt verschieden, AA Verfassungswandel); zugleich rechtliches Gebilde, dem das Bild der bürgerlich-rechtlichen Ehe zugrunde liegt = Idealbild
Wie werden Abweichungen (von sozialem Aspekt und rechtlichem Aspekt) behandelt?:
- auch hinkende Ehe fällt darunter, die also nach einem Recht wirksam ist, nach deutschem nicht; nicht jedoch eine nach beiden Rechten unwirksame Ehe
- auch die Schein-, Namens- oder Aufenthaltsehe, die zwar in der vorgesehenen Form, nicht aber mit der Absicht lebenslanger Verbundenheit geschlossen wird
- auch die Mehrehe fällt darunter
= Verfassungsrecht steht über dem einfachen Recht, persönlichen Motive können nicht erforscht werden, = entscheidend ist, dass die Partner für ihr Verhältnis zueinander die öffentliche Anerkennung der Ehe gesucht und gefunden haben
- nichteheliche Lebensgemeinschaften nur unter dem Schutz des Art. 2 I GG
- gleichgeschlechtliche Paare würde ICH schon unter Art. 6 fassen: Verfassungswandel möglich
- Schutzbereich reicht von der Eheschließung mit einem selbst gewählten Partner über das eheliche Zusammenleben bis zur Ehescheidung; negative Eheschließungsfreiheit auch geschützt
Familie
= soziale Beziehungsverhältnis zwischen Eltern und Kindern, hier müssen Eltern nicht verheiratet sein, auch egal, wie Kinder gezeugt wurden
= Formfehler auch hier unschädlich, solange der soziale Zusammenhalt gelebt und die öffentliche Anerkennung gesucht und gefunden wurde
- Vaterschaft muss anerkannt oder gerichtlich festgestellt werden (rechtliche Vaterschaft) oder als leiblicher Vater tatsächlich eine Zeit lang Verantwortung übernommen haben
- die biologische Vaterschaft ist aber selbst dann nicht Träger des Elternrechts; rechtliche Vaterschaft genießt den Schutz des Art. 6 II 1 GG
- muss nicht in häuslicher Gemeinschaft gelebt werden; wird es dies aber, dann werden auch alle nahen Verwandten eingeschlossen (geänderte Rspr BVerfG; EGMR)
- reicht von der Familiengründung bis in alle Bereiche des familiären Zusammenlebens und durch Pflichtteilsrecht sogar darüber hinaus; Entscheidung der Eltern, wann und wie viele Kinder sie haben wollen; Recht von Verwandten, vorrangig in Betracht gezogen werden bei Auswahl eines Vormunds
- laut BVerfG abgestufte Schutzwirkungen, je nach dem, ob Beistands- oder bloße Begegnungsgemeinschaft ist
Elternrecht, Art. 6 II 1
= Träger des Elternrechts ist, wer in einem durch Abstammung oder durch einfach-gesetzliche Zuordnung begründeten Elternverhältnis zum Kind steht, also auch zwei Personen gleichen Geschlechts, wenn sie gesetzlich als Elternteile anerkannt sind (rechtlich ist hier ausschlaggebend!!!)
= garantiert, dass primär die Eltern die für das Aufwachsen des Kindes wesentlichen Entscheidungen treffen
- Spannungsverhältnis zwischen Erziehungsrecht aus ARt. 6 II 1 GG und Art. 7 GG: Inwieweit sind Eltern bei zur Mitgestaltung berechtigt ?
- zugleich Elternpflicht zu Pflege und Erziehung des Kindes = korrespondierendes Grundrecht des Kindes! schützt zusätzlich zu seinem APR den wichtigen familiären Bezug seiner Persönlichkeitsentwicklung
(wichtig bei getrennt lebenden Elternteilen und körperlichen Eingriffen wie der Beschneidung)
Eingriffe, Art. 6
- hier wiederum unterscheiden, ob es sich lediglich um Ausgestaltung oder bereits um Eingriff handelt: dazu gehören Normen des Ehe- und Familienrechts grundsätzlich; Eingriffe möglich durch freiheitsbeschränkende Regelungen
- klassischer Eingriff in das Elternrecht ist die Schulpflicht; auch familiengerichtliche Zuweisung des Sorgerechts an einen Elternteil ist Eingriff
- die ausgestaltenden Regelungen sind aber stets am verfassungsrechtlichen Ehe- und Familienbegriff zu messen: wenn sie ihm nicht entsprechen, schlägt die Ausgestaltung in einen Eingriff um (versuchte und nicht gelungene Ausgestaltung) –> auch hier wird vom BVerfG nach rechtfertigenden Gründen gesucht
- hier kann auch Art. 3 II GG relevant werden
- Ausweisung von Ausländern, die in der BRD verheiratet sind und Kinder haben und Verweigerung des Nachzugs von Familie sind kein Eingriff, weil für Ausländer Aufenthalt in Deutschland nicht grundrechtlich gewährleistet ist; nur in Ausnahmefällen denkbar, wenn es aus besonderen Gründen nicht möglich oder zumutbar ist, die Familie und Ehe im Ausland zu führen (aber objektive Wertentscheidung des Art. 6 I GG fungiert als Verhältnismäßigkeitsmaßstab: dann nach Beistands- und Begegnungsgemeinschaft abgrenzen)
- Minderjährige teilen grundsätzlich das Schicksal ihrer Eltern
Rechtfertigung, Art. 6
!! Unterschied zwischen ausgestaltenden und eingreifenden Regelungen ist wieder einmal wichtig, weil Ehe und Familie in Art. 6 I GG vorbehaltlos geschützt werden; ansonsten nur durch kollidierendes Verfassungsrecht möglich
- beim Elternrecht ermächtigt Art. 6 II 2 implizit zu Eingriffen (“wacht die staatliche Gemeinschaft”): von dieser Ermächtigung darf nur durch oder aufgrund eines Gesetzes Gebrauch gemacht werden:
!!!! da sie der Pflege und Erziehung der Kinder dienen müssen, ist Art. 6 II 2 qualifizierter Gesetzesvorbehalt !!!!!; zum anderen durch kollidierendes Verfassungsrecht gerechtfertigt (Art. 7 I GG vor allem)
- bei Interessenkollisionen zwischen Kind und Eltern hat Kind grundsätzlich Vorrang; Kindeswohl hat Vorrang
- Trennung des Kindes von den Eltern nur bei drohender Verwahrlosung möglich, Art. 6 III GG (Schranken-Schranke)
- Institutsgarantie des Art. 6 I GG ist auch Schranken-Schranke
Mal so ganz allgemein zu vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten
- immer durch verfassungsimmanente Rechtsgüter und Grundrechte Dritter zu rechtfertigen : das gebietet die Einheit der Verfassung
- dafür ist aufgrund der Wesentlichkeitstheorie immer ein Parlamentsgesetz notwendig
(läuft iErg also wieder auf quasi-Gesetzesvorbehalt hinaus) das aber so nicht sagen, sondern anders prüfen; und dann am Ende praktische Konkordanz suchen
Schlömer-Sperl Übersicht ganz guthttps://www.repetitorium-hemmer.de/rep_pdf/23__12301Uebersicht_1-_GRe.pdf
Diskriminierungsverbote, Schutz- und Teilhaberechte in Art. 6 I, IV, V: besondere Gleichheitssätze
- im Grundsatz Gleichbehandlungsgebote; nur in Ausnahmefällen folgen daraus Teilhaberechte
Art. 4 GG: Einheitliches Grundrecht
- Art 4 I, II werden als einheitlicher Bereich gefasst, der die Freiheit schützt, Glauben und Gewissen, Religion und Weltanschauung zu bilden, zu haben, zu äußern und demgemäß zu handeln, weil sonst Schutzlücken entstehen würden, wenn man am Gesetzestext festhalten würde
Denken –> Äußern –> Handeln
(formalistisch: nach Abs. 1 Forum internum (denken) von religiösen und moralischen Überzeugungen; Äußern wird durch “Bekenntnis” suggeriert; Abs. 2 und 3 schützen dann Handeln) –> zusammengefasst
- unter Vorbehalt kollidierenden Verfassungsrechts gestellt (als RF)
- WRV wird über Art. 140 GG vollgültiges Verfassungsrecht
Religions- und Weltanschauungsfreiheit: Schutzbereich individuell
- Individuelle Religions- und Weltanschauungsfreiheit:
- Glauben ist die religiöse, Weltanschauung die areligiöse Sinndeutung von Welt und Mensch; nicht geschützt sind Parodien, denen es an der Ernsthaftigkeit der Gewissensüberzeugung fehlt
- hier wieder Freiheit, den Glauben oder die Weltanschauung zu bilden, zu haben, zu äußern und dementsprechend zu handeln
- für das Handeln näher bestimmt: keine Beschränkung auf die traditionellen Inhalte und Manifestationen der Glaubensinhalte: ist dem Selbstverständnis einiger Kirchen und Gemeinschaften gefolgt: über kultische Handlungen und religiöse Gebräuche hinaus auch religiöse Erziehung, Feiern sowie Äußerungen des religiösen und weltanschaulichen Lebens und der Genuss der Sonntagsruhe (Art. 140, Art. 139 WRV), und schließlich das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und seiner inneren Überzeugung gemäß zu handeln.
- auf die zahlenmäßige Stärke und soziale Relevanz einer religiösen Vereinigung kommt es nicht an: allen in gleicher Weise gewährleistet; auch Angehörige fremder Religionen und Sekten; sogar, wenn sie unsere Kultur ablehnen
–> extrem extensive Interpretation, sodass Schutzbereich konturenlos wird: es muss sich nach BVerfG tatsächlich, nach geistigem Inhalt und äußerem Erscheinungsbild um Religion oder Religionsgemeinschaft handeln!; Behauptung muss plausibel sein (gewisse Evidenzkontrolle)
–> das Handeln muss für den religiösen oder weltanschaulichen Auftrag notwendig sein und in entsprechendem organisatorischen und sachlichen Zusammenhang stehen, nicht nur in äußerem Zusammenhang oder bei Gelegenheit; nicht bloß wirtschaftliches oder politisches Handeln
–> Schutz soll dahingehend gewährleistet sein, dass der Mensch nicht an der Diskrepanz zwischen religiösen und staatlichen Ansprüchen zerbricht: schützt also die Identität der Person; NICHT geschützt aber, wenn Person sich zwar verpflichtet sieht, die Handlung aber genauso gut und als auch unterlassen kann. (weitere Begrenzung)
- genauso geschützt ist jedoch negative Glaubensfreiheit; Teilbereiche sind in Art. 7 II, III 3; Art. 136 WRV, 141 WRV
!!!
Korporative Religions- und Weltanschauungsfreiheit
= die einer religiösen oder weltanschaulichen Vereinigung als solcher zukommende Freiheit; richtet sich nach Art. 19 III GG; weiteres in Art. 137 WRV
- Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaften, Art. 137 III WRV; Modalitäten der Mitgliedschaft etwa regeln (Geltendmachung dieser rechtlich selbstständigen Gewährleistung erfolgt über Art. 4 I, II GG in VB)
- Religionsgesellschaften sind möglicherweise zwar JP des ÖR, stehen aber wegen Art. 4 GG wie jedermann dem Staat gegenüber, keine Organe der Öffentlichen Gewalt; können aber für die Handlungsform etwa Privilegien haben und ör handeln
Gewissensfreiheit
Gewissen = moralische Haltung, die die personale Identität eines Menschen mitkonstituiert und ihm subjektiv bindend vorschreibt, in einer konkreten Situation bestimmte Handlungen als gut oder recht zu tun bzw als böse oder ungerecht zu lassen
besser vllt:
Der Begriff meint jede ernste und sittliche, an den Kategorien „Gut“ und „Böse“ orientiere Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, sodass er gegen diese nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte.
- auch hier von denken, über äußern bis zu handeln (Forum internum und externum): umfassender Schutz, weil erst Handeln oft zu Konflikten führt
- auch hier gelten Beschränkungen von oben: im Zusammenhang stehen, als Verpflichtung angesehen werden, plausibel sein
–> KEINE korporative oder kollektive Gewissensfreiheit!