BGB AT AG - Judith Stelbrink Flashcards

1
Q

Grundlagen der Fallbearbeitung

A

Prüfung von Ansprüchen

  • Deutsches Zivilrecht geprägt von Ansprüchen

Tatbestand -> Voraussetzung für den Anspruch; “Wenn”

Rechtsfolge -> Inhalt des Anspruchs; “Dann”

Beispiel § 823 Abs. 1 BGB

Tatbestand:

Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt,

Rechtsfolge:

ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

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2
Q

Definition Anspruch

A

§ 194 Abs. 1 BGB

” das Recht, von einem anderen ein Tun oder ein Unterlassen zu verlangen (Anspruch)”
-> Legaldefinition

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3
Q

Prüfungsfrage

A

Jede Fallprüfung beginnt mit der gedanklichen Frage:

WER (Anspruchssteller) will
WAS (Anspruchsziel) von
WEM (Anspruchsgegner)
WORAUS (Anspruchsgrundlage)?

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4
Q

Arten von Ansprüchen (Woraus?) und ihre Prüfungsreihenfolge

A

I. Vertragliche Ansprüche

  1. Primäransprüche, d.h. Ansprüche auf Erfüllung mit Vertragspflicht
    - > Bsp.: Eigentumsverschaffung aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB oder Kaufpreiszahlung aus § 433 Abs. 2 BGB
  2. Sekundäransprüche, d.h. Ansprüche wegen Pflichtverletzung
    - > Bsp.: Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB

II. Quasivertragliche Ansprüche

  1. Ansprüche wegen Geschäftsführung ohne Auftrag (“GoA”), §§ 677 ff. BGB
  2. Ansprüche wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung (culpa in contrahendo, “c.i.c”), §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 BGB
  3. Ansprüche nach Anfechtung, § 122 BGB
  4. Anspruch auf Vertragsanspassung, § 313 Abs. 3 BGB
  5. Anspruch gegen Vertreter ohne Vertretungsmacht

III. Dingliche Ansprüche (Sachenrecht), §§ 985 ff. BGB

IV. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, §§ 812 ff. BGB

V. Ansprüche aus Delikt, §§ 823 ff. BGB

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5
Q

Die 5 Schritte des Gutachtenstils

A
  1. Obersatz
  2. Identifikation der Tatbestandsvoraussetzungen
  3. Definition der Tatbestandsvoraussetzungen
  4. Subsumtion
  5. Ergebnis
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6
Q

Obersatz

A
  • Satz, mit dem i.d.R. jede Einzelprüfung eingeleitet wird
  • Basiert inhaltlich auf der Frage: Wer will was von wem woraus?
  • Benennt die Anspruchsgrundlage, die anschließend durchgeprüft wird
  • Beinhaltet eine Hypothese und lässt das Ergebnis der Prüfung offen

Formulierung:

Konjunktiv: A könnte gegen B einen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung des Kaufpreises haben.

Bestimmte Formulierungen:

Fraglich ist, ob…
Vorliegend könnte,…
Zu prüfen ist,…
Es stellt sich die Frage, ob…

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7
Q

Identifikation und Nennung der Tatbestandsvoraussetzungen

-> Tatbestandsmerkmale

A
  • Voraussetzungen für Anspruch feststellen
  • Ergeben sich i.d.R. aus dem Wortlaut der Anspruchsgrundlage

Bsp.: Hierfür müsste ein Kaufvertrag zwischen A und B vorliegen. (§ 433 I 1 BGB)

“Dies setzt voraus, dass…”
“Dazu müsste…”

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8
Q

Definition der Tatbestandsvoraussetzungen

A
  • Allgemein anerkannte Definitionen
  • In Klausuren auswendig abrufbar

“Leben im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB meint…”
“Ein Vertrag ist…”

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9
Q

Die Subsumtion und das Ergebnis

A

Subsumtion

-> Informationen aus dem Fall (sog. Sachverhalt) werden mit der Definition des Tatbestandsmerkmals abgeglichen

“A und B haben beide ihren Willen erklärt, einen rechtlich bindenden Kaufvertrag über die Sache zu schließen.”

Typische Formulierungen
“Vorliegend”; “im vorliegenden Fall”; “laut Sachverhalt”

Nach Subsumtion wird Ergebnis nochmal in einem Satz festgehalten.
-> Bringt die Prüfung auf den Punkt

“Damit besteht ein Kaufvertrag zwischen A und B (Zwischenergebnis).”
“A hat einen Anspruch aus § 433 I 1 BGB auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache gegen B (Endergebnis).”

Typische Formulierungen

“Folglich”; “Damit”; “Somit”

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10
Q

Bloße Feststellung

A

Fällt der Sachverhalt offensichtlich unter das in Frage kommende Tatbestandsmerkmal, genügt die Feststellung, dass das Merkmal erfüllt ist. Die Definition kann mit aufgegriffen werden.

Bsp.: Fahrrad als Sache.

“Bei dem Fahrrad als körperlicher Gegenstand handelt es sich um eine Sache gem. § 90 BGB.”

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11
Q

Normale Subsumtion

A

Ist die Übereinstimmung von Normmerkmalen und Sachverhaltsumstand nicht so offensichtlich, erfolgt die gutachterliche Subsumtion in den bekannten 4 Schritten.

  • Nennen des Tatbestandsmerkmals
  • Definition
  • Subsumtion
  • Ergebnis

-> Zeigen, dass man Subsumtionsstil beherrscht

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12
Q

Der Meinungsstreit

A

Bei vielen Tatbestandsmerkmalen ist umstritten wie genau sie zu verstehen sind. In diesem Fall müssen die gegenteiligen Auffassungen in Form eines Meinungsstreits geprüft werden.

-> Dabei muss unter jede Ansicht subsumiert werden

a. Eine Ansicht versteht unter XY… -> Subsumtion -> Ergebnis
b. Andere sehen XY hingegen als… -> Subsumtion -> Ergebnis

Kommt man nach allen Ansichten zu identischen Ergebnissen, kann der Streit dahinstehen.
Andernfalls bedarf es eines Streitentscheids. Die Ansichten müssen diskutiert werden. Am Ende muss man sich für eine Meinung entscheiden.

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13
Q

Grundlagen der Rechtsgeschäftslehre

Was ist ein Rechtsgeschäft?

A
  • Begriff befindet sich nicht im BGB (Willenserklärung, Verträge)
  • Motive des BGB: “Rechtsgeschäft ist eine Privat-Willenserklärung, gerichtet auf Hervorbringen eines rechtlichen Erfolgs…”
  • > Zusammensetzung aus mindestens 1 WE
  • Einteilung/Kategorisierung nach verschiedenen Gesichtspunkten möglich
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14
Q

Rechtsgeschäft

Einteilung nach Anzahl und Art der WE

A

Einseitige Rechtsgeschäfte

  • Kündigung, Testament, Anfechtungserklärung, Mahnung, Widerrufserklärung

Mehrseitige Rechtsgeschäfte (Verträge), mindestens 2 WE

  • Kaufvertrag, Mietvertrag
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15
Q

Die Willenserklärung

A

Definition

Die Willensäußerung einer Person, die auf die Herbeiführen einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet ist

Die WE ist die Minimalvoraussetzung für ein Rechtsgeschäft

Einseitige Rechtsgeschäfte erfordern eine WE
-> Anfechtung des Vertrages; Ausübung eines Widerrufsrechts; Errichtung eines Testaments

Mehrseitige Rechtsgeschäfte erfordern mindestens 2 WE

  • > die einzelne WE ist lediglich ein Bestandteil des Rechtsgeschäfts
  • > Angebot und Annahme zum Abschluss eines Vertrages
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16
Q

Tatbestandsmerkmale der Willenserklärung

A

Schon an den Wortbestandteilen “Willens” und “Erklärung” erkennt man, dass die WE aus einem nach außen kundgetanen inneren Willen besteht.

Daher unterschiede man den objektiven (die Erklärung) und den subjektiven (das Gewollte).

Spannungsfeld:

Privatautonomie & Verkehrsschutz

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17
Q

Der objektive (äußere) Tatbestand der WE

A

Schaffung eines Erklärungstatbestandes:

Kundgabe eines Rechtsfolgewillens (sog. Rechtsbindungswille) durch ausdrückliches oder konkludentes Verhalten

1.) Erkennbares Setzen eines Erklärungszeichens
-> Liegt überhaupt irgendeine Erklärung vor?
auch konkludent, Schweigen grds (-)

2.) Rechtsbindungswille
-> Aus Sicht eines objektiven Empfängers (§ 133, 157 = obj. Empfängerhorizont) zu beurteilen
(-) bei Invitation ad offerendum, Gefälligkeiten

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18
Q

Der subjektive (innere) Tatbestand der WE

A

Auf subjektiver Seite unterscheidet man jeweils 3 Merkmale des Tatbestands

Handlungswille -> zwingende Voraussetzung!!

-> Der Wille, überhaupt etwas zu tun (fehlt z.B. bei unbewussten Reflexbewegungen oder körperlicher Gewalt)

Erklärungswille/ Erklärungsbewusstsein -> Erforderlichkeit umstritten

-> Das Bewusstsein (überhaupt) etwas rechtlich erhebliches zu erklären

Geschäftswille -> nicht erforderlich

-> Der Wille, eine ganz bestimmte Rechtsfolge herbeizuführen, also die Absicht, ein konkretes Geschäft abzuschließen

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19
Q

Zusammenfassung: Der Tatbestand der WE

A

Hinweis: Tatbestand einer WE ist in einer Falllösung nur anzusprechen, wenn problematisch -> Schwerpunktsetzung!

Objektiver Tatbestand

  • Erklärungszeichen -> Bei Fehlen WE (-)
  • Rechtsbindungswille -> Bei Fehlen WE (-)

Subjektiver Tatbestand

  • Handlungswille -> Bei Fehlen WE (-)
  • Erklärungsbewusstsein -> Bei Fehlen? -> Umstritten
  • Geschäftswille -> Bei Fehlen WE (+), aber ggf. Anfechtung
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20
Q

Willenserklärung bei Vertragsschluss

A

Vertrag setzt mindestens 2 übereinstimmende Willenserklärungen voraus:

  • > Angebot (§ 145 f. BGB; auch Antrag, Offerte)
  • > und Annahme ( § 147 ff. BGB)

Angebot = Empfangsbedürftige WE, durch die einem anderen ein Vertragsschluss in der Weise angetragen wird, dass das Zustandekommen des Vertrages nur von dessen Einverständnis abhängt
-> wesentliche Vertragsbestandteile (essentialia negotii) müssen bestimmt oder bestimmbar sein

Annahme = Grds. empfangsbedürftige WE, durch die der Antragsempfänger dem Antragenden vorbehaltloses Einverständnis zu verstehen gibt.

=> Angebot und Annahme müssen inhaltlich übereinstimmen, es muss also ein Konsens zwischen den Parteien über das gewollte rechtliche Ziel bestehen.

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21
Q

Angebot an die Allgemeinheit und Invitatio ad offerendum

A

Angebot an die Allgemeinheit (= offerte ad incertas personas)

  • Bindendes Angebot gemäß § 145 BGB an unbestimmten, aber bestimmbaren Personenkreis
  • > Ausnahme vom Grundsatz, dass Vertragsparteien bei Angebot bestimmt sein müssen

Bsp.: Aufstellen eines Warenautomaten/ Zapfsäule; Anbieten von Bus- und Bahntransport

§§ 133, 157 BGB (Auslegung von Verträgen und WEs)

Invitatio ad offerendum

  • Kein bindendes Angebot

Bsp.: Werbung/Katalog, Schaufenster, Auslagen in Selbstbedienungsläden

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22
Q

Meinungsstreit - Erklärungsbewusstsein

A

Willenstheorie (subjektive Theorie)

  • Erklärungsbewusstsein ist unverzichtbarer Bestandteil einer WE
  • Wird auf einen “Erst-Recht-Schluss” zu § 118 BGB gestützt (Mangel der Ernstlichkeit)

Pro: Schutz des Erklärenden (Privatautonomie)
Contra: Bezweckt einseitig den Schutz des Erklärenden. Die Interessen des potentiellen Vertragspartners (des Rechtsverkehrs) werden nicht berücksichtigt

Abgeschwächte Erklärungstheorie (heute h.M.)

  • Es genügt ein potentielles Erklärungsbewusstsein, d.h. eine WE liegt vor, wenn der Erklärende bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätten erkennen können, dass sein Verhalten im Rechtsverkehr als WE verstanden wird und der Erklärungsempfänger schutzwürdig ist

Pro: Schutz des Empfängers und des Rechtsverkehrs
-> Ausgewogene Interessenabwägung und Einzelfallgerechtigkeit
=> vorzugswürdig

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23
Q

Empfangsbedürftige Willenserklärung

A
  • Sind an eine andere Person (Erklärungsempfänger) gerichtet
  • Empfänger muss sich auf durch die Erklärung neu geschaffene Rechtslage einstellen können
  • z.B. Vertragsangebot, Annahme, Kündigung, Anfechtungserklärung

“Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht.” (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB)

Daraus ergibt sich dreierlei:

  1. ) Die empfangsbedürftige Willenserklärung setzt den Zugang voraus
  2. ) Es gibt Willenserklärungen die anderen gegenüber abzugeben sind (sog. empfangsbedürftige Willenserklärungen) und solche, für die diese Voraussetzungen nicht gilt (sog. nicht-empfangsbedürftige Willenserklärungen)
  3. ) Differenzierung zwischen WE, die in Abwesenheit und in Anwesenheit des Empfängers abgegeben werden. (Bei Anwesenheit gilt aber § 130 analog)

=> Empfangsbedürftige WE wird mit Zugang wirksam

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24
Q

Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen

A
  • sind nicht an eine andere Person gerichtet, z.B. Testament, Auslobung

Das Wirksamwerden von nicht empfangsbedürftigen WE wird vom Gesetzgeber als nicht regelungsbedürftig beurteilt.
-> aus Natur der nicht empfangsbedürftigen WE ergibt sich, dass diese mit der Abgabe wirksam wird

=> Eine nicht empfangsbedürftige WE wird mit der ABGABE wirksam

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25
Q

Wirksamwerden von Willenserklärungen

A

Entscheidend für Wirksamkeit einer WE:
Abgabe (nicht empfangsbedürftige WE)
Zugang (empfangsbedürftige WE)

  • Regeln über Wirksamkeit nur rudimentär im BGB geregelt (nur § 130)
  • Differenzierung zwischen
  • empfangsbedürftigen/nicht empfangsbedürftigen WE
  • unter Anwesenden/Abwesenden
  • Verkörperte/nicht verkörperte WE

Bedeutung:

  • > Rechtzeitigkeit einer Erklärung
  • > Wer trägt das Risiko einer falschen Übermittlung
  • > Widerruf (§ 130 I 2 BGB)
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26
Q

Abgabe einer nicht empfangsbedürftigen Willenserklärung

A

Allgemeine Definition: Willentliche Entäußerung in den Rechtsverkehr

Nicht empfangsbedürftige WE

  • Erklärender muss seinen Willen zweifelsfrei und endgültig kundgetan haben
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27
Q

Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung

A

Allgemeine Definition: Willentliche Entäußerung in den Rechtsverkehr

Empfangsbedürftige WE unter Anwesenden

nvk=nicht verkörperte WE : Wenn der Erklärende die WE in die Richtung des Empfängers entäußert hat und dieser in der Lage ist, sie akustisch zu verstehen

vk WE: Übergabe der WE

Empfangsbedürftige WE unter Abwesenden

nvk WE: Wenn Erklärender die Erklärung gegenüber dem Boten vollendet und diesem die Weisung gegeben hat, die Erklärung dem Empfänger zu übermitteln

vk WE: Wenn der Erklärende die WE willentlich derart in Richtung des Empfängers auf den Weg gebracht hat, dass unter normalen Umständen mit dem Zugang gerechnet werden kann

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28
Q

Zugang einer nicht-empfangsbedürftigen Willenserklärung

A

Kein Zugang erforderlich

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29
Q

Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung

A

Allgemeine Definition:
Die Willenserklärung muss derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme gerechnet werden kann.

Empfangsbedürftige WE unter Abwesenden

nvk&vk WE: Die Willenserklärung muss derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme gerechnet werden kann

Empfangsbedürftige WE unter Anwesenden

nvk WE: Der Erklärende muss davon ausgehen, dass der Empfänger die WE richtig und vollständig verstanden hat (h.M.) => Strittig

vk WE: Tatsächliche Verfügungsgewalt und Kenntnisnahme des Inhalts möglich

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30
Q

Zugang einer nichtverkörperten Willenserklärung unter Anwesenden (z.B. Telefon)
Strittig!

A

Problem:

Während Willenserklärungen zwischen Abwesenden i.d.R. fixiert werden (Schreiben, Mail, etc.) wird eine Erklärung unter Anwesenden regelmäßig nicht festgehalten. Der Empfänger einer Erklärung unter Anwesenden kann also im Nachhinein nicht ohne Weiteres überprüfen, ob er die Erklärung richtig verstanden hat.

Lösungsansätze:

Strenge Vernehmungstheorie

Richtiges Verstehen ist Voraussetzung für den Zugang der WE und damit für deren Wirksamkeit insgesamt.

Kritik: -> Erklärender trägt das volle Wirksamkeitsrisiko ggf. auch für die Umstände, von denen er keine Kenntnisse haben konnte (Bsp.: Aussetzer des Hörgeräts des Empfängers)

Eingeschränkte Vernehmungstheorie (h.M.)

Es genügt, wenn der Erklärende vernünftigerweise davon ausgehen durfte, dass seine Erklärung zutreffend und vollständig verstanden worden ist.

Argument: -> Angemessener Interessen-/Risikoausgleich zwischen Parteien

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31
Q

Wirksamwerden einer Willenserklärung

Prüfungsschema

A
  1. Abgabe
  2. Zugang (nur bei empfangsbedürftigen WE)
  3. Kein Widerruf, § 130 i 2 BGB
  4. (Rechtzeitigkeit der Annahme, § 146 ff. BGB) -> nur im Rahmen der Annahme zu prüfen
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32
Q

Der Vertragsschluss (gedankliches) Prüfungsschema

A

I. Angebot, § 145 BGB

  1. (Tatbestand der) Willenserklärung

a) Objektiver Erklärungstatbestand (= äußerlich erkennbares Erklärungszeichen &
Rechtsbindungswille)

b) Subjektiver Erklärungstatbestand
(1) Handlungswille
(2) Erklärungsbewusstsein (= Bewusstsein, eine rechtlich bindende Erklärung abzugeben)

  1. Essentialia negotii (= wesentliche Vertragsbestandteile)/Inhalt der Willenserklärung
  2. Wirksamkeit der Willenserklärung

a) Abgabe
„Eine WE ist abgegeben, wenn sie willentlich in Richtung des Empfängers auf den Weg gebracht worden ist“

b) Zugang, § 130 BGB (analog)
„Die Willenserklärung muss dergestalt in den Machtbereich des Empfängers gelangt sein, dass unter normalen Umstände mit Kenntnisnahme gerechnet werden kann.“

c) Ggf. kein Widerruf. § 130 I 2 BGB
4. Keine Nichtigkeit

− Mangelnde Geschäftsfähigkeit, §§ 104ff. BGB
− Formmangel, § 125 BGB
− Schwerer Fehler bei der Willenserklärung, §§ 116-118 BGB
− Gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) oder Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB)
− Anfechtung, §§ 119 ff. (Prüfungsstandort strittig)

II. Annahme (vgl. Angebot)
− Liegen die übrigen Voraussetzungen der Annahme vor, muss noch die
Rechtzeitigkeit der Annahme geprüft werden

III. Konsens, §§ 154 ff. BGB

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33
Q

(Gedankliches) Prüfungsschema “Erfüllungsanspruch”?

A

I.) Anspruch entstanden

1.) Angebot

a.) Tatbestand der WE
b.) Wirksamkeit der WE
→ Abgabe, Zugang, Kein Widerruf
c.) essentialia negotii

2.) Annahme

a.) Tatbestand der WE
b.) Wirksamkeit der WE
→ Abgabe, Zugang, Rechtzeitigkeit, kein Widerruf

  1. ) Keine Wirksamkeitshindernisse
  2. ) Konsens

II.) Anspruch nicht erloschen

III.) Anspruch durchsetzbar

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34
Q

Wann wird eine empfangsbedürftige WE wirksam?

A

Zugang, § 130 I 1 BGB

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35
Q

Allgemeine Definition “Abgabe” einer verkörperten WE

A

Willentliche Entäußerung in den Rechtsverkehr

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36
Q

Allgemeine Definition “Zugang” einer verkörperten WE

A

Machtbereich und Kenntnisnahme unter gewöhnlichen Umständen

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37
Q

Was gehört regelmäßig zum Machtbereich des Empfängers?

A
  • Wohnung
  • Geschäftsräume
  • Briefkasten
  • Empfangsbote
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38
Q

Wann geht eine schriftliche WE zu, die um 20 Uhr in den Hausbriefkasten des Empfängers (E) geworfen wurde?
Mit Briefkastenleerung ist üblicherweise um 10 Uhr morgens zu rechnen

A
  • Machtbereich (+)
  • gewöhnliche Kenntnisnahme: regelmäßige Kenntnisnahme morgens um 10 Uhr
  • Zugang also am nächsten Tag um 10 Uhr
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39
Q

Was gilt, wenn E gerade im Urlaub ist?

A
  • Herrschaftsbereich (+)
  • gewöhnliche Kenntnisnahme: weiterhin morgens um 10 Uhr
  • Zugang am nächsten Tag um 10 Uhr
40
Q

Zwischen welchen Fällen unterscheidet man beim Wirksamwerden von WE?

A
  • empfangsbedürftige/ nicht empfangsbedürftige
  • unter Anwesenden/Abwesenden
  • verkörperte (schriftliche) WE / nicht verkörperte (mündliche) WE
41
Q

Welcher Fall ist im BGB geregelt?/ Und wo?

A
  • verkörperte und nicht verkörperte empfangsbedürftige WE unter Abwesenden
  • > § 130 I 1 BGB
42
Q

Wann wird eine empfangsbedürftige WE unter Anwesenden wirksam?

A

Auch mit Zugang, § 130 I 1 BGB analog

43
Q

Wie sind am Telefon gemachte Erklärungen einzuordnen?

Welche Vorschrift?

A

Nicht verkörperte WE unter Anwesenden

-> § 147 I 2 BGB

44
Q

Wie kann eine nichtverkörperte (mündliche) WE unter Abwesenden zugehen?

A

Durch Mittelspersonen

45
Q

Welche Arten von Mittelspersonen gibt es?

A
  • Empfangsvertreter
  • Empfangsbote
  • Erklärungsbote
46
Q

Knappe Zusammenfassung Wirksamwerden von Willenserklärungen

A

=> Willenserklärungen müssen wirksam sein, um Rechtswirkung zu entfalten (§ 130 I 1 BGB)

• Nicht empfgangsbedürftige WE: Abgabe = Wirksamkeit

• Empfangsbedürftige WE: Zugang = Wirksamkeit
→ Abgabe muss aber auch immer geprüft werden

Häufig: Verkörperte/Schriftliche WE unter Abwesenden

• Def. Abgabe: Willentliche Entäußerung in den Rechtsverkehr
• Def. Zugang: Herrschaftsbereich + Kenntnisnahme unter
gewöhnlichen Umständen

• Abweichung insb. bei nvk WE unter Anwesenden:
→h.M: eingeschränkte Vernehmungstheorie

47
Q

Risikoverteilung gem. § 130 I 1 BGB

A

§ 130 I 1 normiert eine sachgerechte Verteilung des Transport- und Kenntnisnahmerisikos

=> Bei Problemen mit dem Zugang einer Willenserklärung muss abgewogen werden, aus wessen Sphäre die Verzögerung/Verhinderung des Zugangs stammt

  • Vor dem Zugang trägt der Absender die Gefahr des Verlustes, der Veränderung oder der Verspätung (Transportrisiko)
  • Nach dem Zugang trägt der Adressat das Risiko der Kenntnisnahme
48
Q

Zugangshindernisse

Berechtigte Annahmeverweigerung

A

Zugang (-)

Bsp.: Bei Verweigerung der Annahme eines unzureichend frankierten Briefes durch den Empfänger (Nachportozahlung!); keine Zustellung wegen unleserlicher Adresse

49
Q

Zugangshindernisse

Unberechtigte Verweigerung/ Zugangsvereitelung

A

Absichtliche Vereitelung

Zugang (+), da Möglichkeit der Kenntnisnahme bestünde

-> Zugangsfiktion (Rechtsgedanke des § 162)

Bsp.: Empfänger öffnet die Haustür absichtlich nicht oder legt kein Papier ins Faxgerät

=> Zugang (+) !!

Fahrlässige Vereitelung (Problem!!)

(v. a. Versäumung von Empfangsvorkehrungen)
e. A.: Zugangsfiktion wie bei absichtlicher Vereitelung
h. M.: Zugang erst, wenn tatsächlich erfolgt => Rechtzeitigkeitsfiktion)

-> nach Kenntnis von dem nicht erfolgten Zugang, erneuter Zugangsversuch! Empfänger kann sich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf Verspätung berufen, wenn er mit einer Erklärung rechnen muss.
Die Rechtzeitigkeit des erneuten Zustellungsversuchs wird “fingiert”.
-> Rechtzeitigkeitsfiktion

Bsp.: Umzug ohne Nachsendeauftrag; fehlendes Namensschild am Briefkasten

50
Q

Grundsätze der Zugangsvereitelung

A

Gesetzliche Grundentscheidung, wonach das Übermittlungsrisko bis zum Zugang dem Erklärenden auferlegt ist (§ 130 I 1 BGB), ist in Fällen der Zugangsvereitelung nicht sachgerecht, wenn das Hindernis aus der Empfängersphäre stammt

Behandlung der Konstellationen der fahrlässigen Zugangsvereitelung, strittig:

M1: Fiktion des Zugangs nach dem Rechtsgedanken des § 162 I BGB
-> wenn Zugangshindernis der Sphäre des Empfängers entspringt und ihm der Vorwurf des Sorgfaltsverstoßes gemacht werden kann => Zeitpunkt des Zugangs zu fingieren, an dem Zugang erfolgt wäre

M2: Fiktion der Rechtzeitigkeit
-> verlangt steht den tatsächlichen Zugang und will dem Empfänger lediglich nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Berufung auf den verspäteten Zugang verwehren
=> Der Erklärende muss aber unverzüglich (§ 121 I BGB) nach Kenntniserlangung vom Zugangshindernis erneut den Zugang der Willenserklärung veranlassen -> Fiktion der Rechtzeitigkeit
=> sonst kein Zugang

51
Q

Meinungsstreit -> Grundsätze der Zugangsvereitelung

A

M1: Fiktion des Zugangs nach dem Rechtsgedanken des § 162 I BGB

Argumente:
Wer aus vorangegangenen Verhandlungen mit dem Zugang einer Willenserklärung zu rechnen hat, muss entsprechenden Empfangsvorrichtungen bereithalten.

Kritik:

  • Nicht jeder Sorgfaltsverstoß im vorvertraglichen Bereich sollte zum Vertragsschluss führen -> Ausreichende Sicherung über Schadensersatz gemäß §§ 280 I, 311 II, BGB (cic)
  • Eindeutige Regelung in § 130 I 1 BGB, wonach Wirksamkeit der WE erst mit Zugang, (nur in Ausnahmefällen davon abweichen)

Ganz h.M.: Fiktion der Rechtzeitigkeit, aber neuer Sendungsversuch geboten

Argument:
- Von den Grundsätzen der Willenserklärung und ihrer Wirksamkeit (§ 130 I 1 BGB) sollte nur dann - im Sinne der anderen Ansicht . abgewichen werden, wenn der Erklärenden alles Erforderliche und Zumutbare getan hat, damit seine Erklärung den Adressaten erreichen konnte

=> überzeugendere Argumente, insbesondere mit Blick auf einen angemessenen Interessenausgleich zwischen Erklärendem und Empfänger

52
Q

Abhanden gekommene Willenserklärung -> Meinungsstreit

Bsp.: Sekretärin findet Brief und wirft ihn in Briefkasten

A

M1: Eine fahrlässig abhanden gekommen WE entfaltete keine Rechtswirkung, da gerade keine willentliche Entäußerung in den Rechtsverkehr stattgefunden hat.

  • > WE (-)
  • > Hier: Abgabe (-)

Argumente:

  • Fahrlässigkeit kann grds. nur Schadensersatzansprüche (Sekundäransprüche) begründen, nicht aber Primäransprüche
  • > Lösung auf Schadensersatzebene zu suchen
  • > etwa Verschulen bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo, §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB)

M2: Willenserklärung gilt als abgegeben, sofern der Erklärende das Inverkehrbringen aus Gründen, die in seinem Herrschafts- und Organisationsbereich liegen, zu vertreten hat.
=> Erklärungen zugerechnet, wenn er das Inverkehrbringen bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können
-> WE (-), aber anfechtbar
-> Abgabe (-)

Argumente:
- Schutzbedürftigkeit es Erklärungsempfängers => Empfänger kann nicht erklären, ob WE willentlich oder nicht in den Rechtsverkehr gelangt ist

=> Beide Ansichten, dass keine WE abgegeben wurde, kein Streitentscheid

53
Q

Auslegung, Grundinfos

A
  • Handwerkzeug eines jeden Juristen
  • Im Zivilrecht Auslegung des Gesetzes und Auslegung von Rechtsgeschäften/WE

Gesetz:
- abstrakt formuliert -> Ist Einzelfall von Norm erfasst? -> für Sinn der Vorschrift ermitteln -> Auslegungskanon

Rechtsgeschäft/WE:
- Ermittlung der rechtlichen Bedeutung eines privaten Handelns -> §§ 133, 157 BGB

2 Ebenen bedeutsam:

  1. ) Liegt überhaupt eine WE vor? -> z.B. Rechtsbindungswille beim objektiven Tatbestand einer WE
  2. ) Inhalt der WE
53
Q

Auslegung, Grundinfos

A
  • Handwerkzeug eines jeden Juristen
  • Im Zivilrecht Auslegung des Gesetzes und Auslegung von Rechtsgeschäften/WE

Gesetz:
- abstrakt formuliert -> Ist Einzelfall von Norm erfasst? -> für Sinn der Vorschrift ermitteln -> Auslegungskanon

Rechtsgeschäft/WE:
- Ermittlung der rechtlichen Bedeutung eines privaten Handelns -> §§ 133, 157 BGB

2 Ebenen bedeutsam:

  1. ) Liegt überhaupt eine WE vor? -> z.B. Rechtsbindungswille beim objektiven Tatbestand einer WE
  2. ) Inhalt der WE
54
Q

Wie werden Willenserklärungen ausgelegt?

A

Gesetzliche Auslegungsbestimmungen:

  • Auslegung von Willenserklärungen (§ 133 BGB) anhand des wirklichen Willens (sog. natürliche Auslegung)
  • Auslegung von Verträgen (§ 157 BGB) Treu und Glauben + Verkehrssitte zu beachten (sog. objektiv-normative Auslegung)

=> §§ 133, 157 bilden eine einheitliche Auslegungsregelung für empfangsbedürftige Willenserklärungen

-> empfangsbedürftige WE: gem. §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont
=> wie durfte ein objektiver Dritter in der Position des Erklärungsempfängers unter Berücksichtigung von Treu und Glaube und der Verkehrssitte die Erklärung verstehen?
- Ausgangspunkt: Wortbedeutung, Erklärung
- Begleitumstände: Ort, Zweck, Vorverhandlungen
- Verkehrssitte, Geschäftsbräuche, (Kaufleute)

-> nicht empfangsbedürftige WE, § 133: allein der wirkliche Wille des Erklärenden ist maßgeblich (Kein Schutz des Rechtsverkehrs notwendig)

=> Bei nicht empfangsbedürftigen Willenserklärungen (z.B. Testament) gibt es keinen Empfänger -> kann also nicht auf den Empfängerhorizont ankommen -> § 157 BG findet keine Anwendung
-> Nur § 133 BGB

55
Q

Auslegung von Gesetzen

A

Zweck der Gesetzesauslegung ist es, den rechtlich maßgeblichen Sinn einer Vorschrift zu bestimmen.

Auslegungsmethoden:

  • Wortlaut der Norm (sog. grammatische Auslegung)
  • Systematische Auslegung (Stellung der Vorschrift im System des Gesetzes)
  • Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm (sog. teleologische Auslegung)
  • Historische Auslegung (Blick auf den Entstehungsprozess einer Vorschrift, Gesetzesmaterialien)
  • Verfassungskonforme Auslegung

=> Bei Konflikten einer bestimmten Gesetzesauslegung mit der Verfassung (GG) ist diejenige Auslegung zu wählen, die den Vorgaben des GG entspricht -> Gesetzgeber wird unterstellt die verfassungsrechtlichen Vorgaben einhalten zu wollen

  • Unionsrechtskonforme Auslegung

=> Das dt. Recht ist im Zweifel so auszulegen, dass es mit dem EU-Recht vereinbar ist.
(Außer der dt. Gesetzgeber hat eine Regelung bewusst im Widerspruch zum EU-Recht geschaffen)

-> Europarechtswidriges (auslegungsresistentes) Recht muss unangewandt bleiben
=> Anwendungs- und Geltungsvorrang des Unionsrechts
-> Besondere Ausprägung: Richtlinienkonforme Auslegung, wenn nationales Gesetz eine europäische Richtlinie umsetzen soll (Bsp.: Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (z.B. § 474 ff. BGB)

56
Q

Verhältnis sich widersprechender Normen

A

Lex superior derogat legi inferiori (Höherrangiges Recht bricht das Recht des niedrigeren Rangs)

Lex posterior derogat legi priori (Das jüngerer Gesetz hebt das ältere Gesetz auf)

Lex specialis derogat legi generali (Das speziellerer Gesetz geht dem allgemeineren vor)
-> Klammertechnik des BGB -> Regelungen im AT allgemeiner als die Gesetze danach -> besonders HGB (Sonderrecht der Kaufleute)

57
Q

Falsa demonstratio non nocet

“Haakjöringsköd”- Fall

A

Grundsatz: Übereinstimmende Falschbezeichnung ist für den Vertragsschluss über das tatsächlich gewollte unschädlich -> Rechtsfigur der falsa demonstratio non nocet

  • Vertrag kommt über das überstimmend und tatsächlich Gewollte zustande

=> tatsächlicher Konsens ist rechtlich maßgeblich, unabhängig vom objektiven Erklärungsgehalt

  • Eine fehlerhafte Erklärung macht einen Vertrag nicht ungültig, wenn der wahre Sinn der Erklärung immer noch zweifelsfrei festgestellt werden kann

falsa demonstratio non nocet = eine unrichtige Erklärung schadet nicht

58
Q

Trennungsprinzip

A

§ 433 BGB - Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

=> Bei den Rechtsgeschäften, die auf eine Übereignung zielen, wird unterschieden zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften; dabei handelt es sich um das sogenannte Trennungsprinzip

59
Q

Das Verfügungsgeschäft

A
  • wird auch als Erfüllungsgeschäft bezeichnet -> wird zur Erfüllung eines Verpflichtungsgeschäfts vorgenommen

§ 929 BGB - Einigung und Übergabe

Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, dass der Eigentümer die Sache dem Erwerber übergibt und beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll.

Beachte: § 929 S. 1 BGB ist nur einer von mehreren Übereignungstatbeständen -> er erfasst lediglich bewegliche Sachen, insbesondere für Immobilien gelten andere Vorschriften

60
Q

Voraussetzungen § 929 S. 1 BGB

A

1.) Dingliche Einigung
-> 2 WE
a) Angebot der Übertragung des Eigentums (“Willst du das Eigentum an dieser Sache erwerben?”)
b) Annahme (“Ja, ich möchte das Eigentum an der Sache haben.”)
Begründung: Eigentum soll nicht ohne Willen des bisherigen Eigentümers übergehen

2.) Übergabe (Publizitätsakt)
-> Realakt (tatsächliche Handlung)
Begründung: Wenn eine Rechtsposition absolut, d.h. gegenüber Jedermann gelten soll, dann muss sie auch für Jedermann erkennbar sein

  1. ) Berechtigung
    - > Umkehrschluss aus § 932
    - > i.d.R. der Eigentümer

Beachte: Übereignung nur eine von mehreren Verfügungen (Hochzeitsnachtsformel!)
-> Voraussetzungen aber immer ähnlich

61
Q

Prüfungsschema Verpflichtungsgeschäft

A

(Schuldrechtliches) Verpflichtungsgeschäft

  1. Schuldrechtliche Einigung

a) Angebot zum Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages (z.B. § 433 BGB)
b) Annahme

Hinweis: Schuldrechtliche und dringliche Einigungen beruhen auf denselben bekannten Voraussetzungen

62
Q

Prüfungsschema (dingliches) Verfügungsgeschäft

§ 929 S.1 BGB

A
  1. Dingliche Einigung
    a) Angebot der Übertragung des Eigentums
    b) Annahme
  2. Übergabe (= Publizitätsakt)
  3. Berechtigung des Veräußere
63
Q

Wirkung von Verpflichtungsgeschäft

A

Verpflichtungsgeschäft (z.B. der Kaufvertrag)

  • Rechtsgeschäft, das ein relatives Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien begründet, durch welches sie zu einem Tun oder Unterlassen verpflichtet werden -> vgl. § 241 Abs. 1 BGB
  • Dritte können daraus in der Regel keine eigenen Rechte und Pflichten ableiten
64
Q

Wirkung von Verfügungsgeschäft

A

Verfügung = Rechtsgeschäft, das unmittelbar

  • übertragen
  • belastet
  • inhaltlich geändert
  • oder aufgehoben wird
  • sie wirkt gegenüber Jedermann und ist folglich absolut

Hochzeitsnachts-Formel

Nach der Hochzeitsfeier HEBT der Bräutigam die Braut AUF, TRÄGT sie ÜBER die Schwele, worauf diese im Bett von ihm BELASTET und - wer weiß? - vielleicht sogar INHALTLICH VERÄNDERT WIRD.

65
Q

Trennungs- und Abstraktionsprinzip

A

Das Trennungsprinzip sollte nicht mit dem Abstraktionsprinzip verwechselt werden, auch wenn beide sehr eng zusammenhängen.

Trennungsprinzip

Das Verpflichtungsgeschäft (z.B. der Kaufvertrag im Sinne des § 433 BGB) ist ein relatives Rechtsverhältnis, das vom Verfügungsgeschäft (z.B. Eigentumsübertragung gemäß § 929 BGB) zu trennen ist.

Abstraktionsprinzip

Die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts (z.B. Anfechtung des Kaufvertrages) führt nicht zur Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts, sodass der neue Eigentümer (vorerst) auch nach Wegfall des Verpflichtungsgeschäfts noch Eigentümer bleibt. Umgekehrt gilt dasselbe!

66
Q

Prüfungsschema: Erfüllungsanspruch

A

I.) Anspruch entstanden

  1. Einigung der Parteien

a) Angebot
- Tatbestand
- Wirksamkeit der WE
- Keine Wirksamkeitshindernisse (z.B. fehlende Geschäftsfähigkeit)

b) Annahme
- Tatbestand
- Wirksamkeit und Rechtzeitigkeit der WE
- keine Wirksamkeitshindernisse (z.B. fehlende Geschäftsfähigkeit)

II. Anspruch untergegangen

III. Anspruch durchsetzbar

67
Q

Überblick Rechts- und Geschäftsfähigkeit

A

Rechtsfähigkeit = Fähigkeit, in eigener Person Träger von subjektiven Rechten und pflichten d.h. ein Rechtssubjekt sein zu können.

  • natürliche Personen: d.h. alle Menschen von der Vollendung ihrer Geburt (§ 1 BGB) bis zum Eintritt des (Hirn-)Todes (§ 1922 I BGB)
    Problem: Teilrechtsfähigkeit ungeborenen Lebens? (= Nasciturus)?
  • juristische Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts
    Bsp.: Rechtsfähiger Verein (§§ 21 ff. BGB), Stiftung (§ 89 BGB), Aktiengesellschaft (§§ 1 I S.1, 278 AktG), GmbH (§§ 1, 11 GmbHG)
  • Personengesellschaften (GbR, OHG (§ 124 HGB), KG (§§ 161 II, 124 HGB))

Geschäftsfähigkeit = Fähigkeit einer natürlichen Person, in personam/selbstständig Willenserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (also Rechtsgeschäfte wirksam vornehmem zu können)

Achtung: Juristische Personen können nicht persönlich handeln und sind daher nie geschäftsfähig. Sie handeln durch ihre gesetzlichen Vertreter.

68
Q

Die 3 Stufen der Geschäftsfähigkeit

Geschäftsunfähigkeit § 104 BGB

A

Geschäftsunfähigkeit § 104 BGB

Minderjährige vor Vollendung des 7. Lebensjahres (Nr. 1)

Krankhafte Störung (Nr. 2)
Ausnahmen:

  • “Lichte Momente” (“iucidum intervallum”)
  • Geschäfte des täglichen Lebens, § 105a BGB

Rechtsfolge: Nichtigkeit der WE, § 105 BGB (unheilbar)

69
Q

Die 3 Stufen der Geschäftsunfähigkeit

Beschränkte Geschäftsfähigkeit § 106 BGB

A

Beschränkte Geschäftsfähigkeit § 106 BGB

Minderjährige, ab Vollendung des 7. Lebensjahres, § 106 BGB

Rechtsfolge: Wirksamkeit nach Maßgabe der §§ 107-113 BGB

70
Q

Die 3 Stufen der Geschäftsfähigkeit

(Voll-)Geschäftsfähigkeit

A

(Voll-)Geschäftsfähigkeit

Volljährige, d.h. Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, § 2 BGB

Rechtsfolge: Wirksamkeit der WE

71
Q

Die 3 Stufen der Geschäftsfähigkeit

Sonderfall

A

Sonderfall:

Nichtigkeit der Willenserklärung auch bei Bewusstlosigkeit/vorübergehender Störung der Geistestätigkeit (z.B. Trunkenheit), § 105 Abs. 2 BGB

72
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte, § 107 Alt. 1 BGB

A
  • Sie kann der Minderjährige oben Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornehmen
  • Ein Geschäft ist NICHT lediglich vorteilhaft, wenn durch das Rechtsgeschäft für den Minderjährigen persönliche Pflichten gründet oder vorhandene Rechte des Minderjährigen aufgehoben oder gemindert werden
  • Das Vorliegen eines lediglich rechtlichen Vorteils bestimmt sich allein nach der rechtlichen Wirkung des Rechtsgeschäfts -> ein wirtschaftlicher Vorteil genügt nicht!
73
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit
Liegt ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft vor?
Abschluss eines Verpflichtungsgeschäfts, z.B. Kauf eines Buches

A

Nein

Der Vertrag würde eine Zahlungspflicht des Minderjährigen im Sinne des § 433 Abs. 2 begründen

74
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit
Liegt ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft vor?
Ausübung von Gestaltungsrechten, z.B. Anfechtung eines Vertrages, § 142 Abs. 1 BGB

A

Nein

Der Minderjährige verliert seinen Anspruch aus dem Vertrag

75
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit
Liegt ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft vor?
Abschluss eines Schenkungsvertrages zugunsten des Minderjährigen

A

Ja

Denn der Schenkungsvertrag (§ 516, 518 BGB) zugunsten Minderjähriger ist nur einseitig verpflichtend.
Beschenkte erlangen einen Anspruch gegen den Schenker ohne selbst einer Pflicht unterworfen zu werden.

76
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit
Liegt ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft vor?
Übertragung eines mit einer Hypothek belastetes Grundstück, §§ 929, 873 BGB

A

Ja (strittig)

Der Minderjährige haftet nicht mit seinem sonstigen Vermögen, sondern nur mit dem erworbenen Grundstück, §§ 1113, 1147 BGB

77
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit
Liegt ein lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft vor?
Annahme einer testamentarischen Erbschaft

A

Nein

Denn der Erbe haftet auch für Nachlassverbindlichkeiten, § 1967 BGB

Achtung!! Nicht bei Erbschaft nach § 1922 BGB (Universalsukzession), denn hierbei handelt es sich um eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung und kein Rechtsgeschäft, wie es § 107 BGB adressiert

78
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Problem: Neutrale Geschäfte

A
  • Bringen geraden keine Vor- oder Nachteile -> bei strenger Wortauslegung des § 107 BGB wäre Einwilligung erforderlich
  • Auslegung des § 107 nach Schutzzweck aus (teleologische Auslegung) -> Minderjähriger soll nur vor negativen Folgen geschützt werden
    -> Zugunsten der Privatautonomie (auch Minderjähriger)
    => § 107 BGB daher teleologisch zu reduzieren

=> Rechtlich neutrale Geschäfte werden den vorteilhaften gleichgestellt

Bsp.: Vertretergeschäfte durch Minderjährige (§§ 165, 179 Abs. 3 S. 2 BGB) oder Verfügung über fremde Sachen mit Einwilligung des Berechtigten (§ 185 BGB)

79
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Nicht lediglich rechtlich vorteilhafte oder neutrale Geschäfte, § 107 Alt. 2 BGB

A
  • Einwilligungserfordernis des gesetzlichen Vertreters
  • Rechtsgeschäft ist von Anfang an (ex tunc) wirksam, wenn es mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vorgenommen wurde
  • Einwilligung = vorherige Zustimmung, § 183 S. 1 BGB
  • Minderjähriger wird gem. §§ 1626 I S. 1, 1629 BGB von seinen Eltern gemeinschaftlichen vertreten
  • Einwilligung muss sich grds. auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft beziehen
  • > Kein unbeschränkter Generalkonsens möglich, aber “beschränkter Generalkonsens” für klar abgrenzbare Lebensbereiche (Tennisunterricht bezahlen)

Rechtsfolge, wenn keine Einwilligung: § 108 Abs. 1: schwebend unwirksam!

80
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Sonderfall der Einwilligung: § 110 BGB (“Taschengeldparagraph”)

A

Überlassung des Taschengelds (“Mitteln”) zur freien Verfügung = die konkludente Einwilligung in Rechtsgeschäfte Minderjähriger

  • gesetzlich geregelter Fall der konkludenten Einwilligung
  • §§ 133, 157: regelmäßig auf vernünftige Rechtsgeschäfte beschränkt (keine Drogen, etc.)

Beachte: § 110 BGB greift nur, wenn die Leistung eines Minderjährigen vollständig erbracht (“Bewirkt”) wurde
Problem: Ratengeschäfte

81
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Genehmigung des gesetzlichen Vertreters, § 108 BGB

A
  • Fehlt es an einer Einwilligung, ist das Geschäft zunächst “schwebend unwirksam”, § 108 Abs. 1 BGB
  • Es kann durch eine Genehmigung (=nachträgliche Zustimmung, § 184 Abs. 1 BGB) des gesetzlichen Vertreters rückwirkend unwirksam gemacht werden, § 108 Abs. 1 BGB
  • > Erklärung gegenüber dem Minderjährigen oder dem Vertragspartner
  • Dem Geschäftspartner droht eine “Hängepartie”, er muss eine etwaige Genehmigung abwarten und sich leistungsbereit halten
  • Widerrufsrecht, § 109 Abs. 1 BGB (Ausnahme in Abs. 2)
  • Aufforderung zur Genehmigung, § 108 Abs. 1 BGB
82
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

A
  • Prüfungsschema: Abgabe WE (zweiseitige Rechtsgeschäfte)

(1. ) Teilgeschäftsfähig, §§ 112, 113 BGB)
2. ) § 107 Var. 1 BGB: lediglich rechtlich vorteilhaftes Geschäft?
3. ) § 107 Var. 2 BGB: Einwilligung (§ 183 S. 1)
4. ) § 110 BGB “Taschengeldparagraph” als besondere Form der Einwilligung
5. ) § 108 BGB: Genehmigung (§ 184 Abs. 1)

Wenn alles (-): Rechtsgeschäft nichtig

Beachte: Wirksamkeit (Zugang) einer WE, die gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen abgegeben wurde, richtet sich nach § 131 II BGB

83
Q

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Sonderfall: Einseitige Rechtsgeschäfte, § 111 BGB

A

z. B. Kündigung durch einen Minderjährigen

- > Bei fehlender Einwilligung endgültig unwirksam -> Schutz des Erklärungsgegners

84
Q

In welchen Normen ist die Geschäftsfähigkeit geregelt?

A

§§ 104 ff.

85
Q

Welche Personen sind beschränkt geschäftsfähig?

A

§§ 106, 2 BGB

86
Q

Welche Wirkung hat die WE eines beschränkt Geschäftsfähigen?

A
  • Nicht grds. unwirksam
  • Nicht grds. wirksam, sondern “Mittelweg”
  • §§ 107-113
87
Q

Wann ist eine WE lediglich rechtlich vorteilhaft?

A

Wenn die rechtliche Stellung des Minderjährigen verbessert wird

88
Q

Was ist eine Einwilligung?

A

§ 183 S.1 BGB: vorherige Zustimmung

89
Q

Unter welchen Voraussetzungen kann eine WE nach § 110 BGB wirksam sein?

A
  • eigene Mittel (Geld), die zu einem bestimmten Zweck/ freier Verfügung überlassen worden sind
  • bewirkt (§362) (Verfügungsgeschäft muss stattgefunden haben)
90
Q

Was gilt für Willenserklärungen eines beschränkt Geschäftsfähigen, die nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist und bzgl. der keine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter vorliegt?

A

§ 108 Abs. 1 BGB: schwebend unwirksam

91
Q

Was für Möglichkeiten hat der Geschäftspartner des Minderjährigen in diesem Fall?

A
  • § 108 Abs. 2 BGB: Aufforderung an Vertreter zur Erklärung über Genehmigung
  • § 109 Abs. 1 BGB: Widerruf
92
Q

Welche Norm regelt den Zugang einer WE gegenüber einem beschränkt Geschäftsfähigen?

A

§ 131 Abs. 2 BGB

93
Q

Prüfungsort im Gutachten

2 Möglichkeiten

A
I. ) Anspruch entstanden
1. Einigung der Parteien
a.) Angebot
-T atbestand
- Wirksamkeit der WE (ggf. § 131 II)
b.) Annahme
-Tatbestand
-Wirksamkeit der WE (ggf. § 131 II)
2. Keine Wirksamkeitshindernisse
(z.B. fehlende Geschäftsfähigkeit, §§ 104 ff.))
II.) Anspruch untergegangen -z.B. Erfüllung, § 362 BGB
III.) Anspruch durchsetzbar
I. ) Anspruch entstanden
Einigung der Parteien a.) Angebot
-Tatbestand
- Wirksamkeit der WE (ggf. § 131 II)
- Keine Wirksamkeitshindernisse (z.B. fehlende
Geschäftsfähigkeit, §§ 104 ff.)
b.) Annahme 
-Tatbestand
-Wirksamkeit der WE (ggf. § 131 II)
-Keine Wirksamkeitshindernisse (z.B. fehlende Geschäftsfähigkeit, §§ 104 ff.)
II.) Anspruch untergegangen 
-z.B. Erfüllung, § 362 BGB
III.) Anspruch durchsetzbar
94
Q

Prüfung eines Erfüllungsanspruchs

A

I.) Anspruch entstanden, wenn

1.) Wirksamer Vertragsschluss nach §§ 145 ff. BGB und

a. ) Angebot (empfangsbedürftige WE) aa.) Abgabe
bb. ) Zugang
cc. ) kein vorheriger Wiederruf
dd. ) keine rechtshindernden Einwendungen
- Geschäftsunfähigkeit, §§ 104 ff. BGB
- Formunwirksamkeit, § 125 S. 1 BGB
- Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, § 134 BGB
- Sittenwidrigkeit und Wucher, § 138 Abs. 1 und Abs. 2 BGB
- Anfechtung, §§ 119ff, 142 Abs. 1 BGB (str.)

b. ) Annahme(EmpfangsbedürftigeWE) aa.) Abgabe
bb. ) Zugang
cc. ) Rechtzeitigkeit
dd. ) kein vorheriger Widerruf
ee. ) keine rechtshindernden Einwendungen
- Geschäftsunfähigkeit, §§ 104 ff. BGB
- Formunwirksamkeit, § 125 S. 1 BGB
- Verstoß gegen ein Verbotsgesetz, § 134 BGB
- Sittenwidrigkeit und Wucher, § 138 Abs. 1 und Abs. 2 BGB
- Anfechtung, §§ 119ff, 142 Abs. 1 BGB (str.)

II.) Anspruch nicht untergegangen, wenn keine rechtsvernichtenden Einwendungen (u.a.:)

  • Erfüllung, § 362 Abs. 1 BGB
  • Unmöglichkeit, § 275 BGB oder § 326 Abs. 1BGB
  • Bedingungseintritt, § 158 BGB
  • Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB
  • Anfechtung, § 142 Abs. 1 BGB (str.)

III.) Anspruch durchsetzbar, wenn keine rechtshemmenden Einreden

  1. ) Vorübergehende (dilatorische) Einreden
    - Zurückbehaltungsrechte, §§ 273, 274, 1000 BGB
    - Einrede des nichterfüllten Vertrags, § 320 BGB
    - Einrede der Vorausklage, § 771 BGB
  2. ) Dauernde (peremptorische) Einreden
    - Verjährung, § 214 Abs. 1 BGB
    - Einrede der Bereicherung, § 821 BGB
95
Q

Prüfungsschema Beschränkte Geschäftsfähigkeit

A
  1. Angebot

= empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines (Kauf-) Vertrages gerichtet ist und die essentialia negotii enthält
→ Beachte evtl. § 131 II BGB

  1. Annahme
    = grds. empfangsbedürftige Willenserklärung, die die vorbehaltlose Zustimmung zum Angebot ausdrückt
    → Beachte evtl. § 131 II BGB
  2. Wirksamkeit des Vertrages
    (Hinweis: Kann auch im Rahmen der jeweiligen Willenserklärung, die der Minderjährige abgibt, geprüft werden, also bereits unter 1. oder 2.)

(P) Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen gem. §§ 2, 106 BGB
Die Willenserklärung des Minderjährigen könnte wegen dessen beschränkter Geschäftsfähigkeit gem. § 108 I BGB schwebend unwirksam sein.

a) Vorliegen der beschränkten Geschäftsunfähigkeit gem. §§ 2, 106 BGB

→ Beachte evtl. Teilgeschäftsfähigkeit gem. §§ 112, 113 BGB

b) Wirksamkeit des Vertrages von Anfang an (nach § 107 BGB bei lediglich rechtlichem
Vorteil oder Einwilligung)

aa) Lediglich rechtlicher Vorteil, § 107 Alt. 1 BGB
bb) Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (§§ 1626 I, 1629 I BGB), § 107 Alt. 2 BGB
(1) Ausdrückliche Einwilligung gem. §§ 107, 183 S. 1 BGB→Beachte: Immer auf konkretes Rechtsgeschäft bezogen
(2) Gesetzlicher Fall der (General-) Einwilligung gem. § 110 BGB („Taschengeldparagraph“) → Beachte Erfordernis des vollständigen Bewirkens, § 362 BGB

c) Schwebende Unwirksamkeit des Vertrages gem. § 108 I BGB, aber rückwirkende Wirksamkeit ex tunc bei Genehmigung gem. §§ 108, 109, 184 I, 182 I BGB

→ Bei Versagung der Genehmigung (§ 184 I BGB) endgültige Unwirksamkeit der Willenserklärung des Minderjährigen

→Beachte § 108 II S. 1 BGB: Die Aufforderung nach § 108 II S.1 Hs.2 BGB stellt insofern Schwebezustand wieder her, wenn der Vertrag an sich schon voll wirksam (bspw. Genehmigung vorher ggü. Minderjährigem) oder endgültig unwirksam war.

Merke: § 108 II wird nach h.M. nicht auf die Einwilligung übertragen.

Die Frage nach einer (notwendigen) Genehmigung des Vertrags wird nur aufgeworfen, wenn der Minderjährige nicht bereits nach § 107 BGB wirksam selbst kontrahieren konnte. Das Vorliegen einer Genehmigung hat daher immer erst nach der Prüfung des § 107 BGB zu erfolgen.