Begriffe Flashcards
Simonie
Kauf oder Verkauf eines geistlichen oder kirchlichen Amtes, von Pfründen, Sakramenten, Reliquien oder Ähnlichem
Auf dem Konzil von Chalkedon 451 wurden Priesterweihen gegen Bezahlung ausdrücklich und offiziell verboten. Von Papst Nikolaus II. wurde die Simonie auf der Synode von 1059/1060 als „dreifältige simonistische Häresie“ bezeichnet. Auch wenn dieses Verbot auf weiteren Konzilen durch das ganze Mittelalter hindurch bestätigt wurde, war der Kauf von Ämtern weiterhin verbreitet.
Abgeleitet von: Simon Magus (Apg 8,5–24 EU): “Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Geist gegeben wurde, brachte er ihnen Geld und sagte: Gebt auch mir diese Macht, dass der, dem ich die Hände auflege, den Heiligen Geist empfange. Petrus aber sprach zu ihm: Dein Geld fahre mit dir ins Verderben, weil du gemeint hast, dass die Gabe Gottes durch Geld zu erlangen sei!”
Translationsverbot
Seit dem Ersten Konzil von Nicäa im Jahr 325 war es geltendes Kirchenrecht, dass ein Kleriker, der bereits in einer Diözese zum Bischof gewählt worden war, nicht Bischof einer anderen Diözese werden durfte.
Bischof von Bamberg bei der Translation zum Bischof von Rom/Papst: “Die Schwiegermutter names Rom ruft um Hilfe”
Nikolaitismus
Nikolaiten waren ursprünglich die Anhänger einer als häretisch beurteilten Gruppierung des frühen Christentums, die im Ruf stand, sexuelle Freizügigkeit zu fördern und die Teilnahme an Götzenopfern zu dulden. Als Urheber der Bewegung wird traditionell der in der Apostelgeschichte 6,5 EU erwähnte Diakon Nikolaus angenommen.
In der Zeit des mittelalterlichen Investiturstreits wurde davon abgeleitet ein Kleriker, der den Zölibat nicht hielt, abwertend als Nikolait bezeichnet.
Humbert von Silva Candida prägte diese polemische Bezeichnung für verheiratete Kleriker. Den Kampf gegen Nikolaitismus führten insbesondere Papst Leo IX. und Papst Alexander II.
Bannbulle
Eine Bannbulle ist eine meist päpstliche Urkunde, die eine Lehrverurteilung oder eine Exkommunikation als Bann ausspricht.
z.B. die wechselseitigen Bannbullen des Heiligen Stuhls und des Patriarchats von Konstantinopel im Zuge des Schismas von 1054 (1965 aufgehoben),
Die Bannbulle von Papst Innozenz III. gegen Kaiser Otto IV. (1212),
Die Bannbulle von Papst Gregor IX. gegen Kaiser Friedrich II. (1227/1239)
Konsensuale Herrschaft
Das Zusammenwirken von König und Fürsten als ein wesentliches Merkmal mittelalterlicher Herrschaft.
Königliches Handeln war auf die Zustimmung der betroffenen Großen ausgerichtet.
Die Großen, die sich besonders zurückgesetzt fühlten, bestanden nachdrücklich auf consensus und consilium.
Konsensuale Herrschaft umfasst alle Einflussmöglichkeiten über Intrige und Manipulation, Begünstigung und Vorteilsnahme und ist nicht mit steter Harmonie gleichzusetzen.
Der Konsens konnte regelrecht erzwungen werden, auch mit Gewalt.
Durch die Beratung mit den geistlichen und weltlichen Großen wurde das politische Gewicht von Adel und Kirche gestärkt.
Libertas ecclesiae
Freiheit und Unabhängigkeit der sich selbst als eine und von Jesus Christus eingesetzt verstehenden katholischen Kirche.
Kirchenfreiheit war das zentrale Schlagwort der Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts bzw. der Gregorianischen Reformen von Papst Gregor VII. und damit ein „Schlüsselbegriff“ des Investiturstreits. Kirchenfreiheit, die Freiheit der Kirche von Unterdrückung, bedeutete für Gregor VII. konkret vor allem:
- dass die Kirche frei von Einmischungen durch Laien entscheiden und insbesondere ihre Bischöfe einsetzen (Investitur) kann,
- dass die gesamte Kirche unter der faktischen und wo notwendig auch direkten Leitung des Papstes steht
- dass der Papst in der ganzen Christenheit (christianitas) die höchste Gewalt besitzt.
In der weiteren Entwicklung bis ins dreizehnte Jahrhundert wurde der Begriff der Kirchenfreiheit zum Inbegriff aller von Gott oder von Menschen verliehenen Rechte, in der Formel von Innozenz IV.: ecclesiastica libertas consistit in privilegiis – „Die kirchliche Freiheit besteht in Privilegien“.
Synode von Sutri 1046
Zusammenkunft geistlicher und weltlicher Würdenträger, die am 20. Dezember 1046 in Sutri in der Region Latium im heutigen Italien zwischen Vertretern des Reichs und der Kirche stattfand und Entscheidungen über die Legitimität der Päpste traf, die den deutschen König zum Kaiser krönen sollten.
Heinrich III wollte sich zum Kaiser krönen lassen => Es gab drei päpstliche Kandidaten, die er alle in Sutri absetzte (Gregor VI. & Benedikt IX: Simonie, Silvester III); Heinrich III => Patricius Romanorum („Schutzherrn von Rom“); Bischof Suitger von Bamberg setzte er als Papst ein (Translationsverbot? Schwiegermutter Rom!)
Investitur
Investitur (von lateinisch vestire ‚bekleiden‘) bezeichnet die Praxis der Einweisung in ein Amt. Entscheidend für die Investitur ist die Benutzung von Symbolen, welche bei dem entsprechenden Akt überreicht werden. (Bischof: Insignien und Stab, welches an Hirtenstab mit Schneckenknauf erinnert)
Investiturstreit
Periode im 11. und 12. Jahrhundert, in der zwischen den Saliern und dem Reformpapsttum ein Streit über das Verhältnis von Sacerdotium (geistlicher Macht) und Imperium (weltlicher Macht) ausgetragen wurde. Der grundsätzlichen Frage nach der Investitur, also der Einsetzung der Äbte und Bischöfe, kam im Laufe der Auseinandersetzung eine entscheidende Rolle zu,[1] allerdings erst nach dem im Jahr 1077 erfolgten Bußgang nach Canossa.
Papstwahldekret
Regelung der Papstwahl vom 13. April 1059 auf der Ostersynode.
Papst Nikolaus II. regelte darin die Wahl der künftigen Päpste.
- Wahlordnung: Zuerst sollen die Kardinalbischöfe sorgfältig beraten und dann die Kardinalkleriker hinzuziehen => Kreis der Papstwähler auf die Kardinäle beschränkt. Der übrige Klerus und das Volk sollen im Nachhinein der Wahl beipflichten.
- Kandidat: Es gibt die Möglichkeit, dass der künftige Papst nicht aus der römischen Kirche stammt, falls dort eine geeignete Persönlichkeit für diese Position fehlt.
- Ort: Wenn die Wahl nicht in Rom stattfinden kann, so darf sie auch an einem anderen Ort stattfinden.
- Die Wahl soll „unbeschadet der dem jetzigen Königs Heinrich geschuldeten Ehre“ stattfinden („Königsparagraph“)
- Wenn eine Inthronisierung in Rom nicht möglich ist, soll bereits der Elekt die päpstlichen Herrschaftsrechte ausüben können.
Mit der Verabschiedung dieses Dokuments sollte der Wahl von Gegenpäpsten entgegengesteuert und ein rechtsverbindlicher Modus zukünftiger Papstwahlen geschaffen werden.
=> Erste Papstwahl nach dem Dekret wurde aber gleich missachtet; „Graue Eminenz“: Mönch Hildebrand hatte sich so sehr selbst propagiert, dass das Volk ihn angeblich gewählt habe und seine vielen Anhänger ihn auf den Papststuhl befördert haben
Kardinal
Kardinal ist ein Titel der römisch-katholischen Kirche und die ranghöchste Würde nach dem Papst.
Domkapitel (9. Jhd)
- Entstanden im 9. Jhd; Später vorallem dort, wo Bistümer gegründet wurden
- Lagen im Bereich der Domimmunität oder Domfreiheit => Unterstanden nicht der weltlichen Herrschen über ihren Ortsitz
Aufgaben: Chorgottesdienst, Beratung und Unterstützung des Bischofs in Diözese (geistlicher Herrschaftsbereich) und Hochstift (weltlicher Herrschaftsbereich).
Lebensgemeinschaft, die derjenigen einer benediktinischen Mönchsgemeinschaft nicht unähnlich war
Domkapitel (12. Jhd)
- formierten sich zu exklusiven Wahlkollegien mit dem Recht zur Bischofswahl.
=> Dieses Recht ging den meisten Domkapiteln bis zum Ende des 13. Jahrhunderts zu Gunsten päpstlicher Provisions- und landesfürstlicher Nominationsrechte wieder verloren.
=> Oft wurden im Heiligen Römischen Reich Bischöfe vom Kaiser gewählt
Päpstliche Provision
(lat. provisio papalis)
- adas Recht des Papstes, Bischöfe direkt einzusetzen oder zu bestätigen
– entwickelte sich schrittweise ab dem 11. Jahrhundert (Investiturstreit)
- wurde im 13. (Papst Innozenz III.) frequenter
- im 14. Jahrhundert (Avignonesische Päpste)
die vorherrschende Praxis in Italien, Frankreich, England - nach dem Wiener Konkordat 1448 wurde das Nominationsrecht der Fürsten offiziell anerkannt => Papst bestätigte meist nur noch
Fürstliches Nominationsrecht
Frühe Ansätze:
Seit Karolingerzeit (8.–9. Jahrhundert) hatten Könige und Kaiser starken Einfluss auf Bischofsernennungen.
Der Kaiser bzw. der König des Heiligen Römischen Reiches konnte daher viele Bischöfe direkt ernennen (sog. Investitur)
=> Ottonisches Reichskirchensystem (10.–11. Jahrhundert), in dem deutsche Könige gezielt Bischöfe einsetzten, um ihre Herrschaft zu stabilisieren.
Einschränkung: Durch den Investiturstreit (1075-1122) und das Wormser Konkordat (1122).
=> Kaiser verlor das Recht, Bischöfe direkt zu ernennen.
Die Wahl sollte vom Domkapitel erfolgen, aber unter weltlicher Mitwirkung.
Wiedererstarken im Spätmittelalter:
Ab dem 13. Jahrhundert begannen weltliche Herrscher wieder Einfluss auf Bischofsernennungen zu nehmen.
Konkordat von Wien (1448): Kaiser erhält das Recht, Bischofskandidaten vorzuschlagen => Papast bestätigt nur noch. (galt für gesamtes Heiliges Römisches Reich).
Französisches Konkordat (1516):
König von Frankreich erhielt volles Nominationsrecht für alle Bistümer Frankreichs. Papst hatte nur noch Bestätigungsmacht.
Geistliche Rolle (spirituelle Funktion) der Bischöfe
- Bischöfe primär geistliche Hirten ihrer Diözese.
- Aufgaben: Verwaltvon von Sakramenten, Organisieren des kirchlichen Lebens, Wahrung des Glaubens
Kirchlichen Reformbewegung des 11. Jahrhunderts (Cluniazensische Reformen, Gregors Reformen): Bischofsamt sollte wieder stärker als reine kirchliche Funktion gesehen werden.
Weltliche Rolle (politische Funktion) der Bischöfe
- Viele Bischöfe waren auch Reichsfürsten, besonders im Heiligen Römischen Reich. Sie…
…verwalteten Ländereien
… hatten Truppen
…zogen Steuern ein
…waren Vasallen des Kaisers.
Die kaiserliche Investitur (Einsetzung durch den Kaiser) machte sie zu wichtigen Stützen der Reichspolitik.
Der Kaiser wollte daher weiterhin die Bischöfe selbst einsetzen, um die Kontrolle über diese mächtigen Gebiete zu behalten.
Der Investiturstreit (1075-1122) mit Bischofswahl als Kernelement
Papst Gregor VII. (1073–1085) bestand darauf, dass Bischöfe nur von der Kirche gewählt und geweiht werden dürfen, nicht vom Kaiser.
Kaiser Heinrich IV. (1056–1106) hingegen sah das Bischofsamt als politisches Amt und wollte weiterhin das Investiturrecht behalten.
1076–1077: Eskalation → Exkommunikation Heinrichs IV. und der Gang nach Canossa.
1080: Heinrich setzt Gregor VII. ab und ernennt einen Gegenpapst (Clemens III.).
1084: Heinrich IV. zieht nach Rom, zwingt Gregor VII. zur Flucht und setzt Clemens III. als Papst ein.
Welche konkurrierenden Systeme führten zum Investiturstreit?
Der Kaiser setzt Bischöfe nach weltlichen Kriterien ein.
Der Papst fordert geistliche Unabhängigkeit der Kirche.
Der Kaiser sah sie als weltliche Fürsten und beanspruchte daher das Recht, sie einzusetzen.
Der Papst wollte sie nur als geistliche Hirten sehen.
Die Lösung kam erst 1122 mit dem Wormser Konkordat, das eine Trennung zwischen geistlicher und weltlicher Funktion einführte.
Die wichtigsten Bestimmungen des Wormser Konkordats (1122)
Geistliche Investitur (spirituelle Weihe):
Wahl der Bischöfe und Äbte durch das jeweilige Domkapitel erfolgen (angeblich ohne weltl. Einfluss)
Die kirchliche Weihe (spirituelle Investitur mit Ring => mit der Kirche, und Stab => Hirtenstab) nur noch vom Papst oder kirchlichen Autoritäten vollzogen; Nicht mehr vom Kaiser!
Weltliche Belehnung (politische Rechte):
In Deutschland durfte der Kaiser an der Wahl teilnehmen und konnte Bischöfe weiterhin mit weltlichen Rechten und Besitz belehnen (weltliche Investitur).
In Italien und Burgund durfte er nur noch auf weltliche Besitzfragen Einfluss nehmen, nicht aber auf die Wahl.
Dies bedeutete, dass Bischöfe weiterhin auch weltliche Fürsten bleiben konnten.
Bedeutung des Wormser Konkordats von 1122
- Ende des Investiturstreits (1075–1122): Kirche nun in geistlichen Fragen unabhängig vom Kaiser
- Grundlage für die Trennung von Kirche und Staat: geistliche und die weltliche Macht wurden rechtlich voneinander getrennt, auch wenn Bischöfe weiterhin weltliche Fürsten blieben.
Stärkung des Papsttums: Autorität durch Investitur
Schwächung der Kaisermacht: Zwar noch Einfluss auf die Wahl (durch Verweigern von Belehnung bei unliebsamen Kandidaten), aber keine direkte Kontrolle über die Kirche mehr (Ausnahme: Im heiligen römischen Reich durfte Kaiser mitwählen => praesentia regis)
praesentia regis
Anwesenheit des Kaisers/Königs bei Bischofswahl => Indirekte Einflussnahme, um ja keinen kaiserkritischen Kandidaten wählen zu lassen
Was ist die Scholastik?
Eine mittelalterliche philosophisch-theologische Methode, um Glauben und Vernunft miteinander zu verbinden und theologische Fragen mit den Mitteln der aristotelischen Logik systematisch zu durchdenken.
Merkmale der Scholastik
Logische Argumentation: Anwendung strenger, formaler Argumentationsmethoden (insbesondere der aristotelischen Logik).
Systematische Theologie: Glaubensfragen wurden in einem geordneten System behandelt, nicht nur durch persönliche Auslegung oder Bibelzitate.
Disputation (Disputatio): Wichtige Lehrmethode, bei der Thesen diskutiert, widerlegt und bewiesen wurden.
Synthese von Glaube und Vernunft: Man versuchte, die christliche Lehre durch logische Analysen zu begründen.
Ontologischer Gottesbeweis (Scholastik)
Anselm von Canterbury (1033–1109) – Begründete die Scholastik mit seinem ontologischen Gottesbeweis („Gott ist das, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“)
Sentenzen (Scholastik)
Petrus Lombardus (12. Jh.) – Verfasste die Sentenzen, ein theologisches Standardwerk.
Aquinsche Scholastik
Thomas von Aquin (1225–1274) – Hauptfigur der Hoch-Scholastik, verband christliche Lehre mit Aristoteles’ Philosophie (Summa Theologiae).
Ockhamische Rasiermesser (Scholastik)
Wilhelm von Ockham (1288–1347) – Entwickelte das Ockhamsche Rasiermesser, eine Methode zur Reduzierung unnötiger Annahmen.
- Von mehreren möglichen hinreichenden Erklärungen für ein und denselben Sachverhalt ist die einfachste Theorie allen anderen vorzuziehen.
- Eine Theorie ist einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen und Hypothesen enthält und diese in logischen Beziehungen zueinander stehen, aus denen der zu erklärende Sachverhalt folgt.
Kasuistik
(lat. casus = „Fall“) ist eine methodische Herangehensweise, die sich auf die Analyse konkreter Einzelfälle stützt, um allgemeine Regeln abzuleiten oder anzuwenden.
Kasuistische Differenzierung bedeutet daher:
- Eine allgemeine Regel wird nicht starr angewendet, sondern in Einzelfällen differenziert interpretiert.
- Dabei werden feine Unterschiede zwischen ähnlichen Situationen herausgearbeitet.
- Besonders wichtig in der Moraltheologie, Ethik und Rechtswissenschaft.
Verbindung zwischen Scholastik und kasuistischer Differenzierung
Die Scholastik liebte Differenzierungen und systematische Einteilung von Begriffen und Fällen.
Kasuistik war daher eine Methode, die sich in der Scholastik gut einfügte, um konkrete ethische, theologische oder rechtliche Fragen zu analysieren.
Besonders bei Thomas von Aquin wurde diese Methode verfeinert (z. B. Unterscheidung zwischen „gerechtfertigtem Krieg“ und „ungerechtem Krieg“).
Decretum Gratiani
Ursprünglich: Concordantia discordantium canonum (Übersetzung: „Die Übereinstimmung der widersprüchlichen Kanones“)
- Um 1140 entstanden
- erster Teil des Corpus Iuris Canonici
- enthält eine große Anzahl von kanonischen Gesetzen und Kirchenentscheidungen, die Gratian aus den Kirchenvätern, päpstlichen Dekreten und Konzilien herausgezogen und in einer bestimmten Systematik angeordnet hat
Drei Teile des Corpus Iuris Canonici:
Decretum Gratiani: Eine Sammlung von kanonischen Gesetzen und Entscheidungen.
Decretales: Päpstliche Erlassungen und Urteile.
Clementinae: Eine Sammlung von päpstlichen Erlassungen, die später im 13. Jahrhundert hinzugefügt wurden.
Heilstreppe
(lat. intercessio)
Kunstgeschichtliche Bezeichnung einer ma. Darstellung stufenweiser Fürbitte und letztlicher Heilserlangung.
Beispiel: Epitaph des Arztes Friedrich Mengot (gest. 1370) im Münster zu Heilsbronn.
Der Gnadensuchende wendet sich kniend an Maria: “Ich bitte dich, barmherzige Jungfrau Maria, verteidige mich jetzt”.
Maria weist ihre entblößte Brust und spricht zu Jesus: “Weil du an dieser Brust gesogen hast, mein Sohn, erbitte ich Gnade für jenen”.
Jesus, auf seine Seitenwunde deutend, wendet sich an Gottvater: “Anerkenne, mein Vater, dies, und gewähre, um was dich meine Mutter bittet”.
Gottvater schließlich antwortet: “Was du auch verlangst, ich werde es dir zugeben und dir nichts verweigern”.
Zu wem betete man?
Zu Heiligen; Diese konnten dann mit Maria sprechen (=> Heilstreppe)
Ursprung Heiligenkult
=> frühe Kirche
Apostelgeschichte => z.B. Petrus , Paulus und Stephanus.
=> Wunder, Verfolgung, die Prozesse und den Tod der ersten Märtyrer
In den frühen Jahrhunderten entwickelten sich Bräuche wie die Bestattung in der Nähe des Grabes eines Märtyrers oder die Errichtung einer Kirche über seinem Grab
Wie stellte man sich die himmlische Hierarchie vor?
“Königreich Gottes” wie ein Hofstaat mit Authoritätsgefällen
Gott => Jesu => Maria => “Heiligendeckel” (Eickelscher Ausdruck)
Zwei-Schwerter-Lehre (bis ins 9. Jhd)
Papst Gelasius I. († 496) formulierte die Lehre von den zwei Gewalten (duo sunt):
Das geistliche Schwert gehört der Kirche.
Das weltliche Schwert gehört dem Kaiser/König.
Zwei-Schwerter-Lehre (nach dem 9. Jhd)
Im Hochmittelalter wurde diese Theorie weiterentwickelt:
Das geistliche Schwert:
- Symbol für die geistliche Autorität über Glaubensfragen, Sakramente und das Seelenheil.
=> Der Papst führt dieses Schwert direkt.
Das weltliche Schwert:
Symbol für die politische und militärische Gewalt.
Aber: Im Hochmittelalter wurde argumentiert, dass die weltliche Gewalt nur vom Papst „geliehen“ oder delegiert sei.
→ Folge: Der Papst konnte weltliche Herrscher entmachten oder exkommunizieren, wenn sie gegen die Kirche handelten.
Die Rolle der Zwei-Schwerter-Lehre im Investiturstreit
Papst Gregor VII. (1073–1085): Geistliche Vorrang des Papstes steht über weltliche Macht
Dictatus Papae (1075):
Der Papst kann weltliche Herrscher absetzen.
Nur der Papst hat das Recht, Bischöfe einzusetzen (keine Investitur durch den Kaiser!)
1076: Exkommunikation Kaiser Heinrich IV. => excommunicatus vitandus
Gregor VII. setzte Heinrich IV. als Kaiser ab => Papst hat über das weltliche Schwert Kontrolle
1077: Gang nach Canossa
Heinrich IV. ernannte trotzdem weiter Bischöfe, was Gregor VII. nicht anerkannte.
=> Deutscher Episkopat: Viele Bischöfe unterstützten Heinrichs Sicht, dass die Zwei-Schwerter-Lehre bedeute, dass Kaiser und Papst gleichberechtigt seien.
1080: Gregor VII. exkommunizierte ihn erneut und erklärte ihn für abgesetzt.
Gegenpapst Clemens III. (1084): Heinrich setzte Gregor VII. ab und ließ sich vom eigenen Papst krönen
=> Gregor VII. wurde aus Rom vertrieben und starb 1085 im Exil in Salerno.
1122: Wormser Konkordat: Geistliches Schwert => Investitur/Bischofsernennung
Weltliches Schwert => Belehnung von Land & Titel
Auf welchen Versen basiert die Zwei-Schwerter-Lehre?
Lk 22,36 Da sagte er: Jetzt aber soll der, der einen Geldbeutel hat, ihn mitnehmen und ebenso die Tasche. Wer aber kein Geld hat, soll seinen Mantel verkaufen und sich dafür ein Schwert kaufen.
Lk 22,37 Ich sage euch: An mir muss sich das Schriftwort erfüllen: Er wurde zu den Verbrechern gerechnet. Denn alles, was über mich gesagt ist, geht in Erfüllung.
Lk 22,38 Da sagten sie: Herr, hier sind zwei Schwerter. Er erwiderte: Genug davon!
Die Rolle der Zwei-Schwerter-Lehre nach dem Investiturstreit
Nach dem Investiturstreit gab es zwei unterschiedliche Interpretationen der Zwei-Schwerter-Lehre:
- Papsttum (päpstliche Überordnung)
Päpste wie Innozenz III. (1198–1216): weltliche Schwert muss vom Papst „geleitet“ werden
Unam Sanctam (1302) von Bonifatius VIII.:
„Beide Schwerter gehören der Kirche.“
Der Papst steht über der weltlichen Macht.
2.Kaisertum (Trennung oder Unabhängigkeit)
Kaiserliche Theologen (besonders im 14. Jahrhundert): weltliches Schwert ist autonom
=> Konflikt zwischen Papst und Kaisertum (z. B. im Kampf zwischen Papst Johannes XXII. und Ludwig dem Bayern).
Zwei Formen der Exkommunikation
- Excommunicatus toleratus („der geduldete Exkommunizierte“)
Exkommuniziert, aber durfte noch eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Andere Christen durften ihn noch grüßen oder mit ihm sprechen.
- Excommunicatus vitandus („der zu meidende Exkommunizierte“)
Die härteste Form der Exkommunikation.
Mit ihm durfte kein gläubiger Christ interagieren.
Er war vollständig aus der Gemeinschaft ausgeschlossen und durfte keine öffentlichen Ämter mehr ausüben.
Interdikt
Kirchliche Strafe, die einer Stadt, Region oder sogar einem ganzen Land die Sakramente und liturgischen Handlungen entzieht:
=> Keine Messen, keine Taufen, keine Eheschließungen, keine Beerdigungen mit kirchlichem Segen.
=> Priester durften nicht mehr öffentlich predigen oder die Eucharistie spenden.
Das Interdikt über England (1208–1213)
Papst Innozenz III. verhängte 1208 ein Interdikt über England, weil König John Lackland (Johann Ohneland) den päpstlichen Kandidaten für den Erzbischof von Canterbury abgelehnt hatte.
Folgen:
Keine kirchlichen Sakramente für das gesamte Königreich.
England wurde international isoliert. => Viele standen aber hinter ihm
Ende:
1213 gab König Johann nach um zu vermeiden, dass der Papst die Entbindung seiner Vasallen von ihrer Treuepflicht in Kraft setzt, und unterstellte England dann sogar der Lehenshoheit des Papstes.
Pfründe
Unter einer Pfründe oder einem Benefizium versteht das kanonische Recht seit dem späten Mittelalter ein Kirchenamt, das mit einer Vermögensausstattung verbunden ist, die dem Unterhalt und der Versorgung des Amtsinhabers dient. Die älteren Kirchenämter, wie z.B. das Pfarramt, waren regelmässig bepfründet.
Grundherrschaft
Die Grundherrschaft war ein mittelalterliches Wirtschaftssystem, bei dem ein Grundherr (z. B. Adliger, Kloster oder Bischof) Land besaß und es an abhängige Bauern (Hörige) vergab. Diese mussten Abgaben leisten (z. B. Ernteanteile) und Frondienste verrichten. Im Gegenzug erhielten sie Schutz und das Recht, das Land zu bewirtschaften. Die Grundherrschaft war das wirtschaftliche Fundament des Feudalismus.
Hausmeier
Ein Hausmeier war im Mittelalter der oberste Verwalter des königlichen Hofes und später der eigentliche Machthaber im Frankenreich. Die Karolinger, wie Karl Martell, nutzten dieses Amt, um die Merowingerkönige zu entmachten.
Immunitäten
Immunität (munus = Abgabe, Dienst; immunitas als Verneinung entsprechender Verpflichtungen) meint im Frühmittelalter die Unabhängigkeit von fremder Herrschaft, insbesondere von Herrschaftsansprüchen lokaler Instanzen.
Kirchen und Klöster gewinnen durch die Immunität die Unabhängigkeit vor allem vom Grafengericht und als Folge die Befugnis zueigener Gerichtsbarkeit.