6/6 (Privatisierung der Verwaltung; Verwaltungsverfahren; Recht der öffentlichen Sachen; Verwaltungsvollstreckung) Flashcards

1
Q

P: Bindungwirkung von VV für Private: gesetzliche Ermächtigungen zu administrativer Normsetzung gegenüber Privaten, die keiner anderen Handlungsform zuzuordnen sind (RVO, Satzung oder Allgemeinverfügung [VA])? (BSP Hausordnung einer Justizvollzugsanstalt, § 15 JVollzGB BW)

A

unterscheide: unmittelbare Bindungswirkung zulasten vs. mittelbare Bindungswirkung zugunsten des Privaten
- letzteres ist Frage von Art. 3 I GG („Selbstbindung der Verwaltung“)

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2
Q

P: Darf Behörde auf die Durchführung des Vorverfahrens verzichten (bspw. wenn Widerspruchsfrist nicht eingehalten wurde, Behörde jedoch darüber hinweggeht und Ausführungen zur Sache macht)

A

eA: unzulässig

pro: gesetzliche Klagevoraussetzung kann nicht zur Disposition der Behörde stehen (Sinn und Zweck des Bestehens von § 70 II, § 60 VwGO)
pro: mangels Devolutiveffekt beim unzulässigen Widerspruch ist Widerspruchsbehörde gar nicht zuständig - aber: Klage nicht unzulässig, da Heilung möglich
con: übertriebener Formalismus, da Widerspruchsbehörde an Unanfechtbarkeit gebunden wäre, obwohl Ausgangsbehörde den VA nach § 48 noch zurücknehmen kann

aA: zulässig (hM)

pro: nach der Zurückweisung als unzulässig würde der Streitstoff wenig später wieder zu Gericht kommen; reiner Formalismus (Prozessökonomie)
pro: Behörde als “Herrin des Verfahrens”

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3
Q

P: Kann die Behörde Gründe bei andernfalls fehlerhaftem Verwaltungshandeln nachschieben

A

eA (mM): (-)
pro: Schutz des Bürgers, Rechtssicherheit

aA (hM): (+)

pro: § 45 II LVwVfG (Handlungen können bis zu letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden)
pro: Untersuchungsgrundsatz; das Gericht hat auch nach Gründen zu suchen, die außerhalb der behördlichen Ausführung liegen
pro: Prozessökonomie (Verwaltung würde sonst einfach einen neuen, richtig begründeten VA erlassen)
pro: Schutz des Betroffenen auch ausreichend dadurch, dass er angesichts der neuen Begründung das Verfahren auch für erledigt erklären kann

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4
Q

Formenwahlfreiheit der Verwaltung #

A

= soweit gesetzliche Regelungen oder sachliche Gründe nicht entgegenstehen, kann die Verwaltung im Bereich der Leistungs- und Lenkungsverwaltung nach öffentlichem Recht oder Privatrecht vorgehen

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5
Q

“(Keine) Flucht ins Privatrecht”

A

= Verwaltung bleibt auch bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben in der Form des Privatrechts an öffentlich-rechtliche Grundsätze und Regelungen gebunden (insb. Grundrechte, allgemeine Grundsätze des Verwaltungsrechts, Zuständigkeitsregelungen)

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6
Q

Begriff: Subvention

A

=

a. jede vermögenswerte Zuwendung
b. des Staates oder eines Verwaltungsträgers an Privatpersonen
c. ohne marktmäßige Gegenleistung
d. zur Förderung eines im öffentlichen Interesse liegenden Zwecks

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7
Q

Zweistufigkeit der Subventionsvergabe

A
  1. Generelle Subventionsentscheidung
    - > generell-abstrakte Entscheidung durch Gesetz oder Ausweisung der Mittel im Haushaltsplan
  2. Konkrete Subventionsentscheidung
    - > Vergabe der Mittel im Einzelfall
    - > Rechtsform abhängig von der konkreten Art der Subvention
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8
Q

P: Vergabe des Subventionsdarlehens

A
  • eA (hM): Zweistufentheorie
    pro: Überwindung der rein privatrechtlichen Deutung der staatlichen Subventionsdarlehen nach dem 2. Weltkrieg
    pro: Grundrechtsschutz durch 1. Stufe
    con: Darlehensvertrag oftmals bloße Fiktion
    con: einheitlicher Lebensvorgang wird künstlich in zwei Stufen aufgeteilt
    con: Schicksal des Darlehensvertrages, wenn Bewilligungsbescheid nichtig (hM: auch Vertrag unwirksam)
  • aA: VA als Dauerrechtsverhältnis mit Bedingungen/Auflagen für Aus- bzw. Rückzahlung der Zuwendung
  • wA: Verwaltungsvertrag (öffentlich-rechtliches Darlehensverhältnis)
    con: oftmals vielfältige Vorgaben durch Gesetz oder Verwaltungsrichtlinien -> faktische Nähe zu aA in der Praxis
    pro: Möglichkeit der individuellen Vereinbarung und Aushandlung in Einzelfällen
  • neA: privatrechtlicher Vertrag mit öffentlich-rechtlichen Bindungen
    con: Ausgangspunkt ist nach Rechtsgrundlage und Zielsetzung das öffentliche Recht
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9
Q

Konstruktion: sonstige Subventionsformen (Verlorene Zuschüsse; Bürgschaften; Realförderung) #

A
  • verlorene Zuschüsse (= Beihilfen): Bewillungungsbescheid und Auszahlung uno actu (Maurer)
  • Bürgschaften: Zweistufentheorie
  • > VA gegenüber Bürger
  • > Bürgschaftsvertrag mit Gläubiger
  • Realförderung: v.a. Einheimischen-Modell (Bevorzugung Einheimischer bei Grundstücksverkauf oder ermäßigter Eintritt in kommunale Einrichtungen)
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10
Q

Öffentliche Sachen

A

= Vermögensgegenstände, die

(1) unmittelbar einem öffentlichen Zweck dienen (Gemeinwohlfunktion) und
(2) durch besonderen Rechtsakt einen öffentlich-rechtlichen Status erhalten haben, mit dem die Sachherrschaft eines Hoheitsträgers verbunden ist (Widmung; Rechtsakt), und
(3) tatsächlich in Dienst gestellt wurden (Indienststellung; Realakt)
- > auch unkörperliche Gegenstände erfassbar

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11
Q

Öffentliche Sachen vs.

a) tatsächliche öffentliche Sachen
b) Gegenstände des Finanzvermögens

A

a) gehören einem Privateigentümer und werden allein von diesem der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (z. B. private Krankenhäuser)
b) dienen nur mittelbar einem öffentlichen Zweck (z.B. erwerbswirtschaftliche Unternehmen der öffentlichen Hand )

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12
Q

Widmung

A

= öffentliche Zweckbestimmung der Sache, die durch einen öffentlich-rechtlichen Rechtsakt erfolgen muss (Gesetz, RVO, Satzung, VA)
-> sofern keine Rechte Dritter betroffen sind: kein Gesetzesvorbehalt

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13
Q

Widmung: Aufhebung und Änderung

A
  1. Aufhebung:
    - > Entwidmung (actus contrarius)
    - > Beendigung der tatsächlichen Indienststellung
  2. Änderung
    - > Umwidmung/Änderungswidmung (selbe Rechtsform wie Widmung)
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14
Q

Dogmatische Konstruktion des Eigentums an öffentlichen Sachen

A
  1. Modifiziertes Privateigentum
    - > sofern Eigentum nach dem BGB an öffentlichen Sachen möglich ist, hat öffentlicher Träger Privateigentum nach den Vorschriften des BGB
    - > Widmungsakt begründet lediglich den öffentlich-rechtlichen Status des Privateigentums an der Sache und schränkt das Eigentum somit ein (öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit) - auch Sachen im Eigentum Privater können öffentliche Sachen werden
  2. Öffentliches Eigentum
    - > durch spezialgesetzliche Ermächtigung begründbar
    - > jedoch als eigenständiges Rechtsinstitut nur lückenhaft ausgeformt
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15
Q

Begriff: öffentliche Sachen im Gemeingebrauch

A

= öffentlichen Sachen, die

(1) durch öffentlich-rechtliche Widmung
(2) einer unbeschränkten Öffentlichkeit unmittelbar und ohne besondere Zulassung zur zweckbestimmten Benutzung zugänglich gemacht wurden
- > Engeltlichkeit nicht als besondere Zulassung anzusehen!

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16
Q

Sondernutzung von Sachen im Gemeingebrauch (insb. Straßen)

A

= Sondernutzung ist anzunehmen, wenn die Sache über den widmungsgemäßen Gemeingebrauch hinaus genutzt wird (-> Sondernutzungserlaubnis erforderlich)

  • > bei Straßen: anzunehmen, wenn die Straße nicht vorwiegend zum Verkehr/Fortbewegung, sondern zu anderen Zwecken benutzt wird (§§ 7 I 3, 8 I 1 FernStrG), oder wenn die Straße in einer Weise genutzt wird, die nicht mehr der bau- und verkehrstechnischen Beschaffenheit der Straße entspricht
  • -> s. Kasuistik zur Abgrenzung von Gemeingebrauch und Sondernutzung
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17
Q

Sondernutzung von Sachen im Gemeingebrauch (insb. Straßen): Kasuistik

a) Ruhender Verkehr
b) Straßennutzung zu gewerblichen Zwecken
c) Übermäßige Nutzung einer Straße (Schwerverkehr)
d) Politische Kommunikation
e) Straßenkunst
f) Religiöse und weltanschauliche Nutzung
g) Stilles Betteln
h) Anliegergebrauch

A
  • Ruhender Verkehr: Gemeingebrauch, auch bei Anbringen von Verkaufsschildern etc. (vs. Abstellen nicht verkehrstauglicher Fahrzeuge: Sondernutzung)
  • Straßennutzung zu gewerblichen Zwecken: Sondernutzung, wenn alleiniger oder überwiegender Zweck (auch bei gemeinnützigen Vereinen, wenn finanzieller Zweck zB durch Spendensammeln im Vordergrund steht)
  • Übermäßige Nutzung einer Straße (Schwerverkehr): Sondernutzung, sofern regelmäßig (ansässige Baufirmen)
  • Politische Kommunikation: Gemeingebrauch im Sinne des “kommunikativen Verkehrs”; grundrechtskonforme Auslegung der straßenrechtlichen Regelungen in Ansehung des Art. 5 I 1 GG
  • Straßenkunst: idR Sondernutzung trotz Art. 5 III 1, jedoch in Ansehung der Kunstfreiheit Ermessen bei Erteilung der Sondernutzungserlaubnis oft auf Null reduziert
  • Religiöse und weltanschauliche Nutzung: idR Sondernutzung trotz Art. 4 I, II GG, jedoch in Ansehung der Grundfreiheiten Ermessen bei Erteilung der Sondernutzungserlaubnis oft auf Null reduziert
  • Stilles Betteln: an öffentlichen Plätzen/Straßen als Gemeingebrauch
  • Anliegergebrauch
  • > gesteigerter Gemeingebrauch: soweit gesteigerte Inanspruchnahme zur angemessenen Nutzung des Grundstücks oder des Gewerbebetriebs erforderlich, ortsüblich und gemeinverträglich (Art. 14 I GG)
  • > Anliegerrecht: Art. 14 I 1 GG garantiert dem Eigentümer/Mieter von Grundstücken und Gebäuden die Zugänglichkeit zum öffentlichen Straßennetz; bei Beeinträchtigung Eingriff in Art. 14 I (P: Ausgestaltung durch einfachgesetzliche Vorschriften des Anliegerrechts möglich?)
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18
Q

Öffentlich-rechtliche Sondernutzungserlaubnis: Erforderlichkeit und Erteilung

A
  • erforderlich, wenn Sondernutzung den Gemeingebrauch - auch nur geringfügig - beeinträchtigt
  • Erteilung im Ermessen der Behörde
  • > ggf. Ermessensreduzierung (auf Null) bei GRAusübung
  • > Erwägungsgründe nur im jeweiligen Rechtsbereich der Sondernutzung (bspw. nur straßenrechtliche Erwägungsgründe zulässig)
  • > Sondernutzung steng akzessorisch zum Gemeingebrauch (ist Gemeingebrauch ausgeschlossen, dann auch Sondernutzung - bspw. Bauarbeiten)
19
Q

Privatrechtliche Gestattung

A
  • wenn Sondernutzung den Gemeingebrauch nicht beeinträchtigt: privatrechtliche Erteilung (bspw. Verlegung von Stolpersteinen), bspw. durch Vertrag
  • > bspw. § 8 X FStrG
  • > unabhängig davon, ob Eigentümer der öffentlichen Sache Privatperson oder öffentlicher Träger ist
20
Q

Öffentliche Sachen im Sondergebrauch

A

= Gewässer, soweit es um ihre wasserwirtschaftliche Nutzung geht
(-> soweit als Wasserstraßen genutzt: öffentliche Sachen im Gemeingebrauch)
-> s. WHG

21
Q

Öffentliche Sachen im Anstaltsgebrauch

A

= öffentliche Sachen, die aufgrund einer besonderen Zulassung (= VA) im Rahmen ihrer hoheitlich festgelegten Zweckbestimmung (Widmung, durch VA, Satzung etc.) benutzt werden können

  • > Bsp: Schwimmbäder, Sportplätze, Schulen, Museen, Theater, Kanalisationsanlagen
  • > “Anstalt” nicht iSd “Anstalt des öffentlichen Rechts”, sondern weiter
  • kein Benutzungsanspruch, aber im Rahmen der durch die Widmung festgelegten Zweckbestimmung Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Zulassung zur Benutzung (ggf. Art. 3 I GG mit der Möglichkeit einer Ermessensreduzierung auf Null)
22
Q

Öffentliche Sachen im Verwaltungsgebrauch

A

= Sachen, die dem Gebrauch der Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben dienen (va Verwaltungsgebäude)

  • > nur derivativer Zutrittsanspruch
  • > insb. wegen Hausverboten relevant
23
Q

Res sacrae

A

= Gegenstände, die den öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften (vgl. Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 V WRV) gehören, im innerkirchlichen Gebrauch stehen und zum Zwecke der öffentlich-rechtlich geordneten Funktionen genutzt werden

  • > Kirchengebäude, Kirchenglocken, sakrale Gegenstände (Gebetsbücher, Kelch, Heiligenfiguren)
  • > (-) kirchlicher Kindergarten, da kein innerkirchlicher Gebrauch
24
Q

Verfassungsrechtliche Dimension des Verwaltungsverfahrens

A
  • Durchsetzung und Verwirklichung des materiellen Rechts
  • Verfahrensrechtliche Dimension der Grundrechte: Bürger als Subjekt, der in den staatlichen Entscheidungsprozess miteinbezogen werden soll
  • Grundrechtsschutz und -verwirklichung durch Organisation und Verfahren
  • Rechtsstaatsprinzip: klare und faire Verfahrensgestaltung (-> Verfahrensrechte)
25
Q

Prinzipien des Verfahrensbeginns (§ 22 S. 1 VwVfG)

A
  • Offizialprinzip: Behörde entscheidet von Amts wegen
  • Opportunitätsprinzip: Behörde hat Ermessen
  • Dispositionsprinzip: durch Antrag des Bürgers
  • Legalitätsprinzip: Behörde muss tätig werden
26
Q

Verfassungsrechtliche Dimension des Anhörungsrechts (§ 28 VwVfG)

A
  • Entscheidung soll nur auf solche Umstände gestützt werden können, zu denen sich der Betroffene äußern konnte
  • > Rechtsstaatsprinzip
  • > Art. 1 I GG
  • > Art. 103 I (Anhörung im Gerichtsverfahren) GG analog
27
Q

P: § 28 VwVfG auch bei Nicht-Eingriffsakten?

A
  • eA (BVerwG): nur, wenn der VA den Status des Bürgers zu seinem Nachteil verändert
    pro: Wortlaut
  • aA: auch, wenn der Erlass eines die Rechtsposition des Bürgers verbessernden VA abgelehnt wird
    pro: wiegt oft genauso schwer wie ein Eingriffsakt
    pro: insb. bei präventivem Erlaubnisvorbehalt, da hier materiellrechtlich durch das Erlaubnisgesetz eine GRPosition eingeschränkt wurde
    pro: § 28 wird vielfach eingeschränkt (Absatz 2 und Heilungsmöglichkeiten), sodass Absatz 1 extensiv auszulegen ist
28
Q

Rechtsschutz gegen Verfahrenshandlungen

A
  • § 44a VwGO: nicht selbstständig anfechtbar, Bürger muss auf Erlass des VA warten
    pro: Effizienz der Verwaltung, eventuell keine Auswirkungen auf VA im Ergebnis
    con: Ausnahmen denkbar (bspw. Akteneinsicht in dem Fall, dass beurteilt werden soll, ob eine Anfechtung sinnvoll ist)
  • beamtenrechtlicher Konkurrentenstreit
  • > Ernennung (VA) kann nicht zurückgenommen werden (beamtenrechtliche Ämterstabilität)
  • -> Rspr.: Vollständige Verlagerung der Prüfung in § 123 VwGO (auf Unterlassung der Ernennung)
  • -> Lit (tw): in der Verfahrenshandlung (Absage an andere Bewerber) ist bereits VA zu sehen
29
Q

Begriff: Verwaltungsvollstreckung

A

= zwangsweise Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen des Bürgers oder eines sonstigen Rechtssubjekts durch die Behörde in einem verwaltungseigenen Verfahren

30
Q

Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen

A
  1. Befehlender VA (Gebot oder Verbot)
  2. Bestandskraft oder sofortige Vollziehbarkeit
  3. Ausnahme: Gefahr im Verzug oder verwaltungsvertragliche Unterwerfung des Bürgers unter sofortige Vollstreckbarkeit
31
Q

Verwaltungsvollstreckung: Geldforderungen: Rechtsschutz

A
  1. Gegen Vollstreckungsanordnung (§ 3 VwVG): (-), da reines Verwaltungsinternum
  2. Gegen Vollstreckungsmaßnahmen (+)
32
Q

P: Rechtsnatur der unmittelbaren Ausführung

A
  • eA (frühere hM): Einheitslehre (zu vollstreckender VA, Androhung, Festsetzung, Anwendung als einheitlicher Akt)
  • > zusammengesetzter VA
    pro: § 18 II VwVG (Verweis auf die gegen VA allgemein gegebenen Rechtsmittel)
    con: Konstruktionsprobleme, wenn Betroffener nicht bekannt ist (adressatenloser VA); Problem der Bekanntgabe (§ 43 VwVfG)
  • aA: Realakt
  • > Leistungsklage (Rückgängigmachung)
  • > Feststellungsklage
33
Q

Begriff: Beliehener

A

= Privatperson, dem die Kompetenz zur selbstständigen hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen übertragen worden ist

  • > statusmäßig Privatsubjekte, funktionell Teil der mittelbaren Staatsverwaltung
  • > Bspw. TÜV-Sachverständiger, Bezirksschornsteinfeger, Privatschulen als staatlich anerkannte Ersatzschulen, Jagdaufseher, Flug- und Schiffskapitäne
34
Q

Beliehene vs. Verwaltungshelfer

A
  • Verwaltungshelfer wird nicht in eigener Zuständigkeit und Verantwortung tätig, sondern ist tatsächlich durch die Behörde eingeschaltet
35
Q

Beliehener: Rechtsverhältnis zum Verwaltungsträger

A
  • Beleihung bedarf der gesetzlichen Grundlage
  • öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis
  • > Fach- oder Rechtsaufsicht durch Verwaltungsträger
  • > ggf. verfassungsrechtliche Schranken zu beachten (Art 34 IV GG, GR, Kompetenzvorschriften des GG)
36
Q

Beliehener: Außenwirkung

A
  • Behörde iSd § 1 IV VwVfG
  • Zu hoheitlichen Maßnahmen in seinem Kompetenzbereich ermächtigt
  • Rechtsschutz: gegen den Beliehenen selbst
  • Bindung des Beliehenen als Verwaltungsträger insb. an Verwaltungsgrundsätze und GR
37
Q

Arten der Privatisierung

A
  1. Formelle Privatisierung (Organisationsprivatisierung)
  2. Funktionale Privatisierung (Erfüllungsprivatisierung)
  3. Materielle Privatisierung (Aufgabenprivatisierung)
38
Q

Privatisierung: Formelle Privatisierung

A
  • Verwaltungsträger wechselt lediglich in privatrechtliche Rechtsform
  • > Eigengesellschaft oder gemischt-wirtschaftliches oder gemischt-öffentliches (mehrere Verwaltungsträger) Unternehmen
  • > keine Flucht ins Privatrecht (GRBindung)
  • > v.a. Leistungsverwaltung
39
Q

Privatisierung: Funktionale Privatisierung

A
  • Verwaltungsträger bleibt für Aufgabe zuständig und verantwortlicht
  • > bedient sich Privatunternehmer als Verwaltungshelfer
  • > idR via privatrechtlichem Vertrag
40
Q

Privatisierung: Materielle Privatisierung

A
  • Staat gibt Aufgaben und damit Verantwortlichkeit aus seiner Hand in die private Wirtschaft
  • Grenzen:
  • > Art. 34 IV GG (Funktionsvorbehalt)
  • > Kompetenznormen des GG (Art. 83 ff.)
  • > Selbstverwaltungsgarantie Art. 28 II GG
  • > Demokratieprinzip und GR: Staat muss elementare Aufgaben eigenverantwortlich übernehmen bzw. sicherstellen, dass Versorgung der Bürger auch durch Private gewährleistet ist (Privatisierungsfolgenrecht und Gewährleistungsrecht)
41
Q

P: Rechtmäßigkeit der Grundverfügung als Voraussetzung als allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung (§ 6 I VwZG)

A
  • unstr.: Rechtswirksamkeit erforderlich (daher zuerst Nichtigkeit prüfen)
  • str.: Rechtmäßigkeit
    -> eA: nicht erforderlich
    pro: Maßnahme und Vollstreckung als zwei unabhängige VA
    -> aA: erforderlich
    pro: Art. 20 III GG
    -> wA: differenzierend: keine Rechtmäßigkeit erforderlich bei Unanfechtbarkeit; aber erforderlich wenn noch anfechtbar bzw. § 80 II VwGO, da der VA noch angreifbar und durch das VG aufhebbar ist
    pro: Verwaltung soll sich nicht durch den raschen Vollzug den Rechtmäßigkeitsanforderungen für die Grundverfügung entziehen können
    => Entscheid (klausurtaktisch): Streitentscheid kann dahinstehen, wenn zugrundeliegender VA rechtmäßig ist
42
Q

Bedeutung von und Verzicht auf § 14 VwVG (Festsetzung des Zwangsmittels)

A
  • Grds. zwingende Vorschrift, keine bloße Formsache
    pro: Telos der “letzten Warnung” an den Bürger
    pro: Voraussetzung für Anwendung des Zwangsmittels, § 15 I VwZG
    pro: Wortlaut des § 14 (kein Ermessen)
  • Ausnahme
  • > § 14 S. 2: Sofortvollzug nicht nur möglich, wenn gar keine Grundverfügung vorliegt (§ 6 II VwZG), sondern erst recht, wenn Grundverfügung vorliegt, aber sofort (ohne Festsetzung) vollzogen werden soll
  • > Verzicht: § 14 entbehrlich, wenn Adressat ernstlich und endgültig der Grundverfügung keine Folge leisten will (BVerwG)
    con: Formenstrenge der Verwaltungsvollstreckung
    con: kein konkludenter Verzicht bzw. selbst bei vertraglicher Regelung bräuchte es zumindest Schriftform (§ 57 VwVfG)
    pro: Festsetzung als notwendige Voraussetzung auch vom Gesetzgeber nicht als zwingend gesehen, vgl. § 14 S. 2 VwZG
  • > dagegen con: Lockerung des strengen Festsetzungserfordernisses sind als Ausnahmen enumerativ zu sehen und bilden keinen allgemeinen Ausnahmetatbestand
43
Q

Rechtmäßigkeitszusammenhang zwischen Kostenbescheid und Vollstreckungsmaßnahme

A
  • Rechtmäßigkeitszusammenhang muss zwingend vorliegen, da Staat unter Zwang in die Rechte der Bürger eingreift
  • > Vollstreckungsverfahren als “streng formalisiert”: jeder Fehler führt zur Rechtswidrigkeit
  • -> aber BVerwG: Rechtsverzicht möglich (bzgl. § 14 VwZG - Festsetzung); dagegen Schoch: strenge Formalisierung des Verfahrens steht Disponibilität entgegen