3/6 (Verwaltungsakt III: Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen; Rechtswidrigkeit von Verwaltungsakten; Nebenbestimmungen) Flashcards
Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des VA
I. Ermächtigungsgrundlage (EGL)
- Welche kommt in Betracht?
- Ist sie mit höherrangigem Recht (GG, EU-Recht) vereinbar (Vorrang der Verfassung & des EU-Rechts)?
- Wenn keine vorhanden: Bedarf es überhaupt einer gesetzlichen EGL (VdG)?
- Verwaltungsaktbefugnis?
II. Formell rechtmäßige Anwendung der EGL („Formelle RM“)
- Zuständigkeit (sachlich/örtlich/instanziell)
- Verfahren, insb. Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 28 VwVfG)
- Form (§ 37 VwVfG) und Begründung (§ 39 VwVfG)
III. Materiell rechtmäßige Anwendung der EGL („Materielle RM“)
- Tatbestandsvoraussetzungen der EGL (ggf. Beurteilungsspielraum)
- Rechtsfolge der EGL (ggf. Ermessen)
- Verhältnismäßigkeit (grds. bei 2.)
- Bestimmtheit (zu 2.)
- Keine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit (ggf. vorher prüfen)
Fehlerkalkül - Fehlerregime beim VA
Rechtsfolgen der Rechtswidrigkeit:
- Grundsatz: vor Ablauf der RM-Frist: Anfechtbarkeit (aber nicht: Nichtigkeit!)
- Grundsatz: nach Ablauf der RM-Frist: Bestandskraft
- Ausnahme: Nichtigkeit § 44 VwVfG
- Ausnahme: Heilung § 45 (-> führt zu Rechtmäßigkeit)
- Ausnahme: Kein subj. Recht auf Aufhebung § 46 (Fehler können sich nicht auswirken)
- Ausnahme: Umdeutung (Konversion) § 47
- Ausnahme: Rücknahme § 48
- Ausnahme: sonstige Unbeachtlichkeit (bspw. Bebauungsplansvoraussetzungen so umfangreich, dass quasi immer Rechtswidrigkeit: Abschichtung an beachtlichen Fehlern nötig)
Keine Frage der Rechtswidrigkeit: offenbare Unrichtigkeit iSv § 42 VwVfG (bspw. Behörde hat sich verschrieben
Allgemeines zu Nebenbestimmungen eines VA
- Jeder VA enthält begriffswesentlich eine Regelung (s. § 35 S. 1 VwVfG)
- Nebenbestimmungen sind zusätzliche Regelungen, welche die Hauptregelung ergänzen oder beschränken, § 36 VwVfG
- Nebenbestimmungen können Bestandteile des HauptVA sein und seinen zeitlichen Geltungsbereich (innere Wirksamkeit) bestimmen ODER
- NB können auch auf den HauptVA bezogen und von ihm rechtlich unabhängige, eigene Sachregelungen sein
- Weicht der Inhalt eines VA ungünstig von dem ab, was der Bürger beantragt hat, liegt nicht schon deshalb eine NB vor (modifizierte Gewährung)
Zulässigkeit von NB
- Spezialgesetzliche Regelung
- subsidiär § 36 VwVfG
a. Gebundene Verwaltung: § 36 I
- > NB gesetzlich zugelassen
- > Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen
b. Ermessensverwaltung: § 36 II
- > Befristung
- > Bedingung
- > Auflage
- > Auflagenvorbehalt
Beachte: Soweit spezialgesetzlich nichts anderes geregelt ist, steht Hinzufügen einer NB grds. im Ermessen der Behörde (§ 36 I, II: “darf”)
Prüfung: Begründetheit einer isolierten AK gegen NB
I. Rechtswidrigkeit der NB
- Zulässigkeit der konkreten NB
a) Spezialgesetzliche EGL?
b) wenn (-), Nebenbestimmungsfeindlichkeit des HauptVA? (insbes. Statusentscheidungen wie Einbürgerung)
c) wenn (-), gebundener oder Ermessens-HauptVA? - Formelle Rm
- Materielle Rm
a.
- > bei gebundenen VAen: Sicherstellung der Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen des HauptVA, § 36 I VwVfG
- > bei ErmessensVAen: Prüfung auf Ermessensfehler, § 36 II VwVfG
b. sachlicher Zusammenhang mit HauptVA
c. Keine Zweckwidrigkeit, § 36 III VwVfG
II. Verletzung des Klägers in seinen Rechten durch Rechtswidrigkeit der NB
III. Verbleibende Restregelung noch rechtmäßig und sinnvoll (§ 44 VwVfG analog) (hM)
P: Rechtsschutz gegen NB
- eA: isolierte AK für Auflage, Verpflichtungsklage auf Erlass des VA ohne Bedingung/Befristung im Übrigen
pro: Auflage als eigener Regelungsgegenstand
con: oft stehen auch Auflage und VA in engem Regelungszusammenhang
con: Beseitigung lediglich einer Befristung verlangt Erlass eines komplett neuen VA (Prozessökonomie) - aA: bei Ermessens-VA nur VK zulässig
- wA: kein isolierter Rechtsschutz möglich, da alle NB in engem sachlichem Regelungszusammenhang mit VA stünden
- hM: isolierte Anfechtung stets zulässig bei echter NB, Rechtmäßigkeit in der Begründetheit zu prüfen
pro: hM entspricht am ehesten dem Wortlaut des § 113 I 1; wA und hM ergebnisgleich
Prüfungsreihenfolge bei von Beginn an dem HauptVA beigefügten NBen (nach jüngerer Rspr. des BVerwG)
Untrennbarkeit von HauptVA und NB?
- Wenn ja: nur VK statthaft
- Wenn nein:
a) isolierte Teil-AK statthaft
b) aber unbegründet, wenn
(1) Rest-VA nicht rechtm, vgl. § 44 IV VwVfG analog
(2) VA im (noch nicht ausgeübten) behördlichem Ermessen
-> str., aA BVerwG
-> dann kann nur VK helfen
-> aus Klägersicht gestufter Klageantrag sinnvoll:
Hauptantrag - AK sowie Hilfsantrag VK
P: Kann die Behörde Gründe bei andernfalls fehlerhaftem Verwaltungshandeln nachschieben (allgemein)
eA (mM): (-)
pro: Schutz des Bürgers, Rechtssicherheit
aA (hM): (+)
pro: § 45 II LVwVfG (Handlungen können bis zu letzten Tatsacheninstanz nachgeholt werden)
pro: Untersuchungsgrundsatz; das Gericht hat auch nach Gründen zu suchen, die außerhalb der behördlichen Ausführung liegen
pro: Prozessökonomie (Verwaltung würde sonst einfach einen neuen, richtig begründeten VA erlassen)
pro: Schutz des Betroffenen auch ausreichend dadurch, dass er angesichts der neuen Begründung das Verfahren auch für erledigt erklären kann
P: Automatische Heilung des Anhörungsmangels durch die Durchführung des Widerspruchverfahrens?
- eA (Rspr): (+)
pro: Widerspruchsführer hat Gelegenheit, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern - aA (hL): (-), Theorie der realen Fehlerheilung
pro: Kenntnisnahme und Auseinandersetzung mit den vorgebrachten Argumenten nötig, sodass § 28 LVwVfG nicht leerläuft
OS: Begründetheit von AK gegen NB
soweit die NB rechtswidrig ist, der Kläger in seinen Rechten verletzt ist und der Haupt-VA auch ohne die NB rechtmäßig ist und sinnvollerweise isoliert bestehen kann
P: Kann die Behörde Gründe bei andernfalls fehlerhaftem Verwaltungshandeln nachschieben (Tatbestandserwägungen)
- grds. möglich, § 114 S. 2 VwGO (analog)
- aber unzulässig, wenn kein Nachschieben, sondern erstmaliges Anstellen von Erwägungen (bspw. im Rahmen des Prozesses einer FFK, wenn schon längst Erledigung des VA eingetreten ist)
P: Kann die Behörde Gründe bei andernfalls fehlerhaftem Verwaltungshandeln nachschieben (Ermessenserwägungen - Voraussetzungen)
§ 114 S. 2 VwGO
- > materielles Recht lässt Erwägungen zu
- > nachträglich angegebene Gründe lagen schon bei Erlass vor
- > keine Wesensänderung des VA
- > Betroffener wird nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt
Maßgeblicher Zeitpunkt für Rechtmäßigkeitserfordernis bei
a) regulärem VA
b) VA mit Dauerwirkung
a) Zeitpunkt der Bekanntgabe
b) umstr.
- eA (Rspr): Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung
pro: verfahrensrechtlich war VA zum Zeitpunkt der Bekanntgabe rm, er ist aber materiellrechtlich rw geworden -> § 48 (Rücknahme)
- aA (teilw Lit): nicht wie ein ursprünglich rw VA zu behandeln -> § 49 (Widerruf)
pro: § 49 II 1 Nr. 3, 4 VwVfG (Regelungen für rw gwordene VA indizieren, auch diese Form so zu behandeln)
Verwaltungsaktbefugnis
= Verwaltung muss dazu befugt sein, gerade in der Form des VA zu handeln
- > hL/Rspr: Vorbehalt des Gesetzes erstreckt sich nicht nur auf Inhalt, sondern auch auf die Form des Tätigwerdens der Verwaltung
- > muss nicht explizit normiert sein; ausreichend ist, dass sich die Berechtigung aus der systematischen Stellung und dem Zweck der EGL ergibt (bspw. Bereiche des klassischen Subordinationsverhältnisses zwischen Staat und Bürger)
Verwaltungsaktbefugnis: Fallgruppen: Ansprüche der Verwaltung aus Verwaltungsvertrag
- Ebene der Gleichordnung: Durchsetzung vertraglicher Leistungsansprüche durch VA (-)
- Ausnahme: wenn Gesetz ausdrücklich dazu ermächtigt und dies besonders gerechtfertigt ist (str.)
Verwaltungsaktbefugnis: Fallgruppen: Leistungsansprüche in Beamtenverhältnissen
- BVerwG: Anspruchsdurchsetzung durch VA (+), bspw. bei Rückerstattung zu viel gezahlter Dienstbezüge (§ 12 II BBesG), SE wegen Dienstpflichtverletzung (§ 48 BEamtStG)
pro: systematischer Zusammenhang: alle anderen Beamtenverhältniselemente sind durch VA geregelt - hL: (-)
pro: Gesetzesvorbehalt -> Zahlungsaufforderung (Realakt), ansonsten Leistungsklage
con: Verhältnis der Über-Unterordnung; keine konkretisierten Ansprüche, sondern Konkretisierung gesetzlicher Ansprüche (-> spricht gegen Parallele zum Verwaltungsvertrag)
Verwaltungsaktbefugnis: Fallgruppen: Subventionen
- actus contrarius: § 49a I 2 VwVfG (VA)
- bei Subvention durch privatrechtlichen Vertrag (bspw. zinsloses Darlehen): kein VA möglich, sondern Rückforderung über Leistungsklage
Materielle Rechtmäßigkeit: keine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit
- Objektive Unmöglichkeit: nichtig nach § 44 II Nr. 4 VwVfG
- Subjektive Unmöglichkeit: rw
- > wenn Unmöglichkeit sich aus Rechten Dritter ergibt, die mit einer Duldungsverfügung belegt werden können, dann nach hM keine Unmöglichkeit/Rechtswidrigkeit, sondern VA bis zum Erlass der DV nicht vollstreckbar
Umdeutung (§ 47 VwVfG) vs. Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten
- offenbar unrichtig, wenn der Widerspruch zwischen dem, was die Behörde gewollte hat, und dem, was sie in dem VA zum Ausdruck gebracht hat, ohne weiteres erkennbar ist
- > keine Rechtswidrigkeit
- > v.a. Schreib- & Rechenfehler
- Umdeutung: kommt nur in Betracht, wenn VA rechtswidrig ist
Teilrechtswidrigkeit: Voraussetzungen
- Gesamtregelung des VA muss teilbar sein, sodass verbleibender Teil eigenständigen Sinn hat
- Befugnis der Behörde, auch eigenständigen Teilakt zu erlassen
- Behördenwille zu Teilakt (str.)
P: Teilrechtswidrigkeit: Voraussetzungen: Behördenwille zu Teilakt erforderlich?
- eA: (+)
pro: § 139 BGB analog - -> con: Privatautonomie aus dem ZivilR nicht übertragbar
pro: § 44 IV VwVfG analog: Rechtsgedanke der Nichtigkeit aus Rechtswidrigkeit zu übertragen - aA: (-)
pro: rein auf objektive Kriterien abzustellen, da Behördenwille das Minus des Teilakts auch umfasst
con: Willensfiktion - wA: Differenziert zwischen rechtlich gebundenen und ungebundenen VA
pro: wenn VA erlassen werden musste, kann es nicht auf Willen der Behörde ankommen
pro: bei Ermessenentscheidung über das Ob des Tätigwerdens ist der (mutmaßliche) Behördenwille maßgeblich; alles andere wäre bloße Fiktion
NB: Bedingung vs. Befristung
- Befristung: Beginn/Ende der Wirksamkeit des VA auf einen bestimmten Termin festgelegt
- Bedingung: Beginn/Ende der Wirksamkeit des VA von Ereignis abhängig, dessen Eintritt ungewiss ist
- > aus Gründen der Rechtssicherheit muss Eintreten des Ereignisses erfassbar sein (nicht bspw. bei bloßen Verwaltungsinternum wie behördliche Neubewertung)
NB: Auflage vs Bedingung
a) Begriff der Auflage
b) Wirksamkeit des VA
c) Durchsetbarkeit
a) = eigene Sachregelung und daher nicht nur Bestandteil des VA, sondern selbst VA (jedoch nicht unabhängig: nur wirksam, wenn HauptVA wirksam und Begünstigter von ihm Gebrauch macht)
b) VA mit Auflage: sofort wirksam vs. VA mit Bedingung: erst mit Bedingungseintritt wirksam
c) Auflage verpflichtet -> zwangsweise durchsetzbar
vs. Bedingung verpflichtet nicht -> nicht zwangsweise durchsetzbar
P: NB: modifizierte Gewährung / “modifizierte Auflage”
- eA: modifizierte Auflage
- > NB, die nicht eine zusätzliche Leistungspflicht begründet, sondern den Inhalt des VA qualitativ verändert
con: dogmatisch liegt daher keine bloße NB vor, da der Hauptregelungscharakter des VA berührt wird - aA (heute ganz hM): modifizierte Gewährung
- > keine Auflage/NB, sondern inhaltliche Veränderung des VA selbst -> Inhaltsbestimmung des VA
NB: Abgrenzungkriterien Auflage vs. Bedingung
- Bezeichnung (nur Indizwirkung)
- Wille der Behörde (Bedingung, wenn Behörde die Beachtung der NB so wichtig ist, dass sie die Wirksamkeit des VA davon abhängig machen will)
- Zulässigkeit (im Zweifel will Behörde einen rm VA erlassen)