5. VL: Was sind "sensible" Fragen und wie stellt man sie? Flashcards

1
Q

Welche erste Bedeutungen kann “sensibel” annehmen?

A
  1. Intrusiveness
    (Intrusivität, Aufdringlichkeit)

Die Fragen selbst werden (unabhängig von mögl. Antwortinhalten) als zu privat und unangemessen bewertet.
Die Fragen berühren “Tabubereiche”.

z.B. Fragen nach Einkommen, sexuellen Präferenzen

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2
Q

Welche zweite Bedeutungen kann “sensibel” annehmen?

A
  1. Threat of disclosure
    (Bedrohung durch Offenlegung)

Wahrnehmung von Risiken bzw. Kosten, wenn Dritte Kenntnis von einer ehrlichen Antwort erhielten.

z.B. Eltern erfahren vom Drogenkonsum ihres Kindes; Arbeitgeber erfährt den wahren Gesundheitszustand des Mitarbeiters etc.

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3
Q

Welche dritte Bedeutungen kann “sensibel” annehmen?

A
  1. Social desirability
    (Soziale Erwünschtheit –> Spezialfall der 2. Bedeutung)

Wahrnehmung, dass eine ehrliche Antwort gegen soziale Normen verstossen könnte.

Sorgen bezüglich Sozialer Erwünschtheit sind ein Spezialfall der Sorgen einer Bedrohung durch Offenlegung (die spezifische Bedrohung ist hier die Missbilligung aufgrund der Verletzung sozialer Normen).

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4
Q

Was sind die Folgen, wenn eine sensible Frage gestellt wird?

A
  1. Overall bzw. Unit Response Rates:
    Mehrere Personen verweigern die Beantwortung des gesamten Fragebogens.
  2. Item Nonresponse:
    Mehrere Personen weigern sich, speziell die sensible Frage zu beantworten.
  3. Response Accuracy (Antwortgenauigkeit):
    Weniger Personen beantworten die “sensiblen” Fragen ehrlich.
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5
Q

Welche Faktoren beeinflussen die Antworten auf “sensible” Fragen? (7)

A
  1. Datenerhebungsart: self administered vs. interviewer-administered
  2. Varianten von self-administration
  3. Anwesenheit Dritter bei der Beantwortung
  4. Unterschiedliche Erhebungssettings
  5. Bogus Pipeline
  6. Zusicherung von Anonymität
  7. Vergebende Frage-Formulierungen
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6
Q

Was kannst du zu der Datenerhebungsart sagen?

A

Befragte sind eher bereit, überhaupt bzw. ehrlich Auskunft zu sensiblen Bereichen zu geben, wenn sie sich die Fragen selbst darbieten (Mail- oder Web-Fragebogen) als wenn die Fragen von einem Interviewer dargeboten werden (Face-to-Face oder per Telefon).

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7
Q

Was kannst du zu den Varianten von self-administration sagen?

A

Ob die Fragen in Form von Paper-Pencil-FB oder computergestützt von den Probanden selbst dargeboten werden, scheint keine eindeutigen Unterschiede in der Antwortbereitschaft hervorzurufen.

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8
Q

Was kannst du zum Einfluss von der Anwesenheit Dritter bei der Beantwortung sagen?

A

Der Einfluss hängt gemäss dem „model of bystander effects“ von Aquilino et al. (2000) davon ab, ob diese weitere Person die „wahren“ Antworten schon kennt und ob der Antwortende relevante Reaktionen von der anwesenden Drittperson auf seine Antworten befürchtet..

Anwesenheit von Lebensgefährten:
scheint keinen einheitlichen Effekt auszuüben, wirkt aber offenbar oft tendenziell eher positiv.
(Reaktionen von Lebensgefährten sind meist bedeutsam – aber sie kennen die wahren Antworten oft schon. Deshalb findet sich vermutlich oft eher kein oder ein eher wahrheitsfördernder Einfluss).

Von Eltern:
senkt i.d.R. die Bereitschaft signifikant, ehrlich auf sensible Fragen zu antworten, z.B. zum eigenen Drogenkonsum.
(Reaktionen von Eltern sind meist bedeutsam – und sie kennen die wahren Antworten oft nicht.)

der eigenen Kinder:
scheint umgekehrt auf die Antwortbereitschaft der Eltern keinen einheitlichen Einfluss auszuüben.
(wenig Forschung dazu).

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9
Q

Was kannst du zu Einfluss der unterschiedlichen Erhebungssettings sagen?

A

Bei Datenerhebung in Schulsettings wirkt sich oft positiver auf die Antwortbereitschaft aus als eine Datenerhebung daheim bei den Eltern (daheim grösserer threat of disclosure).

Neuere experimentelle Studien (Brener et al., 2006) zeigen jedoch, dass im Schulsetting z.B. negative Verhaltensweisen (Rauchen, Drogen, Alkoholkonsum) häufiger zugegeben werden..es dort aber andererseits zu Übertreibungen riskanten Verhaltens kommen kann (wg. sozialer Norm der „coolness“ unter Gleichaltrigen).

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10
Q

Was kannst du zum Bogus Pipeline sagen?

A

(Fingierte Leitung zur Wahrheit)

Die Befragten werden i.d.R. an einen Apparat (vermeintlicher Lügendetektor, EEG etc.) angeschlossen und durch einen Trick überzeugt, dass diese Maschine ohnehin die ehrliche Antwort anzeigen wird.

Die so Befragten antworten dann sehr viel ehrlicher.

Aber Achtung: Ethische Bedenken bei diesem Vorgehen!

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11
Q

Welche Wirkung hat die Zusicherung von Anonymität?

A

Wird glaubhaft Anonymität zugesichert, steigert dies i.d.R. die Antwortbereitschaft auf sensible Fragen.

Unangemessen ausführliche Vertraulichkeitsversicherungen können jedoch auch das Gegenteil bewirken. Singer et al. (1992) konnten zeigen, dass diese sogar bei eigentlich überhaupt nicht sensiblen Themen zu einer verringerten Antwortbereitschaft führen können.

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12
Q

Was kannst du zu den Vergebende Frage-Formulierungen sagen?

A

In den meisten Standardtexten zur Fragebogenkonstruktion wird empfohlen, sensible Fragen so zu formulieren, dass das erfragte Verhalten oder die erfragte Einstellung «normaler» bzw. «weniger schlimm» erscheint.

Bsp.
direkt: “Haben Sie Ihren letzten/derzeitigen Partner jemals betrogen?”

vs.
vergebend: “Wissenschaftler haben entdeckt, dass eine wachsende Zahl der Menschen in festen Beziehungen auch Affairen hat. Haben Sie Ihren letzten/derzeitigen Partner jemals betrogen?”

Erstaunlicherweise gibt es zur tatsächlichen Wirkung dieses Vorgehens nur wenige Untersuchungen. Diese fanden bislang keine oder inkonsistente Effekte.

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