2. VL: Erweitertes Kognitives Interview; Social Cognition & Befragung Flashcards
Das Erweiterte kognitive Interview ist eine ……….. Interview.
Das erweiterte kognitive Interview ist eine spezielle Technik des offenen Interviews.
Weshalb mehrten sich in den 80er Jahren die Stimmen, dass Befragungstechniken verwendet werden sollen, die auf psychologische Erkenntnisse basieren?
Die Informationen von Zeugen, Opfern und Tatverdächtigten gehören zu den wichtigsten Erkenntnisquellen in Ermittlungs- und Strafverfahren. Vollständig und korrekte Aussagen sind nicht nur wichtig, um einen Fall lösen und einen mutmasslichen Täter vor Gericht stellen zu können, sie entscheiden auch darüber, ob ein unschuldiger Tatverdächtiger entlassen werden kann oder nicht.
Weil die bei Befragungen gewonnen Aussagen aber leider oft unvollständig sind, teilweise konstruiert oder durch suggestive Einflüsse zustande gekommen, ohne dass sich die Befragten oder die vernehmenden Beamten dessen bewusst sind, sollten die Befragungen auf Grund psychologischer Erkenntnisse basieren.
Von wem würde das sog. Kognitive Interview (Kl) entwickelt und was ist dessen Ziel?
Ed Geiselman und Ron Fisher (zwei kognitive Psychologen)
Das Kl zielt darauf ab, sowohl die Quantität als auch die Qualität der von Zeugen, Opfer und Tatverdächtigten erlangten Informationen zu erhöhen.
Was wurde in der ursprünglichen Form von Kl beachtet?
In seiner ursprünglichen Form wurde primär gedächtnispsychologische Erkenntnisse und das Kl umfasste nur konkrete Hinweise, die den Befragten mitgeteilt wurden, um sie als Erinnerungshilfen bei der Beantwortung der ihnen gestellten Fragen anzuwenden.
Welche wesentliche 5 Erkenntnisse sind in das Kl eingeflossen, um die Gedächtnisleistung insgesamt zu verbessern?
- Die mentale Reaktivierung der Wahrnehmungssituation und der begleitenden Stimmungen und Affekte beim Abruf erhöht die Gedächtnisleistung.
- Das Gedächtnis ist als ein Netzwerk aus assoziativ verknüpften Details vorstellbar. Die Erinnerung sollte daher durch Aktivierung möglichst vieler Assoziationsketten verbessert werden –> alles berichten, was einem einfällt, auch wenn es unwichtig erscheinen mag.
- Das Erinnern ist ein durchaus fragiler aktiver Prozess, der bei jeder Person anders verlaufen kann und möglichst nicht durch weitere Fragen unterbrochen und gestört werden sollte –> zuerst freier ungestörter Bericht.
- Was jemand erinnert, wird von seinem vorherigen Wissen, seinen Erwartungen und verschiedenen Skripten (z.B. was bei einem Raubüberfall normalerweise geschieht) beeinflusst.
Bei der freien Erinnerung werden die Ergebnisse meist in chronologischer Reihenfolge wiedergegeben. Hierbei werden bevorzugt die Geschehnisse erinnert, die zum jeweiligen Skript passen, während davon abweichende Informationen eher unerwähnt bleiben.
Eine Veränderung der Reihenfolge lädt dazu ein, die tatsächlichen Gedächtnisinhalte noch einmal zu überprüfen und für das Skript nebensächliche Hinweise aufzuspüren –> ERINNERUNG IN UMGEKEHRTER REIHENFOLGE. - Menschen neigen dazu, Ereignisse aus ihrer Sicht zu schildern. Anderson und Sichert konnten zeigen, dass Menschen zusätzliche Details erinnerten, wenn sie nach einem freien Bericht gebeten wurden, die Wahrnehmungsperspektive zu wechseln: z.B. “Was konnte man sehen/erkennen, wenn man….am Ort X…gestanden hätte?”
ACHTUNG: Kann als Einladung zum Erfinden fiktiver Antworten missverstanden werden! Daher immer explizite Anweisung, trotz des Perspektivenwechsels nur solche Dinge zu erwähnen, die man sich selbst bezeugen kann.
Welche Hilfen dienen dazu, spezifische Details zu klären?
- Namenserinnerung: Ist es ein häufiger Name? Ist der Name kurz oder lang? Wie viele Silber hat er? Welchen Anfangsbuchstaben hat er? (Alphabet durchgehen)
- Körperliche Erscheinungen: Erinnert Sie die Person an jemanden, den Sie kennen? Warum? Irgendwelche besondere Eigenheiten?
- Kleidung: Hat die Kleidung sie an jemanden erinnert? Was war ihr allgemeiner Eindruck?
Um welche Perspektiven wurde das Erweiterte Kognitive Interview ergänzt? (vorher nur kognitive Interview)
Als wenig später deutlich wurde, dass ein Interview ein komplexer dynamischer Prozess ist, wurde das Kl um Erkenntnisse aus (a) der Kommunikationsforschung und (b) Sozialpsychologie ergänzt und zu einer umfassenden Interviewtechnik ausgebaut.
In wie vielen Phasen lässt sich das Erweiterte Kognitive Interview unterteilen und wie heissen diese?
- Begrüssung, Personalisieren, Einvernehmen herstellen.
- Ziele des Gesprächs erläutern
- Freies Erinnern
- Befragung
- Variation des Abrufprozesses
- Zusammenfassung
- Abschluss
Die Eröffnungsphasen haben wesentlichen Einfluss darauf, wie gut eine Vernehmung verläuft.
Was beinhaltet die 1. Phase?
- Namentliche Begrüssen der zu befragenden Person und Vorstellung der eigenen Person.
- Herstellung einer angstfreien und vertrauensvolle Stimmung.
- Vermittlung von Empathie und Verständnis für die befragte Person und ihre Sicht der Geschehnisse.
Was beinhaltet die Phase 2?
Unbekanntes löst Angst und Unbehagen aus, daher unbedingt erklären, was von der Person erwartet wird:
- ALLES berichten, was sie erinnern kann, auch wenn es ihr unwichtig erscheint (ohne Zeitdruck)
- NICHTS hinzuerfinden oder raten
- Befragte Person muss selbst grosse mentale Anstrengungen unternehmen, sie selbst muss am längsten und häufigsten sprechen, der Beamte hat nur die Aufgabe, ihr bei der Erinnerung zu helfen (Kontrolltransfer vom Beamten zum Befragten).
Was beinhaltet die 3. Phase?
- Person soll sich mental in den Kontext der Erinnerungen hineinversetzen.
- Danach Aufforderungen zum freien Erinnern - möglichst ohne diesen Prozess durch Fragen zu unterbrechen.
- Sich beim Zuhören Notizen machen, um für die nächste Phase Fragen zu planen.
Was kann man in der 4. Phase (Befragung) machen um das max. Potenzial herauszuholen?
Um eine maximale Abrufleistung zu erzielen, sollte man die Reihenfolge der Fragen an die Gedächtnisstrukturen der befragten Person anpassen (deren Einschätzung erfolgt aufgrund des freien Berichts).
Bei jeder Frage wird zuerst das mentale Bild wachgerufen, auf das sich die Frage bezieht. Wichtig ist, zuerst alle sich auf ein bestimmtes Bild beziehenden Fragen abzuarbeiten, ehe man ein neues mentales Bild aktiviert.
Wie sieht ein Bsp. aus für das wachrufen mentaler Bilder?
“Sie haben den Täter erwähnt. Ich möchte, dass Sie versuchen, sich vor Ihrem geistigen Auge ein ganz klares Bild von ihm wachzurufen. Aus welchem Blickwinkel haben sie ihn gesehen? Denken sie daran, wie er aussah, seine ganze Erscheinung. Was hatte er an? Was konnten sie riechen? was konnten sie hören? etc.”
Was für Variationen von Abrufprozessen gibt es (5.Phase)?
- Reihenfolge verändern
- Perspektive verändern
- Einbeziehung aller Sinne
Was passiert in der 6.Phase?
- Die ermittelten Informationen in den Worten der befragten Person zusammenfassen. Hierdurch Gelegenheit geben, die Erinnerungen auf ihre Genauigkeit zu überprüfen, was unter Umständen eine weitere Abrufphase einleiten kann.
- Erwähnen, dass auch zu diesem Zeitpunkt noch “neue” Info eingebracht werden können.
- Fixierung der gesammelten Informationen in einem Aussageprotokoll.