3. VL: Fragebogenentwicklung: Fragebogenaufbau, Formulierung von Fragen, Ratingskalen Flashcards

1
Q

Wie ist das Prinzip bei schriftlichen Befragungen und was sind dessen Vorteile bzw. Nachteile?

A

Bei einer schriftlichen Befragung erhalten Untersuchungsteilnehmer Fragen in Form eines Fragebogens schriftlich vorgelegt und beantworten die Fragen selbstständig.

Vorteil:

  • Kostengünstig
  • anonyme Befragungssituation

Nachteil:
- Unkontrollierte Erhebungssituation

Ausweg: Gruppenweises Ausfüllen unter kontrollierten Bedingungen bei Anwesenheit eines Untersuchungsleiters.

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2
Q

Wie sieht der Aufbau eines Begleitschreibens aus (evtl. Deckblatt des Fragebogens)? (11)

A
  1. Wer ist verantwortlich für die Befragung (Anschrift, Telefon etc.)
  2. Anrede des Befragten
  3. Warum wird die Untersuchung durchgeführt
  4. Antwortappell
  5. Rücklauftermin
  6. Anleitung zum Ausfüllen
  7. Zusicherung der Anonymität
  8. Dauer des Ausfüllens
  9. Dank für die Mitarbeit
  10. Beschreibung des Auswahlverfahrens (Hervorheben der Bedeutung jeder einzelnen, individuellen Antwort)
  11. Unterschrift des Umfrageträgers
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3
Q

Was soll man bei der Auswahl der Fragen beachten?

A

Man sollte gründlich untersuchen, ob bereits Fragebögen (Skalen) entwickelt wurden, die in der eigenen Untersuchung eingesetzt werden können!

 Suchmöglichkeiten:
• Institut: z.B. Testothek
• Internet

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4
Q

Was sollte bei der Reihenfolge der Fragen beachtet werden?

A

Die Reihenfolge der Fragen ergibt sich (ähnlich wie beim Interview) in der Regel aus den abgedeckten Themenbereichen.

Die Fragen zum gleichen Themengebiet sollten in Fragenblocks zusammengefasst werden. Das erleichtert die Beantwortung!

Werden pro Themenbereich mehrere Original-Skalen genutzt (z.B. mehrere Depressionsskalen), so sollten die Fragen möglichst nicht durchmischt werden, sondern die jeweils vorgeschriebene Reihenfolge beibehalten werden.

Erscheint eine Durchmischung der Fragen verschiedener Skalen aufgrund inhaltlicher Überlegungen sinnvoll, sollte man jedoch darauf achten, dass alle Fragen ein identisches Antwortformat aufweisen.

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5
Q

Weshalb soll man möglichst “geschlossene” Fragen (mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten) verwendet werden?

A
  1. Erleichtert die Bearbeitung für die Teilnehmer.
    ( Angst vor Rechtschreibfehlern oder stilistischen Mängeln führt oft zu
    kurzen und unvollständigen Antworten auf offene Fragen)
  2. Erleichtert die Auswertung für die Forscher.
    (Keine Probleme bei der Lesbarkeit (Handschrift) + Einfachere Dateneingabe und Auswertung)
  3. Kommentare und Anmerkungen können z.B. am Ende jeder Skala oder gesamthaft am Ende des Fragebogens erfasst werden.
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6
Q

Die Art der Formulierung eines Fragebogenitems richtet sich nach dem untersuchten Inhalt… Gib ein paar Beispiele.

A
  • Items können als Frage formuliert werden. –> z.B.:” Sind sie der Ansicht, dass der Gesetzgeber das gegenwärtige Tempolimit für
    Autobahnen (max. 120 km/h) aufheben sollte?“
    (Erfassung mittels vorgegebener Antwortalternativen)
  • Items können aber auch als Statement formuliert werden –> „Der Gesetzgeber sollte das gegenwärtige Tempolimit für Autobahnen (max.
    120 km/h) aufheben.“
    (Erfassung z.B. mittels Ratingskala.
  • Items können oftmals auch als Forced-Choice-Items formuliert werden –> z.B.: “Ich bin ein Mensch der…a)….b)….c)…usw.” Markieren sie die am meisten zutreffende Aussage mit einem M und die am wenigsten zutreffende Aussage mit einem W.
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7
Q

Was sind die Probleme bei Forced-Choice-Items?

A

Das absolute Ausmass des Zutreffens für die verschiedenen Alternativen wird nicht erfasst. Auch die am meisten zutreffende Alternative kann z.B. nur wenig zutreffen – oder die am wenigsten zutreffende kann noch sehr zutreffen etc. (besser: vier Items jeweils mit Ratingskala)

Es ist oft unklar, inwieweit sich die Alternativen wirklich ausschliessen und ob die Gesamtheit der Alternativen vollständig ist.

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8
Q

Was kommt auf die Checkliste für Interviewfragen (Formulierung) gemäss Bouchard 1976? (5)

A
  1. Ist jede Frage erforderlich, gibt es Wiederholungen?
  2. Sind Fragen einfach, eindeutig und nicht-suggestiv formuliert?
  3. Sind die Fragen potenziell beantwortbar (z.B Bildungsniveau und Informationsstand der Befragten)?
  4. Könnten die Fragen die Befragten in Verlegenheit bringen?
  5. Sind Gedächtnisstützen notwendig?
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9
Q

Welche 4 weitere Punkte sind bei der Frageformulierung zu beachten?

A
  1. Fragen, auf die praktisch alle Befragten dieselbe Antwort geben, sind ungeeignet (differenzieren nicht).
    z. B.: Soll “Schwarzfahren” mit der Todesstrafe gehandelt werden?
  2. Items sollten so formuliert werden, dass die Antworten eindeutig interpretierbar sind (Problem insbes. bei Items mit mehreren verknüpften Aussagen).
    z. B.: “Ich fahre gerne und sehr schnell Auto”. trifft nicht zu - trifft zu. –> Besser wären zwei Items.
  3. Formulierungen, in denen Begriffe wie „immer“, „alle“, „keiner“, „niemals“ etc. vorkommen, sind in der Regel zu vermeiden (werden als unrealistisch empfunden).
    z. B.: Ich bin immer bereit, anderen Menschen zu helfen.
  4. Quantifizierende Umschreibungen mit Begriffen wie „fast“, „kaum“, selten“
    etc. sind insbesondere in Kombination mit Ratingskalen problematisch.
    z. B.: “Ich gehe selten ins Kino” nie-selten-gelegentlich-oft-immer.
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10
Q

Porst (2000) hat 10 Regeln zur Fragenformulierung postuliert. Wie lautet die erste?

A
  1. Du sollst einfache, unzweideutige Begriffe verwenden, die von allen Befragten in gleicher Weise verstanden werden.

Bsp.: “Glauben Sie, dass man eine Familie braucht, um wirklich glücklich zu sein?”

–> wer diese Frage für einfach und unzweideutig hält, sollte sich zwanzig Personen vorlegen und sie danach frage, was sie unter “Familie” verstehen.

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11
Q

Wie lautet die zweite Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst lange und komplexe Fragen vermeiden.

Bsp.:”Wie Sie wissen, sind manche Leute politisch ziemlich aktiv, andere Leute finden dagegen oft keine Zeit oder haben kein Interesse, sich an politischen Dingen aktiv zu beteiligen. Nachfolgend geht es darum, wie oft Sie sich persönlich mit politischen Dingen beschäftigen, d.h. wie oft führen Sie eine politische Diskussion?“

Überflüssig:

  • “politische Dinge” (Bedeutung?)
  • “politische Diskussion führen” (leiten, teilnehmen, in der Öffentlichkeit, im Freundeskreis, am Stammtisch…?)

Alternative:
„Wie häufig nehmen Sie an öffentlichen Diskussionen zu politischen Themen teil?“

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12
Q

Wie lautet die dritte Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst hypothetische Fragen vermeiden!

Bsp.:
„Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären verheiratet und hätten einen Sohn im Alter von etwa 16 Jahren, der seine Lehre abbrechen möchte, um Fussballprofi zu werden. Würden Sie ihn in diesem Wunsch unterstützen oder würden Sie ihm raten, zuerst seine Ausbildung zu Ende zu bringen?“

Alternative:
„Ein Jugendlicher sollte sich erst dann für eine Karriere im Profifussball entscheiden, wenn er seine berufliche Ausbildung abge- schlossen hat.“
(Antwortskala “Stimme überhaupt nicht zu” bis “stimme voll und ganz zu”)

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13
Q

Wie lautet die vierte Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst doppelte Stimuli und doppelte Verneinung vermeiden.

Bsp.:
“Hören sie gerne Musik von Chopin und Wagner?”

Alternative:
“Hören sie gerne Musik von Chopin!”
“Hören sie gerne Musik von Wagner?”

Bsp.2:
„Man sollte nicht widersprechen, wenn man nicht korrekt
behandelt wird.“

Alternative 2:
„Man sollte widersprechen, wenn man inkorrekt behandelt wird.“

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14
Q

Wie lautet die fünfte Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst Unterstellungen und suggestive Fragen vermeiden.

Bsp.:
„Der mangelnde Respekt heutiger Schüler vor ihren Lehrern ist Ursache für die immer schlechter werdenden Schulleistungen.“

Das Item beinhaltet zusätzlich zu der eigentlich interessierenden Kausalverknüpfung zwei Unterstellungen, denen evtl. nicht zugestimmt wird:

  • Heutige Schüler zeigen mangelnden Respekt.
  • Die Schulleistungen werden immer schlechter.
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15
Q

Wie lautet die sechste Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst Fragen vermeiden, die auf Informationen abzielen, über die viele Befragte nicht verfügen.

Bsp:
„Sind in Ihrer Gemeinde bereits Massnahmen zur Umsetzung der lokalen Agenda 21 getroffen worden?“

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16
Q

Wie lautet die siebte Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst Fragen mit eindeutigem zeitlichen Bezug verwenden!

Bsp.:
In der letzten Zeit, in naher Zukunft, früher…

Was darunter verstanden wird hängt von der Befragungsperson ab. “in der letzten Zeit” kann z.B. bedeuten i den letzten drei Wochen, aber auch in den letzten drei Jahren.

17
Q

Wie lautet die achte Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst Antwortkategorien verwenden, die erschöpfend und disjunkt (überschneidungsfrei) sind.

„Wie viele Vorträge zum Thema „Gesundes Leben“ haben Sie im Jahre 2000 bisher gehört?“

Falsch: “keinen“ / „einen“/ „zwei bis fünf“ / „fünf“ –> (sind weder disjunkt noch erschöpfend)

Korrekt: „keinen“ / „einen“ / „zwei bis vier“ / „fünf oder mehr“

18
Q

Wie lautet die neunte Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst sicherstellen, dass der Kontext einer Frage sich nicht (unkontrolliert) auf deren Beantwortung auswirkt.

Bsp.:
Bei der Frage: „Alles in allem: Was halten Sie ganz allgemein von der CDU?“ erhält man unterschiedliche Mittelwerte, je nachdem, ob die Vorfrage heisst:

  • „Wissen Sie zufällig, welches Amt Richard von Weizsäcker ausübt(e), das ihn
    ausserhalb des Parteiengeschehens stellt(e)?“ - Mittelwert 3,4 (Exklusion von
    Weizsäcker aus der CDU)
  • Vorfrage ohne politischen Inhalt - Mittelwert 5,2
  • „Wissen Sie zufällig, welcher Partei Richard von Weizsäcker seit mehr als 20
    Jahren angehört?“ - Mittelwert 6,5 (Inklusion von Weizsäcker in die CDU)
19
Q

Wie lautet die zehnte Regel von Porst (2000)?

A
  1. Du sollst unklare Begriffe definieren!

Bsp.:
„Was glauben Sie: In welchem Alter beginnt bei Männern normalerweise die Andropause?“

Besser mit Erläuterung:
„Mit dem Begriff Andropause umschreibt man das Eintreten hormo- neller Veränderungen beim Mann, die sich auf das Gefühls- und Sexualleben auswirken können. Vergleichbar ist dieser Prozess der Menopause bei Frauen, also den sogenannten Wechseljahren. Was glauben Sie….“.

20
Q

Was ist trotz den 10 Regeln zur Frageformulierung zu beachten?

A

Diese allgemeine Regeln können nützlich sein für die Entwicklung eines Fragebogens, aber sie müssen immer wieder an die spezifische Situation einer spezifischen Befragung und des spezifischen Fragebogens angepasst werden.

Also: Beachten Sie bei der Entwicklung Ihrer Fragebogen-Fragen die „10 Regeln der Frageformulierung“, aber gehen Sie kritisch damit um, wenn Sie sich fragen, ob Ihre konkreten Fragen wirklich „gut“ sind.

21
Q

Es gibt die verschiedensten Varianten zur Erfassung der Urteile/Einstellungen der Befragten in Fragebögen. Gib ein paar Varianten an.

A
  1. Die Auswahl einer oder mehrerer kategorialer Antwortalternativen (forced-choice).
  2. Der Paarvergleich (z.B.: Welche Straftat wiegt nach Ihrer Ansicht schwerer? Bitte kreuzen sie an..)
  3. Ratingskalen (am häufigsten eingesetzt in Sozialwissenschaftlichen Methoden)
22
Q

Beschreibe die Ratingskalen etwas genauer.

A

Ratingskalen geben (durch Zahlen, verbale Beschreibungen, Beispiele o.Ä.) als gleich-gross zu bewertende Abschnitte eines Merkmalskontinuums vor.

Die Urteilenden kreuzen diejenige Stufe der vorgegebenen Skala an, die ihrem subjektiven Empfinden entspricht.

Die Daten können (bei korrekter Skalenkonstruktion) als intervallskaliert interpretiert werden. (–> Werden die vorgegebenen Abschnitte z.B. als ungleich gross empfunden, liegt z.B. „nur“ Ordinalskalenniveau vor.)

23
Q

Was sind die Varianten von Ratingskalen?

A
  1. Durch Vorgabe von numerischen (uni- oder bipolar).
    Unipolar (1-2-3-4-5) vs. Bipolar (-2, -1, 0, 1, 2)
  2. Durch Vorgabe Verbaler Marken - nur für die Endpole (uni- oder bipolar).
    unipolar (stimme überhaupt nicht zu - stimme völlig zu)
    bipolar (lehne völlig ab - stimme völlig zu)
  3. Durch Vorgabe verbaler Marken für alle Abstufungen (uni- oder bipolar).
    Bsp.: sehr selten, selten, gelegentlich, oft, sehr oft.
  4. Durch Vorgabe verbaler und numerischer Marken für alle Abstufungen (uni- oder bipolar).
    Bsp. Bipolar: -2 starke Ablehnung, -1 geringe Ablehnung, 0 neutral, 1geringe Zustimmung, 2 starke Zustimmung
  5. Durch Vorgabe symbolischer Merkmale - meist für alle Abstufungen (uni- oder bipolar).
  6. Durch Vorgabe verbaler Marken für die Endpole (uni- oder bipolar) und grafisches Rating.
24
Q

Welche Merkmalsausprägungen werden oftmals erfasst?

Nenne die Benennungen von Rohrmann (1978), welche die Marken als möglichst äquidistant erscheinen lässt.

A
  1. Häufigkeit
    nie - selten - gelegentlich - oft - immer
    sehr selten - selten - gelegentlich - oft - sehr oft
  2. Intensität
    gar nicht - wenig - mittelmässig - überwiegend - völlig
  3. Wahrscheinlichkeit
    keinesfalls - wahrscheinlich nicht - vielleicht - ziemlich wahrscheinlich - ganz sicher
  4. Bewertung
    trifft gar nicht zu - trifft wenig zu - trifft teils teils zu - trifft ziemlich zu - trifft völlig zu
25
Q

Was sind die Vorteile und die Probleme verbaler Markierungen?

A
  • Die Benennung aller Abstufungen erhöht in der Regel die Reliabilität und Validität.
  • Sie ist jedoch nicht immer einfach durchzuführen (Äquidistanz der Begriffe)
  • Probleme bereiten insb. die Benennung einer mittleren Abstufung in bipolaren Skalen. (z.B. Bedeutung der Skalenmitte: “weiss nicht”, “ist für mich irrelevant”, “neutrale Bewertung”, “ambivalente Bewertung”….)
26
Q

Was ist bei der Symmetrie zwischen verbalen und numerischen Markierungen zu beachten?

A

Wenn sowohl die verbalen als auch numerische Marken vorgegeben werden, sollte auf Übereinstimmung geachtet werden:

  • Wenn die verbalen Marken bipolar sind (z.B. starke Ablehnung bis starke Zustimmung), sollten dies möglichst auch die entsprechenden numerischen Marken sein (z.B. -3 bis +3).
  • Bei bipolaren Skalen sollten negative Begriffe (z. B. Ablehnung) möglichst mit negativen Zahlwerten und positive Begriffe (z. B. Zustimmung) mit positiven Zahlwerten verbunden sein.
  • Falls möglich, sollten bei bipolaren Skalen die negativen Begriffe/Zahlen bzw. bei unipolaren Skalen die die geringsten Ausprägungen symbolisierenden Begriffe und Zahlen links auf der Antwortskala stehen, jene, die die höchsten bzw. positivsten Ausprägungen symbolisieren hingegen rechts (entsprechend dem „Zahlenstrang“)
27
Q

Was kann passieren, wenn man diese Symmetrie-Anforderungen nicht beachtet?

A

Persönliche Erfahrung des Dozenten:
Wollte den Hindsight-Bias verdeutlich und hat einer Hälfte die Lösung des Problems geschildert und der andern nicht. Danach sollten die Teilnehmer einschätzen, wie augenfällig die Lösung zum Problem war.

Problem: Resultate zeigten genau das gegenteilige Resultat auf!

Erklärung: Die numerische Marker stiegen von links (1) nach rechts (10) aber die verbale Marker waren genau umgekehrt! Links (sehr offensichtlich) rechts (nicht offensichtlich)..

Fazit:
Wenn aufgrund uneinheitlicher Hinweisreize (gegenläufige verbale und numerische
Marker) Untersuchungsteilnehmer eine Antwortskala genau entgegengesetzt interpretieren können, ist völlig unklar, was die Ergebnisse bedeuten.

28
Q

Bei der Anzahl Abstufungen herrscht eine grosse Uneinigkeit in der Literatur.
Was sind die Meinungen zu geradzahligen vs. ungeradzahligen Abstufungen?

A

Bei bipolaren Skalen ist diese Frage besonders problematisch.

  • Probleme können bei der Benennung mittlerer Kategorien in bipolaren ungeradzahligen Skalen bestehen (siehe oben).
  • Der Einbezug einer mittleren neutralen Kategorie (numerischer Marker = 0; verbaler Marker z.B. „neutral“ oder „weder Zustimmung noch Ablehnung“ etc.) scheint jedoch bei bipolaren Skalen in der Regel die Reliabilität und Validität zu erhöhen (vgl. Krosnick et al., 2005).
  • Der positive Effekt einer neutralen Mittelkategorie bei bipolaren Skalen als Möglichkeit „tatsächliche“ neutrale Einstellungen anzugeben wirkt offenbar schwerer als der (unerwünschte) Anreiz, den diese Mittelkategorie auf Personen mit „satisfycing“ Antwortverhalten ausübt.
  • Bei geradzahligen bipolaren Skalen „zwingt“ man die Urteiler hingegen zu einer (zumindest tendenziellen) Urteilsrichtung, was unter Umständen ein „gewünschter“ Effekt sein kann, die Skalen aber evtl. etwas weniger reliabel und valide macht.
29
Q

Wieviele Abstufungen sind den gut?

A
  • Zu geringe Abstufungen verringern evtl. die Varianz und geben den Urteilenden zu wenig Möglichkeiten der Differenzierung.
  • Zu viele Abstufungen verlangen evtl. zu differenzierte Urteile und überfordern die Urteilenden.

Beste Lösung gemäss neuerer Untersuchungen:

  • unipolare Skalen –> 5 Abstufungen
  • bipolare Skalen –> 7 Abstufungen

Hierbei sind jedoch immer auch Besonderheiten der untersuchten Stichproben zu beachten (Interesse am Befragungsgegenstand, Differenziertheit des Urteilsvermögens etc.).

30
Q

Was ist der “No-opinion Filter” und welche Idee steckt dahinter?

A

Einige Fragebogen-Experten empfehlen den routinemässigen Einsatz von sog. „no- opinion-Filtern“, d.h. neben der eigentlichen Bewertungsskala (bzw. den inhaltlichen Antwortkategorien) eine Zusatzoption „Keine Meinung“ bzw. „weiss nicht“ zum Ankreuzen angeboten wird.

Die Idee hierbei ist, dass dann die tatsächlich angegebenen Werte aussagekräftiger (reliabler und valider) sind, da Personen ohne Meinung dies auch ausdrücken können und nicht gezwungen werden, einen eher „willkürlichen“ und kaum aussagekräftigen Wert anzugeben.

31
Q

Wie sieht die empirische Realität den “No-opinion Filter”?

A

Mehrheitlich erweisen sich Antworten aus Fragebögen mit „no-opinion-Filter“ als eher
weniger reliabel und valide.

Ursachen:
- Einerseits halten die Filter offenbar auch Menschen von Antworten ab, die tatsächlich eine Meinung zur gestellten Frage haben und ohne Filter auch angeben würden. Diese wählen die Filter-Option oft erst nach längerem Nachdenken.
(Die Filter suggerieren z.B., das es sehr schwierig sei, eine Antwort zu geben oder man müsse sich wirklich absolut sicher sein, um zu antworten und verunsichern so die Befragten, dass sie lieber „keine Meinung“ bzw. „weiss nicht“ antworten.)

  • Ferner verleiten solche Filter die Befragten zu stärkerem „satisfycing“ Verhalten. In diesem Fall findet man immer sehr kurze Antwortzeiten.
    (Anstatt sich anstrengen und wirklich nachdenken zu müssen, bieten sie eine einfache und willkommene Gelegenheit, sehr schnell und mühelos eine offensichtlich akzeptable (da ja schon als Alternative vorgesehen) Antwort zu liefern.)
32
Q

Praktischer Tipp für die “No-opinion Filter”

A

Einen „weiss-nicht“-Kategorie in der Antwortskala nur dann Vorgeben, wenn zur Beantwortung der Frage wirklich ein hohes Mass an Wissen (Spezialwissen) notwendig ist.

Ob dies der Fall ist, lässt sich durch kognitive Pretests feststellen (z. B. Probing zum Besitz relevanter Informationen und zur Kategorienwahl; vgl. Folien zu Sitzung 08).

33
Q

Was steckt hinter dem Begriff “Akquieszenz”?

A

Mit Akquieszenz bezeichnet man die Antworttendenz, auf Aussagen (Statements) unabhängig vom Inhalt eher mit Zustimmung als mit Ablehnung zu reagieren.

34
Q

In welchem Zusammenhang ist die Akquieszenz häufig zu finden?

A

In den stabilen personenbezogenen Merkmalen wie:

  • niedrigem sozialem Status
  • geringerer Bildung
  • niedriger Intelligenz
  • geringer kognitiver Anstrengungsbereitschaft

Sowie mit Eigenschaften der Fragen:

  • insbes. Fragekomplexität,
  • Fragelänge etc.

Sowie situativen Faktoren wie

  • Ablenkung der Aufmerksamkeit
  • Ermüdung.
35
Q

Hat Akquieszenz insbesondere mit sozialer Erwünschtheit zu tun?

A

Nein, auch wenn dies möglich wäre.

Vielmehr ist Akquieszenz sehr häufig das Ergebnis eines bestimmten kognitiven Reaktionsstils, den man auch im Zusammenhang mit Satisfycing kennt:

  • geringes Kognitionsbedürfnis und eher unsystematisches, oberflächliches Problemlöseverhalten
  • geringe kognitive Komplexität
  • und Neigung zu starker Vereinfachung etc.
36
Q

Wie kann der Akquieszent-Effekten kontrolliert werden?

A

Ein häufig vorgeschlagener Weg besteht in der Bildung ausbalancierter Itemsets durch Formulierung zusätzlicher umgekehrt (bzw. negativ) formulierter Items (sog. „item reversals“).

Wenn es gelingt, gleich extreme positiv und negativ formulierte Items zu konstruieren, sollte dies Akquieszenz-Effekte ausgleichen.
Oft ist es jedoch recht schwierig, wirklich äquivalente umgekehrt formulierte Items zu konstruieren.

Werden hierbei Verneinungen/Negationen genutzt, muss bedacht werden, dass die Items hierdurch oft schwerer verständlich werden und die Beantwortung kognitiv aufwendiger wird. Dies erhöht die Fehlervarianz und macht zugleich „Satisfycing“ wahrscheinlicher wird.

Insgesamt kommt es somit oft zu einer Verringerung der Reliabilität und der Validität der Skala (zumindest im Vergleich zu einer gleich langen Skala ohne „item reversals“).

37
Q

Was muss zu der Akquieszent fernen beachtet werden?

A

Ferner muss bedacht werden, dass es auch möglich und logisch sein kann, einer positiv formulierte Aussage zuzustimmen, ohne auch zugleich deren Verneinung abzulehnen (z.B. bei ambivalenten Einstellungen). Perfekte negative Korrelationen sind daher oft nicht einmal theoretisch zu erwarten.

Die Konstruktion und Anwendung ausbalancierter Itemsets ist also oft mit Problemen verbunden.

38
Q

Was schlagen Krosnick et al. (2005) zur Minimierung von Akquieszenz vor?

A

Da viele Hinweise darauf vorliegen, dass Akquieszenz oft eine spezielle Folge von Satisfycing darstellt (kognitiver Stil), schlagen sie vor:

  • möglichst leicht verständliche Items zu konstruieren.
  • und die Teilnehmermotivation zu maximieren.