4/6 (Art. 12; Art. 14; Art. 9) Flashcards

1
Q

Art. 12: Schutzbereich: Einheitlichkeit

A
  • Berufswahl (Ob) und Berufsausübung (Wie) hängen eng miteinander zusammen
  • > mit der Wahl beginnt die Ausübung, (künftige) Ausübung beeinflusst Wahl
  • > Ausübung bestätigt die Wahl immer wieder neu
  • Konsequenz: einheitliche Schrankenregelung aus Art. 12 I S. 2 (einfacher Gesetzesvorbehalt)
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2
Q

Art. 12: Schutzbereich: Beruf

A
  • Persönlich: Deutschengrundrecht
  • > auch juristische Personen, Art. 19 III GG
  • Sachlich = jede auf eine gewisse Dauer angelegte, der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage dienende Tätigkeit (weit auszulegen)
  • > auch: Gelegenheits- oder Ferienjob, Beschäftigung zur Überbrückung
  • > auch: Neben- oder Künstlertätigkeit
  • > negative Berufsfreiheit: Schutz der Entscheidung, überhaupt einen Beruf ergreifen zu wollen – Wahl eines bestimmten Berufs und dessen Ausübung – Fordern einer angemessenen Vergütung
  • P: Schutz vor Wettbewerb bzw. Konkurrenz: Freiheit zum Wettbewerb (Schutzbereich der Berufsfreiheit) unverträglich mit der Vorstellung einer Freiheit von Konkurrenz (jedoch grds. GG als „wirtschaftspolitisch neutral“)
  • > Ausnahmen: Begünstigung von Konkurrenten; staatliche Veröffentlichung von Geschäftsgeheimnissen
  • > P: Staat als Unternehmer (iE gleich)
  • -> eA: (-), außer wenn Wettbewerb faktisch unmöglich gemacht oder unzumutbar eingeschränkt wird
  • -> aA: (+), aber nur Eingriff, wenn Wettbewerb faktisch unmöglich gemacht oder unzumutbar eingeschränkt wird
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3
Q

Art. 12: P: Schutzbereich: Legalität der Tätigkeit

A
  • eA: früher: darf nicht verboten sein (BVerfG)
    con: einfacher Gesetzgeber könnte dann den Schutzbereich einschränken
  • aA: neuer: Tätigkeit darf nicht schlechthin sozial- und gemeinschaftsschädlich sein
  • wA: neueste: Differenzierung, ob die einzelnen Handlungen verboten sind oder der Beruf selbst - für letztere bleibt der Art. 12 (als Beruf verboten: Schwarzarbeit)
    pro: Art. 12 I schützt den Beruf und gewährt keine allgemeine berufliche Handlungsfreiheit (-> Schutz ggf. über Art. 2 I GG)
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4
Q

Art. 12: Schutzbereich: Ausbildungsstätte

A

= nicht explizit „Ausbildung“, aber BVerfG sieht allgemein dadurch ein „Abwehrrecht gegen Freiheitsbeschränkungen im Ausbildungswesen“

  • > Ausbildung ist nicht Bildung: Ausbildung ist auf das Ziel einer berufsbezogenen Qualifikation gerichtet, und dieses Ziel bestimmt auch den Inhalt (Bildung: alles, was geistig erworben werden kann, Inhalt und Ziele sind offen)
  • > Ausbildung muss auf einen Beruf hinführen: Studium, Berufausbildung, Gymnasium
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5
Q

Art. 12: Schutzbereich: Arbeitsplatz

A

= Stätte, an der eine berufliche Tätigkeit ausgeübt wird (nicht nur der Ort, an dem gearbeitet wird)

  • > frei ist die Entscheidung über Wahl, Wechsel, Beibehaltung und Aufgabe des Arbeitsplatzes
  • > Schutz der Niederlassungsfreiheit und beruflichen Freizügigkeit
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6
Q

Art. 12: Eingriff: Differenzierte Eingriffsarten

A
  • Prüfungsstandort: Verhältnismäßigkeit (legitimer Zweck), da erst hier Differenzierung relevant
  • Hintergrund: zwar einheitlicher Schutzbereich, aber nur Berufsausübung ist unter Gesetzesvorbehalt -> Differenzierung hinsichtlich der Eingriffe in die Berufswahl
  1. Berufsausübungsregelungen: Bedingungen und Modalitäten, unter denen sich berufliche Tätigkeiten vollziehen (können jedoch auch so drosselnd sein, dass sie wie objektive Zulassungsschranken wirken, bspw. Ladenöffnungszeiten von nur einer Stunde pro Tag)
    - > Ladenschlusszeiten, Werbeverbote, Verpflichtung zur Einrichtung von Raucherräumen
  2. Subjektive Zulassungsschranken: Wenn Zugang zum Beruf aus Gründen erschwert oder unmöglich gemacht wird, die in der Person zu finden sind, insb. persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen, erworbene Abschlüsse und erbrachte Leistungen, schon ausgeübte Berufe und eingegangene Verpflichtungen
  3. Objektive Zulassungsschranken: verlangen objektive, dem Einfluss des Berufswilligen entzogene und von seiner Qualifikation unabhängige Kriterien
    - > Bedürfnisklauseln (für Taxen), Verwaltungsmonopol des Staates (regelmäßig sehr hohe Hürden für nichtstaatliche selbstständige Berufsausübung, s. Glücksspiel), Zugang zum Staatsdienst (Verfügbare Beamtenstellen oÄ)
  • . Berufbildfixierung: wenn bestimmte Betätigungen als typisch für einen bestimmten Beruf festgelegt und andere Betätigungen als untypisch ausgeschlossen werden
  • > Vereinheitlichung mehrerer Berufe mit jeweils traditionell oder gesetzlich ausgeprägten Berufsbildern zu nur einem Beruf
  • > Keine eigene Kategorie, sondern Feststellung der Eingriffsstufe für den jeweiligen Betroffenen (wenn vorher typische und atypische Tätigkeiten: Berufswahl; wenn vorher nur typische Tätigkeiten: Berufsausübung)
  • -> Handwerksordnung; Inkompatibilitätsregelungen verschiedener Berufe
  • Zur Abgrenzung wichtig: ist die eingeschränkte Tätigkeit ein eigenständiger Beruf (Berufswahl) oder Teil eines bestehenden Berufs (Berufsausübung)
  • > eigener Beruf, wenn der Einzelne durch seine Tätigkeit in besonderer Weise aus dem Kreis der Angehörigen des Berufs herausgehoben wird
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7
Q

Art. 12: Eingriff: Eingriffsbegriff bei modernem Eingriff

A
  • klassischer Eingriffsbegriff bleibt
  • Einschränkungen des modernen Eingriffbegriffs: bei bloß mittelbar-faktischen Beschränkungen ist zusätzlich die sog. berufsregelnde Tendenz erforderlich
    = wenn Maßnahme im Schwerpunkt Tätigkeiten betrifft, die typischerweise beruflich ausgeübt werden bzw. wenn sie sich in erster Linie als rechtliche Rahmenbedingung für die Berufsausübung versteht
    pro / ratio: Art. 12 I schützt Beruf und gewährt keine berufliche allgemeine Handlungsfreiheit
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8
Q

Art. 12: Rechtfertigung: Schranke

A
  • “… geregelt werden …”: Regelungsvorbehalt (kein Zitiergebot), in der Sache einfacher Gesetzesvorbehalt
  • Verwaltungsvorschriften und Richtlinien des Standesrecht zählen nicht hierzu
  • Parlamentsvorbehalt (Wesentlichkeitslehre):
  • > Besondere Bedeutung bei der Verleihung der Satzungsgewalt an Berufsverbände des ÖffR: Gesetzgeber muss die sog. statusbildenden Regelungen der Berufswahl selbst treffen und darf nur die Regelungen der Berufsausübung an die Verbände delegieren
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9
Q

Art. 12: Rechtfertigung: Schranken-Schranken: Drei-Stufenlehre

A
  1. Berufsausübungsregelung:
    - > Legitimer Zweck: Schutz eines Gemeinschaftsguts (normale Verhältnismäßigkeitsprüfung)
  2. Subjektive Zulassungsschranken:
    -> Legitimer Zweck: Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsguts (bspw. Sicherheit
    der Energieversorgung, geordnete Steuerrechtspflege, Rechtsfrieden)
    -> insb. Erforderlichkeit: Prüfung, ob nicht Berufsausübungsregelung gleich geeignet
  3. Objektive Zulassungsschranken:
    - > Legitimer Zweck: nur zur Abwehr schwerer, nachweisbarer bzw. höchstwahrscheinlicher Gefahren zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsguts (bspw. Volksgesundheit, Volksernährung, Funktionsfähigkeit der Universitäten und der Rechtspflege, Bekämpfung der Glücksspielsucht)
    - > insb. Erforderlichkeit: zwingende Erforderlichkeit (Prüfung, ob nicht Berufsausübungsregelung oder subjektive Zulassungsschranken gleich geeignet)
  • Keine schematische Anwendung, sondern Prüfung im Einzelfall, ob Eingriffsart und Eingriffsintensität (und damit Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung) auch kongruent sind
  • > bspw. Kontingentierung der Kassenarztzulassung: formal Berufsausübungsregelung (Behandlung von Privatpatienten verbleibt), aber wirtschaftlich betrachtet Intensität einer objektiven Zulassungsschranke
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10
Q

Art. 12: Teilhaberecht (insb. Recht auf Arbeit / Ausbildung)

A
  • grds. (-), kein originäres Teilhaberecht
  • jedoch iVm Art. 3 I und Art. 20 I (Sozialstaatsprinzip)
  • > derivatives Teilhaberecht an Möglichkeiten, insb. Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium an den staatlichen Hochschulen im Rahmen der bestehenden Kapazitäten
  • -> Gewährleistung von Chancengleichheit (klare und faire Zugangsregelungen: legitime Auswahlkriterien)
  • -> “Recht auf gleiche Teilhabe”
  • jedoch: keine Verpflichtung zur Schaffung weiterer Kapazitäten: Einschätzungsprärogative hinsichtlich Abwägung mit Haushaltsmitteln und Gemeinwohlbelangen
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11
Q

Art. 12 II, III: Freiheit von Arbeitszwang und Zwangsarbeit

A
  • Arbeitszwang: Zwang zu bestimmten einzelnen Arbeitsleistungen
  • > nur Eingriff, wenn gewisser Aufwand für Tätigkeit und die üblicherweise gewerbsmäßig erbracht wird
  • Zwangsarbeit: Einsatz der gesamten Arbeitskraft in bestimmter Weise
  • Nähe zu Art 2 I bzw. Art. 1 I GG
  • Zwangsarbeit als Anordnung bei gerichtlich angeordneter Freiheitsentziehung (vom Verbot der Zwangsarbeit ausdrücklich ausgenommen)
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12
Q

Art. 14: Schutzbereich: Begriff des Eigentums

A

= alle vermögenswerten Rechte, die dem Berechtigten von der Rechtsordnung in der Weise zugeordnet sind, dass er damit verbundene Befugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privaten Nutzen ausüben darf

  • Telos: Art. 14 I soll einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich erhalten und dem Einzelnen damit die Entfaltung und eigenverantwortliche Lebensgestaltung ermöglichen
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13
Q

Art. 14: Normgeprägtheit des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff (Art. 14 I als Institutsgarantie)

A
  • Art. 14 GG als Institutsgarantie
  • > Leistungsrecht des Bürgers auf Einrichtung der zivilrechtlichen Institute Eigentum und Erbrecht, wobei ein weiter Gestaltungsspielraum besteht
  • > Ausgestaltung als gesetzgeberische Handeln, mit dem der Staat bei normgeprägten Grundrechten zur Schutzbereichsbestimmung tätig wird, ohne dass er in den materiellen Gehalt des Grundrechts eingreift
  • -> eA: Ausgestaltung dann, wenn nur die Rechtssphären Privater voneinander abgegrenzt werden (Gewährleistung der Freiheit durch wechselseitige Beschränkung der Willkür), Eingriff jedoch bei Verfolgung von Allgemeinwohlzielen (idR: Ausgestaltung dann, wenn privatrechtliche Vorschrift, Eingriff bei öffentlich-rechtlicher Vorschrift)
  • -> aA: speziell bei Art. 2 I und Art. 14 I: Eingriff, wenn bereits bestehende Rechtspositionen (Verträge / Eigentum) betroffen sind
  • Ausgestaltendes Gesetz ist wiederum an den Wesensmerkmalen des Grundrechts auszulegen
  • Grenzen der Ausgestaltung: Grundstrukturen des jeweiligen Grundrechts und Ziel der Schaffung und Erhaltung von Privatautonomie (Wesensmerkmale des Grundrechts)
  • > Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wohl (-), da gerade kein Eingriff
  • Verfassungswidrige Ausgestaltung kann nicht als Eingriff evtl. durch Gesetzesvorbehalt gerechtfertigt werden, da Ausgestaltung als aliud nicht in Eingriff umschlagen kann
  • Verhältnis von Ausgestaltung und Umgestaltung
  • > grds. sind ausgestaltete Rechtsvorschriften nicht von Bestandsgarantie (wie Wesensmerkmale) umfasst (kein Verfassungsrang)
  • > bei Art. 14 I und Art. 2 I: beschränkte Bestandsgarantie: insofern konkrete Rechtspositionen bestehen, liegt bei diesen ein Eingriff vor (wobei Ausgestaltung hinsichtlich der Institutsgarantie keine Beeinträchtigung ist, soweit keine Wesensmerkmale verletzt werden)
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14
Q

Art. 14: Art. 14 I als Abwehrrecht

A
  • schützt den Einzelnen vor dem Entzug bzw. vor der Beeinträchtigung konkreter, bereits vorhandener Eigentums- oder Erblasserpositionen
    con: Wortlaut (wird gewährleistet)
    pro: Systematik: Art. 14 im Grundrechtsteil, sodass auch Abwehrrechtsdimension
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15
Q

Art. 14: Eingriff: P: Abgrenzung von Enteignung zu Inhalts- und Schrankenbestimmung

A
  • eA: BGH (früher): nach Intensität der Beeinträchtigung (Eingriffe, die über die Sozialbindung des Eigentums hinausgehen) – Sonderopfertheorie: Belastung, der die betroffenen Einzelnen oder Gruppen im Vergleich zu anderen ungleich, besonders trifft und sie zu einem besonderen, den übrigen nicht zugemuteten Opfer für die Allgemeinheit zwingt
  • > für rechtswidrige Eingriffe: enteignungsgleiches Opfer (wenn schon für Enteignung Entschädigung, dann erst recht für rechtswidrige Eingriffe)
  • > BGH unterwarf alle als Sonderopfer zu qualifizierenden Eigentumseingriffe unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit oder Finalität Art 14 III und somit einer Entschädigungspflicht (14 III also unmittelbare Anspruchsgrundlage!)
  • > Problem: Umschlagpunkt zur Enteignung schwer bestimmbar (obwohl sich ausschließende Kategorien: erfordert formale Abgrenzung)
  • > Entschädigung für Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht vorgesehen -> Gesetzgeber schuf salvatorische Entschädigungsklausel (Zivilgerichte entschieden über das Bestehen von Entschädigungsansprüchen) -> Betroffene konnten zwischen Verwaltungsgerichtsbarkeit (Primärschutz) und ordentlicher Gerichtbarkeit (Sekundärschutz) wählen -> meist letzteres: „Dulde und liquidiere“
  • > con: Wahlrecht des Betroffenen auf Rechtsfolgenseite (enspricht nicht Telos von Art 14 I, III: Bestandsgarantie - so würde aber eine Wertgarantie aus Art. 14 abgeleitet - Entscheidung über Enteignung muss Gesetzgeber treffen, nicht Rspr. - Wesentlichkeitslehre und Haushaltsprärogative des Parlaments)
  • aA: BVerfG (Nassauskiesungsbeschluss)
  • > allein der Gesetzgeber bestimmt über Inhalt und Schranken des Eigentums – darauf abzielende Entschädigungsansprüche können die Zivilgerichte daher nicht direkt auf Art 14 III stützen
  • > Enteignung ohne gesetzliche Entschädigungsregelung sind allein hierdurch schon verfassungswidrig und können auch durch direkt auf Art. 14 III beruhenden Entschädigungsansprüchen nicht geheilt werden
  • > Allein das BVerfG hat das Verwerfungsmonopol für formelle Parlamentsgesetze (Zivilgericht kann dies nicht durch direkte Anwendung von Art 14 III umgehen, sondern müsste eine Ermächtigungsnorm ohne Entschädigungsregelung direkt via Art 100 I dem VerfG vorlegen)
  • > BVerfG: genaue begriffliche Trennung von Enteignung und Inhalts- und Schrankenbestimmung, nicht anhand der Intensität, sondern anhand von Form und Ziel (anhand des jeweiligen Gesetzes, nicht anhand des Einzelaktes, zu bestimmen!)
  • Enteignung: die vollständige oder teilweise individuelle Entziehung konkreter subjektiver Rechtspositionen durch einen final darauf gerichteten Rechtsakt (Gesetz oder Maßnahme der Verwaltung) zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben
  • > Verlust der Rechtsstellung als Sonderopfer: Güterbeschaffungsvorgang vs. bloßer Entzug der Sache ohne Erhaltungsabsicht (keine Enteignung)
  • > teilweise Entziehung: soweit Rechtsposition selbstständig oder verselbstständigungsfähig
  • Inhalts- und Schrankenbestimmung: alle rechtlichen Regelungen, mit denen der Gesetzgeber Eigentum und Erbrecht im Rahmen seiner Ausgestaltungs- befugnis abstrakt-generell definiert
  • > Inhaltsbestimmung (Bestimmung zukünftiger Rechtspositionen)
  • -> Prüfungsmaßstab: Institutsgarantie
  • > Schrankenbestimmung (Bestimmung bestehender Rechtspositionen -> Eingriff)
  • -> Prüfungsmaßstab: Institutsgarantie und Abwehrdimension
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16
Q

Art. 14: Rechtfertigung: Enteignung

A
  • qualifizierter Gesetzesvorbehalt:
  1. Durch Gesetz (Legalenteignung) oder aufgrund eines Gesetzes (Administrativenteignung)
    - > aus Wesentlichkeitslehre: Parlamentsvorbehalt hinsichtlich der Gemeinwohlaufgaben, Vorhaben, Voraussetzungen und Zwecke hinsichtlich der Zulässigkeit von Enteignungsgesetzen
    - > wegen schwierigem Rechtsschutz gegen Legalenteignung: erhöhter Rechtfertigungsaufwand
  2. Wohl der Allgemeinheit:
    - > Zur Förderung des Gemeinwohls geeignet und erforderlich
    - -> Eignung und Erforderlichkeit des Vorhabens zur Förderung des Allgemeinwohls vs.
    - -> Eignung und Erforderlichkeit der Enteignung für das Vorhaben
    - –> Ersteres (hins. Erforderlichkeit) problematisch: Gemeinwohl durch eine Vielzahl von Maßnahmen förderbar (BVerfG: Aufweichend der strengen Erforderlichkeit hin zu einem „substanziellen Beitrag“ - weiter Gestaltungsspielraum)
    - -> unter gerechter Abwägung (gerichtet an Gesetzgebung und Verwaltung, aber auch an die ordentlichen Gerichte)
  3. Junktimklausel (gem. Art. 14 III S. 2) erstreckt Parlamentsvorbehalt auf Entschädigungsregelung (Warnfunktion) (Gesetz muss Art und Ausmaß der Entschädigung regeln)
  4. Höhe der Entschädigung (Art. 14 III S. 3)
    - > idR folgt aus der Bestandsgarantie in Art. 14 I GG die Wertgarantie der Entschädigung (Marktwert), wobei nach den Umständen des Einzelfalls auch eine geringere Entschädigung möglich ist
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17
Q

Art. 14: Rechtfertigung: Inhalts- und Schrankenbestimmung

A
  • Art. 14 I S. 2: einfacher Gesetzesvorbehalt (“durch Gesetze”)
  • > obwohl Wortlaut (-) wird auch „aufgrund von Gesetzen“ wie bei anderen einfachen Gesetzesvorbehalten angenommen
  • Verhältnismäßigkeit
    -> Art 14 II: Sozialbindung
    • Interessen des Einzelnen (Freiheit) (konkrete Befugnisse des Einzelnen hinsichtlich der Sache)
    • Interessen der Allgemeinheit (Sozialbindung) (Sozialer Bezug und soziale Funktion der Sache)
    • Gerechter Ausgleich und ausgewogenes Verhältnis
    -> Situationsgebundenheit des Eigentums: knüpft hoheitliche Maßnahme an bestimmte bereits vorhandene Voraussetzungen wie die Lage im Raum, die Beschaffenheit und die Umweltbeziehungen an, ist die Rechtfertigungslast geringer
    -> Schutzwürdiges Vertrauen aus Rechtsstaatsprinzip (Beeinträchtigung ggf. durch Übergangsklauseln verhältnismäßig)
    -> Ausgleichspflicht (s. Art. 14: Rechtfertigung: ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung)
18
Q

Vergesellschaftung (Art. 15)

A
  • weder Enteignung noch Inhalts- und Schrankenbestimmung: abstrakt-genereller Entzug
  • nur gerichtet auf bestimmte vermögenswerte Güter (Produktionsmittel sind dabei Unternehmen)
19
Q

Prüfung: Art. 14

A

I. Schutzbereich

II. Eingriffe

III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Abgrenzung: Prüfungsmaßstab hängt davon ab, ob der Eingriff eine Enteignung oder eine Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt – Streit BGH vs. BVerfG hier führen (s. Def. Oben)

  1. Enteignung
    a. Eingriffsermächtigung Art 14 III S. 2: Eingriffsvoraussetzungen und Junktimklausel (allgemeiner Parlamentsvorbehalt)
    b. Verfassungsmäßigkeit des eingreifenden Gesetzes
    i. Formell
    ii. Materiell
  2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
    a. Legitimes Ziel: Wohl der Allgemeinheit Art 14 III S. 1
    b. Geeignetheit
    c. Erforderlichkeit (s. Abschwächung zu „substanziellem Beitrag“)
    d. Angemessenheit: Gerechte Abwägung Art 14 III S. 3
  3. Wahrung der Institutsgarantie
    c. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts (Administrativenteignung)
  4. Inhalts- und Schrankenbestimmungen
    a. Eingriffsermächtigung: Art 14 I S. 2
    b. Verfassungsmäßigkeit des eingreifenden Gesetzes
    i. Formell
    ii. Materiell
  5. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit:
    a. Legitimer Zweck
    b. Geeignetheit
    c. Erforderlichkeit
    d. Angemessenheit, besonders: Interessensausgleich zwischen Eigentümer (Art. 14 I) und Allgemeinheit (Art. 14 II) – Kriterien
    i. Eigenart des vermögenswerten Guts/ Rechts
    ii. Bedeutung desselben
    iii. Übergangsregelungen / Härteklausel
    iv. Ggf. finanzielle Entschädigung (ultima ratio)
  6. Institutsgarantie
    c. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
20
Q

Art. 14: Schutzbereich: persönlich

A
  • auch juristische Personen des Privatrechts, Art. 19 III GG

- nicht jedoch bei solchen des öffentlichen Rechts: Art. 14 schützt das Eigentum Privater und nicht das Privateigentum

21
Q

Art. 14: Schutzbereich: Umfang

A
  • Schutz der einzelnen Vermögenspositionen, aber nicht des Vermögens im Ganzen
    => allgemeine Geldleistungspflicht (Steuer) nicht erfasst
    -> Ausnahme (BVerfG): wenn Maßnahme “erdrosselnde Wirkung” hat
    -> Ausnahme (BVerfG): wenn Maßnahme an Eigentumspositionen anknüpft (bspw. Einkommenssteuer)
    –> con (Lit): Schutz durch Art. 2 I GG
  • P: Recht am eingerichtet und ausgeübten Gewerbebetrieb (BVerwG: nur Schutz der betrieblichen Substanz; BVerfG: offen gelassen)
  • > pro: Gewerbebetrieb hat als Ganzes idR einen höheren Wert als die Summe seiner Vermögenspositionen
  • > con: Eigentum als konkret dem Einzelnen zugeordnete Vermögenspositionen; Erwerbserwartungen, die zum Gewerbebetrieb gehören, von Art. 14 I gerade nicht umfasst
  • > con: Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung Gewerbebetrieb gerade nicht berücksichtigt
22
Q

Art. 14: Schutzbereich: Umfang: Öffentlich-rechtliche Positionen

A
  • Kriterium 1 (BVerfG): Entsprechung der eingeräumten Rechtsstellung mit der eines Sacheigentümers (Zuordnung nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts) -> vor allem bei Äquivalenz zur Eigenleistung
  • > bspw. Anwartschaften auf Versichertenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (+)
  • > bei Mischung von Eigenleistung und staatlichen Zuschüssen: nur dann nicht umfasst, wenn staatlicher Anteil klar überwiegt
  • Kriterium 2 (BVerfG v.a. zu Sozialversicherung): Existenzsicherung des Einzelnen
  • > con: kein allgemeines Kriterium bei Art. 14 I
  • > pro: keine zu starke Ausweitung des Schutzbereiches angesichts des beträchtlichen Umfangs der staatlichen Sozialleistungen
  • > BVerfG: “sozialversicherungsrechtliche Positionen können für die große Mehrzahl der Bevölkerung eine wichtige Grundlage ihrer Daseinssicherung sein, insbesondere dann, wenn sich eine wesentliche, durch lange Zeiträume gewährte Leistung so verfestigt hat, dass die Versicherten sie zu ihrer existenziellen Versorgung rechnen können”
  • Prüfung anhand der Wesensmerkmale und Kriterien 1+2 im Einzelfall entscheidend!
23
Q

Art. 14: Schutzbereich: Umfang des Eigentumsschutzes

A
  • Recht, das Eigentum zu nutzen, zu verwalten und darüber zu verfügen
  • Abgrenzung zu Freiheitsrechten: wenn die Nutzungsmöglichkeit der Eigentumsposition als solche eingeschränkt oder ausgeschlossen wird (darf nicht nur um die Beschränkung der Handlungsmöglichkeit gehen -> Art. 2 I GG)
  • Art. 14 I schützt das Erworbene, nicht den Erwerb (der von Art. 12 geschützt wird)
  • > wenn kein Schwerpunkt des Eingriffs auszumachen ist und sich Nutzung des Eigentums und Berufsausübung decken: Art. 12 neben Art. 14 einschlägig (BVerfG)
24
Q

Art. 14: Schutzbereich: Erbrecht

A
  • Verlängerung der Eigentumsgarantie in zeitlicher Hinsicht
  • Institutsgarantie: Wesensmerkmale
  • > grundsätzliche Testierfreiheit
  • > Prinzip der gesetzlichen Privaterbfolge orientiert an den bürgerlich-rechtlichen Verwandtschaftsbeziehungen
  • > Prinzip der Mindestbeteiligung der Kinder
  • > größerer Gestaltungsspielraum, da nicht Eigentumsbestand, sondern nur Eigentumsübergang garantiert ist
  • Abwehrdimension:
  • > vor allem Testierfreiheit
  • > aber auch: Erbenstellung
    pro: sonst würde Erbrechtsgarantie mit dem Tod des Erblassers weitgehend ausgehöhlt
25
Q

Art. 14: Rechtfertigung: ausgleichspflichtige Inhalts- und Schrankenbestimmung

A
  • Konstellation (v.a. Bau-, Denkmalschutz- und Naturschutzrecht): formal keine Enteignung mangels Entzug der Eigentümerposition, aber (wirtschaftliche) Belastungen oder Nutzungseinschränkung derart gravierend, dass Eigentumsrecht auch ohne Übergangs- oder sonstige Regelung unverhältnismäßig beeinträchtigt bleibt
  • > BVerwG (von BVerfG bestätigt): Entschädigung kann zur Verhältnismäßigkeit führen
  • > Eingrenzung durch BVerfG: mit der Inhalts- und Schrankenbestimmung muss zeitgleich (!) durch oder aufgrund eines Gesetzes eine bestimmte Entschädigung sowie deren Voraussetzungen festgelegt sein (keine bloß salvatorische Entschädigungsklausel)
    pro: Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit kann nur getroffen werden, wenn eine mögliche Entschädigung berücksichtigt werden kann
  • > Weiter sind mildere Mittel zu prüfen (sodass auch eine Enteignung ggf. ein milderes Mittel im Einzelfall darstellen kann)
26
Q

Art. 14: Rechtfertigung: Enteignung: Enteignung zugunsten privater Dritter (Boxberg/Daimler)

A
  • grds. weiter Einschätzungsspielraum hinsichtlich Wohl der Allgemeinheit
  • > erforderlich, dass konkretes Allgemeinwohlinteresse als mittelbare Folge erkennbar bleibt, erreicht wird und dauerhaft gesichert ist
  • Verhältnismäßigkeit: ultima ratio (insbesondere alternative Planungen zu berücksichtigen)
  • > insb. hier besteht die Gefahr, dass Enteignung zulasten des Schwächeren durchgesetzt wird
27
Q

Art. 14: Staatshaftungsrecht: enteignender und enteignungsgleicher Eingriff

A
  • als Entschädigung für eine Aufopferung richter- und gewohnheitsrechtlich anerkannt (vgl. §§ 74, 75 Einl. ALR)
  • enteignende Eingriffe = Realakte, die das Eigentumsrecht beeinträchtigen und als unbeabsichtigte Nebenfolge eines rechtmäßigen Verwaltungshandelns für den Gesetzgeber nicht vorhersehbar und nicht regelbar waren
  • enteignungsgleiche Eingriffe = rechtswidrige Maßnahmen, die das Eigentumsrecht beeinträchtigen und sofort vollzogen wurden
  • keine Möglichkeit des Primärrechtsschutzes
  • Voraussetzungen
  • > Unmittelbarkeit
  • > Sonderopfer
  • > hinreichende Intensität
28
Q

Art. 12: Abwehr- und Leistungsdimension bei Zulassung zu kommunaler Einrichtung

A
  • kein originäres, sondern nur derivatives Recht auf Zulassung
  • > Entzug bzw. Vorenthaltung dieser Zulassung greift somit in keine bereits bestehende subjektiv-rechtliche Rechtsposition ein (Leistungsverwaltung, nicht Eingriffsverwaltung)
  • Ausnahme (Rspr.)
  • > monopolartige Angebotssituation des Staates (bspw. sind Zirkusbetreiber auf die Zurverfügungstellung kommunaler Plätze angewiesen)
  • > wenn Verweigerung (wegen bestimmten Verhaltens) zu einem bestimmten Verhalten jenseits der eigentlichen Leistungsbeziehung veranlassen soll (Veranlassung zur Verhaltensmodifikation, um Zugang zu erhalten)
29
Q

Art. 9 I: persönlicher Schutzbereich

A
  • Individualgrundrecht
  • Kollektivgrundrecht (für Personenmehrheiten)
    -> eA: direkt aus Art. 9 I (Doppelgrundrecht)
    -> aA: über Art. 19 III GG
    => iE gleich
    -> wegen Deutschen-GR: Vereine, deren Mitglieder oder Vorstände überwiegend oder ausschließlich Ausländer sind, können sich nicht auf Art. 9 I berufen (-> Art. 2 I)
30
Q

Art. 9 I: sachlicher Schutzbereich: positive Dimension

A
  • normgeprägtes Grundrecht
  • > Einrichtungsgarantie
  • > Mindestanforderung an die Ausgestaltung
  • Vereinigung =
  • > freiwilliger, privatrechtlicher Zusammenschluss
  • > von mind. 2 (str.) natürlichen oder juristischen Personen
  • > zu einem (auch verbotenen, str.) Zweck
  • > von gewisser organisatorischer Festigkeit und gemeinsamer Willensbildung
  • Religiöse Vereinigungen
  • > Religiöse Vereinigungsfreiheit durch Art. 4 Abs. 1, 2 GG i. V. m. Art. 140 GG und Art. 137 WRV als lex specialis
  • Parteien
  • > Art. 21 GG als lex specialis
  • Geschütztes Verhalten
  • > Bildung (Wortlaut): umfassende Vereinsautonomie
  • > auch Beitritt, Verbleibt, Vereinsspezifische Betätigung (Telos)
  • Mittelbare Drittwirkung
  • > Aufnahmeanspruch aus §§ 242, 826 BGB möglich
  • Schutzbereich bei kollektiver Freiheitsdimension
  • > Kernbereich des Vereinsbestandes und der Vereinsbetätigung
  • > jedoch: Betätigung nach außen oftmals allein anhand der (kollektiv) in Anspruch genommenen Grundrechte zu messen
    pro: gemeinschaftliche Zweckverfolgung (der Vereinigung) soll keinen größeren Schutz erhalten als die individuelle Zweckverfolgung
31
Q

Art. 9 I: sachlicher Schutzbereich: P: Verbot nach Abs. 2 als Schutzbereichsbegrenzung oder als Schranke

A
  • mM: Schutzbereichsbegrenzung
    con: ohne weiteren (konstitutiven) Vollzugsakt ist die Rechtssicherheit beeinträchtigt
  • hM: Schrankenbestimmung
32
Q

Art. 9 I: sachlicher Schutzbereich: P: negative Dimension

A
  • eA (BVerfG): Art. 9 I selbst garantiert auch Freiheit, keinen Verein zu gründen, keinem Verein beizutreten bzw. auszutreten (Spiegelung der positiven Gewährleistung)
    pro: Beitritt zu einer Vereinigung sei nur dann wirklich frei, wenn der Einzelne genauso die Möglichkeit habe, einer Vereinigung fernzubleiben
    con: Wortlaut “Bilden”
    con: Systematik: andere GR nennen negative Dimension explizit (Art. 12 II, III)
  • aA: Art. 2 I
    pro: es besteht keine Pflicht, eine Vereinigung zu gründen oder beizutreten -> vor nur privatrechtlichen Zwängen schützt Art. 2 I ausreichend
33
Q

Art. 9 I: sachlicher Schutzbereich: P: negative Dimension bei öffentlich-rechtlichen Vereinigungen

A
  • BVerfG: nicht durch Art. 9 I, sondern durch Art. 2 I
    pro: Spiegelung bei negativer Dimension von Art. 9 I bildet keine geschützte Freiheit hinsichtlich öffentlich-rechtlicher Vereinigungen, da Bürger diese auch nicht bilden kann
    pro: Freiwilligkeit ist konstitutierend für Schutzbereich; bei öffentlich-rechtlicher Zwangsmitgliedschaft (-)
    pro: Historie: Ablehnung einer negativen Dimension durch Verfassungskonvent
  • aA: auch durch Art. 9 I
    pro: für Bürger macht Rechtsnatur keinen Unterschied
    pro: bloßes Fernbleiben von der Vereinigung sei nicht mit dem Bilden vergleichbar, da nur letzteres hoheitliche Befugnisse in Anspruch nehme
34
Q

Art. 9 I: Eingriff

A
  • Abzugrenzen:
  • > Eingriff
  • > bloße Ausgestaltung:
  • -> vor allem Regelungen, die die unterschiedlichen Vereins- und Gesellschaftsformen und ihre Teilnahme am Rechtsverkehr zum Gegenstand haben
  • -> auch die Veränderung bereits bestehender Vereinigungstypen stellt keinen Eingriff dar, weil bestehende Ausgestaltungen keinen Verfassungsrang haben
35
Q

Art. 9 I: Rechtfertigung: Schranken

A
  • Art. 9 II als Gesetzesvorbehalt (str.)
  • > auch für Religionsgemeinschaften
  • > Abschließende Verbotsgründe
  • Strafgesetze: nur allgemeine Strafgesetze (vgl. Art. 5 II), kein Sonderstrafrecht gegen Vereinigungen
  • Verfassungsmäßige Ordnung: als freiheitlich-demokratische Grundordnung
  • > Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt (“Gegenteil des totalen Staates”, BVerfG)
  • > insb. Menschenrechte, Volkssouveränität, Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit der Regierung, Unabhängigkeit der Gerichte, Mehrparteiensystem, Opposition
  • > “aggressiv-kämpferische Haltung” ausreichend (“richtet”, nicht “darauf ausgehen” wie in Art. 21 II)
36
Q

Art. 9 I: Rechtfertigung: Schranken-Schranken

A
  • Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
  • > entgegen dem Wortlaut von Abs. 2 anzuwenden!
  • mögliche mildere Mittel
  • > Verbot bestimmter Tätigkeiten
  • > Maßnahmen gegen einzelne Mitglieder
37
Q

Art. 9 III: persönlicher Schutzbereich

A
  • Jedermann-Recht
  • Doppelgrundrecht (natürliche und juristische Personen)
  • auch Beamte!
38
Q

Art. 9 III: sachlicher Schutzbereich

A
  • Koalition als besonderer Fall der Vereinigung
  • > Vereinigungsvoraussetzungen, insbesondere freiwilliger, privatrechtlicher Zusammenschluss
  • > Zweck: Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
  • > Gegnerfrei
  • > Rechtliche und tatsächliche Unabhängigkeit (von der Gegenpartei)
  • Gewerkschaft und Arbeitgeberverband: spezielle Formen der Koalition
  • > Gewerkschaft als Arbeitnehmer-Koalition mit Tariffähigkeit (gewisse soziale Mächtigkeit)
  • Gewährleistung
  • > positive Koalitionsfreiheit: Umfang wie bei Vereinigungsfreiheit, inklusive Arbeitskampfmaßnahmen (Art. 9 III S. 3 GG)
  • -> auch für Beamte (aber: Schranke!)
  • > negative Koalitionsfreiheit
  • -> wohl aber nicht umfasst: Schutz vor fremder Normwirkung (dh auch nichtorganisierte Arbeitnehmer/-geber werden von Tarifvereinbarungen etc. umfasst)
39
Q

Art. 9 III: Eingriff

A
  • wie bei Art. 9 I: Abgrenzung zur Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit (normgeprägtes Grundrecht)
  • Art. 9 III S. 2: unmittelbare Drittwirkung
  • > § 1004 analog
  • > § 823 II (Schutzgesetz)
40
Q

Art. 9 III: Rechtfertigung: Schranken

A
  • hM: Art. 9 II trifft aus systematischen Gründen keine Schrankenregelung für Art. 9 III
  • allein kollidierendes Verfassungsrecht
  • > insb. aus der positiven Koalitionsfreiheit des Arbeitgebers, keine gegnerische Koalition unterstützen zu müssen
  • > aus der negativen Koalitionsfreiheit der Unorganisierten, keiner Gewerkschaft beitreten zu müssen
  • > Art. 33 V: Streikverbot für Beamte: als einer der hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums -> mit Treuepflicht und Alimentationsprinzip nicht vereinbar
41
Q

Art. 9 III: Rechtfertigung: Schranken-Schranken

A
  • praktische Konkordanz
  • Art. 9 III S. 3 GG
  • bei Streikverbot für Beamte
  • > keine Tarifbezogenheit
  • > keine sonstige Beeinträchtigung der Koalitionsfreiheit
  • > Beteiligungsrechte bei der Vorbereitung gesetzlicher Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse
  • > Art. 33 V: Alimentationsprinzip, das dem einzelnen Beamten das grundrechtsgleiche Recht einräumt, die Erfüllung der dem Staat obliegenden Alimentationsverpflichtung zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen und erforderlichenfalls auf dem Rechtsweg durchzusetzen