§ 2: Die parlamentarische Demokratie d. GG Flashcards

1
Q

Staatsform und -gewalt in Beziehung zum Volk? (Allgemein)

A
  • Staats- und Regierungsform der BRD ist Demokratie; bedeutet Herrschaft des Volkes.
  • Alle Staatsgewalt basiert also auf dem Grundsatz der Volkssouveränität: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.“, Art. 20 I GG
  • Die demokratische Beteiligung des Bürgers ist auch in den Freiheitsrechten verankert. So bedeutet Demokratie Herrschaft auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes und für den einzelnen Bürger Teilnahme hieran in Freiheit und Gleichheit.
  • Hierbei ist zu beachten, dass das Volk nur mittelbar durch Staatsorgane durch die Wahl des Bundestags und der Regierung ausübt. Unmittelbar agiert es nur durch Wahlen und Abstimmungen.
    Allerdings muss grundsätzlich jede Anwendung von Staatsgewalt aus einer demokratischen Legitimationskette resultieren (BVerfG: „Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Gewalt.“). Dies gilt für jegliche staatliche Herrschaft, also auch dann, wenn Staatsgewalt durch Organe einer zwischenstaatlichen Einrichtung, insbesondere der EU, denen nach Art. 24 As. 1 GG bzw. Art. 23 Abs. 1 GG hoheitliche Befugnisse übertragen wurden, wahrgenommen wird.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Unmittelbar demokratisch legitimiertes Staatsorgan? Konkrete Ausübung der Volkssouveränität? Demokratische Legitimation weiterer Staatsorgane

A
  • Der Bundestag, also das Parlament der Bundesrepublik Deutschland. Denn er - und nur er - geht aus Wahlen hervor, durch die das Staatsvolk als Gesamtheit der Wahlberechtigten seine Repräsentanten, also die Mitglieder des Bundestags bestimmt, Art. 39 Abs. 1 S. 1 GG. -> D. d. GG = Parlamentarische D.
  • Weitere Fälle von „Wahlen“ kennt das GG für die Bundesebene nicht. Allerdings verlangt Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG, dass es auch in den Ländern, den Gemeinden und den Kreisen, also den Gebietskörperschaften, Wahlen.
  • Auch durch Abstimmungen soll Volk als Träger d. Staatsgew. nach Art. 20 Abs. 2 S. 2 seinen Willen äußern. Durch Wahlen werden Personen „gewählt“, in Abstimmungen wird unmittelbar über Sachfragen entscheiden. Das GG sieht Abstimmungen allerdings grundsätzlich nur in einem Fall vor: bei einer etwaigen Neugliederung des Bundesgebiets, Art. 29 GG.
  • Volk übt also StGw nur durch besondere Organe aus -> Mittelbare/repräsentative Demokratie
  • Für die weiteren “besonderen Organe” des Art. 20 Abs. 2 S. 2 muss die demokratische Legitimation über den Bundestag mittelbar auf das Volk zurückgeführt werden können. So wird der Bundeskanzler nach Art. 63 GG vom Bundestag gewählt und ist diesem verantwortlich. Die übrigen Mitglieder der Bundesregierung werden demgegenüber vom Bundeskanzler bestimmt, Art. 64 GG; auch sie sind dem Bundestag verantwortlich.
  • Staatsgewalt wird aber auch und vor allem durch Behörden ausgeübt, die der Regierung nachgeordnet sind. Sie leiten ihre Legitimation wiederum von der Regierung ab; hierdurch erhalten die weiteren Angehörigen der Exekutivgewalt personelle Legitimation. Da sie durch Art 20 Abs. 3 GG an die Gesetze gebunden sind, die ihrerseits vom Parlament erlassen worden sind, besteht für sie auch sachliche demokratische Legitimation. Eine vergleichbare Legitimationskette besteht für die rechtssprechende Gewalt.
  • Staatl. Gew. nehmen auch Gebietskörperschaften wahr. Haben Recht der Selbstverwaltung, können also örtliche, “eigene” Angelegenheiten selbstständig wahrnehmen. Auch sie müssen daher demokratisch gewählte Organe haben (bestätigt in Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG). Sind jedoch Teil der Exekutive.
  • Für einzelne Staatsaufgaben können selbstständige Verwaltungsträger gebildet, die diese autonom also nicht weisungsgebunden in Selbstverwaltung wahrnehmen. Nur abgeschwächte demokratische Legitimation. Deshalb muss Gründung vom Bundes/- oder Landtag durch Gesetz beschlossen werden und bedarf staatlicher Aufsicht. Umstritten.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Hauptfunktionen des Bundestages

A
  • Die Gesetzgebungsfunktion, zu der auch das Budgetrecht zu zählen ist, also das Recht des Bundestages, über den Staatshaushalt, über Einnahmen und Ausgaben zu entscheiden; es ist einer der zentralen Errungenschaften des demokratischen Staates, deshalb auch “Königsrecht” des Parlaments.
  • Kontrollfunktionen ggü. der Exekutive, insbesondere der Regierung.
  • mit der Bildung weiterer Vefassungsorgane seine Kreationsfunktion
  • seine Repräsentationsfunktion und Öffentlichkeitsfunktion; damit wird die Stellung des Bundestags als eigentliche Volksvertretung und als primäres Forum politischer Auseinandersetzung gekennzeichnet.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Parlamentsvorbehalte (ausführlich)

A
  • Parlament entscheidet als das unmittelbar demokratisch legitimierte Staatsorgan die wesentlichen Fragen des Staats. In aller Regel tut es dies in der Form des Gesetzes.
  • Wenn es um Rechte des Bürgers geht, um Eingriffe in Freiheit und Eigentum, um seine Grundrechte, ist das Handeln in Gesetzesform zwingend - man spricht hier vom Vorbehalt des Gesetzes: die Exekutive darf nicht aus eigener Machtvollkommenheit tätig werden, sie muss hierzu durch ein formelles, also vom Parlament beschlossenes Gesetz ermächtigt sein.
  • Der Vorbehalt des Gesetzes folgt zum einen aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsgebot - das Gesetz schafft Rechtssicherheit.
  • Es folgt auch aus dem Demokratiegebot: das Gesetzgebungsverfahren gewährleistet parlamentarische Öffentlichkeit und begründet demokratische Legitimation.
  • Entscheidung durch das Parlament bedeutet nicht nur, dass die Maßnahme der Exekutive überhaupt auf ein Gesetz zurückgeht. Vielmehr muss der parlamentarische Gesetzgeber im formellen Gesetz auch die wesentlichen Entscheidungen treffen, um die demokratische Legitimation herzustellen. Dieser Parlamentsvorbehalt geht also über den Gesetzesvorbehalt hinaus. Wesentliche, für die Grundrechtsverwirklichung maßgebliche Regelungen muss der parlamentarische Gesetzgeber selbst treffen und darf sie nicht anderen Normgebern oder der Exekutive überlassen.
  • Aber auch sonst dürfen wesentliche Entscheidungen von erheblicher Tragweite für das Gemeinwesen nicht “am Parlament vorbei” getroffen werden, auch wenn hierfür nicht der Erlass eines Gesetzes erforderlich ist, sondern ein “schlichter” Beschluss des Bundestags genügt.
  • Im Demokratiegebot des GG ist auch der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt begründet. Hiernach bedarf jeder Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland der vorherigen konstitutiven Zustimmung des Bundestags; d.h. erst auf Grund dieser Zustimmung darf der Einsatz erfolgen und die Bundesregierung den “Marschbefehl” geben. Das BVerfG begründet dies aus dem Zusammenhang der wehrverfassungsrechtlichen, also auf die Bundeswehr bezogenen Vorschriften des GG.
    “Entscheidung über Krieg und Frieden” ist nach GG Sache des Bundestags.
  • Bewaffnet ist ein Einsatz, wenn die “qualifizierte Erwartung” besteht, dass es zur Anwendung von Waffengewalt kommen kann. Ob es dazu kommt, ist nicht entscheidend. Bei “Gefahr im Verzug” braucht die Entscheidung des Bundestages nicht abgewartet werden; er muss dann nachträglich informiert werden. Eine nachträgliche Zustimmung wird jedoch nicht gefordert: der Bundestag kann, wenn ein Eileinsatz beendet ist, nicht mehr auf den Einsatz der Streitkräfte Einfluss nehmen. Der Bundestag trägt auch die fortlaufende Mitverantwortung für den Einsatz. Deshalb hat er auch verfassungsrechtlich ein Rückholrecht. Demgemäß kann er nach § 8 ParlBG die Zustimmung jederzeit widerrufen.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Was bedeutet der Parlamentsvorbehalt für wichtige politische Entscheidungen für die Regierung?

A
  • Er verkürzt die Handlungsspielräume der Regierung.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Politische Handlungsfähigkeit der Regierung als Rechtsgut von Verfassungsrang? Einschränkung des Parlamentsvorbehalt?

A
  • Hieraus ergibt sich die für staatsrechtliche Fragestellungen typische Kollision zwischen Verfassungsgütern, die in Ausgleich zu bringen sind (praktische Konkordanz):
    Die Verantwortung des Bundestags für wesentliche Entscheidungen einerseits, die politische, vor allem außenpolitische Verantwortung und Handlungsfähigkeit der Regierung andererseits. Deshalb muss z.B. beim Rückruf der Bundeswehr der Bundesregierung hinreichend Spielraum für eine geordnete Beendigung belassen werden.
    Man könnte hier auch von einem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung der Regierung sprechen, der im parlamentarischen System des Grundgesetzes vom Bundestag zu respektieren ist.
  • Auch die Regierung ist unter der demokratisch-parlamentarischen Ordnung des Grundgesetzes institutionell, funktionell und personell demokratisch legitimiert. “Aus dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie darf nicht ein Vorrang des Parlaments und seiner Entscheidungen gegenüber den anderen Gewalten als ein alle konkreten Kompetenzzuordnungen überspielender Auslegungsgrundsatz hergeleitet werden.” Dies dürfte z.B. für die umstrittenen Waffenlieferungen in den Irak gelten: hierfür ist die Zuständigkeit der Bundesregierung in Art. 26 Abs. 2 S. 1 GG explizit festgelegt.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Methodik: “Demokratieprinzip” in der Fallbearbeitung

A
  • Beziehen sich staatsrechtliche Fragestellungen in Zusammenhang mit Aufgaben und Funktion des Parlaments auf konkret in der Verfassung geregelte Kompetenzen und Befugnisse, so ist zunächst auf die hierfür einschlägigen Bestimmungen zurückzugreifen. Bei ihrer Anwendung ist dann aus allgemeineren, grundsätzlicheren Erwägungen zur Funktion des Parlaments in der demokratischen Ordnung des Grundgesetzes zu argumentieren.
  • Fehlen ausdrücklichere Regelungen, so muss unmittelbar auf diese allgemeinen Grundsätze zurückgegriffen werden. Auch dann sollte aber möglichst konkret argumentiert werden. Dies bedeutet, nicht unbesehen allgemeinste Prinzipien (wie “Demokratieprinzip”, “parlamentarische Demokratie”) anzuführen, sondern hieraus abgeleitete konkretere Gesichtspunkte, etwa die wesentlichen Funktionen des Parlaments, die notwendige außenpolitische Handlungsfähigkeit der Regierung. Hieraus ist dann die Lösung, ggf. in Abwägung dieser Gesichtspunkte zu begründen.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly