03.1 Schmelzschweißen/Lichtbogenschweißen - Allgemeines Flashcards
Lichtbogen - Definition
Ein Lichtbogen ist eine sich selbst erhaltende Gasentladung zwischen zwei Elektroden, die eine ausreichend hohe elektrische Potentialdifferenz (=Spannung) aufweisen muss, um durch Stoßionisation die benötigte hohe Stromdichte aufrechtzuerhalten. Die Gasentladung bildet ein Plasma, in dem die Elementarteilchen (Atome oder Moleküle) zumindest teilweise ionisiert werden.
Plasma
- Der „vierte“ Aggregatzustand
- Gas(gemisch), dessen Bestandteile teilweise oder vollständig ionisiert sind
- Im Rahmen der Schweißtechnik elektrisch leitendes Gas
-> Tritt in Wechselwirkung mit elektromagnetischen Feldern - Nach außen elektrisch neutral
Plasma - Klassifizierung (4)
Klassifizierung nach
- Umgebungsdruck (Hochdruck-, Niederdruck)
- Thermisches Gleichgewicht
- Temperatur
- Ionisationsgrad
Elektrischer Lichtbogen - Grundsätze (3)
- Die freien Ladungsträger (Elektronen und Ionen) haben zur Folge, dass das Gas elektrisch leitfähig wird.
- Dauerhaft (Spannungsfeld wird aufrecht erhalten) -> Quasi permanenter Blitz
- Stoßionisation
Elektrischer Lichtbogen - Stoßionisation
Die Erzeugung von Ionen durch Kollision von Atomen mit freien Elektronen, die mit einem elektrischen Feld beschleunigt wurden, in einer Art Kettenreaktion. Der Fluss der Elektronen bildet dann den Schweißstrom.
Schweißlichtbogen
- Besondere Form der selbstständigen Gasentladung mit relativ großen Strömen (1-1500A) und geringen Spannungen (15-50V)
- Gasentladung findet zwischen einer Kathode (Elektrodenquelle) und einer Anode (Elektrodensenke) statt
- Verbindet oder trennt Metalle durch erzeugtes Hochtemperaturplasma
Charakteristische Bereiche eines idealen Lichtbogens
- Kathodenfallgebiet
- Lichtbogensäule
- Anodenfallgebiet
Lichtbogenstrecke - Voraussetzungen für die Bildung eines Lichtbogens
- Elektrische Spannung (20-40V)
- Ausreichend elektrische Leistung (10 – einige 100A)
-
Gas zwischen den Elektroden -> Ladungsträger für Lichtbogen (kein Vakuum)
-> Leicht zu ionisieren
-> Möglichst keine unerwünschten Reaktionen mit Grundwerkstoff und Zusatzwerkstoff
-> Schweißteile und Tropfen schützen
-> Meist Argon, aus Luft gewonnen
Lichtbogenstrecke - Realisierung
- Umspülen mit einem Schutzgas -> Reagieren nicht mit Luft
- Freisetzen von Gasen aus einer mineralischen Schlacke
- Zwei Elektroden benötigt (eine der beiden bildet den Grundwerkstoff) zwischen denen eine elektrische Spannung anliegt
Lichtbogenstrecke - Gas zwischen den Elektroden
Ladungsträger für Lichtbogen (kein Vakuum)
- Leicht zu ionisieren
- Möglichst keine unerwünschten Reaktionen mit Grundwerkstoff und Zusatzwerkstoff
- Schweißteile und Tropfen schützen
-> Meist Argon (aus Luft gewonnen)
Lichtbogenstrecke - Mögliche Schutzgase
- Argon
- Helium (ca. 100x so teuer wie Argon)
- Kohlendioxid (Nachteil: Bildung von CO)
- Mischung aus den oben genannten
-> Gas wird i.d.R. durch den Schweißbrenner zugeführt
-> Weitere Möglichkeit der Gewinnung von Schutzgas: Thermischer Zerfall von Karbonaten, die in einer mineralischen Umhüllung der Elektrode oder einem Schweißpulver enthalten sind
Lichtbogenstrecke - Anforderungen an Strom zwischen den Elektroden (2)
- Spannung hoch genug, um das Gas, das sich zwischen den Elektroden befindet, zu ionisieren und damit leitfähig zu machen (im Vakuum ließe sich kein Lichtbogen ausbilden)
- Fließender Strom muss mindestens so hoch sein, dass sich dieser Ionisierungszustand über die herrschende Temperatur stabilisiert -> Ausreichende Leistungsfähigkeit der Schweißenergiequelle
Lichtbogenzündung
- „Freie“ Elektronen, die „schnell genug“ sind (beschleunigt durch hohe Temperaturen oder einem elektrischen Feld), kollidieren mit anderen Elektronen aus Atomen oder Molekülen, sodass diese ionisert werden und somit positiv geladen werden und als Kationen vorliegen
- Wenn genügend Energie zur Verfügung steht (z.B. durch Feld- oder Wärmeemissionen in Kombination mit elektrischem Potenzial -> Beschleunigungsspannung), kann ein „kritischer Zustand“ erreicht werden, in dem mehr Teilchen ionisiert werden als sich rekombinierte Atome bilden können -> „Avalanche effect“
Lichtbogenzündung - Rekombination
- Regression von den ionisierten Atomen zum atomaren Zustand im freien Gasraum
- Durch die Abkühlung des Gasstroms kommt es zur Rekombination des positiven Ions zu einem Atom
Notwendige Bedingung für eine Lichtbogenzündung
Hohe Spannungen im kV-Bereich notwendig
- Aus Sicherheitsgründen dürfen diese nicht selbst durch die Schweißenergiequelle geliefert werden
- Zündung entsteht daher meist im Kontakt, oder es werden Zündgeräte verwendet, die die benötigten hohen Spannungen bei limitierter Ausgangsstromstärke liefern
- Der geschaffene leitfähige Kanal wird dann durch die Leistung der Schweißenergiequelle aufgeheizt und zum stabilen Lichtbogen erweitert
Lichtbogenzündung - Zündmechanismen
- Kontaktzündung
- Kontaktlose Zündung
Lichtbogenzündung - Kontaktzündung
- Kurzschluss bei Berührung der Elektrode mit dem Werkstück bewirkt einen hohen Kurzschlussstrom
- Berührung ist nicht vollflächig, sondern durch Unebenheiten nur punktuell (extrem hohe, lokale Stromdichten)
- Bei Kontakt führt die lokale Joul‘sche Widerstandserwärmung zu Verdampfungsprozessen
-> Metalldampf lässt sich gut ionisieren - Initiale Zündung des Lichtbogens durch Kombination aus thermischer Emission und Feldemission
- Stoßionisation führt zur Ausbildung der selbstständigen Entladung des Plasmas
- Beispielanwendungen: E-Handschweißen, MIG/MAG-Schweißen, Unterpulverschweißen)
Lichtbogenzündung - Kontaktlose Zündung
- Hohe el. Feldstärken können Elektronen aus el. Leitern lösen (-> vgl. Austrittsarbeit)
- Nutzung eines hochfrequenten Hochspannungsimpulses (mehrere kV)
- Elektrodenspitze bewirkt in Kombination mit HF extrem hohe lokale Felddichten, sodass ein ionisierter Plasmakanal entsteht, mit kleinem Radius und über die Elektrodenspitze auf das Werkstück verlaufend („kalte“, unselbstständige Entladung)
- Bedarf „externer“ Ionisierugsquellen!
- Durch bereitstellen von genügendem el. Potential (-> Leerlaufspannung) kann die unselbstständige Entladung in eine selbstständige Entladung überführt werden (thermischer Lichtbogen)
-> Entsteht durch „innere Ionisierungsvorgänge“ - Beispielanwendungen: WIG-Schweißen
Lichtbogenkennlinie
Gibt das (lineare) Verhältnis von Lichtbogenspannung zu Lichtbogenstromstärke an
Lichtbogenkennlinie - Einflussfaktoren (4)
- Schweißstromstärke
- Lichtbogenlänge (proportional zur Schweißspannung)
- Form, Werkstoff und Oberflächenbeschaffenheit von Kathode und Anode
- Ionisationsgrad in der Lichtbogensäule
Leistung und Leistungsdichte in einem elektrischen Lichtbogen
Lichtbogen dient als Wärmequelle zum Aufschmelzen von Grund- und Zusatzwerkstoff
- Umwandlung von elektrischer Energie (Strom*Spannung) in Wärmeenergie
- Vereinfachte Darstellung des Lichtbogens als eine Reihenschaltung von Einzelwiderständen, die vom gleichen Strom durchflossen werden -> An jedem dieser Widerstände fällt daher ein der Leistung proportionaler Anteil der Schweißspannung ab
Leistung und Leistungsdichte in einem elektrischen Lichtbogen - Elektrodenfallgebiete
Relativ hoher Anteil der elektrischen Energie wird in den Elektrodenfallgebieten umgesetzt -> Dort entwickelt sich auch ein hoher Anteil der Wärme und kann direkt zum Aufschmelzen des Grundwerkstoffs/Zusatzwerkstoffs genutzt werden
- Wärmeenergie aus der Lichtbogensäule wird nur indirekt durch Strahlung und Wärmeleitung auf Grund- und Zusatzwerkstoff
- Spannungsabfall in Elektrodenfallgebieten fast konstant -> Bei konstantem Strom, aber durch Variation der Lichtbogenlänge veränderter Gesamtspannung, ändert sich der Wärmeumsatz hier kaum -> Grundwerkstoffseitig bleibt der Einbrand konstant
-> Erhöhung des Stromes -> Erhöhung des Einbrandes (unabhängig von der Lichtbogenlänge)
Blaswirkung - Ursachen
- Lichtbogensäule: Elektrischer Leiter -> Verfügt über ein ihn umgebendes magnetisches Feld
- Wenig steif -> Kleine Kräfte reichen zur Auslenkung -> Lichtbogen wird von magnetischen Feldern abgelenkt
Lichtbogen erscheint wie durch eine Luftbewegung weggeblasen
Auswirkungen des konzentrischen Magnetfelds um den Lichtbogen
Konzentrisches Magnetfeld (um el. Leiter) übt eine komprimierende Wirkung auf den Lichtbogen aus
- Trotz steigender Stromstärke wird der Lichtbogen nur minimal breiter
- Das eigenmagnetische Feld verleiht dem Lichtbogen eine zunehmende Steifigkeit
- Widerstandsfähigkeit gegen Ablenkung von der Lichtbogenachse
Beeinflussung des Lichtbogens durch magnetische Blaswirkung - Einflussfaktoren (5)
- Zu großen, ferritischen Massen hin
- Zum Massenanschluss hin
- Zur Schweißfuge hin
- Durch nicht entmagentisiertes Grundmaterial
- Durch ungünstig verlegte Massekabel
Blaswirkung - Abhilfemaßnahmen (manuelles Schweißen)
- Elektrode entgegen der Blaswirkung neigen
- Zusätzliche Stahlmassen einbringen, um den Lichtbogen wieder „gerade zu ziehen“
-> Beide Maßnahmen ergreift der Schweißer intuitiv
Blaswirkung - Abhilfemaßnahmen (Maschinenschweißungen) (4)
Für möglichst gleichmäßige Stromversorgung sorgen
- Mehrfache Masseanschlüsse
- Zahlreiche kräftige Heftstellen
- Nachführen des Masseanschlusses
- Optimale Schweißfolge
Ablenkung des Lichtbogens bei dickwandigen Bauteilen
Begrenzte Richtwirkung des Lichtbogens in axialer Richtung, der im Brenner befindlichen Elektrode und die geringe Eigensteifigkeit der Plasmasäule führt dazu, dass sich der Lichtbogen in engen Spalten und Schweißnahtvorbereitungen dem Weg des geringsten (elektrischen) Widerstands folgend seitlich auf die Nahtflanken ausrichtet -> Lichtbogenfußpunkt mit intensiver Wärmeentwicklung wirkt nicht mehr kontrolliert auf die Wurzel der Schweißnaht ein
- Konsequenz: Wurzelbindefehler
Ablenkung des Lichtbogens bei dickwandigen Bauteilen - Abhilfemaßnahmen
- C-, Y- und X-Nahtvorbereitungen mit entsprechend großen Öffnungswinkeln
- Ausreichend breite U-Nahtvorbereitungen mit großzügig angelegten Ausrundungen im Bereich der Wurzellage
-> Lichtbogenschweißprozess: Öffnungswinkel von 40° bis 60°
Nahtvorbereitungen - Ungünstige Fälle
Zu enge Nahtöffnungswinkel -> Hohe Wahrscheinlichkeit der Wurzelbindefehlern
Bevorzugte Nahtvorbereitungen (4)
- Kehlnaht
- Überlappnaht
- I-Fuge mit Steg (Y-Fuge)
- I-Fuge mit Schmelzbadabstützung
Brauchbare Nahtvorbereitungen
Bördelnaht
Zu vermeidende Nahtvorbereitungen (Notlösungen) (3)
- I-Fuge ohne Schmelzbadabstützung
- Ecknaht ohne Überlappung
- HV-Fuge
Schweißkonstruktion - Grundlagen (3)
- Möglichst gleichmäßige Spannungsverteilung im Bauteil (Beanspruchung)
- Optimale Belastbarkeit der Nähte gewährleisten (Beanspruchbarkeit)
- Werkstoffkennwerte voll ausreizen, um Überdimensionierung zu vermeiden (Beanspruchung ≤ Beanspruchbarkeit)
Schweißkonstruktion - Konstruktionsregeln
Hauptfaktor:
- Zugänglichkeit
Weitere Faktoren
- Fertigungsaufwand
- Entstehende Kerbwirkung
- Verzug
- Lage der Schweißnaht
Kerbwirkung
- Bei Stumpfstößen gering -> Relativ teure Schweißnaht erforderlich (Schweißung erfordert ein hohes Maß an Handfertigkeit)
- Kehlnähte sind hingegen sehr einfach und preiswert herzustellen, die dafür weniger hoch beanspruchbar sind
Kerbwirkung anhand Kraftfluss innerhalb eines Bauteils:
- Kraftfluss vereinfacht als fließendes Wasser in einem hohen Bauteil vorzustellen
- Fließgeschwindigkeit entspricht der Höhe der Spannungen
- Wirbel -> Zusätzliche Spannungsüberhöhungen (Kerbwirkung) zu erwarten
Kehlnähte - Relevante Maße
- a-Maß
- z-Maß
Kehlnähte: a-Maß
Höhe des größten gleichschenkligen Dreiecks, das sich in die Schnittdarstellung eintragen lässt
- Relevant für tragenden Querschnitt (Kraftflusssimulation)
- Faustformel: a-Maß ≥ Kleinste Blechdicke
- Auslegung: Beidseitig geschweißt: a-Maß kann um hälfte verringert werden
- A-Maß ist der kleinste tragende Querschnitt -> Versagenskritisch
Kehlnähte: z-Maß
Schenkel des größten gleichschenkligen Dreiecks, das sich in die Schnittdarstellung eintragen lässt
Stumpfnähte: Gründe für erhöhte Kerbwirkungen (4)
- Verbleibende Badsicherung
- Nicht durchgeschweißte Bleche
- Überwölbung der Decklage und Wurzel
- Besonders kritisch sind plötzliche Querschnittssprünge (bei Überschreitung eines bestimmten Blechdickenverhältnisses anzuschrägen)
Nahtübergänge: Gründe für erhöhte Kerbwirkungen
- Je schärfer, umso höher die Kerbwirkung
- Linienartige Verbindungen erlauben einen ungestörteren Kraftfluss als punktförmige Verbindungen
Kerbwirkung - Worauf muss bei der Auslegung geachtet werden?
Auslegung auf statische oder zyklische Belastung
Kerbwirkung - Auslegung auf statische Belastung
- Kerbwirkung meist vernachlässigt
- Bei ausreichend duktilem Material führen lokale Überschreitungen der Streckgrenze durch Spannungsspitzen (Kerbwirkung) zu lokaler Plastifizierung
-> Umlagerung der Spannungen in weniger hoch belastete Bereiche
-> Spannungsspitzen bauen sich ab, Querschnitt wird gleichmäßiger belastet
Kerbwirkung - Auslegung auf zyklische Belastung
- Zulässige Spannungen sehr viel niedriger (Wöhlerkurve)
- Streckgrenze wird auch in den Kerbdetails nicht erreicht -> Kein lokaler Spannungsabbau duch Plastifizierung
- Lokal höchsten Spannungen in Kerbdetails Material ermüdet dort schneller, es entsteht ein Riss
Verzug
- Heißes Material schrumpft bei der Abkühlung
- V-Förmige Schweißnähte: Mehr Material an der Oberseite, als an der Wurzel -> Maß der Schrumpfung größer an Oberseite -> Das Blech verzieht sich (Winkelverzug)
- Durch den Verzug bauen sich die durch das Schrumpfen verursachten Spannungen ab
- Verzug ist häufig unerwünscht
Verzug/Eigenspannung: Einflussfaktoren (3)
- Anzahl an Schweißraupen
- Eingebrachtes Nahtvolumen
- Schweißfolge
Verzug/Eigenspannung: Vermeidung (4)
- Kleine Nahtvolumina/Mehrlagenschweißungen (Verursachende Spannungen garnicht erst so hoch werden lassen)
- Früh aussteifen (Blockiert Verformungen -> wirkt Verzug entgegen)
-> Es entstehen höhere Eigenspannungen - Symmetrische Nahtanordnung
- Schweißfolgen
Verzug/Eigenspannung: Vermeidung - Schweißfolgen
- Erst Stumpf-, dann Kehlnähte
- Erst Längs- dann Rundnähte
- Erst Querstöße, dann Längsnähte (von innen nach außen)
–> Immer erst die kurzen Nähte (erzeugt zwar Eigenspannung, reduziert aber Verzug)