ZPO Sachentscheidungsvoraussetzungen Flashcards

1
Q

Begriff Sachentscheidungsvoraussetzungen

A

Sachentscheidungsvoraussetzungen („Sachurteilsvoraussetzungen“) müssen vorliegen, damit sich das Gericht mit der Sache befasst, also den Streit entscheidet.
(“Prozessvoraussetzung” ist missverständlich –> falls SEV nicht vorliegen wird durch Prozessurteil als unzulässig abgewiesen).

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2
Q

Bei welchen fehlenden SEV kommt es überhaupt nicht zum Prozess? (Klage wird nicht zugestellt)

A

Nach hM:

  • wenn deutsche Gerichtsbarkeit offenkundig fehlt
  • Klageschrift nicht unterzeichnet ist
  • die Klage beim OLG oder BGH erhoben wurde (sachliche Zuständigkeit fehlt)
  • Prozesskostenvorschuss nicht bezahlt wurde, §12 GKG
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3
Q

Für welche Prozessarten gibt es besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen?

A

Bei

  • Voraussetzungen für Rechtsmittel,
  • das Versäumnisverfahren (§§ 330 ff. ZPO),
  • den Urkundenprozess (§ 592 ZPO),
  • die Nebenintervention,
  • das Wiederaufnahmeverfahren (§§ 578 ff.) treten neben die (allgemeinen) Sachentscheidungsvoraussetzungen.
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4
Q

Welche SEV betreffen das Gericht?

A
  • deutsche Gerichtsbarkeit
    ­ - beschrittener Rechtsweg zulässig
    ­ - internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte
    ­ - sachliche, örtliche und funktionelle Zuständigkeit
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5
Q

Welche SEV betreffen die Parteien?

A
- Existenz der Parteien
­- Parteifähigkeit
­- Prozessfähigkeit; ggf. gesetzliche Vertretung Prozessunfähiger
­ - Vollmacht des Vertreters
-­ Prozessführungsbefugnis
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6
Q

Welche SEV betreffen den Streitgegenstand?

A
  • bestimmter Klageantrag, § 253 ZPO
    ­- keine entgegenstehende Rechtskraft (§322 ZPO)
    -­ keine anderweitige Rechtshängigkeit
    -­ Rechtsschutzbedürfnis
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7
Q

Wie werden Sachentscheidungshindernisse geprüft?

A

Sachentscheidungshindernisse werden nicht von Amts wegen berücksichtigt, sondern nur auf Einrede des Beklagten.
-­ Schiedsgerichtsabrede, § 1032 ZPO
­- Einrede mangelnder Prozesskostensicherheit, § 110 ZPO; Rechtsfolge: § 113 ZPO
-­ mangelnde Kostenerstattung im vorherigen Verfahren, § 269 VI ZPO

Rechtsgeschäftlich begründete Hindernisse sind grundsätzlich als Prozessverträge zulässig. Es gilt die Privatautonomie.

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8
Q

Wie werden Sachentscheidungsvoraussetzungen geprüft?

A

Sachentscheidungsvoraussetzungen werden grundsätzlich von Amts wegen geprüft.

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9
Q

Was passiert, wenn während des Prozesses eine Sachentscheidungsvoraussetzung wegfällt?

A
  • Fallen die Zuständigkeitsvoraussetzungen während des Prozesses weg, so gilt der Grundsatz der Fortdauer der einmal begründeten Zuständigkeit (perpetuatio fori) nach § 17 I 1 GVG und § 261 III Nr. 2 ZPO.
  • Fallen Partei- oder Prozessfähigkeit im Lauf des Verfahrens weg, kann die Partei vertre- ten werden; die Klage wird nicht abgewiesen, vielmehr wird das Verfahren unterbrochen, §§ 239 ff. ZPO.
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10
Q

Was passiert bei fehlender Zuständigkeit des Gerichts?

A
  • Ein an sich nicht zuständiges Gericht kann durch rügelose Einlassung zuständig werden, § 39 ZPO.
  • ­ Fehlt die Zuständigkeit, ist die Klage u. U. nicht als unzulässig abzuweisen, sondern der Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen, § 281 ZPO oder § 17a II 1 GVG. Im amtsgerichtlichen Verfahren gilt zudem die besondere Hinweispflicht nach § 504 ZPO.
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11
Q

Was passiert beim fehlen von parteibezogenen SEV?

A

Fehlen parteibezogene Sachentscheidungsvoraussetzungen, so sollte die Möglichkeit der Genehmigung in Betracht gezogen werden.

–> Diese kommt in Frage bei fehlender Postulationsfähigkeit (der hinzugezogene Anwalt genehmigt) oder Prozessführungsbefugnis (der materiell Berechtigte genehmigt die Prozessführung); s. § 89 II ZPO bei der Vollmacht. Bei fehlender Prozessfähigkeit ist die Genehmigung auch analog § 108 III BGB möglich.

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12
Q

Muss bei (offensichtlicher) Unbegründetheit im Gutachten, die Zulässigkeit komplett durchgeprüft werden?

A

JA!

  • Dies folgt schon aus der unterschiedlichen Rechtskraftwirkung von Prozess- und Sachurteilen.
    = Wurde die Klage wegen fehlender Zuständigkeit abgewiesen, kann am richtigen Gericht nochmals geklagt werden. Anders, wenn die Klage unbegründet war. Dann kann nicht noch einmal aus einem anderen Gesichtspunkt die Klage erhoben werden.

­- Es wäre ferner mit der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 I 2 GG) unverein- bar, wenn ein unzuständiger Richter die Klage sachlich abweisen könnte. Daher ist zunächst dessen Zuständigkeit zu prüfen.

-­ Das rechtliche Gehör (Art. 103 I GG) wird verletzt, wenn etwa die Prozessfähigkeit oder die Vertretung dahingestellt bleiben könnte, denn dann fehlte der Partei eine legitime Handlungsmöglichkeit.

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13
Q

Wann ist eine Klageabweisung als unbegründet möglich, wenn Zulässigkeitsvoraussetzungen ungeklärt sind?

A

NUR als Ausnahme!:
- wenn Feststellungsinteresse § 256 I ZPO zweifelhaft ist

Dies wird damit begründet, dass im Hinblick auf das Feststellungsinteresse unnötige Arbeit verhindert werden soll (BGH NJW 1996, 193, 195; BAG NJW 2007, 1755).

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14
Q

Allgemeine Zulässigkeit einer Klage

A

I. Echte Prozessvoraussetzungen (ohne diese kommt bereits der Prozess nicht zustande; müssen bei Klageerhebung vorliegen)

  1. Deutsche Gerichtsbarkeit (§§ 18-20 GVG)- P: Immunität
  2. wirksame und ordnungsgemäße Klageerhebung (§ 253 ZPO)
  3. Postulationsfähigkeit bei Klageeinreichung (§§ 78, 79 ZPO)- Späteres wegfallen der Postulationsfähigkeit schadet nicht an Zulässigkeit
  4. Durchführung eines erforderlichen Schlichtungsverfahrens (§ 15a EGZPO iVm § 37a AGJusG)II. Sachentscheidungsvoraussetzungen (Umstände, die vorliegen müssen, sodass das Gericht zu einer Entscheidung kommen kann (letzte mündliche Verhandlung maßgeblich)
  5. Gerichtsbezogene SEV (Schlagwort: Deutsche Zuständigkeit)
    a) Zivilrechtsweg eröffnet (§ 13 GBG)- P: Internationale Zuständigkeit bei Fällen mit Auslandsbezug - Ansonsten Verweis an das zuständige Gericht nach § 17a II 1 GVG
    b) Sachliche Zuständigkeit (§ 1 ZPO iVm §§ 23, 23a, 71 GVG)
    c) Örtliche Zuständigkeit („Gerichtsstand“, §§ 12 ff. ZPO)Achtung: Ein an sich unzuständiges Gericht, kann durch Vereinbarung (Prorogation, §§ 38, 40 ZPO) oder durch rügelose Einlassung (§ 39 ZPO) zuständig werden
  6. Parteibezogene SEV (Schlagwort: Partei vor Gericht)
    a) Parteifähigkeit (entsprechend der Rechtsfähigkeit § 50 ZPO iVm § 1 BGB, § 13 GmbHG etc.)
    b) Prozessfähigkeit (entsprechend der Geschäftsfähigkeit, §§ 51, 52 ZPO)- Es existiert keine beschränkte Prozessfähigkeit
    c) Prozessführungsbefugnis
    d) Postulationsfähigkeit (§§ 78, 79 ZPO)
  7. Streitgegenstandsbezogene SEV (Schlagwort: Darf ich das Klagen?)
    a) Klagbarkeit des Anspruchs
    b) Fehlende anderweitige Rechtshängigkeit (§ 261 III Nr. 1 ZPO)
    c) Keine entgegenstehende Rechtskraft (§ 322 ZPO)
    d) Rechtsschutzbedürfnis
  8. Besondere SEV (der einzelnen Klageart)
    a) Spezielle Voraussetzungen der jeweiligen Klage- bzw. Antragsart (z.B. § 256 ZPO)

III. Keine Sachentscheidungshindernisse (Prozesshindernisse, Prozesshindernde Einreden (erst durch Rüge des Beklagten)Achtung: Begriff „Prozesshindernis“ irreführend, hindert nur die Entscheidung der Sache nicht den Prozess an sich
1. Einrede des Schiedsvertrags, § 1032 ZPO

  1. Einrede mangelnder Kostenerstattung, § 269 VI ZPO
  2. Einrede der Kostengefährdung bei Ausländern §§ 110 ff. ZPO
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