ZPO - Grundprinzipien des zivilgerichtlichen Verfahrens Flashcards

1
Q

Dispositionsmaxime

A

a. ) „Ob des Prozesses“
- -> Der Kläger bestimmt über die Einleitung des Prozesses. Das ist Ausfluss seiner Privatautonomie, die prozessual in die Dis- positionsmaxime mündet.

b.) „Streitgegenstand“
Kläger bestimmt den Gegenstand des Prozesses

c.) Ende des Verfahrens (Kläger und Beklagter)

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2
Q

Gegensatz zur Dispositionsmaxime

A

Amtsverfahren (Offizialmaxime)
Die Parteien haben keinen Einfluss auf den Beginn des Verfahrens. Die Offizialmaxime gilt in Amtsverfahren der freiwilli- gen Gerichtsbarkeit (FG): z.B. § 1666 BGB (Sorgerechtsverfahren; s. §§ 151 ff. FamFG), § 1774 BGB (Vormundschaftsanordnung), § 1915 BGB (Pflegschaft).

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3
Q

Verhandlungsgrundsatz

A

auch Beibringungsgrundsatz, betrifft die Frage, wie der tatsächliche Streitstoff und der Beweisstoff des Verfahrens gebildet werden.

Betrifft:

  • Streitstoff
  • Beweisbedürftigkeit
  • Beweismittel
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4
Q

Wie wird der Streitstoff gebildet?

A

Parteien haben dazu (tatsächliche) Behauptungen aufzustellen und sich zu den Behauptungen des Gegners zu erklären, § 138 II ZPO. Was nicht behauptet wurde, darf das Gericht seinem Urteil nicht zugrunde legen, es darf auch kein Be- weisbeschluss ergehen.

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5
Q

Darlegungslast

in welcher Art und Weise

A

Bestimmt wer welche Behauptung aufzustellen hat

Behauptung muss substantiiert erfolgen

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6
Q

Ist jede substantiiert behauptete Tatsache beweisbedürftig?

A
Nicht jede (substantiiert behauptete) Tatsache ist „beweisbedürftig“
Die Parteien disponieren über die Beweisbedürftigkeit durch „Nichtbestreiten“ und „Geständnis“, §§ 138 III, 288 ZPO
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7
Q

Gegensatz zum Verhandlungsgrundsatz

A

Den Gegensatz zum Verhandlungsgrundsatz dazu bildet der Untersuchungsgrundsatz („Inquisitionsmaxime“). Hier ist das Gericht für die Sachverhaltsaufklärung verantwortlich. Er gilt in familiengerichtlichen Verfahren (Ehesachen, § 127 I FamFG; Abstammungsverfahren, § 177 FamFG), im Strafverfahren und im Verwaltungsprozess, § 86 I VwGO.

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8
Q

Unterschied Untersuchungsgrundsatz und Prüfung von Amts wegen

A

„Prüfung von Amts wegen“ bedeutet, dass das Gericht nicht an das Parteiverhalten (Nichtbestreiten, Geständnis) gebunden ist.

Untersuchungsgrundsatz („In- quisitionsmaxime“). Hier ist das Gericht für die Sachverhaltsaufklärung verantwortlich

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9
Q

Für was gilt der Verhandlungsgrundsatz nicht?

A

Für Rechtsfindung

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10
Q

Rechtliches Gehör

A

Art. 103 I GG gewährt das Grundrecht auf rechtliches Gehör.

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11
Q

Inhalt “rechtliches Gehör” Art. 103

A

Die Parteien müssen Gelegenheit haben, zu allen rechtlichen und tatsächlichen Fragen Stellung zu beziehen. Tatsachenvortrag und Beweisantrag dürfen vom Gericht nicht übergangen werden.

Insbesondere Überraschungsentscheidungen sind verboten; das Gericht muss vor einer sol- chen Entscheidung auf seine (rechtliche) Auffassung hinweisen, § 139 II ZPO.

Es genügt, wenn die Partei die Möglichkeit zur Stellungnahme hat. Eine mündliche Anhörung ist nicht erforderlich. § 357 ZPO dient der Stärkung des Grundrechts aus Art. 103 I 1 GG be- züglich der Beweisaufnahme

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12
Q

typische Verletzungen des Rechts auf rechtliches Gehör:

A

­ Anträge werden übersehen, auch Beweisanträge
­ Parteivortrag wird übersehen, insbesondere Behauptungen
­ Gegner wird nicht angehört
­ Beweismittel werden nach § 356 ZPO ausgeschlossen ohne Fristsetzung
­ Präklusion ist ungerechtfertigt, §§ 296, 530 ZPO (Richter setzt die Frist zu kurz)
­ Überraschungsentscheidungen (BVerfG NJW 1991, 2823); Hinweis auf Anforderungen
an Sachvortrag erforderlich
­ Verwertung von Beiakten, ohne Kenntnis der nachteilig betroffenen Partei

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13
Q

Träger GR Art. 103

A

Rechtliches Gehör steht den Parteien und Nebenintervenienten (§§ 66–71 ZPO) zu, aber u. U. auch anderen Dritten, die von der Entscheidung betroffen sind.

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14
Q

Verfahrensbeschleunigung

A

Mit § 198 GVG hat der Gesetzgeber zum 3.12.2011 (BGBl. 2011 I 2302) einen solchen Rechtsbehelf geschaf- fen, der die Grundlage eines Entschädigungsanspruchs wegen Verfahrensverzögerungen bil- det. Voraussetzung ist eine Verzögerungsrüge (§ 198 III 1 GVG)

Durchaus im Spannungsverhältnis zum rechtlichen Gehör steht die Verfahrensbeschleuni- gung. Das wurde bereits bei den Präklusionsvorschriften deutlich.

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15
Q

RF Verletzung Art. 103 GG

A

Die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör stellt einen Verfahrensmangel dar, der mit Rechtsmitteln zu rügen ist. Daneben tritt die Verfassungsbeschwerde, wenn kein Rechtsmittel mehr zulässig ist

+ Anhörungsrüge

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16
Q

Anhörungsrüge

  • Für was?
  • Wann zulässig?
  • Was passiert, wenn erfolgreich?
  • Stufen der Anhörungsrüge
A

Nach § 321a ZPO ist die Anhörungsrüge bei Urteilen und Beschlüssen in jeder Instanz statt- haft. Sie ist bei dem Gericht einzulegen, das die gehörsverletzende Entscheidung erlassen hat („iudex a quo“ – was ihre Erfolgsaussichten nicht stärkt).

Gemäß § 321a I Nr. 1 ZPO ist die Anhörungsrüge subsidiär. Sie ist nicht zulässig, wenn das Urteil noch anfechtbar ist, also ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung möglich ist. Die Gehörsverletzung ist in diesen Fällen im Rechtsmittelverfahren zu korrigieren („Vorrang des Rechtsmittelverfahrens“).

Ist die Anhörungsrüge erfolgreich, wird das Verfahren unter Wahrung rechtlichen Gehörs fort- gesetzt (§ 321a V ZPO). Der Streitgegenstand ändert sich nicht. Ist sie nicht erfolgreich, kann Verfassungsbeschwerde eingelegt werden, weil der Rechtsweg „erschöpft“ ist (vgl. § 90 II BVerfGG).

Das Verfahren nach § 321a ZPO hat also drei Stufen:

  1. Prüfung der Zulässigkeit der Rüge
  2. Prüfung der Begründetheit der Rüge
  3. Ggf. Verfahrensfortsetzung
17
Q

Unmittelbarkeit

3 Ausprägungen

A

§ 128 I ZPO: Die mündliche Verhandlung findet vor dem erkennenden Gericht statt.

Unmittelbarkeit zwischen Verhandlung und Entscheidung, § 309 ZPO

Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme, § 355 ZPO

18
Q

Mündlichkeit

A

Die Parteien verhandeln vor dem erkennenden Gericht mündlich, § 128 I ZPO

Ohne mündli- che Verhandlung darf nicht entschieden werden. Ausnahmen hiervon regeln § 128 II, III ZPO.

19
Q

Öffentlichkeit

A

Verhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich, § 169 S. 1 GVG; Ausnahmen nach §§ 170 ff. GVG. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ist kraft Gesetzes oder durch Gerichtsbeschluss möglich (zu den Voraussetzungen vgl. §§ 170-175 GVG).

20
Q

Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht

A

Nach § 138 I ZPO haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

21
Q

Waffengleichheit

A

Die Parteien sind vom Richter gleich zu behandeln. Der Richter darf daher beispielsweise nicht den Vortrag einer Partei als verspätet zurückweisen, den der Gegenpartei in der gleichen Situation aber zulassen.

22
Q

Wie kann man über das Ende des Verfahrens disponieren?

A

Kläger:

  • Klagerücknahme
  • Verzicht §306 ZPO
  • (einseitige) Erledigungserklärung
  • Rechtsmittelrücknahme, §516 ZPO
  • Rechtsmittelverzicht, §514 ZPO

Beklagte:
- Anerkenntnis, §307 ZPO

Kl. und Beklagte zusammen durch:

  • Prozessvergleich, §779, 794 I Nr.1 ZPO
  • (übereinstimmende) Erledigungserklärung, §91a ZPO
  • ggf. Versäumnisurteil, §331 ZPO
23
Q

Ausnahmen vom Dispositionsgrundsatz

A

Die Dispositionsmaxime gilt nicht, soweit die Parteien materiell-rechtlich nicht über das Streitverhältnis verfügungsbefugt sind, so z.B. in Ehesachen (§ 113 FamFG).
–>
Hintergrund: Die Ehegatten können über das Rechtsverhältnis Ehe grundsätzlich nicht privatautonom disponieren, insbesondere können sie die Ehe nicht vertraglich aufheben. Nach § 1565 BGB ist das „Scheitern der Ehe“ Voraussetzung der Ehescheidung. Folglich soll nach §113 FamFG auch keine (mittelbare) Disposition durch Prozessverhalten wie Anerkenntnis oder Nichterscheinen möglich sein, §130 IV FamFG.

Die Dispositionsmaxime wird ferner bei Nebenentscheidungen durchbrochen. So entscheidet das Gericht etwa über Tragung der Prozesskosten (§ 308 II ZPO; vgl. §§ 91 ff. ZPO) oder die vorläufige Vollstreckbarkeit (§ 708 ZPO: „sind“) von Amts wegen