ZNS Flashcards

1
Q

Neuronale Abfaltung (primäre Neurulation)

A

Unter dem Einfluss von Botenstoffen, die von den Zellen der Chorda dorsalis sezerniert werden, wird in dem darüber liegenden Ektoderm zunächst die Ausbildung einer dickeren ektodermalen Zellschicht (Neuralplatte) induziert. Solche Signalmoleküle sind u. a. Wachstumsfaktoren wie TGFβ oder Inhibitoren wie Chordin oder Noggin. Über diese Mediatoren werden spezifische Transkriptionsfaktoren wie Neurogenin aktiviert, die dann z. B. die Differenzierung von Ektodermzellen in Neurone oder Gliazellen induzieren. Im weiteren Verlauf der Neurulation bildet sich auf der Neuralplatte eine feine Vertiefung (Neuralrinne) mit seitlichen Aufwerfungen, den Neuralfalten. Bereits zu diesem Zeitpunkt kann man eine kraniokaudale Grenze beobachten: Der Abschnitt oberhalb des 4. Somiten entwickelt sich zum späteren Gehirn, der Abschnitt darunter zum Rückenmark. Die Neuralfalten beginnen nun zunächst auf Höhe des 4.–6. Somiten miteinander zu verschmelzen und bilden durch den nach kranial und kaudal fortgesetzten Verschmelzungsprozess das Neuralrohr aus. An den jeweiligen Enden gibt es zunächst noch kleine Öffnungen, die man als Neuroporus anterior (rostralis) und posterior (caudalis) bezeichnet. Durch diese Öffnungen ist das Lumen des Neuralrohrs noch mit der Amnionhöhle verbunden, bevor sich dann am 24. Tag der Neuroporus anterior und am 26. Tag der Neuroporus posterior verschließen. Der Stelle des Neuroporus anterior entspricht am adulten Gehirn die Lamina terminalis. Der Neuroporus posterior ist im Bereich des Filum terminale bzw. auf Höhe des 31. Somitenpaares lokalisiert, aus dem sich später die Sakralwirbel I und II bilden. Die weiter kaudal als S1 gelegenen Abschnitte des Rückenmarks entstehen durch eine sekundäre Aussprossung des Neuralepithels des bereits gebildeten Neuralrohrs. Dieser Prozess wird auch als sekundäre Neurulation bezeichnet. Im Randbereich der Neuralplatte, im Übergang zum Oberflächenektoderm, entsteht die Anlage der Neuralleiste, die aus Zellen gebildet wird, die seitlich aus dem Neuralrohr auswandern und sich dann dorsal in einer dünnen Bindegewebsschicht zwischen dem Oberflächenektoderm und dem geschlossenen Neuralrohr befinden. Die Neuralleistenzellen werden u. a. das spätere PNS bilden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Gryfizierung

A

Zunächst sind die Oberflächenstrukturen des Telencephalons glatt. In späteren Entwicklungsstadien bilden sich dann Gyri und Sulci aus, die die Oberfläche des Cortex deutlich vergrößern. Die Gyrifizierung beginnt etwa in der 26. Woche, wobei sich zunächst die primären, bei allen Menschen fast identisch angelegten Gyri und Sulci bilden (z. B. Sulcus cinguli, Sulcus centralis und lateralis). Am Ende des 8. Entwicklungsmonats sind alle wichtigen Primärfurchen angelegt. Im 9. Monat entstehen dann die sekundären und tertiären Gyri und Sulci, die sehr häufig recht große interindividuelle Variationen zeigen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Entwicklung des Rückenmarks

A

In der embryonalen und fetalen Entwicklung des kaudalen Anteils des Neuralrohrs zeigt sich zunächst eine auffällige Verdickung der lateralen Flügel- und Grundplatten. Diese übernehmen später unterschiedliche Funktionen: Aus der Grundplatte (bzw. dem motorischen Vorderhorn) nehmen efferente Fasern ihren Ausgang und bilden die Radix anterior. Afferente Fasern konvergieren in Richtung der Flügelplatte (dem sensiblen Hinterhorn) und bilden die spätere Radix posterior. Die Boden- und die Deckplatte bleiben deutlich im Wachstum zurück und werden durch andere Strukturen überlagert bzw. in die Tiefe verschoben. Dadurch werden die Fissura mediana anterior bzw. der Sulcus medianus posterior abgrenzbar. Im Bereich von Boden- und Deckplatte kreuzen Fasern von einer Seite des Rückenmarks auf die entgegengesetzte Seite. Durch die dargestellten Proliferationsvorgänge verengt sich der Neuralkanal zusehends und wird ab der 9./10. Entwicklungswoche zum schmalen Zentralkanal (Canalis centralis).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Entwicklung von Pons und Medulla oblongata

A

Wechselt man die Perspektive von der äußeren Struktur des Neuralrohrs zu den Entwicklungsprozessen, die im transversalen Schnitt beobachtet werden können, zeigt sich, dass die Entwicklung von Pons und Medulla oblongata (Teile des Hirnstamms) aus dem Myelencephalon-Bläschen relativ vergleichbar ist: Der Canalis centralis erweitert sich in diesem Abschnitt, indem die dorsalen Flügelplatten wie ein Buch aufklappen und nur noch die dünne Deckplatte als Dach des Kanals bzw. des späteren IV. Ventrikels bestehen bleibt. So kommen Flügel- und Grundplatten getrennt durch den Sulcus limitans nebeneinanderzuliegen. Durch diese Dynamik werden die späteren Kerngebiete der Hirnnerven nebeneinander positioniert: Die Nuclei efferenter Nervenfasern liegen paramedian mit insgesamt 3 Gruppen (allgemein somato-/viszeroefferent, speziell viszeroefferent), die afferenten Kerngebiete lateral davon (allgemein und speziell viszeroafferent, allgemein und speziell somatoafferent). Neurone der Flügelplatte wandern aber auch nach ventral ein und bilden dort z. B. die Nuclei olivares, den Olivenkern, oder die Formatio reticularis. Ebenfalls aus den Flügelplatten bilden sich die sog. Rautenlippen, aus denen sich in einem weiteren Schritt das Cerebellum entwickeln wird.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Postnatale Reifung des ZNS

A

Das Gehirn zählt zu den wenigen Organen, die nach der Geburt noch nicht vollständig ausgereift sind. Es muss postpartal noch „reifen“ und geht später in einen Prozess der weiteren Maturierung und Alterung über. Zum Reifungsprozess zählen die zunehmende Myelinisierung der Axone und eine dynamische Veränderung der Struktur und Anzahl synaptischer Verbindungen. Im Alter von 3 Jahren verfügt jede Hirnzelle über etwa 15.000 Kontaktstellen (Synapsen) zu anderen Nervenzellen, während zum Zeitpunkt der Geburt nur 2.500 angelegt waren. Der Reifungsprozess manifestiert sich u. a. aber auch darin, dass bis zum Alter von 18 Jahren die Verbindungen zwischen Nervenzellen, abhängig von Neuronentyp und Hirnregion, auf ungefähr 10.000 Synapsen/Nervenzelle reduziert werden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Entwicklung der inneren Liquorräume

A

Die inneren Liquorräume entstammen allesamt dem Lumen des Neuralrohrs. Oberhalb des 4. Somiten erweitert sich das Lumen zu den Hirnbläschen, sodass sich Seitenventrikel (I und II) im Bereich des Telencephalons differenzieren lassen, die über Foramina interventricularia mit dem III. Ventrikel des Diencephalons verbunden sind. Der III. Ventrikel wiederum verjüngt sich zum Aqueductus mesencephali. Dieser verläuft durch das Mittelhirn und weitet sich im Bereich des Met- und Myelencephalons wiederum zum IV. Ventrikel auf, der über eine mediane und seitliche Öffnungen mit den äußeren Liquorräumen (Subarachnoidalraum) in Kontakt steht. In den Ventrikeln finden sich die für die Liquorproduktion zuständigen Plexus choroidei, die ebenfalls der Rotationsbewegung der Hemisphären folgen. Im Abschnitt der Medulla spinalis verbleibt der oft auch verschlossene (obliterierte) Canalis centralis.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Entwicklung des Telencephalons

A

Das Telencephalon-Bläschen besteht aus einem medianen Abschnitt und 2 lateralen Anhängen, die sich zu den späteren Großhirnhemisphären weiterentwickeln werden. Weil die Deckplatte im Vergleich zu den Hemisphären langsamer wächst, senkt sie sich in die Tiefe der Fissura longitudinalis superior ein und liegt dann im Bereich des späteren Balkens, des Corpus callosum. Aus Boden- und Flügelplatten bzw. der Intermediärzone des Neuralrohrs entwickelt sich die Substantia grisea, d. h. der telenzephale Cortex, auch Pallium genannt. Im Bereich der Grundplatte verdickt sich das Parenchym. Die hier vorhandenen Neurone bilden am Boden der Seitenventrikel die Basalganglien. Als Telencephalon impar bezeichnet man die median gelegenen Endhirnanteile mit der Lamina terminalis und den Kommissurenbahnen im Bereich der früheren Deck- und Bodenplatte. Auch die Bodenplatte des Telencephalons wächst deutlich langsamer als die Wände der Hemisphären, die in ein ventrales, laterales oder dorsales Pallium untergliedert werden. Mediales und dorsales Pallium wachsen aus und bilden den Neo-(Iso-)Cortex. Sobald die Hemisphären median aufeinandertreffen, wird das weitere Wachstum gehemmt, wodurch die abgeflachte Gestalt der Hemisphären in der Fissura longitudinalis cerebri entsteht.
Das schnelle Wachstum der jeweiligen Hemisphären erfolgt C-förmig, wobei das Pallium zunächst nach ventral und rostral wächst und so den Lobus temporalis bildet. Diese Wachstumsbewegung wird auch als Hemisphärenrotation bezeichnet, wobei die Rotationsachse in der späteren Inselregion lokalisiert ist. Die Inselregion wird durch das Wachstum der Hemisphären ebenfalls von der Oberfläche in die Tiefe der Fissura bzw. des Sulcus lateralis verlagert. Am Telencephalon selbst lassen sich jetzt bereits der Lobus frontalis, der Lobus parietalis und der Lobus temporalis unterscheiden. Der Okzipitallappen ist erst nach Abschluss der Hemisphärenrotation abgrenzbar. In die beschriebene Rotation sind auch tiefer liegende Hirnstrukturen wie das Ventrikelsystem, der Hippocampus, die Fornix, der Gyrus cinguli, der Nucleus caudatus und das Corpus callosum einbezogen, woraus sich deren makroskopische C-förmige Struktur erklärt.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Morphologie des Lobus frontalis

A

Im Lobus frontalis kann man auf der Facies superolateralis 3 Hauptwindungen unterscheiden: Gyri frontales superior, medius et inferior. An seiner Kontaktstelle zum Sulcus lateralis kann der Gyrus inferior von anterior nach posterior in die Partes orbitalis, triangularis et opercularis eingeteilt werden. In den beiden posterioren Partes ist das motorische Sprachzentrum (BROCA-Zentrum) lokalisiert. Unmittelbar vor dem Sulcus centralis, dem einzigen Sulcus, der die Margo superior einschneidet, findet sich der Gyrus precentralis, in dem sich das primär-motorische Funktionszentrum befindet. Die Facies inferior des Lobus frontalis ist durch unregelmäßige Gyri und Sulci orbitales geprägt. Regelhaft ist parallel zur Margo inferomedialis der Gyrus rectus vorhanden. Er wird durch den Sulcus olfactorius, in dem Bulbus und Pedunculus olfactorius verlaufen, nach lateral begrenzt.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Funktionelle Gliederung des Nervensystems

A

Funktionell kann man ein autonomes und ein somatisches Nervensystem unterscheiden, die der unbewussten bzw. bewussten Steuerung und Sinneswahrnehmung dienen. Beide Systeme leiten dem ZNS entweder Informationen zu (Afferenzen) oder leiten Informationen aus dem ZNS an die Peripherie weiter (Efferenzen). Diese funktionelle Gliederung des Nervensystems ist nicht in allen Abschnitten identisch zur morphologischen Gliederung des ZNS.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Morphologie des Lobus limbicus

A

Der Lobus limbicus zieht mit seinem Hauptanteil, dem Gyrus cinguli, auf der Facies medialis bogenförnig über das Corpus callosum hinweg und wird nach superior durch den Sulcus cinguli, nach inferior durch den Sulcus corporis callosi begrenzt. In seinem weiteren Verlauf verschmälert sich der Gyrus cinguli, um sich nach Vereinigung mit dem Gyrus lingualis als Gyrus parahippocampalis auf die Facies inferior fortzusetzen. Am rostralen Ende knickt der Gyrus parahippocampalis leicht nach medial um, sodass sich ein kleiner Haken, der Uncus gyri hippocampalis, bildet.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Morphologie des Lobus occipitalis

A

Im Lobus occipitalis zeigt die Facies superolateralis keine spezifischen Besonderheiten, sodass nur allgemein von Gyri occipitales gesprochen wird. Auf der Facies medialis hingegen erkennt man ein vom Sulcus parietooccipitalis bis zum Sulcus calcarinus reichendes Areal, das aufgrund seiner dreieckigen Form als Cuneus („Keil“) bezeichnet wird. Der Sulcus calcarinus reicht vom Polus occipitalis bis zum Sulcus parietooccipitalis in der Tiefe des Lappens. In den unmittelbar angrenzenden Rindenarealen des Sulcus calcarinus ist das primär-optische Funktionszentrum lokalisiert. Direkt unterhalb des Sulcus calcarinus schließt sich der Gyrus lingualis an. Verfolgt man die Gyri noch weiter nach basal, wird die Facies inferior des Lobus occipitalis durch die Gyri occipitotemporales medialis et lateralis aufgeworfen, die keine scharfe Grenze zum Lobus temporalis erkennen lassen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Abschnitte des ZNS

A

Das ZNS lässt sich in Medulla spinalis (Rückenmark) und Encephalon (Gehirn) untergliedern. Das Gehirn setzt sich entsprechend der embryologischen Entwicklung aus 5 Abschnitten zusammen:
* Medulla oblongata oder Myelencephalon („verlängertes Mark“)
* Pons (Brücke)
* Mesencephalon (Mittelhirn)
* Diencephalon (Zwischenhirn)
* Telencephalon oder Cerebrum (End- oder Großhirn)

Medulla, Pons und Mesencephalon bilden zusammen den Hirnstamm (Truncus encephali). Dem Pons lagert sich von dorsal das Cerebellum(Kleinhirn) an.
Weitere wichtige Bezeichnungen, die sich aus der Hirnbläschenentwicklung ableiten, sind die Zusammenfassung des Telencephalons und des Diencephalons zum Prosencephalon(Vorderhirn) sowie des Pons und des Cerebellums zum Metencephalon. Metencephalon und Myelencephalon wiederum bilden gemeinsam das Rhombencephalon.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Morphologie des Lobus insularis

A

Der Lobus insularis ist durch 5–9 fächerförmig angeordnete Windungen geprägt, die in die anterior gelegenen Gyri breves und die eher posterior gelegenen Gyri longi unterschieden werden können und jeweils am Sulcus circularis insulae enden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Oberflächenmorphologie des Cerebellum

A

Die schmalen, blattförmigen Windungen des Cerebellums (Folia cerebelli) werden durch unterschiedlich tief einschneidende, annähernd parallel verlaufende Furchen (Fissurae cerebelli) voneinander getrennt. Die Fissura posterolateralis unterteilt das Kleinhirn in 2 Hauptanteile: Lobus flocculonodularis und Corpuscerebelli. Letzterer wird durch die Fissura prima weiter untergliedert in Lobus anterior und Lobus posterior. Zusätzliche Furchen unterteilen diese Lappen wiederum in Läppchen (Lobuli). Bei der Kleinhirnoberfläche unterscheidet man grundsätzlich 3 Abschnitte.

Superiore Oberfläche
Diese Fläche ist zum Tentorium cerebelli bzw. zum Großhirn hin gerichtet. Die Grenzen zwischen Vermis und Kleinhirnhemisphären sind auf dieser Fläche kaum zu erkennen. Deutlich sichtbar sind jedoch die Fissura prima und die Fissura horizontalis. Letztere Furche ist zwar keine funktionelle Grenze, bildet aber eine Trennlinie zwischen superiorer und inferiorer Oberfläche.

Inferiore Oberfläche
Die inferiore Oberfläche ist zum Os occipitale bzw. zur Cisterna cerebellomedullaris hin gerichtet. Auf ihr erkennt man neben dem klar abgrenzbaren Vermis und den beiden Kleinhirnhemisphären v. a. die beiden Kleinhirntonsillen (Tonsillae cerebelli). Als kaudalste Bestandteile der Hemisphären umfassen sie den dorsolateralen Abschnitt der Medulla oblongata und liegen somit unmittelbar am Rand des Foramen magnum.

Anteriore Oberfläche
Die anteriore Oberfläche des Cerebellums ist zum IV. Ventrikel und zum Hirnstamm hin gerichtet. Auf dieser Oberfläche sind vor allem die Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares superior, medius et inferior) zu erkennen, an denen das Kleinhirn vom Hirnstamm abgetrennt wurde. Die Pedunculi cerebellares superiores grenzen beidseits nach medial an das unpaare obere Marksegel (Velum medullare superius), eine dünne Faserplatte aus weißer Substanz, die eine Verbindung zwischen Cerebellum und Vierhügelplatte darstellt und das obere Dach des IV. Ventrikels bildet. Eine zweite, paarige Marklamelle, das untere Marksegel (Velum medullare inferius), verbindet das Cerebellum mit der Medulla oblongata und ist somit das untere Dach des IV. Ventrikels. Darüber hinaus erkennt man den Flocculus („Flöckchen”, unterhalb des Pedunculus cerebellaris medius gelegen) und den Nodulus („Knötchen”, Anteil des Vermis unterhalb des Velum medullare superius), die gemeinsam als Lobus flocculonodularis vom restlichen Cerebellum über die Fissura posterolateralis abgegrenzt werden. Flocculus und Nodulus sind über Nervenfasern im Pedunculus flocculi verbunden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Oberflächenmorphologie des Diencephalons

A

Das Diencephalon ist sowohl Schaltstelle zwischen Hirnstamm und Großhirnhemisphären als auch eine wichtige Koordinationsstelle zwischen neuronalem und endokrinem System. Von außen ist es kaum einsehbar, da es durch das ausgedehnte Hemisphärenwachstum während der embryonalen Entwicklung nahezu komplett vom Telencephalon bedeckt wird. Nur in der Ansicht von basal sind kleine Abschnitte sichtbar: Dazu zählen der N. opticus [II], dessen Faserkreuzung im Chiasma opticum und der Tractus opticus, die sich allesamt zusammen mit der Augenanlage während der Entwicklung aus dem Diencephalon ausstülpen. Von lateral betrachtet markiert der Tractus opticus den Übergang des Diencephalons zum Mesencephalon. Der Tractus verdickt sich in seinem weiteren Verlauf nach posterior zum lateralen Kniehöcker (Corpus geniculatum laterale), der zusammen mit dem medialen Kniehöcker (Corpus geniculatum mediale) dem diencephalen Thalamus zugerechnet wird. Beide sind darstellbar, wenn man den Temporallappen vom Hirnstamm etwas nach lateral abdrängt. Vor dem Tractus opticus befindet sich beidseits die Substantia perforata anterior, die von einer Vielzahl kleinerer Gefäße, die an dieser Stelle in die Tiefe des Gehirns eindringen, durchsiebt wird. Ihr ist das Tuberculum olfactorium unterlagert, welches einen Teil der olfaktorischen Sinnesverarbeitung darstellt. Direkt hinter dem Chiasma opticum im Winkel zwischen den auseinanderstrebenden Tractus optici lassen sich in einer Anordnung von anterior nach posterior der Hypophysenstiel bzw. das Infundibulum der Hypophyse, das Tuber cinereum und die Corpora mamillaria differenzieren.
Drängt man den Lobus occipitalis und das Cerebellum auseinander, kann man von okzipital in der Tiefe des Subarachnoidalraums die Zirbeldrüse (Glandula pinealis) als Bestandteil des diencephalen Epithalamus erkennen.
Die Etagengliederung des Diencephalons wird erst nach einem Schnitt in der Medianebene durch das Corpus callosum deutlich. Bei dieser Schnittführung eröffnet man den III. Ventrikel, sodass nun das Dach des III. Ventrikels und der Abgang des Aquädukts gut sichtbar sind. Die laterale Wand des III. Ventrikels wird vom Diencephalon gebildet. Unter dem Begriff „Subthalamus“ werden mehrere Ansammlungen von Nervenzellkörpern zusammengefasst, die ursprünglich dem ventralen Anteil des Thalamus entstammten, aber im weiteren Verlauf der Entwicklung vom III. Ventrikel weg lateral abgedrängt wurden. Der Subthalamus ist daher auf einem Medianschnitt des Cerebrums nicht abgrenzbar.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Grundaufbau des frühen Neuralrohrs

A

Die weiteren Entwicklungsschritte von Anteilen des ZNS aus dem Neuralrohr weisen in allen Abschnitten Ähnlichkeiten auf, die auf einer frühen Gliederung des Neuralrohrs in eine dorsale und eine ventrale Hälfte beruhen:
• Die dorsale Hälfte besteht aus den Flügelplatten, die über die schmale Deckplatte miteinander verbunden sind.
• Die ventrale Hälfte umfasst die Grundplatten, die entsprechend über die ventral gelegenen Bodenplatten miteinander verbunden sind.
Flügel- und Grundplatte sind durch den Sulcus limitans voneinander getrennt. In weiten Teilen repräsentiert diese morphologische Gliederung auch eine funktionelle Gliederung, indem sich in den Flügelplatten primär afferente (allgemein somato-/viszeroafferente bzw. speziell somato-/viszeroafferente) Nuclei ausbilden, in den Grundplatten bevorzugt efferente (allgemein somato-/viszeroefferente bzw. speziell viszeroefferente) Nuclei.
Diese Grundstruktur ist die Basis für die weitere Entwicklung in allen Hirnabschnitten. Histologischer betrachtet, verändert sich das zunächst homogene Neuroepithel des Neuralrohrs zu einem dreischichtigen Aufbau:
• die äußere Marginalzone (reich an Substantia alba)
• die mittlere Mantelzone (reich an Substantia grisea)
• die zum Neuralkanal gelegene ventrikuläre Zone (bildet bevorzugt Makroglia wie Oligodendrozyten, Astrozyten und Ependymzellen aus)
Allerdings entwickelt sich bereits zu Beginn der 4. Woche der kraniale Teil des Neuralrohrs deutlich anders als der kaudale Abschnitt.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
17
Q

Morphologie des Lobus temporalis

A

Im Lobus temporalis kann man auf der Facies superolateralis wie beim Frontallappen 3 Hauptwindungen unterscheiden: Gyri temporales superior, medius et inferior. Der Gyrus inferior bildet die Margo inferolateralis und setzt sich übergangslos auf die Facies inferior fort. Besonders hervorzuheben sind die Charakteristika des Gyrus temporalis superior: In den Sulcus lateralis hineingerichtet finden sich hier quergestellte Gyri temporales transversi (HESCHL-Querwindungen), die das primär-akustische Funktionszentrum umfassen. Im hinteren seitlichen Anteil des Gyrus temporalis superior befindet sich in der dominanten Hemisphäre (bei Rechtshändern die linke Hemisphäre) das sensorische Sprachzentrum (WERNICKE-Zentrum). Die inferiore Ansicht des Lobus temporalis gestaltet sich relativ unspezifisch, indem vom Gyrus temporalis inferior, getrennt durch den Sulcus occipitotemporales, die Gyri occipitotemporales lateralis et medialis folgen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
18
Q

Keimscheibenentwicklung

A

In der 2. Woche der Entwicklung differenziert sich der Embryoblast weiter. Es entsteht die zweiblättrige Keimscheibe (Epiblast und Hypoblast), aus der Blastozystenhöhle wird der primäre Dottersack, der mit Hypoblastenzellen ausgekleidet wird. Zwischen dem Trophoblasten und dem Epiblasten entsteht ein Spaltraum, der zunehmend größer wird (primäre Amnionhöhle) und mit einem Epithel aus weiter differenzierten Epiblastenzellen ausgekleidet wird (definitive Amnionhöhle). Schließlich entstehen zwischen der Keimanlage und dem schnell wachsenden Trophoblasten neue Interzellularräume, die zunehmend größer werden und miteinander verschmelzen. Dieser neu geschaffene Raum wird extraembryonales Zölom genannt und markiert die Bildung der Chorionhöhle. Unter dem dargestellten Wachstumszug reißt der Dottersack auf und verschließt sich dann wieder zum sekundären Dottersack, eine Exozölzyste (Reste des primären Dottersacks) bleibt oft in der Chorionhöhle zurück.
Mit Beginn der 3. Woche wird auf dem Epiblasten eine streifenförmige Verdickung sichtbar, der Primitivstreifen. Dieser wächst von kaudal nach kranial und stoppt auf etwa der Hälfte des Weges, dort zeigt er eine rundliche Vergrößerung, den Primitivknoten. Primitivstreifen und Primitivknoten bilden Vertiefungen aus, sodass man eine Primitivrinne von einer Primitivgrube unterscheiden kann. Diese morphologischen Strukturen deuten auf eine dynamische Zellmigration hin, die vom Epiblasten in die Tiefe gerichtet ist (Invagination). Epiblastzellen lösen sich hier aus dem Zellverband und schieben sich zwischen Epiblasten und Hypoblasten. Das somit neu entstandene Keimblatt nennt man intraembryonales Mesoderm. Die verbleibenden Epiblastzellen differenzieren sich weiter zum Ektoderm. Vom Primitivknoten aus wächst ein Zellverband als axiale Struktur nach kranial und lässt einen primitiven Achsenstab erkennen, die Chorda dorsalis (Mesoderm), die für viele nachfolgende Entwicklungsschritte von besonderer Bedeutung ist. Der Hypoblast wird ebenfalls durch Zellen des Epiblasten (insbesondere aus dem Bereich der Primitivgrube) ersetzt; diese Zellschicht nennt man nun Entoderm. An 2 Stellen im Embryo liegen Ektoderm und Entoderm direkt aufeinander, da sich hier kein intraembryonales Mesoderm ausbildet. Dies ist kranial die sog. Rachenmembran (Prächordalplatte = spätere Mundöffnung) und kaudal die Kloakenmembran (= späterer Anus).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
19
Q

Morphologie des Lobus parietalis

A

Im Lobus parietalis werden auf der Facies superolateralis neben dem Gyrus postcentralis, in dem sich das primär-somatosensorische Funktionszentrum befindet, 2 Lobuli unterschieden: Lobulus parietalis superior et inferior. Im Grenzbereich zum Lobus temporalis können 2 kleinere Gyri beschrieben werden: der Gyrus supramarginalis, der sich kuppenförmig über das Ende des Sulcus lateralis legt, und der Gyrus angularis am Ende des Sulcus temporalis superior. Ein dritter Lobulus, der Lobulus paracentralis, verläuft auf der Facies medialis bogenförmig um den Sulcus centralis herum, und wird, da er sowohl dem Lobus parietalis als auch dem Lobus frontalis zugeordnet werden kann, entsprechend in eine Pars frontalis und eine Pars parietalis untergliedert. Das zwischen Lobulus paracentralis und Sulcus parietooccipitalis gelegene nahezu rechteckige Rindenareal wird schließlich als Precuneus bezeichnet.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
20
Q

Entwicklung der Hirnbläschen (primär und sekundär) und Flexuren

A

Oberhalb des 4. Somiten lassen sich nach dem Verschluss der Neuroporus anterior zunächst 3 Hirnbläschen, sog. primäre Hirnbläschen, erkennen (von kranial nach kaudal):
• das Prosencephalon-Bläschen
• das Mesencephalon-Bläschen
• das Rhombencephalon-Bläschen

In der 5. Entwicklungswoche werden aus den 3 primären Bläschen 5 sekundäre Hirnbläschen. Dabei finden sich am Prosencephalon-Bläschen 2 zusätzliche paarige Ausstülpungen (Telencephalon-Bläschen oder Endhirn-/Großhirnbläschen), der unpaare „Bläschenrest“ wird zum späteren Zwischenhirn (Diencephalon bzw. Diencephalon-Bläschen). Das Rhombencephalon-Bläschen kann im weiteren Verlauf in ein kraniales Metencephalon und einen kaudalen Abschnitt, das Myelencephalon, unterteilt werden.
Das Lumen des Neuralrohrs erweitert oder verengt sich im weiteren Verlauf zum späteren Ventrikelsystem des ZNS. Das schnelle Hirnwachstum und die kraniokaudale Abfaltung der Frucht verbiegen das Neuralrohr, sodass sich im Bereich des Mittelhirns eine sog. Scheitelbeuge, eine im Bereich des Rhombencephalons liegende nach ventral konvexe Brückenbeuge (entsteht etwas später) und ein im Übergang zwischen Myelencephalon und Rückenmark gelegene Nackenbeuge unterscheiden lassen. Die Nackenbeuge liegt später ungefähr auf Höhe des Foramen magnum bzw. am Austritt des 1. Spinalnervs.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
21
Q

Somitogenese

A

Die Mesodermzellen, die bei den Gastrulationsbewegungen beidseits unmittelbar lateral der Mittellinie zu liegen kommen, bilden das paraxiale Mesoderm. Sie entstehen aus Zellen, die kaudal des Primitivknotens durch den kranialen Primitivstreifen einwandern. Vermutlich gelangen aber auch Zellen des kaudalen Anteils des Primitivknotens in das paraxiale Mesoderm. Das paraxiale Mesoderm wird zunächst als bilateral der Chorda dorsalis anliegender solider Mesenchymstreifen angelegt, der als präsomitisches Mesoderm (syn.: Segmentplatte) bezeichnet wird. Die Zellen am kranialen Ende der Segmentplatte machen eine Mesenchym-Epithel-Transition (MET) durch und ordnen sich zu Epithelkugeln (Somiten) an, die ein zentrales, mit einigen mesenchymalen Zellen gefülltes Lumen (Somitozöl) umschließen. Dieser Vorgang setzt sich im Zuge der nach kaudal fortschreitenden Gastrulation rhythmisch alle 4–5 Stunden fort, sodass die Segmentplatte in dem Maße, wie sie sich nach kaudal verlängert, in kraniokaudaler Richtung durch die Somitenbildung (Somitogenese) fortlaufend segmentiert.
Die Somitogenese beider Körperhälften verläuft dabei streng synchron und wird durch die oszillierende Expression von Genen, z. B. des Notch-Signalwegs, zeitlich reguliert (engl.: „segmentation clock“). Die Somitogenese beginnt am 20. Entwicklungstag auf Höhe der Ohrplakode und kommt nach Anlage der Steißbeinsegmente in der 5. Woche zum Erliegen. Damit wird die Grundlage für den segmentalen Bauplan des Rumpfes gelegt: Es entwickeln sich 5 okzipitale, 7 zervikale, 12 thorakale, 5 lumbale, 5 sakrale und 8–10 kokzygeale Somitenpaare, wobei die zuletzt gebildeten kokzygealen Somiten z. T. wieder degenerieren. Die Segmentidentität der Somiten, also ihre regionalspezifischen Eigenschaften, z. B. als zervikale Segmente, wird ihnen durch eine in jedem Segment unterschiedliche Expression verschiedener Hox-Gene, die für Transkriptionsfaktoren mit Homeobox-DNA-Bindungsdomäne codieren, verliehen (segmentspezifischer „Hox-Code“).
Das kranial der Ohrplakode gelegene paraxiale Mesoderm (paraxiales Kopfmesoderm) erfährt keine Segmentierung und liefert zusammen mit dem prächordalen Mesoderm das Anlagematerial für Teile der Muskulatur und des Bindegewebes des Kopfes.omitogenese) fortlaufend segmentiert wird.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
22
Q

Somitenreifung: Sklerotom

A

Bereits wenige Stunden nach ihrer Bildung löst sich die ventrale Hälfte der epithelialen Somiten zu einem lockeren mesenchymalen Zellverband auf (Epithel-Mesenchym-Transition, EMT). Ursache dafür ist das in der Chorda dorsalis und der Bodenplatte des Neuralrohrs gebildete Signalprotein „sonic hedgehog“ (Shh), das durch Diffusion zu den ventralen Somiten gelangt und dort die EMT induziert. Diese Mesenchymzellen bilden das Anlagematerial des Rumpfskeletts und werden daher als Sklerotom (gr.: „skleros“, hart) bezeichnet. Entsprechend wandern die amöboid beweglichen Sklerotomzellen.

  • nach ventromedial um die Chorda dorsalis zur Bildung der Wirbelkörper,
  • nach dorsomedial um das Neuralrohr zur Bildung der Wirbelbögen und
  • in die laterale Leibeswand zur Bildung der Rippen.
Auch die Dura mater des Wirbelkanals entstammt dem Sklerotom. Innerhalb eines Segments weisen die kraniale und die kaudale Hälfte des Sklerotoms unterschiedliche Eigenschaften auf. Aufgrund der Expression des abstoßend wirkenden Signalmoleküls Ephrin in der kaudalen Sklerotomhälfte wandern Neuralleistenzellen und Motoneurone aus dem Rückenmark nur in die kraniale Hälfte des jeweiligen Sklerotoms, um die Spinalnerven zu bilden. Die segmentale Organisation des peripheren Nervensystems entsteht daher sekundär infolge der Segmentierung des paraxialen Mesoderms.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
23
Q

Entwicklung des Plexus choroideus

A

Der Plexus choroideus entsteht aus dem Neuroepithel der Hirnbläschen durch das Einwachsen von Blutgefäßen ins Ependym. An diesen Stellen besteht die Ventrikelwand aus dem Plexusepithel (Lamina epithelialis) und der bindegewebigen Tela choroidea (Lamina propria), einer Differenzierung der Pia mater. Die Gefäße wachsen im ependymalen Dach des IV. Ventrikels, in der medialen Wand der Seitenventrikel und im Dach des III. Ventrikels ein. Die beiden letztgenannten Anlagen entstehen in der 7. Embryonalwoche zunächst gemeinsam und werden dann durch das starke Auswachsen des Telencephalons auf die Seitenventrikel und den III. Ventrikel verteilt. Sie bleiben aber zeitlebens über die Foramina interventricularia miteinander verbunden. Der Plexus choroideus wird zunächst nur im zentralen Abschnitt der Seitenventrikel angelegt, dehnt sich aber im Zuge der Hemisphärenrotation auch in die angrenzenden Abschnitte aus. Die Grenze zwischen Diencephalon mit seinen thalamischen Kernen und dem telenzephalen Nucleus caudatus wird in den Seitenventrikeln durch den Verlauf der V. thalamostriata superior markiert.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
24
Q

Lagebeziehungen im ZNS

A
  • Meynert-Achse: zur Beschreibung von Strukturen des Truncus encephali. Vertikal durch den Hirnstamm verlaufende Achse
  • Forel-Achse: Beschreibung von Strukturen des Telencephalons bzw. Diencephalons. Längsachse durch das frühe Vorderhirn
    Die Medulla spinalis verlängert sich nach kranial in den an sie angrenzenden Hirnabschnitt, die Medulla oblongata. Diese gelangt durch das Foramen magnum des Os occipitale in das Schädelinnere. Im Inneren des Schädels lagert sich die Vorderfläche des Pons dem Clivus an, während sich das Cerebellum in die hintere Schädelgrube einpasst und nach superior durch das Tentorium cerebelli, einer Duplikatur der Dura mater, bedeckt wird. Die Lage des Tentorium cerebelli – und damit die Grenze zwischen Groß- und Kleinhirn – wird auf der Schädelaußenseite durch die Protuberantia occipitalis externa markiert. Oberhalb dieser Stelle befindet sich der Hinterhauptslappen des Telencephalons, während sich der Schläfenlappen der mittleren Schädelgrube und der Stirnlappen der vorderen Schädelgrube anlagert und die konvexe Oberfläche des Telencephalons die Kalotte erreicht.

Bild!

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
25
Q

Entwicklung des Diencephalons

A

Das Diencephalon-Bläschen ist der Ursprung des Diencephalons, zu dem der Hypothalamus mit Hypophyse, Thalamus, Epithalamus und der Subthalamus gehören. Auch die Augenanlage wächst aus dem Zwischenhirn aus. Am adulten Gehirn sind aufgrund der weiteren Wachstumsdynamik – insbesondere der massiven Ausdehnung des Telencephalons – nur an der Basalseite des Gehirns Anteile des Diencephalons zu sehen.
Das Innere des Neuralkanals erweitert sich während der Frühentwicklung zum III. Ventrikel. Durch massive Zellteilungen in der lateralen Wand des Neuralrohrs bilden sich Epithalamus, Thalamus und Hypothalamus. Dabei liegt der Sulcus epithalamicus zwischen Epithalamus und Thalamus; der Sulcus hypothalamicus zwischen Thalamus und Hypothalamus. Die medialen Kerne des Thalamus wölben sich oft in den III. Ventrikel vor, sodass sich bei etwa 70 % der Menschen beide in der Adhesio interthalamica berühren. An der Deckplatte bildet sich der Plexus choroideus zur Liquorbildung und wächst in den III. Ventrikel vor. An der Bodenplatte lagert sich das Chiasma opticum unmittelbar dem III. Ventrikel an.
Alle Bahnen, die vom oder zum Telencephalon verlaufen, müssen letztlich das Diencephalon durchqueren. Ein Teil dieser Bahnen bündeln sich als weiße Substanz zur Capsula interna, die den Subthalamus so nach lateral abdrängt. Diese lateralen Anteile des Diencephalons werden dann als Globus pallidus (Pallidum) bezeichnet. Der Globus pallidus liegt somit im Telencephalon, entstammt aber den diencephalen Grundplatten und ist in die efferenten, genauer motorischen Funktionen bzw. Steuermechanismen integriert.
Die Hypophyse ist ektodermalen Ursprungs, wobei ihre Gewebeanteile jedoch aus 2 unterschiedlichen ektodermalen Quellen entstammen: Die Adenohypophyse entwickelt sich aus dem Ektoderm des Rachendachs, die Neurohypophyse aus dem Ektoderm des Diencephalons. Das Rachendachepithel faltet sich um den 36. Entwicklungstag zu einer Duplikatur (sog. RATHKE-Tasche), die auf die Anlage der Neurohypophyse, das Infundibulum, zuwächst und schließlich mit dieser zur Hypophyse verschmilzt.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
26
Q

Entwicklung des Mesencephalons

A

Das Mesencephalon-Bläschen macht während der weiteren Entwicklung die geringsten Veränderungen durch. Das Lumen des Neuralrohrs verengt sich durch ein verstärktes Wachstum der Seitenwände und es bildet sich der feinlumige Aqueductus mesencephali (SYLVII), der III. und IV. Ventrikel miteinander verbindet. Das Mesencephalon gliedert sich in eine Deckplatte (Tectum) und in einen die ventralen zwei Drittel umfassenden Abschnitt, das sog. Tegmentum, an das sich der vorderste Abschnitt, die Pars basilaris mesencephali, anschließt. Neuroblasten wandern aus der Flügelplatte ins Tectum mesencephali ein und bilden die paarigen Colliculi superiores und inferiores. Neuroblasten der ehemaligen Grundplatte wiederum bilden motorische Kerngruppen im Tegmentum mesencephali (z. B. den Nucleus nervi oculomotorii). Umstritten ist die Herkunft des Nucleus ruber bzw. der Substantia nigra, die aus Neuroblasten entweder der Flügelplatte oder der Grundplatte entstehen. Etwa in der 11. Entwicklungswoche hat die Struktur des Mittelhirns bereits seine endgültige Ausprägung erreicht.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
27
Q

Cortextypen

A

Entsprechend der phylogenetischen Entwicklung lassen sich verschiedene Cortextypen unterscheiden:
• Der Neocortex ist stammesgeschichtlich der jüngste Teil der Großhirnrinde. Es gibt ihn nur bei Säugetieren. Beim Menschen bildet der Neocortex den Großteil der Oberfläche des Großhirns (rund 90 %). Ihm stehen die phylogenetisch älteren Rindengebiete gegenüber, die als Archicortex oder „Paleocortex“ bezeichnet werden.
• In einer Einteilung, die die Anzahl an differenzierbaren Schichten berücksichtigt, wird der Isocortex (klassisch 6-schichtig) vom Allocortex (3-schichtig) und vom Mesocortex (Übergangszone) unterschieden.
• Das Paleopallium (Pallium = Cortex plus weiße Substanz) beschreibt den ältesten Großhirnabschnitt, insbesondere das Rhinencephalon (Riechhirn). Aus dem Archipallium, das einen 3-schichtigen Archicortex aufweist, bilden sich insbesondere Anteile des limbischen Systems, wie der Hippocampus, das Indusium griseum oder die Fornix.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
28
Q

Oberflächenmorphologie des Rückenmarks

A

Die Oberfläche der Medulla spinalis ist durch längs verlaufende Furchen geprägt. Die tiefste Furche, die Fissura mediana anterior, findet sich in der Medianebene der anterioren Fläche der Medulla. Auf der Dorsalseite bildet sich diese Längsfurche oberflächlicher aus, sodass von einem Sulcus medianus posterior gesprochen wird. Noch flacher und durch den Austritt der jeweiligen Fila radicularia markiert, finden sich nach lateral neben der Fissura mediana anterior der Sulcus anterolateralis mit dem Austritt der Radix anterior bzw. motoria und entsprechend lateral des Sulcus medianus posterior der Sulcus posterolateralis mit der austretenden Radix posterior bzw. Radix sensoria. Im zervikalen Abschnitt lässt sich zwischen den Sulci mediani posterior et posterolateralis noch ein Sulcus intermedius abgrenzen, der die Fasciculi gracilis et cuneatus voneinander trennt.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
29
Q

Oberflächenmorphologie des Truncus encephali

A

Die Funktion des Hirnstamms ergibt sich zum einen durch die in ihm lokalisierten Hirnnervenkerne und zum anderen funktionell durch die Steuerung motorischer, visueller oder akustischer Reflexantworten und der Lokalisation wichtiger lebenserhaltender Zentren, wie z. B. des Atemzentrums. Der Truncus encephali ist ein stielförmiges Gebilde, dem das Telencephalon als „große Baumkrone“ oben aufsitzt. Nach dorsal hat dieser „Baumstamm“ in Form des Cerebellums eine weitere „kleine Baumkrone“. Die Oberflächenmorphologie des Hirnstamms ist von ventral und lateral gut am Präparat zu studieren, von dorsal wird der Hirnstamm aber weitgehend durch das Cerebellum verdeckt, sodass er von dorsal erst einzusehen ist, wenn das Kleinhirn an seinen Verbindungsästen, den Kleinhirnstielen (Pedunculi cerebellares), abgetrennt wird.
Das Cerebrum ist ebenfalls über starke Verbindungsäste (Pedunculi cerebri bzw. Crura cerebri), die auf der Ventralseite des Mesencephalons verlaufen, mit dem Hirnstamm verbunden. Zwischen ihnen liegt die Fossa interpeduncularis. Die Durchtrittsstellen zahlreicher kleinerer Gefäße an dieser Stelle verleihen dieser Grube eine siebähnliche Gestalt und den Namen, Substantia perforata posterior. Auf der Dorsalseite reicht das Mesencephalon von der rostral gelegenen Epiphyse (Glandula pinealis) bis nach kaudal zu den oberen Kleinhirnstielen (Pedunculi cerebellaris superior). Auffallend ist hier sein typisches Oberflächenrelief, das durch die Vierhügelplatte (Lamina tecti bzw. quadrigemina) geprägt ist. Dabei werden 2 obere und 2 untere Hügel (Colliculi superiores et inferiores) unterschieden, die jeweils über ein gleichnamiges Brachium mit den Corpora geniculata laterale und mediale des Diencephalons verbunden sind. Das dreieckige Areal zwischen den unteren Hügeln und den Pedunculi cerebellares superiores wird auch als Trigonum lemnisci lateralis bezeichnet.
Die Vorwölbung des Pons bzw. seiner quer verlaufenden Fasern markieren deutlich sichtbar die Grenze zwischen Mesencephalon und Pons. Ebenso deutlich begrenzt sich der Pons im Sulcus bulbopontinus nach kaudal zur Medulla oblongata. Der Pons ist über die mittleren Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares medii) mit dem Kleinhirn verbunden. Die Entfernung des Kleinhirns zur Freilegung des Hirnstamms von dorsal bedeutet implizit auch die Entfernung des Daches des zeltförmigen IV. Ventrikels. Durch dieses Vorgehen wird der Boden dieses liquorgefüllten Hohlraums, die Rautengrube (Fossa rhomboidea), einsehbar. Der Verlauf der Striae medullares markiert dabei den quer verlaufenden Grenzbereich des Pons nach kaudal zur Medulla oblongata. In dieser laufen schließlich die Kanten des Ventrikeldachs (Velum medullare inferius) spitz auf einen im Sulcus medianus liegenden Punkt, den Obex, zu und begrenzen die Rautengrube so nach kaudal. Der Sulcus medianus setzt sich ins Rückenmark fort und wird von parallel zu ihm verlaufenden Rinnen, dem Sulcus intermedius posterior und Sulcus posterolateralis, begleitet. Auf Höhe des Obex finden sich unscheinbare Erhebungen in den Hintersträngen, die als Tubercula gracile et cuneatum bezeichnet werden. Von ventral zeigt sich die zwiebelartige Aufwölbung der Medulla oblongata, der Bulbus, der ebenfalls durch längs verlaufende Furchen, die Fissura mediana anterior und den Sulcus anterolateralis, geprägt ist. Neben der Fissura mediana anterior wölbt sich die Pyramis, weiter lateral die Olive vor. Im Sulcus anterolateralis, vor der Olive, und im Sulcus retroolivaris, hinter der Olive, verlassen mehrere Hirnnerven den Hirnstamm. Die in der Decussatio pyramidum kreuzenden Pyramidenbahnfasern begrenzen die Medulla oblongata schließlich nach kaudal.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
30
Q

Oberflächenmorphologie des Telencephalons

A

Das Telencephalon ist der größte Abschnitt des ZNS und bildet die oberste Steuerinstanz und den Ort der bewussten Wahrnehmung von Informationen. Grundsätzlich gliedert es sich in 2 Großhirnhemisphären (Hemispheria cerebri), die über den Balken (Corpus callosum) miteinander verbunden sind und in ihrem Inneren ein liquorgefülltes Hohlraumsystem umschließen. Die Hemisphären sind durch die Fissura longitudinalis cerebri voneinander getrennt. Eine äußere konvexe Oberfläche, die Facies superolateralis, geht kranial an der Margo superior (Mantelkante) in die Facies medialis bzw. kaudal an der Margo inferolateralis in die Facies inferior über. Diese Facies inferior wiederum grenzt im frontalen Abschnitt über die Margo inferomedialis an die Facies medialis des Gehirns, die schließlich das Corpus callosum erreicht. Die nach ventral oder dorsal reichenden Endpunkte der Konvexität werden als Frontalpol (Polus frontalis), Temporalpol (Polus temporalis) und Okzipitalpol (Polus occipitalis) bezeichnet.
Das reife Gehirn ist durch Windungen (Gyri cerebri) und Furchen (Sulci cerebri) auf seiner Oberfläche gekennzeichnet. Dabei lassen sich Primärfurchen, die bei allen Menschen gleich vorkommen und bereits im 8. Embryonalmonat vollständig angelegt sind, von den Sekundär- und Tertiärfurchen, die eine individuelle Variabilität zeigen, unterscheiden. Zu den lappenbegrenzenden Sulci zählen:
• der Sulcus centralis zwischen Frontallappen (Lobus frontalis) und Parietallappen (Lobus parietalis)
• der Sulcus lateralis (syn.: Fissura lateralis) zwischen Lobus frontalis und Temporallappen (Lobus temporalis)
• der Sulcus parietooccipitalis entsprechend seiner Namensgebung zwischen Lobus parietalis und Okzipitallappen (Lobus occipitalis), der allerdings nur auf der medialen Hemisphärenseite klar abgrenzbar ist
Die bisher genannten 4 Lappen sind auf der Facies superolateralis gut zu sehen. Insgesamt besitzt das Cerebrum aber 6 Lappen:
• Der Insellappen (Lobus insularis) liegt in der Tiefe des Sulcus lateralis in der Fossa lateralis cerebri und wird, weil er während der Entwicklung von den Lobi frontalis, parietalis et temporalis überwachsen wurde, erst sichtbar, wenn man diese zur Seite drängt.
• Der Lobus limbicus wird erst durch einen Medianschnitt durch das Corpus callosum auf der Facies medialis des Cerebrums sichtbar. Er umfasst den an der Facies medialis liegenden Gyrus cinguli sowie seine Fortsetzung auf der Facies inferior, den Gyrus parahippocampalis, der durch den Sulcus collateralis vom Lobus temporalis getrennt wird

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
31
Q

Verteilung der grauen Substanz im Telencephalon

A

Ein Frontalschnitt durch das Telencephalon macht deutlich, dass sich entlang der Gyri und Sulci eine ca. 0,5 cm breite Schicht grauer Hirnsubstanz (Substantia grisea) befindet, der Cortex cerebri. Neuronale Perikarya und Gliazellen sind hier typischerweise in 6 Schichten angeordnet, man spricht auch vom Isocortex – im Gegensatz zum Allocortex, der nur 3–4 Schichten aufweist und die entwicklungsgeschichtlich älteren Anteile, den Paleo- (z. B. Riechrinde) und Archicortex (z. B. Hippocampus) umfasst. Der Substantia grisea lagert sich nach innen die weiße Substanz des Telencephalons, die Substantia alba, an. Zusätzlich zum Cortex cerebri findet sich graue Substanz auch eingelagert in der Tiefe der weißen Substanz des Cerebrums.
Makroskopisch gut abgrenzbar sind hier die Kerngebiete des Nucleus caudatus, des Claustrums, des Putamens, des Globus pallidus, der Amygdala sowie des Thalamus, der bereits dem Diencephalon zugerechnet wird.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
32
Q

Verteilung der grauen Substanz im Truncus encephali

A

An Querschnitten durch den Truncus encephali ist keine oberflächliche Cortexschicht zu erkennen. Eingelagert in die weiße Substanz finden sich hier kleine Ansammlungen grauer Substanz in Form von Hirnnervenkernen einerseits, andererseits aber auch als makroskopisch auffällige und gut abgrenzbare Strukturen:
• im Mesencephalon die Substantia nigra und der Nucleus ruber
• im Pons die Nuclei pontis
• in der Medulla oblongata der Nucleus olivaris inferior
Im Truncus encephali sind graue und weiße Substanz mehr oder weniger klar voneinander abgrenzbar in 3 Längszonen angeordnet. Ventral beginnend finden sich in der ersten Schicht angelagerte Fasern (z. B. die Crura cerebri), in einer mittleren Schicht sind Hirnnervenkerne eingelagert und im dorsalen Abschnitt befinden sich übergeordnete Reflexzentren (Tectum, Cerebellum). Im Mesencephalon wird diese Dreigliederung auch mit den Begriffen Basis, Tegmentum und Tectum bezeichnet.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
33
Q

Verteilung der grauen Substanz im Rückenmark

A

Die Durchmischung grauer und weißer Substanz hebt sich im Rückenmark wieder auf, sodass die Medulla spinalis im Gegensatz zum Cerebrum von einer zentral gelegenen Substantia grisea gekennzeichnet ist, die von weißer Substanz umhüllt wird. Im Querschnitt stellt sich diese graue Substanz des Rückenmarks schmetterlingsförmig dar

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
34
Q

Verteilung der weißen Substanz im ZNS

A

Während die graue Substanz die Nervenzellkörper umfasst, setzt sich die weiße Substanz (Substantia alba) aus Nervenzellfasern, also myelinisierten oder nichtmyelinisierten Axonen der Neurone zusammen. Die Axone verbinden Nervenzellen des ZNS über unterschiedliche Distanzen hinweg. Fasern zwischen Cortexarealen derselben telencephalen Hemisphäre werden als Assoziationsfasern (Fibrae associationes) bezeichnet. Verbinden diese Fasern Cortexareale benachbarter Gyri, spricht man auch von Fibrae arcuatae cerebri. Sogenannte Faszikel verbinden schließlich unterschiedliche Lobi des Telencephalons miteinander. Diese Bahnsysteme sind allerdings auf einfachen Horizontal- oder Frontalschnitten durch das Cerebrum nicht abgrenzbar. Erst spezielle Präparationstechniken, wie die Faserung eines fixierten Gehirns, legen diese Fasern frei.
Kommissurenfasern (Fibrae commissurales) sind Fasersysteme, die die beiden Hemisphären verbinden. Fasern zwischen korrespondierenden Hirnarealen werden dabei als homotope, solche zwischen nicht korrespondierenden Arealen als heterotope Fasern bezeichnet. Kommissurenbahnen sind auf Medianschnitten makroskopisch häufig gut abgrenzbar. Zu ihnen zählen das kräftig ausgebildete Corpus callosum und kleinere Bündelungen von Kommissurenfasern wie die Commissura anterior, die Commissura posterior oder die Commissura fornicis.
Weiterhin sind in der weißen Substanz auch Fasersysteme enthalten, die Hirnabschnitte unterschiedlicher Höhenlokalisationen verbinden; also vom Cortex in kaudale Abschnitte oder in umgekehrter Richtung von kaudalen Abschnitten kommend, z. B. von der Medulla spinalis zum Cortex, aufsteigend verlaufen. Solche Fasersysteme werden als Projektionsfasern bezeichnet. Die makroskopisch am besten abgrenzbare Bündelung solcher Projektionsfasern ist die Capsula interna im Telencephalon bzw. die Crura cerebri des Mesencephalons.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
35
Q

Gliederung der Meningen

A

Gehirn und Rückenmark werden von einem bindegewebigen Hüllsystem umgeben, den Meningen (Hirn- bzw. Rückenmarkshäute). Hierbei unterscheidet man eine harte (Pachymeninx) von einer weichen Haut (Leptomeninx). Die Pachymeninx bildet die äußere Haut und besteht im Wesentlichen aus der straffen Dura mater. Die Leptomeninx befindet sich darunter und besteht aus der spinngewebeartigen Arachnoidea mater, die der Dura von innen anliegt, und der dem Nervengewebe direkt aufliegenden Pia mater. Zwischen Arachnoidea und Pia mater befindet sich ein physiologischer Spaltraum, der Subarachnoidalraum (Spatium subarachnoideum). Er ist der äußere Liquorraum und umgibt Gehirn und Rückenmark vollständig.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
36
Q

Anheftungsstellen der Dura mater

A

Die Dura mater besteht vorwiegend aus straffem, kollagenfaserigem Bindegewebe und ist daher eine Art „Organkapsel“ des ZNS. Die Dura mater des Gehirns (Dura mater cranialis) ist dabei direkt mit dem Periost des knöchernen Schädels verwachsen, sodass man intrakraniell keinen physiologischen Spaltraum zwischen Dura und Schädelknochen abgrenzen kann. Die Dura mater des Rückenmarks (Dura mater spinalis) hingegen bildet einen schlauchförmigen Sack, der das Rückenmark umgibt und bis auf seine knöchernen Anheftungsstellen an Foramen magnum und Os sacrum nicht mit dem knöchernen Wirbelkanal verwachsen ist. Somit ist spinal größtenteils ein Epiduralraum (Spatium epidurale; syn.: Periduralraum oder Spatium peridurale) vorhanden, der den Durasack umschließt und mit Fettgewebe und einem dichten Venenplexus (Plexus venosus vertebralis internus) ausgefüllt ist.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
37
Q

Dura mater: Aufbau und Duplikaturen

A

Die Dura mater cranialis besteht aus 2 aufeinanderliegenden Blättern: die am Knochen haftende Lamina externa und die dem Gehirn zugewandte Lamina interna. An manchen Stellen innerhalb des knöchernen Schädels spalten sich diese beiden Blätter auf. Dadurch entstehen längliche, mit Endothel ausgekleidete Hohlräume (Sinus durae matris), in denen das venöse Blut von Gehirn und Hirnhäuten gesammelt und in Richtung V. jugularis interna geleitet wird. Darüber hinaus bildet die Lamina interna plattenartige Durasepten bzw. -duplikaturen, die den Innenraum des Schädels strukturieren, bestimmte Anteile des Gehirns voneinander trennen und gleichsam die Lage des Gehirns bei mechanischen Einwirkungen auf den Schädel stabilisieren. Hierzu zählt man folgende Strukturen:
• Falx cerebri (Großhirnsichel): Dieses relativ großflächige Duraseptum ist median-sagittal in der Fissura longitudinalis cerebri ausgerichtet und trennt die beiden Großhirnhemisphären oberhalb des Corpus callosum. In ihrem oberen Rand enthält sie den Sinus sagittalis superior, über den sie kranial am Schädeldach fixiert ist. Rostrokaudal ist die Falx an der Crista galli und der Crista frontalis, okzipital an der Protuberantia occipitalis interna befestigt. In ihrem unteren freien Rand ist der Sinus sagittalis inferior lokalisiert, der nach okzipital in den Sinus rectus übergeht, der wiederum von der Wurzel der Falx umschlossen wird. Von hier aus geht die Falx cerebri beidseits in das Tentorium cerebelli über.
• Tentorium cerebelli (Kleinhirnzelt): Dieses zeltförmige Duraseptum erstreckt sich in schräg-horizontaler Ausrichtung innerhalb der Fossa cranii posterior zwischen der Unterseite der Lobi occipitales des Großhirns und der Facies superior des Kleinhirns. Fixiert ist seine Wurzel okzipital, gemeinsam mit der Falx cerebri, an der Protuberantia occipitalis interna auf Höhe des Confluens sinuum; lateral an den Rändern des Sinus transversus entlang des Os occipitale und weiter vorne lateral am Rand des Sinus petrosus superior an der Oberkante der Felsenbeinpyramide. Vorne medial läuft die Wurzel des Tentorium cerebelli bis zum Dorsum sellae und ist an den Procc. clinoidei posteriores et anteriores befestigt. Zwischen den Tentoriumsschenkeln beider Seiten bleibt ein schlitzförmiger Spalt (Tentoriumschlitz, Incisura tentorii) für den Durchtritt von Hirnstamm (auf Höhe des Mittelhirns), Gefäßen und Hirnnerven.
• Falx cerebelli (Kleinhirnsichel): Die Falx cerebelli ist ein kurzes, sichelförmiges Duraseptum, das okzipital an der Crista occipitalis interna befestigt ist und von dorsokaudal in die Incisura cerebelli posterior in median-sagittaler Ausrichtung hineinragt.
• Diaphragma sellae: Dieses horizontal ausgerichtete Duraseptum ist an den Procc. clinoidei anteriores et posteriores fixiert und überspannt die Fossa hypophysialis in der Fossa cranii media. Es enthält in seiner Mitte ein Loch zum Durchtritt des Hypophysenstiels.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
38
Q

Arachnoidea mater

A

Die Arachnoidea mater liegt im Schädel und im Wirbelkanal der inneren Schicht der Dura mater, dem sog. Neurothel, flächenhaft an. Ein physiologischer Spaltraum zwischen Dura und Arachnoidea ist daher nicht vorhanden, wohl aber zwischen Arachnoidea und Pia mater. Dieses Spatium subarachnoideum ist mit Liquor cerebrospinalis gefüllt (äußerer Liquorraum) und wird v. a. im Bereich des Gehirns von zahlreichen spinngewebsartigen bindegewebigen Trabekeln (Trabeculae arachnoideae) durchzogen. An manchen Stellen ist er zu Zisternen erweitert, in denen u. a. größere Hirnarterien und manche Hirnnervenwurzeln verlaufen. Des Weiteren findet man durawärts gerichtete zottenartige Ausstülpungen der Arachnoidea. Diese pilzförmigen Arachnoidalgranulationen (Granulationes arachnoideae) können bis ins Lumen der Sinus durae matris und manche gar bis in den Schädelknochen und die Diploëvenen hinein vordringen. Sie sind wichtige Abflusswege des Liquors in das venöse System und am Sinus sagittalis superior besonders zahlreich und stark ausgeprägt (PACCHIONI-Granulationen). Im Rückenmark sind Granulationes arachnoideae dorsal im Bereich der Spinalnervenwurzeln vorhanden. Diese treten in Kontakt mit dem epiduralen Venenplexus und stellen darüber den spinalen Liquorabfluss sicher.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
39
Q

Pia mater

A

Pia mater cranialis und Pia mater spinalis liegen dem Gehirn bzw. Rückenmark direkt an. Die Pia mater cranialis folgt also – im Gegensatz zu Dura und Arachnoidea mater cranialis – allen Gyri und Sulci bis in die Tiefe und großen Blutgefäßen perivaskulär bis ins Hirngewebe hinein. Diese Abschnitte werden als VIRCHOW-ROBIN-Räume bezeichnet. Eine Besonderheit der Pia mater spinalis ist das Lig. denticulatum. Diese in der Frontalebene ausgerichtete Platte aus straffem Bindegewebe spannt sich vom Foramen magnum bis oberhalb des ersten Lumbalnervs beidseits zwischen Rückenmark und Dura mater spinalis aus und durchbricht dabei jeweils die Arachnoidea.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
40
Q

Arterielle Versorgung der Meningen

A

Bei den Gefäßen der Dura mater cranialis unterscheidet man Vasa privata (Meningealgefäße, Aa. bzw. Vv. meningeae) von Vasa publica (Sinus durae matris). Vasa privata sind für die arterielle und venöse Blutversorgung der Dura selbst verantwortlich, Vasa publica führen das venöse Blut des Gehirns zur V. jugularis interna. Interessanterweise besitzt die Arachnoidea mater keine eigenen Blutgefäße, wohl aber die Pia mater, deren Gefäße wiederum mit den Blutgefäßen des Gehirns in direkter Verbindung stehen.
Man unterscheidet die folgenden Arterien:
• R. meningeus anterior der A. ethmoidalis anterior: versorgt die Dura mater cranialis der Fossa cranii anterior
• A. meningea media der A. maxillaris: versorgt den größten Teil der Dura mater cranialis überhaupt, hauptsächlich Fossa cranii media, z. T. auch Fossa cranii anterior
• A. meningea centralis der A. carotis interna: versorgt v. a. das Tentorium cerebelli
• A. meningea posterior der A. pharyngea ascendens: versorgt den größten Teil der Dura mater cranialis der Fossa cranii posterior
• Rr. meningei der A. vertebralis bzw. A. occipitalis: versorgen auch Teile der Dura mater cranialis der Fossa cranii posterior
• Aa. radiculares und Aa. medullares aus Rr. spinales: versorgen die Dura mater spinalis
In der Regel begleiten paarige Vv. meningeae die oben aufgeführten Arterien bzw. Äste.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
41
Q

Innervation der Meningen

A

N. trigeminus:

  • R. meningeus anterior der N. ehtmoidalis posterior (Ast des N. nasociliaris; dieser wiederum Ast des N. opthalmicus) für die Meningen der Fossa cranii anterior
  • R. menigeus recurrens (R. tentorius) des N. opthalmicus für das Tentorium cerebelli
  • Rr. meningei des N. maxillaris bzw. N. mandibularis für die Meningen der Fossa cranii media

N. glossopharyngeus und N. vagus
- Rr. meningei für die Dura der Fossa cranii posterior mit Ausnahme des Clivus

Zervikal Spinalnerven
- sensible Äste aus C1-C3 versorgen nach Durchtritt durchs Foramen magnum die Meningen des Clivus

Vergitativ werden sie parasympathisch durch Fasern der Kopfganglien, sympathisch durch Faswen des Ganglion cervicale superius innerviert.
Im Rückenmark übernehmen die Rr. meningei der jeweils segmental austretenden Spinalnerven die sensible und vegetative Innervation der Meningen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
42
Q

Äußere Liquorräume - Spatium subarachnoideum

A

Der Subarachnoidalraum befindet sich zwischen Arachnoidea und Pia mater und umgibt Gehirn und Rückenmark. Die Arachnoidea überspannt dabei Unregelmäßigkeiten an der Hirnoberfläche oder -basis, sodass Erweiterungen des Subarachnoidalraums entstehen. Die größte dieser Zisternen ist die Cisterna cerebellomedullaris, die sich zwischen Kleinhirn und Medulla oblongata aufspannt. Sie kann durch die Membrana atlantooccipitalis hindurch punktiert werden (Subokzipitalpunktion). Oberhalb des Kleinhirns dehnt sich an der Vierhügelplatte die Cisterna quadrigeminalis aus, die sich nach lateral um den Pons herum in die Cisterna ambiens fortsetzt und nach rostral Verbindung zu der zwischen den Crura cerebri gelegenen Cisterna interpeduncularis hat. Als Cisterna basalis wird ein vielkammeriges System von kleineren Aufweitungen des Subarachnoidalraums insbesondere an der Basis des Frontallappens zusammengefasst, zu der auch die Cisterna chiasmatica gerechnet wird

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
43
Q

Sinus sagittalis inferior

A

Verlauf am Unterrand der Falx zum Sinus rectus

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
44
Q

Sinus sagittalis superior

A
  • Ansatz Falx cerebri bis Protuberantia occipitalis interna
  • Verlauf von anterior-posterior im Sulcus sinus sagittalis der Schädelknochen
  • Brückenbogen münden in ihm oder seinen seitlichen Lacunae
  • Fließt ins Confluens sinuum
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
45
Q

Brückenvenen

A

Oberflächliche Venen, die direkt in Sinus durae matris münden, müssen von der Oberfläche des Gehirns kommend den Subarachnoidalraum überbrücken und Arachnoidea und Dura durchbohren, um sich mit den Sinus durae matris zu verbinden. Man bezeichnet sie daher auch als „Brückenvenen“. Blutungen dieser Venen können zu einem subduralen Hämatom führen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
46
Q

Sinus sigmoideus

A

S-förmiger Verlauf über Pars mastoidea des Os temporale zum Foramen jugulare und zur V. jugularis

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
47
Q

Sinus occipitalis

A
  • Liegt in der Mittellinie des Os occipitale

* Fließt zum Confluens sinuum

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
48
Q

Sinus rectus

A

Entstehung an Verbindungsstellen von Falx und Tentorium aus Sinus sagittalis superior und V. magna cerebri

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
49
Q

Sinus tranvsersus

A

Vom Confluens sinuum aus dem Os occipitale nach lateral zum Sinus sigmoideus

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
50
Q

Sinus cavernosus

A
  • Gekammerter venöser Raum beidseits der Sella turcica
  • Steht über den Plexus basilaris auf dem Clivius mit dem Sinus cavernosus der Gegenseite in Verbindung
  • Topografisch sehr wichtige Region
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
51
Q

Sinus petrosi superior et inferior

A
  • Verlauf an der oberen bzw. unteren Kante der Pars petrosa ossis temporalis
  • Verbindung des Sinus cavernosus mit dem Sinus sigmoideus
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
52
Q

Sinus marginalis

A
  • Umgibt Foramen magnum

* Ist mit Sinus occipitalis und Plexus venosus vertebralis internus verbunden

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
53
Q

Confluens sinuum

A

Zusammenfluss von Sinus transversi, Sinus rectus, Sinus sagittalis superior und Sinus occipitalis

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
54
Q

Rückenmarkssegmente

A

Bereits in der 4. Schwangerschaftswoche beginnt die Entwicklung des Rückenmarks aus dem Neuralrohr. Unter dem Einfluss des Mesoderms, das sich dem Neuralrohr anlagert und eine metamere Gliederung in Somiten aufweist, wird auch eine segmentale Gliederung des Rückenmarks induziert. Diese segmentale Gliederung des Rückenmarks ist von außen nicht sichtbar, man kann sie allerdings anhand der segmental austretenden Spinalwurzeln nachvollziehen. Die Spinalwurzeln sind den mesodermalen Strukturen ihres Ursprungssegments, den sog. Dermatomyotomen, zuzuordnen. So lassen sich entwicklungsgeschichtlich einerseits Afferenzen von Rezeptoren der segmental zugeordneten Hautareale, der Dermatome, ableiten, andererseits die Zuordnung zu segmentspezifischen Muskeln, sog. Kennmuskeln.
Insgesamt lassen sich 31–33 Rückenmarkssegmente unterscheiden, die sich auf
• 8 zervikale (Pars cervicalis),
• 12 thorakale (Pars thoracica),
• 5 lumbale (Pars lumbalis) und
• 5 sakrale (Pars sacralis)
Rückenmarkssegmente und eine unregelmäßige Anzahl an kokzygealen Segmenten (Pars coccygea) verteilen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
55
Q

Liquorbildung und -resorption

A

Von seinem Bildungsort, den Plexus choroidei und der Ependymschicht aller Ventrikel, zirkuliert der Liquor über die Foramina interventricularia in den III. Ventrikel, über den Aqueductus mesencephali (SYLVII) in den IV. Ventrikel und schließlich über die Foraminae laterales und mediana in den Subarachnoidalraum und damit in die äußeren Liquorräume. Ein geringer Anteil wird in den Canalis centralis der Medulla spinalis geleitet, während der Hauptstrom über die Cisterna basalis und die Konvexität der telenzephalen Hemisphären zum Kleinhirn und in den Spinalkanal gelangt. Dabei wird das Zusammenwirken unterschiedlicher Transportmechanismen beschrieben: Neben einem gerichteten Zilienschlag der Ependymzellen der Ventrikelwand werden auch atemabhängige Druckschwankungen und eine pulsatile Strömung durch systolische Volumenänderungen des Gehirns benannt. Der Liquor zirkuliert zu einem geringen Anteil durch das Ependym hindurch in den Extrazellularraum des Gehirns bzw. wieder zurück in das Ventrikelsystem. Hauptsächlich wird er über Arachnoidalzotten, besonders über die PACCHIONI-Granulationes am Sinus sagittalis superior, ins venöse Blutsystem der Sinus durae matris resorbiert. Weitere Abflusswege finden sich entlang der Blut- und Lymphbahnen von Hirnnerven und spinalen Nervenwurzeln im Rückenmarkskanal.

Täglich werden 500ml gebildet, d.h. die beständige Menge an Liquorräume (140ml) wird ungefähr dreimal täglich ausgetauscht.

Funktion: mechanische Schutzfunktion und transportiert Nähr- und Abbauprodukte (evt. Beeinflussung von hormonellen und homöstatischen Signalwegen)

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
56
Q

Liquorzusammensetzung

A

Die Bildung des klaren Liquors ist ein aktiver Vorgang, bei dem über eine Na+-K+-ATPase ein osmotischer Gradient aufgebaut wird, dem Wasser durch Aquaporinkanäle ins Ventrikelsystem folgen kann. Die Liquorbildung kann durch Hemmung des Enzyms Karboanhydrase vermindert werden. Normalerweise enthält der Liquor 99 % Wasser bei einer dem Blut vergleichbaren Osmolarität, aber deutlich weniger Proteine (0,2 %) und nur vereinzelte Zellen (weniger als 4 Zellen/ml).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
57
Q

Plexus choroideus

A

Der Plexus choroideus wölbt sich mit seinen zahlreichen Gefäßauffaltungen in das Ventrikellumen vor, ist aber jeweils über die Taeniae choroideae an der Pia mater befestigt. Wie das Ependym ist das Plexusepithel einschichtig kubisch organisiert und zeigt an seiner Oberfläche als zusätzliche Oberflächenvergrößerung einen Mikrovillibesatz. Um das Gehirn vor möglichen schädigenden Einflüssen zu schützen, befindet sich zwischen der Blutzirkulation und dem Liquor eine Blut-Liquor-Schranke: ein fenestriertes Kapillarendothel, die Basalmembranen des Endothels bzw. des Plexusepithels, sowie die über Tight Junctions miteinander verbundenen Zellen der Lamina epithelialis des Plexus choroideus.
Der Plexus choroideus der Seitenventrikel und des III. Ventrikels ist „T-förmig“ bzw. „↑-förmig“ angelegt, wobei die seitlichen, nahezu horizontalen Schenkel des „T“ bzw. die seitlichen Ausläufer der Pfeilspitze von der medialen Seite her in die Pars centralis und das Cornu temporale der Seitenventrikel hineinreichen, während sich der lange, senkrechte Schenkel des „T“ bzw. der Pfeilschaft im Dach des III. Ventrikels befindet. Der Plexus choroideus des IV. Ventrikels ragt z. T. aus den Aperturae laterales heraus in den Subarachnoidalraum und wird klinisch als BOCHDALEK-Blumenkörbchen bezeichnet.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
58
Q

Ventriculi laterales primus et secundus

A

Die Ventriculi laterales bilden von lateral betrachtet jeweils einen Schlauch, der C-förmig gebogen ist, wobei die Öffnung des „C“ nach rostral weist und nach posterior spornartig ausgesackt ist. Der obere Schenkel des „C“ liegt als Cornu frontale [anterius] im Frontallappen, setzt sich mit der Pars centralis in den Parietallappen fort und erreicht mit dem Cornu occipitale [posterius] den Okzipitallappen des Telencephalons. Über eine dreieckige Erweiterung des Schlauchs, das Trigonum collaterale, besteht aber auch eine weitlumige Verbindung in den unteren Schenkel des „C“, der wiederum bis in den Temporallappen vordringt (Cornu temporale [inferius]).
Die Seitenventrikel sind eine wichtige anatomische Landmarke auf Schnittbildern (CT, MRT) durch das Telencephalon. Die Kerngebiete der Basalganglien und klinisch bedeutsame Projektionsfasern, die in ihrer Gesamtheit die Capsula interna bilden, liegen in direkter Umgebung. Die Kenntnis der Ventrikelbegrenzungen ist daher von hoher klinischer Relevanz. Für ein Grundverständnis sollte man sich vergegenwärtigen, dass auch der Nucleus caudatus der Basalganglien zu seiner letztlichen Ausdehnung gelangt, indem er – wie die Seitenventrikel – der Hemisphärenrotation folgt, sodass er sowohl im Crus frontale als auch im Crus temporale der lateralen Wand der Seitenventrikel anliegt. Der Thalamus verbleibt als Bestandteil des nicht rotierenden Diencephalons mediobasal der Seitenventrikel, aber lateral des III. Ventrikels.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
59
Q

Ventriculus tertius

A

Die Ventriculi laterales (I. und II. Ventrikel) stehen beidseits über die Foramina interventricularia (MONROI) mit dem unpaaren III. Ventrikel in Verbindung. Der III. Ventrikel befindet sich zwischen den beiden Thalami, die sich meist über die Adhesio interthalamica berühren, und hat charakteristische Ausstülpungen, die Recessus: Vor dem nach rostral gerichteten Recessus supraopticus lagert sich das Chiasma opticum dem Ventrikel an, darunter senkt sich der Boden des III. Ventrikels im Recessus infundibularis in den Hypophysenstiel ab. Nach okzipital ausgerichtet sind in enger Anordnung zur Glandula pinealis (Zirbeldrüse) der Recessus suprapinealis und der Recessus pinealis.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
60
Q

Ventriculus quartus

A

Der IV. Ventrikel hat Ähnlichkeiten mit einem Zelt, dessen Spitze auf das Cerebellum gerichtet ist, während die Basis nach ventral weist und von der Rautengrube (Fossa rhomboidea) begrenzt wird. Die Fossa rhomboidea wird dabei von den Kleinhirnstielen (Pedunculi cerebelli), vom Pons und – durch die horizontal verlaufende Stria medullaris ventriculi quarti gekennzeichnet – von der Medulla oblongata begrenzt. Der IV. Ventrikel hat beidseits armförmige Ausstülpungen, die Recessus laterales. An ihren Enden steht der IV. Ventrikel über die Aperturae laterales ventriculi quarti (Foraminae LUSCHKAE) und über die in der Medianebene gelegene Apertura mediana ventriculi quarti (Foramen MAGENDII) mit den äußeren Liquorräumen, dem Subarachnoidalraum, in Verbindung. Er setzt sich aber auch nach kaudal in den Canalis centralis der Medulla oblongata bzw. spinalis fort.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
61
Q

Aquesuctus mesencephali

A

Der III. Ventrikel kommuniziert über den Aqueductus mesencephali (SYLVII) mit dem IV. Ventrikel. Der Aquädukt beginnt im hinteren Abschnitt des Ventrikelbodens und verläuft zwischen Lamina tecti und Tegmentum mesencephali durch das Mittelhirn zum Dach des IV. Ventrikels. Er ist die engste Stelle der inneren Liquorräume. Ist er verengt oder sogar verschlossen, können sich die I.–III. Ventrikel durch den Liquorstau (massiv) erweitern

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
62
Q

Topografie Ventriculi laterales (Crus frontale)

A
Dach: Corpus callosum (Truncus)
Vordere Wand: Corpus callosum (Genu)
Mediale Wand: Septum pellucidum
Laterale Wand: Caput nuclei caudati
Plexus choroideus: nein
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
63
Q

Topografie des Ventriculi laterales (Pars centralis)

A
Dach: Corpus callosum
Boden: Thalamus
Mediale Wand: Septum pellucidum, Fornix
Laterale Wand: Corpus nuclei caudati
Plexus choroideus: ja
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
64
Q

Topografie des Venteiculi laterales (Crus occipitale)

A
Dach: Marklager des Lobus occipitalis
Boden: Marklager des Lobus occipitalis
Mediale Wand: Calcar avis
Laterale Wand: Radiatio optica 
Plexus choroideus: nein
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
65
Q

Topografie des Venteiculi laterales (Crus temporale)

A
Dach: Cauda nuclei caudati
Boden: Hippocampus
Mediale Wand: Fimbria hippocampi
Laterale Wand: Cada nuclei caudati
Vorderrand: Amygdala 
Plexus choroideus: ja
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
66
Q

Topografie des Ventriculus tertius

A
Dach: Tela choroidea ventriculi tertii 
Boden: Hypothalamus
vordere Wand: Lamina terminalis ventriculi tertii
Laterale Wand: Thalamus, Epithalamua
Plexus choroideus: ja
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
67
Q

Topografie des Ventriculus quartus

A

Dach: Velum medullare superius cerebellomedullaris und Velum medullare inferius cerebelli
Boden: Fossa rhomboidea
Laterale Wand: Pedunculi cerebelli
Plexus choroideus: ja

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
68
Q

Lage des Rückenmarks

A

Das Rückenmark, Medulla spinalis, liegt, umhüllt von den Hirnhäuten, geschützt im Canalis vertebralis. Es ist beim Erwachsenen ca. 40–45 cm lang und bleistiftdick, weist aber zervikal und sakral Verdickungen auf, die Intumescentiae cervicalis et lumbosacralis. Nach kranial grenzt es im Bereich der Decussatio pyramidum an die Medulla oblongata und reicht mit seinem kaudalen Ende, dem Conus medullaris, bis zum I. oder II. Lendenwirbelkörper. Wie bei allen Hirnabschnitten des ZNS befindet sich auch im Inneren des Rückenmarks ein Hohlraum, der aber nur eine enge, blind endende Röhre, der Canalis centralis, ist.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
69
Q

Lumbalpunktion

A

Zwischen L3-L4 oder L4-L5 (deutlich tiefer als das untere Ende des Rückenmarks

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
70
Q

Fila radicularia

A

Jedes Segment verlassen mehrere Wurzelfäden, die Fila radicularia, die sich als Vorder- und Hinterwurzel, Radices anterior et posterior, bündeln und einen Spinalnerv bilden. Die zervikalen Radices anteriores et posteriores zeigen einen nahezu horizontalen Verlauf zu ihrer Austrittsstelle aus dem Wirbelkanal, dem Foramen intervertebrale. Dabei verlässt der erste Spinalnerv (C1) den Rückenmarkskanal zwischen Okziput und Atlas. Die Wurzeln der weiter kaudal gelegenen Rückenmarkssegmente verlaufen zunehmend vertikal, weil sie nach dem relativen Aszensus des Rückenmarks einen längeren Weg innerhalb des Wirbelkanals haben, um das ihrem Segment zugeordnete Foramen intervertebrale zu erreichen. Die lumbalen Rückenmarkssegmente liegen somit in der Regel auf Höhe der thorakalen Wirbelkörper X–XI. Zu beachten ist, dass am Lebenden der Wirbelkörper selbst nicht zu tasten ist, sondern nur sein Proc. spinosus, dessen Spitze aber meist 1,5 Wirbelkörperhöhen weiter nach kaudal reicht. Die kaudalsten Rückenmarkssegmente Co1–3 liegen entsprechend auf Höhe des Conus medullaris (Wirbelkörperhöhe LI/LII), die zugehörigen Spinalnervenwurzeln verlaufen aber noch bis zum Ende des Durasacks (Wirbelkörperhöhe SI/SII), um erst dort den Wirbelkanal bzw. den Hiatus sacralis zu verlassen. Die Gesamtheit dieser lumbalen und sakralen Fila radicularia bilden die Cauda equina. Ihre Fila flottieren in der liquorgefüllten Cisterna terminalis bzw. lumbalis und sind – anders als das Rückenmark selbst – bei Lumbalpunktionen nicht verletzungsgefährdet. Der Conus medullaris ist über eine bindegewebige, gliahaltige Bandstruktur, das Filum terminale, am Durasack (Wirbelkörperhöhe SI/SII) bzw. über dessen Pars duralis am Wirbelkanal (Wirbelkörperhöhe CoI/CoII) befestigt.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
71
Q

Querschnittsanatomie der Substantia grisea im Rückenmark

A

In der grauen Substanz, insbesondere im thorakolumbalen Abschnitt, lassen sich ein Hinterhorn (Cornu posterius), ein Seitenhorn (Cornu laterale) und ein Vorderhorn (Cornu anterius) unterscheiden. Analog spricht man auch von Columna posterior (Hintersäule), Columna intermedia (Seitensäule) und Columna anterior (Vordersäule), wenn man dieses Areal dreidimensional beschreiben möchte. Das Cornu posterius gliedert sich von ventral nach dorsal in Basis, Cervix, Caput und Apex und erreicht schließlich über die sog. Substantia gelatinosa nach dorsal den Sulcus posterolateralis. Die beiden Cornua lateralia sind durch eine jeweils vor und hinter dem Canalis centralis angeordnete Brücke grauer Substanz, die Commissurae griseae anterior et posterior, miteinander verbunden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
72
Q

Querschnittsanatomie der Substanzia alba im Rückenmark

A

Die Substantia alba untergliedert sich in:
• einen Vorderstrang (Funiculus anterior) zwischen Fissura mediana anterior und Sulcus anterolateralis
• einen Seitenstrang (Funiculus lateralis) zwischen Sulcus anterolateralis und Sulcus posterolateralis
• einen Hinterstrang (Funiculus posterior) zwischen Sulcus posterolateralis und Sulcus medianus posterior
Die beiden Vorderstränge sind – ähnlich der Struktur in der grauen Substanz – durch Fasern, die die Mittellinie überkreuzen, die Commissura alba anterior, miteinander verbunden.
Ein Vergleich der Querschnitte des Rückenmarks auf unterschiedlichen Höhen lässt neben unterschiedlichen Durchmessern des Rückenmarks auch erkennen, dass die Menge an Substantia alba von kranial nach kaudal abnimmt. Sie ist im Zervikalmark also am kräftigsten ausgebildet, was sich dadurch erklärt, dass einerseits die Menge an sensorischen Bahnen zunimmt, die sich dem Rückenmark von kaudal nach kranial anlagern, und dass andererseits die Menge an motorischen Bahnen abnimmt, die das Rückenmark verlassen. An den Intumescentiae cervicalis et lumbosacralis ist das Cornu anterius durch eine hohe Anzahl von α-Motoneuronen für die Innervation der Extremitätenmuskulatur besonders groß und plump angelegt. Im thorakalen Querschnitt ist das Cornu laterale mit den darin befindlichen sympathischen Nervenzellen auffallend gut zu erkennen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
73
Q

Spinalwurzel

A

In der Radix anterior sind Axone von Nervenzellen des Vorder- und Seitenhorns enthalten, die das Rückenmark am Sulcus anterolateralis verlassen und daher als efferent bezeichnet werden. Da diese Axone u. a. den im Cornu anterius liegenden Motoneuronen entstammen, wird die Radix anterior auch als Radix motoria bezeichnet. Die Radix posterior hingegen enthält Axone pseudounipolarer Nervenzellen des Spinalganglions (Ganglion sensorium nervi spinalis), das im Foramen intervertebrale am Übergang vom ZNS ins PNS liegt. Diese Axone leiten Impulse zum Rückenmark hin, sind damit afferent; man spricht hier auch von einer Radix sensoria.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
74
Q

Spinalnerven

A

Unmittelbar nach dem Spinalganglion vereinigen sich die Fasern der Radices motoria et sensoria zum Stamm des Spinalnervs, der somit gemischte Faserqualitäten (somatomotorisch, somatosensorisch und autonom) enthält. Dieser Spinalnervenstamm spaltet sich schnell in seine Endäste auf: R. meningeus, R. posterior, R. anterior sowie im thorakolumbalen Bereich einen R. communicans albus, der dem sympathischen Grenzstrang (Truncus sympathicus) präganglionäre Fasern zuleitet. Umgekehrt werden über einen weniger stark myelinisierten R. communicans griseus sympathische Impulse wieder zum Spinalnerv zurückgeleitet.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
75
Q

Nervenplexus

A

Während der R. posterior des Spinalnervs die motorische Innervation der autochthonen Rückenmuskulatur und die sensible Innervation des darüber liegenden Hautareals übernimmt, innerviert der R. anterior die ventrale Rumpfwand oder bildet im zervikalen und lumbosakralen Abschnitt Nervengeflechte zur Innervation der Extremitäten, sog. somatische Nervenplexus. Dabei kann man die folgenden Plexus unterscheiden:
• Plexus cervicalis (C1–4)
• Plexus brachialis (C5–T1)
• Plexus lumbalis (L1–L4)
• Plexus sacralis (L4–S4)
Die ursprünglich unisegmentale Zuordnung eines Rückenmarkssegments zu einem Dermatomyotom löst sich in diesen Bereichen auf, da sich die Nervenfasern verschiedener Segmente durchmischen. In der Folge kann ein Rückenmarkssegment mehrere Muskeln bzw. Dermatome innervieren und umgekehrt ein Muskel bzw. Dermatom mehreren Rückenmarkssegmenten zugeordnet werden (plurisegmental).

Neben den somatischen werden auch autonome Nervenplexus gebildet. Die Nervenzellkörper der sympathischen Fasern liegen im Cornu laterale des Rückenmarks (C8–L3), verlassen die Medulla spinalis über die Radix anterior und erreichen über die Rr. communicantes albi den Truncus sympathicus. Dieser setzt sich aus 21–25 paravertebral angeordneten Ganglien zusammen, die über Rr. interganglionares miteinander verbunden sind. Über diese Verbindungen und die rückführenden Rr. communicantes grisei werden die sympathischen Impulse auch über die Segmente C8–L3 hinaus weiter nach kranial und kaudal verteilt (Divergenzschaltung). So werden letztlich den Spinalnerven aller Segmente sympathische Fasern zugeführt, die somit auch Drüsen und Gefäße der Extremitäten, z. B. zur Schweißbildung oder Vasokonstriktion, vegetativ versorgen. Weitere unverschaltete efferente Faserbahnen der Grenzstrangganglien sind die Nn. splanchnici, die insbesondere in Thorax und Abdomen viszerale, prävertebrale Nervenplexus bilden. Diese Nervenplexus enthalten neben den sympathischen auch parasympathische Fasern, die entweder aus dem kranialen Anteil des Parasympathikus, dem N. vagus [X], kommen oder Nervenzellkörpern des Cornu laterale der sakralen Rückenmarkssegmente S2–4 entstammen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
76
Q

Gliederung der Substantia grisea im Rückenmark nach Zielstrukturen

A

Die Substantia grisea des Rückenmarks setzt sich aus Nervenzellkörpern, aber auch aus einer Verflechtung von Gliazellfortsätzen, Dendriten und myelinisierten und nichtmyelinisierten Axonen zusammen. Dieses Geflecht wird in seiner Gesamtheit als Neuropil bezeichnet.
Die verschiedenen Nervenzellen lassen sich jeweils nach der Zielstruktur ihrer Axone in 3 Gruppen differenzieren: Wurzelzellen, Binnenzellen und Strangzellen:
• Die Wurzelzellen liegen in der Columna anterior oder intermedia, ihre Fasern sind somato- oder viszeroefferent und bilden die Radix anterior.
• Die Nervenzellfortsätze der Binnenzellen verlassen die Substantia grisea nicht. Binnenzellen fungieren häufig als glyzinerge inhibitorische Interneurone des Rückenmarks.
• Die Nervenfasern von Strangzellen bündeln sich zu Faserbahnen bzw. -strängen, die dann innerhalb des Rückenmarks bleiben, also einen Teil des sog. Eigenapparats des Rückenmarks bilden, oder eine aufsteigende Verbindung zu übergeordneten Strukturen des ZNS herstellen und damit einen Teil des sog. Verbindungsapparatsbilden. Diese dritte Nervenzellart der grauen Substanz, die Strangzellen, befinden sich vor allem in der Columna posterior.
Die funktionelle Differenzierung der Neurone in Strang- oder Wurzelzellen bzw. die Aufteilung in ein Vorder- und Hinterhorn wird während der embryologischen Entwicklung durch die Chorda dorsalis bzw. durch die von ihr abgegebenen Signalmoleküle induziert.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
77
Q

Gliederung der Substantia grisea im Rückenmark nach Zytoarchitektur

A

Die Substantia grisea des Rückenmarks wird auch nach REXED – auf Basis der spezifischen Zytoarchitektur – eingeteilt. Nach REXEDunterscheidet man insgesamt 10 Schichten, Laminae, die von dorsal nach ventral durchnummeriert werden. Vereinfacht werden dabei der Columna posterior die Laminae I–VI, der Columna intermedia die Lamina VII und der Region um den Canalis centralis die Lamina X zugeordnet, während die Columna anterior die Laminae VIII und IX umfasst.
Im Folgenden werden die im Hinblick auf ihre anatomische oder klinische Relevanz bedeutsamen Laminae dargestellt. Die Columna posterior erhält Somato- und Viszeroafferenzen. Die Nervenzellkörper der pseudounipolaren Neurone, die diese Sinnesqualitäten (wie z. B. Schmerz- und Temperaturempfinden) vermitteln, liegen im Spinalganglion. Dieses 1. Neuron leitet exterozeptive Impulse, z. B. von Schmerzrezeptoren in der Haut, interozeptive Impulse aus den Eingeweiden oder propriozeptive Impulse aus der Skelettmuskulatur oder von Gelenk- und Sehnenrezeptoren. Das zentral gerichtete Axon der Spinalganglienzellen erreicht über die Hinterwurzel im Cornu posterius die Laminae I–III. Hier liegen Strangzellen, wie der Nucleus marginalis (in der Lamina I, Substantia spongiosa, oder in den Laminae II–III, Substantia gelatinosa). Diese Strangzellen sind somit das 2. Neuron der Schmerzleitung (Nozizeption) und entsenden ihre zentral gerichteten Axone zu kranialen Rückenmarkssegmenten oder zu Kerngebieten des Gehirns (z. B. zum Thalamus). In den Laminae I und II findet aber nicht nur Schmerzleitung statt, sondern auch eine Verarbeitung der Schmerzempfindung, z. B. im Sinne einer Hemmung der Schmerzweiterleitung auf das 2. Neuron.
Propriozeptive Impulse der Tiefensensibilität erreichen ebenfalls über die Hinterwurzel das Cornu posterius. Allerdings liegen die Strangzellen bzw. das 2. Neuron dabei im Nucleus proprius in den Laminae III und IV – im Thorakolumbalmark auch in der Kernsäule des Nucleus thoracicus posterior (Nucleus dorsalis, Nucleus STILLING-CLARKE) der Laminae V–VI, einem Ursprungsgebiet spinozerebellarer Bahnen. Die Lamina VII umfasst den Großteil der Columna intermedia. Hier liegen 2 wichtige Kerngruppen: Im Thorakalmark einerseits die Perikarya des 1. sympathischen Neurons im Nucleus intermediolateralis, im Sakralmark das 1. parasympathische Neuron in den Nuclei parasympathici sacrales.
In den Laminae VIII und IX des Vorderhorns befinden sich neben Binnenzellen und Interneuronen die Wurzelzellen, α- und γ-Motoneurone. Die in diesen Laminae gelegenen Zellgruppen bzw. -säulen zeigen eine somatotope Anordung, was für die Lokalisationsdiagnostik bei Schädigungen im Rückenmark von entscheidender Bedeutung ist. Die Motoneurone der axialen, also rumpfnahen Muskulatur liegen dabei am weitesten medial, nahe der Fissura mediana anterior, während Motoneurone der distalen Körperpartien wie Hand und Fuß am weitesten lateral lokalisiert sind. Die Neurone der Extremitätenmuskulatur sind zusätzlich auch in sagittaler Richtung somatotop angeordnet, sodass Neurone der Streckmuskulatur eher im ventralen Abschnitt des Vorderhorns liegen und die Neurone der Beugemuskulatur sich diesen dorsal anlagern.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
78
Q

Gliederung der Substantia alba des Rückenmarks in den Eigenapparat

A

Fasiculi proprii: ummanteln Substantia grisea mit einer dünnen Schicht, den Grundbündeln und stellen intersegmentale Verbindungen. Werden entsprechend ihrer Lage in eine anteriore, laterale und posteriore Gruppe unterschieden

Tractus posterolateralis: an der Spitze des Cornu posterius mit intersegmentalen Fasern

absteigende Kollateralen der Hinterstrangbahnen: im Zervikalmark als Fasciculus interfascicularis (SCHULTZE-Komma) zwischen die Fasciculi cuneatus et gracilis bzw. im Thorakalmark die Fasciculus septomarginalis (FLECHSIG-Feld) in der Medianebene des Hinterstrangs

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
79
Q

Gliederung der Substantia alba im Rückenmark ind Leitungs- und Verbindungsapparat

A

Der Leitungsapparat beinhaltet die Faserbahnen, die funktionell betrachtet entweder vom Rückenmark zum Gehirn aufsteigen (Afferenzen) oder umgekehrt vom Gehirn zum Rückenmark absteigen (Efferenzen). Beide Bahnsysteme sind auf die oben beschriebenen Funiculi medullae spinalis verteilt. Sowohl auf- als auch absteigende Bahnsysteme zeigen eine somatotope Gliederung, die im Zervikalmark besonders deutlich ausgeprägt und darstellbar ist.

Merke:
Faserbahnen mit längerem Verlauf lagern sich von außen bzw. medial den Hinterwurzeln an, d. h.:
• längere sakrale Faserbahnen liegen im Rückenmark eher oberflächlich bzw. lateral
• zervikale Fasern liegen eher zentral bzw. medial nahe der grauen Substanz

Eine Ausnahme bildet in diesem Zusammenhang der Funiculus posterior, in dem die Fasern eher von medial (sakrale Fasern) nach lateral (zervikale Fasern) angeordnet sind.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
80
Q

Fremdreflexe

A

Ein Fremdreflex ist dadurch gekennzeichnet, dass Reiz und Reizantwort nicht im gleichen Organ liegen, es immer mehrere Umschaltungen von afferenten auf efferente Bahnen gibt (polysynaptisch) und die Reflexvermittlung in mehreren Rückenmarkssegmenten stattfindet. Man kann rein somatische, rein viszerale und gemischte Reflexe unterscheiden:
• Bei den somatischen Reflexen handelt es sich meist um sensomotorische Reize, d. h., eine Aktivierung von Rezeptoren der Haut (z. B. Temperatur, Schmerz) führt zu einer motorischen Antwort. In diese Kategorie fallen Flucht- oder Schutzreflexe wie der Flexorenreflex: Ein Schmerzreiz z. B. am Fuß führt zu einer reflektorischen Aktivierung der ipsilateralen Flexoren und damit zum Zurückziehen des Fußes. Zugleich wird die Körperhaltung aber auch durch eine Aktivierung kontralateraler Extensoren am Standbein gestärkt.
• Analog zu den rein somatischen Reflexen gibt es auch rein viszerale Reflexe des autonomen Nervensystems. Man spricht von viszeroviszeralen Reflexen (Eingeweidereflexen), wenn afferente und efferente Bahnen im autonomen Nervensystem liegen. Diese unbewusst ablaufenden Reflexe werden auf Rückenmarks-, aber auch auf Hirnstammebene verschaltet, da die parasympathische Eingeweideinnervation bis zum CANNON-BÖHM-Punkt über den im Hirnstamm lokalisierten N. vagus erfolgt. Dabei nehmen unter anderem Impulse von Dehnungsrezeptoren in der Wand von Hohlorganen Einfluss auf die Funktion der Organmuskulatur. Beispielsweise führt die Dehnung der Magenwand nach Nahrungsaufnahme zu einer vermehrten Magenperistaltik.
• Die gemischten Reflexe können entweder viszerosomatisch oder somatoviszeral sein. Ein klinisch bedeutsames Beispiel für einen segmental organisierten viszerosomatischen Reflex ist die Entstehung einer Abwehrspannung, einer „brettharten” Anspannung der ventralen Bauchwandmuskulatur, wenn die Eingeweide z. B. bei einer Entzündung gereizt werden. Umgekehrt kommt es bei Wärmeanwendungen, also einer Reizung der Haut, über einen somatoviszeralen (kutiviszeralen) Reflex über viszeroefferente Bahnen zu einer Entspannung der Eingeweidemuskulatur.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
81
Q

Eigenreflexe

A

Ein Eigenreflex ist dadurch gekennzeichnet, dass der reizaufnehmende Rezeptor und die Reizantwort im gleichen Organ liegen, es damit nur eine einzige Umschaltung von afferenten auf efferente Bahnen gibt (monosynaptisch) und die Reflexvermittlung über nur ein Rückenmarkssegment stattfindet. Die Überprüfung der somatischen, segmentspezifischen Muskeleigenreflexe ist für die Lokalisationsdiagnostik von Rückenmarksläsionen klinisch von hoher Bedeutung. Auslösender Reiz bei einem Muskeleigenreflex ist die Dehnung von Muskelspindeln, z. B. durch einen Schlag mit einem Reflexhammer auf die Muskelsehne. Ia-Afferenzen der Muskelspindeln erreichen direkt die α-Motoneurone (monosynaptisch) und lösen eine Kontraktion des Muskels aus. Gleichzeitig erreichen Kollateralen der Ia-Afferenzen aber auch hemmende Interneurone, die eine reziproke Hemmung des antagonistisch wirkenden Muskels bewirken (polysynaptisch). Ein solcher Reflex läuft zwar komplett als Eigenleistung des Rückenmarks ab, allerdings stehen die Reflexbögen auch unter einer supraspinalen Kontrolle und können so z. B. gebahnt werden. Dies wird deutlich, wenn durch eine muskuläre Anspannung der Arme die Beinreflexe leichter auslösbar werden. Diese Bahnung kommt durch die Konvergenz mehrerer unterschwelliger Reize zustande, die dann gemeinsam eine Depolarisation der Motoneurone bewirken. Das Phänomen der Bahnung macht man sich in Form des JENDRASSIK-Handgriffs, benannt nach einem ungarischen Neurologen, in der klinisch-neurologischen Untersuchung zunutze.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
82
Q

Absteigende Bahnen im Rückenmark

A

Prinzipiell können motorische und autonome absteigende Bahnsysteme unterschieden werden. Die Funktionsweise des peripheren autonomen Nervensystems wird über zahlreiche Kerngebiete im Hirnstamm und Hypothalamus gesteuert, indem über absteigende Bahnsysteme Einfluss auf die präganglionären Nervenzellen im Seitenhorn des Rückenmarks genommen wird. Die motorischen Fasern wiederum lassen sich in pyramidale und extrapyramidale Fasern unterteilen. Beide nehmen direkt oder meist indirekt über Interneurone Einfluss auf die Wurzelzellen, die α- und γ-Motoneurone. Die Hauptmasse dieser motorischen Bahnen liegt in den Funiculi anterior et lateralis, die auch zum Funiculus anterolateralis zusammengefasst werden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
83
Q

Pyramidenbahn (Tractus corticospinalis)

A

Die Pyramidenbahn ist die größte der absteigenden Bahnen und innerviert die Motoneurone des Vorderhorns. Auf Rückenmarksebene gliedert sie sich in zwei Bahnsysteme:
• Tractus corticospinalis lateralis und
• Tractus corticospinalis anterior.
Verlauf
Ihren Ursprung nimmt die Pyramidenbahn zum Großteil von der Rinde des Motokortex. Dies ist der Teil der Großhirnrinde, der für die Bewegungsabläufe unmittelbar verantwortlich ist. Von dort läuft sie als Tractus corticospinalis durch den Hirnstamm und bildet in der Medulla oblongata eine von außen sichtbare Vorwölbung, die sog. Pyramide. Unmittelbar unterhalb der Pyramide kreuzen 70–90 % der Fasern auf die Gegenseite und laufen dann als Tractus corticospinalis lateralis im Seitenstrang des Rückenmarks nach unten, bis sie von dort Stück für Stück in die Vordersäule eintreten, um die ihnen zugehörigen Motoneurone zu innervieren. Der Teil der ungekreuzten Fasern (10–30 %) läuft als schmaler Tractus corticospinalis anterior ganz medial neben der Fissura longitudinalis anterior nach unten, um dann in Höhe seines Eintretens in das kontralaterale Vorderhorn zur Gegenseite zu kreuzen. Der Tractus corticospinalis anterior endet im Zervikalmark.
Auch der Tractus corticospinalis lateralis weist eine somatotopische Gliederung auf. Diese wird verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass die absteigenden Bahnen lateral der grauen Substanz verlaufen und von der Seite her in sie eintreten. Somit verlässt im Zervikalbereich der medialste Strang die Pyramidenbahn, um ins Vorderhorn einzutreten. Als Nächstes verlässt der jetzt medial liegende Strang die Bahn, um in die thorakalen Vorderhörner einzutreten etc. Als Letzte verlassen also die ursprünglich am weitesten lateral gelegenen Pyramidenbahnstränge die weiße Substanz, um ins Sakralmark einzutreten. So kommt eine somatotopische Gliederung zustande, die von medial nach lateral die zervikalen, die thorakalen, die lumbalen und schließlich die sakralen Bahnen nach unten ziehen lässt
Ein Teil der Pyramidenbahn entspringt auch von sensiblen Großhirnrindenfeldern im Parietallappen. Diese Fasern haben allerdings funktionell wenig mit der pyramidalen Motorik zu tun, sondern beeinflussen wahrscheinlich über Projektionen in die sensiblen Rückenmarks- und Hirnnervenkerne die Weiterleitung sensibler Impulse zum Thalamus.

Funktion
Die Fasern der Pyramidenbahn projizieren (meist über ein Interneuron im Vorderhorn) auf die α-Motoneurone vor allem der distalen Extremitätenmuskeln. Deswegen kommt der Pyramidenbahn eine so wichtige Rolle bei der Feinmotorik zu, denn diese vollzieht sich ja ganz überwiegend mit den Muskeln des Unterarms und der Hand bzw. des Unterschenkels und des Fußes. Darüber hinaus hat die Pyramidenbahn eine Kontrollfunktion über synaptische Prozesse im Rückenmark. Das bedeutet, dass sie selektiv einzelne propriospinale Verschaltungen unterdrücken kann, so z. B. auch primitive Fremdreflexe, die beim Säugling, dessen Pyramidenbahn noch nicht ausgereift ist, noch auslösbar sind.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
84
Q

Extrapyramidale Bahnen

A

Als extrapyramidale Bahnen werden alle motorischen Projektionen bezeichnet, die ins Rückenmark ziehen und nicht in der Pyramidenbahn verlaufen. Sie nehmen ihren Ursprung von Zentren im Hirnstamm, vor allem vom Ncl. ruber, den Ncll. vestibulares und der Formatio reticularis. Entsprechend heißen sie:
• Tractus rubrospinalis,
• Tractus vestibulospinalis und
• Tractus reticulospinalis (Fibrae reticulospinales).
Diese Bahnen verteilen sich auf mehrere Positionen im Vorder- und Seitenstrang. Deshalb ist ein Ausfall der extrapyramidalen Bahnen als Ganzes auf spinaler Ebene selten und wenn, dann tritt er kombiniert mit anderen Bahnschädigungen auf, weil dazu ein größerer Teil des Rückenmarks geschädigt sein muss.
Teile der extrapyramidalen Bahnen ziehen gekreuzt (rubrospinale Bahn, kreuzt auf Hirnstammebene), Teile ungekreuzt (vestibulospinale Bahn) und Teile bilateral (retikulospinale Bahn) im Rückenmark nach kaudal.
Nicht alle extrapyramidalen Bahnen haben die gleiche Funktion. Der Tractus rubrospinalis ähnelt in seiner Projektion eher der Pyramidenbahn und beeinflusst den Tonus der distalen Extremitätenmuskeln. Die anderen extrapyramidalen Bahnen hingegen projizieren bevorzugt auf die Motoneurone der Rumpf- und der proximalen Extremitätenmuskulatur im Vorderhorn. Sie sind daher vor allem für die Massenbewegungen von Rumpf und Extremitäten verantwortlich. Das bedeutet, dass sie z. B. das Bein vorwiegend im Hüft- und Knie- und weniger in den Zehengelenken bewegen. Die Armmotorik beeinflussen sie dementsprechend besonders differenziert im Schulter- und Ellenbogengelenk und wenig in den Fingergelenken. Am Rumpf ermöglichen sie vor allem Orientierungs-, Ausweich- und Stützbewegungen im Sinne der aufrechten Körperhaltung. Außerdem spielen die extrapyramidalen Bahnen (insbesondere vestibulo- und retikulospinale Bahn) eine wichtige Rolle für den Tonus (Grundspannung) der Muskulatur. Man darf sich nun nicht vorstellen, dass die extrapyramidale Motorik weniger differenziert wäre als die pyramidale, nur weil sie in ihren Auswirkungen gröber erscheint. Vielmehr ist die extrapyramidale Motorik unentbehrliche Grundlage der pyramidalen. So setzen beispielsweise differenzierte Bewegungen der Hand meist auch ebensolche Bewegungen des Unter- und Oberarms voraus, sonst ist eine präzise Zielmotorik nicht möglich. Überdies können bei Ausfall der Pyramidenbahn die extrapyramidalen Bahnen noch einen Rest der distalen Extremitätenbeweglichkeit ermöglichen, weil sie, wenn auch nur in geringem Ausmaß, die entsprechenden Motoneurone des Vorderhorns mitinnervieren.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
85
Q

Aufsteigende Bahnen im Rückenmark

A

Die aufsteigenden Bahnsysteme leiten afferente Impulse aus der Körperperipherie oder aus dem Körperinneren zum Gehirn. Das Perikaryon des 1. Neurons dieses Funktionssystems befindet sich in den Spinalganglien, die Faserbahnsysteme selbst – also die Axone dieses 1. Neurons oder bei synaptischer Verschaltung im Hinterhorn des 2. Neurons – verlaufen im Funiculus anterolateralis bzw. Funiculus posterior nach zentral. Insgesamt lassen sich ein Hinterstrangsystem, ein spinothalamisches (anterolaterales) System und ein spinozerebelläres System unterscheiden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
86
Q

Spinothalamisches System (Aufsteigende Bahn im Rückenmark)

A

Teil des anterolateralen Systems

Qualitäten:
• grobe Druck- und Tastempfindungen (Mechanosensorik)
•Schmerzwahrnehmung (Nozizeption)
• Temperaturwahrnehmung

Anteile:
• Der Tractus spinothalamicus lateralis ist somatotop gegliedert, sodass zervikale Fasern zentral in der Nähe des Cornu anterius liegen.
• Der Tractus spinothalamicus anterior lagert sich medial dem lateralen Trakt an, wobei sich seine Fasern mit denen des Tractus spinotectalis durchmischen.
Kleiner Bahnsysteme:
• Tractus spinotectalis
• Tractus spinoreticularis

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
87
Q

Hinterstrangsystem (aufsteigende Bahn im RM)

A

Das Hinterstrangsystem befindet sich, wie der Name sagt, im Funiculus posterior. Die hier weitergeleitete Sinnesqualität umfasst:
• Sinneswahrnehmungen wie Druck und Vibrationen
• das feine Berührungsempfinden der Haut
• Tiefenwahrnehmung aus dem Körperinneren mit Informationen zur Körperstellung (aus Muskel-, Sehnen- und Gelenkrezeptoren)

Das Hinterstrangsystem setzt sich aus 2 Fasciculi zusammen:
• Der Fasciculus gracilis (GOLL) liegt medial. Er beginnt im Sakralmark und übernimmt die Impulsleitung für die untere Extremität.
• Der Fasciculus cuneatus (BURDACH) schließt sich lateral an und reicht keilförmig bis zum Cornu posterius. Er beginnt dabei erst im Thorakalmark (T3) und leitet die oben beschriebenen Sinnesqualitäten für die obere Extremität.
Die Hinterstrangbahnen kreuzen nicht im Rückenmark, sondern erst nach ihrer ipsilateralen Umschaltung in den Nuclei gracilis et cuneatus der Medulla oblongata. In ihrem Verlauf sind die Hinterstrangbahnen somatotop angeordnet.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
88
Q

Spinozerebellares System (aufsteigende Bahn im RM)

A

Qualitäten: propriozeptive Informationen aus Muskelspindeln und GOLGI-Sehnenorganen

Zielstruktur: ipsilaterales Kleinhirn

Anteile:
• Tractus spinocerebellaris posterior (FLECHSIG)
• Tractus spinocerebellaris anterior (GOWER)
Im Zervikalmark:
• Fibrae cuneocerebellares
• Tractus spinocerebellaris superior

Indirekte Faserverbindungen:
Tractus spinoolivaris im kontralateralen Funiculus anterior zur Olive
kreuzen als Tractus olivocerebellaris wieder zurück in die ipsilaterale Kleinhirnhemisphäre

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
89
Q

Rückenmarkarterien

A

Das Rückenmark wird durch ein feines Gefäßnetzwerk, das aus 3 längs verlaufenden Gefäßen gespeist wird, arteriell versorgt. Man unterscheidet die auf der Vorderseite in der Fissura mediana anterior verlaufende A. spinalis anterior und die medial der Hinterwurzeln lokalisierten, aber schwächer ausgebildeten paarigen Aa. spinales posteriores:
• Die A. spinalis anterior bildet sich auf Höhe des Rückenmarkssegments C1–2 aus Ästen beider Aa. vertebrales. Sie versorgt über Rr. medullares mediales (Aa. sulci), die in der Tiefe der Fissura mediana anterior verlaufen, die vorderen zwei Drittel des Rückenmarks mit Vorderhorn, Commissura alba, Commissura grisea anterior, Vorderseitenstrang und Basis des Hinterhorns mit Nucleus dorsalis.
• Die Aa. spinales posteriores entstammen meist der gleichseitigen A. inferior posterior cerebelli, die aus der A. vertebralis entspringt. Sie versorgen das verbleibende dorsale Drittel.
Alle 3 Arterien stehen über die Vasocorona, quer verlaufende feine Gefäße auf der Oberfläche des Rückenmarks, miteinander in Verbindung. Die in das Rückenmark eindringenden Gefäßäste gelten als funktionelle Endarterien.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
90
Q

Segmentale Zuflüsse zur arteriellen Versorgung des RMs

A

Die spinalen Arterien erhalten segmentale Zuflüsse, die sich aus den Versorgungsbereichen der A. subclavia (A. vertebralis, A. cervicalis ascendens, A. cervicalis profunda), der Aorta thoracica (Aa. intercostales posteriores) und der Aorta abdominalis (Aa. lumbales) ableiten. Für den Conus medullaris und die Cauda equina seien zusätzlich die A. sacralis lateralis sowie die A. ileolumbalis aus der A. iliaca interna benannt. Zwischen den o. g. Versorgungsbereichen sind die Gefäße häufig sehr dünn und erhalten nur inkonstant angelegte segmentale Zuflüsse. Durchblutungsstörungen kommen daher insbesondere in den Rückenmarkssegmenten T4 und L1 vor. Auf Höhe der Intumeszenzien ist die arterielle Versorgung hingegen durch viele segmentale Zuflüsse eher gut gesichert. Klinisch bedeutsam und daher nennenswert ist die arterielle Versorgung der Intumescentia lumbosacralis durch die meist auf Höhe T9–L5 aus der linken A. intercostalis posterior entspringenden A. radicularis magna (ADAMKIEWICZ). Ihr Durchmesser liegt zwischen 0,7 und 1,3 mm, sodass man sie tatsächlich im Vergleich zu der nur 0,3–0,5 mm großen A. spinalis anterior als „magna” bezeichnen kann.
Die segmentale arterielle Versorgung des Rückenmarks übernimmt der R. spinalis, der sein Blut über den R. dorsalis der A. intercostalis posterior erhält. Der R. spinalis tritt durch das Foramen intervertebrale hindurch und teilt sich auf Höhe der Hinterwurzel in jeweils kurze Aa. radiculares anterior et posterior auf, die beide der Blutversorgung des Spinalganglions und der Hinterwurzel dienen, während die A. medullaris segmentalis die eigentliche Versorgung der Rückenmarkssubstanz übernimmt und den Aa. spinales anterior et posteriores Blut zuführt.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
91
Q

Venöser Abfluss des RMs

A

Analog zur arteriellen Versorgung fließt das venöse Blut der radiär verlaufenden Binnenvenen des Rückenmarks in die V. spinalis anterior bzw. die kräftigere V. spinalis posterior, die im Sulcus medianus posterior liegt. Der weitere Abfluss folgt dann den Wurzelvenen (Vv. radiculares) entlang der Hinterwurzel zum Venenplexus des Epiduralraums, dem Plexus venosus vertebralis internus. Durch die Foramina intervertebralia verlassen Vv. intervertebrales den Wirbelkanal. Sie führen Blut aus dem Rückenmark, der Dura und dem Plexus venosus vertebralis internus und stellen eine Verbindung zum Plexus venosus vertebralis externus an Vorder- und Rückseite der Wirbelsäule her. Sie stehen aber auch in Verbindung mit den Vv. intercostales, Vv. lumbales und Venen, die den zuvor beschriebenen Arterien zugeordnet sind. Vv. intervertebrales bilden ein klappenloses Anastomosengeflecht zwischen innerem und äußerem Plexus venosus der Wirbelsäule. In der Gesamtheit ist dieses venöse System eine wichtige interkavale Anastomose.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
92
Q

Lage und äußere Gestalt der Medulla oblongata

A

Die Medulla oblongata ist der kaudale Teil des Rhombencephalons. Ventral liegt sie dem Clivus auf und reicht nach kaudal bis zum Foramen magnum. Die ventrale Oberfläche des Bulbus ist medial durch die Längswulst der Pyramide, Pyramis, charakterisiert. Nach kaudal verjüngen sich die beiden Pyramiden und ein Großteil der absteigenden Fasern des Tractus corticospinalis kreuzen in der Decussatio pyramidum, die die Grenze zum Rückenmark markiert. Direkt seitlich der Pyramide schließt sich die untere Olive (Oliva inferior) an, die am Außenrelief gut als ovales Kerngebiet abgegrenzt werden kann. Sie dient als gute ventrale Landmarke: Ihre Ausdehnung entspricht exakt der „offenen” rostralen Medulla oblongata, d. h., sie beginnt an der Fissura pontomedullaris und reicht kaudal bis zum Obex. Zwischen Pyramide und unterer Olive treten die Wurzeln des N. hypoglossus [XII] aus; dorsal der unteren Olive im Sulcus retroolivaris die Wurzeln von N. glossopharyngeus [IX] und N. vagus [X] sowie die Radix cranialis des N. accessorius [XI]. Dorsal liegt der Medulla oblongata das Cerebellum auf, mit dem es über die beiden unteren Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares inferiores) verbunden ist. Im Bereich der Medulla oblongata verengt sich der IV. Ventrikel nach kaudal zum Zentralkanal – so kann ein rostraler Anteil (offener Teil der Medulla oblongata = kaudale Hälfte der Fossa rhomboidea) vom kaudalen Anteil (geschlossener Teil der Medulla oblongata) unterschieden werden. Der Punkt des Eingangs zum Zentralkanal wird als Obex bezeichnet. Er dient als wichtige Landmarke zur Bestimmung der rostrokaudalen Höhe von Querschnitten durch das Rhombencephalon. Seitlich und kaudal wird die Fossa rhomboidea von den Vorwölbungen der Nuclei gracilis und cuneatus (Tubercula gracile et cuneatum) begrenzt, die zum Rückenmark in die entsprechenden Längswülste der Funiculi gracilis et cuneatus der Hinterstrangbahn übergehen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
93
Q

Innere Gliederung der Medulla oblongata: Rostrale Hälfte

A

Die Medulla oblongata ist wie der Pons in eine mediane Raphe (Nuclei raphes medullae) und seitliche Anteile gegliedert, die zahlreiche Kerngebiete der Hirnstammsysteme und die Formatio reticularis sowie die medullären Hirnnervenkerne (IX–XII) enthalten. Lateral wird das Gebiet von den unteren Kleinhirnstielen umfasst. In der rostralen Hälfte (offener Teil der Medulla oblongta = kaudale Hälfte der Fossa rhomboidea) imponieren ventral die Pyramide und die untere Olive. Dorsal liegen die Kerne der Hinterstrangbahn, Nuclei gracilis et cuneatus, lateral ziehen die Pedunculi cerebellares inferiores zum Cerebellum.
Auf dem Querschnitt ist die untere Olive als größtes Kerngebiet der Medulla oblongata makroskopisch sehr gut sichtbar. Man erkennt charakteristische schlangenartig gewundene Bänder, die aus zahlreichen kleinen und dicht gedrängten Somata gebildet werden, wobei eine Reihe von Unterkernen unterschieden werden können. Insgesamt ist die untere Olive ein dem Kleinhirn vorgelagerter Schaltkern, der vornehmlich spinale und vestibuläre Information verarbeitet.
Direkt um den Zentralkanal bzw. am Boden des IV. Ventrikels liegt der Nucleus nervi hypoglossi [XII]. Er besteht aus ventralen und dorsalen Unterkernen, die unterschiedliche Zungenmuskeln repräsentieren. Dorsal des Nucleus nervi hypoglossi liegt der Nucleus dorsalis nervi vagi [X] und dorsal davon der Nucleus tractus solitarii (IX, X), der im rostralen Abschnitt auch Kerne der Geschmacksnerven enthält.
Direkt am Obex befindet sich median dorsal des Zentralkanals die kleine Area postrema mit einem rechten und einem linken seitlichen Ausläufer, der mit dem Nucleus tractus solitarii in direkter Verbindung steht. Die Area postrema enthält vagale Viszeroafferenzen und ist das zentrale Brechzentrum. In der Area postrema ist die Hirn-Liquor-Schranke aufgehoben.
Dorsolateral befinden sich die sensiblen Nuclei principalis et spinalis nervi trigemini [V]. Dorsal des Nucleus spinalis nervi trigemini findet man in der rostralen Medulla oblongata die kaudalen Anteile der Nuclei vestibulares sowie den Nucleus salivatorius inferior [IX]. In der ventrolateralen Medulla liegt der Nucleus ambiguus, der sich aus den Motoneuronen der branchiogenen Muskulatur des 3.–6. Schlundbogens (IX, X, medullärer Anteil von XI), also der Muskeln von Larynx und Pharynx, zusammensetzt. Er bildet eine longitudinale rostrokaudale Pars compacta, die als eigentlicher Nucleus ambiguus die gesamte Medulla oblongata durchzieht, sowie einzelne paraambiguale Kerngruppen ventral dieser Pars compacta, darunter die externe Formation, die parasympathische Neurone zur Herzinnervation enthält. In direkter Nachbarschaft liegen ventral des Nucleus ambiguus die Gruppen der medullären Atemregulation mit dem Prä-BÖTZINGER-Komplex als medullärem Atemzentrum. Medial des Atemzentrums sind in der rostralen ventrolateralen Medulla oblongata die Kerne des medullären Herz-Kreislauf-Zentrums lokalisiert, die u. a. adrenerge Neurone zu den Sympathikusneuronen des Rückenmarks senden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
94
Q

Innere Gliederung der Medulla oblongata: Kaudale Hälfte

A

In der kaudalen Hälfte (geschlossener Teil der Medulla oblongata = Übergang zum Rückenmark) ist die untere Olive nicht mehr sichtbar, der Querschnitt ist deutlich verkleinert. Angeschnitten sind die verjüngten kaudalen Ausläufer der Kerngebiete der rostralen Medulla oblongata (Nucleus ambiguus, Nucleus dorsalis nervi vagi, Nucleus tractus solitarii, Nucleus nervi hypoglossi), die z. T. bis ins Rückenmark reichen oder sich in Bahnen (Tractus) zum/vom Rückenmark fortsetzen. Der Übergang von der kaudalen Medulla oblongata zum Rückenmark ist fließend, man spricht von einer Übergangszone. Vorder- und Hinterhorn des Rückenmarks werden aber durch die ein- bzw. austretenden Spinalwurzeln von C1 nach rostral hin klar abgegrenzt.
Folgende Bahnsysteme ziehen zur bzw. durch die Medulla oblongata: Lemniscus medialis, Tractus tegmentalis centralis, Fasciculi longitudinales medialis et posterior, Tractus spinalis nervi trigemini, Tractus corticonuclearis und corticospinalis. Tractus spinothalamicus, Tractus spinocerebellaris. Axone aus den Hinterstrangkernen ziehen nach ventral und medial und kreuzen in der Mittellinie ventral des Nucleus nervi hypoglossi in der Decussatio lemniscorum, um anschließend aufzusteigen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
95
Q

Formatio reticularis

A

Als Formatio reticularis werden die Anteile des Hirnstamms bezeichnet, die histologisch keine klar abgrenzbaren Faserbahnen oder Kerngebiete aufweisen. Das Gebiet der Formatio reticularis liegt in den inneren Bereichen des Hirnstamms (Tegmentum mesencephali, Pars dorsalis pontis, Medulla oblongata) zwischen der medianen Raphe und den außen anliegenden Kerngebieten und Bahnen. Charakteristisch sind mehr oder weniger lose Gruppen von Nervenzellen in unterschiedlichen Größen sowie Faserbündel, die in alle Richtungen das Gebiet der Formatio reticularis durchziehen. Man hat daraus geschlossen, dass die Formatio reticularis ein diffuses Netz vielfach miteinander verschalteter Neurone ist, das den gesamten Hirnstamm, bei einigen Autoren auch das Diencephalon und das zervikale Rückenmark durchzieht.
Diesem quasi intrinsischen Netz des Hirnstamms wurden auch bestimmte Funktionen zugeordnet, z. B. das aufsteigende retikuläre aktivierende System (ARAS). Dieses bewirkt unter dem Einfluss serotonerger Raphekerne eine vom Rückenmark aufsteigende Aktivierung motorischer Systeme sowie der zentralen vegetativen Kerngebiete bis hin zum Hypothalamus und limbischen System. Dadurch wird der Körper in den Zustand erhöhter Wachheit und Aufmerksamkeit versetzt.
Naturgemäß widersetzt sich eine derart diffuse Definition der Formatio reticularis einer klaren Abgrenzung. Je mehr man über die einzelnen Kerngruppen und ihre Funktionen weiß (z. B. durch Nachweis spezifischer Transmitter und Rezeptoren), desto mehr wird diese Sichtweise von einer detaillierten Beschreibung einzelner Gebiete und Systeme abgelöst. Dennoch ist die scheinbar ungeordnete Vielfalt der Systeme im Hirnstamm Ausdruck der phylogenetisch alten, „gereiften” und komplexen Regulation der lebenswichtigen vegetativen Körperfunktionen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
96
Q

Raphe und Raphekerne, Serotoninsystem

A

Die Gesamtheit der in alle Richtungen kreuzenden Fasern über der Mittellinie wird als Raphe bezeichnet. Je nach Abschnitt des Hirnstamms unterscheidet man eine mesenzephale, pontine und medulläre Raphe.
In allen Abschnitten der Raphe sind serotonerge Neurone in verschiedenen Kerngruppen eingelagert, die als mesenzephale, pontine und medulläre Raphekerne bezeichnet werden. Typisch für das serotonerge System (aber auch für andere monoaminerge Systeme, etwa das dopaminerge, histaminerge oder noradrenerge System) ist die Konzentration serotonerger Somata auf wenige, relativ kleine Kerngebiete im Hirnstamm, von wo aus durch weitverzweigte axonale Fasern große Anteile des Gehirns und Rückenmarks erreicht werden. Im Fall des serotonergen Systems werden sogar ausnahmslos alle Bereiche des ZNS und mikroskopisch fast sämtliche Neurone direkt mit einem dichten Netz von axonalen Endigungen erreicht. Diese Endigungen sind häufig vergrößerte präsynaptische Boutons und werden deshalb als variköse Endigungen bezeichnet. Sie setzen Serotonin in den Extrazellularraum frei, von wo aus es an postsynaptischen Serotoninrezeptoren der Zielneurone wirken kann. Man hat deshalb das Bild des Gießkannensystems entworfen, also die scheinbar wahllose Ausschüttung von Serotonin an alle Nervenzellen des ZNS. Die Wirkung wird jedoch durchaus differenziert:
• Die postsynaptische Erregung wird durch zahlreiche, sehr unterschiedliche und z. T. auch gegensätzlich wirkende Serotoninrezeptoren sehr spezifisch an einzelnen Zielzellen erreicht.
• Die Raphekernneurone haben unterschiedliche Zielgebiete: Die dorsalen und medialen mesenzephalen Raphekerne senden in 2 konkurrierenden Systemen Axone an Mesencephalon, Diencephalon und Telencephalon, die pontinen und medullären Raphekerne versorgen das Rhombencephalon und das Rückenmark.
• Weiterhin auffallend ist eine besonders starke Innervation der primären somatisch afferenten Kerne in Hirnstamm und Rückenmark, vor allem der Schmerzbahn, sowie der primären somatisch efferenten Kerne, also der Motoneurone. Damit kann die Aufmerksamkeit für hereinkommende (afferente) Umweltreize erhöht und die somatische Reaktion, also die Aktivierung der Skelettmuskulatur, verstärkt werden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
97
Q

Substantia nigera, Pars compacta

A

Lokalisation im Hirnstamm: Gernze zwischen Basis und Tegmentum mesencephali
Verwendeter Neurotransmitter: Dopamin
Projektionsziel: Striatum

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
98
Q

Area tegmentalis ventralis

A

Lokalisation im Hirnstamm: Tegmentum mesencephali
Verwendeter Neurotransmitter: Dopamin
Projektionsziel: zerebraler Cortex, limbisches System, Ncl. accumbens

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
99
Q

Nucleus bzw.Lotus caeruleus

A

Lokalisation im Hirnstamm: Teil der Formatio reticularis im Tegmentum pontis
Verwendeter Neurotransmitter: Noradrenalin
Projektionsziel: zerebraler Cortex, limbisches System, Thalamus, Hypothalamus, Cerebellum

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
100
Q

Raphekerne

A

Lokalisation im Hirnstamm: Kerngruppen im Bereich der Raphe von Mesencephalon bis Medulla oblongata
Verwendeter Neurotransmitter: Seroti in
Projektionsziel: gesamtes ZNS

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
101
Q

Hirnstammreflexe

A

Wie für das gesamte ZNS gilt auch für den Hirnstamm die Unterscheidung zwischen
• einem somatosensiblen Nervensystem der Reaktion auf Umweltreize über die afferenten Sinne und der efferenten Skelettmuskelbewegungen
• einem vegetativen Nervensytem der Kontrolle und Erhaltung der Körperfunktionen durch vegetative Afferenzen und Efferenzen
Für beide Systeme gelten grundsätzliche Regeln der Organisation: Dem Prinzip der rostrokaudalen Hierarchie bzw. des übergeordneten Einflusses höherer Zentren steht das Prinzip der lokalen Kontrolle bzw. der möglichst kurzen, oligosynaptischen Verschaltung zwischen Afferenzen und Efferenzen, also der schnellen Reflexbögen, entgegen. Daraus ergibt sich das Modell des „Strickleitersystems”, d. h. das Nebeneinander aufsteigender und absteigender Systeme, die auf allen rostrokaudalen Ebenen (vom Rückenmark bis zum Cortex cerebri) miteinander verschaltet sind, aber gleichzeitig einer rostrokaudalen hierarchischen Kontrolle unterliegen. Ebenfalls leitet sich daraus das Prinzip ab, dass die erste zentralnervöse Verschaltung immer auf Ebene des Eingangs der Afferenzen stattfindet, wie z. B. bei der Kontrolle der Atembewegungen auf Höhe der Medulla oblongata (Atemreflex).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
102
Q

Blutversorgung des Hirnstamms

A

Alle Teile des Hirnstamms erhalten ihr arterielles Blut aus dem hinteren, vertebrobasilären Stromgebiet. Die einzelnen arteriellen Gefäße entspringen dabei entweder direkt aus den Aa. vertebrales oder der A. basilaris (z. B. Rr. ad pontem) bzw. aus deren jeweiligen Ästen wie z. B. den Kleinhirnarterien.

Obwohl das arterielle Gefäßnetz des Hirnstamms oberflächlich sehr variabel sein kann, unterscheidet man im Horizontalschnitt 3 relativ konstant ausgeprägte Versorgungsgebiete:
• anterior: paramedian gelegene Bahnsysteme wie Pyramidenbahn sowie medialer Teil des Lemniscus medialis, Hirnnervenkerne III, IV, VI, XII
• lateral: seitlich gelegene Bahnsysteme sowie Hirnnervenkerne V, VII, IX, X, XI
• posterior: Hinterstrangkerne, Nuclei vestibulares, Pedunculi cerebellares, Tectum mesencephali

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
103
Q

Lage und äußere Gestalt der Pons

A

Der Pons liegt über dem Clivus und grenzt kranial an die Crura cerebri des Mesencephalons sowie kaudal an den Bulbus der Medulla oblongata, von dem er durch die quer verlaufende Fissura pontomedullaris getrennt ist. An der ventralen Oberfläche dominieren quer verlaufende Faserbündel, die lateral jeweils in den mittleren Kleinhirnstiel (Pedunculus cerebellaris medius) übergehen. Median befindet sich eine Längsfurche, der Sulcus basilaris, in der die A. basilaris verläuft. Rechts und links dieses Sulcus befinden sich 2 Längswülste, die durch die längs verlaufenden Pyramidenbahnfasern hervorgerufen werden. Lateral davon tritt auf jeder Seite am Übergang von Pons zu mittlerem Kleinhirnstiel der N. trigeminus mit Radix motoria und Radix sensoria aus; ventral am Unterrand des Pons im medialen Bereich der Fissura pontomedullaris der N. abducens und am lateralen Unterrand des Pons N. facialis und N. vestibulocochlearis im sog. Kleinhirnbrückenwinkel. Dieser ist zwischen dem Unterrand des Pons, dem Unterrand des mittleren und unteren Kleinhirnstiels (Pedunculus cerebellaris inferior) sowie rostral und dorsal der unteren Olive der Medulla oblongata lokalisiert.
Die Dorsalfläche des Pons ist die rostrale Hälfte der Rautengrube und wird nur nach Entfernung des Cerebellums sichtbar. Hier fällt u. a. der Colliculus facialis auf, eine Vorwölbung, die durch das innere Fazialisknie (Genu nervi facialis) hervorgerufen wird.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
104
Q

Innere Gliederung der Pons

A

Pons und Medulla oblongata sind ontogenetisch einheitlich entstanden; entsprechend zeigen die inneren Strukturen Kontinuität und die Fissura pontomedullaris ist keine klare innere Grenze. Der Pons wird in einen vorderen Abschnitt, Pars basilaris pontis, und einen hinteren Abschnitt, Pars dorsalis pontis, unterteilt. Dies ist besonders gut im Querschnitt zu sehen. Die Pars basilaris, welche die mächtige ventrale Vorwölbung des Pons bedingt, nimmt dabei in etwa die ventralen zwei Drittel der Fläche ein. Dorsal schließt sich mit der Pars dorsalis der ursprüngliche pontine Anteil des Rhombencephalons an, der die rostrale Fortsetzung der Medulla oblongata bildet.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
105
Q

Pars basilaris pontis

A

In der weißen Substanz dieses Ponsabschnitts befinden sich sowohl längs als auch quer verlaufende Fasern (Fibrae pontis longitudinales et transversae), in der dazwischen eingelagerten grauen Substanz zahlreiche Nuclei pontis. Die Fibrae pontis longitudinales setzen die Faserzüge der Crura cerebri fort und enthalten daher die durch den Pons hindurch verlaufende Pyramidenbahn sowie kortikopontine Projektionen, die an den Neuronen der Nuclei pontis enden. Deren Axone verlaufen wiederum als Fibrae pontis transversae zur jeweiligen Gegenseite und erreichen über den Pedunculus cerebellaris medius die Kleinhirnrinde. Die Pyramidenbahn teilt sich bei Eintritt in die Pars basilaris pontis in zahlreiche Faszikel auf, welche die graue Substanz durchsetzen und sich nach Durchtritt durch den Pons wieder zu einer gemeinsamen Struktur, der Pyramide, vereinigen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
106
Q

Pars dorsalis pontis

A

Der dorsale Ponsanteil ist wie die kaudal anschließende Medulla oblongata in eine mediane Raphe und seitliche Anteile gegliedert, die zahlreiche Kerngebiete der Hirnstammsysteme, die Formatio reticularis und die pontinen Hirnnervenkerne (V–VIII) enthalten. Lateral wird das Gebiet von den Kleinhirnstielen umfasst. Im Gegensatz zur Pars basilaris, die in allen Querschnittsebenen ähnlich aufgebaut ist, findet man in der Pars dorsalis pontis deutliche Unterschiede in Abhängigkeit von der jeweiligen Querschnittshöhe:
• In der rostralen Hälfte sind trigeminale Kernkomplexe lokalisiert. Dazu gehören der dorsolateral gelegene Nucleus motorius nervi trigemini und der weiter lateral gelegene Nucleus principalis nervi trigemini. Dorsal davon liegen der Tractus mesencephalicus nervi trigemini und die kaudalen Anteile des Nucleus mesencephalicus nervi trigemini. Im Bereich der Mittellinie befinden sich die Nuclei raphes pontis sowie kaudal und ventral des oberen Kleinhirnstiels (Pedunculus cerebellaris superior) der pigmentierte Locus caeruleus, ein wesentlicher Teil des zentralen katecholaminergen Systems. Darüber hinaus findet man direkt lateral und ebenfalls ventral des oberen Kleinhirnstiels die Nuclei parabrachiales medialis et lateralis sowie den Nucleus KÖLLIKER-FUSE. Diese Kerngebiete bilden die pontine respiratorische Gruppe zur zentralen Atemregulation.
• In der kaudalen Hälfte befinden sich direkt dorsal der Nuclei pontis der Pars basilaris das Corpus trapezoideum und lateral davon die obere Olive (Nucleus olivaris superior), beides Kerngebiete der Hörbahn. Ventral davon entlang der Mittellinie liegt die Raphe pontis mit den kaudalen pontinen serotonergen Raphekernen. Ventrolateral befindet sich der Nucleus nervi facialis [VII]. Die Axone der darin lokalisierten Motoneurone ziehen innerhalb des Pons zunächst nach dorsal und umschlingen den an der dorsalen Oberfläche sitzenden Nucleus nervi abducentis [VI] von kaudal und medial, um anschließend lateral zur ventralen Oberfläche des Pons zu ziehen und im Kleinhirnbrückenwinkel gemeinsam mit dem N. vestibulocochlearis aus dem Hirnstamm auszutreten. Die vestibulären Kerne liegen dorsal im Boden der Rautengrube im pontomedullären Übergangsbereich. Man unterscheidet 4 Unterkerne – Nuclei vestibulares medialis, lateralis, superior, inferior –, die alle Fasern vom Vestibularisanteil des N. vestibulocochlearis erhalten und Axone zum Kleinhirn entsenden. Ventral der Nuclei vestibulares liegen die Nuclei cochleares dorsalis und ventralis

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
107
Q

Entwicklung des Cerebellum

A

Die Entwicklung des Cerebellums startet in der 2. Hälfte der Embryonalperiode zwischen der 5. und 6. Woche. Es entsteht hauptsächlich aus dem metenzephalen Abschnitt des Rhombencephalons und z. T. auch aus kaudalen Anteilen des Mesencephalons. Entscheidend sind in diesem Zusammenhang die dorsolateralen Anteile beider Flügelplatten, aus denen sich die sog. Rautenlippen bilden. Deren superiore Abschnitte liefern den Großteil des neuroepithelialen Ursprungsgewebes der beiden Kleinhirnanlagen (Primordia cerebellares), die im Verlauf ihres Wachstums in der Medianebene miteinander verschmelzen und schließlich einen quer stehenden, nach dorsal gewölbten Wulst bilden, die Kleinhirnplatte. Deren laterale Anteile vergrößern sich am stärksten und entwickeln sich später zu den Hemispheria cerebelli; der mittlere Abschnitt wird zum Vermis cerebelli. Durch Ausbildung der ersten horizontalen Furche des Cerebellums, der Fissura posterolateralis, werden in der 12. Woche die kaudalen Anteile der Kleinhirnplatte als Lobus flocculonodularis (phylogenetisch: Archicerebellum) abgegrenzt. In der 14. Woche entstehen im kranialen Anteil durch Ausbildung einer weiteren horizontalen Furche, der Fissura prima, Lobus anterior (phylogenetisch: Paleocerebellum; wobei hierzu noch der Vermis cerebelli gerechnet wird) und Lobus posterior (phylogenetisch: Neocerebellum). Nach der 16. Woche kommt es durch die Entstehung weiterer horizontal ausgerichteter Fissuren zur Gliederung in Läppchen, Lobuli, und in blattförmige Windungen, Folia.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
108
Q

Lagebeziehung des Cerebellums

A

Das Cerebellum liegt in der Fossa cranii posterior und grenzt nach ventral an Pons, Medulla oblongata und IV. Ventrikel. Nach kranial grenzt es – getrennt durch das aus Dura mater bestehende Kleinhirnzelt (Tentorium cerebelli) – an den Lobus occipitalis und an hintere Anteile des Lobus temporalis des Großhirns; nach dorsokaudal an das Os occipitale bzw. in die Cisterna cerebellomedullaris. Es umgreift von dorsal und lateral die Medulla oblongata und reicht von lateral zudem an den Pons heran, sodass der IV. Ventrikel von ihm vollständig bedeckt wird.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
109
Q

Kleinhirnrinde

A

Der Cortex cerebelli zeigt im Gegensatz zum Cortex cerebri einen dreischichtigen Aufbau. Von außen nach innen sind dies:
• die Molekularschicht (Stratum moleculare, äußerste Schicht): geringe Dichte an Neuronen, große Menge an Nervenzellfortsätzen (v. a. PURKINJE-Zell-Dendriten sowie Axone der Körnerzellen) und Synapsen
• die PURKINJE-Zell-Schicht (Stratum purkinjense oder ganglionäre, mittlere Schicht): vorwiegend Nervenzellkörper der PURKINJE-Zellen sowie BERGMANN-Gliazellen (spezialisierte Astrozyten)
• die Körnerzellschicht (Stratum granulosum, innerste Schicht): vorwiegend Nervenzellkörper der Körnerzellen
Merke

Das Kleinhirn besitzt mehr als 50 % aller Neurone des Gehirns und damit mehr Neurone als das Großhirn. Prozentual machen davon die Körnerzellen im Stratum granulosum der Kleinhirnrinde den größten Anteil aus (ca. 99 % aller Neurone des Cortex cerebelli).

Das Cerebellum erhält afferenten Input entweder über die sog. Moosfasern (axonale Fortsätze von Neuronen aus den Brückenkernen, dem Rückenmark, der Formatio reticularis oder den Vestibulariskernen) bzw. über Kletterfasern (axonale Fortsätze aus dem unteren Olivenkernkomplex der Medulla oblongata). Dieser Input ist in beiden Fällen exzitatorisch/glutamaterg:
• Moosfaseraxone enden im Stratum granulosum und erregen hauptsächlich Körnerzellen. Letztere entsenden wiederum ihre axonalen Fortsätze, die sog. Parallelfasern, ins Stratum moleculare und bilden u. a. am distalen Dendritenbaum der PURKINJE-Zellen exzitatorische/glutamaterge Synapsen.
• Kletterfaseraxone ziehen direkt ins Stratum moleculare und bilden ähnlich wie die Parallelfasern exzitatorische/glutamaterge Synapsen an PURKINJE-Zell-Dendriten.
Entscheidend ist nun die Funktion der PURKINJE-Zellen. Sie sind die einzigen Neurone der Kleinhirnrinde, die ein Axon entsenden, das den Cortex cerebelli wieder verlässt. Damit sind PURKINJE-Zellen ein zentrales Integrationselement aller neuronalen Schaltkreise, welche die Kleinhirnrinde als „Schaltstation” einschließen. Interessanterweise sind PURKINJE-Zellen inhibitorisch und enden mit ihren Axonen an den Neuronen der Kleinhirnkerne, wo sie hemmende, GABAerge Synapsen ausbilden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
110
Q

Kleinhirnkerne

A

Eingelagert ins Corpus medullare cerebelli des Pontocerebellums finden sich auf jeder Seite insgesamt 4 Kleinhirnkerne (Nuclei cerebelli), die v. a. im Schräg- bzw. Flachschnitt durch die oberen Kleinhirnstiele anhand ihrer jeweiligen makroskopisch charakteristischen Form zu erkennen sind. Im Folgenden sind sie von lateral nach medial aufgeführt (Abb. 12.33):
• Nucleus dentatus (Zahnkern): am weitesten lateral gelegen, erscheint als U-förmiges, gezacktes Faltenband; seine anteromediale Öffnung wird als Hilum nuclei dentati bezeichnet
• Nucleus emboliformis (Pfropfkern): länglicher, medial des Hilum nuclei dentati gelegener Kern
• Nucleus globosus (Kugelkern): rundlicher, medial des Nucleus emboliformis gelegener Kern; oft zweigeteilt
• Nucleus fastigii (Dach-/First-/Giebelkern): eiförmiger, am weitesten medial gelegener Kern

Afferenten Input erhalten die Kleinhirnkerne hauptsächlich von den PURKINJE-Zellen der Kleinhirnrinde. Aufgrund der Tatsache, dass jeder Kleinhirnkern Afferenzen aus einem topografisch jeweils unterschiedlichen Areal der Kleinhirnrinde erhält, können funktionelle Zuordnungen getroffen werden:
• Nucleus dentatus – Pontocerebellum
• Nucleus emboliformis – Spinocerebellum
• Nucleus globosus – Spinocerebellum
• Nucleus fastigii – Vestibulocerebellum, Spinocerebellum
Merke

Nucleus emboliformis und Nucleus globosus des Cerebellums sind funktionell sehr ähnlich, da beide ihre Afferenzen aus dem Spinocerebellum erhalten. Sie können daher zu einem Kern, dem sog. Nucleus interpositus cerebelli, zusammengefasst werden.
In den Kleinhirnkernen befinden sich vor allem multipolare Nervenzellen, die efferent in andere Hirnregionen projizieren. Diese Projektionsfasern bilden an ihrem Zielort v. a. exzitatorische/glutamaterge Synapsen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
111
Q

Kleinhirnstiele

A

Das Kleinhirn ist mit dem Hirnstamm auf jeder Seite über 3 Kleinhirnstiele (Pedunculi cerebellares) verbunden, wodurch alle afferenten und efferenten Bahnen des Kleinhirns ziehen. Das Volumen der einzelnen Kleinhirnstiele und damit auch ihr jeweiliger Fasergehalt wird v. a. im Schnittpräparat mit Aufsicht auf die Facies anterior von vorne sichtbar.
• Pedunculus cerebellaris superior: vorwiegend efferente Fasern aus allen 4 Kleinhirnkernen, die v. a. zum Nucleus posterior ventrolateralis des Thalamus (Tractus cerebellothalamicus) und zum Nucleus ruber ins Mesencephalon (Tractus cerebellorubralis) ziehen. Darüber hinaus verlaufen in ihm afferente Fasern aus dem Rückenmark (Tractus spinocerebellaris anterior, superior, cervicospinocerebellaris).
• Pedunculus cerebellaris medius: enthält nur afferente Fasern (Fibrae pontocerebellares), die den Brückenkernen (Nuclei pontis) entstammen.
• Pedunculus cerebellaris inferior: 2 Abschnitte untergliedert: eine äußere Faserbahn, das sog. Corpus restiforme, das nur afferente Fasern enthält (Tractus spinocerebellaris posterior, Fibrae cuneocerebellares, Tractus trigeminocerebellaris, Tractus olivocerebellaris, Tractus reticulocerebellaris), und ein sich medial anschließender Abschnitt, das sog. Corpus juxtarestiforme, mit efferenten (Tractus cerebellovestibularis) und afferenten Fasern (Tractus vestibulocerebellaris).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
112
Q

Afferente Leitungsbahnen des Cerebellums

A

Kletterfasern entstammen dem unteren Olivenkernkomplex (Complexus olivaris inferior), verlaufen als Tractus olivocerebellaris durch den unteren Kleinhirnstiel und kreuzen auf die kontralaterale Seite, z. T. zu den Kleinhirnkernen, vor allem aber zu sämtlichen PURKINJE-Zell-Populationen der Kleinhirnrinde.

Moosfasern haben mehrere Ursprungsgebiete. Allen Moosfasern gemein ist die Eigenschaft, an Körnerzellen der Kleinhirnrinde zu enden:
• Spinozerebelläre Moosfasern entstammen dem Rückenmark und enden alle ipsilateral im Spinocerebellum.
Tractus spinocerebellaris anterior: durch den oberen Kleinhirnstiel
Tractus spinocerebellaris posterior und Tractus cuneocerebellaris: im unteren Kleinhirnstiel.
• Trigeminozerebelläre Moosfasern entstammen den 3 somatoafferenten Kernen des N. trigeminus [V] und über den unteren Kleinhirnstiel in ipsilaterale Bereiche des Spinocerebellums.
• Pontozerebelläre Moosfasern entstammen den Brückenkernen (Nuclei pontis), kreuzen als Tractus pontocerebellaris im mittleren Kleinhirnstiel auf die gegenüberliegende Seite und enden somit im kontralateralen Pontocerebellum.
• Retikulozerebelläre Moosfasern entstammen der Formatio reticularis, verlaufen als Tractus reticulocerebellaris durch den unteren Kleinhirnstiel und enden bilateral im Spinocerebellum.
• Vestibulozerebelläre Moosfasern gelangen teils direkt aus den Nuclei vestibulares, teils als Tractus vestibulocerebellaris über das Corpus juxtarestiforme des unteren Kleinhirnstiels bilateral ins Vestibulocerebellum.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
113
Q

Efferente Leitungsbahnen des Cerebellums

A

Mit Ausnahme einiger Fasern zum Gleichgewichtsorgan werden alle anderen efferenten Fasern der Kleinhirnrinde in den Kleinhirnkernen umgeschaltet. Hierbei sind folgende Prinzipien von Bedeutung:
• Efferenzen aus dem Pontocerebellum bzw. den Kleinhirnhemisphären projizieren insbesondere auf den Nucleus dentatus, Efferenzen aus der paravermalen Zone des Spinocerebellums auf den Nucleus interpositus und werden dort jeweils auf Projektionsneurone umgeschaltet, die hauptsächlich über den Tractus cerebellothalamicus den kontralateralen Thalamus bzw. über den Tractus cerebellorubralis den kontralateralen Nucleus ruber erreichen.
• Efferenzen aus dem Spinocerebellum bzw. dem Vermis sowie aus dem Vestibulocerebellum bzw. dem Nodulus projizieren auf den Nucleus fastigii, wo vornehmlich eine Umschaltung zu den Vestibulariskernen und zur Formatio reticularis beider Seiten stattfindet. Diese Faserverbindungen werden als Tractus cerebellovestibularis und als Tractus cerebelloreticularis bezeichnet.
• Die meisten Efferenzen aus dem Vestibulocerebellum bzw. dem Lobus flocculonodularis gelangen jedoch ohne Umschaltung in den Kleinhirnkernen direkt zu den Nuclei vestibulares.
• Von allen Kleinhirnkernen ziehen nukleooliväre Fasern zum unteren Olivenkernkomplex.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
114
Q

Funktionelle Gliederung des Cerebellums

A

Vestibulocerebellum
Dieser Anteil besteht aus dem Lobus flocculonodularis und ist sowohl afferent als auch efferent eng mit dem Vestibularapparat des Innenohrs verbunden. Darüber hinaus bestehen efferente Verbindungen zu den okulomotorischen Zentren der Formatio reticularis und zu den Augenmuskelkernen. Das Vestibulocerebellum dient hauptsächlich der Steuerung von Stützmotorik (Stabilisierung von Stand und Gang), der Feinabstimmung von Augenbewegungen sowie der Koordination beider Funktionen mit dem Gleichgewichtsorgan (Aufrechterhaltung des Gleichgewichts).

Spinocerebellum
Dieser Anteil besteht aus dem Vermis (ohne Nodulus), der paravermalen Zone beider Hemisphären (Partes intermediae) sowie dem größten Teil des Lobus cerebelli anterior. Das Spinocerebellum erhält direkte Afferenzen aus dem Rückenmark und ist efferent über Nucleus ruber und Formatio reticularis indirekt mit dem Rückenmark verbunden. Es ist maßgeblich für die Regulation des Muskeltonus verantwortlich und steuert gemeinsam mit dem Vestibulocerebellum die Stützmotorik.

Pontocerebellum
Dieser Anteil umfasst den größten Bereich des Kleinhirns, die lateral der paravermalen Zone gelegenen Teile der Kleinhirnhemisphären. Er ist afferent hauptsächlich mit dem Pons (und damit indirekt mit dem Großhirn) und z. T. mit der Olive sowie efferent mit Nucleus ruber und Thalamus verbunden. Das Pontocerebellum dient vorwiegend zur Koordination von präziser Zielmotorik und Sprechmuskulatur.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
115
Q

Blutversorgung des Cerebellums

A

Das Cerebellum erreichen 3 Arterien, die alle dem hinteren, vertebrobasilären Stromgebiet entstammen:
• A. superior cerebelli aus der A. basilaris: versorgt die oberen Anteile der Hemispheria und des Vermis cerebelli sowie den Nucleus dentatus
• A. inferior anterior cerebelli aus der A. basilaris: versorgt den Flocculus und Randbereiche der Hemisphärenunterfläche
• A. inferior posterior cerebelli aus der Pars intracranialis der A. vertebralis: versorgt die unteren Anteile der Hemispheria und des Vermis cerebelli sowie die Nuclei emboliformis, globosus et fastigii

Die Venen des Cerebellums verlaufen unabhängig von den Arterien und können den folgenden Abflussgebieten zugeordnet werden:
• Blut der antero- und superomedialen Oberfläche – Abflussgebiet V. magna cerebri: V. precentralis cerebelli, V. superior vermis, Vv. superiores cerebelli mediales
• Blut der superolateralen Oberfläche – Abflussgebiet Sinus rectus: Vv. superiores cerebelli laterales
• Blut der inferolateralen Oberfläche – Abflussgebiet Sinus petrosus superior: V. petrosa
• Blut der inferomedialen Oberfläche – Abflussgebiet Sinus transversus: V. inferior vermis, Vv. inferiores cerebelli
Die Ausdehnung der Versorgungs- bzw. Abflussgebiete ist abhängig vom Kaliber der jeweiligen Gefäße und zeigt starke interindividuelle Differenzen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anastomosen, sowohl zwischen den Arterien als auch zwischen den Venen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
116
Q

Lage und äußere Gestalt des Cerebellums

A

Von ventral bzw. basal aus betrachtet fallen am Mesencephalon die beiden nach kaudal konvergierenden Crura bzw. Pedunculi cerebri und die dazwischen liegende Fossa interpeduncularis auf. In der Fossa interpeduncularis treten der N. oculomotorius [III] aus und die Aa. centrales posteriores ein. Entfernt man die Hirnhäute bei der Präparation des Hirnstamms, erzeugt man aufgrund dieser Eintrittsstellen ein Areal mit kleinen Löchern, das dann als Substantia perforata posterior bezeichnet wird. Rostral davon liegen die medial gelegenen Corpora mamillaria sowie die etwas weiter lateral verlaufenden Tractus optici des Diencephalons; kaudal der Crura cerebri die quer verlaufenden Faserbündel des Pons.
Von lateral aus betrachtet ist das jeweilige Crus cerebri durch den Sulcus lateralis mesencephali abgesetzt, der die von außen sichtbare Abgrenzung zum Tegmentum mesencephali bildet. Dorsal davon befindet sich das Trigonum lemnisci lateralis, unter dessen Oberfläche Anteile der Hörbahn (Lemniscus lateralis) verlaufen.
Von dorsal aus betrachtet erkennt man das Tectum mesencephali an seinem unverkennbaren Oberflächenrelief, der sog. Vierhügelplatte (Lamina quadrigemina oder Lamina tecti). Hierbei unterscheidet man die beiden größeren oberen Hügel (Colliculi superiores) von den beiden kleineren unteren Hügeln (Colliculi inferiores). Auf jeder Seite ist der Colliculus superior über das Brachium colliculi superioris mit dem Corpus geniculatum laterale (Sehbahn), der Colliculus inferior über das Brachium colliculi inferioris mit dem Corpus geniculatum mediale (Hörbahn) des Thalamus verbunden. Direkt kaudal der Colliculi inferiores tritt der N. trochlearis [IV] als einziger Hirnnerv beidseits dorsal aus dem Hirnstamm aus und verläuft um die Lateralfläche des Mesencephalons herum in der Cisterna ambiens nach vorne. Rostral grenzt das Mesencephalon an das diencephale Pulvinar thalami sowie an die Habenulae mit der Glandula pinealis; kaudal bilden die oberen Kleinhirnstiele mit dem dazwischen liegenden oberen Kleinhirnsegel die Abgrenzung zum Pons.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
117
Q

Abschnitte des Mesencephalons

A
  • Basis mesencephali mit den Crura cerebri
  • Tegmentum mesencephali
  • Tectum mesencephali
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
118
Q

Basis mesencephali mit Crura cerebri

A

Die Crura cerebri bestehen aus Projektionsfasern. Diese können bestimmten Bahnsystemen zugeordnet werden. Grundsätzlich unterscheidet man in jedem Crus:
• Projektionsfasern des Großhirns zu den Brückenkernen (Fibrae corticopontinae)
• Projektionsfasern der Pyramidenbahn, die vom Großhirn zu den Hirnnervenkernen bzw. bis ins Rückenmark ziehen (Fibrae corticonucleares et corticospinales)
Innerhalb eines Crus cerebri sind diese Fasern somatotop angeordnet. Ganz medial verlaufen Fibrae corticopontinae aus dem Frontalcortex, lateral davon schließen sich zunächst Fibrae corticonucleares, dann Fibrae corticospinales an und ganz lateral verlaufen Fibrae corticopontinae aus Parietal- und Okzipitalcortex. Damit werden die Projektionsfasern der Pyramidenbahn innerhalb der Crura cerebri von jeweils kortikopontinen Fasersystemen flankiert.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
119
Q

Substantia Nigeria des Tegmentum mesencephali

A

Direkt dorsal der Crura cerebri befindet sich die Substantia nigra, ein wichtiges Kerngebiet v. a. des dopaminergen Systems. Sie erscheint makroskopisch schwarz aufgrund des hohen Melaningehalts in den Perikarya der ortsansässigen dopaminergen Neurone und kann daher in Mittelhirnschnittpräparaten gut erkannt werden. Mikroskopisch unterscheidet man 2 Anteile:
• Die Pars compacta ist der größere und weiter dorsal gelegene Anteil der Substantia nigra. Hier befinden sich die dopaminergen Neurone und liegen dicht gepackt aneinander.
• Die Pars reticulata ist der kleinere, weiter ventral gelegene Anteil der Substantia nigra. Die hier befindlichen Neurone sind GABAerg und liegen nicht so dicht gepackt wie in der Pars compacta.
Afferenzen erhält die Substantia nigra sowohl aus den motorischen bzw. prämotorischen Arealen der Großhirnrinde als auch aus dem Striatum. Efferent projizieren die dopaminergen Neurone der Pars compacta ins Striatum (Fibrae nigrostriatales) und die GABAergen Neurone der Pars reticulata v. a. in den Thalamus.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
120
Q

Area tegmentalis ventralis des Tegmentum mesencephali

A

Medial der Substantia nigra liegt eine weitere v. a. dopaminerge Neuronenpopulation, die sog. Area tegmentalis ventralis. Von hier aus ziehen v. a. efferente Projektionsfasern in kortikale und limbische Areale wie z. B. in den präfrontalen Cortex, den Hippocampus, die Amygdala und den Nucleus accumbens und bilden das mesokortikolimbische dopaminerge System.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
121
Q

Nucleus ruber des Tegmentum mesencephali

A

Direkt dorsal der Area tegmentalis ventralis fällt ein durch den hohen Eisengehalt der dort befindlichen Neurone am frischen Schnittpräparat rötlich erscheinendes Kerngebiet auf, der Nucleus ruber, der sich rostrokaudal etwa von der Diencephalongrenze bis zum kaudalen Rand der Colliculi superiores erstreckt. Mikroskopisch unterscheidet man 2 Anteile:

Die Pars parvocellularis (rostral):
Afferenzen:
• über die Capsula interna aus der ipsilateralen Großhirnrinde (Tractus corticorubralis)
• über den oberen Kleinhirnstiel aus dem kontralateralen Nucleus dentatus des Kleinhirns
Efferenzen: über die zentrale Haubenbahn (Tractus tegmentalis centralis) ipsilateral zur unteren Olive (extrapyramidalmotorisches kortiko-rubro-olivo-zerebelläres System)

Die Pars magnocellularis (kaudal):
Afferenzen:
• über den oberen Kleinhirnstiel aus den kontralateralen Nuclei globosus et emboliformis des Kleinhirns erreicht
• aus der ipsilateralen Großhirnrinde
Efferenzen: über den Tractus rubrospinalis ins kontralaterale Rückenmark.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
122
Q

Aqueductus mesencephali und Substantia grisea centralis

A

Im dorsalen Tegmentum befindet sich genau in der Mitte der Aqueductus mesencephali. Diese kanalartige Struktur verbindet den im Diencephalon gelegenen III. Ventrikel mit dem im Rhombencephalon gelegenen IV. Ventrikel.
Umgeben wird der Aqueductus mesencephali von einer Ansammlung grauer Substanz, dem sog. zentralen Höhlengrau oder periaquäduktalem Grau (Substantia grisea centralis). Dies ist ein komplexes Integrationszentrum für vorwiegend vegetative Funktionen. Morphologisch unterhält es v. a. zahlreiche reziproke Verbindungen mit dem Hypothalamus und Strukturen des limbischen Systems, mit vegetativen Zentren von Pons und Medulla oblongata und mit verschiedenen Hirnnervenkernen. Funktionell ist die Substantia grisea centralis u. a. an der zentralen vegetativen Kontrolle beteiligt und koordiniert Angst- und Fluchtreflexe sowie verschiedene Hirnnervenkerne bei der Stimmbildung. Eine weitere zentrale Rolle hat sie bei der endogenen Schmerzhemmung, denn ihre entsprechenden Neurone projizieren über Raphekerne ins Rückenmark, um dort über die Aktivierung von inhibierenden Interneuronen Schmerzimpulse zu hemmen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
123
Q

Nucleus raphe dorsalis des Tegmentum mesencephali

A

Ort: Ventral der Substantia grisea centralis
Transmitter: Serotonin
Efferenzen: Mesencephalon, Diencephalon und Telencephalon.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
124
Q

Hirnnervenkerne und Bahnen des Tegmentum mesencephali

A

Im rostralen Mesencephalon liegen ventral des Aqueductus mesencephali neben der Mittellinie der Nucleus nervi oculomotorii [III] und direkt dorsal der Nucleus accessorius nervi oculomotorii EDINGER-WESTPHAL. Der Nucleus nervi trochlearis [IV] befindet sich im kaudalen Mesencephalon lateral der mesenzephalen Raphekerne. Direkt lateral der Substantia grisea centralis liegt der Nucleus mesencephalicus nervi trigemini [V] mit seinen im histologischen Präparat charakteristischen großen Somata. Hierbei handelt es sich um die Perikarya der propriozeptiven pseudounipolaren Neurone aus der Kaumuskulatur. Folgende Systeme bzw. Bahnen ziehen außerdem durch das Tegmentum mesencephali: Formatio reticularis, Lemniscus medialis, Lemniscus lateralis, Tractus spinothalamicus, Tractus tegmentalis centralis, Tractus tectospinalis, Fasciculi longitudinales medialis et posterior, Decussationes pedunculorum cerebellarium superiorum.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
125
Q

Colliculi superiores des Tectum mesencephali

A

Die Colliculi superiores bestehen jeweils aus 7 Schichten und sind ein wichtiges optisches Reflexzentrum. Sie erhalten daher jeweils über das Brachium colliculi superioris v. a. Afferenzen aus dem visuellen System, u. a. retinotektal direkt vom N. opticus bzw. Tractus opticus, aus dem okzipital gelegenen visuellen Cortex und vom frontalen Augenfeld, jedoch auch aus Rückenmark und von den Colliculi inferiores. Efferent sind die Colliculi superiores über den Tractus tectobulbaris mit den motorischen Kernen des Hirnstamms und über den Tractus tectospinalis mit den Motoneuronen des Rückenmarks verbunden.
Aufgrund dieser Verknüpfungen können die Colliculi superiores bei akut eintretenden visuellen Reizen wie z. B. einem Lichtblitz den Lidschluss bzw. die Abwendung des Kopfes vermitteln. Andererseits spielen sie auch für die Zuwendung des Kopfes und der Augen in Richtung eines akustischen Reizes eine entscheidende Rolle. Darüber hinaus sind sie für die Koordination schneller Augeneinstellbewegungen, sog. Sakkaden, von großer Bedeutung. Durch die Integrationsfunktion der Colliculi superiores kann daher der Blick möglichst schnell auf entsprechende Ziele gerichtet werden und verhilft dem Auge dabei, bewegte Objekte zu verfolgen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
126
Q

Colliculi inferiores des Tectum mesencephali

A

Die Colliculi inferiores sind eine wichtige Schaltstation im auditiven System und bestehen jeweils aus einem großen und 2 kleineren Kernen: Nucleus centralis, Nucleus pericentralis und Nucleus externus. Afferent endet am tonotop gegliederten Nucleus centralis der Lemniscus lateralis der Hörbahn; seine Efferenzen ziehen über das Brachium colliculi inferioris zum Corpus geniculatum mediale des Thalamus, wo sie auf die Neurone der Hörbahn, die den auditorischen Cortex erreichen, verschaltet werden.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
127
Q

Gliederung des Diencephalons

A
Das Diencephalon (Zwischenhirn) lässt sich strukturell und funktionell in 4 „Etagen” einteilen, die ihrerseits Kerngebiete mit spezifischen Aufgaben beinhalten. Von dorsal nach ventral werden unterschieden:
• Epithalamus: Er ist die oberste Etage des Zwischenhirns und liegt dem Thalamus auf. Hier finden sich u. a. das Pinealorgan, die Habenulae (Nuclei habenulares, Striae medullares thalami) und die Commissura posterior. Im Gegensatz zu den anderen Anteilen des Zwischenhirns gehen vom Epithalamus so gut wie keine kortikalen Projektionen aus.
• Thalamus dorsalis: Er besteht aus einem relativ großen, dicht gepackten Kernkomplex, der sich bohnenförmig beidseits des III. Ventrikels von ventral nach dorsal erstreckt. Die Corpora geniculata werden auch als Metathalamus bezeichnet, gehören jedoch – auch funktionell – zum Thalamus dorsalis.
• Subthalamus (Thalamus ventralis): Er bildet eine Übergangszone zwischen Diencephalon und Mesencephalon und wird auch als motorische Zone des Zwischenhirns bezeichnet. Entsprechend befinden sich hier wichtige Kerngebiete für die Steuerung der Motorik (Globus pallidus, Nucleus subthalamicus). Die Kerngebiete des Subthalamus projizieren hauptsächlich in lokale diencephale Kerngebiete, empfangen jedoch Afferenzen aus dem Cortex.
• Hypothalamus: Die unterste Etage des Zwischenhirns besteht aus Kerngebieten und Faserbahnen, die sich am Boden des III. Ventrikels bzw. im Bereich der unteren Seitenwände des Ventrikels befinden. Die Neurone des Hypothalamus projizieren insbesondere innerhalb des Zwischenhirns, in limbische Areale und zum Hirnstamm. Außerdem kontrolliert der Hypothalamus endokrine und autonome Regelkreise und moduliert Emotionen und Verhaltensweisen.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
128
Q

Lage und äußere Gestalt des Diencephalons

A

Das Zwischenhirn hat gemäß seiner Entwicklung enge topografische und direkte funktionelle Beziehung zum Telencephalon, an das es insbesondere kranial und rostral angrenzt bzw. ohne scharfe Grenze übergeht. Durch das immense Wachstum der telenzephalen Bläschen wird das Zwischenhirn beinahe vollständig vom Telencephalon überdeckt. Am Hirnpräparat finden sich Anteile des Diencephalons an der Hirnbasis – nach Entfernung des Balkens kann man in der Tiefe lateral des III. Ventrikels den Thalamus erkennen. Der Globus pallidus gehört entwicklungsgeschichtlich zum Diencephalon (Subthalamus) und wird im Laufe der weiteren Hirnentwicklung in das Telencephalon verlagert. Nach kaudal schließt sich dem Zwischenhirn ohne deutliche Grenze das Mesencephalon (Mittelhirn) an.
Das Zwischenhirn umfasst den III. Ventrikel bzw. bildet die laterale Begrenzung dieses inneren Liquorraums. Im Zwischenhirn befinden sich in den Ventrikelwänden häufig kleine, unpaare Organe. Diese besitzen ein spezialisiertes Ependym mit Tanyzyten, die lokalen Gefäßplexus sind fenestriert (sog. zirkumventrikuläre Organe [ZVOs]). Damit ist in diesen Organen die Blut-Hirn Schranke nicht vorhanden, sodass Wirkstoffe aus dem Nervensystem direkt mit dem Blut ausgetauscht werden können (neurohämale Region).
Die natürliche Ausdehnung und die Etagengliederung des Zwischenhirns ist in einem Mediansagittalschnitt gut zu erkennen. Die Hypophyse bzw. Neurohypophyse hat über den Hypophysenstiel Verbindung zum Hypothalamus, der den Boden des III. Ventrikels bildet. Im Übergangsbereich weitet sich der Hypophysenstiel zum Infundibulum trichterförmig auf. Ventral des Hypophysenstiels ist das Chiasma opticum zu erkennen. Außerdem begrenzen hypothalamische Kerngebiete seitlich die unteren Anteile des III. Ventrikels bis zum Sulcus hypothalamicus. Dieser Sulcus markiert die Grenze zum Thalamus dorsalis, dessen mediale Kerngebiete sich in den Ventrikel vorwölben. Ventral dieser medialen Kerne findet sich beidseitig das Foramen interventriculare, die Verbindung des III. Ventrikels zum Seitenventrikel. Über den thalamischen Kernen, dorsal gelegen, sieht man die Glandula pinealis, die Commissura habenularum und die Commissura posterior. Außerdem ist die Tela choroidea des III. Ventrikels zu erkennen, die an der Taenia thalami angeheftet ist.

In der Hirnansicht von basal kann man die äußeren Begrenzungsstrukturen des Hypothalamus erkennen: Er erstreckt sich zwischen dem Chiasma opticum und den Corpora mamillaria. Zwischen diesen Strukturen sieht man den Trichter des Infundibulums mit anhängender Hypophyse.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
129
Q

Glandula pinealis des Epithalamus

A

Die Glandula pinealis ist ein zapfenförmiges, neuroendokrines Organ, in dem spezialisierte Neurone das Hormon Melatonin produzieren können. Die Pinealdrüse ist etwa 100 mg schwer und legt sich dorsal des III. Ventrikels „über” die Vierhügelplatte. Die Produktion und Freisetzung des Hormons ist über einen mehrsynaptischen Regelkreis organisiert. Der fehlende Lichteinfall/Dunkelheit wird dabei über das Auge rezeptiert, anschließend wird das Signal zunächst über den Tractus retinohypothalamicus dem Nucleus suprachiasmaticus zugeleitet. Von dort setzt sich der neuronale Regelkreis über den Nucleus paraventricularis des Hypothalamus, den Nucleus intermediolateralis im Rückenmark und das obere Zervikalganglion (Ganglion cervicale superius) zur Glandula pinealis fort. Dunkelheit führt zur Freisetzung von Melatonin (Hormon der Dunkelheit), das den über den Nucleus suprachiasmaticus generierten Tag-Nacht-Rhythmus (zirkadiane Rhythmik) feinreguliert, Tiefschlaf induziert und weitere hormonelle Regelkreise beeinflusst (z. B. im Tierreich die Reproduktionsfähigkeit im Jahresrhythmus).

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
130
Q

Commissura posteriores Epithalamus

A

Die Commissura posterior stellt insbesondere eine Verbindung zwischen den rechten und linken Nuclei pretectales her und enthält Fasern der dorsalen Nuclei (DARKSCHEWITSCH), der Commissura posterior der dorsalen thalamischen Nuclei und der Colliculi superiores. Die besondere Bedeutung der Commissura posterior soll in der Koordination des bilateralen Pupillenreflexes liegen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
131
Q

Nuclei habenulares und Commissura habenularum des Epithalamus

A

Die Nuclei habenulares (medial und lateral) liegen unter dem Ependym des III. Ventrikels und erhalten u. a. afferente Fasern aus dem Riechhirn und dem Hypothalamus über die Striae medullares thalami. Außerdem bestehen Verbindungen zum Globus pallidus, Thalamus und zur Substantia nigra. Die Stria medullaris thalami formiert sich nach dorsal zu den Habenulae, die dann als Epiphysenstiel in die Pinealdrüse einmünden. Über die Commissura habenularum sind die Nuclei habenulares beider Seiten mit den benannten Afferenzen verbunden.
Die Funktion des habenularen Komplexes liegt insbesondere in der Schmerzverarbeitung, der endokrinen Regulation (u. a. Reproduktion, Schlaf-wach-Rhythmus) und dem Belohnungslernen.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
132
Q

Thalamus

A

Der Thalamus (Thalamus dorsalis) umschreibt einen Teil des Diencephalons, der aus dicht gepackten, durch feine Lamellen aus weißer Substanz getrennten, spezialisierten Kerngebieten besteht. Er findet sich als länglich ausgestreckte Struktur in paralleler Ausrichtung beidseits des III. Ventrikels. Gleichzeitig bildet er den Boden der Pars centralis der Seitenventrikel. Nach rostral dehnt er sich etwa bis zu den Foramina interventricularia aus, nach lateral wird er durch die Capsula interna bzw. durch Kerngebiete des Telencephalons (Globus pallidus, Putamen) begrenzt. In mehr als 70 % der Fälle wölben sich die medialen Thalamuskerne beider Seiten in den III. Ventrikel hinein und berühren sich (Adhesio interthalamica). Dieser Kontakt ist allerdings keine neuronale Verbindung im Sinne einer Kommissurenbahn.
Der Thalamus erfüllt wesentliche Aufgaben im Rahmen der Kommunikation von Cortexarealen mit der Peripherie und von der Peripherie zu zentralen Hirnregionen („Tor zum Bewusstsein”). So werden alle Sinneswahrnehmungen (bis auf das Riechsystem) im Thalamus umgeschaltet, spezialisierte Kerngebiete sind an der Steuerung der Motorik beteiligt und in verschiedene subkortikale Regelkreise eingebunden (z. B. in das limbische System). Darüber hinaus beteiligt sich der Thalamus an vegetativen und motorischen Vorgängen.
Der Thalamus besteht aus zahlreichen Kernen (Nuclei thalami), die anhand von Lamellen ( Lamina medullaris medialis interna) strukturell in 3 Kerngebiete bzw. Kerngruppen eingeteilt werden:
• ventrolaterale Gruppe (Nuclei ventrolaterales)
• mediale Gruppe (Nuclei mediani)
• anteriore Gruppe (Nuclei anteriores), hier teilt sich die Lamina medullaris medialis interna Y-förmig auf
Zusätzlich kann man morphologisch die innerhalb der Lamina medullaris medialis interna eingelassenen intralaminären Kerne, die Nuclei mediani, das okzipital gelegene Pulvinar und die Nuclei reticularis (von den Nuclei ventrolateralis durch die Lamina medullaris lateralis getrennt) differenzieren. Die jeweiligen Kerngruppen können oft in weitere, kleinere funktionelle Einheiten unterteilt werden (insgesamt ergeben sich danach mehr als 100 einzelne Kerngebiete). Man unterscheidet dabei spezifische Kerne (Palliothalamus), die definierte Cortexareale ansteuern (primäre Projektionsfelder und Assoziationsfelder), und unspezifischen Kerne (Truncothalamus), die zum Hirnstamm und einigen eher diffusen Cortexarealen projizieren.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
133
Q

Thalamusstrahlung

A

Der Thalamus dorsalis steht im Zentrum vieler Verbindungswege zwischen Cortex und subkortikalen liegenden Hirnregionen. Man geht davon aus, dass alle Cortexareale Verbindung zum Thalamus haben. Diese auch makroskopisch darstellbaren Faserbahnen, die das Rückenmark, den Hirnstamm und das Kleinhirn über den Thalamus mit dem Cortex cerebri verbinden, werden auch als Thalamusstrahlung (Radiatio thalami) bezeichnet. Innerhalb dieser Projektionsbahnen können der Pedunculus thalami anterior (zum Frontallappen), der Pedunculus superior (zum Parietallappen), der Pedunculus posterior (zum Okzipitallappen) und der Pedunculus inferior (zum Temporallappen) identifiziert werden. Die kortikothalamischen und thalamokortikalen Verbindungen sind hauptsächlich glutamaterg, münden in der Lamina IV des zerebralen Cortex und sind überwiegend reziprok ausgebildet; aus den tiefer liegenden Hirngebieten (Hirnstamm, Rückenmark, Kleinhirn) erhält der Thalamus dorsalis insbesondere Afferenzen

134
Q

Truncothalamus

A

Der Truncothalamus fasst Kerngebiete zusammen, die Afferenzen aus dem Hirnstamm und den Basalganglien (z. B. Nucleus centromedianus und intralaminäre Kerne) erhalten und ihre Efferenzen zu einzelnen Cortexarealen bzw. zur Hippocampusformation sowie weiteren Kerngebieten des limbischen Systems aussenden (unspezifische Kerne). Sie sollen u. a. eine Rolle bei Lern- und Gedächtnisvorgängen haben.

135
Q

Nuclei anteriores des Thalamus (spezifischer Kern; Palliothalamus)

A

Sie sind die Schaltstelle zwischen Gyrus cinguli (limbisches System) und dem Tractus mamillothalamicus. Makroskopisch liegen sie zwischen den kurzen Schenkeln der Y-förmig aufgeteilten Lamina medullaris medialis interna. Die Kerne können weiter in die Nuclei anterodorsalis, anteromedialis und anteroventralis unterschieden werden. Der Tractus mamillothalamicus endet in diesen Kerngebieten ipsi- bzw. kontralateral. Weitere Afferenzen stammen aus dem Cortex (Fornix), dem Hirnstamm und dem Globus pallidus. Wichtige Efferenzen ziehen in den Gyrus cinguli und den Gyrus parahippocampalis. Die Bedeutung soll in der Modulation von emotionalem Verhalten und der Aufmerksamkeit liegen.

136
Q

Nuclei mediodorsales und Nuclei mediani des Palliothalamus

A

Diese thalamischen Kerne projizieren auf den präfrontalen Cortex. Sie lassen sich in einen großzelligen und einen kleinzelligen Kernabschnitt unterteilen. Beide Anteile erhalten wichtige Afferenzen aus dem Riechhirn und der Amygdala. Die Efferenzen erreichen insbesondere frontale Cortexregionen und den Gyrus cinguli. Die Funktion soll insbesondere in der Modulation von Emotionen liegen, aber auch die Bedeutung bei Lern- und Gedächtnisvorgängen wurde gezeigt.

137
Q

Pulvinar des Polliothalamus

A

Das Pulvinar ist die Schaltstelle zwischen dem visuellen System und assoziativen visuellen Cortexarealen. Es ist ein relativ großes Kerngebiet, das etwa ein Drittel des Thalamus dorsalis einnimmt. Wichtige Afferenzen stammen aus anderen diencephalen Neuronen (Integrationskern), wichtige reziproke Verbindungen bestehen zum Parietallappen und Temporallappen. Das Pulvinar gilt als besonders wichtig für symbolisches Denken und Sprachverständnis im Rahmen der Integration von optischen und akustischen Impulsen.

138
Q

Nucleus ventralis lateralis, Nucleus ventralis anterior und Nuclei ventrobasales des Palliothalamus

A

Diese Kerngbiete realisieren die spezifische Projektion auf den primär motorischen Cortex mit Informationen aus den Basalganglien, Substantia nigra und dem Kleinhirn (auch motorischer Thalamus genannt) und sind damit die wichtigste Relaisstation des motorischen Systems im Gehirn. Die ventralen Nuclei enthalten groß- und kleinzellige Neurone, die jeweils Afferenzen aus der Substantia nigra, dem Pallidum oder aus den Nuclei cerebelli erhalten. Die Efferenzen erreichen kernspezifisch den motorischen, prämotorischen oder supplementärmotorischen Cortex.

139
Q

Nucleus ventralis posterolateralis und Nucleus ventralis posteromedialis des Palliothalamus

A

Diese Kerngebiete besitzen eine spezifische Projektion auf den primären somatosensorischen Cortex (über den oberen Thalamusstiel). Beide Kerne bekommen Afferenzen aus dem Lemniscus medialis (sensorische Informationen) bzw. aus dem Lemniscus spinalis (Temperatur, Schmerz). Die Efferenzen erreichen den primären (Gyrus postcentralis) und den sekundären, somatosensiblen Cortex. Die Somatotopie bleibt in dieser Verschaltungskette erhalten und lässt sich auf jeder Ebene der Weiterleitung nachvollziehen. Diese Kerne sind damit für die kortikale Weiterleitung der genannten Informationen und die Modulierung der Empfindungen (z. B. des Schmerzerlebens) essenziell.

140
Q

Blutversorgung des Thalamus

A

Die arterielle Versorgung des Thalamus wird über mehrere Gefäßstämme der Hirnversorgung realisiert. Aus der A. communicans posterior entspringt die A. thalamoperforans anterior, die vor allem den rostralen Thalamus versorgt. Die A. thalamoperforans posterior versorgt weite Kerngebiete des Thalamus; eine Läsion resultiert in schweren Bewusstseinsstörungen. Aus der A. cerebri posterior entspringt die A. thalamogeniculata; hier führt ein Verschluss zu Sensibilitätsstörungen und Bewegungsunruhe.

141
Q

Subthalamus

A

Der Subthalamus findet sich unterhalb des Thalamus hinter dem Hypothalamus und kaudal des Epithalamus. Er grenzt wiederum kaudal an das Mesencephalon. Die Neurone des Subthalamus stehen im engen Kontakt mit dem Thalamus dorsalis. Der Nucleus subthalamicus ist wichtig für die Bewegungskoordination und hat enge Faserbeziehungen zum Pallidum (entwicklungsgeschichtlich ebenfalls Teil des Diencephalons).

142
Q

Regionen und Zonen des Hypothalamus

A

Die graue Substanz des Hypothalamus ist z. T. sehr dicht gepackt (Nuclei des Hypothalamus), z. T. auch weniger dicht angelegt (Areae des Hypothalamus). Bereiche, die hauptsächlich aus grauer Substanz bestehen, werden auch als markarm bezeichnet, Bereiche mit vorwiegend weißer Substanz (Tractus) entsprechend als markreich.
Eine Ordnungsstruktur im Hypothalamus wird hergestellt, indem man die graue Substanz zunächst im Sagittalschnitt von rostral nach kaudal in Regionen einteilt. Demgemäß findet sich über dem Chiasma opticum die präoptische oder chiasmatische Region, darauf folgt die intermediäre (tuberale) und dann die posteriore Zone:
• Die chiasmatische Kerngruppe umfasst u. a. den Nucleus suprachiasmaticus (zentraler Schrittmacher des zirkadianen Rhythmus, Schlaf-wach-Zyklus, Körpertemperatur, Blutdruck), die Nuclei paraventricularis et supraopticus (Produktion von antidiuretischem Hormon [ADH] und Oxytozin und axonaler Transport [Tractus hypothalamohypophysialis]) in die Neurohypophyse) und die Nuclei preoptici (Beteiligung an der Regulation von Blutdruck, Körpertemperatur, Sexualverhalten, Menstruationszyklus, Gonadotropin).
• Zur intermediären Kerngruppe gehören die Nuclei tuberales, dorsomedialis, ventromedialis und arcuatus [infundibularis = semilunaris] (Produktion und Sekretion von Releasing- und Release-Inhibiting-Hormonen, Beteiligung am Regelkreis von Wasser- und Nahrungsaufnahme).
• Zur posterioren Kerngruppe gehören u. a. die Nuclei corporis mamillaris in den Corpora mamillaria, die durch Afferenzen aus dem Fornix und Efferenzen zum Thalamus (Fasciculus mamillothalamicus) in das limbische System integriert sind. Sie beeinflussen Sexualfunktionen und spielen für Gedächtnisleistungen und Emotionen eine wichtige Rolle. Über den Fasciculus mamillotegmentalis stehen sie mit dem Tegmentum mesencephali in Verbindung.
Im Frontalschnitt lassen sich diese Zonen in ihrer lateralen Ausdehnung dann noch in periventrikulär, medial und lateral einteilen.

143
Q

Funktionelle Einteilung des Hypothalamus

A

Eine funktionelle Einteilung der Kerngebiete des Hypothalamus ergibt sich aus ihren spezifischen Funktionen in wichtigen hormonellen Regelkreisen. Dabei wird ein magnozelluläres von einem parvozellulären neuroendokrinen System unterschieden.

144
Q

Magnozelluläres neuroendokrines System

A

In diesem System werden Kerngebiete neurosekretorischer Neurone zusammengefasst, die Hormone des Hypophysenhinterlappens (Pars neuronalis) synthetisieren und entlang ihrer Axone transportieren. Dazu gehören der Nucleus paraventricularis und der Nucleus supraopticus (oberhalb des N. opticus), die die Peptidhormone Vasopressin (antidiuretisches Hormon, ADH oder Adiuretin) und Oxytozin produzieren und über den Tractus hypothalamohypophysialis in die Neurohypophyse bringen. In den Axonendigungen werden diese Hormone translational modifiziert, gespeichert und schließlich auf spezifische Signale hin freigesetzt. Im histologischen Präparat fallen die Speicherformen dieser Hormone als sog. HERRING-Körperchen auf. Vasopressin reguliert insbesondere die Wasserausscheidung in der Niere und ist damit maßgeblich an der Regulation des Wasser- und Elektrolythaushalts beteiligt, Oxytozin stimuliert die Kontraktion glatter Muskelzellen (u. a. auch bei der Milchejektion der Brustdrüse und der postpartalen Kontraktion des Uterus).

145
Q

Parvozelluläres neuroendokrines System

A

Dieses System umfasst Kerngebiete, die über die Freisetzung von „Releasing”- oder „Inhibiting”-Hormonen (Liberine und Statine, z. B. „thyreotropin-releasing hormone” [TRH] oder „corticotropin-releasing hormone” [CRH]) die sekretorische Aktivität des Hypophysenvorder- und -mittellappens (Adenohypophyse) kontrollieren. Die Adenohypophyse stammt entwicklungsgeschichtlich nicht aus dem Diencephalon, sondern lagert sich als Einfaltung des Rachendachepithels der Neurophypophyse an. Die adenohypophysären Zellen werden daher über ein feines Netz venöser Gefäße reguliert (Portalgefäßsystem), die sich am Boden des Infundibulums und der Eminentia mediana befinden. Dort enden die Axone der parvozellulären neurosekretorischen Neurone, sodass die produzierten Peptidhormone in den feinen Blutstrom der Portalgefäße (aus der A. hypophysialis superior) gelangen (keine Blut-Hirn-Schranke!). Das nachfolgende zweite Stromgebiet der Portalvenen liegt in der Adenohypophyse, deren hormonproduzierende Zellen somit von den jeweiligen Liberinen und Statinen erreicht werden. Damit stehen die Produktion und Sekretion der Hormonzellen der Adenohypophyse unter enger hypothalamischer Kontrolle. Im Sinne hormoneller „Feedback-Mechanismen” reguliert sich das System gemäß der zirkulierenden Hormonkonzentrationen autonom ein.
Zu dem parvozellulären System gehören u. a. der Nucleus infundibularis (oder Nucleus arcuatus), der ringförmig den Trichtereingang zur Hypophyse umgibt. Die Neurone des Nucleus infundibularis bilden eine Vorwölbung auf der Basalseite des Hypothalamus („Tuber” cinereum). Mit ihren dünnen, marklosen Axonen stellen diese Nervenzellen das Hauptkontingent des kleinzelligen hypothalamohypophysären Systems (Tractus tuberoinfundibularis). Über diesen Tractus werden die hypothalamischen Hormone zum Portalgefäßsystem an der Eminentia mediana gebracht. Außerdem ist der Nucleus ventromedialis, der dorsal und seitlich an den Nucleus infundibularis grenzt, dem System zuzurechnen. Er empfängt vorwiegend Afferenzen aus dem limbischen System und spielt eine Rolle bei der Regulation von Hunger und Sattheit. Schließlich werden auch der Nucleus periventricularis, der Nucleus paraventricularis (kleinzelliger Anteil), der Nucleus suprachiasmaticus und der Nucleus dorsomedialis zum parvozellulären System gezählt.

146
Q

Nucleus suprachiasmaticus

A

Der Nucleus suprachiasmaticus, der direkt über dem Chiasma opticum zu finden ist (periventrikuläre Zone), steht im Zentrum der Regulation von zirkadianer Rhythmik im Organismus. Neurone des Nucleus suprachiasmaticus können verschiedene Peptidhormone (z. B. ADH, TRH) synthetisieren. Sie exprimieren aber auch sog. Uhrengene („Clock-Genes”) und Melatoninrezeptoren. Über die Melatoninkonzentration im Blut integrieren sie die Tag-Nacht-Information, stehen jedoch auch direkt nerval mit retinalen Neuronen in Verbindung. Neurone des Nucleus suprachiasmaticus können einen endogenen, genetisch fixierten Rhythmus der Spontanaktivität generieren („innere Uhr”), der über hormonelle und neuronale Wege auf andere Hirnstrukturen übertragen werden kann (Synchronisierung). Afferenzen erhält der Nucleus aus dem Tractus retinohypothalamicus sowie aus dem limbischen Cortex und den Raphekernen. Die Efferenzen verbleiben zum Großteil lokal und innervieren Neurone anderer hypothalamischer Kerne.

147
Q

Nuclei tuberomamillares

A

Die Nuclei tuberomamillares finden sich im posterioren bzw. mamillären Anteil des Hypothalamus. Es finden sich Histamin und Adenosin produzierende Neurone, die insbesondere in die Regelkreise von Schlaf, Erwachen, Aufmerksamkeit und der zirkadianen Rhythmik eingebunden sind. Afferenzen erreichen die Nuclei tuberomamillares aus der Medulla oblongata, dem Hypothalamus und dem Vorderhirn. Ihre Projektionen erreichen andere hypothalamische Nuclei, das Kleinhirn sowie auch Cortexareale, die dadurch eine Aktivierung erfahren. Spezifische hypothalamische Neuropeptide, die mit Schlaf in Verbindung gebracht werden (z. B. Orexine), können die Aktivität der Neurone der Nuclei tuberomamillares beeinflussen.

148
Q

Nuclei mamillares

A

Die Nuclei mamillares (lateralis und medialis) sind Neuronengruppen im posterioren Teil des Hypothalamus, die die äußere Struktur der Corpora mamillaria an der Basalseite des Gehirns aufwerfen. Über die Fornix und den Pedunculus mamillaris erhalten diese Kerngebiete Afferenzen aus dem Hippocampus und dem Hirnstamm. Wichtige Efferenzen verlassen diese Kerngebiete über die Fasciculi mamillothalamicus et mamillotegmentalis zu den Nuclei anteriores thalami und den Nuclei tegmentales anterior et posterior. Über die genannten Afferenzen und Efferenzen sind diese Kerne Teil des PAPEZ-Kreises bzw. des limbischen Systems. Die Neurone sollen außerdem an der Regulation des subkortikalen motorischen Systems beteiligt sein.

149
Q

Nucleus infundibularis/Nucleus arcuatus

A

Neben der Rolle im parvozellulären Regulationssystem kommt dem Kerngebiet auch eine wichtige Funktion bei der Regulation von Appetit und Wachstum zu. So kann man Neurone identifizieren, die die orexigenen Neuropeptide NPY (Neuropeptid Y) und AgRP („Agouti-related protein”) synthetisieren. Man nimmt an, dass diese Neurone durch die Expression von Leptinrezeptoren an der Regulation des Hungergefühls bzw. an der Sattheit beteiligt sind. Sie werden nämlich direkt proportional zu den Spiegeln von Ghrelin und Leptin im Blut ausgeschüttet. Afferenzen erhalten die Neurone aus anderen hypothalamischen Kerngebieten und aus dem limbischen System.

150
Q

Area hypothalamica anterior

A

Diese Area umfasst die Nuclei anteriores hypothalami und die Area preoptica medialis. Die Kerngebiete sind ebenfalls zum chiasmatischen Teil des Hypothalamus zu rechnen und u. a. an der Thermoregulation und am Sexualverhalten beteiligt. Interessanterweise konnte gezeigt werden, dass diese Kerngebiete bei Frauen und Männern unterschiedlich groß sind, sodass man vermutet, dass sie u. a. zur Geschlechteridentität beitragen.

151
Q

Areae hypothalamicae lateralis et posterior

A

Sie finden sich im posterolateralen Hypothalamus. Als Area hypothalamica lateralis wird dabei die Region im Grenzbereich zwischen Hypothalamus und Telencephalon bezeichnet. Hier finden sich Afferenzen und Efferenzen zum Hirnstamm, Kleinhirn und Rückenmark. Die Area hypothalamica posterior (AHP) liegt im posterioren Teil des Hypothalamus und hat Faserverbindungen zum Mesencephalon. Diese Kerngebiete sind ebenfalls in die Regulation der Nahrungsaufnahme involviert und reagieren z. B. auf Änderungen der Glukosekonzentration im Blut.

152
Q

Hypophyse

A

Die Hypophyse befindet sich in der Fossa hypophysialis der Sella turcica und wird über eine Duraplatte (Diaphragma sellae) vom eigentlichen ZNS abgetrennt. Als Verbindungsstruktur zum Hypothalamus fungiert der Hypophysenstiel (bestehend aus Axonen der magnozellulären Neurone), der durch eine feine Aussparung des Diaphragma sellae verläuft.
Die Adenohypophyse ist ebenfalls ein zentrales endokrines Organ und kann in 3 Anteile (Pars distalis, Pars intermedia, Pars tuberalis) unterteilt werden. Die Hormonproduktion und Sekretion wird aus Neuronen des Hypothalamus kontrolliert (Liberine, Statine), die die Adenohypophyse über den Portalkreislauf erreichen:
• Pars distalis: Sie macht den größten Teil der Adenohypophyse aus. In ihr finden sich Zellen, die zur Produktion und Sekretion von Hormonen befähigt sind. ACTH, α-MSH und β-Endorphin werden dabei in einem Zelltyp der Adenohypophyse aus einem gemeinsamen Vorläufermolekül hergestellt (Proopiomelanocortin, POMC, das in die jeweiligen wirksamen Peptide gespalten wird).
• Pars intermedia: Die Pars intermedia besteht aus einem unregelmäßigen Zellband und ist beim Menschen oft nur rudimentär ausgebildet.
• Pars tuberalis: Die Pars tuberalis schmiegt sich um den Hypophysenstiel (Tuber cinereum) und legt sich dem Hypothalamus an. Die chromophoben spezifischen Zellen exprimieren Melatoninrezeptoren und produzieren Untereinheiten des Thyreotropins.

153
Q

Pfortaderkreislauf

A

Der Pfortaderkreislauf der Hypophyse wird aus der A. hypophysialis superior gespeist. Das erste venöse Stromgebiet findet sich an der Eminentia mediana des Hypothalamus, dem Endigungsgebiet der neurosekretorischen Axone parvozellulärer Neurone. Diese geben ihre Statine und Liberine („releasing and inhibiting hormones”) dort in das Blut des Portalgefäßsystems ab. Das zweite Stromgebiet findet sich in der Adenohypophyse. Hier werden die sekretorisch aktiven Hormonzellen in ihrer Gesamtheit erreicht und feinreguliert.

154
Q

Hormone der Pars distalis der Adenohypophyse

A

• Prolaktin: Milchsynthese; hypothalamkacge Regulation über Prolaktin
• Wachstumshormon (GH, STH): Wachstum; Hypothalamische Regulation über GHRH
• Kortikotropin (ACTH): Stimulation der Nebenniere; Hypothalamische Regulation über
CRH (Kortikoliberin)
• Melanotropin (α-MSH): Pigmentierung der Haut; Regulation über CRH (Kortikoliberin)
• β-Endorphin: Opioidrezeptoren; Regulation über CRH (Kortikoliberin)
• follikelstimulierendes Hormon (FSH): Reifung von Eizelle/Spermium; Regulation über GnRH
• luteinisierendes Hormon (LH): Eisprung, Gelbkörperbildung ; Regulation über GnRH
• Thyreotropin (TSH): Stimulation der Schilddrüsenzellen; Regulation über TRH (Thyroliberin)

155
Q

Hormone der Pars intermedia der Adenohypophyse

A
  • Kortikotropin (ACTH): Stimulation der Nebenniere; Regulation über CRH (Kortikoliberin)
  • Melanotropin (MSH): Pigmentierung der Haut; Regulation über CRH (Kortikoliberin)
  • β-Endorphin: bindet an Opioidrezeptoren; Regulation über CRH
156
Q

Hormone der Pars tuberalis der Adenohypophyse

A

• Pars-tuberalis-spezifische Zellen: zirkadiane/zirkannuale Rhythmik; Regulation über ? (Melatonin)

157
Q

Zirkumventrikuläre Organe

A

Die ZVOs werden eingeteilt in:
• sensorische ZVOs im engeren Sinne:
– Organum subfornicale in der Vorderwand des III. Ventrikels
– Organum vasculosum laminae terminalis in der Lamina terminalis unmittelbar dorsal des Chiasma opticum
– Area postrema am Boden der Rautengrube
• sekretorische ZVOs
– Eminentia mediana des Hypophyseninfundibulums
– Glandula pinealis
– Neurohypophyse
Das Organum subcommissurale ist beim Menschen nur in der Fetal- und Neugeborenenphase ausgebildet.

158
Q

Funktion des Zirkumventrikulären Organs

A

ZVOs sind eine Kommunikationsstelle zwischen dem Blutstrom mit seinen Signalstoffen – wie Neuropeptiden (u. a. Leptin, Ghrelin), Zytokinen, Glukose oder Hormonen – und dem Gehirn bzw. dem Liquor. Über ihre Verbindungen zum Hirnstamm und zum Hypothalamus sind sie an der endokrinen und autonomen Regulation von Nahrungsaufnahme, Energie- und Flüssigkeitshaushalt, Körpertemperatur und Schlaf beteiligt. Entsprechend finden sich Afferenzen zum Organum subfornicale aus dem Hypothalamus und efferente Fasern, die erregend auf vasopressinsezernierende Neurone der Nuclei paraventricularis et supraopticus projizieren, um so Einfluss auf die Regulation des Blutvolumens und des Blutdrucks zu nehmen. Dem Organum vasculosum laminae terminalis wird zusätzlich über temperatursensitive Neurone eine besondere Rolle bei der Änderung der Körpertemperatur bzw. der Entstehung von Fieber zugesprochen. Die Area postrema wiederum wird zusammen mit dem Nucleus tractus solitarii und dem Nucleus dorsalis nervi vagi auch als vagaler Komplex bezeichnet. Sie nimmt über Chemorezeptoren Signale im Blut- oder Liquorstrom auf und kann über diesen Komplex Erbrechen auslösen.

159
Q

Einteilung des Telencephalons

A

Das Telencephalon kann aufgrund morphologischer Kriterien (Feinbau des Cortex/Schichtung) in 3 Anteile eingeteilt werden: Neocortex (Isocortex), Archicortex und Paleocortex. Grundlage dieser Einteilung ist der Vergleich der Gehirne von Tieren auf unterschiedlichen Ebenen der biologischen Systematik (d. h. unterschiedlichen evolutionären Entwicklungsstufen). Dieser vergleichend-anatomische Ansatz lässt auch Rückschlüsse darauf zu, wie sich das Gehirn des Menschen evolutionär entwickelt hat und welche Teile des Gehirns stammesgeschichtlich („phylogenetisch”; von gr. phylon = Stamm und gr. genesis = Ursprung) am „ältesten” und welche am „jüngsten” sind. So ist ein stammesgeschichtlich alter Teil auch im Gehirn einfacher Säugetiere nachweisbar, während stammesgeschichtlich jüngere Teile des Gehirns erst im Gehirn weiter entwickelter Säugetiere und teilweise nur im Gehirn des Menschen zu finden sind.
• Der Neocortex wird aufgrund histologischer Kriterien auch als Isocortex bezeichnet. Sein Volumen hat sich während der Entwicklung zum Menschen hin besonders stark vergrößert, sodass der Paleocortex an die Hirnbasis und der Archicortex an die mediobasale Seite des Gehirns verlagert wurde. Die Funktionen des Neocortex sind komplex und schließen motorische, sensorische und assoziative Aufgaben ein. Die Neurone in diesen Cortexanteilen bilden überwiegend 6 Schichten aus.
• Der überwiegend 3-schichtige Allocortex lässt sich weiter in die folgenden Anteile unterteilen:
– Der Archicortex beschreibt insbesondere Anteile der Hippocampusformation und zeigt histologisch einen 3-schichtigen Aufbau. Der Archicortex ist ein jüngerer Cortexabschnitt, dessen Aufgaben die Steuerung der vegetativen Funktionen und von Lernen und Gedächtnis sind.
– Der Paleocortex besteht hauptsächlich aus Riechhirnanteilen, die sich insbesondere an der Basis des Gehirns finden. Diese zeigen ebenfalls einen überwiegend 3-schichtigen Aufbau.
Neben diesen Cortexanteilen entwickeln sich aus dem Telencephalon auch die subkortikalen Kerne. Zu nennen wären hier das Striatum (bestehend aus Nucleus caudatus und Putamen), der Nucleus accumbens, das Claustrum und Teile des Globus pallidus.

160
Q

Assoziationsfasern (Fibrae associationes)

A

Die Assoziationsfasern können aufgrund ihrer Länge in weitere Subgruppen eingeteilt werden:
• Kurze, sog. U-Fasern (Fibrae arcuata cerebri breves) verbinden benachbarte Gyri,
• etwas längere Faserbahnen (Fibrae arcuata cerebri longae) verbinden weiter entfernte Gyri und
• lange Assoziationsbahnen können schließlich Lobi der gleichen Hemisphäre verbinden.
Beispielhaft seien hier der auch präparatorisch darstellbare Fasciculus longitudinalis superior genannt, der Gyri des Lobus frontalis und des Lobus parietalis mit dem Lobus occipitalis verbindet. Der Fasciculus longitudinalis inferior stellt die Verbindung zwischen Lobus temporalis und Lobus occipitalis her, der Fasciculus uncinatus findet sich zwischen Lobus frontalis und Lobus temporalis, der Fasciculus arcuatus verbindet u. a. das sensorische Sprachzentrum mit dem motorischen BROCA-Zentrum.

161
Q

Kommissurenfasern (Fibrae commissurales)

A

Wichtige Kommissurenbahnen sind der Balken (Corpus callosum), die Commissura anterior und die Commissura fornicis:
• Das Corpus callosum ist etwa 10 cm lang und verbindet die Lobi frontalis, parietalis et occipitalis der beiden Hemisphären miteinander. Am Balken kann man ein vorderes Knie (Genu) mit einem spitz auslaufenden Rostrum corporis callosi, einen mittleren Truncus und eine hintere verdickte Wulst (Splenium) unterscheiden. Der Truncus ist mit der Fornix und dem Septum pellucidum verbunden. Die scharf abbiegenden Faserzüge werden im vorderen Teil des Balkens Forceps frontalis minor (ziehen in den Lobus frontalis) und im hinteren Teil Forceps occipitalis major genannt.
• Die Commissura anterior steht in enger topografischer Beziehung zum Rostrum des Balkens bzw. zur Vorderwand des III. Ventrikels und enthält u. a. Fasern der Riechbahn.
• Die Commissura fornicis ist die kommissurale Verbindung der Schenkelanteile des Fornix. In dieser Verbindung verlaufen Faserbündel der Hippocampi beider Hemisphären.

162
Q

Projektionsfasern (Fibrae projectiones)

A

Die Projektionsfasersysteme bilden einen Faserfächer, der auch als Corona radiata bezeichnet wird (Faserzüge, die vom bzw. zum Cortex ziehen). Diese Faserverbindungen werden im Bereich der Basalkerne dicht zusammengeführt und an definierten Stellen (somatotope Gliederung) durch die subkortikalen Kerngebiete hindurchgeleitet. Die größte Dichte der Projektionsfasern findet sich in der Capsula interna zwischen Globus pallidus, Thalamus und Nucleus caudatus. Die Capsula interna wird in einen vorderen Schenkel (Crus anterius), einen hinteren Schinkel (Crus posterius) und ein Knie (Genu) unterteilt. Die jeweiligen Fasern durchziehen die Capsula interna an definierten Stellen und bleiben somatotop angeordnet. Wichtige deszendierende Fasern bilden die Pyramidenbahn, große aufsteigende Bahnsysteme stammen insbesondere aus dem Thalamus als thalamokortikale Projektionen. Zwischen dem Nucleus lentiformis und dem Claustrum liegt die Capsula externa, eine dünne Lamelle aus weißer Substanz, und lateral des Claustrums (bis zur Inselrinde) findet sich eine weitere feine Faserplatte, die Capsula extrema.

163
Q

Lamination des Isocortex

A

Die Großhirnrinde ist meist etwa 4 mm dick, in der primären Sehrinde aber z. B. nur 2 mm. In histologischen Präparaten, die senkrecht zur Cortexoberfläche geschnitten sind, kann der laminäre sechsschichtige Aufbau am besten dargestellt werden. Als Färbemethoden bieten sich dafür die NISSL-Färbung (Anfärbung der Kerne und der NISSL-Substanz) oder Myelinfärbungen (Anfärbungen der Markscheiden) an, die solche Schichtungen damit entweder zyto- oder myeloarchitektonisch zeigen. Die Schichten werden von außen nach innen nummeriert:
• Molekularschicht (Lamina molecularis, Lamina I): In dieser Schicht finden sich nur vereinzelt Neurone (keine Pyramidenzellen), deren Fortsätze parallel zur Oberfläche des Cortex verlaufen und dort auch synaptische Kontakte ausbilden. Über eine Gliadeckschicht (Membrana limitans gliae superficialis) wird die Pia mater an der Lamina molecularis fixiert. Man kann in dieser Schicht kleine sog. CAJAL-RETZIUS-Zellen identifizieren, die eine besondere Bedeutung bei der Ausbildung und Lamination des Cortex spielen (Expression von Reelin).
• Äußere Körnerschicht (Lamina granularis externa, Lamina II): Charakterisch sind dicht gepackte, kleine „Nichtpyramidenzellen” (überwiegend GABAerge Körnerzellen) mit kurzen Apikaldendriten. Außerdem finden sich wenige glutamaterge Pyramidenzellen.
• Äußere Pyramidenschicht (Lamina pyramidalis externa, Lamina III): Man unterscheidet 3 Sublaminae mit einer zunehmenden Anzahl kleiner Pyramidenzellen (IIIa–c). Apikale Dendriten können sich bis in die Lamina I erstrecken und dort als „apikales Büschel” enden. Die Laminae IIIa und IIIb sind bei bestimmten neurodegenerativen Erkrankungen (z. B. beim Morbus ALZHEIMER) besonders betroffen.
• Innere Körnerschicht (Lamina granularis interna, Lamina IV): Wie in der Lamina II kommen kleine, dicht gepackte Nichtpyramidenzellen (Körnerzellen) vor, die ihre Afferenzen u. a. aus den thalamokortikalen Neuronen empfangen.
• Innere Pyramidenschicht (Lamina pyramidalis interna, Lamina V): In dieser Schicht finden sich Pyramidenzellen unterschiedlicher Größe, die in einigen Cortexregionen sehr groß sind und auch BETZ-Riesenzellen genannt werden. Die Axone dieser glutamatergen Neurone haben kräftige Markscheiben und bilden im Gyrus precentralis den Tractus corticospinalis und den Tractus corticonuclearis.
• Multiforme Schicht (Lamina multiformis, Lamina VI): Diese Schicht lässt sich oft in eine zelldichtere Lamina VIa und eine neuronenärmere Lamina VIb unterteilen. Es finden sich hier kleinere Pyramidenzellen unterschiedlicher Morphologie.

164
Q

Hippocampusformation

A

Unter dem Begriff Hippocampusformation werden zytoarchitektonisch mehrere kortikale Regionen zusammengefasst. Im Einklang mit wesentlichen neurowissenschaftlichen Autoren umfasst die Hippocampusformation:
• Area entorhinalis (auch: „entorhinaler Cortex”)
• Fascia dentata (auch: „Gyrus dentatus”)
• Cornu ammonis (auch: „Hippocampus proprius”)
• Subiculum
• Pre- und Parasubiculum
Diese Hirnareale sind weitgehend unidirektional miteinander verbunden und bilden eine funktionelle Einheit.
Die Regionen der Hippocampusformation werden aufgrund ihrer Zytoarchitektur, d. h. ihres mikroskopisch-anatomischen Aufbaus, unterschieden. Die oberflächlich erkennbaren Strukturen des Gehirns (Gyri, Sulci) sind in ihrer Form variabel und nur ungefähre Orientierungspunkte für die Lage dieser Rindengebiete. Die Rindengebiete der Hippocampusformation liegen überwiegend im makroskopischen Hippocampus (= wulstförmige Struktur am Boden des Unterhorns des Seitenventrikels), dem Gyrus dentatus und dem Gyrus parahippocampalis (mit Uncus). Die Hippocampusformation wird nach okzipital hin dünner und setzt sich schließlich in eine dünne Schicht grauer Substanz auf dem Balken fort, die als Indusium griseum bezeichnet wird.

165
Q

Entwicklung und postnatale Neurogenese des Hippocampus

A

Die räumliche Anordnung der Strukturen der Hippocampusformation ist ohne entwicklungsgeschichtliche Betrachtung nur schwer zu verstehen. Die hippokampale Anlage ist bereits in der 9. Schwangerschaftswoche (SSW) im medialen Bereich der sich entwickelnden zerebralen Hemisphären zu finden. Im 2. Trimenon (15.–19. SSW) lassen sich dann die charakteristischen hippokampalen Subfelder nachweisen, die sich bis auf den Gyrus dentatus am Ende der Schwangerschaft (etwa 34. SSW) vollständig entwickelt haben. Im Gyrus dentatus nimmt die Zellzahl noch bis zum 6. Lebensmonat zu, d. h., dieses Rindengebiet entwickelt sich zu großen Teilen erst postnatal.
In der Fascia dentata (Gyrus dentatus) können zeitlebens neue Nervenzellen gebildet werden. Diese Hirnregion gilt als eine „neurogene Nische” des ZNS. Die Fähigkeit zur Neubildung von Nervenzellen nimmt allerdings mit dem Alter ab. Man schätzt, dass in der erwachsenen Fascia dentata bis zu 700 neue Nervenzellen pro Tag gebildet werden und somit ca. 1,75 % aller Nervenzellen dieser Hirnregion im Laufe eines Jahres ersetzt werden könnten. Die neu gebildeten Nervenzellen sollen eine wichtige Rolle bei Gedächtnisprozessen spielen.
Die Hippocampusformation liegt sehr charakteristisch im unteren medialen Temporallappen. Sie entsteht in ihrer Form durch eine S-förmige Einfaltung der Rinde. Bei diesem Faltungsprozess löst sich die Fascia dentata vom Cornu ammonis und sitzt ihm wie eine Kappe auf. Axone des entorhinalen Cortex gelangen zur Fascia dentata, indem sie die darunter liegende Schicht des Subiculums und die hippokampale Fissur perforieren und dadurch die Oberfläche der Fascia dentata erreichen; diese Fasern werden Tractus perforans („durchbohrende Bahn”) genannt. Diese ungewöhnliche Projektionsbahn ermöglicht einen zirkulären Informationsfluss durch die Hippocampusformation vom entorhinalen Cortex zur Fascia dentata, zum Cornu ammonis und schließlich über das Subiculum zurück zum entorhinalen Cortex.
Die Anlage des Archicortex, das Archipallium, folgt als kortikale Struktur der Rotation der Hemisphärenblase. Dabei verlagert sich beim Menschen der Hauptteil der Hippocampusformation in den medialen Temporallappen. Anteile des Hippocampus finden sich jedoch weiterhin oberhalb und unterhalb des Corpus callosum. So setzt sich der Hippocampus vom Temporallappen auf das Corpus callosum fort, bildet dort eine dünne Schicht aus grauer (Indusium griseum) und weißer (Striae longitudinales medialis et lateralis) Substanz und erreicht schließlich die Area subcallosa unterhalb des Genu corporis callosi. Unterhalb des Corpus callosum bildet die Fimbria hippocampi den Fornix.

166
Q

Makroskopie der Hippocampusformation

A

Die Hippocampusformation liegt im medialen Temporallappen und zieht bogenförmig oberhalb des Balkens entlang. Man unterscheidet in Abhängigkeit von der Beziehung zum Corpus callosum 3 makroskopische Abschnitte:
• Hippocampus retrocommissuralis: Temporallappenanteile
• Hippocampus supracommissuralis: oberhalb des Corpus callosum
• Hippocampus precommissuralis: unterhalb des Genu corporis callosi
Aufgrund ihrer Einfaltung lässt sich die Lage der Hippocampusformation durch eine Betrachtung der Hirnoberfläche von ventral und medial nur teilweise verstehen. Erst die Eröffnung des Unterhorns des Seitenventrikels gibt den Blick auf den makroskopisch erkennbaren Hippocampus frei.

167
Q

Informationsfluss durch die Hippocampusformation

A

Im entorhinalen Cortex werden Informationen aus kortikalen Rindenbereichen und aus den Sinnesorganen gesammelt. Von dort gelangen sie über den Tractus perforans zu den Körnerzellen der Fascia dentata. Deren Axone, die sog. Moosfasern, projizieren überwiegend zur CA3-Region des Cornu ammonis, von wo aus die Information – noch im Cornu ammonis verbleibend – zu den CA1-Neuronen gelangt (über die „SCHAFFER-Kollateralen”), bevor sie von dort zum Subiculum und schließlich zurück zum entorhinalen Cortex geleitet wird.
Die Verbindungen der Hippocampusformation (und der Informationsfluss durch die Hippocampusformation) lassen sich am leichtesten verstehen, wenn man einen histologischen Schnitt betrachtet, der senkrecht zur Längsachse des Hippocampus im mittleren Bereich („Körper”) geführt wurde. In einem solchen Schnitt finden sich alle Regionen des Hippocampus und ihre typischen Faserverbindungen.

168
Q

Entorhinaler cortex

A

Der entorhinale Cortex ist das „Tor zum Hippocampus”. Er erhält zum einen direkte olfaktorische Eingänge (rostraler entorhinaler Cortex), zum anderen Eingänge von vielen multimodalen sensorischen Assoziationsfeldern (d. h. bereits verarbeitete sensorische Informationen). Histologisch gilt er als Allocortex, d. h., er ist anders aufgebaut als der sechsschichtige Isocortex. Bemerkenswert an seiner Struktur ist seine Unterteilung in eine oberflächliche und eine tiefe Schicht, die von einer zellfreien Lamina dissecans unterteilt wird. In der oberflächlichen Schicht finden sich Zellinseln, die an der Oberfläche des Gyrus parahippocampalis als kleine Wärzchen zu erkennen sind (s. o.). Die Axone der oberflächlichen Nervenzellen ziehen als Tractus perforans zur Fascia dentata und zum Cornu ammonis

169
Q

Fascia dentata des Hippocampus

A

Die Fascia dentata sitzt dem Cornu ammonis wie eine Kappe auf. Ihre Nervenzellen, die Körnerzellen, liegen in einem dicht gepackten Zellband. Die Axone des Tractus perforans erreichen die Dendriten der Körnerzellen in der Molekularschicht. Die Axone der Körnerzellen wiederum ziehen als „Moosfasern” ins Ammonshorn. Dort enden sie an den Dendriten der Pyramidenzellen der CA3-Region
Der Bereich unmittelbar unterhalb der Körnerzellen wird als subgranulare Zone bezeichnet. Hier befindet sich die neurogene Nische, in der auch im erwachsenen Gehirn neue Nervenzellen gebildet werden können.

170
Q

Cornu ammonis

A

Das Cornu ammonis besteht aus 1–2 Zellschichten aus Pyramidenzellen, die sich um die Fascia dentata herumwinden. Aufgrund der Zellmorphologie und der Zellverbindungen unterteilt man das Cornu ammonis in 4 Subregionen, von denen besonders die CA3- und die CA1-Region für das Verständnis des Informationsflusses durch die Hippocampusformation wichtig sind:
• Die CA3-Pyramidenzellen erhalten Informationen über die Moosfasern der Körnerzellen. Sie projizieren mit ihren Axonen aus der Hippocampusformation heraus (via Alveus in die Fimbria), bilden jedoch auch wichtige Kollateralen, die „SCHAFFER-Kollateralen”, die innerhalb des Hippocampus zur CA1-Region weiterziehen.
• Die CA1-Pyramidenzellen verhalten sich ähnlich und projizieren ebenfalls aus der Hippocampusformation heraus, mit ihren Kollateralen jedoch auch zum Subiculum-Komplex (Abb. 12.11c).

171
Q

Subiculumkomplex

A

Subiculum, Presubiculum und Parasubiculum folgen auf die CA1-Region. Das Subiculum ist histologisch durch ein breiter aufgefächertes Zellband zu erkennen. Die Nervenzellen dieser Region projizieren aus der Hippocampusformation heraus und zum entorhinalen Cortex zurück

172
Q

Kommissurale verbindungen der hippocampusformation

A

Die beiden Hippocampusformationen sind über die Commissura fornicis eng miteinander verbunden. Beim Menschen finden sich die kommissuralen Verbindungen besonders im Bereich des Subiculumkomplexes und des entorhinalen Cortex. Diese starke Verbindung zwischen den beiden Hippocampusformationen ist vermutlich dafür verantwortlich, dass es erst dann zu schweren Gedächtnisstörungen kommt, wenn beide Hippocampi gleichzeitig ausgefallen sind.

173
Q

Kortikaleverbindungen des Hippocampus

A

Die afferenten Verbindungen der Hippocampusformation mit dem Cortex laufen über den entorhinalen Cortex (s. o.) und das Subiculum. Der Gyrus dentatus und das Cornu ammonis sind vom Neocortex „abgeschottet”. So ist sichergestellt, dass die Information in den Regionen nacheinander (also sequenziell) verarbeitet wird.
Die efferenten Verbindungen der Hippocampusformation mit dem Cortex laufen ebenfalls über den entorhinalen Cortex und den Subiculumkomplex. Die Hippocampusformation projiziert zurück zu den multimodalen Regionen des Assoziationscortex und erreicht über diese weite Bereiche des Neocortex. Auf diesem Weg kann Wissen, das über die Hippocampusformation erlernt wurde, dauerhaft ins Langzeitgedächtnis transferiert werden. Langfristig werden die Gedächtnisspuren dann im Neocortex gespeichert.

174
Q

Subkortikaleverbindungen des Hippcampus

A

Die Hippocampusformation ist eine alte Struktur des Gehirns („Archicortex”). Ihrem „Alter” entsprechend ist sie mit den ebenfalls phylogenetisch alten subkortikalen Kerngebieten des Zwischenhirns und Hirnstamms direkt und häufig auch in beide Richtungen verbunden. Die jüngeren neokortikalen Verbindungen wurden diesem existierenden System quasi „angeflanscht” und über den entorhinalen Cortex als Eingangstor („Interface”) zur Hippocampusformation geleitet.
Die enge Verbindung mit den subkortikalen Strukturen, die ihrerseits entweder Teil des „limbischen Systems” sind oder mit diesem in enger Verbindung stehen, erklärt, wieso der Hippocampus Informationen über vegetative und emotionale Zustände unseres Körpers erhält und umgekehrt auf diese Einfluss nehmen kann (s. u., „Aufgaben der Hippocampusformation). Viele (aber nicht alle) dieser subkortikalen Verbindungen erreichen bzw. verlassen den Hippocampus über die Fimbria und den Fornix. Die wichtigsten Verbindungen sind im Folgenden aufgeführt.
• Septumkerne: Über die Fibrae precommissurales (s. o.) erreichen Fasern aus allen Bereichen des Cornu ammonis das Septum. Umgekehrt ziehen cholinerge (Neurotransmitter: Azetylcholin) und GABAerge (Neurotransmitter: GABA) Axone aus den septalen Kerngebieten zum Hippocampus. Diese Verbindung („septohippokampale Projektion”) ist wichtig für Lernen und Gedächtnis.
• Basales Vorderhirn: Unter dem „basalen Vorderhirn” versteht man üblicherweise eine Gruppe von Kernen, die basal im vorderen Bereich des Gehirns zu finden sind. Dazu gehören die Septumkerne/diagonales Band von BROCA, der Nucleus basalis (MEYNERT), die Substantia innominata sowie der Nucleus accumbens. Diese Kerne enthalten viele cholinerge Fasern, welche die Hippocampusformation und viele Cortexareale verzweigt, d. h. „diffus” mit Azetylcholin innervieren („cholinerges System”). Die cholinerge Innervation steuert das Aktivitätsniveau der Nervenzellen und ist für neuronale Plastizität und damit für Lernen und Gedächtnis wichtig.
• Corpora mamillaria: Über die Fibrae postcommissurales zieht eine mächtige Faserverbindung aus dem Subiculum zu den Corpora mamillaria. Dort treffen Informationen aus dem Hippocampus und Amygdala zusammen und werden zum Thalamus weitergeleitet (Tractus mamillothalamicus; s. PAPEZ-Kreis). Die genaue Funktion dieser Kerne und dieser Bahnen ist nicht verstanden; sie spielen aber eine Rolle bei der Gedächtnisbildung und dem Abrufen von Gedächtnisinhalten, da die Zerstörung dieser Kerne oder des Tractus mamillothalamicus mit einer schweren Amnesie (= Unfähigkeit, neue Gedächtnisinhalte abzuspeichern oder abzurufen) verbunden ist.
• Amygdala: Mehrere Regionen der Hippocampusformation, besonders Subiculum und entorhinaler Cortex, stehen mit der Amygdala in Verbindung. Die Amygdala ist ein wichtiges Zentrum für die Steuerung emotionaler und vegetativer Reaktionen und bedeutsam für unser emotionales Gedächtnis (z. B. Angstreaktionen).
• Modulierende Systeme: Die spezifische Informationsverarbeitung in der Hippocampusformation wird von Bahnen aus dem Hirnstamm beeinflusst. Diese Hirnstammafferenzen enden mit ihren Axonen diffus über die Hippocampusformation verteilt und beeinflussen den Aktivitätszustand des Gesamtsystems. Hierzu zählen u. a. Dopamin (aus der Area tegmentalis ventralis), Noradrenalin (aus dem Locus caeruleus), Serotonin (aus den Raphekernen) sowie Histamin. Die klinische Bedeutung der modulierenden Systeme ist erheblich, da die Wirkung vieler Psychopharmaka, die zur Behandlung von neuropsychiatrischen Krankheitsbildern eingesetzt werden, auf der Beeinflussung dieser Systeme basiert (z. B. selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer [SSRI] zur Behandlung von Depressionen).

175
Q

Funktionen der Hippocampusformation

A

Die Hippocampusformation gehört mittlerweile zu den am besten erforschten kortikalen Arealen. Hierzu haben sowohl die vergleichende neurowissenschaftliche Forschung (z. B. Untersuchungen des Hippocampus von Tieren) als auch die funktionelle Bildgebung des menschlichen Hippocampus beigetragen. Im Sinne einer Übersicht können unterschieden werden:
• Lern- und Gedächtnisfunktionen: Der Hippocampus ist für einen Teil unserer Lern- und Gedächtnisfunktionen wichtig. Er wird für unser deklaratives Gedächtnis benötigt. Hierzu gehören das semantische Gedächtnis, das „Wissen über die Welt” abspeichert (z. B., dass Goethe den „Faust” geschrieben hat), und das episodisch-biografische Gedächtnis, das die Ereignisse unseres eigenen Lebens festhält.
• Räumliche Repräsentation der Umgebung („Navi im Gehirn”): Teile der Hippocampusformation sind dafür verantwortlich, dass wir über eine „innere Repräsentation” des Raums verfügen, in dem wir uns gerade körperlich befinden.
• Verbindungen zum limbischen System: Unser Nervensystem speichert nicht nur Ereignisse ab, sondern auch damit verbundene Gefühle. Das limbische System übernimmt dabei die Aufgabe, hippokampale Gedächtnisleistungen an neuroendokrine, vegetative und emotionale Funktionen zu koppeln

176
Q

Gefäßversorgung des Hippocampus

A

Die Gefäßversorgung der Hippocampusformation ist für die Temporallappenepilepsie-Chirurgie von klinischer Bedeutung. Der makroskopische Hippocampus wird aufgrund seiner Längsausdehnung von mehreren Gefäßen versorgt, die an seiner Oberfläche Anastomosen bilden. Die beiden entscheidenden Gefäße für seine Versorgung sind die A. cerebri posterior (Versorgung der okzipitalen zwei Drittel des Hippocampus) und die A. choroidea anterior (Versorgung des rostralen Drittels). Der relative Anteil dieser Gefäße an der Versorgung des Hippocampus ist variabel. Diese „Variabilität im Detail” ist typisch für die Gefäßversorgung der Hirnoberfläche

177
Q

Paleocortex

A
Der Paleocortex ist der phylogenetisch älteste Teil des Cortex. Bei einfachen Säugetieren, wie z. B. dem Igel, dominiert er das Gehirn. Er besteht überwiegend aus der Riechrinde und ist eng mit dem olfaktorischen System verbunden.
Strukturen des Paleocortex sind:
• Bulbus olfactorius
• Tractus olfactorius
• Nucleus olfactorius anterior
• Tuberculum olfactorium
• Septumkerne
• Regio periamygdalaris
• Regio prepiriformis
Bulbus und Tractus olfactorius entstehen aus dem Telencephalon und sind Hirnbestandteile. Sie sind daher phylogenetisch und anatomisch-systematisch Teile des Paleocortex. Histologisch unterscheiden sie sich deutlich vom sechsschichtigen Isocortex und sind Allocortex.
178
Q

Subkortikale Kerne

A

Als subkortikale Kerne bezeichnet man die in der weißen Substanz einer jeden Hemisphäre angelegten Gruppierungen grauer Substanz. Zu diesen gehören primär die Basalganglien, eine wichtige Kerngruppe des motorischen Systems. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere subkortikale Kerne wie z. B. die Amygdala (auch Corpus amygdaloideum) oder der Nucleus basalis MEYNERT. Diesen Kernen ist gemeinsam, dass sie höhere Hirnfunktionen wie Lernen und Erinnerung sowie Motivation und Emotion beeinflussen können.

179
Q

Basalganglien

A

Im engeren Sinne zählt man die folgenden Kerngebiete zu den Basal- oder Stammganglien:
• Striatum (auch Corpus striatum), bestehend aus Nucleus caudatus und Putamen
• Pallidum (auch Globus pallidus)
Dabei gehört das Pallidum ontogenetisch bereits nicht mehr zum Tel-, sondern zum Diencephalon. Darüber hinaus sind der Nucleus subthalamicus des Diencephalons und die Substantia nigra des Mesencephalons funktionell an die Basalganglien assoziiert. In der Literatur werden sie daher manchmal auch als direkte Bestandteile der Basalganglien aufgeführt.

180
Q

Striatum

A
Der Nucleus caudatus („Schweifkern”) ist C-Bogen-förmig und kann in 3 Anteile unterteilt werden: Caput, Corpus und Cauda. Das rostral gelegene Caput ist etwas aufgetrieben, wohingegen Corpus und Cauda in ihrem Verlauf immer schmaler werden. Topografisch liegt der Nucleus caudatus in seiner gesamten Ausdehnung in unmittelbarer Nähe des jeweiligen Seitenventrikels. Das Caput bildet im Frontallappen die Basis und seitliche Begrenzung des Cornu frontale [anterius], der Corpus liegt im Parietallappen im Boden der Pars centralis und die Cauda im Temporallappen im Dach des Cornu temporale [inferius].
Das Putamen („Schalenkern”) liegt etwas lateral und basal des Nucleus caudatus und besitzt die Form einer ovalen Scheibe. Auf Hirnschnitten kann man gut erkennen, dass sich das Putamen im Marklager der Inselrinde befindet und lateral von der Capsula externa sowie medial vom Pallidum flankiert wird.
Ontogenetisch entstammen Nucleus caudatus und Putamen der gleichen Anlage und werden im Verlauf der Entwicklung durch die einsprossenden Faserzüge der Capsula interna von rostral nach kaudal zunehmend voneinander getrennt. Die rostral vorhandenen und vor allem auf frontalen Hirnschnitten klar erkennbaren streifenförmigen Verbindungen zwischen Nucleus caudatus und Putamen waren daher namensgebend (Corpus striatum = Streifenkörper).
Das Striatum lässt sich zudem in ein dorsales und ein ventrales Striatum unterteilen, wobei das dorsale Striatum den weitaus größten Anteil ausmacht. Zum ventralen Striatum zählt man lediglich die anteroventralen basalen Abschnitte des Caput nuclei caudati und des Putamens, welche in diesem Bereich über den sog. Nucleus accumbens miteinander verbunden sind. Der Nucleus accumbens besitzt zwei v. a. auf frontalen Hirnschnitten erkennbare Anteile, eine Pars lateralis, das Kernstück („core”), das dem ventralen Striatum ähnelt, und eine Pars medialis, die Schale („shell”), die eine Übergangsregion zur benachbarten Amygdala darstellt.
181
Q

Pallidum

A

Das auf Hirnschnitten heller erscheinende Pallidum (blasser Kern) befindet sich medial des Putamens und wird von ihm durch eine Lamina medullaris lateralis (oder externa) morphologisch abgegrenzt. Des Weiteren unterscheidet man einen lateralen und einen medialen Anteil (Pars lateralis bzw. medialis), die durch die Lamina medullaris medialis (oder interna) getrennt werden

182
Q

Nucleus subthalamicus

A

Hierbei handelt es sich um ein bikonvexes Kerngebiet des ventralen Diencephalons, medial der Capsula interna und unterhalb des Thalamus gelegen

183
Q

Substantia nigra

A

Die Substantia nigra ist ein Kerngebiet im Mesencephalon und besteht aus 2 Anteilen: Pars reticularis und Pars compacta.

184
Q

Nucleus lentiformis

A

Mit dem Begriff Nucleus lentiformis werden in der Literatur häufig Putamen und Pallidum zusammengefasst, da sie gemeinsam betrachtet der Form einer Linse ähneln („Linsenkern”). Aufgrund ontogenetischer und funktioneller Gesichtspunkte ist die Verwendung dieses Begriffs jedoch nicht sehr sinnvoll, denn das Putamen entstammt dem Telencephalon und gehört funktionell zum Striatum, das Pallidum entstammt hingegen dem Diencephalon und ist funktionell eine eigene Entität.

185
Q

Dorsales Striatum

A

Das Striatum nimmt als Haupteingangsstation in die Basalganglien eine Schlüsselrolle ein. Etwa 75 % seiner Nervenzellen sind inhibitorische, GABAerge Projektionsneurone mittlerer Größe, deren sekundäre Dendriten mit vielen dendritischen Spines besetzt sind – daher der Begriff „medium spiny neurons”, MSN. An diesen Spines enden:
• vor allem glutamaterge Axone exzitatorischer Projektionsneurone der Großhirnrinde. Diese kortikostriatalen Afferenzen (Abb. 12.14a, b, schwarze Fasern/Pfeile) stammen, je nachdem wo sie innerhalb des dorsalen Striatums liegen, aus ipsilateralen frontalen und parietalen und damit vor allem aus motorischen und sensorischen Cortexarealen und können die MSN erregen.
• auch nigrostriatale Afferenzen. Diese dopaminergen Axone von Projektionsneuronen der Substantia nigra, Pars compacta, können die Aktivität der MSN modulieren.
Derzeit postuliert man 2 Gruppen und damit 2 Projektionswege der MSN innerhalb des dorsalen Striatums, den direkten und den indirekten Weg. Beide Wege haben gemeinsam, dass sie in der Hauptausgangsstation der Basalganglien, dem Pallidum-mediale-Komplex, enden. Dieser setzt sich aus dem eigentlichen Pallidum mediale und der Substantia nigra, Pars reticularis, zusammen und enthält große inhibitorische, GABAerge Projektionsneurone, deren Axone zu Neuronen der motorischen Thalamuskerne ziehen und diese hemmen. Unter anderem entsendet der Pallidum-mediale-Komplex auch Efferenzen an den Hirnstamm und kann darüber motorische Zentren des Hirnstamms bzw. Rückenmarks beeinflussen. Morphologisch wie funktionell gibt es wichtige Unterschiede zwischen direktem und indirektem Weg:
• MSN des direkten Wegs projizieren mit ihren Axonen direkt auf die inhibitorisch wirkenden Nervenzellen des Pallidum-mediale-Komplexes und können diese hemmen. Nach kortikostriataler Aktivierung von MSN des direkten Wegs kommt es also zu einer „Hemmung der Hemmung” – und damit zu einer Aktivierung motorischer Thalamuskerne, was eine Erregung bestimmter Cortexbereiche zur Folge hat. Allgemein führt dies zu einer Steigerung der motorischen Aktivität und „erwünschte” Bewegungen werden gefördert.
• MSN des indirekten Wegs projizieren mit ihren hemmenden Axonen zunächst auf inhibitorische, GABAerge Projektionsneurone des Pallidum laterale, die efferent mit dem Nucleus subthalamicus verbunden sind, und dessen Neurone wiederum hemmen können. Letztere jedoch sind exzitatorisch und projizieren glutamaterg in den Pallidum-mediale-Komplex. Nach kortikostriataler Aktivierung von MSN des indirekten Wegs kommt es also zunächst zu einer „Hemmung der Hemmung” – und damit zu einer Aktivierung des Nucleus subthalamicus, was eine Aktivierung des Pallidum-mediale-Komplexes, eine Hemmung motorischer Thalamuskerne und letztlich eine Hemmung bestimmter Cortexbereiche zur Folge hat. Allgemein führt dies zu einer Hemmung der motorischen Aktivität und „unerwünschte” Bewegungen werden unterdrückt.
Nigrostriatale dopaminerge Fasern können in diesem Zusammenhang über entsprechende Dopaminrezeptoren die Aktivität des direkten Wegs steigern und die des indirekten Wegs hemmen.

186
Q

Ventrales Striatum, Nucleus accumbens

A

Eine gewisse Sonderstellung innerhalb der Basalganglien nimmt das ventrale Striatum und dabei vor allem der Nucleus accumbens ein. Dieser Teil des Striatums enthält auch MSN, die im Gegensatz zu denen des dorsalen Striatums bevorzugt von glutamatergen Afferenzen aus präfrontalen Cortexarealen und limbischen Arealen wie Hippocampus und Amygdala sowie von dopaminergen Afferenzen aus der Area tegmentalis ventralis des Mesencephalons erreicht werden. MSN des ventralen Striatums projizieren in das ventrale Pallidumsegment, das mit Thalamuskernen verbunden ist, die ihre Efferenzen wiederum in präfrontale und limbische Cortexareale entsenden.

Aufgrund seiner Einbindung ins limbische System ist das ventrale Striatum insbesondere für die Steuerung von emotions- und motivationsbezogenem motorischem Verhalten verantwortlich. Hierbei kommt der mesolimbischen, dopaminergen Projektion aus der Area tegmentalis ventralis eine besondere Bedeutung zu. Die Aktivität dieser Fasern wird nämlich immer dann gesteigert, wenn externe Stimuli präsentiert werden, die eine Belohnung nach Abschluss einer bestimmten motorischen Reaktion vorhersagen.

187
Q

Amygdala

A

Der als Amygdala bezeichnete „Mandelkernkomplex” befindet sich vor dem Hippocampus im medialen Teil des vorderen Temporallappens und grenzt lateral an das Cornu temporale [inferius] des Seitenventrikels. Zytoarchitektonisch unterscheidet man innerhalb der Amygdala morphologisch wie funktionell unterschiedliche Nuclei und Subnuclei. Dabei imponieren v. a. 3 Kerngruppen: oberflächliche, laterobasale und zentromediale Nuclei:
• Die laterobasalen Nuclei sind die Haupteingangsstation für Afferenzen aus dem limbischen System, dem Thalamus und aus unterschiedlichen sensorischen Cortexarealen (z. B. auditorisch, visuell, gustatorisch, viszeral).
• Die oberflächlichen Nuclei erhalten vorwiegend olfaktorische Afferenzen.
• Die zentromedialen Nuclei erhalten Afferenzen aus Hypothalamus und Hirnstamm.
Alle aufgeführten Nuclei projizieren efferent zurück in dieselben Regionen, aus denen sie ihre Afferenzen erhalten; die laterobasalen Nuclei zusätzlich ins dorsale und ventrale Striatum sowie in den Nucleus basalis MEYNERT. Darüber hinaus gibt es ausgedehnte Verbindungen zwischen oberflächlichen und laterobasalen Nuclei sowie innerhalb der zentromedialen Nuclei. Interessanterweise finden sich in den oberflächlichen und laterobasalen Nuclei vor allem glutamaterge, in den zentromedialen Nuclei vor allem GABAerge Projektionsneurone.
Funktionell ist die Amygdala eine entscheidende Schaltstation, v. a. für emotionale Reaktionen, da sie verschiedenste afferente Impulse integrieren und über ihre efferenten Projektionen der jeweiligen Situation angepasste, angemessene Reaktionen somatomotorischer, endokriner und viszeraler Art auslösen kann.

188
Q

Claustrum

A

Das Claustrum, die „Vormauer”, ist ein schmaler, sagittal gestellter Bereich grauer Substanz, der sich zwischen Capsula externa und Capsula extrema in unmittelbarer Nähe der Inselrinde befindet. Seine eigentliche Funktion konnte bis zum heutigen Tag noch nicht geklärt werden. Gesicherte anatomische Eigenschaften sind jedoch das Vorkommen einer relativ uniformen Neuronenpopulation sowie ausgedehnte reziproke Verbindungen mit verschiedensten Cortexarealen.

189
Q

Nucleus basalis MEYNERT

A

Hierbei handelt es sich um eine unterhalb von Putamen und Pallidum und oberhalb der Amygdala gelegene Gruppe cholinerger Neurone, die Efferenzen zum gesamten zerebralen Cortex entsendet. Diese Projektionen sind sehr wichtig für selektive Aufmerksamkeitsprozesse im Zusammenhang mit visuellen Reizen sowie für die Speicherung von Informationen beim Erlernen von Gedächtnisinhalten.

190
Q

Somatomotorisches System

A
Das somatomotorische (somatoefferente) System dient der Erzeugung und Weiterleitung von Signalen zur Steuerung von Bewegungen bzw. Bewegungsabläufen und Körperhaltungen über die Innervation quergestreifter Skelettmuskulatur. Zu diesem System zählen spezifische Cortexareale zur Planung, Koordination und Ausführung der Bewegung, weiterleitende deszendierende Bahnsysteme in Gehirn und Rückenmark (z. B. Pyramidenbahn) sowie die neuronalen Umschaltstationen im Hirnstamm oder Rückenmark (Motoneurone) mit nachfolgenden Hirnnerven oder Spinalnerven (periphere Nerven). Diese Verschaltungskaskade wird als pyramidales System zusammengefasst.
Man muss jedoch beachten, dass für gerichtete Bewegungen weitere Hirnareale bzw. Kerngebiete essenziell sind. Die Axone aus diesen Regionen enden ebenfalls im Rückenmark und bilden definierte Tractus. Diese regulieren die Signale und Bewegungsentwürfe des pyramidalen Systems, können aber auch Bewegungen selbst initiieren oder verändern. Beispiele sind insbesondere das Kleinhirn (Cerebellum), die Basalganglien, der Nucleus ruber, die Substantia nigra und die Formatio reticularis. Diese Hirngebiete und Bahnsysteme werden als extrapyramidalmotorisches System (EPMS) zusammengefasst. Aufgrund der engen funktionellen Verschränkung von pyramidalem und extrapyramidalem System (beide Systeme sind z. B. für das Gleichgewicht sowie physiologische Körperhaltungs- und Bewegungsvorgänge wichtig), aber auch aufgrund der Innervation von Teilen des EPMS durch die Pyramidenbahn erscheint eine klare Trennung dieser Systeme nicht mehr zeitgemäß.
191
Q

Pyramidales System

A

Ein etwas genauerer Blick auf das pyramidale motorische System zeigt, dass weitere Cortexareale beteiligt sind. Neben dem primär motorischen Cortex, dem prämotorischen Areal und dem parietalen Assoziationscortex, die deszendierende Fasern in die Pyramidenbahn einspeisen, sind dies das frontale Augenfeld (BRODMANN-Area 8), die BROCA-Region (BRODMANN-Areae 44 und 45) sowie der supplementär motorische Cortex (BRODMANN-Area 6, mediale Mantelkante). Außerdem beeinflussen im Rahmen einer „Feedback-Schleife“ sensorische Areale (primäre und sekundäre Rindenfelder) die Ausführung von Bewegungen. Diese ebenfalls ins pyramidale System integrierten Cortexregionen sind u. a. für die Vermittlung der konjugierten Augenbewegungen (Tractus corticomesencephalicus), für die Sprache und die Feinabstimmung von komplexen Bewegungsabläufen wichtig.

192
Q

Pyramidenbahn

A
Die Pyramidenbahn (Tractus pyramidalis) besteht aus dem Tractus corticospinalis (zu den jeweiligen Motoneuronen im Rückenmark) und dem Tractus corticonuclearis (zu den motorischen Hirnnervenkernen). Die Efferenzen entstammen hauptsächlich dem Gyrus precentralis der rechten und linken Hirnhälfte, die dann beidseitig nach medial in Richtung der Basalganglien konvergieren.
Die Bahnsysteme zeigen eine klare somatotope Gliederung, die sich in entsprechender Anordnung bis ins Rückenmark verfolgen lässt. Auf dem Gyrus precentralis befindet sich in lateraler Ansicht die große Repräsentanz von Hand-, Gesichts- und Zungenmuskulatur. Nach kranial am Übergang zur Fissura longitudinalis cerebri schließt sich der Rumpf an, die Beine „hängen“ über die Mantelkante in die Fissura longitudinalis cerebri. Die gewählte Darstellung spiegelt nicht nur die somatotope Repräsentanz wider, sondern auch die Größe des jeweiligen Rindenfeldes für den einzelnen Skelettmuskel bzw. für die jeweiligen Muskelgruppen. Damit werden die Regionen besonders ausgeprägter Innervationsdichte deutlich und es zeigt sich die Bedeutung der Hand- und Gesichtsmuskulatur in der evolutionären Entwicklung des Menschen. Die so dargestellte Repräsentanz auf dem Gyrus precentralis wird als „Homunkulus“ bezeichnet.
Die beiden Pyramidenbahnanteile ziehen dann nach kaudal zwischen die Basalganglien durch die Capsula interna (Tractus corticospinalis: Crus posterior; Tractus corticonuclearis: Genu) und verlaufen im Mittelhirn in den Crura cerebri in Richtung auf den Pons. Auf diesem Verlaufsweg endet der Tractus corticonuclearis dann teilweise ungekreuzt sowie nach Kreuzung in den kontralateralen motorischen Kerngebieten der Hirnnerven (V, VII, IX–XII).
Eine Besonderheit ergibt sich für den Nucleus nervi facialis [VII]. Die mimische Stirnmuskulatur wird beidseitig von Fasern des rechten und linken Tractus corticonuclearis innerviert, die restliche mimische Muskulatur nur durch gekreuzte Fasern. Bei einem einseitigen Ausfall der kortikonukleären Bahnen wird die Stirnmuskulatur daher noch innerviert („zentrale Fazialisparese“).
Ein besonderer Anteil des Tractus cortinuclearis ist der Tractus corticomesencephalicus, dessen Fasern aus der Area 8 (zentrales Augenfeld) des Cortex stammen. Diese Fasern ziehen hauptsächlich gekreuzt zu den Kernen der motorischen Augennerven (Hirnnerven III, IV, VI), die dort nach Stimulation synergistisch agieren (konjugierte Augenbewegung).
Im Pons sind die Fibrae corticospinales weniger dicht gepackt, schließen sich dann aber unterhalb des Pons an der ventralen Seite der Medulla oblongata wiederum zu einem Faserbündel zusammen, das von außen als dreieckige Pyramide sichtbar wird. Etwa in Höhe des Übergangs von der Medulla oblongata zum Rückenmark teilt sich nun der Tractus und bildet nach Kreuzung von etwa 80 % der Fasern auf die kontralaterale Seite den Tractus corticospinalis lateralis. Die ungekreuzten Fasern ziehen als Tractus corticospinalis anterior durch das Rückenmark und kreuzen schließlich auf der Höhe des jeweiligen Rückenmarkssegments. Schließlich werden darüber die jeweiligen α-Motoneurone (meist über Interneurone) im Vorderhorn des Rückenmarks innerviert
193
Q

vorderer Schenkel (Crus anterius) der Capsula intern

A
  • Tractus frontopontinus
  • Radiatio thalami anterior

Blutversorgung
Aa. centrales anteromediales (aus A. cerebri anterior)

194
Q

Knie (Genu) der Capsula interna

A

Tractus

Blutversorgung
Aa. centrales anterolaterales (aus A. cerebri media) = Aa. lenticulostriatae

195
Q

hinterer Schenkel (Crus posterius) der Capsula interna

A
  • Tractus corticospinalis
  • Tractus corticorubralis und Tractus corticoreticularis
  • Radiatio centralis thalami (von rostralen Thalamuskernen zum Motocortex)
  • Radiatio thalami posterior (vom Corpus geniculatum laterale und von weiteren Thalamuskernen zum Parietal- und Okzipitallappen)
  • Tractus parietotemporopontinus und Tractus occipitopontinus
  • Radiatio optica (Sehstrahlung; vom Corpus geniculatum laterale zum Okzipitallappen)
  • Radiatio acustica (Hörstrahlung; vom Corpus geniculatum mediale zum Temporallappen)

Blutversorgung
Rr. capsulae internae (aus A. choroidea anterior)

196
Q

Tractus corticopontini

A

Die Tractus corticopontini können weder dem klassischen pyramidalen noch dem extrapyramidalen System zugeordnet werden, gehören aber aufgrund ihrer Funktion zum motorischen System. Sie entstammen definierten Cortexarealen und enden hauptsächlich im Pons. Es handelt sich dabei um Faserzüge, die aus den Lobi parietalis et temporalis stammen (Tractus parietotemporopontinus) sowie aus dem Lobus occipitalis (Tractus occipitopontinus) und dem Lobus frontalis (Tractus frontopontinus). Auch diese Faserzüge ziehen durch die Capsula interna und enden in den Nuclei pontis des Pons. Nach synaptischer Verschaltung auf die Neurone der Nuclei pontis ziehen deren Axone über den mittleren Kleinhirnstiel in das kontralaterale Cerebellum (Tractus pontocerebellaris). Die quer verlaufenden Fasern im Bereich des Pons werden Fibrae pontis transversae genannt und sind auch makroskopisch an der Ventralseite des Pons zu identifizieren. Über diese Bahnen werden dem Cerebellum Efferenzen zugeleitet, die als Moosfasern insbesondere die Körnerzellen des Kleinhirns erreichen.

197
Q

Extrapyramidales System

A

Das im Vergleich zum Pyramidenbahnsystem phylogenetisch ältere extrapyramidalmotorische System (EPMS) besteht aus deszendierenden Fasersystemen, die ihren Ursprung in unterschiedlichen Kerngebieten des Hirnstamms haben und gekreuzt bzw. ungekreuzt im Vorderseitenstrang des Rückenmarks verlaufen. Dabei handelt es sich um die Formatio reticularis (Tractus reticulospinalis), den Nucleus ruber (Tractus rubrospinalis), das Tectum (Colliculi superiores, Tractus tectospinalis) und die Nuclei vestibulares lateralis et medialis (Tractus vestibulospinalis). Diese Kerngebiete stehen ihrerseits unter direkter oder indirekter Beeinflussung durch kortikale Faserzüge. Sie koordinieren Bewegungsabläufe, steuern meist unwillkürliche Bewegungen und sichern den Muskeltonus und das Gleichgewicht. Dabei empfangen sie ihrerseits Afferenzen aus dem Kleinhirn und dem Cortex und es bestehen enge Verbindungen zu den Basalganglien, hier insbesondere zum Striatum (zusammengefasst als EPMS im weiteren Sinne). Das EPMS ist als Neuronenkette organisiert und integriert entsprechend verschiedene Kerngebiete multisynaptisch.
Die Tractus reticulospinalis, vestibulospinalis et tectospinalis bilden anatomisch funktionell ein mediales System, das insbesondere die medial im Cornu anterius gelegenen Motoneurone für die Rumpf- und Beinmuskulatur innerviert (u. a. Standmotorik). Wie auch die kortikospinalen Bahnen gehört der Rubrospinaltrakt zum lateralen System und innerviert über im Cornu anterius lateral gelegene Motoneurone überwiegend die distale Muskulatur insbesondere der oberen Extremität und unterstützt Bewegungsmuster der Arme und Hände.

198
Q

Tractus corticostriatalis

A

Motorische Cortexareale beeinflussen das EPMS direkt oder indirekt über die Innervation der Basalganglien (Tractus corticostriatalis, Striatum und Pallidum), die dann über das Kleinhirn oder die Substantia nigra die Aktivität der Neurone der Formatio reticularis, des Tectums (Colliculi superiores) oder des Nucleus ruber regulieren. Der Tractus corticospinalis besitzt außerdem Kollateralen, die die Substantia nigra und die jeweiligen extrapyramidalen Kerngebiete im Hirnstamm direkt innervieren.

199
Q

Tractus reticulospinalis, Fibrae reticulospinalis

A

Der Tractus reticulospinalis hat seinen Ausgangspunkt in der Formatio reticularis des Pons bzw. der Medulla oblongata. Daher unterscheidet man den Tractus pontoreticulospinalis (Ursprung im Pons) vom Tractus bulboreticulospinalis (Ursprung in der Formatio reticularis der Medulla oblongata). Ersterer verläuft ungekreuzt im Vorderstrang des Rückenmarks, Letzterer findet sich gekreuzt und ungekreuzt im Seitenstrang. Diese Fasersysteme innervieren direkt oder indirekt α- und γ-Motoneurone im Vorderhorn des Rückenmarks und koordinieren Haltung und Bewegung durch die Integration kortikaler und sensorischer Signale.

200
Q

Tractus tectospinalis

A

Die Fasern des Tractus tectospinalis nehmen ihren Ursprung in den tiefen Schichten des Colliculus superior der Vierhügelplatte (Lamina tecti), ziehen auf die kontralaterale Seite im Vorderstrang des Rückenmarks und innervieren über Interneurone die Motoneurone im Halsbereich. So vermitteln sie eine Exzitation der kontralateralen und eine Hemmung der ipsilateralen Nackenmuskulatur – und kontrollieren die Bewegungsreflexe von Kopf und Nacken (z. B. bei Blickwendungen).

201
Q

Tractus vestibulospinalis

A

Den Tractus vestibulospinalis kann man weiter in einen Tractus vestibulospinalis lateralis und einen Tractus vestibulospinalis medialis unterteilen:
• Der Tractus vestibulospinalis lateralis stammt aus Neuronen des Nucleus vestibularis lateralis. Seine Fasern ziehen ungekreuzt bis in das lumbosakrale Rückenmark. Die hier weitergeleiteten Erregungen sind für die Vermittlung von Lage- und Gleichgewichtsinformationen von besonderer Bedeutung. Über zerebelläre Afferenzen, die den Nucleus vestibularis lateralis erreichen, besteht eine sehr enge Verbindung zum Kleinhirn. Anders als bei der Pyramidenbahn oder dem Tractus rubrospinalis werden α- und γ-Motoneurone so erregt bzw. gehemmt, dass die Extensoren angespannt werden und die Flexoren erschlaffen.
• Der Fasern des Tractus vestibularis medialis entspringen aus dem Nucleus vestibularis medialis und verlaufen ipsi- und kontralateral bis in das thorakale Rückenmark.

202
Q

Tractus rubrospinalis

A

Ausgehend vom Nucleus ruber im Mesencephalon verläuft der Tractus rubrospinalis somatotop gegliedert ins Rückenmark. Er kreuzt auf die Gegenseite (Decussatio tegmentalis ventralis, ventrale Haubenbahn), ist über weiter versprengte Bahnsysteme mit anderen Hirnregionen verbunden (z. B. Cerebellum, Hirnnervenkerne) und verläuft dann im Rückenmark im Funiculus lateralis. Die Bahnen enden ebenfalls direkt oder indirekt an α- und γ-Motoneuronen. Sie haben eine erregende Wirkung auf Flexoren und hemmen Extensoren.

203
Q

motorische Endstrecke

A

Die o. g. deszendierenden motorischen Systeme innervieren hauptsächlich indirekt (über Interneurone), aber auch direkt die α- und γ-Motoneurone in Hirnstamm und Rückenmark. Diese synaptische Anbindung an die Motoneurone und deren Efferenzen werden als motorische Endstrecke zusammengefasst. Die Axone der jeweiligen Motoneurone, die im Cornu anterius des Rückenmarks funktionell in Säulen organisiert sind, innervieren die quergestreifte Skelettmuskulatur. Die Vorderhornzelle, das entsprechende Axon und die davon innervierten Muskelfasern bilden die motorische Einheit.

204
Q

Somatosensibles System

A

Das somatosensible System dient der Aufnahme, Weiterleitung und Verarbeitung von Sinnesempfindungen von der Körperoberfläche (Haut) und aus dem Körperinneren (Tiefensensibilität). Exterozeptoren der Haut nehmen mechanische, thermische und Schmerzreize (Nozizeption) wahr. Daneben gibt es spezielle Rezeptoren und Bahnsysteme für die Propriozeption (lat. „proprius“ = eigen), die Eigenwahrnehmung des Körpers. Hierbei unterscheidet man die exterozeptive Wahrnehmung der Körperoberfläche von der interozeptiven Wahrnehmung aus dem Körperinneren. Je nach Art der Sinnesqualität spricht man vom:
• spinothalamischen System für die Wahrnehmung von Schmerz und Temperatur (früher auch protopathisches System)
• Hinterstrangsystem (früher epikritisches System) für die mechanische Wahrnehmung von Tast-, Druck- und Vibrationsempfinden, aber auch für einen kleinen Teil der Propriozeption
• spinozerebellären System für einen Hauptteil der propriozeptiven Impulsleitung
Diese Sinneswahrnehmungen werden dem Cortex entweder über das spinoafferente System oder aus der Kopfregion über das trigeminoafferente System zugeleitet.

205
Q

Peripherer Abschnitt des somatosensiblen Systems

A

Eine somatosensible Reizung der Haut führt zur Erregung unterschiedlicher kutaner Mechanorezeptoren, bei denen man nach ihrer Morphologie freie und korpuskuläre Nervenendigungen unterscheidet:
• Über freie Nervenendigungen werden über Aδ- oder C-Fasern unterschiedliche Sinnesqualitäten wie Druck, Schmerz, Temperatur oder Juckreiz vermittelt. Das Temperaturempfinden findet über 2 Arten von Thermosensoren statt, die unterschiedlich dicht in der Haut verteilt sind und in der Regel entweder bei kalten (25 °C) oder warmen (34–45 °C) Temperaturen ein Aktivitätsmaximum zeigen. Der Nozizeption dienen andere freie Nervenendigungen, die auf mechanische Reize, aber auch auf polymodale Reize reagieren (mechanisch, chemisch, thermisch). Juckreiz wird wieder über eine eigene Gruppe von „Juckreiz“-Rezeptoren der Haut wahrgenommen.
• Korpuskuläre Nervenendigungen leiten über schnelle Aβ-Fasern Tastempfindungen im engeren Sinn (epikritische Sensibilität). Diese Mechanosensoren befinden sich einerseits in den oberflächlichen Schichten der unbehaarten Haut (MERKEL-Tastscheiben und MEISSNER-Körperchen) oder in tieferen Schichten der Dermis (VATER-PACINI- und RUFFINI-Körperchen) und bilden überwiegend ein Aktionspotenzial aus. Je nach Art des Mechanosensors und der Lage des Hautareals sind diese Sensoren unterschiedlich dicht verteilt, sodass sich unterschiedlich große rezeptive Felder ergeben. Diese haben z. B. an der Fingerbeere eine mittlere Größe von 1–2 mm, am Oberschenkel dagegen von 40 mm.
Zu den Sensoren der Propriozeption zählen auch Muskelspindeln, GOLGI-Sehnenorgane und Afferenzen aus den Gelenken, die Impulse der Tiefensensibilität und des Lagesinns vermitteln.

206
Q

Zentraler Abschnitt des somatosensiblen Systems

A

Vom jeweiligen sinnesspezifischen Rezeptor gelangen die Fasern über ein pseudounipolares 1. Neuron, dessen Perikaryon im Spinalganglion oder im Ganglion trigeminale liegt, nach zentripetal. Die zentrale Weiterleitung erreicht über unterschiedliche Funiculi des Rückenmarks den Thalamus und schließlich den primär somatosensiblen Cortex im Lobus parietalis. Hier werden Sinnesempfindungen bewusst wahrgenommen. Der primären Funktionsrinde werden die BRODMANN-Areae 1, 2 sowie 3a und b zugerechnet. Typischerweise ist der primär somatosensible Cortex somatotop gegliedert, sodass basierend auf der Größe der rezeptiven Felder das Abbild eines umgekehrten sensiblen Homunkulus entsteht. Da vom primär somatosensiblen Cortex wiederum Efferenzen in andere kortikale Regionen ausstrahlen, sollten diese Areale nicht als Endpunkte des somatosensiblen Systems verstanden werden, sondern als eine Schaltstelle in einem neuronalen Schaltkreis, der z. B. über Projektionen in der Pyramidenbahn Einfluss auf die motorische Funktion nimmt. Zusätzlich projiziert ein Teil der Efferenzen in den sekundär somatosensiblen Cortex im Bereich des Operculum parietale bzw. in den somatosensiblen Assoziationscortex (BRODMANN-Areae 5 und 7) für eine interpretative Zuordnung der wahrgenommenen Sinnesempfindungen. Hier konvergieren u. a. auch vestibuläre Impulse, die das Körpergefühl bestimmen.

207
Q

Spinoafferentes System

A

Dem spinoafferenten System werden das Hinterstrangsystem, das spinothalamische (anterolaterale) System und das spinozerebellare System zugerechnet, die die Sinnesempfindungen aus der oberen und unteren Extremität bzw. aus dem Rumpf leiten. Empfindungen aus der Kopfregion werden nicht über Spinalnerven oder das spinoafferente System vermittelt, sondern über Hirnnerven, insbesondere über das trigeminoafferente System

208
Q

Hinterstrangsystem

A
Das Hinterstrangsystem (früher: epikritisches System) befindet sich im Funiculus posterior des Rückenmarks. Zu den hier weitergeleiteten Sinnesqualitäten gehören zunächst einmal Empfindungen wie Druck und Vibrationen aus der Haut und das feine Berührungsempfinden der Haut. Ein Ausfall der Hinterstrangbahnen hat dabei allerdings überraschend wenig Defizite für den Patienten zur Folge, weil wahrscheinlich ein Teil der Mechanosensibilität zusätzlich auch über das anterolaterale System vermittelt wird. Typischerweise haben die Patienten Schwierigkeiten, Zahlen oder Buchstaben, die man auf die Haut zeichnet, taktil zu erkennen.
Auch die Propriozeption aus dem Körperinneren – aus Muskel-, Sehnen- und Gelenkrezeptoren – wird in den Hintersträngen weitergeleitet, um im Sinne einer Tiefenwahrnehmung Informationen zur Körperstellung zu liefern. Die Impulse der Mechanosensoren werden dem Rückenmark über schnell leitende Aβ-Fasern zugeleitet. Über intersegmentale Kollateralen werden im Eigenapparat des Rückenmarks Eigen- und Fremdreflexe verschaltet, der Hauptteil der Fasern verläuft aber ohne Umschaltung im ipsilateralen Hinterstrang. Beide Bahnen kreuzen nicht im Rückenmark, sondern erst nach ihrer ipsilateralen Umschaltung in den Nuclei gracilis et cuneatus der Medulla oblongata als Fibrae arcuatae internae. An dieser Kreuzungsstelle (Decussatio lemnisci medialis) sowie innerhalb des Lemniscus medialis (mediale Schleifenbahn) selbst, in den Thalamuskernen und im primär somatosensiblen Rindenareal (Gyrus postcentralis des Parietallappens) bleibt die Somatotopie stets erhalten. In der Decussatio liegen die Faserbündel der unteren Extremität ventral zu jenen der oberen Extremität. Im Pons rotieren die Fasern des Lemniscus medialis um 90°, sodass die Fasern der unteren Extremität lateral und diejenigen der oberen medial zu liegen kommen. Die Axone des 2. Neurons erreichen als Tractus bulbothalamicus das 3. Neuron der Hinterstrangbahn, den Nucleus ventralis posterolateralis im Thalamus. Die Axone dieses Neurons verlaufen als thalamokortikale Fasern (Fibrae thalamoparietales) durch das Crus posterior der Capsula interna und stellen die Verbindung zum Cortex her. Während der primär somatosensible Cortex nur Impulse der kontralateralen Körperhälfte erhält, nimmt der sekundäre somatosensible Cortex (BRODMANN-Areae 5 und 7) auch bilaterale Impulse auf.
209
Q

Spinothalamisches System

A

Das spinothalamische System (früher: protopathisches System) kann in ein paleospinothalamisches und ein neospinothalamisches System untergliedert werden. Beide Systeme sind für die Schmerzwahrnehmung grundlegend. An dieser Stelle wird zunächst nur das neospinothalamische System betrachtet.
Über schwach myelinisierte Aδ- und C-Fasern werden diesem Bahnsystem grobe Druck- und Tastempfindungen (Mechanosensorik) sowie Schmerzwahrnehmung (Nozizeption) und Temperatur zugeleitet. Das Perikaryon des 1. Neurons dieses Bahnsystems liegt wie beim Hinterstrangsystem im Spinalganglion oder im Ganglion trigeminale. Das zentral gerichtete Axon erreicht auch über die Radix posterior das Rückenmark, wo es im Cornu posterius – insbesondere in den Laminae I und II – direkt oder über Interneurone geleitet auf Strangzellen (2. Neuron) umgeschaltet wird. Bereits an dieser ersten Umschaltstelle kann die Schmerzwahrnehmung verstärkt oder gehemmt werden (Kap. 13.8). Im LISSAUER-Trakt (Tractus posterolateralis) geben diese Axone Kollateralen an die jeweils kranial und kaudal gelegenen Segmente ab. Die Axonfasern des 2. Neurons kreuzen schließlich auf gleicher Segmenthöhe in der Commissura alba anterior zur Gegenseite, um im Funiculus lateralis als Tractus spinothalamicus ohne weitere Umschaltung und nach Anlagerung an den Lemniscus medialis das 3. Neuron im Thalamus (Nucleus ventralis posterolateralis) zu erreichen.
Der Tractus spinothalamicus besteht aus einem lateralen und einem anterioren Trakt. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Lage und Größe, sondern auch in ihrer allgemeinen Funktion:
• Der laterale Trakt beinhaltet vor allem Axone der Projektionsneurone der Lamina I und leitet die Impulse für den als schnell und scharf empfundenen Schmerz und für die Temperaturwahrnehmung weiter.
• Der anteriore Trakt hingegen führt bevorzugt die Axone der Projektionsneurone aus der Lamina V und entsprechend die Impulsleitung des als langsam und dumpf empfundenen Schmerzes sowie der groben Mechanosensorik. Seine Fasern können sowohl gekreuzt als auch ungekreuzt verlaufen. Aufgrund dieser polymodalen Rezeptorimpulse im Tractus spinothalamicus anterior leitet er auch Impulse der gering diskriminierenden Mechanosensorik (die üblicherweise über die Hinterstränge geleitet werden), sodass ein Ausfall der Hinterstränge klinisch gut kompensiert werden kann.
Ein Hauptteil der Fasern des spinothalamischen Systems erreicht nach Umschaltung im Thalamus über die Capsula interna den primär somatosensorischen Cortex. Viele Fasern enden aber auch an subkortikalen Kerngebieten, die eine wesentliche Aufgabe bei der Schmerzverarbeitung übernehmen (Kap. 13.8). Dies trifft insbesondere für Fasern des anterioren Trakts und der kleineren Bahnsysteme, den Tractus spinoreticularis et spinotectalis, zu, die an der Formatio reticularis oder dem Tectum mesencephali des Hirnstamms enden. Meist handelt es sich hierbei um Axone aus den Projektionsneuronen der Laminae VII und VIII, die ungekreuzt verlaufen und an medialen und intralaminären Thalamuskernen enden.

210
Q

Spinozerebelläres System

A

Die Propriozeption (Tiefensensibilität) umfasst den Stellungs-, Bewegungs- und Kraftsinn des Körpers. Während die bewusst wahrgenommene Propriozeption über die Hinterstrangbahnen geleitet wird, verläuft die für Bewegungsabläufe unverzichtbare unbewusste Propriozeption über spinozerebelläre Systeme, die entscheidende afferente Faserbahnen zum Kleinhirn darstellen. Die Impulse der Propriozeptoren der unteren Extremität werden über die vordere und hintere Kleinhirnstrangbahn (Tractus spinocerebellares anterior [GOWER] et posterior [FLECHSIG]) geleitet, während die der oberen Extremität das Spinocerebellum über die Fibrae cuneocerebellares und die obere Kleinhirnstrangbahn (Tractus spinocerebellaris superior) erreichen.
Auch in diesem aufsteigenden Bahnsystem befinden sich die pseudounipolaren Perikarya des 1. Neurons in den Spinalganglien. Ihre zentral gerichteten Axone gelangen über die Radix posterior ins Hinterhorn und Axonkollateralen erreichen im Hinterstrang angrenzende Rückenmarkssegmente. Die Hauptmasse der Fasern bildet jedoch in der Lamina VII (nach REXED) Synapsen mit Strangzellen, die in ihrer säulenförmigen Gesamtheit den Nucleus dorsalis STILLING-CLARKE (syn.: Nucleus thoracicus posterior) bilden, eine Kernsäule, die sich zwischen den Segmenten T1 und L2 erstreckt. Die Axone dieses 2. Neurons bündeln sich zum Tractus spinocerebellaris posterior (FLECHSIG), der ipsilateral im Seitenstrang über den Pedunculus cerebellaris inferior in die gleichseitige Kleinhirnhemisphäre gelangt.
Ein anderer Teil der Fasern wird in den Laminae V–VII umgeschaltet, kreuzt aber bereits auf Segmentebene über die Commissura alba zur Gegenseite, um im kontralateralen Seitenstrang als Tractus spinocerebellaris anterior (GOWER) nach kranial zu ziehen. Diese Fasern kreuzen vor dem Eintritt über den oberen Kleinhirnstiel ins Kleinhirn allerdings ein zweites Mal („double crosser“), sodass sie letztlich auch in der ipsilateralen Kleinhirnhemisphäre als Moosfasern enden.
Beide Tractus sind somatotop gegliedert, unterscheiden sich aber in der Qualität der zugeleiteten Rezeptorimpulse und ihrer Funktion: Über den posterioren Strang erhält das Kleinhirn Impulse zur Steuerung des Zusammenspiels individueller Muskelgruppen einer Extremität, während der anteriore Trakt (mit größeren rezeptiven Feldern und daher eher gröberen Informationen) eher Einfluss auf die Motorik einer kompletten Extremität nimmt.
Analog zum Tractus spinocerebellaris anterior für die untere Extremität kann für die obere Extremität ein Tractus spinocerebellaris superior beschrieben werden, dessen 2. Neurone in den unteren 4 Halssegmenten liegen und dessen Axone über beide Kleinhirnstiele ins Kleinhirn gelangen. Das Äquivalent zum posterioren Kleinhirnseitenstrang für die obere Extremität sind die Fibrae cuneocerebellares. Ihre Afferenzen verlaufen ebenfalls ipsilateral im Hinterstrang und erreichen in der Medulla oblongata den Nucleus cuneatus accessorius (MONAKOW), wo sie nach Umschaltung auf das 2. Neuron als Fibrae arcuatae externae posteriores über den oberen Kleinhirnstiel ipsilaterale vermale und paravermale Kleinhirnregionen erreichen.
Neben diesen direkten spinalen Projektionsfasern in das Kleinhirn gibt es auch noch indirekte propriozeptive Bahnsysteme, die z. B. über den unteren Olivenkomplex ins Kleinhirn gelangen

211
Q

Trigeminoafferentes System

A

Die sensiblen Informationen aus der Kopfregion werden nicht über das Rückenmark, sondern über afferente Fasern von 4 Hirnnerven geleitet. Die exterozeptive Somatosensibilität der Haut wird hauptsächlich über den N. trigeminus [V] geleitet, während der N. facialis [VII], der N. glossopharyngeus [IX] und der N. vagus [X] bevorzugt die Viszerosensibilität vermitteln.

Tastempfinden
Die Perikarya des 1. Neurons liegen entsprechend nicht im Spinalganglion, sondern im Ganglion trigeminale (GASSERI). Das zentripetal gerichtete Axon erreicht den pontinen Kern des N. trigeminus, den Nucleus principalis nervi trigemini. Die Axone des 2. Neurons verlaufen dann entweder gekreuzt im Tractus trigeminothalamicus anterior oder ungekreuzt im Tractus trigeminothalamicus posterior zum Thalamus. Beide zusammen bilden den Lemniscus trigeminalis, der sich dem Lemniscus medialis anlagert und schließlich den Nucleus ventralis posteromedialis erreicht. Dort wird auf das 3. Neuron umgeschaltet, dessen Fasern über die Capsula interna ebenfalls den Gyrus postcentralis erreichen.

Tiefensensibilität
Eine Ausnahme bildet die Leitung propriozeptiver Afferenzen aus der Kaumuskulatur: Die Perikarya dieser pseudounipolaren Neurone liegen typischerweise nicht im Ganglion trigeminale. Vielmehr erreichen die Fasern über die Radix motoria direkt den Nucleus mesencephalicus nervi trigemini im ZNS, sodass auch vom einzigen zentral gelegenen Ganglion des Körpers gesprochen wird. Durch Efferenzen, die vom Nucleus mesencephalicus zum Nucleus motorius nervi trigemini ziehen, wird die Kaumuskulatur reflektorisch gesteuert, wie dies z. B. für eine angemessene Kraftentwicklung beim Zubeißen erforderlich ist.

Schmerz- und Temperaturempfinden
Die afferenten Fasern erreichen ebenfalls das Ganglion trigeminale (1. Neuron), um dann allerdings die Pars caudalis des Nucleus spinalis nervi trigemini (2. Neuron), der im Prinzip der Hinterhornstruktur des Rückenmarks entspricht, zu erreichen. Dieses Kerngebiet reicht als lang gestreckte Kernsäule vom oberen Zervikalmark bis in die kaudalen Abschnitte des Pons und ist somatotop gegliedert. Nach Umschaltung verlaufen die Fasern gekreuzt – unter Anlagerung an den Tractus spinothalamicus – und erreichen analog zur epikritischen Sensibilität das 3. Neuron im Nucleus ventralis posteromedialis des Thalamus, um schließlich im Gyrus postcentralis zu enden.

Es werden auch trigeminozerebelläre Fasern beschrieben, die allen 3 somatoafferenten Trigeminuskernen entstammen und als Moosfasern über den oberen und den unteren Kleinhirnstiel das ipsilaterale Spinocerebellum erreichen.

212
Q

Somatosensibler Cortex

A

In der Peripherie werden verschiedene Sinnesmodalitäten von unterschiedlichen Rezeptoren wahrgenommen und im ZNS zunächst über getrennte Bahnsysteme weitergeleitet. Der Cortex übernimmt funktionell die Integration dieser Sinnesempfindungen, um eine zusammenhängende Wahrnehmung zu entwickeln. Der primär somatosensible Cortex umfasst die BRODMANN-Areae 1, 2 und 3a und b im Gyrus postcentralis des Parietallappens. Auch hier ist noch eine Trennung der modalitätsspezifischen Projektionen aus dem ventrobasalen Thalamus nachvollziehbar, indem Mechanoafferenzen des Tastempfindens primär in die Lamina IV der BRODMANN-Areae 1 und 3b projizieren, propriozeptive Afferenzen dagegen eher in die BRODMANN-Areae 2 und 3a sowie Temperatur- und Schmerzempfindungen auch in die BRODMANN-Area 3. Insbesondere in der BRODMANN-Area 2 konvergieren verschiedene Sinnesmodalitäten auf eine Nervenzellsäule. Der Größe der peripheren rezeptiven Felder entsprechend ergibt sich im primär somatosensiblen Cortex das Abbild eines sensiblen Homunkulus, wobei die kortikalen rezeptiven Felder aufgrund von Divergenz- und Konvergenzverschaltungen größer sind als die des peripheren Rezeptors. Außerdem können sich die kortikalen rezeptiven Felder durch Lernvorgänge und häufig wiederholte Bewegungsabläufe vergrößern oder umorganisieren. Im Extremfall kann dabei die Propriozeption beeinträchtigt werden und eine Fehlsteuerung der Motorik in der betroffenen Körperregion auftreten. Beispielsweise kommt bei 14–16 % der Profimusiker eine fokale Dystonie (Bewegungsstörung) der Finger vor, bei der unwillkürliche, anhaltende Kontraktionen zu einer Fehlstellung führen.
Über bisher noch nicht eindeutig nachzuweisende Mechanismen findet im primär somatosensiblen Cortex neben der primären Wahrnehmung der Sinnesempfindungen auch schon eine subjektive Sinneswahrnehmung statt. Die hauptsächliche Interpretation der somatosensiblen Informationen folgt jedoch erst im sekundären somatosensiblen Cortex, einem kleinen Areal am Sulcus lateralis (Fissura SYLVII), dem Operculum parietale. Hier laufen – verbunden über das Corpus callosum – auch Reizimpulse aus beiden Körperhälften zusammen. Eine Läsion dieser Region kann dazu führen, dass getastete Gegenstände nicht mehr erkannt werden (taktile Agnosie).
Efferente Projektionen verlaufen vom sekundär somatosensiblen Cortex einerseits in die somatosensiblen Assoziationsfelder (postparietaler Cortex, BRODMANN-Areae 5 und 7), andererseits auch zur Inselregion und zum limbischen System. In den Assoziationsfeldern werden visuelle Reize mit den somatosensiblen Reizen verknüpft oder nehmen über efferente Fasern zur Präzentralregion Einfluss auf die motorische Steuerung.
Die Intaktheit von Tastsinn und Propriozeption ist während der frühkindlichen Entwicklung grundlegend für eine korrekte Entwicklung motorischer Fertigkeiten wie Gehen oder Greifen. Darüber hinaus hat sich aber auch gezeigt, dass taktile Reize maßgeblich für eine gesunde Entwicklung kommunikativer und sozialer Kompetenzen sind.

213
Q

Retina

A

Auf der Retina (Tunica interna bulbi) wird der mit den unbewegten Augen wahrnehmbare Teil der Umwelt, das Gesichtsfeld, abgebildet. Der größte Teil des Gesichtsfelds ist für beide Augen deckungsgleich, nur ein kleiner, äußerer Teil des Gesichtsfelds ist jeweils nur mit einem Auge wahrnehmbar. Die Abbildung des Gesichtsfelds auf der Retina ist spiegelverkehrt und auf dem Kopf stehend.
Die Retina enthält die ersten 3 bzw. 4 Neurone der Sehbahn:
• 1. Neuron: Fotorezeptorzelle (Zapfen oder Stäbchen)
• 2. Neuron: Bipolarzelle (folgt sowohl auf Zapfen als auch auf Stäbchen)
• 3. Neuron der Zapfenbipolaren: Ganglienzelle
• 3./4. Neuron der Stäbchenbipolaren: amakrine Zelle/Ganglienzelle

Bei den Ganglienzellen unterscheidet man entsprechend ihrer Größe magnozelluläre und parvozelluläre Neurone, die das M- bzw. das P-System bilden. Das M-System ist für die Erkennung von Bewegungen, das P-System für die Erkennung von Farben und Formen verantwortlich.

214
Q

Verlauf der Sehbahn

A

N. opticus
Das 3. und das 4. Neuron der Sehbahn haben einen relativ langen Fortsatz, der zunächst im N. opticus [II] verläuft. Dieser Hirnnerv bildet sich aus dem Zusammenschluss aller Axone der retinalen Ganglienzellen, verläuft durch die Orbita und vereinigt sich nach Eintritt in die mittlere Schädelgrube mit dem N. opticus der Gegenseite zum Chiasma opticum.

Chiasma opticum
Im Chiasma opticum kreuzt etwa die Hälfte aller im N. opticus verlaufenden Fasern auf die Gegenseite. Dabei handelt es sich um die Fasern aus den nasalen Retinahälften (die die temporalen Gesichtsfelder abbilden) – die Fasern aus den temporalen Retinahälften kreuzen hingegen nicht. Klinisch wichtig sind die engen topografischen Beziehungen des Chiasma opticum zur Hypophyse, die unterhalb des Chiasmas liegt, sowie zur A. carotis interna, die sich jeweils lateral vom Chiasma befindet.

Tractus opticus
Im Tractus opticus, der anterolateral an den Crura cerebri des Mesencephalons vorbeizieht, verlaufen die vom ipsilateralen Auge stammenden Fasern der temporalen Retinahälfte sowie die vom kontralateralen Auge stammenden Fasern der nasalen Retinahälfte. Damit enthält jeder Tractus opticus die Fasern korrespondierender Retinahälften – der rechte die Fasern der rechten Retinahälften beider Augen und damit die Information aus dem linken Gesichtsfeld; der linke die Fasern der linken Retinahälften beider Augen und damit die Information aus dem rechten Gesichtsfeld. Der größte Teil der Fasern endet jeweils als Radix lateralis im CGL des Thalamus; kleine Teile, extragenikuläre Projektionen, zweigen jedoch bereits vorher ab. Hierzu gehört z. B. die retinohypothalamische Projektion, die zum Nucleus suprachiasmaticus des Hypothalamus zieht und damit zur Regulation des Tag-Nacht-Rhythmus beiträgt; oder die Radix medialis, die über das Brachium colliculi superioris zum Colliculus superior und zur Area pretectalis des Mesencephalons zieht und damit in visuelle Reflexe und in die Okulomotorik eingebunden ist.

Corpus geniculatum laterale
Im CGL endet der Fortsatz des 3./4. Neurons und es findet die Umschaltung auf das 4./5. Neuron der Sehbahn statt. Hierbei handelt es sich um ein genikulokortikales Projektionsneuron. Das CGL ist 6-schichtig aufgebaut, wobei die Neurone der ersten beiden Schichten besonders groß sind und zum M-System gehören. Die Neurone der Schichten 3–6 sind eher klein und gehören funktionell zum P-System. Das CGL erhält aufgrund des Faserverlaufs der retinalen Axone im Tractus opticus die visuelle Information aus dem jeweils kontralateralen Gesichtsfeld.
Radiatio optica
Das Axon des 4./5. Neurons der Sehbahn verläuft in der Radiatio optica oder GRATIOLET-Sehstrahlung, die zunächst im Temporallappen und im weiteren Verlauf durch den hinteren Teil des Crus posterius (Pars retrolenticularis) der Capsula interna bis in den Okzipitallappen zieht.

215
Q

Visueller Cortex

A

Die genikulokortikalen Fasern enden schließlich im primären visuellen Cortex (BRODMANN-Area 17). Dieser befindet sich am Okzipitalpol beidseits des Sulcus calcarinus. Der visuelle Cortex einer jeden Seite erhält ähnlich wie das CGL die visuelle Information des jeweils kontralateralen Gesichtsfelds. Dabei ist der obere Teil des Gesichtsfelds kortikal unterhalb des Sulcus calcarinus, der untere Teil des Gesichtsfelds oberhalb des Sulcus calcarinus repräsentiert. Schalenartig wird die BRODMANN-Area 17 von den Areae 18 und 19 umgeben, die zum sekundären visuellen Cortex gezählt werden und die Sehimpulse weiterverarbeiten.

216
Q

Pupillenreflex

A

Der Pupillen- oder Lichtreflex führt zu einer Verengung der Pupille (Miosis) in beiden Augen bei Lichteinfall in ein Auge:
• Der afferente Reflexschenkel besteht aus Axonen retinaler Ganglienzellen, die vor Erreichen des CGL vom Tractus opticus abzweigen und über dessen Radix medialis in die Area pretectalis des Mesencephalons gelangen. Dort werden sie auf prätektale Neurone umgeschaltet, die sowohl zum ipsilateralen als auch – über die Commissura posterior – zum kontralateralen, allgemein viszeroefferenten Nucleus accessorius nervi oculomotorii ziehen (daher die Verengung der Pupillen beider Augen bei Lichteinfall in nur ein Auge: konsensuelle Lichtreaktion).
• Die dortigen präganglionären Neurone entsenden über den efferenten, parasympathischen Reflexschenkel ihre Axone, die im jeweiligen N. oculomotorius [III] verlaufen, zum Ganglion ciliare innerhalb der Orbita, wo die letzte Umschaltung erfolgt. Die postganglionären Fasern verlaufen schließlich in den Nn. ciliares breves zum M. sphincter pupillae.
Bei Dunkelheit kommt es zu einer Pupillenerweiterung (Mydriasis). Dies ist im Gegensatz zur Miosis sympathisch vermittelt:
• Auch hierbei besteht der afferente Reflexschenkel aus retino-prätektalen Axonen. Von der Area pretectalis aus verläuft jedoch eine Weiterverschaltung der entsprechenden Neurone über die Substantia grisea centralis bis ins Centrum ciliospinale im Nucleus intermediolateralis der Zona intermedia im Seitenhorn des Rückenmarks auf Höhe C8–T3.
• Hier beginnt der efferente, sympathische Reflexschenkel. Präganglionäre Fasern gelangen vom Centrum ciliospinale über Rr. communicantes zum Ganglion cervicale superius. Nach der Umschaltung verlaufen die postganglionären Fasern dann entlang den arteriellen Leitungsbahnen und schließlich über den Plexus caroticus internus bis nach intrakraniell. Der größte Teil der Fasern zieht zunächst gemeinsam mit dem N. ophthalmicus durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita, verläuft dann ohne Umschaltung durchs Ganglion ciliare hindurch und erreicht schließlich über die Nn. ciliares breves den M. dilatator pupillae.

217
Q

Akkommodationsreflex und Konvergenzreaktion

A

Um die Augen auf einen nahen Gegenstand einzustellen, müssen durch Akkommodation die Brechkraft der Linsen erhöht, durch die Konvergenzreaktion die Blicklinien zur Mitte hin gerichtet und durch eine Verengung der Blenden mittels Miosis die Tiefenschärfe erhöht werden:
• Der afferente Reflexschenkel jeder Seite entspricht der gesamten Sehbahn bis hin zum visuellen Cortex und enthält daher die Information beider Augen.
• Neurone des visuellen Cortex projizieren im efferenten Reflexschenkel über das Brachium colliculi superioris in die Area pretectalis und werden wie beim Lichtreflex verschaltet (gekreuzt und ungekreuzt). Eine Erhöhung der Linsenbrechkraft wird dabei über eine Kontraktion des von allgemein viszeroefferenten Fasern des N. oculomotorius [III] innervierten M. ciliaris erreicht, eine Miosis über die Kontraktion des von denselben Fasern innervierten M. sphincter pupillae.
Auch die Konvergenzreaktion wird über den N. oculomotorius [III] vermittelt, jedoch über dessen allgemein somatoefferente Fasern zu den Augenmuskeln. Dazu müssen von der Area pretectalis aus Neuronen des Nucleus nervi oculomotorii erregt werden, deren Axone über den N. oculomotorius den M. rectus medialis erreichen, um den jeweiligen Bulbus oculi zur Mitte hin zu bewegen. Gleichzeitig wird von der Area pretectalis aus über den Fasciculus longitudinalis medialis und dessen Verbindungen zum Nucleus nervi abducentis eine Erschlaffung des M. rectus lateralis erreicht.

218
Q

Steuerung der Okulomotorik

A

Für die korrekte Ausführung rascher Blickbewegungen (Sakkaden) und langsamer Augenfolgebewegungen sowie bei der Fixierung von Objekten, während Kopf und Körper bewegt werden, ist die koordinierte Abstimmung der einzelnen Augenmuskelkerne im Hirnstamm essenziell. Entsprechende Impulse aus verschiedenen nervösen und muskulären Strukturen wie der Retina, den Propriozeptoren der äußeren Augenmuskeln, dem Vestibularapparat, dem zerebralen Cortex und dem Cerebellum gelangen zunächst zu supranukleären Zentren, in denen eine Vorintegration dieser Impulse stattfindet. Diese Zentren entsenden im Anschluss gezielt Signale an die entsprechenden Augenmuskelkerne. Zu den supranukleären Zentren zählt man:
• Colliculi superiores: Hierbei handelt es sich um ein optisches Reflexzentrum im Mesencephalon, das dem Auge dabei hilft, bewegte Objekte zu entdecken und zu verfolgen. Es besitzt ein oberflächliches sensorisches Areal, das von Fasern aus Retina, visuellem Cortex und frontalem Augenfeld erreicht wird. Darüber hinaus besitzt es ein tiefes Areal, das verschiedenste afferente Impulse aus zahlreichen Hirnregionen (somatoafferent, auditiv, motorisch) erhält und daher als multimodales Integrationszentrum dient. Neurone des oberflächlichen Areals projizieren efferent zum Corpus geniculatum laterale und über den Pulvinar thalami zum sekundären visuellen Cortex. Neurone des tiefen Areals projizieren efferent zum Hirnstamm und ins Rückenmark.
• Area pretectalis: Funktionell ist die Area pretectalis wichtig für den Pupillenreflex, den Akkommodationsreflex und für Konvergenzbewegungen. Diese Region des Mesencephalons liegt rostral der Colliculi superiores und erhält Afferenzen aus Retina, CGL und Colliculi superiores. Efferente Projektionen verlaufen entweder reziprok zu den Afferenzen oder erreichen andere supranukleäre Zentren sowie Augenmuskelkerne wie z. B. den Nucleus accessorius nervi oculomotorii.
• Nucleus interstitialis CAJAL: Dieses mesencephale Kerngebiet liegt lateral des rostralen Pols des Nucleus nervi oculomotorii und ist v. a. an der Auslösung vertikaler Blick- und Kopfbewegungen beteiligt. Afferent ist er mit der Area pretectalis, jedoch auch mit anderen supranukleären Zentren verbunden. Seine Efferenzen gelangen über die Commissura posterior hauptsächlich in den kontralateralen Nucleus nervi oculomotorii sowie in den Nucleus nervi trochlearis.
• Nucleus interstitialis rostralis des Fasciculus longitudinalis medialis (RiMLF): Auch dieser Kern liegt im Mesencephalon und koordiniert vertikale Blickbewegungen v. a. nach unten. Er befindet sich rostral des Nucleus interstitialis CAJAL und dorsomedial des Nucleus ruber. Afferenzen erhält er von der PPRF (s. u.) und von den Colliculi superiores. Efferente Projektionen werden zu den ipsilateralen Nuclei oculomotorius et trochlearis entsendet.
• Paramediane pontine Formatio reticularis (PPRF): Dieser Teil der Formatio reticularis gehört zu den Zellgruppen der medialen Zone im Pons, erhält kortikale Afferenzen von kontralateral und projiziert efferent auf den ipsilateralen Abduzenskern. Funktionell ist die PPRF daher für horizontale Augenbewegungen von Bedeutung.
• Vestibulariskernkomplex und Fasciculus longitudinalis medialis (FLM): Durch die Verbindung dieser Strukturen wird der vestibulookuläre Reflex ermöglicht. Entscheidend dafür sind efferente Projektionen der Vestibulariskerne zu den Augenmuskelkernen über den FLM.
• Nucleus prepositus hypoglossi: Dieser Kern liegt in der Medulla oblongata rostral des Nucleus nervi hypoglossi und ist für die Planung und Durchführung von Augenbewegungen von großer Bedeutung. Darüber hinaus wird angenommen, dass er Bewegungssignale intergriert, um die Augenposition zu halten. Afferenzen erhält der Nucleus prepositus von den frontalen Blickzentren beider Seiten, aus dem ipsilateralen Nucleus interstitialis CAJAL, dem RiMLF und der Area pretectalis. Efferente Projektionen ziehen zu allen Augenmuskelkernen, ipsi- wie kontralateral.
Auch die „Augenmuskelkerne“ im Hirnstamm müssen dicht untereinander vernetzt sein, sodass die Bewegungen der einzelnen Augenmuskeln aufeinander abgestimmt werden können. Hierzu dienen die internukleären Neurone, die innerhalb bestimmter „Augenmuskelkerne“ gehäuft zu finden sind, z. B. im Nucleus nervi oculomotorii und Nucleus nervi abducentis. Diese beiden Kerne sind über eine reziproke Faserverbindung, die im Fasciculus longitudinalis medialis (FLM) verläuft, miteinander verbunden. Diese internukleäre Bahn dient der Koordination von M. rectus lateralis (innerviert vom N. abducens) und M. rectus medialis (innerviert vom N. oculomotorius) bei konjugierten horizontalen Augenbewegungen (Kontraktion des ipsilateralen M. rectus lateralis und des kontralateralen M. rectus medialis beim Blick nach ipsilateral). Bei Ausführung der Konvergenzreaktion wird diese Verbindung im FLM jedoch gehemmt, damit beide Bulbi durch eine gleichzeitige Kontraktion beider Mm. recti mediales nach innen geführt werden können.

219
Q

Peripherer Abschnitt des auditiven Systems

A

Im CORTI-Organ befinden sich die kochleären Sinneszellen, die in einer Reihe innerer Haarzellen und in 3 Reihen äußerer Haarzellen angeordnet sind. Diese Haarzellen sind spezialisierte Epithelzellen und keine Nervenzellen, man spricht daher auch von sekundären Sinneszellen. Die Haarzellen tragen auf der apikalen Zellmembran ca. 50–120 nach Größe angeordnete Stereozilien, die durch Proteinfäden („tip links“) miteinander verbunden sind und daher immer gemeinsam reagieren. Adäquater Reiz für eine Depolarisation und Transmitterausschüttung der Sinneszellen ist das Abknicken der Stereozilien in Richtung auf die längste Stereozilie durch Kontakt mit der über dem CORTI-Organ liegenden Tektorialmembran. 10–20 der inneren Haarzellen leiten ihre Impulse dann gemeinsam an eine bipolare Ganglienzelle im Ganglion spirale weiter, das im Modiolus der knöchernen Schnecke liegt und an dessen Basis sich der N. cochlearis bzw. die Pars cochlearis des N. vestibulocochlearis [VIII] bildet.
Die äußeren Haarzellen werden afferent zum einen über pseudounipolare Typ-II-Ganglienzellen innerviert. Diese machen insgesamt allerdings nur 5 % aller Ganglienzellen des Ganglion spirale aus und ihre zentral gerichteten Axone treten zum Großteil nicht in den N. cochlearis ein, sondern übernehmen intrinsische kochleäre Koordinationsfunktionen.
Es ist wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass die Pars cochlearis entgegen dem allgemeinen Grundverständnis eines reizaufnehmenden Organs nicht nur afferente Fasern enthält, sondern auch efferente Fasern, die mit den afferenten Fasern der inneren Haarzellen und mit den Zellbasen der äußeren Haarzellen Synapsen bilden. Diese Efferenzen entstammen dem oberen Olivenkomplex und werden als olivokochleäres Bündel bezeichnet. Nach Verlassen des Hirnstamms verlaufen diese Fasern zunächst im N. vestibularis, um dann im inneren Gehörgang auf den N. cochlearis zu wechseln (OORT-Anastomose). Dabei kommen die an den inneren Haarzellen endenden Fasern aus dem ipsilateralen Anteil des lateralen oberen Olivenkomplexes, die der äußeren Haarzellen haben ihren Ursprung eher im kontralateral gelegenen medialen oberen Olivenkomplex.
Jeder Ton erzeugt einen Schalldruck, der erst die Perilymphflüssigkeit in eine Wellenbewegung und schließlich auch das Sinneszellen tragende Corti-Organ auf der Basilarmembran in Schwingungen versetzt. Typischerweise ist die Basilarmembran an der Schneckenbasis schmaler (0,1 mm), fester und elastischer als an der Schneckenspitze (0,5 mm), sodass in Abhängigkeit von der Schallfrequenz unterschiedliche Abschnitte der Basilarmembran in Schwingung geraten: basisnahe Abschnitte bei hohen Frequenzen (16.000 Hz) und eher spitzennahe Abschnitte bei tiefen Frequenzen (20 Hz). Daraus ergibt sich eine tonotope Impulsauslösung, die über die Ganglienzellen auch als tonotope Reizweiterleitung in der gesamten Hörbahn sowie in der primären Hörrinde repräsentiert ist. Bei geringer Lautstärke reichen die Schwingungen der Basilarmembran jedoch nicht aus, um eine Depolarisation zu erzeugen, sodass sie erst durch einen kochleären Mechanismus der äußeren Haarzellen mikromechanisch verstärkt werden müssen, um die inneren Haarzellen zu erregen.

220
Q

Zentraler Abschnitt des auditiven Systems

A

Die Perikarya des ersten Neurons der zentralen Hörbahn liegen im Ganglion spirale im Modiolus der Cochlea. Das zentral gerichtete Axon verläuft im N. vestibulocochlearis durch den inneren Gehörgang und erreicht im Kleinhirnbrückenwinkel zusammen mit dem N. facialis [VII] den Hirnstamm. Hier liegen im Recessus lateralis des IV. Ventrikels die speziell somatoafferenten Cochleariskerne, die in eine vordere und in eine hintere Gruppe untergliedert werden und das 2. Neuron der Hörbahn bilden. Jeder Cochleariskern zeigt eine Tonotopie mit einer aufsteigenden Frequenzanordnung von tief nach hoch in anterior-posteriorer Ausrichtung.
Der Nucleus cochlearis anterior gibt die von ihm empfangenen Impulse nahezu unverändert an den ipsi- und den kontralateralen oberen Olivenkomplex weiter. Die kreuzenden Fasern bilden dabei ein starkes Faserbündel, den Trapezkörper (Corpus trapezoideum), in dem in einzelnen Kernen, den Nuclei corporis trapezoidei, eine weitere Umschaltung erfolgen kann. Die Axone des Nucleus cochlearis posterior kreuzen hingegen komplett zur Gegenseite und erreichen ohne Umschaltung direkt (direkte Hörbahn) über den Lemniscus lateralis die Colliculi inferiores im Tectum mesencephali. Bereits auf Höhe des Hirnstamms bzw. im oberen Olivenkomplex konvergieren Informationen aus beiden Innenohren, was die anatomische Grundlage für das Richtungshören bildet. Der obere Olivenkomplex ist die entscheidende Schaltstelle der indirekten Hörbahn und setzt sich aus den Nuclei olivares superiores und den Nuclei periolivares zusammen. Der Kernkomplex liegt anterior zum Nucleus nervi abducentis [VI] im inneren Fazialisknie und besteht aus einem lateralen und einem medialen Anteil: Der laterale Anteil entsendet folgende Efferenzen:
• zu den Colliculi inferiores
• für akustische Reflexe auch zu den Mittelohrmuskeln, zum M. stapedius und zum M. tensor tympani
• das oben beschriebene olivokochleäre Bündel zurück zu den Haarzellen der Cochlea
Das Richtungshören basiert u. a. auf der Bestimmung der binauralen Laufzeitdifferenz im medialen bzw. der binauralen Pegeldifferenz im lateralen Komplexanteil. Die gekreuzten Fasern steigen im Lemniscus lateralis, der über die Decussatio lemniscorum lateralium (PROBST) einen weiteren Faseraustausch zwischen den Körperhälften ermöglicht, im Hirnstamm auf und erreichen den Nucleus centralis, das 3. Neuron (direkte Hörbahn) bzw. das 4./5. Neuron (indirekte Hörbahn) des unteren Hügels.
Die Colliculi inferiores sind von lateral nach medial entsprechend der aufsteigenden Frequenzanordnung tonotop gegliedert. Über die Commissura colliculi inferiores sind sie verbunden, sodass die binaural wahrgenommenen Impulsreize ausgetauscht werden können. Die unteren Hügel werden auch als auditives Reflexzentrum bezeichnet, in denen Körperreaktionen verschaltet werden, die durch Geräusche ausgelöst werden, z. B. das Zusammenzucken bei einem Knall. Über das Brachium colliculi inferiores verlaufen die Efferenzen dieses 3. Neurons weiter zum Corpus geniculatum mediale (CGM) des Metathalamus im Zwischenhirn.
Das 4. (5./6.) Neuron befindet sich im Nucleus dorsalis des CGM und zeigt wieder eine Tonotopie mit aufsteigenden Frequenzen von lateral nach medial analog zum Colliculus inferior. Die Axone dieser Kerngruppe erreichen schließlich über die Hörstrahlung (Radiatio acustica) im posterioren Abschnitt der Capsula interna die primäre Hörrinde, die Gyri temporales transversi (HESCHL). Dieses Rindenareal (BRODMANN-Area 41) beinhaltet in den Cortexschichten III und IV das 5. (6./7.) Neuron der Hörbahn und nimmt die vorangegangene tonotope Gliederung von lateral nach medial wieder auf. Hier findet die Bewusstwerdung von Tönen, Klängen und einfachen akustischen Mustern statt. Wörter, Sprache oder Melodien werden erst in der angrenzenden sekundären Hörrinde verarbeitet. Zur sekundären Hörrinde zählen die BRODMANN-Areae 42 und 22 und das sensorische Sprachzentrum (WERNICKE). Dieses liegt in der dominanten Hemisphäre, während die analoge Region in der nichtdominanten Hemisphäre eher der nichtrationalen Verarbeitung und Interpretation von Sprache dient. Hören und Sprechen sind dabei eng miteinander verknüpft: Über die Fibrae arcuatae (syn.: Fasciculus arcuatus) ziehen Efferenzen vom WERNICKE-Zentrum zum motorischen Sprachzentrum (BROCA). Weitere enge Verknüpfungen zu telenzephalen Funktionszentren, z. B. zur Sehrinde, verlaufen über den Gyrus angularis – am parietalen Endpunkt des Sulcus temporalis superior – und bilden die neuronale Grundlage des Lesens.
Neben der beschriebenen Hörbahn im engeren Sinne sei aber auch darauf hingewiesen, dass deszendierende kortikale Bahnen alle Stationen der Hörbahn miteinander verbinden. So gibt es Fasern, die insbesondere von der Lamina V der primären Hörrinde bevorzugt zum ipsilateralen Colliculus inferior verlaufen. Man vermutet, dass diese kortikofugalen Fasern – ausgelöst durch akustische Lernprozesse – eine Umorganisation subkortikaler Strukturen induzieren, die zu einer selektiven Verarbeitung der für das Verhalten bedeutsamen akustischen Reize beitragen. So können nichtrelevante Geräusche „ausgeblendet“ oder aber wichtige Geräusche deutlicher wahrgenommen werden.

221
Q

Peripherer Abschnitt des vestibulären Systems

A

Die Sinneszellen des Vestibularapparats befinden sich im häutigen Labyrinth des Innenohrs in der Macula sacculi, der Macula utriculi und den Cristae ampullares der Canales semicirculares. Dabei nehmen die makulären Sinneszellen Linearbeschleunigungen und die ampullären Sinneszellen Drehbeschleunigungen wahr, die über die Strömung der Endolymphflüssigkeit im Vestibularapparat registriert werden. Bei den Sinneszellen handelt es sich um Haarzellen, die im Aufbau den Haarzellen des CORTI-Organs in der Cochlea ähneln. Sie entsprechen modifizierten Epithelzellen und werden als sekundäre Sinneszellen bezeichnet. Eine Auslenkung apikaler Stereozilien durch die Flüssigkeitsbewegungen der Endolymphe in Richtung auf das randständige Kinozilium der Sinneszelle führt zu einer Hyperpolarisation, eine Auslenkung weg vom Kinozilium zu einer Depolarisation. Die vestibulären Haarzellen werden von bipolaren Ganglienzellen des Ganglion vestibulare innerviert, deren zentral gerichtetes Axon im N. vestibularis des N. vestibulocochlearis [VIII] zum Kleinhirnbrückenwinkel des ZNS verläuft.

222
Q

Zentraler Abschnitt des vestibulären Systems

A

Der N. vestibularis führt seine afferenten Fasern den Nuclei vestibulares zu. Ein kleiner Teil der Fasern aus dem Vestibularapparat erreicht aber auch direkt über den unteren Kleinhirnstiel (Corpus juxtarestiforme) das Vestibulocerebellum bzw. den Lobus flocculonodularis (direkte sensorische Kleinhirnbahn). Der N. vestibularis führt in seinem Anfangsteil zusätzlich auch efferente Fasern des auditiven Systems (olivokochleäres Bündel). Diese Fasern haben aber – soweit bisher bekannt – keine funktionelle Bedeutung für das vestibuläre System. Die Nuclei vestibulares schließlich sind wichtige Integrationskerne propriozeptiver, optischer und vestibulärer Impulse.
Man unterscheidet 4 vestibuläre Hauptkerne, die Nuclei vestibulares superior (BECHTEREW), lateralis (DEITERS), inferior (ROLLER) et medialis (SCHWALBE). Ihre Lage projiziert sich in die Medulla oblongata bzw. den kaudalen Abschnitt des Pons ventral zum Pedunculus cerebellaris inferior bzw. superior. Alle 4 Kerne erhalten Afferenzen aus dem Vestibularapparat. In den Vestibulariskernen konvergieren aber auch andere Afferenzen, insbesondere von den Nuclei fastigii aus dem Vestibulocerebellum, bilaterale Projektionen aus dem Rückenmark, die u. a. in den Hinterstrangbahnen verlaufen, und Afferenzen aus dem Nucleus spinalis nervi trigemini. Ebenso werden aus verschiedensten Anteilen des ZNS z. B. optische Impulse über die Formatio reticularis indirekt an die Vestibulariskerne weitergeleitet. Die eingehenden Informationen werden in den Vestibulariskernen verarbeitet, um letztlich Einfluss auf die Halte- und Stützmotorik zu nehmen. Dies manifestiert sich morphologisch in den efferenten Bahnsystemen zum Rückenmark:

Tractus vestibulospinalis lateralis: Er wird auch dem extrapyramidalmotorischen System (EPMS) zugerechnet und nimmt seinen Ursprung bevorzugt im Nucleus vestibularis lateralis. Ungekreuzt und somatotop gegliedert reicht er bis ins Sakralmark und endet direkt oder indirekt an den α- oder γ-Motoneuronen im Vorderhorn. Seine Fasern dienen der Sicherung des Gleichgewichts, indem sie den Extensorentonus erhöhen und zeitgleich die antagonistischen Flexoren hemmen.

Tractus vestibulospinalis medialis: Diese Bahn beginnt im Nucleus vestibularis medialis, verläuft zunächst im Fasciculus longitudinalis medialis und erreicht schließlich sowohl ipsi- als auch kontralateral die motorischen Neurone im Zervikal- und Thorakalmark. Auch dieses Bahnsystem wird dem EPMS zugeordnet und ermöglicht es, auf Lageänderungen des Körpers mit ausgleichenden Kopfbewegungen zu reagieren.
Neben direkten vestibulozerebellären Fasern gelangen über die Nuclei vestibulares auch Fasern als indirekte sensorische Kleinhirnbahn (Moosfasern) über den unteren Kleinhirnstiel zum Vestibulocerebellum. Entscheidend für die Koordination der Augenbewegungen bzw. für die Blickstabilisierung ist die schnelle Verschaltung der Impulse aus den Vestibulariskernen auf die im Hirnstamm liegenden Augenmuskelkerne (Hirnnervenkerne III, IV, VI) und auf den Nucleus interstitialis (CAJAL; s. u.). Diese Efferenzen stammen aus allen 4 Vestibulariskernen und verlaufen im ventral des Aquädukts verlaufenden medialen Längsbündel (Fasciculus longitudinalis medialis) nach kranial. Ebenfalls wichtig für die Blickstabilisierung, insbesondere für die Kontrolle horizontaler Blickbewegungen, sind die reziproken Verbindungen der Vestibulariskerne mit der paramedianen pontinen Formatio reticularis.
Über den ventralen Abschnitt der medialen Schleifenbahn (Lemniscus medialis) erreichen efferente Faserzüge der medialen und oberen Vestibulariskerne als Tractus vestibulothalamicus schließlich beidseits den posterolateralen und posteromedialen Thalamus (Nucleus posterior ventrolateralis), um von dort für eine bewusste Wahrnehmung von Körperlage, Raumempfinden und eigenem Körperbewusstsein z. B. an den parietoinsulären vestibulären Cortex weitergeleitet zu werden. Projektionen in den Hypothalamus werden u. a. für das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen bei Schwindel oder z. B. bei der Seekrankheit verantwortlich gemacht.

223
Q

Vestibulookulärer Reflex

A

Eine wesentliche Funktion des Vestibularorgans ist es, bei Bewegungen des Kopfs die Augenstellung so anzupassen, dass das entstehende Bild in beiden Augen zugleich an der Stelle des schärfsten Sehens (Fovea centralis) abgebildet wird. Dieser Anpassungsvorgang läuft reflektorisch über die oben beschriebenen Faserverbindungen und Kerngebiete, insbesondere über den Fasciculus longitudinalis medialis ab.
Eine Reizung der Sinneszellen der Cristae ampullares des lateralen Bogengangs bei Drehung des Kopfs (nach links) führt zu einer erhöhten Impulsfrequenz im linken N. vestibularis. Über die Nuclei vestibulares werden Motoneurone im kontralateralen Nucleus nervi abducentis und damit der rechte M. rectus lateralis aktiviert. Interneurone zum ipsilateralen Okulomotoriuskern aktivieren wiederum den linken M. rectus medialis. Ebenso werden die antagonistisch wirkenden Augenmuskeln über das gegenseitige Bogengangssystem und den Nucleus vestibularis medialis gehemmt. Bewegungen des Kopfs führen so zu einer Augenbewegung in die Gegenrichtung. Über die Formatio reticularis ergibt sich zusätzlich ein indirekter Weg zur Koordination der Blickbewegungen.
Der Nucleus interstitialis (CAJAL) liegt am kranialen Ende des Fasciculus longitudinalis medialis und lateral zu diesem in unmittelbarer Nähe des Nucleus nervi oculomotorii. Er erhält neben den Afferenzen aus dem Nucleus vestibularis auch Afferenzen aus der Retina, die u. a. für die Verschaltung des Lichtreflexes der Pupille von Bedeutung sind. Er ist eine wichtige Verbindungsstelle zwischen optischem und vestibulärem System, u. a. zur Koordination von vertikalen Blick- und Kopfbewegungen.

224
Q

Neuronenkette im Vestibuläres System

A
  1. Neuron: Ganglienzellen im Ganglion vestibulare
  2. Neuron: Nuclei vestibulares superior, lateralis, inferior et medialis im Übergang zwischen Pons und Medulla oblongata
  3. Neuron: Thalamus (Nucleus posterior ventrolateralis)
  4. Neuron: Cortex: Sulcus intraparietalis, parietoinsuläres Areal, Gyrus postcentralis, BRODMANN-Area 7 und Hippocampus
225
Q

Neuronenkette im Auditiven System

A
  1. Neuron: Typ-I-Ganglienzellen im Ganglion spirale
  2. Neuron: Nuclei cochleares anterior et posterior im Übergang zwischen Pons und Medulla oblongata im Recessus lateralis des IV. Ventrikels
    (indirekte Hörbahn: Nuclei olivares superiores, ggf. über Nuclei corporis trapezoidei)
  3. Neuron: Nucleus centralis colliculi inferioris im Tectum mesencephali
  4. Neuron: Corpus geniculatum mediale des Metathalamus
  5. Neuron: Gyri temporales transversi (HESCHL), BRODMANN-Area 41 im Lobus temporalis
226
Q

Regio olfactoria

A

Die Riechschleimhaut erstreckt sich beim Menschen über einen nur wenige Quadratzentimeter großen Teil der Nasenschleimhaut. Sie befindet sich oberhalb der oberen Nasenmuschel an der lateralen Nasenwand und auf dem gegenüberliegenden Abschnitt des Septum nasi. Das zur Nasenhöhle gewandte Riechepithel der Riechschleimhaut beinhaltet die Riechsinneszellen oder olfaktorische Neurone. Hierbei handelt es sich um das 1. Neuron der Riechbahn. Olfaktorische Neurone sind bipolare primäre Sinneszellen. Sie nehmen den Reiz – einen Geruchsstoff – mit ihren Dendriten über Chemorezeptoren auf und geben dieses Erregungsmuster selbst direkt an das ZNS weiter.

227
Q

Fila olfactoria

A

Die gebündelten Axone der olfaktorischen Neurone, die in Form von ca. 20 feinen, marklosen Nervenfasern durch die Lamina cribrosa des Os ethmoidale hindurchziehen, werden als Fila olfactoria bzw. N. olfactorius [I] bezeichnet und enden auf jeder Seite im direkt darüber liegenden Riechkolben (Bulbus olfactorius).

228
Q

Bulbus olfactorius

A

Der Bulbus olfactorius ist sechsschichtig aufgebaut. Die Axone der olfaktorischen Neurone enden in spezialisierten Strukturen, den Glomeruli. Dort bilden sie v. a. exzitatorische glutamaterge Synapsen mit Hauptdendriten von Büschel- und Mitralzellen, den 2. Neuronen der Riechbahn. Deren Axone verlassen den Bulbus als afferente Fasern über den Tractus olfactorius.
Neben den Büschel- und Mitralzellen finden sich im Bulbus olfactorius noch GABAerge Interneurone wie z. B. periglomeruläre Neurone und Körnerzellen. Diese Interneurone haben hemmende synaptische Kontakte mit den Büschel- bzw. Mitralzellen und können die Signalübertragung in der Riechbahn somit beeinflussen. Sie werden ihrerseits von efferenten Fasern erreicht, die aus Kerngebieten im Telencephalon und im Hirnstamm zum Bulbus olfactorius ziehen. Darüber kann die Aktivität der bulbären Interneurone beeinflusst werden.

229
Q

Tractus olfactorius

A

Der Tractus olfactorius befindet sich im Pedunculus olfactorius und enthält u. a. die Axone der Büschel- und Mitralzellen des Bulbus olfactorius. Im Trigonum olfactorium teilt sich der Tractus olfactorius in die Striae olfactoriae medialis et lateralis:
• Die Stria olfactoria lateralis verläuft lateral der Substantia perforata anterior und erreicht den olfaktorischen Cortex.
• Die Stria olfactoria medialis hingegen endet im Tuberculum olfactorium und in der Septumregion.
Innerhalb des Tractus olfactorius befindet sich proximal des Trigonum olfactorium ein weiteres Kerngebiet, der Nucleus olfactorius anterior. Die genaue Funktion dieser Struktur für die Signalverarbeitung innerhalb der Riechbahn ist noch nicht ausreichend geklärt. Er ist jedoch intensiv mit ipsi- und kontralateralen Strukturen des olfaktorischen Systems verknüpft. So werden hier Axone aus dem ipsilateralen Bulbus olfactorius auf Neurone verschaltet, deren Projektionen über die Commissura anterior zum kontralateralen Bulbus olfactorius und teils auch zum kontralateralen Cortex gelangen.

230
Q

Olfaktorischer Cortex

A

Zu den primär olfaktorischen Cortexarealen zählt man mehrere fronto- bzw. temporobasale Bereiche des Großhirns. Dazu gehört in erster Linie der Cortex piriformis (auch Cortex prepiriformis), der sich basal im Übergangsbereich zwischen Frontal- und Temporallappen befindet; darüber hinaus die sich dorsal anschließende, im Gyrus parahippocampalis gelegene Area entorhinalis, der Cortex periamygdaloideus (Gyrus semilunaris und Gyrus ambiens) sowie vordere Bereiche der Inselrinde. Der Cortex periamygdaloideus ist eine besonders wichtige Schnittstelle zum limbischen sowie über amygdalohypothalamische Verbindungen zum vegetativen System. Geruchssinneseindrücke werden in sekundär olfaktorischen Cortexarealen bewusst wahrgenommen und weiterverarbeitet (Analyse, Erkennung, Interpretation, Bewertung), u. a. im limbischen (z. B. Hippocampus) und posterioren orbitofrontalen Cortex. Vor allem Letzterem wird eine entscheidende Rolle bei der Wahrnehmung und Unterscheidung von Gerüchen zugeschrieben.

231
Q

Peripherer Abschnitt des gustatorischen Systems

A

Der Sinneswahrnehmung in der Peripherie dienen ca. 2.000 Geschmacksknospen (Caliculi gustatorii), die sich insbesondere auf der Zunge, aber auch am weichen Gaumen und an der Epiglottis befinden. Die Geschmacksknospen liegen in den Papillen, wobei man 3 Papillenformen unterscheiden kann: Papillae vallatae, Papillae fungiformes und Papillae foliatae. Jede Geschmacksknospe setzt sich aus verschiedenen Zelltypen zusammen. Als eigentliche Rezeptorzelle fungieren epitheliale Sinneszellen, die 5 primäre Geschmackskategorien – süß, sauer, salzig, bitter und „umami“ (Glutamat) – wahrnehmen können. Sinnesempfindungen wie Schärfe oder das durch Menthol hervorgerufene Kälteempfinden entstehen hingegen durch eine Reizung von Thermorezeptoren der Zunge, die ihre Impulse über den N. trigeminus [V] weiterleiten. Die eigentlichen Geschmackssinneszellen bilden mit ihren nichtmyelinisierten Fasern Synapsen mit den an der Basalseite der Geschmacksknospen liegenden Axonplexus. Man spricht auch von sekundären Sinneszellen, weil die Sinneszellen kein Aktionspotenzial erzeugen, sondern dieses erst an der Synapse mit dem ersten afferenten Neuron entsteht.
Die Schleimhaut des Mund-Rachen-Raums wird von 3 unterschiedlichen Hirnnerven innerviert, die das entstandene Aktionspotenzial dem zentral in der Medulla oblongata liegenden Nucleus tractus solitarii zuleiten:
• Geschmacksknospen der vorderen zwei Drittel der Zunge leiten Nervenimpulse über den N. facialis, Pars intermedius [VII].
• Geschmacksknospen des hinteren Zungendrittels leiten Nervenimpulse über den N. glossopharyngeus [IX].
• Geschmacksknospen der Epiglottis leiten Nervenimpulse über den N. vagus [X].
Die Perikarya des 1. Neurons liegen als pseudounipolare Ganglienzellen im Ganglion geniculi [VII], im Ganglion inferius [IX] (syn.: Ganglion petrosum) des N. glossopharyngeus oder im Ganglion inferius (syn.: Ganglion nodosum) des N. vagus [X].

232
Q

Zentraler Abschnitt des gustatorischen Systems

A

Das jeweils zentral gerichtete Axon der Ganglienzellen gelangt über den Meatus acusticus internus (für den N. facialis [VII]) oder das Foramen jugulare (für die Nn. glossopharyngeus [IX] et vagus [X]) ins Schädelinnere und erreicht schließlich den Nucleus tractus solitarii – insbesondere seinen kranialen Abschnitt, die Pars gustatoria (Nucleus gustatorius) –, wo auf das 2. Neuron umgeschaltet wird. Die Pars gustatoria ist somatotop gegliedert, sodass die Afferenzen der Pars intermedius des N. facialis rostral, die des N. glossopharyngeus darunter und die des N. vagus kaudal enden. Interneurone innerhalb des Kerngebiets stellen Verbindungen zu subdiaphragmalen Ästen des N. vagus her, die unter anderem auch die Magenmotilität steuern.
Die Fasern des 2. Neurons verlaufen ipsilateral im Tractus tegmentalis centralis bzw. angelagert an den Lemniscus medialis zum 3. Neuron im Thalamus (Nucleus ventralis posteromedialis). Die bewusste Geschmackswahrnehmung ergibt sich aus thalamokortikalen Projektionen in den – entsprechend der Lage des Homunkulus – unteren Abschnitt des Gyrus postcentralis, aber auch in die anteriore Inselrindenregion des Temporallappens und das Operculum des Frontallappens. Auch diese primär gustatorischen Cortexareale sind somatotop gegliedert. Ein kleinerer Teil der Fasern gelangt direkt vom Thalamus oder indirekt vom Nucleus tractus solitarii über den Nucleus parabrachialis medialis auch zum Hypothalamus und zur Amygdala und nimmt dort Einfluss auf autonome Körperfunktionen wie Appetit, Sättigungsgefühl oder die Verknüpfung der Geschmackswahrnehmung mit Emotionen

233
Q

Zentrale Regulation des vegetativen Nervensystems

A

Die zentrale Kontrolle des vegetativen Nervensystems erfolgt auf verschiedenen Ebenen des ZNS, die jeweils eng miteinander verschaltet sind:
• Rückenmark: Hier befinden sich die Neurone von Sympathikus und Parasympathikus im thorakolumbalen bzw. im sakralen Seitenhorn.
• Unterer Hirnstamm (Kerne und Gebiete in Medulla oblongata und Pons): Hier befinden sich die höheren Steuerungszentren für die reflektorische Steuerung des Herz-Kreislauf-Systems, der Atmung, der Magen-Darm-Funktion und der Blasensteuerung.
• Oberer Hirnstamm (besonders Mesencephalon): Hier werden Schmerzwahrnehmung und vegetative Steuerung koordiniert.
• Vorderhirn (Kerngebiete und Areale in Diencephalon und Telencephalon): Über diese Kerne werden vegetative Steuerung und endokrines System koordiniert. Vegetative Bedürfnisse führen zu Verhaltensänderungen (Hypothalamus). Umgekehrt finden psychische und emotionale Vorgänge über das limbische System Anschluss an das zentrale vegetative Nervensystem

234
Q

Zentrale Steuerung des vegetativen Nervensystems

A

Die auf den Ebenen des Rückenmarks und des Hirnstamms weitgehend autonom ablaufenden vegetativen Regelkreisläufe werden von absteigenden Bahnen aus dem Gehirn beeinflusst. Vereinfacht können 2 zentrale Hierarchieebenen unterschieden werden:
• Vegetative Steuerungszentren im Hirnstamm: Hierzu zählen z. B. das Herz-Kreislauf-Zentrum und das Atemzentrum in der Medulla oblongata. Neurone in diesen Regionen erhalten viszeroafferente Informationen aus der Peripherie und steuern auf komplexe Art und Weise das Herz-Kreislauf-System und die Atmung.
• Vegetative Steuerungszentren im End- und Zwischenhirn: Hierzu zählen z. B. Hypothalamus und Amygdala, die Informationen aus dem Körperinneren verarbeiten und Verhaltensänderungen auslösen können, z. B. Trinken oder Nahrungsaufnahme. Darüber hinaus haben diese Hirnareale Schnittstellen zu anderen Regelsystemen wie dem endokrinen System. Über eine Kette vegetativer Nervenzellen in verschiedenen Kerngebieten des Hirnstamms können die höheren vegetativen Steuerungszentren schließlich auf die Funktion der viszeroefferenten Neurone im Hirnstamm und Rückenmark einwirken.

235
Q

Viszeromotorik

A

Der viszeromotorische Teil des vegetativen Nervensystems wird auf den Ebenen des Hirnstamms und des Rückenmarks sowie des PNS in 2 funktionell und strukturell unterschiedliche Teile untergliedert. Man bezeichnet sie als „Sympathikus“ – bzw. „sympathisches“ Nervensystem – und „Parasympathikus“ – bzw. „parasympathisches Nervensystem“. Von diesen beiden wird seit einigen Jahren das enterale (häufig auch „enterische“) Nervensystem, das Nervensystem des Gastrointestinaltrakts, abgegrenzt. Sympathikus und Parasympathikus wirken in vielen Situationen gegensätzlich. Man kann sie als 2 Zügel eines einzigen Systems verstehen, die das System entweder in die eine oder in die andere Richtung lenken können. Das enterale Nervensystem wird von diesen beiden Systemen zwar beeinflusst, es steuert die Darmfunktionen aber weitgehend autonom. Man unterscheidet somit auf Basis ihrer Hauptfunktionen 3 Systeme.
• Sympathisches Nervensystem: Es wird aktiviert, um die Leistungsfähigkeit zu erhöhen (z. B. bei körperlicher Anstrengung oder in Notfallsituationen; „fight/flight“). Man spricht daher von einem ergotropen (Energie freisetzenden) System. Es steuert u. a. die Temperaturregulation (Schweißdrüsen der Haut), den Gefäßtonus und die Erweiterung der Pupille, es stimuliert die Herzaktivität, erweitert die Bronchien und steigert die Aktivität zahlreicher Schließmuskeln (Sphinktere) innerer Organe. Der Sympathikus erreicht alle Körperregionen inkl. der Rumpfwand und der Extremitäten (z. B. zur Gefäß- und Hautinnervation). Bei einer Sympathikusaktivierung kann das Gesamtsystem verstellt bzw. auf einen „Fight-/Flight“-Zustand vorbereitet werden. Der Körper wird vorübergehend in einen besonders leistungsfähigen „Alarmzustand“ versetzt. Gleichzeitig und „gleichsinnig“ steigen Herzaktivität, Blutdruck und Schweißproduktion, die Pupille weitet und die Bronchien erweitern sich. Der Körper kann also schnellstmöglich auf äußere Gefahren reagieren.
• Parasympathisches Nervensystem: Es wird aktiviert, um die Energiespeicher des Körpers wieder aufzufüllen (z. B. in einer Ruhephase). Man spricht daher von einem trophotropen (auf die Ernährung gerichteten; Energie aufbauenden) System. Es steuert die Kopfdrüsen, im Auge die Pupillenverengung und die Linsenakkommodation, stimuliert die Darmdrüsenaktivität, verlangsamt das Herz, verengt die Bronchien und reguliert Miktion und Genitalienerektion. Im Unterschied zum Sympathikus versorgt der Parasympathikus weder die Extremitäten noch die Rumpfwand (Abb. 13.26). Vielmehr vermittelt er organspezifische Reflexe und verstellt nicht das „Gesamtsystem“.
• Enterales Nervensystem: Es steuert die Motilität (Peristaltik) und Verdauungstätigkeit (z. B. Drüsenfunktion) des Darms. Es funktioniert überwiegend autonom (intramurale vegetative Plexus, Plexus submucosus et myentericus), wird aber von Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst. Der Parasympathikus übt eine fördernde Wirkung auf die Darmmotilität und die Darmdrüsensekretion aus, während der Sympathikus den Tonus der Schließmuskeln (z. B. Pylorus) erhöht.

236
Q

Verschaltungsprinzipien von Sympathikus und Parasympathikus

A

Sympathikus und Parasympathikus lassen sich in Rückenmark und Hirnstamm sowie im PNS anhand der Lage des 1. und 2. Neurons unterscheiden:
• Beim Sympathikus findet sich das 1. Neuron im Seitenhorn des Rückenmarks auf Höhe der Segmente C8–L3, weshalb man den Sympathikus auch als „thorakolumbales System“ bezeichnet
• Beim Parasympathikus befindet sich das 1. Neuron im Hirnstamm sowie im sakralen Bereich des Rückenmarks in den Segmenten S2–5, weshalb man den Parasympathikus auch „kraniosakrales System“ nennt
Auch die Lage der 2. Neurone der beiden Systeme unterscheidet sich:
• Beim Sympathikus liegen sie organfern (Grenzstrang oder prävertebrale Ganglien).
• Beim Parasympathikus liegen sie in einzelnen Ganglien (Kopf) oder in der Nähe eines Zielorgans (restlicher Körper), in vielen Fällen liegen sie sogar innerhalb des Organs. Man spricht daher auch von „intramuralen“ Ganglien

237
Q

Neurotransmitter des vegetativen Systems

A

Sympathikus und Parasympathikus unterscheiden sich teilweise in Bezug auf ihren chemischen Botenstoff. Beide Systeme nutzen zwischen dem 1. und 2. Neuron Azetylcholin. An der Synapse zwischen postganglionärem Axon und Zielzelle verwenden die Axone des Sympathikus jedoch überwiegend Noradrenalin, die des Parasympathikus dagegen Azetylcholin. Eine Ausnahme von dieser Regel sind die sympathisch innervierten Schweißdrüsen und einige wenige spezialisierte Blutgefäße; hier greift auch der Sympathikus auf Azetylcholin zurück.

238
Q

Nebennierenmark

A

Eine Sonderrolle im Schaltschema des vegetativen Nervensystems nimmt das Nebennierenmark ein. Es enthält Zellen, die modifizierten sympathischen Neuronen entsprechen und bei „Fight-/Flight“-Situationen Katecholamine ins Blut abgeben können („Adrenalinstoß“). Entwicklungsgeschichtlich leitet es sich von der Neuralleiste und den Paraganglien ab. Es wird daher auch als „größtes Paraganglion des Körpers“ angesehen.
Im Rahmen der Logik des Sympathikus-Schaltschemas entspricht das Nebennierenmark einem sympathischen Ganglion, dessen Ganglienzellen keine Axone ausbilden, sondern ihren Neurotransmitter direkt ins Blut abgeben. Dementsprechend wird das Nebennierenmark auch direkt von präganglionären Axonen des Sympathikus innerviert.

239
Q

Viszerosensorik

A

Die Viszerosensorik ist ebenso wichtig für die Funktionsweise des vegetativen Nervensystems wie die Viszeromotorik. Die Viszerosensorik nimmt Reize aus der Peripherie wahr, die entweder auf Organ-, Ganglien-, Rückenmark- oder Gehirnebene verarbeitet werden und den afferenten Schenkel der überwiegend reflektorischen Steuerung der Eingeweide darstellen. Ähnlich wie im somatischen Nervensystem bildet die Sensorik mit der Motorik eine Einheit und man könnte auch von Viszerosensomotorik sprechen (analog zur Sensomotorik im somatischen Nervensystem).

240
Q

Vegetative Reflexbögen und Regelkreise

A

Die Eingeweidefunktion wird auf verschiedenen Ebenen geregelt. Allen Ebenen ist gemeinsam, dass Reize wahrgenommen werden und daraufhin eine Regelantwort folgt. Die Ebenen sind:
• Organebene (lokale Reaktionen peripherer Fasern und lokale Reflexe innerhalb des Organs)
• Reflexe auf der Ebene der vegetativen Ganglien
• Reflexe auf Rückenmarkebene
• Regelkreise unter Einbeziehung höherer Zentren
Lokale Reaktionen und Reflexe auf Organebene werden ermöglicht durch:
• viszeroafferente Axone, die unmittelbar nach einem Reiz Botenstoffe abgeben können und damit die einfachste und unmittelbarste Reizantwort sind
• viszeroafferente Neurone (besonders im enteralen Nervensystem), die mit nahe gelegenen viszeromotorischen Neuronen verschaltet sind und die Peristaltik regeln
Von Reflexen auf Ganglienebene spricht man, wenn afferente Fasern direkt Kontakt mit Ganglien aufnehmen und unter Umgehung des Rückenmarks die Eingeweidefunktionen steuern. Diese Reflexe kommen sowohl im Sympathikus als auch im Parasympathikus vor, z. B. bei der o. g. Steuerung der Darmperistaltik über viszeroafferente Axone aus Darmganglienzellen. Diese erreichen mit ihren Fortsätzen die prävertebralen Ganglien und steuern die Motilität des Darms über größere Abschnitte hinweg.
Reflexe auf Rückenmarkebene sind häufig. Viszeroafferente Neurone in den Spinalganglien ziehen mit ihren Axonen ins Hinterhorn des Rückenmarks. Dort werden sie über Interneurone auf viszeroefferente Neurone verschaltet, die in verschiedenen Segmenten (Höhen) des Rückenmarks liegen können. Diese vegetativen Reflexbögen des Rückenmarks ähneln in ihrer Verschaltung (über Interneurone; polysynaptisch; mehrere Rückenmarkssegmente werden miteinander verbunden) den polysynaptischen Reflexbögen des somatischen Nervensystems. Eine besondere Stellung nimmt das Rückenmark für die Reflexe der Beckenorgane ein. Da neben den Sympathikusneuronen im lumbalen Rückenmark auch Parasympathikusneurone im sakralen Rückenmark beteiligt sind, kommt es zu einer weitgehenden Autonomie des Lumbosakralmarks etwa für die Regelung der Harnblasenentleerung (Miktion) oder der Stuhlentleerung (Defäkation).
Regelkreise unter Einbeziehung höherer Zentren gehen oft von den inneren Organen aus. Ihre viszeroafferenten Informationen gelangen überwiegend mit dem N. vagus zum Nucleus tractus solitarii und erreichen – von diesem viszeroafferenten Kern ausgehend – andere vegetative Kerngebiete und Zentren im Gehirn (s. u.). In diesen werden die Informationen verarbeitet, also mit dem Sollwert und den Informationen höherer Steuerungszentren abgeglichen. Schließlich beeinflussen sie über Sympathikus und Parasympathikus wieder die Eingeweidefunktionen. Über den Hypothalamus gewinnen sie auch Anschluss an das endokrine System, wodurch auch langfristige Sollwertverstellungen möglich werden (s. u.).
Vagovagale Reflexe sind ein einfaches Beispiel für Reflexe auf Hirnstammebene. Sie sind u. a. für die Steuerung der Magen-Darm-Funktionen wichtig (Drüsensekretion, Darmmotilität). Über den N. vagus gelangen Afferenzen zunächst zum Nucleus tractus solitarii. Von dort werden sie auf die viszeromotorischen Kerne des N. vagus (Nucleus dorsalis nervi vagi oder Nucleus ambiguus) umgeschaltet. Über diese gelangen die vagalen Efferenzen wieder zurück zu den Zielorganen.

241
Q

Brechzentrum

A

Unmittelbar benachbart zum Nucleus tractus solitarii liegt im Bereich des Obex das Brechzentrum. Es wird durch vagale Afferenzen direkt innerviert. Darüber hinaus ist in diesem Bereich auch die Blut-Hirn-Schranke funktionell aufgehoben. Direkte Reizungen des N. vagus („peripheres Erbrechen“), Giftstoffe („zentrales Erbrechen“), aber auch ein erhöhter intrakranieller Druck, Vestibularisreizungen oder Ekel können über dieses Hirnstammareal eine starke antiperistaltische Kontraktion des Magen-Darm-Trakts auslösen.

242
Q

Atemzentrum

A

Das Atemzentrum liegt in der Formatio reticularis der ventrolateralen Medulla oblongata sowie in Teilen des Pons. Es steuert die Atmung weitgehend autonom. Suprapontine Zentren üben einen modulierenden Einfluss aus, z. B. beim Singen und Sprechen.

Lage der Neurone
Die respiratorischen Nervenzellen bilden in der Formatio reticularis eine longitudinal angeordnete Kette von Nervenzellen, die von der ventrolateralen Medulla oblongata bis zum Pons reicht. Die respiratorischen Nervenzellen können innerhalb der Formatio reticularis nur mit Spezialfärbungen und aufgrund ihrer funktionellen Eigenschaften (beim Tier) identifiziert werden. Innerhalb dieser Nervenzellkette kann man wiederum mehrere funktionelle Gruppen unterscheiden, die verschiedene Aufgaben bei der Atmung haben.

Funktionelle Anatomie
Die an der Atmung beteiligten Muskeln werden durch inspiratorische und exspiratorische Neurone direkt gesteuert. Diese Effektorneurone stehen wiederum unter der Kontrolle von Nervenzellen, die den eigentlichen Atemrhythmus erzeugen (Rhythmusgeber). Dieser Rhythmus, eine regelmäßige Abfolge von Inspiration und Exspiration, entsteht bereits intrauterin vor der Geburt und stellt von der Geburt bis zum Tod die Sauerstoffversorgung sicher. Wichtigster Rhythmusgenerator ist der Prä-BÖTZINGER-Kern, eine Gruppe von Neuronen im Medulla-oblongata-Abschnitt der Formatio reticularis.

Respiratorische Reflexe
Diese Reflexe sind für die Lungenfunktion von zentraler Bedeutung. Ihre strukturelle Grundlage ist die anatomische Verschaltung der respiratorischen Zellen im Hirnstamm. Vereinfacht dargestellt bestehen sie aus einem afferenten Schenkel, einer zentralen Verarbeitung und einem efferenten Schenkel. Vegetative Afferenzen erreichen den Nucleus tractus solitarii des Hirnstamms („Tor für vegetative Afferenzen“) über den N. vagus [X] und N. glossopharyngeus [IX]. Der N. vagus enthält u. a. Informationen zur Lungendehnung, die Grundlage des HERING-BREUER-Reflexes sind. Der N. glossopharyngeus führt u. a. Informationen der Chemorezeptoren, die wichtig für den Atemantrieb sind. Über die Nervenzellen des Nucleus tractus solitarii werden diese Informationen auf verschiedene respiratorische Gruppen verteilt. Diese verarbeiten die Informationen und konvergieren mit ihren Axonen wiederum auf inspiratorische und exspiratorische Effektorneurone, die schließlich die Atemmuskelkontraktion und damit Atemfrequenz und Atemtiefe steuern.

243
Q

Herz-Kreislauf-Zentrum

A

Das Herz-Kreislauf-Zentrum liegt überwiegend in der Formatio reticularis der rostralen ventralen Medulla oblongata. Es steuert den Blutdruck und die Herzfunktionen und koordiniert alle nervösen Einflüsse auf das Herz-Kreislauf-System. Diese kommen aus der Körperperipherie, aber auch von vegetativen Zentren im Hypothalamus, im Mittelhirn (Substantia grisea centralis) und im Pons (Nucleus parabrachialis). Die Neurone des Herz-Kreislauf-Zentrums haben Schrittmachereigenschaften und erhalten eine Grundinnervation der Gefäße aufrecht („medullärer Blutdruck“).

Anatomische Lage
Die Nervenzellen des Herz-Kreislauf-Zentrums liegen etwas medial der mehr ventrolateral gelegenen respiratorischen Areale. Wie auch beim Atemzentrum sind Spezialfärbungen nötig, um die dazugehörigen Nervenzellgruppen im Hirnstamm zu identifizieren. Vereinfacht kann man sich merken, dass Neurone, die den Blutdruck steigern (Pressorneurone) überwiegend rostral und lateral liegen, während die Neurone, die den Blutdruck senken (Depressorneurone), überwiegend kaudal und medial zu finden sind.

Funktionelle Anatomie und Reflexe
Über das Herz-Kreislauf-Zentrum werden wichtige kardiovaskuläre Reflexe vermittelt (z. B. Baroreflex, kardiale Reflexe, kardiopulmonale Reflexe, chemische Reflexe). Wie beim Atemzentrum werden auch beim Herz-Kreislauf-Zentrum ein afferenter Schenkel, die zentrale Verarbeitung und ein efferenter Schenkel unterschieden. Die Afferenzen erreichen das Herz-Kreislauf-Zentrum über den Nucleus tractus solitarii („Tor für vegetative Afferenzen“). Der N. vagus führt Informationen von Herz, Barorezeptoren und Chemorezeptoren aus dem Aortenbogen und seinen Ästen, der N. glossopharyngeus von Chemorezeptoren im Glomus caroticum. Vom Nucleus tractus solitarii aus werden die vegetativen Informationen aus der Peripherie
• zum Hypothalamus,
• in das Mesencephalon (Substantia grisea centralis),
• zum dorsolateralen Pons (Locus caeruleus, Nucleus parabrachialis) und
• zur ventralen Medulla oblongata
verteilt. Diese Hirnregionen verarbeiten die Informationen und wirken auf das Herz-Kreislauf-Zentrum ein, das seinerseits Parasympathikus und Sympathikus steuert. Die Wirkungen des Parasympathikus werden durch Verbindungen zum N. vagus vermittelt, die des Sympathikus (Gefäßtonus und Herzfunktion) über Verbindungen zu den präganglionären sympathischen Nervenzellen im Seitenhorn des Rückenmarks.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass Herz-Kreislauf-Funktionen über periphere Sensoren gemessen, im Herz-Kreislauf-Zentrum des unteren Hirnstamms mit Sollwerten abgeglichen und über den Sympathikus und Parasympathikus angepasst werden. Dieser prinzipielle Regelkreis wird von höheren Zentren im Gehirn beeinflusst (z. B. Tachykardie bei emotionaler Aufregung).

244
Q

Pontines Miktionszentrum

A

Die Blasenfunktion wird spinal und über ein Kerngebiet im rostralen Pons gesteuert („BARRINGTON-Nucleus“):
• Auf spinaler Ebene nimmt die Sphinkterkontraktion reflektorisch zu, wenn die Blase sich füllt (Kontinenzreflex).
• Überschreitet die Blasenfüllung ein bestimmtes Volumen, werden die Zellen des pontinen Miktionszentrums über aufsteigende spinale Bahnen aktiviert und der „spinobulbospinale Miktionsreflex“ ausgelöst, indem 3 Gruppen von spinalen Zellen beeinflusst werden:
– Präganglionäre sympathische Zellen im Lumbalmark werden gehemmt, wodurch der Tonus des M. sphincter urethrae internus sinkt.
– Präganglionäre parasympathische Zellen im Sakralmark werden aktiviert, wodurch es zur Kontraktion des M. detrusor vesicae kommt.
– Nervenzellen, die den quergestreiften (willkürlichen) M. sphincter urethrae externus innervieren, werden gehemmt und dadurch der Urinfluss freigegeben. Diese Nervenzellen liegen im Sakralmark und werden als ONUF-Nucleus bezeichnet. Sie ziehen mit ihren Axonen in den N. pudendus.
Das pontine Miktionszentrum steht unter der Kontrolle höherer Zentren, die den Ablauf des Miktionsreflexes steuern und unterbinden können. Dadurch kann der Mensch den Zeitpunkt der Miktion selbst bestimmen.

245
Q

Funktionen des limbischen Systems

A

Wichtige und medizinisch relevante Funktionen des limbischen Systems sind:
• Gedächtnisfunktion: Es enthält wichtige Kerngebiete (v. a. Hippocampusformation) für deklaratives Lernen (Weltwissen, biografisches und episodisches Gedächtnis).
• Emotionale Reaktionen: Kerne im limbischen System (v. a. Amygdala) „werten“ Sinneseindrücke und Erinnerungen und verbinden sie mit Gefühlen; dies ist eine wichtige biologische Grundlage für Angst- und Panikstörungen.
• Belohnungslernen: Das limbische System gehört zum motivationalen Netzwerk des Gehirns und ist dadurch beteiligt an psychiatrischen Krankheiten mit Störungen des emotionalen Erlebens und Antriebs („affektive Störungen“, dazu zählen z. B. Depressionen) oder Störungen des Belohnungssystems („Suchterkrankungen“).
• Vegetative Regulation: Verbindungen zwischen limbischem System und vegetativem Nervensystem (v. a. Hypothalamus) bilden die biologische Grundlage für den Einfluss kognitiver Vorgänge auf den Körper. Dies ist die biologische Grundlage psychosomatischer Krankheiten und vegetativer Symptome bei psychiatrischen Krankheitsbildern.

246
Q

Bestandteile des limbischen Systems

A

Man kann das limbische System in kortikale Anteile und Kerngebiete unterteilen. Darüber hinaus gibt es einige weitere Kerngebiete, die besonders eng mit dem limbischen System verbunden sind:
• kortikale Anteile des limbischen Systems:
– cingulärer Cortex (einschließlich Area retrosplenialis)
– Hippocampusformation (einschließlich des entorhinalen Cortex, Subiculums)
• Kerngebiete des limbischen Systems:
– Septumkerne/diagonales Band von BROCA
– Amygdala
• eng mit dem limbischen System verbundene Kerngebiete (je nach Autor auch Bestandteile des limbischen Systems):
– Nucleus anterior thalami
– Nucleus accumbens
– Corpora mamillaria
– Nuclei ventromediales hypothalami
– Habenulakerne
– Kerngebiete des Mittelhirns (u. a. Area tegmentalis ventralis)

247
Q

PAPEZ-Kreis – „deklaratives Gedächtnis“

A

Dieser Schaltkreis wurde sehr früh aufgrund der starken Faserverbindungen zwischen den beteiligten Regionen beschrieben. Seine Schaltstationen sind:
• die Hippocampusformation, von dort über
• die Fimbria/Fornix zu den
• Corpora mamillaria und weiter über den
• Tractus mamillothalamicus zu den
• Nuclei anteriores thalami,
• zum Gyrus cinguli
und schließlich zurück zur Hippocampusformation (Abb. 12.11). Die Bedeutung des Kreislaufs der Informationen innerhalb des „PAPEZ-Kreises“ ist umstritten. Tatsache ist, dass wichtige Komponenten des PAPEZ-Kreises an Gedächtnisvorgängen beteiligt sind und ihr Ausfall zu Störungen des episodischen und biografischen Gedächtnisses führt (Hippocampus, Corpora mamillaria, Gyrus cinguli). Ein wesentlicher Informationsfluss ist dabei der Transfer von Informationen aus der Hippocampusformation zum Gyrus cinguli (Kap. 12.1.6). Dieser ist mit neokortikalen Regionen verbunden und an der Bildung von Gedächtnisspuren und am Abrufen von Erinnerungen beteiligt. Insofern kann der PAPEZ-Kreis als ein wichtiges Element des deklarativen Gedächtnissystems angesehen werde

248
Q

Amygdala-Schaltkreis – „emotionale Reaktionen“

A

Die Amygdala („Mandelkern“) ist – ebenso wie die Hippocampusformation – ein zentrales Element des limbischen Systems. Zytoarchitektonisch werden 3 größere Kerngruppen unterschieden (kortikomediale, basolaterale, zentromediale Kerngruppen), deren Afferenzen und Efferenzen sich im Detail unterscheiden. Für ein allgemeines Verständnis des Amygdala-Schaltkreises wird an dieser Stelle nur eine Übersicht über die Verbindungen der Amygdala und ihre funktionelle Relevanz gegeben.
Funktionell ist die Amygdala wichtig für die Steuerung vegetativer (z. B. Herzfrequenz, Blutdruck, Atemfrequenz) und emotionaler Reaktionen (z. B. Angst, Aggression, Sexualtrieb, Nahrungsaufnahmeverhalten). Darüber hinaus sind bestimmte Formen von Lernen (Konditionierung, Angst-Lernen) von der Amygdala abhängig.
Diese Funktionen sind teilweise aufgrund der anatomischen Verbindungen der Amygdala nachvollziehbar:
• So ist die Amygdala eng mit dem Hypothalamus verbunden (ventrale amygdalofugale Fasern; Stria terminalis), wodurch sich ihr Einfluss auf das vegetative Nervensystem erklärt.
• Wichtige Eingänge erhält die Amygdala aus der Hippocampusformation und dem cingulären Cortex. Über diese Verbindung werden z. B. biografische Ereignisse bewertet und mit Emotionen verbunden. Durch Verbindungen von der Amygdala zur Hippocampusformation wird das Ergebnis dieser emotionalen Bewertung an die Hippocampusformation zurückgemeldet. Diese entscheidet dann über den Transfer einer Erinnerung ins Langzeitgedächtnis.
• Schließlich ist die Amygdala noch mit zahlreichen Hirnstammkerngebieten verbunden (z. B. Area tegmentalis ventralis), die ihre Aktivität modulieren können. Über diese Verbindungen kann z. B. das Belohnungssystem Einfluss auf die emotionale Bewertung von Ereignissen nehmen.

249
Q

Mesolimbischer Schaltkreis – „Belohnungslernen“

A

Dopaminerge Zellen im Mittelhirn (Area tegmentalis ventralis) projizieren zum Nucleus accumbens. Diese Bahn wird auch als „mesolimbisches System“ (= mesenzephal-limbischer Trakt) bezeichnet und bildet die anatomische Grundlage für erfolgsabhängiges Lernverhalten („Belohnungslernen“). Der Nucleus accumbens liegt neben dem anterioren ventralen Striatum (manche Autoren bezeichnen ihn daher auch als „ventrales Striatum“) und erhält Afferenzen von der Amygdala, dem Hippocampus und dem präfrontalen Cortex. Er projiziert zum Pallidum.
Von Stimulationsexperimenten ist bekannt, dass eine Stimulation des Nucleus accumbens zu Euphorie- und Glücksgefühlen führt. Er kann aber auch physiologisch über das mesolimbische System aktiviert werden, z. B. wenn eine schwierige Aufgabe richtig gelöst wurde. Auf diese Weise wird das „richtige“ Verhalten bewertet und führt zu positiven Emotionen („Aha“- bzw. „Heureka“-Effekt, „Euphorie“, „Glücksgefühl“). Diese verstärken das Verhalten („Belohnungslernen“). Über Verbindungen zum basalen motorischen System (Projektion zum Pallidum) kann der Nucleus accumbens dem Gefühl „Taten folgen lassen“, d. h., das Euphoriegefühl kann zu Verhaltensänderungen führen.

250
Q

Hypothalamus-Schaltkreis – „vegetative Regulation“

A

Dieses System verbindet das limbische System mit dem Hypothalamus und über diesen mit dem vegetativen Nervensystem. Auf diese Weise können Ereignisse, Erinnerungen und Emotionen vegetative Reaktionen wie einen Herzfrequenzanstieg auslösen. Wesentliche Bestandteile dieses Schaltkreises sind:
• die Hippocampusformation (via Fimbria/Fornix),
• die Amygdala (via Stria terminalis; ventrale amygdalofugale Fasern),
• die Septumkerne und
• das diagonale Band von BROCA (via Stria medullaris thalami) sowie
• verschiedene Kerngebiete im Hirnstamm via Tractus mamillotegmentalis; mediales Vorderhirnbündel,
die allesamt zum Hypothalamus projizieren.

251
Q

Mediales Vorderhirnbündel – „Faserbündel des limbischen Systems“

A

In der Literatur findet man im Zusammenhang mit dem limbischen System häufig den Begriff „mediales Vorderhirnbündel“ (Fasciculus telencephalicus medialis). Darunter versteht man ein Faserbündel an der Hirnbasis, in dem überwiegend Axone verschiedener Kerngebiete des limbischen Systems gemeinsam verlaufen:
• Von rostral sind es absteigende Axone aus dem basalen Vorderhirn, der Amygdala und der olfaktorischen Rinde, die zum lateralen Hypothalamus und zur Haube (Tegmentum) des Hirnstamms ziehen. Sie verbinden limbische Strukturen mit dem Hypothalamus.
• Von kaudal aufsteigende Axone stammen aus Hirnstammstrukturen, die mit dem limbischen System verbunden sind. Dazu gehören u. a. die dopaminergen Fasern aus der Area tegmentalis ventralis zum Nucleus accumbens („mesolimbisches System“). Eine elektrische Reizung des medialen Vorderhirnbündels kann daher zu Euphorie- und Glücksgefühlen führen, da das Belohnungssystem des Gehirns aktiviert wird.

252
Q

A. carotis interna

A

Große Teile des vorderen End- und Zwischenhirns werden von der A. carotis interna versorgt. Die Anatomie dieses Gefäßes ist von großer klinischer Bedeutung (Duplexsonografie der Halsgefäße; Angiografie). Anatomisch werden 4 Abschnitte unterschieden:
• Pars cervicalis – „Hals“: von der Bifurcatio carotidis bis zum Schädeleintritt
• Pars petrosa – „Fels“: im Canalis caroticus des Felsenbeins
• Pars cavernosa – „Höhle“: im Sinus cavernosus
• Pars cerebralis – „Hirn“: im Subarachnoidalraum bis zur Aufteilung in ihre 2 Endäste A. cerebri anterior und A. cerebri media

253
Q

Topografie der A. carotis interna

A

Die Pars cervicalis beginnt mit der Karotisgabel, die sich meist auf Höhe des IV. Halswirbelkörpers befindet. Die A. carotis interna liegt in ca. 50 % der Fälle dorsolateral der A. carotis externa. Weil aufgrund dieser Variabilität des Abgangs aber nicht sicher gesagt werden kann, welche der beiden Karotiden „innen“ und welche „außen“ liegt, nutzt man bei Ultraschalluntersuchungen des Halses die anatomische Tatsache aus, dass die A. carotis interna – im Gegensatz zur A. carotis externa – im Halsbereich keine Äste abgibt. Damit kann die A. carotis interna sicher identifiziert werden.
Mit Eintritt in das Felsenbein beginnt die Pars petrosa. Die A. carotis interna verläuft im Canalis caroticus und zieht dorsal über das Foramen lacerum hinweg, das mit Faserknorpel verschlossen ist. In ihrem Verlauf gibt sie kleinere Äste zur Paukenhöhle ab (Aa. caroticotympanicae).
Nach Austritt aus dem Felsenbein verläuft die A. carotis interna durch das venöse Kammersystem des Sinus cavernosus (Pars cavernosa). Dabei liegt sie zunächst an der Seitenfläche des Corpus ossis sphenoidale und verläuft im Sulcus caroticus nach oben. Unterhalb des Proc. clinoideus posterior wendet sie sich nach vorne und verläuft horizontal zum Proc. clinoideus anterior. Dort liegt sie unmittelbar unterhalb des N. opticus. In ihrem Verlauf gibt die A. carotis interna kleinere Äste zu den Meningen, zum Ganglion trigeminale und zur Hypophyse (A. hypophysialis inferior) ab. Die Pars cerebralis beginnt, sobald die A. carotis interna die Dura verlassen hat und in eine Erweiterung (Zisterne) des Subarachnoidalraums eintritt, die nach ihr benannt ist (Cisterna carotica). Sie zieht für eine kleine Strecke wieder nach okzipital und lateral und kommt unter der Substantia perforata anterior zu liegen. Dort teilt sie sich in ihre 2 Endäste auf. In ihrem Verlauf gibt sie 4 Gefäße ab:
• A. ophthalmica (unterhalb des N. opticus)
• A. hypophysialis superior
• A. choroidea anterior
• A. communicans posterior
Der schlingenförmige („S-förmige“) Verlauf der Pars cavernosa und Pars cerebralis in der Nähe des Proc. clinoideus anterior ähnelt einem Korkenzieher bzw. einem Siphon. Daher wird dieser Abschnitt als Karotissiphon bezeichnet. Etwa auf Höhe des Knies des Siphons bzw. kurz danach verlässt die A. ophthalmica die A. carotis interna.

254
Q

Äste der A. carotis interna

A

Die Äste (direkte Gefäßabgänge) der A. carotis interna sind:
• Aa. hypophysiales: Die A. hypophysialis inferior entstammt der Pars cavernosa und versorgt im Wesentlichen die Neurohypophyse. Die Aa. hypophysiales superiores aus der Pars cerebralis versorgen das Infundibulum. Aus ihrem Kapillarsystem entstehen die Portalvenen der Hypophyse (Vv. portales hypophysiales), die zur Adenohypophyse ziehen und um deren endokrine Zellen ein zweites Kapillarnetz ausbilden (vaskuläres Transportsystem für hypothalamische Steuerhormone zur Adenohypophyse).
• A. ophthalmica: Das Auge und Teile des Gesichtsschädels werden über die A. ophthalmica versorgt. Sie ist der erste größere arterielle Ast der A. carotis interna. Zusammen mit dem N. opticus zieht sie durch den Canalis nervi optici. Einer ihrer Endäste dringt als A. centralis retinae in den N. opticus ein und erreicht die Netzhaut des Auges. Über einen anderen Endast (A. dorsalis nasi) bildet sie eine Anastomose mit der A. facialis.
• A. communicans posterior: Sie entsendet Äste ins Innere des Gehirns und versorgt Teile des Thalamus und des III. Ventrikels (Aa. centrales posteromediales; A. thalamotuberalis). Sie verläuft über den Tractus opticus nach okzipital und erreicht anterior des N. oculomotorius [III] die A. cerebri posterior.
• A. choroidea anterior: Sie versorgt wichtige Abschnitte des Hirninneren (u. a. das Crus posterius der Capsula interna) sowie Teile des visuellen Systems (Tractus opticus, Corpus geniculatum laterale), des Plexus choroideus, der Amygdala und des Hippocampus. Sie gibt auch Äste zum Mittelhirn ab. Die A. choroidea anterior verläuft am Tractus opticus entlang, windet sich um den Uncus des Temporallappens herum und erreicht den Seitenventrikel.

255
Q

Aufzweigung der A. carotis interna in ihre Endäste

A

teilt sich am medialen Ende des Sulcus lateralis in ihre 2 Hauptäste auf. Die mittlere Hirnarterie, A. cerebri media, folgt dabei dem ursprünglichen Verlauf der A. carotis interna, während die vordere Hirnarterie, A. cerebri anterior, fast rechtwinklig von der A. carotis interna abzweigt und nach anteromedial zur Fissura longitudinalis cerebri zieh

256
Q

A. cerebri anterior

A

Die A. cerebri anterior versorgt den vorderen Teil der medialen Hemisphärenfläche und einen kortikalen Streifen parallel zur Mantelkante. Sie entsendet Äste in das Innere des Gehirns zur Versorgung der Capsula interna (Teile des Crus anterius) und der Basalganglien. Von ihrer Aufzweigungsstelle verläuft sie anteromedial zur Fissura longitudinalis cerebri. Dort verbindet sie sich mit der A. cerebri anterior der Gegenseite über die A. communicans anterior. Im weiteren Verlauf windet sie sich um den Balken und teilt sich schließlich in 2 Hauptäste auf, die A. pericallosa (zwischen Corpus callosum und Gyrus cinguli) und die A. callosomarginalis (über dem Sulcus cinguli). Äste der A. cerebri anterior sind:
• Aa. centrales anteromediales: Sie zweigen bereits im Anfangsabschnitt der A. cerebri anterior ab und ziehen durch die Substantia perforata anterior ins Hirninnere zum Hypothalamus, Fornix und zur Lamina terminalis.
• Rückläufige A. striata medialis distalis („rekurrente HEUBNER-Arterie“, A. centralis longa): Sie entspringt ebenfalls aus dem Anfangsabschnitt der A. cerebri anterior – in der Regel tritt sie auf Höhe der A. communicans anterior oder aus dem sich unmittelbar daran anschließenden Gefäßabschnitt der A. cerebri anterior aus. Sie bildet eine Rückwärtsschleife, verläuft antiparallel zur A. cerebri anterior zurück zur Substantia perforata anterior und versorgt das Vorderhorn der Capsula interna sowie Teile der Basalganglien.
• A. polaris frontalis: Sie zieht zu den vorderen Hirnabschnitten.
Die A. communicans anterior verbindet die beiden Aa. cerebri anteriores miteinander. Sie kann doppelt angelegt sein und ist nur circa 5 mm lang. Auch dieses Gefäß versorgt mit oberflächlichen Ästen das Chiasma opticum und entsendet zentrale Äste in die Tiefe des Gehirns, z. B. zum Gyrus cinguli, zum Hypothalamus und zur Septumregion.

257
Q

A. cerebri media

A

Verlauf
Die A. cerebri media ist als Endast der A. carotis interna die stärkste der drei großen Gehirnarterien. Sie setzt den Verlauf der A. carotis interna nach Abgabe der A. cerebri anterior fort. Das ist klinisch sehr wichtig, denn Emboli (mit dem Blutstrom abgelöste Blutgerinnsel oder Gefäßwandablagerungen, sog. Plaques) aus dem Karotisstromgebiet gelangen deshalb meist in die A. cerebri media. Nach Abzweigung aus der A. carotis interna gibt die A. cerebri media die Aa. centrales anterolaterales (Aa. lenticulostriatae) ab. Es handelt sich dabei um mehrere fast senkrecht abzweigende Arterien, die durch die Substantia perforata anterior ins Gehirn eintreten und das Striatum und Pallidum sowie einen Teil von Capsula interna und Thalamus versorgen. Die A. cerebri media zieht dann nach lateral zwischen Temporallappen und Inselrinde in die Fossa lateralis, wo sie sich in ihre kortikalen Endäste aufzweigt. Dabei unterscheidet man Rr. terminales corticales superiores (Äste zum Frontal- und Parietallappen) und Rr. terminales corticales inferiores (Äste zum Temporallappen). Diese sich auf der lateralen Hemisphäre ausbreitenden Äste der A. cerebri media sind in ihrer Ausbildung variabel, doch gibt es einige davon, die meist zu finden sind. Die nomenklatorische Kenntnis dieser Äste ist für die meisten Belange nicht von allzu großer praktischer Bedeutung, ein Auswendiglernen ist deshalb nicht sinnvoll. Der erste Teil der A. cerebri media bis in die Fossa lateralis wird M1-Segment (auch: Pars sphenoidalis), der zweite, sich in der Fossa lateralis verzweigende Anteil M2-Segment (auch: Pars insularis) genannt.

Versorgungsgebiet
Mit den Aa. centrales anterolaterales versorgt die A. cerebri media das basale Vorderhirn, das Striatum und einen Teil des Pallidums (mit einem kleinen Teil des angrenzenden Thalamus) und – was von großer klinischer Bedeutung ist – einen Großteil der Capsula interna. Des Weiteren versorgt die A. cerebri media die Inselrinde und erhebliche Teile des Frontal-, Parietal- und Temporallappens. Darunter fallen zahlreiche wichtige funktionelle Zentren wie motorischer Kortex (Rumpf, obere Extremität und Kopf), ein Teil des prämotorischen Kortex, primärer und sekundärer somatosensibler Kortex, motorisches und sensorisches Sprachzentrum, frontales Blickzentrum und auch der Gyrus angularis (Kopplungsstelle zwischen visuellem und auditorischem System).

258
Q

A. vertebralis

A

Die hinteren Abschnitte des Cortex, des Kleinhirns und des Hirnstamms werden überwiegend durch Gefäße aus dem Vertebralis/Basilaris-Strömungsgebiet versorgt. Ähnlich wie bei der A. carotis interna unterscheidet man auch bei der A. vertebralis 4 Abschnitte:
• Pars prevertebralis: aus der A. subclavia (Abgang auf Höhe BWK I) bis Foramen transversarium HWK VI
• Pars transversaria: innerhalb der Foramina transversaria der HWK VI–II
• Pars atlantica: Übergang zum Atlas, Atlasbogen bis Durchtritt durch das Foramen magnum
• Pars intracranialis: intrakraniell bis zur Vereinigung zur A. basilaris

259
Q

Äste der A. vertebralis

A

In ihrem Verlauf entlässt die A. vertebralis zahlreiche Äste zu den Halsmuskeln, zu den Meningen und zum Rückenmark (Rr. spinales). Wichtige Gefäße des intrakraniellen Abschnitts sind:
• A. inferior posterior cerebelli: Diese Arterie gilt als das variabelste zerebrale Gefäß, da Ursprung und Ausdehnung des Versorgungsgebietes individuell sehr verschieden sind. Sie kann sogar fehlen. Im Regelfall tritt sie aus der A. vertebralis auf Höhe der Olive aus, zieht am Hirnstamm entlang und bildet eine radiologisch sehr charakteristische Schleife („caudal loop“) in der Nähe der Kleinhirntonsillen aus, bevor sie über das Kleinhirntal (Vallecula cerebelli) Vermis und Hemisphären des unteren Kleinhirns erreicht (Abb. 11.46). Sie versorgt in ihrem Verlauf Teile der Medulla oblongata und des hinteren und unteren Kleinhirns (posteroinferiore Anteile). Häufig gibt sie auch eine A. spinalis posterior zur Versorgung des Rückenmarks ab. Diese kann jedoch auch direkt aus der A. vertebralis entspringen (ca. 25 %).
• A. spinalis anterior: Sie entsteht kurz vor dem Zusammenfluss der Aa. vertebrales, zieht nach kaudal und verschmilzt etwa auf Höhe des Foramen magnum mit der A. spinalis anterior der Gegenseite. Sie versorgt die ventralen Anteile des Rückenmarks.

260
Q

Äste der A. basilaris

A

Die Äste der A. basilaris sind:
• A. inferior anterior cerebelli: Sie entsteht im unteren Abschnitt der A. basilaris und zieht nach hinten und außen (posterolaterale Verlaufsrichtung). Dabei liegt sie im Regelfall ventral der Hirnnerven VI, VII und VIII und zieht mit dem N. facialis [VII] und dem N. vestibulocochlearis [VIII] zum Meatus acusticus internus. Hier bildet sie häufig eine Schlinge zur Abgabe der A. labyrinthi. Sie zieht dann weiter zum Kleinhirn, versorgt dieses an seiner Unterseite und mit Ästen auch laterale Abschnitte des Pons. Der Versorgungsbereich der A. inferior anterior cerebelli hängt von der Größe des Versorgungsgebietes der A. inferior posterior cerebelli ab.
• Aa. pontis: Diese Gefäße entspringen direkt aus der A. basilaris und versorgen als kurze Rr. mediales oder als längere Rr. laterales die ventralen Abschnitte des Pons.
• A. superior cerebelli: Dieses Gefäß ist die am wenigsten variable Kleinhirnarterie. Sie entsteht regelhaft kurz vor der Aufspaltung der A. basilaris in die Aa. cerebri posteriores. Von der A. cerebri posterior ist sie zunächst durch den N. oculomotorius [III] getrennt. Die A. superior cerebelli und die A. cerebri posterior verlaufen zunächst parallel nach lateral und dorsal, wobei die A. superior cerebelli unterhalb des Tentoriums und die A. cerebri posterior oberhalb des Tentoriums entlangzieht. Die A. superior cerebelli versorgt die oberen Abschnitte des Kleinhirns und mit Ästen zum Hirnstamm auch den dorsalen Pons.

261
Q

A. cerebri posterior

A

Die Aa. cerebri posteriores sind die Endäste der A. basilaris und entstehen aus ihr in etwa auf Höhe der Cisterna interpeduncularis. Mit ihren Ästen versorgen sie große Teile des Mittelhirns und okzipitotemporale Anteile der Hemisphären. Die Aa. cerebri posteriores verlaufen parallel zu den Aa. superiores cerebelli nach lateral und dorsal. Sie ziehen oberhalb des Tentoriums zum Lobus occipitalis und geben in ihrem Verlauf mehrere Gruppen von Gefäßen ab. Schließlich zweigen sie sich in ihre kortikalen Endäste auf, die den Lobus occipitalis und Teile des Lobus temporalis und des Lobus parietalis versorgen. Äste der A. cerebri posterior sind:
• Aa. centrales posteromediales: Diese Gefäße treten aus dem Anfangsteil der A. cerebri posterior, d. h. vor dem Abgang der A. communicans posterior, aus. Sie dringen – zusammen mit zentralen Gefäßästen der A. communicans posterior – durch die Substantia perforata posterior und versorgen große Anteile des Zwischenhirns (Thalamus, Subthalamus, Globus pallidus und die Wand des III. Ventrikels).
• Aa. centrales posterolaterales: Diese Gefäße treten nach dem Abgang der A. communicans posterior aus der A. cerebri posterior aus und versorgen Teile des Zwischen- (Epiphyse, Thalamus, Corpus geniculatum mediale) und Mittelhirns.
• Aa. choroideae posteriores: Die hinteren Choroidalarterien sind in ihrer Anzahl variabel. Sie entstehen nach dem Zufluss der A. communicans posterior und verlaufen etwa auf Höhe des Corpus geniculatum laterale um das Zwischenhirn herum. Durch die Fissura choroidea gelangen sie zum Plexus choroideus des Seitenventrikels. Dort gibt es Verbindungen zur A. choroidea anterior. Äste dieser Gefäße versorgen auch das Corpus geniculatum laterale, weitere Teile des Thalamus und den Plexus choroideus des III. Ventrikels.

262
Q

Verbindungen zur A. carotis externa

A

Die A. ophthalmica ist der erste größere intrakranielle Ast der A. carotis interna. Ihr Endast, die A. dorsalis nasi, bildet mit der A. angularis, einem Endast der A. facialis (aus der A. carotis externa), eine Anastomose. Damit sind also die Strömungsgebiete von A. carotis interna und A. carotis externa miteinander verbunden, wobei das Blut normalerweise aus der A. dorsalis nasi in die A. angularis fließt.

263
Q

Circulus arteriosus cerebri (Willisii)

A

Der Circulus arteriosus cerebri (Willisii) ist ein Gefäßsystem, das den vorderen Hirnkreislauf (der hämodynamisch aus den beiden Aa. carotides internae gespeist wird) und den hinteren Hirnkreislauf (der hämodynamisch aus den beiden Aa. vertebrales gespeist wird) über Anastomosenarterien miteinander verbindet. Auch rechter und linker Hirnkreislauf werden auf diese Weise verbunden. So geht aus der linken und rechten A. carotis interna je eine A. communicans posterior ab, die eine Anastomose zwischen den Aa. carotides internae und den beiden Aa. cerebri posteriores bilden. Letztere sind wiederum selbst über ihren gemeinsamen Ursprung aus der A. basilaris miteinander verbunden. Die beiden Aa. cerebri anteriores schließlich sind durch die A. communicans anterior verbunden, sodass der Kreislauf geschlossen ist. Wie oben erwähnt, kann über dieses beim Gesunden nur wenig durchblutete Kollateralverbindungssystem der Ausfall einer der großen zuführenden Arterien von den anderen Gefäßen kompensiert werden unter der Voraussetzung, dass die Durchblutungsstörung strömungstechnisch vor dem Circulus arteriosus liegt und nicht plötzlich, sondern über einen Zeitraum von Wochen oder Monaten eintritt, sodass sich das Kollateralgefäßbett ausweiten kann.
Es ist klinisch von großer Bedeutung, dass alle großen gehirnversorgenden Arterien einschließlich des Circulus arteriosus im Subarachnoidalraum verlaufen.

264
Q

Zentrale Gefäßversorgung

A

Das Innere des Vorderhirns, d. h. die subkortikalen Kerne, das Marklager mit der Capsula interna und das Zwischenhirn, werden durch zentrale Arterien versorgt. Diese Gefäße bezeichnet man wegen ihres Verlaufs bis in die Tiefe des Gehirns als „penetrierende“ Gefäße. Sie treten in Gefäßgruppen an der Hirnbasis ein. Entfernt man die Gefäße an dieser Stelle, verbleiben zahlreiche kleine „Löcher“ im Hirngewebe, weshalb man diese Eintrittsstellen als durchbohrten Bereich (Substantia perforata) bezeichnet. Man unterscheidet:
• Substantia perforata anterior: Sie liegt auf der Facies inferior des Gehirns, nach vorne und seitlich durch das Trigonum olfactorium und nach hinten durch den Tractus opticus begrenzt.
• Substantia perforata posterior: Sie liegt in der Tiefe der Fossa interpeduncularis des Mittelhirns
Darüber hinaus treten penetrierende Gefäße auch im Bereich des basalen Zwischenhirns in die Hirnsubstanz ein. Die penetrierenden Gefäße werden sinnvollerweise in Gruppen zusammengefasst
Darüber hinaus werden Abschnitte des Hirninneren von Choroidalgefäßen versorgt. Die Choroidalgefäße des Seitenventrikels stehen über den Plexus choroideus miteinander in Verbindung und bilden einen dünnen Gefäßkranz aus, der das Strömungsgebiet der A. carotis interna und das Strömungsgebiet der A. vertebralis/basilaris miteinander verbindet

265
Q

Aa. centrales anteromediales

A

Durchtritt: Substantia perforata anterior

Ursprung:
• A. cerebri anterior
• A. communicans anterior

Versorgungsgebiet
• Caput nuclei caudati
• Globus pallidus
• Commissura anterior
• Capsula interna
266
Q

Aa. centrales anterolaterales (Aa. lenticulostriatae)

A

Durchtritt: Substantia perforata anterior

Ursprung: A. cerebri media

Versorgungsgebiet
• Nucleus caudatus
• Putamen
• Globus pallidus
• Capsula interna (mediale Gefäße)
267
Q

Aa. centrales posteromediales

A

Durchtritt: Substantia perforata posterior

Ursprung
• A. cerebri posterior
• A. communicans posterior

Versorgungsgebiet
• Thalamus
• Hypothalamus
• Globus pallidus

268
Q

Aa. centrales posterolaterales

A

Durchtritt: Substantia perforata posterior

Ursprung: A. cerebri posterior (Pars postcommunicalis)

Versorgungsgebiet 
•Thalamus
• Corpus geniculatum mediale
• Colliculi
• Glandula pinealis
269
Q

Blutabfluss des Blutes aus dem Gehirn

A

Die venösen Blutleiter stehen miteinander und auch mit extrakraniellen Venen in Verbindung. Vereinfacht dargestellt fließt das Blut aus den Venen an der Oberfläche und im Inneren des Gehirns in die Sinus durae matris. Von dort verlässt es über verschiedene Wege das Schädelinnere. Wichtige Austrittsstellen sind:
• Sinus sigmoideus zur V. jugularis interna (Foramen jugulare) → am wichtigsten!
• Sinus cavernosus über das Foramen ovale zum Plexus pterygoideus
• Vv. emissariae zur V. occipitalis (Foramina emissaria)
Darüber hinaus gibt es kleinere intrakranielle Venen, die über Öffnungen an der Schädelbasis in extrakranielle Venen abfließen (u. a. venöse Abflüsse über das Foramen magnum, das Foramen ovale und den Canalis caroticus).

270
Q

Vv. emissariae

A

Vv. emissariae verbinden die Sinus durae matris mit den Diploëvenen (= größeren venösen Blutleitern innerhalb der Diploë der Schädelknochen) und mit den extrakraniellen Venen. Weil sie keine Venenklappen haben, ermöglichen sie bei Schwankungen des Schädelinnendrucks einen raschen Druckausgleich zwischen innen und außen. Emissarvenen finden sich an mehreren Sinus durae matris

271
Q

Oberflächliche Venen des End- und Zwischenhirns

A

Vv. superficiales cerebri drainieren das Blut aus der End- und Zwischenhirnoberfläche in die Sinus durae matris. Man unterscheidet 3 Gruppen, die über kräftige venöse Anastomosen miteinander in Verbindung stehen:
• Vv. superiores cerebri: direkte Zuflüsse zum Sinus sagittalis superior
• V. media cerebri: sammelt Blut von Venen in der Umgebung des Sulcus lateralis; Abfluss in den Sinus sphenoparietalis und von dort in den Sinus cavernosus
• Vv. inferiores cerebri: direkte Zuflüsse zum Sinus transversus
Oberflächliche Venen, die direkt in Sinus durae matris münden, müssen von der Oberfläche des Gehirns kommend den Subarachnoidalraum überbrücken und Arachnoidea und Dura durchbohren, um sich mit den Sinus durae matris zu verbinden. Man bezeichnet sie daher auch als „Brückenvenen“. Blutungen dieser Venen können zu einem subduralen Hämatom führen

272
Q

Tiefe Venen des End- und Zwischenhirns

A

Vv. profundae cerebri sammeln das Blut der zentralen Bereiche und münden schließlich über die unpaare V. magna cerebri in den Sinus rectus. Von jeder Seite erhält die V. magna cerebri jeweils 2 Hauptzuflüsse: Die V. interna cerebri führt von dorsal Blut aus dem Marklager und den zentralen Kernen; die V. basalis führt von basal kommend Blut aus den Bereichen der Hirnunterseite und den daran angrenzenden zentralen Gebieten:
• V. interna cerebri: Sie entsteht auf Höhe des Foramen interventriculare durch den Zusammenfluss mehrerer Venen. Im Dach des III. Ventrikels verläuft sie nach okzipital und vereinigt sich unterhalb des Spleniums des Balkens mit der V. interna cerebri der Gegenseite zur unpaaren V. magna cerebri.
• V. basalis: Sie entsteht im Bereich der Substantia perforata anterior aus mehreren venösen Zuflüssen, u. a. aus den basalen kortikalen Bereichen, der Insula und dorsal benachbarten zentralen Regionen. Sie windet sich um das Crus cerebri herum und mündet in die V. magna cerebri oder in die V. interna cerebri.
• V. magna cerebri (GALENI): Sie entsteht aus dem Zusammenfluss der Vv. internae cerebri und Vv. basales unterhalb des Spleniums des Balkens. Fließen die Venen an einer Stelle zusammen, spricht man vom Confluens venosus posterior. Die große Hirnvene, V. magna cerebri, ist nur ca. 1 cm lang und führt ihr Blut zum Sinus rectus. An ihrer Einmündungsstelle in den Sinus ist sie an der Dura befestigt.

273
Q

Venöser Abfluss von Hirnstamm und Kleinhirn

A

Die venösen Abflüsse von Hirnstamm und Kleinhirn bilden zahlreiche Anastomosen an der Hirnoberfläche. Im Sinne einer Übersicht kann man sich merken:
• rostrale Anteile (Mesencephalon, oberer Pons, rostrales Kleinhirn): Abfluss nach rostral in V. basalis, V. magna cerebri, Sinus rectus
• mittlere Anteile (Pons, untere Kleinhirnabschnitte): Abfluss nach lateral in die Sinus durae matris
• kaudale Anteile (Medulla oblongata): Abfluss nach lateral und kaudal in die Sinus durae matris sowie zu den spinalen Venengeflechten

274
Q

Venöser Abfluss des Rückenmarks

A

Die Venen des Rückenmarks bilden an seiner Oberfläche zahlreiche Anastomosen aus. Sie stehen über Vv. radiculares mit dem venösen Plexus des Epiduralspalts, Plexus venosus vertebralis internus, in Verbindung. Dieser Venenplexus drainiert sein Blut über den Plexus venosus vertebralis externus in die Vv. intervertebrales und von dort in die untere Hohlvene, V. cava inferior.
Die Vv. radiculares stehen in den Wurzeltaschen in enger Beziehung zur Arachnoidea. Über Arachnoidalzotten kann dort – ebenso wie in den Granulationes arachnoideae der Sinus durae matris – der Liquor cerebrospinalis resorbiert werden. Somit spielen die Rückenmarksvenen eine wichtige Rolle bei der Liquorzirkulation.

275
Q

Sinus durae matris

A

Das venöse Blut aus den Hirnvenen fließt in die Sinus durae matris ab. Diese venösen Blutleiter liegen zwischen den 2 Schichten der Dura mater. Sie sind dadurch starrwandig und kollabieren nicht. Auf ihrer Innenseite sind sie mit Endothel ausgekleidet. Die Sinus durae matris liegen den Schädelknochen unmittelbar an und bilden an deren Oberfläche seichte Vertiefungen.
In idealisierten grafischen Darstellungen werden die Sinus durae matris häufig als große, glatte Rohrsysteme dargestellt. Tatsächlich entstehen sie aus intraduralen venösen Geflechten, die sich verbunden haben. Daher finden sich innerhalb der Rohre Balkenstrukturen sowie größere seitliche Aussackungen (Lacunae) und venöse Geflechte. Die innere Struktur der Sinus durae matris ist daher uneben und es finden sich erhebliche interindividuelle Unterschiede.
Das venöse Blut nimmt überwiegend 2 Verläufe:
• entweder nach dorsal zum Confluens sinuum und von dort über Sinus rectus und Sinus sigmoideus zur V. jugularis
• oder nach vorne basal zum Sinus cavernosus und über Sinus petrosi superior et inferior zur V. jugularis (und zum Plexus pterygoideus)

  • durch den Sinus cavernosus ziehen: A. carotis interna, N. abducens [VI]
  • in der lateralen Wand des Sinus verlaufen: N. oculomotorius [III], N. trochlearis [IV] und N. ophthalmicus [I]
276
Q

N. olfactorius (1. Hirnnerv, N. I)

A

N. olfactorius [I] ist eine Bezeichnung für ca. 20 feine, von Meningen umgebene Nervenfasern (Fila olfactoria). Diese enthalten die marklosen Axone der bipolaren olfaktorischen Neurone und ziehen, von der Riechschleimhaut in der oberen Nasenhöhle ausgehend, durch die Lamina cribrosa des Os ethmoidale (Siebbein) bis in die vordere Schädelgrube und zum Bulbus olfactorius. Der N. olfactorius [I] ist damit kein klassischer Hirnnerv mit peripherem Faserverlauf und zentral gelegenem Kerngebiet, sondern er entspricht dem ersten Teil der Riechbahn des ZNS und wird daher dem Telencephalon zugeordnet. Nach wie vor ist man sich nicht einig über die Qualität seiner Fasern: Grundsätzlich werden Fasern, die Impulse aus den Sinnesepithelien der Riechrezeptoren leiten, als speziell viszeroafferente Fasern bezeichnet. Jedoch ist für die Fasern des N. olfactorius in der Literatur z. T. auch die Faserqualität speziell somatoafferent angegeben. Olfaktorische Neurone sind primäre Sinneszellen, die Geruchssinneseindrücke über ihre Dendriten aufnehmen und sie über ihre Axone selbst ins ZNS weiterleiten. Sekundäre Sinneszellen nehmen zwar ebenfalls Impulse auf, können diese jedoch nicht direkt an das ZNS weitergeben.

277
Q

N. opticus (2. Hirnnerv, N. II)

A

Ähnlich wie beim N. olfactorius handelt es sich beim N. opticus [II] ebenfalls nicht um einen klassischen Hirnnerv, sondern um eine von Meningen und Oligodendrozyten umgebene zentralnervöse Struktur der Sehbahn, die dem Diencephalon zugeordnet wird. Seine ausschließlich speziell somatoafferenten Fasern sind die gebündelten, zu Beginn marklosen und im weiteren Verlauf myelinisierten Axone der multipolaren Ganglienzellen der Retina, welche die visuelle Information weiterleiten und vorwiegend im Corpus geniculatum laterale (CGL) des Thalamus enden. Die bei einer Augenhintergrundspiegelung als gelbliche Scheibe imponierende Sehnervenpapille (Discus nervi optici) markiert den Beginn des N. opticus am dorsalen Pol des Bulbus oculi. In seinem weiteren, leicht S-förmigen Verlauf liegt der N. opticus zunächst eingebettet im retrobulbären Fettkörper der Orbita, zieht durch den Anulus tendineus communis (ZINN-Sehnenring) hindurch und gelangt schließlich als einziger Nerv über den Canalis opticus in die mittlere Schädelgrube, wo er sich mit dem N. opticus der Gegenseite im Chiasma opticum oberhalb der Hypophyse vereinigt. Direkt hinter dem Bulbus oculi verlaufen innerhalb des N. opticus [II] die A. und V. centralis retinae und gelangen auf diesem Wege zur Netzhaut.

278
Q

N. oculomotorius (3. Hirnnerv, N. III)

A

Der N. oculomotorius [III] ist ein klassischer Hirnnerv und gehört neben dem N. trochlearis [IV] und dem N. abducens [VI] zu den 3 Hirnnerven, die die Bewegungen des Augapfels steuern („Augenmuskelnerven”). Durch seine allgemein somatoefferente Innervation fast aller quergestreiften äußeren Augenmuskeln kann er den Bulbus oculi nach unten medial, medial, oben medial und oben lateral bewegen. Darüber hinaus sind seine allgemein somatoefferenten Fasern für die Lidhebung hauptverantwortlich. Allgemein viszeroefferent innerviert er glatte innere Augenmuskeln. Er bewirkt die Engstellung der Pupille (Miosis) und verstärkt die Linsenkrümmung.

Verlauf und Äste
Der N. oculomotorius tritt aus dem Hirnstamm medial am Crus cerebri in der Fossa interpeduncularis des Mesencephalons aus. Er verläuft zunächst zwischen A. superior cerebelli und A. cerebri posterior und durchbricht lateral von A. communicans posterior und Proc. clinoideus posterior die Dura mater. Danach tritt er in den Sinus cavernosus ein und zieht durch dessen seitliche Wand als oberster Nerv hindurch. Im Anschluss gelangt er durch den mediokaudalen Teil der Fissura orbitalis superior in die Orbita und durchzieht den Anulus tendineus communis (ZINN-Sehnenring). Hier teilt er sich in seine weiteren Äste auf:
• R. superior: Dieser kleinere Ast versorgt den M. rectus superior (Elevation des Bulbus oculi, kombiniert mit leichter Adduktion und Innenrotation) und den M. levator palpebrae superioris (Hebung des Oberlids) allgemein somatoefferent.
• R. inferior: Dieser größere Ast versorgt den M. rectus medialis (Adduktion des Bulbus oculi), den M. rectus inferior (Depression des Bulbus oculi, kombiniert mit leichter Adduktion und Außenrotation) und den M. obliquus inferior (Elevation des Bulbus oculi, kombiniert mit leichter Abduktion) allgemein somatoefferent.
• R. ad ganglion ciliare: Dieser allgemein viszeroefferente Ast zieht zum Ganglion ciliare. Seine parasympathischen Fasern werden dort von prä- auf postganglionär umgeschaltet und ziehen weiter zum M. sphincter pupillae (Engstellung der Pupille = Miosis) und zum M. ciliaris (Entspannung der Zonulafasern und daraus resultierende Verstärkung der Linsenkrümmung bei Nahakkommodation).

Hirnnervenkerne und zentrale Verknüpfungen
Entsprechend seinen 2 Faserqualitäten besitzt der N. oculomotorius 2 spezifische Hirnnervenkerne: den allgemein somatoefferenten Nucleus nervi oculomotorii und den allgemein viszeroefferenten Nucleus accessorius nervi oculomotorii (Nucleus EDINGER-WESTPHAL). Beide Kerne liegen benachbart im Mesencephalon auf Höhe der Colliculi superiores. Der Nucleus nervi oculomotorii befindet sich ventral des Aquädukts und dorsal des Nucleus ruber nahe der Mittellinie. Er besteht aus mehreren Anteilen; hervorzuheben ist der unpaare Nucleus caudalis centralis, der die Somata der Motoneurone für den M. levator palpebrae superioris beider Seiten enthält. Der Nucleus accessorius nervi oculomotorii liegt mediodorsal des Nucleus nervi oculomotorii noch näher an der Mittellinie.
Die Verschaltungen der „Augenmuskelkerne” untereinander und ihre Verknüpfungen mit supranukleären, präokulomotorischen Zentren sind äußerst komplex. Wichtig sind dabei u. a. die internukleären Neurone, die sich neben den klassischen allgemein somatoefferenten motorischen Projektionsneuronen in den „Augenmuskelkernen” befinden. Über sie sind die einzelnen „Augenmuskelkerne” im Hirnstamm verschaltet. Die am besten untersuchte internukleäre Projektion verläuft im Fasciculus longitudinalis medialis (FLM) und verbindet internukleäre Neurone des Nucleus nervi abducentis mit internukleären Neuronen eines kontralateralen Subnucleus des Nucleus nervi oculomotorii. Darüber hinaus spielt der Nucleus accessorius nervi oculomotorii eine entscheidende Rolle beim Pupillen- und Akkommodationsreflex sowie bei der Konvergenzreaktion

279
Q

N. trochlearis (4. Hirnnerv, N. IV)

A

Der N. trochlearis [IV] ist ein rein allgemein somatoefferenter Hirnnerv. Er ist von allen Hirnnerven am dünnsten und verantwortlich für die motorische Innervation des M. obliquus superior. In Primärstellung (Geradeausblick) kann dieser Muskel den Bulbus oculi einwärts rollen und nach unten lateral bewegen. Befindet sich das Auge jedoch in Adduktionsstellung, ist der M. obliquus superior hauptverantwortlich für die Senkung des Augapfels nach lateral unten.
Verlauf
Der N. trochlearis tritt als einziger Hirnnerv dorsal unmittelbar unterhalb der Colliculi inferiores aus dem Hirnstamm aus. Er verläuft innerhalb der Cisterna ambiens zwischen A. superior cerebelli und A. cerebri posterior um die Hirnschenkel herum nach vorne basal und durchbricht schließlich die Dura mater, um in die seitliche Wand des Sinus cavernosus einzutreten. Hier verläuft er direkt unterhalb des N. oculomotorius. Schließlich durchzieht er den laterokranialen Teil der Fissura orbitalis superior am weitesten lateral und gelangt außerhalb des Anulus tendineus communis (ZINN-Sehnenring) unter dem Orbitadach zum M. obliquus superior.

Hirnnervenkern und zentrale Verknüpfungen
Da der N. trochlearis nur eine Faserqualität führt, gibt es auch nur ein Kerngebiet, den allgemein somatoefferenten Nucleus nervi trochlearis. Dieser befindet sich im Mesencephalon auf Höhe der Colliculi inferiores ventral des Aquädukts. Seine efferenten Fasern kreuzen auf die gegenüberliegende Seite, bevor sie dorsal aus dem Hirnstamm austreten.
Ähnlich wie bereits beim N. oculomotorius erwähnt, sind die Verschaltungen der „Augenmuskelkerne” untereinander und ihre Verknüpfung mit supranukleären, präokulomotorischen Zentren äußerst komplex. Eine nur oder hauptsächlich dem N. trochlearis zugeordnete Bahn ist darüber hinaus nicht beschrieben.

280
Q

N. trigeminus (5. Hirnnerv, N. V)

A

Der Name des N. trigeminus [V] (Drillingsnerv) ergibt sich aus seiner Aufspaltung in 3 Hauptäste zur Innervation des Kopfes: den N. ophthalmicus [V/1], den N. maxillaris [V/2] und den N. mandibularis [V/3]. Der N. trigeminus ist ein gemischter Hirnnerv aus allgemein somatoafferenten und speziell viszeroefferenten Fasern, da er die sich aus dem ersten Schlundbogen entwickelnde Muskulatur versorgt. Dazu zählen die Kaumuskulatur, Anteile der Mundbodenmuskulatur (M. mylohoideus, Venter anterior musculi digastrici) und kleinere Muskeln an der Tuba auditiva bzw. in der Cavitas tympani (M. tensor veli palatini, M. tensor tympani). Allgemein somatoafferente Fasern leiten insbesondere die Sensibilität sowie das Temperatur- und Schmerzempfinden der Gesichtshaut. Die in die Gesichtshaut ausstrahlende mimische Muskulatur wird jedoch vom N. facialis [VII] innerviert.

Verlauf und Äste
Die Aufteilung des N. trigeminus in seine beiden Faserqualitäten ist bereits bei seinem Austritt aus dem Hirnstamm im Bereich des lateralen Pons makroskopisch sichtbar. Hier lassen sich eine größere Radix sensoria nervi trigemini (syn.: Portio major) und eine Radix motoria nervi trigemini (syn.: Portio minor) unterscheiden. Beide Hirnnervenanteile ziehen über die Margo superior des Felsenbeins, um in einer taschenförmigen Duraduplikatur, dem Cavum trigeminale, das Ganglion trigeminale (GASSERI), zu bilden. Das Ganglion trigeminale liegt auf der Facies anterior an der Spitze der Pars petrosa ossis temporalis in der Impressio trigeminalis. Dieses Ganglion enthält zum Großteil die Perikarya der pseudounipolaren sensiblen Neurone, die entsprechend ihrer Versorgungsgebiete somatotop in dorsoventraler Ausrichtung angeordnet sind. Direkt nach dem Ganglion teilt sich der N. trigeminus in seine 3 Hauptäste, die durch jeweils unterschiedliche Öffnungen in der Schädelbasis die mittlere Schädelgrube verlassen.
Die speziell viszeroefferenten Fasern entstammen dem im Pons gelegenen Nucleus motorius nervi trigemini, die allgemein somatoafferenten Fasern enden in einer lang gestreckten Kernsäule, die als Nucleus mesencephalicus nervi trigemini im Mittelhirn beginnt, bis zum Nucleus principalis (syn.: Nucleus pontinus) im Pons reicht und sich über die gesamte Medulla oblongata in den Nucleus spinalis nervi trigemini fortsetzt.

Hirnnervenkerne des N. trigeminus
Der N. trigeminus führt selbst nur 2 Faserqualitäten, allgemein viszeroefferente Fasern lagern sich ihm nur peripher an. So lassen sich speziell viszeroefferente Fasern mit einem entsprechenden Hirnnervenkern und allgemein somatoafferente Fasern mit einem zugehörigen Kernkomplex unterscheiden. Letzterer bildet die rostrale Fortsetzung von Neuronen des spinalen Hinterhorns, sodass sich hier Analogien zwischen dem spinoafferenten und dem trigeminoafferenten System ergeben. In beiden Systemen finden sich je nach Sinnesmodalität unterschiedliche neuronale Wege der Verschaltung: Hier sind die epikritische, propriozeptive und protopathische (Leitung von Mechano-/Thermo- und Nozizeptoren) Impulsleitung der Haut und die der Schleimhäute separat zu betrachten. Anders als bei den übrigen Hirnnervenkernen kann dieser Trigeminuskomplex daher entsprechend den beschriebenen Sinnesmodalitäten in 3 Unterkerne differenziert werden
Kern der speziell viszeroefferenten Fasern
Der Nucleus motorius nervi trigemini liegt in der Pars dorsalis pontis und erreicht die laterale Region der periaquäduktalen Zone sowie den lateralen Winkel des IV. Ventrikels. In ihm befinden sich die Perikarya der speziell viszeroefferenten Fasern, die als Radix motoria mit dem N. mandibularis zur Kaumuskulatur ziehen.
Kerne der allgemein somatoafferenten Fasern
Nucleus mesencephalicus nervi trigemini
Dieser Radix motoria lagern sich propriozeptive afferente Fasern aus den Muskelspindeln der Kaumuskulatur an, die im Hirnstamm den Tractus mesencephalicus nervi trigemini bilden und den im Mittelhirn liegenden Nucleus mesencephalicus nervi trigemini erreichen. Die Perikarya dieser propriozeptiven Afferenzen liegen nicht im Ganglion trigeminale, sondern direkt im Nucleus mesencephalicus. Der Nucleus mesencephalicus nervi trigemini wird daher auch als einziges zentrales Ganglion bezeichnet.
Nucleus principalis [pontinus] nervi trigemini
Die Perikarya der anderen Afferenzen liegen im Ganglion trigeminale. Impulse der feinen Diskrimination von Mechanorezeptoren werden von hier über das zentrale Axon auf das 2. Neuron im Nucleus principalis [pontinus] nervi trigemini im kranialen Pons ungefähr auf Höhe der Austrittsstelle des N. trigeminus geleitet.
Nucleus spinalis nervi trigemini
Gering diskriminierende Mechanorezeptoren projizieren zwar auch über das Ganglion trigeminale, aber von dort weiter auf ein 2. Neuron im Nucleus spinalis nervi trigemini. In der Pars caudalis des Nucleus spinalis nervi trigemini enden auch die Fasern der trigeminalen Thermo- und Nozizeptoren. Der lang gestreckte Nucleus spinalis nervi trigemini durchzieht relativ weit lateral die gesamte Medulla oblongata und setzt sich nach kaudal bis in das Hinterhorn des Rückenmarks (C6) fort. Dabei ist er in ventrodorsaler Richtung somatotop gegliedert, in dem die afferenten Fasern bzw. Neurone des N. mandibularis [V/3] am weitesten dorsal, die des N. ophthalmicus [V/1] am weitesten ventral mit einem dazwischen liegenden Abschnitt für den N. maxillaris [V/2] positioniert sind. Klinisch noch wichtiger ist die Somatotopie dieses Hirnnervenkerns in rostrokaudaler Ausrichtung: Afferenzen aus der perioralen Zone liegen im Kern am weitesten rostral, während mit zunehmender Entfernung von der Lippenspalte die Afferenzen weiter kaudal im Kern enden. Dieser Somatotopie der Trigeminusfasern entsprechen konzentrische Begrenzungslinien, die SÖLDER-Linien, der zentralsensiblen Versorgungsgebiete der Gesichtshaut

281
Q

N. ophthalmicus

A

Der N. ophthalmicus [V/1] ist ein rein afferenter Nerv, der Impulse aus dem Bereich der Orbita, des Bulbus oculi inkl. der Cornea, der Haut der Stirn bis zur Scheitellinie und des Nasenrückens, aber auch der Schleimhaut der Siebbeinzellen, der Keilbeinhöhle, des Nasenseptums und der Dura der vorderen Schädelhöhle leitet. Er bildet die Grundlage des Kornealreflexes.
Der N. ophthalmicus [V/1] verläuft nach dem Ganglion trigeminale auf seinem Weg zur Fissura orbitalis superior durch den Sinus cavernosus bzw. in seiner lateralen Begrenzung durch die Dura mater. Der Sinus cavernosus schmiegt sich beidseits von lateral dem Corpus ossis sphenoidalis mit der in seinem Inneren befindlichen Keilbeinhöhle (Sinus sphenoidalis) an. Noch im Sinus cavernosus gibt der N. ophthalmicus einen R. meningeus recurrens (syn.: R. tentorius) für die Dura der vorderen Schädelhöhle und das Tentorium cerebelli ab. Vor dem Durchtritt durch die Fissura orbitalis superior spaltet sich der N. ophthalmicus in seine 3 Hauptäste auf:
• N. nasociliaris (1. Hauptast): Er zieht durch den Anulus tendineus zur medialen Orbitawand. Hier teilt er sich in die beiden Nn. ethmoidales anterior et posterior auf:Der N. ethmoidalis anterior erreicht durch das gleichnamige Foramen der Orbita mit seinem R. meningeus die vordere Schädelhöhle, tritt dann durch die Lamina cribrosa, um so in die Nasenhöhle zu gelangen. Seine Rr. nasales anteriores laterales et septi innervieren den vorderen Abschnitt der Nasenhöhle und des Nasenseptums sowie die vorderen Siebbeinzellen. Seine Endäste verlassen die Nasenhöhle erneut als Rr. nasales externi für das Hautareal des Nasenrückens bis zur Nasenspitze.Der N. ethmoidalis posterior erreicht ebenfalls durch das gleichnamige Foramen der Orbita die hinteren Siebbeinzellen.Der Verlauf des N. nasociliaris wird schließlich vom N. infratrochlearis fortgesetzt, dessen Äste den medialen Augenwinkel versorgen. Sensible Äste zum Ganglion ciliare ziehen mit den Nn. ciliares breves et longi zum Bulbus oculi und versorgen Cornea und Conjunctiva.
• N. frontalis (2. Hauptast): Er verläuft entlang des Orbitadachs, um mit seinen beiden Endästen, dem N. supraorbitalis und dem N. supratrochlearis, Stirn, Stirnhöhle und Oberlid sensibel zu versorgen.
• N. lacrimalis (3. Hauptast): Er verläuft entlang der lateralen Orbita über dem M. rectus lateralis zur Tränendrüse. Über den R. communicans cum nervo zygomatico lagern sich hier postganglionäre allgemein viszeroefferente Fasern des N. facialis [VII] aus dem Ganglion pterygopalatinum an. Sensible Fasern gelangen auch zu lateralem Augenwinkel, Oberlid und Konjunktiva.

282
Q

N. maxillaris

A

Der N. maxillaris [V/2] ist ein rein afferenter Nerv, der Impulse aus dem Bereich des Unterlids, der Wangenhaut und der Oberlippe leitet. Sein kutanes Innervationsareal umfasst dabei auch die Haut über dem Jochbein und der Schläfenregion. Zusätzlich führt er aber auch Afferenzen aus den Schleimhäuten der hinteren und unteren Nasenhöhle, der Kieferhöhle, des Gaumens und des Oberkiefers einschließlich der zugehörigen Oberkieferzähne sowie der Hirnhäute der mittleren Schädelgrube. Nach seinem Durchtritt durch das Ganglion trigeminale verläuft er zusammen mit dem N. ophthalmicus durch den Sinus cavernosus, befindet sich allerdings weiter basolateral in der seitlichen Begrenzung des Sinus, bevor er durch das Foramen rotundum in die Fossa pterygopalatina gelangt. Die Aufzweigungen des N. maxillaris [V/2] sind:
• Noch intrakraniell verlässt ein R. meningeus den N. maxillaris zur Dura der mittleren Schädelgrube. In der Fossa pterygopalatina zweigen vom N. maxillaris ab:
• Der N. zygomaticus nimmt postganglionäre allgemein viszeroefferente Fasern des N. facialis [VII] auf, gelangt durch die Fissura orbitalis inferior in die Orbita und gibt diese Fasern dort über den R. communicans cum nervo zygomatico in Richtung Glandula lacrimalis ab. Die trigeminalen allgemein somatoafferenten Fasern verlaufen entlang der lateralen Orbitawand und treten mit den Rr. zygomaticotemporalis et zygomaticofacialis durch gleichnamige Kanäle durch das Jochbein hindurch an die Gesichtsoberfläche, um die Haut an der Schläfe, über dem Jochbein und am lateralen Augenwinkel zu innervieren.
• Rr. alveolares superiores posteriores versorgen die Oberkiefermolaren mit angrenzenden Bereichen des Sinus maxillaris und der Gingiva. Die Rr. alveolares superiores medii et anteriores aus dem N. infraorbitalis (s. u.) versorgen entsprechend die Prämolaren, Eck- und Schneidezähne. Die Gesamtheit aller Rr. alveolares superiores wird als Plexus dentalis superior bezeichnet.
• Der N. infraorbitalis ist der Endast des N. maxillaris [V/2]. Anders als die bisherigen Äste gelangt er zunächst über die Fissura orbitalis inferior in die Orbita, verlässt diese aber umgehend wieder über den Canalis infraorbitalis, um im Dach des Sinus maxillaris nach vorn zu gelangen und unterhalb des Auges am Foramen infraorbitale auszutreten (Trigeminusdruckpunkt V/2).
• Die Rr. nasales posteriores superiores laterales et mediales gelangen durch das Foramen sphenopalatinum nach medial in die Nasenhöhle zur Schleimhaut der lateralen Nasenwandung, des Nasopharynx und der Tuba auditiva. Ein am Septum absteigender Ast, der N. nasopalatinus, erreicht schließlich über den Canalis incisivus die Mundhöhle bzw. die Schleimhaut über dem Os incisivum des harten Gaumens und einen kleinen Abschnitt des Nasenseptums. Die genannten Äste werden zusammenfassend auch als Rr. ganglionares ad ganglion pterygopalatinum bezeichnet.
• Nach kaudal verlassen der N. palatinus major und die Nn. palatini minores in jeweils gleichnamigen Kanälen die Fossa pterygopalatina und gelangen über entsprechende Foramina palatina major et minores zur Schleimhaut des harten und weichen Gaumens.

283
Q

N. mandibularis

A

Der N. mandibularis [V/3] ist im Gegensatz zu den anderen beiden Ästen des N. trigeminus ein gemischter Nerv. Er bildet den kräftigsten vom Ganglion trigeminale abgehenden Anteil, dem sich die Radix motoria anschließt, bevor beide durch das Foramen ovale der mittleren Schädelgrube hindurch in die Fossa infratemporalis gelangen. Zusammenfassend ist der N. mandibularis für die allgemein somatoafferente Innervation der gesamten Unterkieferregion verantwortlich. Er innerviert sensibel Kinn und Vorderohrregion, den angrenzenden Unterkieferbereich mit den Unterkieferzähnen, aber auch die Schleimhaut der Wange und des Zungenrückens (vordere zwei Drittel der Zunge) sowie die Hirnhäute der mittleren Schädelgrube. Die speziell viszeroefferenten Fasern innervieren die Muskulatur, die sich aus dem 1. Schlundbogenmyotom ableitet. Dazu zählen die Kaumuskulatur, aber auch Teile der Mundbodenmuskulatur sowie die „Tensoren” an der Tuba auditiva und dem Trommelfell (M. tensor veli palatini und M. tensor tympani).
Der N. mandibularis [V/3] gibt erst nach Verlassen der Schädelhöhle einen
• rückläufigen R. meningeus ab, der zusammen mit der A. meningea media durch das Foramen spinosum wieder ins Schädelinnere zur Dura gelangt. Direkt unterhalb des Foramen ovale lagert sich dem N. mandibularis von medial das Ganglion oticum an, bevor er sich in einen vorderen und einen hinteren Abschnitt teilt.
• Der vordere Nervenstamm wird auch als N. masticatorius (Kaunerv) bezeichnet, da sich aus ihm die meisten speziell viszeroefferenten Fasern für die Kaumuskulatur ableiten:
– Die Nn. pterygoidei lateralis et medialis sind feine Äste, die direkt zur Kaumuskulatur ziehen. Der N. pterygoideus medialis gibt meistens die speziell viszeroefferenten Fasern für den M. tensor veli palatini und den M. tensor tympani ab.
– Die Nn. temporales profundi für den M. temporalis und der N. massetericus für den M. masseter sind die speziell viszeroefferente Versorgung der Kieferschließer.
– Einziger afferenter Nerv des N. masticatorius ist der N. buccalis: Er durchbohrt den M. buccinator und innerviert die Wangenschleimhaut mit den angrenzenden bukkalen Abschnitten der Gingiva.
• Der hintere Hauptstamm des N. mandibularis enthält gemischte Faserqualitäten:
– N. auriculotemporalis: Er bildet in seinem Verlauf nach lateral eine Schlinge um die A. meningea media. Seine allgemein somatoafferenten Fasern gelangen schließlich zur Haut vor dem Ohr und mit einem kleinen Ast, dem N. meatus acustici externi, zum äußeren Gehörgang und zum Trommelfell. Zusammen mit Ästen der A. temporalis superficialis reichen seine Äste bis nach kranial an die Schläfe. Dem N. auriculotemporalis lagern sich darüber hinaus postganglionäre allgemein viszeroefferente Fasern des N. glossopharyngeus [IX] vom Ganglion oticum für die Innervation der Glandula parotidea an.
– N. alveolaris inferior: Er verläuft zwischen den beiden Mm. pterygoidei nach kaudal. Am Foramen mandibulae tritt er in den knöchernen Canalis alveolaris inferior der Mandibula ein und versorgt mit seinen feinen Ästen des Plexus dentalis inferior die Zähne des Unterkiefers mit angrenzender Gingiva. Am Foramen mentale tritt der N. alveolaris inferior als N. mentalis an die Oberfläche (Trigeminusdruckpunkt V/3) und versorgt hier die Haut des Kinns und der Unterlippe. Kurz vor seinem Eintritt in das Foramen mandibulae zweigt der N. mylohyoideus zur speziell viszeroefferenten Innervation des gleichnamigen Muskels und des Venter anterior musculi digastrici ab.
– N. lingualis: Er verläuft medial des N. alveolaris inferior und nahezu parallel zu ihm nach kaudal, tritt aber nicht ins Foramen mandibulae ein, sondern erreicht die Zungenwurzel. Er innerviert mit allgemein somatoafferenten Fasern die vorderen zwei Drittel der Zungenschleimhaut und die Glandula sublingualis. Bereits in seinem kranialen Abschnitt lagern sich dem N. lingualis präganglionäre allgemein viszeroefferente Fasern und speziell viszeroafferente Geschmacksfasern aus der Chorda tympani des N. facialis [VII] an. Die allgemein viszeroefferente Fasern werden im weiteren Verlauf im Ganglion submandibulare umgeschaltet und steuern die Drüsensekretion der Glandulae sublingualis et submandibularis. Die Geschmacksfasern der Chorda tympani kommen von Geschmacksknospen von Zungenrücken und -spitze, lagern sich dem N. lingualis an und gelangen über die Fissura petrosquamosa letztlich zum N. facialis [VII].

284
Q

Zentrale Verknüpfungen des N. trigeminus

A

Die zentralen neuronalen Verschaltungen der Hirnnervenkerne des N. trigeminus umfassen einerseits die Regulation der mastikatorischen Funktion, z. B. des Kaudrucks, die Steuerung von Reflexen, aber auch die bewusste Wahrnehmung von Empfindungen an Haut und Schleimhäuten im Kopfbereich.
Nucleus mesencephalicus nervi trigemini
Für diese Steuermechanismen bilden die Neurone des Nucleus mesencephalicus direkte Synapsen mit den Neuronen des Nucleus motorius nervi trigemini. Propriozeptive Impulse aus der Kaumuskulatur projizieren dadurch direkt auf Motoneurone. Eine solche monosynaptische Verschaltung im motorischen System ist letztlich einem Muskeleigenreflex wie dem Patellarsehnenreflex vergleichbar. Entsprechend wird hier von einem Masseter-Muskeleigenreflex gesprochen.
Nucleus motorius nervi trigemini
Der Nucleus motorius nervi trigemini erhält auch afferente Impulse aus Gesicht und Mundhöhle, die ihn sekundär über Neurone des sensiblen Trigeminuskerns und über Interneurone der Formatio reticularis erreichen. Über die Formatio reticularis nimmt auch das limbische System Einfluss auf die Aktivität des Nucleus motorius. Die wichtigsten Afferenzen aber erhält der Kern über Fibrae corticonucleares für die willkürliche motorische Steuerung, die vom motorischen Cortex ausgehend über die Capsula interna den Kernkomplex bilateral erreichen. Einseitige Läsionen dieser Fasern, z. B. im Rahmen eines Schlaganfalls, bleiben aufgrund der bilateralen Innervation des Kerns oft symptomfrei, während eine direkte Schädigung des Kernkomplexes zu einer ipsilateralen Muskelatrophie führt.
Nucleus principalis [pontinus] nervi trigemini
Impulse der Feinpunktdiskrimination, Vibration und das Empfinden des Kaudrucks auf den Zahnhalteapparat werden vom Körper bewusst wahrgenommen, indem sie vom 2. Neuron im Nucleus principalis nervi trigemini über den Thalamus in den somatosensorischen Cortex weitergeleitet werden. Diese efferenten Axone des Hauptkerns kreuzen meist auf die Gegenseite und bilden den Tractus trigeminothalamicus anterior, der sich dem Lemniscus medialis anschließt und im Thalamus das 3. Neuron im Nucleus ventralis posteromedialis erreichen (spinoafferente Fasern erreichen dagegen den Nucleus ventralis posterolateralis im Thalamus). Ungekreuzte Fasern erreichen über den Tractus trigeminothalamicus posterior den ipsilateralen Thalamus, bevor sie zum Cortex weitergeleitet werden. Dieser posteriore Tractus leitet zusätzlich Berührungs- und Druckempfinden aus der Mundhöhle einschließlich der Zähne.
Nucleus spinalis nervi trigemini
Die Verschaltung von Impulsen des Schmerz- und Temperaturempfindens im Kopfbereich (protopathische Sensibilität) ist analog zum spinothalamischen System des Rückenmarks organisiert. Statt im Spinalganglion befindet sich hier das Perikaryon des 1. Neurons im Ganglion trigeminale und leitet die Impulse dem 2. Neuron im Nucleus spinalis nervi trigemini zu. Die zentralen Efferenzen dieses Kerns kreuzen dann zur Gegenseite und verlaufen zusammen mit den Efferenzen des Nucleus principalis nervi trigemini im Tractus trigeminothalamicus anterior zum Nucleus ventralis posteromedialis des Thalamus (3. Neuron), aber auch zu intralaminären Thalamuskernen. Die Impulse dieser Sinnesmodalität werden ebenfalls über thalamokortikale Projektionen zu Bewusstsein gebracht.
Weitere neuronale Verknüpfungen des Nucleus spinalis nervi trigemini finden sich zur Formatio reticularis. Funktionell resultiert aus dieser Verschaltung eine allgemeine Aktivitätssteigerung im ZNS. Gut veranschaulichen lässt sich dies z. B. daran, dass die Reizung der nasalen Trigeminusfasern mit Riechsalz (Ammoniak) im 18. Jahrhundert als übliches Therapeutikum bei Schwindel- und Ohnmachtsanfällen eingesetzt wurde. Starke trigeminale Reizungen durch Geruchsstoffe in der Nasenhöhle [V/2], durch „scharfe” Geschmacksstoffe in der Mundhöhle [V/3] oder der Augen [V/1], z. B. beim Zwiebelschneiden, führen häufig zu einer reflektorischen Vermehrung des Speichel- oder Tränenflusses, sodass man hier von neuronalen Verknüpfungen zu den allgemein viszeroefferenten Kerngebieten (Nucleus salivatorii superior et inferior) ausgeht.

285
Q

N. abducens (6. Hirnnerv, N. VI)

A

Der N. abducens [VI] führt allgemein somatoefferente Fasern und ist verantwortlich für die motorische Innervation des M. rectus lateralis, der den Bulbus oculi abduzieren kann.
Verlauf und Äste
Der N. abducens tritt direkt unterhalb des Pons nahe der Mittellinie aus dem Hirnstamm aus. Er verläuft anschließend durch die Cisterna pontis nach vorne, gelangt am Clivus unter die Dura, überquert in seinem weiteren, extraduralen Verlauf die Spitze des Felsenbeins und tritt in den Sinus cavernosus ein, in dem er als einziger Hirnnerv nicht an seinem Rand verläuft, sondern durch den er hindurchzieht. In die Orbita gelangt er mediokaudal durch die Fissura orbitalis superior zwischen R. superior des N. oculomotorius und N. nasociliaris des N. ophthalmicus. Schließlich zieht er durch den Anulus tendineus communis (ZINN-Sehnenring) zum M. rectus lateralis.
Zwei Aspekte sind bei der topografischen Anatomie des N. abducens hervorzuheben:
• Von allen Hirnnerven hat er den längsten intrakraniellen, extraduralen Verlauf.
• Er zieht als einziger Hirnnerv mitten durch den Sinus cavernosus.
Hirnnervenkern und zentrale Verknüpfungen
Aufgrund seiner Faserzusammensetzung besitzt der N. abducens einen allgemein somatoefferenten Hirnnervenkern, den Nucleus nervi abducentis. Dieser befindet sich in der Pars dorsalis pontis unter dem Boden der Rautengrube. Topografisch bedeutsam ist die in horizontalen Schnittbildern gut erkennbare dorsale Umrundung des Nucleus nervi abducentis durch Fasern des N. facialis [VII]. Dies wird als inneres Fazialisknie bezeichnet.
Die Verschaltungen der „Augenmuskelkerne” untereinander und ihre Verknüpfung mit supranukleären, präokulomotorischen Zentren sind äußerst komplex. Insbesondere für konjugierte horizontale Augenbewegungen ist der Fasciculus longitudinalis medialis (FLM) von Bedeutung, der den Nucleus nervi abducentis mit einem kontralateralen Subnucleus des Nucleus nervi oculomotorii verbindet

286
Q

N. facialis (7. Hirnnerv, N. VII)

A

Eine der Hauptaufgaben des N. facialis [VII] ist die motorische Innervation der mimischen Muskulatur. Darüber erklärt sich auch sein Name „Gesichtsnerv”. Da sowohl der N. facialis als auch die mimische Muskulatur dem 2. Schlundbogen entstammen, sind die entsprechenden motorischen Nervenfasern speziell viszeroefferent. Daneben enthält der N. facialis Fasern weiterer Qualitäten, die zum sog. Nervus-intermedius-Anteil des N. facialis zusammengefasst werden können:
• allgemein viszeroefferente Fasern zur parasympathischen Innervation von Tränendrüse und Speicheldrüsen (bis auf die Glandula parotidea)
• speziell viszeroafferente Geschmacksfasern der vorderen zwei Drittel der Zunge
• allgemein somatoafferente Fasern vom äußeren Ohr.
Verlauf und Äste
Intermedius- und eigentlicher Fazialisanteil des N. facialis verlassen den Hirnstamm rostral der Olive im sog. Kleinhirnbrückenwinkel. Sie treten über den Porus bzw. Meatus acusticus internus mit dem N. vestibulocochlearis [VIII] in die Felsenbeinpyramide ein und verlaufen anschließend als gemeinsamer Nervenstamm in einem knöchernen Kanal, dem sog. Canalis nervi facialis. Etwa 1 cm nach Eintritt in diesen Kanal wendet sich der Nervenstamm im sog. äußeren Fazialisknie (Ganglion geniculi) nach dorsolateral und verläuft in der Hinterwand der Paukenhöhle bogenförmig nach kaudal bis zum Foramen stylomastoideum, durch das er die Schädelbasis verlässt. Schließlich teilt er sich innerhalb der Glandula parotidea, die jedoch weder efferent noch afferent von ihm innerviert wird, in seine Endäste auf. In seinem Verlauf durch den Canalis nervi facialis gibt der N. facialis von proximal nach distal folgende Äste ab:
• N. petrosus major: Dieser allgemein viszeroefferente Ast verlässt den Stamm des N. facialis am Ganglion geniculi, zieht durch den Hiatus canalis nervi petrosi majoris zur Vorderfläche des Felsenbeins und gelangt in einer eigenen Rinne verlaufend, von Dura mater bedeckt, durch das Foramen lacerum in den Canalis pterygoideus des Os sphenoidale. Hier vereinigt er sich mit dem sympathischen N. petrosus profundus. Beide Nerven ziehen gemeinsam als N. canalis pterygoidei in die Fossa pterygopalatina. Im Ganglion pterygopalatinum werden die allgemein viszeroefferenten Fasern des N. petrosus major von prä- auf postganglionär umgeschaltet. Die postganglionären, sekretorischen Fasern lagern sich im weiteren Verlauf teilweise dem N. zygomaticus des N. maxillaris [V/2] an und gelangen mit ihm in die Orbita und über den N. lacrimalis des N. ophthalmicus [V/1] zur Glandula lacrimalis oder sie verlaufen als Nn. palatini und Nn. nasales posteriores zu den oberen Gaumen- bzw. hinteren Nasendrüsen.
• N. stapedius: Hierbei handelt es sich um einen speziell viszeroefferenten Ast, der den M. stapedius des Mittelohrs motorisch innerviert.
• Chorda tympani bzw. Paukensaite: Dieser Fazialisast enthält v. a. allgemein viszeroefferente sowie speziell viszeroafferente gustatorische Fasern. Die Chorda tympani zieht vom Canalis nervi facialis aus durch einen eigenen knöchernen Kanal retrograd zum Mittelohr zurück. Darin verläuft sie medial des Trommelfells zwischen Hammergriff und Amboss. Anschließend zieht sie über die Fissura sphenopetrosa bzw. Fissura petrotympanica (unterschiedliche Angaben in der Literatur) in die Fossa infratemporalis und lagert sich von dorsal dem N. lingualis [V/3] an, mit dem ihre Fasern zum Ganglion submandibulare bzw. zu den vorderen zwei Dritteln der Zunge gelangen. Im Ganglion submandibulare werden die allgemein viszeroefferenten Fasern von prä- auf postganglionär umgeschaltet. Letztere stellen die sekretorische Versorgung der Glandulae sublingualis et submandibularis sicher.
Am Foramen stylomastoideum zweigen der N. auricularis posterior, der R. digastricus und der R. stylohyoideus vom N. facialis ab. Der N. auricularis posterior versorgt mit seinen speziell viszeroefferenten Fasern den M. occipitofrontalis (R. occipitalis) und mit seinen allgemein somatoafferenten Fasern (R. auricularis) die Haut über der Ohrmuschel. Die Rr. digastricus et stylohyoideus innervieren den Venter posterior des M. digastricus und den M. stylohyoideus speziell viszeroefferent
Nachdem der N. facialis [VII] den Canalis nervi facialis durch das Foramen stylomastoideum verlassen hat, bildet er innerhalb der Glandula parotidea in der Fossa retromandibularis ein Geflecht aus speziell viszeroefferenten Fasern (Plexus intraparotideus). Daraus formieren sich 2 Hauptnervenstämme, von denen der weiter kranial gelegene (R. temporofacialis, klinisch: „Stirnast”) mit den Rr. temporales die Muskulatur der Stirn und der Augenlider innerviert und der weiter kaudal gelegene (R. cervicofacialis) mit den Rr. zygomatici et buccales, dem R. marginalis mandibulae und dem R. colli die Muskulatur von Wange, Lippen und Kinn. Die aufgeführten Äste treten aus dem Vorderrand der Parotis fächerförmig aus und gelangen subkutan zur mimischen Muskulatur.

Hirnnervenkerne und zentrale Verknüpfungen
Entsprechend seinen 4 Faserqualitäten besitzt der N. facialis 4 Hirnnervenkerne:
• Die speziell viszeroefferenten Fasern zur Versorgung der mimischen Muskulatur und der Mm. stapedius, digastricus et stylohyoideus haben ihren Ursprung im Nucleus nervi facialis. Dieser motorische Kernkomplex, der eine obere und eine untere Zellgruppe besitzt, befindet sich im kaudalen Teil der Pars dorsalis pontis. Seine efferenten Fasern verlaufen zunächst nach dorsal und schlingen sich von kaudal aus dorsal um den Abduzenskern nach ventrolateral, wodurch sie das sog. innere Fazialisknie (Genu nervi facialis) bilden. Das Fazialisknie bildet eine Vorwölbung, den in der Dorsalansicht des Hirnstamms bzw. der Rautengrube erkennbaren Colliculus nervi facialis.
• Die Ursprungsneurone der allgemein viszeroefferenten Fasern befinden sich im parasympathischen Nucleus salivatorius superior, der in der direkten Umgebung des Nucleus nervi facialis im Pons liegt.
• Die speziell viszeroafferenten Geschmacksfasern des N. facialis enden im oberen Abschnitt des Solitariuskernkomplexes, der auch als Nucleus ovalis der Nuclei tractus solitarii bezeichnet wird und in der Medulla oblongata zu finden ist.
• Im Nucleus spinalis nervi trigemini enden wenige allgemein somatoafferente Fasern von der Haut der Ohrmuschel.
Der speziell viszeroefferente Nucleus nervi facialis erhält direkte und indirekte Afferenzen aus wichtigen Arealen des motorischen Systems, u. a. aus dem motorischen Cortex, aus motorischen Hirnstammzentren und aus dem Rückenmark. Die willkürliche Mimik wird z. B. durch direkte Projektionen gesteuert, die aus dem motorischen Cortex stammen und über den Tractus corticonuclearis in den Nucleus nervi facialis ziehen. Die emotionelle Mimik hingegen scheint durch indirekte Projektionen in den Nucleus nervi facialis aus dem limbischen System kontrolliert zu werden. Als Zwischenschaltstation dient hierbei die laterale Zone der Formatio reticularis im Hirnstamm.
Darüber hinaus erhält der Nucleus nervi facialis u. a. afferenten Input aus akustischen Relaiskernen, z. B. aus dem oberen Olivenkernkomplex. Dies dient dazu, bei zu großem Lärm durch Kontraktion des vom N. stapedius innervierten M. stapedius die Stapesbewegungen zu zügeln und damit die Schallübertragung aufs Innenohr abzuschwächen.
Eine weitere wichtige Verknüpfung besteht zwischen Nucleus ovalis des Solitariuskernkomplexes, der Formatio reticularis und den Nuclei nervi facialis, motorius nervi trigemini et salivatorii. Diese ist von großer Bedeutung bei der Nahrungsauswahl (gustatorische Reizweiterleitung über die Chorda tympani des N. facialis) und Nahrungsaufnahme (z. B. Induktion der Speichelsekretion über die Chorda tympani des N. facialis).

287
Q

N. vestibulocochlearis (8. Hirnnerv, N. VIII)

A

Der N. vestibulocochlearis [VIII] (syn.: N. statoacusticus) setzt sich aus dem N. vestibularis (Gleichgewichtsnerv) und dem N. cochlearis (Hörnerv) zusammen und enthält sowohl speziell somatoafferente als auch efferente Fasern. Die speziell somatoafferenten Fasern:
• des N. vestibularis sind zentrale afferente Fortsätze des 1. Neurons der Gleichgewichtsbahn (bipolar, Perikaryon im Ganglion vestibulare im Meatus acusticus internus)
• des N. cochlearis sind zentrale afferente Fortsätze des 1. Neurons der Hörbahn (bipolar, Perikaryon im Ganglion spirale in der Cochlea)
Eine Besonderheit sind die efferenten Fasern des N. vestibulocochlearis. Diese efferenten axonalen Fortsätze von Neuronen aus dem oberen Olivenkomplex sind für die efferente Innervation der Haarzellen des Innenohrs verantwortlich. Man bezeichnet sie als olivokochleäres Bündel. Die Fasern verlaufen zunächst im N. vestibularis und wechseln innerhalb des Meatus acusticus internus auf den N. cochlearis, mit dem sie zu den Haarzellen gelangen.

Verlauf und Äste
Der N. vestibulocochlearis tritt etwas kaudolateral des N. facialis [VII] aus dem Hirnstamm rostral der Olive im sog. Kleinhirnbrückenwinkel aus und verläuft nach seiner Aufteilung in N. vestibularis und N. cochlearis gemeinsam mit dem N. facialis durch Porus und Meatus acusticus internus des Felsenbeins

Hirnnervenkerne und zentrale Verknüpfungen
Dem N. vestibulocochlearis sind 6 Kerne zugeordnet:
• Zwei Cochleariskerne liegen im Pons (Nuclei cochleares posterior et anterior). Ihre wichtigsten zentralen Efferenzen verlaufen im Lemniscus lateralis – dem Teil der Hörbahn, der die Cochleariskerne mit den Colliculi inferiores des Mesencephalons verbindet.
• Vier Vestibulariskerne liegen im Pons und in der Medulla oblongata (Nuclei vestibularis superior [BECHTEREW], vestibularis inferior [ROLLER], vestibularis lateralis [DEITERS] et vestibularis medialis [SCHWALBE]). Sie sind zentral weitaus komplexer verschaltet als die Cochleariskerne. Sie erhalten Afferenzen aus dem Vestibularorgan, dem Rückenmark und dem Kleinhirn und projizieren efferent über den Thalamus zum Cortex, zu präokulomotorischen Zentren und den Augenmuskelkernen sowie zurück ins Kleinhirn und ins Rückenmark. Diese zahlreichen Faserverbindungen dienen schließlich dazu, den Körper im Gleichgewicht zu halten und mit den Augen auch bei Veränderung der Körperlage Objekte weiterverfolgen zu können.

288
Q

N. glossopharyngeus (9. Hirnnerv, N. IX)

A

Der Name des IX. Hirnnervs verdeutlicht bereits seine Zielorgane: Der N. glossopharyngeus [IX] ist ein branchiogener Hirnnerv des 3. Schlundbogens, der insbesondere für die Innervation des hinteren Zungendrittels („glosso”) und den sich daran anschließenden Bereich des Pharynx („pharyngeus”) einschließlich des weichen Gaumens verantwortlich ist. Er übernimmt entscheidende Funktionen bei der Koordination des Schluckvorgangs, insbesondere für die dabei erforderliche Trennung von Atem- und Speisewegen am weichen Gaumen, bei der Sprachbildung, bei der Wahrnehmung bitteren Geschmacks im hinteren Zungendrittel sowie in der Atem- und Kreislaufregulation.

Verlauf und Äste
Der Nerv tritt zusammen mit dem N. vagus [X] und dem N. accessorius [XI] im Sulcus retroolivaris zwischen der Olive und dem unteren Kleinhirnstiel aus dem Hirnstamm aus. Zusammen mit diesen Nerven verlässt er im Foramen jugulare die Schädelhöhle.
Der N. glossopharyngeus ist ein gemischter Hirnnerv mit 5 unterschiedlichen Faserqualitäten. Lässt man die Unterteilung des Nucleus tractus solitarii [Nucleus solitarius] in eine Pars superior und eine Pars inferior außer Acht, lassen sich entsprechend 4 Hirnnervenkerne unterscheiden. Am Foramen jugulare bildet der N. glossopharyngeus ähnlich wie der N. vagus 2 Ganglien:
• Das Ganglion superius ist das kleinere von beiden und enthält die Perikarya pseudounipolarer, allgemein somatoafferenter Nervenzellen.
• Das Ganglion inferius ist etwas größer und enthält Perikarya von allgemein und speziell viszeroafferenten pseudounipolaren Nervenzellen.
Der Hauptstamm des Nervs verläuft dann zwischen dem M. stylopharyngeus, seinem Leitmuskel, und dem medial dazu liegenden M. styloglossus nach kaudal, um bogenförmig die Zungenwurzel zu erreichen. Auf seinem Weg entlässt er Äste zum Mittelohr, zur Parotis und zum Glomus und Sinus caroticus:
• N. tympanicus: Der N. tympanicus verlässt den N. glossopharyngeus am Ganglion inferius mit allgemein viszeroefferenten und allgemein viszeroafferenten Fasern. Durch den Canalis tympanicus gelangt er ins Mittelohr, um dort auf dem Promontorium zusammen mit sympathischen Fasern, den Nn. caroticotympanici, den Plexus tympanicus zu bilden:
– Von hier aus erreicht der R. tubarius die Tuba auditiva, um diese sensibel zu innervieren.
– Der N. petrosus minor verlässt die Cavitas tympani erneut, indem er durch den Hiatus bzw. Canalis nervi petrosi minoris das Tegmen tympani durchbricht und wieder ins Schädelinnere gelangt. Er verläuft auf der Vorderseite der Pars petrosa, dem Felsenbein des Os temporale, zum Foramen lacerum, um auf diesem Weg in die Fossa infratemporalis zu gelangen. Die Umschaltung auf postganglionäre allgemein viszeroefferente Fasern erfolgt im Ganglion oticum, das direkt am Foramen ovale medial des N. mandibularis [V/3] liegt. Diese Verbindung zwischen N. tympanicus und Ganglion oticum wird auch als JACOBSON-Anastomose bezeichnet. Die postganglionären Fasern lagern sich schließlich dem N. auriculotemporalis aus dem N. mandibularis [V/3] an, um über diesen und über den N. facialis [VII] zur Parotis zu gelangen. Kleinere Äste erreichen im Mundraum die kleinen Speicheldrüsen der Wange und der Lippen, die Glandulae buccales et labiales.
• R. sinus carotici: Er zieht zu den Chemo- und Barorezeptoren im Glomus caroticus und Sinus caroticus.
• R. musculi stylopharyngei: Er innerviert den Leitmuskel des N. glossopharyngeus, den M. stylopharyngeus.
• Rr. pharyngei: Sie bilden zusammen mit Nervenästen des N. vagus [X] den Plexus pharyngeus zur motorischen und sensiblen Innervation des Pharynx. Weitere motorische Fasern erreichen die Mm. palatoglossus et palatopharyngeus, den M. salpingopharyngeus sowie Muskeln und Schleimhaut des weichen Gaumens.
• Rr. tonsillares: Sie übernehmen die sensible Innervation der Tonsille, der Tonsillarbucht und des Isthmus faucium.
• Rr. linguales: Sie erreichen mit sensiblen Fasern das hintere Zungendrittel mit den Papillae vallatae am Sulcus terminalis.

Hirnnervenkerne und zentrale Verknüpfungen
Es lassen sich 4 unterschiedliche Hirnnervenkerne unterscheiden:
• Die Motoneurone der speziell viszeroefferenten Fasern des N. glossopharyngeus befinden sich (zusammen mit denjenigen des N. vagus [X] und des N. accessorius [XI]) im Nucleus ambiguus. Dieses Kerngebiet liegt in der ventrolateralen Formatio reticularis der Medulla oblongata.
• Das Kerngebiet der allgemein viszeroefferenten Fasern, der Nucleus salivatorius inferior, ist für die Innervation der Speicheldrüsen verantwortlich und ist am weitesten kaudal im Hirnstamm positioniert. Dieses Kerngebiet liegt an der Grenze zwischen Pons und Medulla oblongata.
• Geschmacksfasern des N. glossopharyngeus, aber auch des N. facialis [VII] und des N. vagus [X] enden im Nucleus tractus solitarii. Der Tractus solitarius reicht vom Fazialiskern bis nach kaudal zur Pyramidenbahnkreuzung. Er zeigt eine somatotopische und funktionelle Gliederung. Während sich in seinem rostralen Abschnitt die Zielneurone der Chorda tympani und des N. petrosus major aus dem N. facialis [VII] befinden, ordnen sich die Zielneurone des N. glossopharyngeus kaudal davon an, gefolgt von jenen des N. vagus [X]. Der obere Teil, die Pars superior bzw. der Nucleus gustatorius für die Geschmacksfasern, lässt sich damit von der Pars inferior des Nucleus tractus solitarii unterscheiden, die für die allgemein viszeroafferenten Fasern u. a. von Baro- und Chemorezeptoren des Sinus und Glomus caroticus zuständig ist.
• Die Perikarya allgemein somatoafferenter Fasern liegen im Ganglion superius des N. glossopharyngeus und enden im Nucleus spinalis nervi trigemini. Dieses Kerngebiet reicht rostral vom Grenzbereich zwischen Pons und Medulla und dem Nucleus principalis nervi trigemini weit nach kaudal, um fließend in die Laminae I–V des Rückenmarks überzugehen. Hier enden auch allgemein somatoafferente Fasern, die zwar vom N. facialis [VII] und vom N. vagus [X] entstammen, aber hauptsächlich über den N. trigeminus als „Dienstleister” geleitet werden.
Die Hirnnervenkerne des N. glossopharyngeus erhalten Afferenzen aus dem Cortex, aber auch aus der Formatio reticularis. Efferente Impulse, insbesondere der Geschmacksleitung, werden, ausgehend vom Nucleus tractus solitarii, weitergeleitet, erreichen den Nucleus ambiguus und über die zentrale Haubenbahn schließlich den ipsilateralen Nucleus basalis ventralis medialis thalami. Nach einer weiteren Umschaltung in diesem Kerngebiet erreichen die Geschmacksfasern das parietale Operculum bzw. die Inselrinde.
Der Nucleus tractus solitarius ist durch seine neuronalen Verknüpfungen auch eine entscheidende Schaltstelle in der Kreislaufregulation bzw. Grundlage des Baroreflexes: Ein erhöhter Blutdruck aktiviert die Barorezeptoren im Sinus caroticus. Afferente Fasern projizieren über die Schaltstelle des Nucleus tractus solitarii auf kardioinhibitorische Neurone im ventralen Abschnitt des Nucleus ambiguus. Von dort erreichen absteigende Bahnen den Nucleus intermediolateralis im Thorakalmark und aufsteigend den Hypothalamus, was eine Hemmung des Sympathikus zur Folge hat. Dadurch nehmen die Herzfrequenz und der peripher vaskuläre Widerstand ab und der Blutdruck sinkt.
Eng verknüpft mit den Kerngebieten zur Kreislaufregulation befindet sich im ventrolateralen Abschnitt des Nucleus tractus solitarii bzw. der ventrolateralen Medulla das sog. Atemzentrum, der Rhythmusgenerator für In- und Exspiration. Diese rhythmogenen respiratorischen Neurone, die als Prä-BÖTZINGER-Komplex bezeichnet werden, leiten Impulse an den N. phrenicus und die Nn. intercostales weiter. Der Atemantrieb und damit die Impulse der zuleitenden Afferenzen zu diesen Neuronen kommen von zentralen und peripheren Chemorezeptoren zur Messung des Liquor- und Blut-pH oder entstehen nichtchemisch durch die Reizung von Dehnungsrezeptoren in der Lunge. Die Atmung wird außerdem über die Nuclei parabranchiales im Pons reguliert, die, ausgehend von Impulsen des limbischen Systems, z. B. bei Angstzuständen, eine Erhöhung der Atemfrequenz an das Atemzentrum signalisieren.
Der N. glossopharynygeus ist auch ein wichtiger Bestandteil des Schluckreflexes (s. u.). Der Schluckakt selbst erfordert das koordinierte Zusammenwirken von Zunge (N. XII), Schleimhautsensibilität im Mund- und Rachenraum (N. trigeminus [V] und N. glossopharyngeus [IX]), Pharynx (N. glossopharyngeus [IX]), Larynx (N. vagus [X]) und Oesophagus. Die beteiligten Neurone werden koordiniert aktiviert und gehemmt durch enge Verknüpfungen der beteiligten Hirnnervenkerne über die laterale und intermediäre Formatio reticularis in der Medulla oblongata.
Außerdem spielen der N. glossopharyngeus bzw. der Nucleus tractus solitarii beim Ablauf des Brechreflexes eine wichtige Rolle. Der Brechreflex ist ein Schutzreflex, der den Körper vor der Aufnahme schädigender Substanzen bewahren soll. Verschiedenste Reize können ihn auslösen: eine mechanische Reizung der Rachenhinterwand über den N. glossopharyngeus, Intoxikationen, hormonelle Umstellungen, getriggert durch optische, vestibuläre oder olfaktorische Reize. Diese afferenten Impulse erregen letztlich den Nucleus tractus solitarius und die Area postrema („Brechzentrum”), um über die Formatio reticularis die für den Brechvorgang erforderlichen Zielorgane zu aktivieren.

289
Q

N. vagus (10. Hirnnerv, N. X)

A

Der N. vagus [X] (lat. vagari = umherschweifen, sich verbreiten) breitet sich von allen Hirnnerven am weitesten nach kaudal aus und erreicht dabei auch die Brust- und Bauchhöhle. Er ist der größte parasympathische Nerv des Körpers und umfasst den kranialen Anteil des parasympathischen autonomen Nervensystems. Außerdem ist er ein branchiogener Hirnnerv, der sich aus der Verschmelzung des 4., (5.) und 6. Schlundbogennervs bildet. Der N. vagus teilt sich seine Hirnnervenkerne zum Großteil mit dem N. glossopharyngeus [IX], sodass sich hier neuroanatomische und funktionelle Analogien bzw. Überlappungen ergeben.
Der N. vagus übernimmt die speziell viszeroefferente Innervation des Kehlkopfes, anteilig auch die des Pharynx (M. constrictor pharyngis inferior) und des weichen Gaumens (M. levator veli palatini). Ohne ihn ist eine intakte Atem- und Sprechfunktion nicht möglich. Seine allgemein viszeroefferenten Fasern versorgen die glatte Muskulatur und die Drüsen vom Hals abwärts bis zur Flexura coli sinistra, dem CANNON-BÖHM-Punkt, womit er die Drüsensekretion und Peristaltik im Magen-Darm-Trakt steuert. Außerdem übernimmt er – wie der N. glossopharyngeus [IX] auch – über die Impulsleitung von Dehnungsrezeptoren in der Lunge wichtige Funktionen bei der Atemregulation bzw. über Rezeptoren im rechten Vorhof und in der Aortenwand bei der Kreislaufregulation. Zusammen mit dem N. facialis [VII] und dem N. glossopharyngeus [IX] führt er auch speziell viszeroafferente Fasern, Geschmacksfasern, von Rezeptoren des kaudalen Pharynx und der Epiglottis. Zusammenfassend ist der N. vagus ein gemischter Hirnnerv mit 5 unterschiedlichen Faserqualitäten, die im Hirnstamm, wenn man wiederum die Unterteilung des Nucleus tractus solitarii in eine Pars superior und eine Pars inferior außer Acht lässt, ihre Entsprechung in 4 unterschiedlichen Hirnnervenkernen finden.

Verlauf und Äste
Ähnlich dem N. glossopharyngeus [IX] verlässt der N. vagus [X] die Medulla oblongata im Sulcus retroolivaris, durchzieht den Subarachnoidalraum und verlässt das Schädelinnere zusammen mit dem N. glossopharyngeus und dem N. accessorius [XI] durch das Foramen jugulare. Hier verdickt sich der N. vagus zu einem Ganglion superius (syn.: Ganglion jugulare) und einem Ganglion inferius (syn.: Ganglion nodosum). Im oberen Ganglion befinden sich analog zum N. glossopharyngeus [IX] Perikarya allgemein somatoafferenter, im unteren Perikarya allgemein und speziell viszeroafferenter pseudounipolarer Neurone. Zusammen mit der V. jugularis interna zieht der N. vagus nach kaudal und lässt sich seinem weiteren Verlauf entsprechend in eine Pars cervicalis, eine Pars thoracica und eine Pars abdominalis untergliedern.
Direkt auf Höhe des Foramen jugulare am Ganglion superius nimmt der N. vagus 2 allgemein somatoafferente Äste auf:
• R. meningeus: Er innerviert die Dura mater im Bereich der hinteren Schädelgrube.
• R. auricularis: Er zieht durch den Canaliculus mastoideus und die Fissura tympanomastoidea zum Canalis acusticus externus, den er sensibel innerviert.
Etwas weiter kaudal am Ganglion inferius gibt die Pars cervicalis des N. vagus die folgenden beiden Äste ab:
• R. pharyngeus: Dieser bildet sich im Wesentlichen aus Fasern der Radix cranialis des N. accessorius [XI], die sich dem N. vagus zunächst anlagern, im weiteren Verlauf aber in den Plexus pharyngeus einstrahlen. Zusammen mit dem N. glossopharyngeus [IX] erreichen die allgemein viszeroefferenten Fasern dieses Nervenasts die Glandulae pharyngeales, die speziell viszeroefferenten Fasern die Pharynxmuskulatur und die allgemein viszeroafferenten Fasern dieses Asts die Pharynxschleimhaut.
• N. laryngeus superior: Dieser spaltet sich in einen R. externus und einen R. internus auf. Der R. externus innerviert den einzigen äußeren Kehlkopfmuskel, den M. cricothyroideus. Der R. internus tritt durch die Membrana thyrohyoidea und innerviert die Schleimhaut oberhalb der Rima glottis sensibel.
In seinem weiteren Verlauf nach kaudal zwischen der V. jugularis interna und der A. carotis interna gibt der N. vagus weitere Äste ab:
• Rr. cardiaci cervicales superiores et inferiores: Sie ziehen zum Plexus cardiacus, der sich dem Aortenbogen von hinten anlagert. Über diese Fasern erreichen kardioinhibitorische Impulse die Vorhofmuskulatur. Dabei wirken Fasern des rechten N. vagus bevorzugt auf den Sinusknoten und Fasern des linken N. vagus auf den AV-Knoten des Reizleitungssystems. Der N. vagus wirkt insgesamt negativ chronotrop und negativ inotrop auf das Herz. Afferente Fasern dieser Nervenäste leiten Impulse von Druckrezeptoren der aortalen Gefäßwand oder des rechten Vorhofs und bilden damit den afferenten Schenkel blutdrucksenkender Reflexe des N. vagus.
• N. laryngeus recurrens: Er ist entwicklungsgeschichtlich betrachtet der Nerv des 6. Schlundbogens. Er verlässt den N. vagus im Bereich der oberen Thoraxapertur. Dabei schlingt sich der N. laryngeus recurrens sinister von ventral nach dorsal um den Aortenbogen, der N. laryngeus recurrens dexter analog um die A. subclavia dextra. Beide Nervenäste steigen dann zwischen Trachea und Oesophagus wieder nach kranial auf und geben gleichnamige Äste an die benachbarten Halsorgane ab. Schließlich erreicht der N. laryngeus recurrens als N. laryngeus inferior zwischen der Cartilago cricoidea und der Cartilago thyroidea des Kehlkopfskeletts das Innere des Larynx und innerviert dort sensibel die Schleimhaut unterhalb der Rima glottis und alle verbleibenden Kehlkopfmuskeln.
Im weiteren Verlauf durch die Brusthöhle verlassen Rr. cardiaci thoracici den N. vagus direkt. Sie erreichen ebenfalls den Plexus cardiacus. Die Innervation der Lunge erfolgt bilateral aus beiden Nn. vagi über Rr. bronchiales, die sich von dorsal den Hauptbronchien anlagern und dort den Plexus pulmonalis bilden.
Um die Speiseröhre herum bildet der N. vagus ein weiteres Nervengeflecht, den Plexus oesophageus, der sich nach kaudal zu den Trunci vagales bündelt. Entsprechend der embryologischen Drehung des Magens um 90° nach rechts bildet der linke N. vagus so den auf der Ventralseite des Oesophagus verlaufenden Truncus vagalis anterior und entsprechend der N. vagus dexter den Truncus vagalis posterior auf der Dorsalseite. Beide verlassen den Brustraum durch den Hiatus oesophageus und gelangen auf die Vorder- und Rückseite des Magens. Während der vordere Truncus nur den Magen (bis zum Pylorus) und die Leber versorgt, erreicht der Truncus vagalis posterior auch das Ganglion coeliacum und mit den sympathischen Nervenfasern zusammen die Bauchorgane bis zum CANNON-BÖHM-Punkt (Übergang mittleres zum distalen Drittel des Colon transversum). Die präganglionären parasympathischen Fasern werden – anders als beim N. glossopharyngeus oder N. facialis im Kopfbereich – meist erst organnah in intramuralen Ganglien auf postganglionäre Fasern umgeschaltet. Aboral vom CANNON-BÖHM-Punkt erfolgt die parasympathische Innervation über sakrale Neurone im Seitenhorn des Rückenmarks.

Hirnnervenkerne und zentrale Verknüpfungen
Der N. vagus [X] ist ähnlich wie der N. glossopharyngeus [IX] ein gemischter Nerv, dessen Faserqualitäten ebenfalls 4 Hirnnervenkernen zuzuordnen sind:
• Für die speziell viszeroefferente Innervation der Schlundbogenmuskulatur von Pharynx, Larynx und weichem Gaumen sind Neurone im Nucleus ambiguus zuständig. Dieser Kern liegt in der Medulla oblongata und lässt sich in eine dorsale und eine ventrale Kernsäule unterteilen:
– Die dorsale Kernsäule umfasst die viszeroefferenten Neurone im eigentlichen Sinne, die sich der N. vagus mit dem N. glossopharyngeus [IX] und dem N. accessorius [XI] teilt und dadurch eine grobe somatotope Gliederung aufweist.
– Die ventrale Kernsäule enthält keine branchiomotorischen Neurone, sondern ist durch ihre kardioinhibitorischen Neurone funktionell eher dem Nucleus dorsalis nervi vagi zuzuordnen.
• Die allgemein viszeroefferenten Fasern des N. vagus entstammen dem Nucleus dorsalis nervi vagi. Dieser Hirnnervenkern reicht von der rostralen Medulla bis kaudal zur Pyramidenbahnkreuzung. Dieses Kerngebiet bildet nahe dem Obex und lateral zum Trigonum nervi hypoglossi am Boden der Rautengrube das Trigonum nervi vagi.
• Die Perikarya speziell viszeroafferenter Neurone befinden sich im Ganglion inferius des N. vagus und entsenden ihr zentral gerichtetes Axon zum Nucleus tractus solitarii [Nucleus solitarius]. Ähnlich dem N. facialis [VII] und dem N. glossopharyngeus [IX] enden diese Geschmacksfasern im rostralen Abschnitt des Kernkomplexes, dem Nucleus gustatorius. Im kaudalen Abschnitt dieses Hirnnervenkerns werden die zentral gerichteten Axone der allgemein viszeroafferenten Neurone, deren Perikarya im Ganglion inferius nervi vagi liegen, synaptisch verschaltet. Hier werden Impulse aus den Eingeweiden (z. B. Eingeweideschmerz durch Aktivierung von Schmerzrezeptoren, „Völlegefühl” durch Aktivierung von Dehnungsrezeptoren), Pharynx und Larynx weitergeleitet. Ebenso werden hier auch unbewusst bleibende Informationen vermittelt, die für die Atemregulation („HERING-BREUER-Reflex”) oder für die Kreislaufregulation (Barorezeptoren im rechten Vorhof, in der Aortenwand oder im Sinus caroticus) unverzichtbar sind. Der N. vagus besteht zu 80 % aus afferenten Nervenfasern, was den hohen Stellenwert dieser afferenten Informationen aus dem Körperinneren verdeutlicht.
• In geringem Maße leitet der N. vagus auch allgemein somatoafferente Impulse des Berührungs-, Schmerz- und Temperaturempfindens aus kleinen Hautarealen der Ohrmuschel, der Hinterwand des äußeren Gehörgangs und der harten Hirnhaut in der hinteren Schädelgrube. Die zentralen Axone des 1. Neurons bilden im Nucleus spinalis nervi trigemini Synapsen mit dem entsprechenden 2. Neuron. In somatotoper Anordnung teilen sich der N. trigeminus [V], der N. facialis [VII], der N. glossopharyngeus [IX] und der N. vagus [X] diesen Abschnitt des V. Hirnnervenkerns. Dieser Kern bildet die rostrale Fortsetzung der Laminae I–V des Hinterhorns des Rückenmarks und endet rostral am Nucleus principalis nervi trigemini
Der Nucleus ambiguus steht – analog zum N. glossopharyngeus [IX] – in einer engen neuronalen Verbindung zum Nucleus tractus solitarii. Zusätzlich erhält er afferente Impulse aus der Formatio reticularis und über kortikonukleäre Bahnen aus dem Cortex. Der Nucleus tractus solitarii ist sowohl für den N. glossopharyngeus als auch für den N. vagus eine zentrale Schaltstelle zur Steuerung von Atem- und Kreislauffunktion. Der Nucleus ambiguus entsendet außerdem Fasern zum Nucleus dorsalis nervi vagi. Letzterer erhält wiederum Afferenzen aus den Nuclei salivatorii und wird von hypothalamischen Zentren (Nucleus paraventricularis thalami) und vom limbischen System (Nucleus centralis amygdalae) gesteuert. Diese neuronalen Verbindungen sind Grundlage der Regulation von Nahrungsaufnahme und Verdauung: Bereits vor der Nahrungsaufnahme, in der sog. zephalen Phase, wirken Impulse aus der Formatio reticularis erregend auf den Nucleus dorsalis nervi vagi. Bei der Nahrungsaufnahme selbst werden Chemo- und Mechanorezeptoren in Magen und Dünndarm erregt und leiten Impulse über vagale Afferenzen an den Nucleus tractus solitarii. Neurotransmitter (Glutamat), aber auch enteroendokrine Hormone, wie z. B. das Cholezystokinin, wirken dabei auf den Nucleus tractus solitarii. Dieser projiziert hemmend in den Nucleus dorsalis nervi vagi, dessen Axone wiederum die intramuralen Ganglien erreichen. Zusammenfassend werden diese neuronalen Verschaltungen als vagovagale Reflexe bezeichnet.
Der Nucleus spinalis nervi trigemini ist Teil des somatosensorischen Systems bzw. genauer des trigeminoafferenten Systems. Von hier werden u. a. Impulse des Schmerz- und Temperaturempfindens gekreuzt in den Thalamus zum Nucleus ventralis posteromedialis (3. Neuron) projiziert (trigeminothalamische Fasern), um von dort zum somatosensorischen Cortex zu gelangen.

290
Q

N. accessorius (11. Hirnnerv, N. XI)

A

Der N. accessorius [XI] ist ein branchiogener Hirnnerv, der speziell viszeroefferent den M. trapezius und den M. sternocleidomastoideus innerviert. Allerdings wird diskutiert, ob es sich um einen echten Hirnnerv handelt, denn sein spinales Kerngebiet, der Nucleus nervi accessorii, liegt in zervikalen Vorderhornzellen des Rückenmarks, während sein kraniales Kerngebiet dem basalen Abschnitt des Nucleus ambiguus und damit dem N. vagus zuzuordnen ist. Entsprechend lassen sich die von C1–7 stammenden Fasern zu einer Radix spinalis nervi accessorii und die Fasern aus dem Nucleus ambiguus zu einer Radix cranialis nervi accessorii zusammenfassen.

Verlauf und Äste
Die Radix spinalis nervi accessorii steigt hinter der Olive zwischen der Vorder- und Hinterwurzel des Rückenmarks nach kranial auf und gelangt durch das Foramen magnum ins Schädelinnere. Nach Vereinigung mit der Radix cranialis in der Pars nervosa des Foramen jugulare tritt der N. accessorius durch die Schädelbasis wieder nach außen.
Direkt nach seinem Durchtritt – meist zwischen den Ganglia superius et inferius nervi vagi – verlassen die Fasern der Radix cranialis als R. internus den N. accessorius wieder und lagern sich dem N. vagus an, um mit diesem Schlund- und Kehlkopfmuskulatur zu innervieren. Der Hauptstamm, der R. externus, erreicht schließlich die Regio cervicalis lateralis und gibt dort viszeroefferente Äste an den M. sternocleidomastoideus ab. Entlang dem M. levator scapulae verläuft er weiter nach dorsal zum M. trapezius. Beide Muskeln erhalten aber auch direkte Fasern aus den Zervikalsegmenten (C1–C4), über die dem Nucleus nervi accessorii auch propriozeptive Impulse dieser Muskeln zugeleitet werden.

Hirnnervenkerne und zentrale Verknüpfungen
Neben den Primärafferenzen aus der Muskulatur selbst erhält der Nucleus nervi accessorii retikospinale Fasern des extrapyramidalmotorischen Systems sowie pyramidale Afferenzen über kortikospinale bzw. -nukleäre Fasern aus der Präzentralregion des Cortex. Zentrale Verknüpfungen des Nucleus ambiguus wurden bereits beim N. glossopharyngeus [IX] und N. vagus [X] aufgeführt.

291
Q

N. hypoglossus (12. Hirnnerv, N. XII)

A

Der 12. Hirnnerv, der N. hypoglossus [XII], ist ein kranialisierter Spinalnerv, der sich aus den Rr. anteriores der obersten Zervikalsegmente entwickelt.
Verlauf und Äste
Er verlässt den Hirnstamm auf der Ventralseite der Medulla oblongata zwischen der Pyramide und Olive als einziger Hirnnerv im Sulcus anterolateralis. Er verläuft im Canalis nervi hypoglossi durch die Schädelbasis, um als allgemein somatoefferenter Nerv sowohl die innere als auch die äußere Zungenmuskulatur mit Ausnahme des M. palatoglossus zu innervieren.
Nach Verlassen des knöchernen Schädels zieht der N. hypoglossus in einem bogenförmigen Verlauf nach dorsolateral ins Spatium lateropharyngeum und schlingt sich dabei seitlich um den N. vagus und die A. carotis externa. Er unterkreuzt dann den Venter posterior des M. digastricus und ist im kranialen Abschnitt des Trigonum caroticum zu finden, bevor er schließlich die Zunge zwischen den Mm. hyoglossus et mylohoideus erreicht. In seinem peripheren Verlauf lagern sich ihm nach 3–4 cm Fasern der ventralen Äste der oberen 2 Zervikalnerven (C1–2) an, die diesen wieder als sog. Radix superior der Ansa cervicalis nervi hypoglossi verlassen. Ein Teil dieser Fasern verläuft aber auch im N. hypoglossus weiter, um den M. thyrohyoideus und den M. geniohyoideus zu innervieren. Zusammen mit Fasern aus den Segmenten C2–3, der Radix inferior, bildet die Radix superior auf Höhe des Übergangs vom Venter superior zum Venter inferior des M. omohyoideus die Ansa cervicalis nervi hypoglossi. Diese ist bedeutsam für die Innervation der infrahyalen Muskulatur. Von diesem vereinfachten Verlauf werden aber eine Vielzahl von Abweichungen, wie eine in ungefähr 15 % der Fälle auftretende zusätzliche vom N. vagus ausgehende Wurzel, beschrieben.

Hirnnervenkern und zentrale Verknüpfungen
Das Kerngebiet des N. hypoglossus, der Nucleus nervi hypoglossi, liegt in der Medulla oblongata paramedian des Sulcus medianus nahe dem Boden der Fossa rhomboidea. Diese vom Kerngebiet unterlagerte Stelle im Boden der Rautengrube wird als Trigonum nervi hypoglossi bezeichnet. Der Nucleus nervi hypoglossi ist von kleineren Neuronengruppen umlagert, die in ihrer Gesamtheit als perihypoglossäre Kerngruppen bezeichnet werden. Im Hauptkern selbst lassen sich mehrere Subgruppen unterscheiden, die in ihrer Anordnung den jeweiligen Ästen und Zielmuskeln des N. hypoglossus zugeordnet werden können.
Anders als bei den Spinalnerven erhält der Nucleus nervi hypoglossi keine direkten Somatoafferenzen aus seiner Zielmuskulatur. Somit finden sich hier auch keine monosynaptischen Reflexbögen, allerdings di- oder polysynaptische Reflexbögen, die für den koordinierten Ablauf des Kauvorgangs wichtig sind. Deren Afferenzen werden dem Nucleus nervi hypoglossi über den Trigeminuskernkomplex bzw. über den Nucleus tractus solitarii zugeleitet. Weitere Afferenzen entstammen der Formatio reticularis und dem motorischen Cortex, dessen Impulse den Hirnnervenkern primär gekreuzt über in der Capsula interna verlaufende kortikonukleäre Fasern erreichen. Läsionen dieser zentralen Afferenzen führen daher zu einer kontralateralen Zungenschwäche, während Läsionen des Nucleus nervi hypoglossi selbst zu einer ipsilateralen Zungenschwäche führen.

292
Q

Augenlider

A
Die Augenlider (Palpebrae) kann man als bewegliche Weichteilfalten des Gesichts bezeichnen, die vor allem die Hornhaut (Cornea) des Augapfels von vorne bedecken und vor mechanischen Schäden schützen. Gleichzeitig sorgt der regelmäßige Lidschlag (10–15-mal pro Minute) für eine gleichmäßige Verteilung der Tränenflüssigkeit auf Cornea und Bindehaut und schützt so das Auge vor Austrocknung. Die Epidermis des Augenlids ist vergleichsweise dünn und fettfrei. Längs der vorderen Lidkante stehen in mehreren dichten Reihen Augenwimpern (Cilia), die am Oberlid aufwärts gekrümmt und in der Regel länger sind als am Unterlid. In die Haartrichter der Wimpern münden die Ausführungsgänge großer Talgdrüsen (ZEIS-Drüsen; Glandulae sebaceae). An den Haarwurzeln befinden sich apokrine Schweißdrüsen (MOLL-Drüsen, Glandulae ciliares). Im Oberlid kommen kleine akzessorische Tränendrüsen in der Nähe der Fornix conjunctivae (KRAUSE-Drüsen) und am Oberrand der MEIBOM-Drüsen (WOLFRING-Drüsen) vor.
Das Augenlid (Ober- und Unterlid sind grundsätzlich gleich gebaut) wird in ein äußeres und in ein inneres Blatt unterteilt:
• Das äußere Blatt des Augenlids beinhaltet den quergestreiften, mimischen M. orbicularis oculi mit seiner Pars palpebralis als Schließmuskel der Lidspalte. Das Öffnen der Lidspalte übernimmt vor allem der M. levator palpebrae superioris, dessen Sehne in den Oberrand der bindegewebigen Lidplatte des Oberlids (Tarsus) einstrahlt. Der lidrandnahe Abschnitt des Muskels wird als RIOLAN-Muskel bezeichnet. Sowohl im Ober- als auch im Unterlid setzen am Tarsusrand die glatten Muskelfasern des M. tarsalis an, der sympathisch innerviert wird und für die Retraktion der Augenlider sorgt. Verminderte Aktivierung des Muskels z. B. bei Müdigkeit (Parasympathikusaktivierung) führt dazu, dass einem im wahrsten Sinne des Wortes „die Augen zufallen“.
• Zum inneren Blatt des Augenlids gehört die aus festem kollagenem Bindegewebe bestehende Lidplatte (Tarsus) mit den in ihr eingelagerten 25–35 (Oberlid) und 15–25 (Unterlid) lang gestreckten MEIBOM-Drüsen (Glandulae tarsales), die als modifizierte Talgdrüsen an der hinteren Lidkante münden. Im Bereich des Lidrandes befinden sich konzentrisch um die Ausführungsgänge der MEIBOM-Drüsen angeordnete Muskelfasern des M. orbicularis oculi (Pars palpebralis), die in den Tarsus ausstrahlen und als RIOLAN-Muskel oder Fasciculi ciliares bezeichnet werden. Ob der Muskelanteil beim Auspressen des öligen Sekretes der MEIBOM-Drüsen hilft oder dem Verschluss der Drüsen (z. B. während des Schlafes) dient, ist allerdings bis heute nicht geklärt. Die Lidbindehaut (Tunica conjunctiva palpebrarum) ist die Schleimhaut an der Innenseite der Augenlider.
293
Q

Bindehaut

A

Die Bindehaut (Tunica conjunctiva) bedeckt nicht nur die Innenseite der Augenlider. In ihrem Verlauf in Richtung Augapfel schlägt sie im Bereich des Orbitarandes auf den Augapfel um und bildet so Reservefalten, die für die Augenbewegungen wichtig sind (Fornix conjunctivae superior/inferior). Im weiteren Verlauf bedeckt die Konjunktiva – mit Ausnahme der Hornhaut (Cornea) – als Augenbindehaut (Tunica conjunctiva bulbi) die gesamte Vorderfläche des Bulbus oculi. Beide Anteile bilden gemeinsam den Konjunktival- oder Bindehautsack. Dieser ermöglicht die Bewegungen der Augenlider und stellt gleichzeitig einen Schutz für das Auge dar. Im nasalen Augenwinkel liegt eine dritte, kleine und leicht gebogene Schleimhautfalte (Plica semilunaris conjunctivae), die beim Menschen als Rudiment der bei Tieren teilweise gut entwickelten Nickhaut (Membrana nicitans) angesehen wird. Im mehrschichtigen Epithel der Bindehaut sind Becherzellen eingelagert, deren Sekretionsprodukte Teil des Tränenfilms werden. Außerdem kommen in der Konjunktiva Lymphfollikel vor, die zum mukosaassoziierten lymphatischen Gewebe (CALT = Konjunktiva-assoziiertes lymphatisches Gewebe) gehören.

294
Q

Tränenfilm

A

Hornhaut- und Bindehautepithel werden von einem bis zu 40 μm dicken Tränenfilm benetzt. Dessen Hauptanteil ist die der Tränendrüse entstammende wässrige Komponente, eine isotone Elektrolytlösung, die antimikrobielle Proteine und Peptide sowie hochmolekulare gelbildende Muzine (Hauptkomponente von Schleim) aus den Becherzellen der Bindehaut und aus der Tränendrüse enthält. Außerdem bilden die akzessorischen Tränendrüsen der Augenlider einen kleinen Teil der wässrigen Komponente des Tränenfilms. Die Haftung des Tränenfilms wird durch Microplicae auf den oberflächlichen Epithelzellen und membranständige Muzine in der apikalen Zellmembran der Oberflächenzellen von Cornea und Tunica conjunctiva ermöglicht. Die Verdunstung der wässrigen Komponente wird durch eine oberflächliche Lipidschicht verhindert, die der wässrigen Komponente aufliegt und hauptsächlich den MEIBOM-Drüsen der Augenlider entstammt. Der Tränenfilm schützt und ernährt die Augenoberfläche und bildet gleichzeitig die refraktive Vorderfläche des visuellen Systems.

295
Q

Gefäßversorgung und Innervation der Tränendrüse

A

Die Tränendrüse wird über die A. lacrimalis (Ast der A. ophthalmica) mit Blut versorgt. Das venöse Blut fließt über die V. ophthalmica superior zum Sinus cavernosus. Der Parasympathikus wirkt steigernd auf die Tränenflüssigkeitssekretion, der Sympathikus hemmend. Präganglionäre Fasern des Sympathikus werden im Ganglion cervicale superius des Grenzstrangs auf postganglionäre Fasern umgeschaltet. Diese erreichen die Tränendrüse, indem sie den Aa. carotis interna, ophthalmica und lacrimalis folgen – oder sie verlassen das Geflecht um die A. carotis interna als N. petrosus profundus, dessen Fasern sich den parasympathischen Fasern im Canalis pterygoideus als N. canalis pterygoidei anschließen, um so die Tränendrüse zu erreichen. Die präganglionären Fasern des Parasympathikus (1. Neuron im Nucleus salivatorius superior) gelangen über den Intermediusanteil des N. facialis [VII] als N. petrosus major und anschließend als N. canalis pterygoidei (gemeinsam mit sympathischen Fasern aus dem N. petrosus profundus) zum Ganglion pterygopalatinum. Hier erfolgt die Umschaltung der parasympathischen Fasern auf postganglionär, die im weiteren Verlauf mit dem N. zygomaticus (Ast des N. maxillaris [V/2]) über den R. communicans cum nervo zygomatico den N. lacrimalis und schließlich die Tränendrüse erreichen

296
Q

Gefäße und Innervation der Regio orbitalis

A

Oberhalb des Septum orbitale ist die Orbita von einem zirkulären arteriellen Gefäßkranz umgeben. In dieser Region überschneiden sich die Versorgungsgebiete von A. carotis interna mit ihren Ästen (A. supraorbitalis, Aa. palpebrales laterales [aus A. lacrimalis] und Aa. palpebrales mediales) mit denen der A. carotis externa (A. facialis, A. angularis, A. infraorbitalis, A. temporalis superficialis und A. zygomaticoorbitalis). Gleichnamige Venen begleiten die Arterien. Der N. supraorbitalis verlässt als Ast des N. ophthalmicus [V/1] die Orbita variabel durch das gleichnamige Foramen supraorbitale oder die Incisura supraorbitalis. Der N. infraorbitalis tritt als Ast des N. maxillaris [V/2] unterhalb der Orbita durch das Foramen infraorbitale in die oberflächliche Gesichtsregion über. Beide Nervenaustrittspunkte (N. supraorbitalis und N. infraorbitalis) dienen als Druckpunkte im Rahmen der körperlichen Untersuchung eines Patienten zur Überprüfung der Funktion der oberen beiden Nervenäste des N. trigeminus [V] (Trigeminusdruckpunkte).

297
Q

Ohrmuschel

A

Die Ohrmuschel besteht aus einem Grundgerüst aus elastischem Knorpel. Die Haut über der Außenfläche ist unverschieblich und faltenfrei mit dem Perichondrium verbunden; auf der Rückfläche ist sie verschieblich. Subkutanes Fettgewebe fehlt. Das Ohrläppchen (Lobulus auriculae) ist knorpelfrei, variabel ausgebildet und besteht aus subkutanem Fettgewebe mit Hautüberzug. Der äußere Rand der Ohrmuschel, die Helix, ist eingerollt, die Antihelix ist die innere Ohrmuschelfalte, Tragus und Antitragus sind prominente Knorpelteile, die die zentrale Vertiefung (Cavitas conchae) am Gehörgangseingang begrenzen. Der Tragus setzt sich in den knorpeligen Anteil des äußeren Gehörgangs fort. Weitere Bezeichnungen sind für die Ohrmuschel gebräuchlich, für das Verständnis aber vernachlässigbar.

298
Q

Innenohr

A

Das Innenohr (Auris interna) ist ein Komplex aus knöchernen Kanälen und Erweiterungen in der Pars petrosa des Os temporale (knöchernes Labyrinth, Labyrinthus osseus). In ihnen befindet sich ein System aus Membranschläuchen und -säcken, das als häutiges Labyrinth (Labyrinthus membranaceus) bezeichnet wird. Es beherbergt das Gleichgewichts- und Hörorgan (Organum vestibulocochleare). Die Spitze der Schnecke (Cochlea) ist nach lateral vorne gerichtet. Die Bogengänge (Canales semicirculares) sind in einem Winkel von 45° in Bezug auf die Hauptebenen des Schädels (Frontal-, Sagittal- und Horizontalebene) ausgerichtet.

299
Q

Zur Außenstruktur der Medulla oblongata im Atlas anschauen

A

Sulcus medianus posterior und intermedius posterior
Kaudale Anteile der Rautengrube bis zu den Striae medullares bzw. Recessus lateralis mit Sulcus medianus
Sulcus limitans
Trigonum nervi vagi
Trigonum nervi hypoglossi
Area posterma

300
Q

Olivenkernkomplex und oliväres System

A

Betrachtet man die Medulla oblongata von vorne, so erkennt man unmittelbar lateral der Pyramiden am Brückenunterrand auf jeder Seite eine olivenförmige Struktur, die Olive. Sie enthält im Inneren den
• unteren Olivenkernkomplex (Ncll. olivares inferiores),
der für die Bewegungskoordination wichtig ist. Im Horizontalschnitt imponiert dieser Kern als ein gewellt verlaufender Streifen grauer Substanz und erinnert in seiner Gestalt an einen leeren Sack, der nach dorsomedial geöffnet ist. Die offene Seite des „Sacks“ wird Hilum genannt, sie dient den afferenten und efferenten Fasern dazu, den Olivenkernkomplex zu erreichen bzw. zu verlassen.
Man unterscheidet im unteren Olivenkernkomplex den größeren Ncl. olivaris principalis und die kleineren sog. Nebenoliven mit Ncl. olivaris accessorius medialis und Ncl. olivaris accessorius posterior. Weiterhin liegt direkt kranial (rostral) des unteren Olivenkernkomplexes (bereits im Pons und daher nicht mehr in der von außen abgrenzbaren Olive) der obere Olivenkernkomplex (Ncll. olivares superiores). Diese Kerne haben aber mit dem unteren Olivenkernkomplex funktionell nichts zu tun und sind Umschaltstationen für Fasern der Hörbahn.

Afferenzen und Efferenzen
Afferenzen erhält der untere Olivenkernkomplex von wichtigen motorischen Zentren. Dabei stehen im Vordergrund Projektionen aus dem Rückenmark (Tractus spinoolivaris) und vom Ncl. ruber des Mittelhirns, der für die Koordination der Motorik eine bedeutende Rolle spielt, sowie Fasern vom motorischen Kortex des Großhirns (Kollateralen der Pyramidenbahn). Zahlenmäßig geringere Projektionen stammen auch aus den kontralateralen Kleinhirnkernen (Tractus nucleoolivaris).
Seine Efferenzen hat der untere Olivenkernkomplex hauptsächlich ins Kleinhirn gerichtet (Tractus olivocerebellaris). Sie kreuzen zur Gegenseite und laufen dann durch den unteren Kleinhirnstiel in die kontralaterale Kleinhirnhälfte. Dort enden sie (nach Abgabe von Kollateralen zu den Kleinhirnkernen) als Kletterfasern in der Kleinhirnrinde. Eine verhältnismäßig kleine Bahn schickt der Olivenkernkomplex auch ins Rückenmark (Fibrae olivospinales).
Während der Hauptkern (Ncl. olivaris principalis) seine efferenten Fasern überwiegend in die Kleinhirnhemisphäre sendet, enden die Fasern aus den Nebenoliven in der sog. Intermediärzone (Zone am Übergang vom Wurm zur Hemisphäre) und im Kleinhirnwurm selbst. Diese Unterscheidung ist für das Verständnis der unterschiedlichen Funktion der beiden Anteile des Olivenkernkomplexes von entscheidender Bedeutung, da beide Kleinhirnbereiche sehr unterschiedliche Funktion habn.

Funktion
Die Funktion des unteren Olivenkernkomplexes (der Einfachheit halber im Folgenden kurz: Olive) ergibt sich wie diejenige aller Kerne aus den Faserverbindungen. Das Kleinhirn ist u. a. für die Feinabstimmung und Koordination von Bewegungsabläufen von größter Bedeutung. Hierzu müssen folgende Abläufe gewährleistet werden:
• kontinuierliche Rückmeldung dessen, was in der Peripherie des Bewegungsapparats geschieht
• Rückmeldung dessen, was vom Großhirn dieser Peripherie zugeleitet wird
• unmittelbare Rückkopplung (Feedback) der eigenen efferenten Information.
Die Olive übernimmt die beiden letztgenannten und einen Teil der ersten Aufgabe: Über die Afferenzen vom Ncl. ruber, der wiederum seine Informationen überwiegend vom Kleinhirn erhält, meldet die Olive die Efferenzen des Cerebellums in einem Neuronenkreis (Kleinhirnhemisphäre → Ncl. ruber → Olive → Kleinhirnhemisphäre) an dieses zurück. Über die Afferenzen, die die Olive vom Kortex empfängt (Kollateralen der Pyramidenbahn), vermittelt sie dem Kleinhirn Informationen darüber, was vom Großhirn zum Rückenmark und damit letztlich zu den Muskeln geleitet wird. Die afferenten Impulse, die der Olivenkernkomplex vom Rückenmark erhält, werden an das Kleinhirn weitergeleitet. Dadurch erhält das Kleinhirn Informationen über die im Bewegungsapparat konkret ablaufenden Vorgänge. Daneben erhält es auch zahlreiche direkte Afferenzen aus dem Rückenmark.
Insgesamt ist die Olive ein wichtiges Glied in der Kette, die für die Koordination und Feinabstimmung von Präzisionsbewegungen entscheidend ist.
Während der Hauptkern (Ncl. olivaris principalis) eine wichtige Rolle bei Präzisionsbewegungen der Extremitäten- und Sprachmuskulatur spielt, sind die Nebenoliven mehr im Zusammenhang mit der Koordination der Massenbewegungen von Rumpf und Extremitäten und ähnlichen Aufgaben des Kleinhirnwurms zu sehen.

301
Q

Brückenkerne (Ncll. pontis)

A

Der dicke Wulst, an dem man den Pons makroskopisch auf Anhieb erkennt, besteht nicht nur aus Fasern, sondern ebenso aus einem locker zusammengesetzten Komplex grauer Substanz, den Brückenkernen. Diese Nuclei pontis liegen relativ weit ventral im Pons und sind in die Fasermassen, die von ihnen entspringen, eingelagert.

Afferenzen und Efferenzen
Die Brückenkerne erhalten ihre Afferenzen größtenteils über den Tractus corticopontinus, der Fasern aus fast allen Großhirnbereichen, vor allem aber aus dem Frontallappen führt. Die Efferenzen der Brückenkerne bilden, nachdem sie in der Brücke zur Gegenseite gekreuzt haben, den mittleren Kleinhirnstiel und enden in der kontralateralen Kleinhirnhemisphäre.

Funktion
Ähnlich, aber noch wesentlich umfassender als der untere Olivenkernkomplex spielt das pontine Kernsystem eine entscheidende Rolle in der Funktion des Kleinhirns. Über den Tractus corticopontinus erhalten die Ncll. pontis Informationen über Bewegungsentwürfe, die im Assoziationskortex (vor allem prämotorischer Kortex) des Großhirns ausgearbeitet wurden. Über ihre Efferenzen geben diese Kerne die erhaltenen Impulse zur weiteren Feinabstimmung an das Cerebellum weiter.

302
Q

Hinterstrangkerne (Ncl. gracilis und Ncl. cuneatus)

A

An der Hinterwand der Medulla oblongata wölben sich relativ weit medial beidseits je zwei Hügel hervor, die als Tuberculum gracile und Tuberculum cuneatum bezeichnet werden. Sie enthalten die beiden Kerne, in denen die gleichnamigen Bahnen der Hinterstränge, Fasciculus cuneatus und Fasciculus gracilis, enden. Sie werden deshalb auch als die Hinterstrangkerne zusammengefasst.
Afferenzen und Efferenzen
Während im Ncl. gracilis die somatosensiblen Impulse für feine Berührungsempfindung (früher: „epikritische Sensibilität“), Vibrationsempfindung und Propriozeption des Rumpfs und der unteren Extremitäten umgeschaltet wird, erhält der Ncl. cuneatus die entsprechenden somatosensiblen Afferenzen aus dem Hand-, Arm- und Halsbereich. Die somatosensible Information für Berührungsempfindung des Kopfbereichs wird über den N. trigeminus geleitet und im Ncl. principalis n. trigemini verschaltet. Beide Hinterstrangkerne bilden als 2. Neuron der somatosensiblen Bahn für feine Berührungsempfindung eine gemeinsame Efferenz, den Lemniscus medialis, der noch in der Medulla oblongata im Hirnstamm zur Gegenseite kreuzt und die sensiblen Impulse an den kontralateralen Thalamus weiterleitet. Dort werden sie auf ein 3. Neuron umgeschaltet, das zum Großhirn projiziert (Bewusstwerdung der somatosensiblen Information).
Dem Lemniscus medialis schließen sich nach seiner Kreuzung auf die Gegenseite die Fasern aus dem Ncl. principalis n. trigemini an, um ebenfalls zum Thalamus zu gelangen

303
Q

Im Atlas zu Pons anschauen

A
Kraniale Anteile der Rautengrube
Fastigium
Velum medullare sup.
IV. Ventrikel mit Colliculus facialis
Eminentia medialis
Area vestibularis
Locus coerulaeus
Aperturae mediana et laterales ventriculi quarti
304
Q

Formatio reticularis

A

Die Formatio reticularis (im Folgenden als FR abgekürzt) ist ein Komplex grauer Substanz, der ein Netz von Nervenzellen bildet und das Hirnstammtegmentum in ganzer Länge (also nicht nur das Mittelhirn!) bis hinab ins Rückenmark durchzieht. Die FR besteht aus z. T. schwer voneinander abgrenzbaren, häufig diffus ineinander übergehenden Kernsystemen. Diese befinden sich überwiegend in der Mitte des Hirnstammtegmentums und umgeben die dort befindlichen Fasertrakte und Hirnnervenkerne.
Trotz der z. T. diffusen Übergänge einzelner Areale der FR ineinander gibt es doch auch einige gut abgrenzbare Kerngebiete. Dazu gehören z. B. die Raphekerne und der Locus caeruleus.
Die Kerngruppen lassen sich nach zytoarchitektonischen und z. T. auch nach funktionellen Kriterien drei Längszonen der FR im Hirnstamm zuordnen: einer
• medianen Zone (die aus den o. g. Raphekernen besteht), einer seitlich angrenzenden
• medialen Zone (sehr großzellige Kerne) und einer
• lateralen Zone (kleinzellige Kerne).

Funktion
Die FR hat zahlreiche Funktionen. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht darin, die Verschaltung einzelner Hirnstammkerne für z. T. lebensnotwendige Funktionen zu koordinieren. So sind z. B. das Atem- und Kreislaufzentrum sowie das Brechzentrum in der Medulla oblongata Bestandteile der FR. Weiterhin hat sie eine kardinale Bedeutung für Schlaf-Wach-Rhythmen und damit auch für die Auf- und Abregulierung der Aktivität des gesamten Großhirnkortex. Über intensive Verbindungen mit dem Rückenmark hat die FR weiterhin eine wichtige Funktion bei der extrapyramidalen Motorik.
In der Formatio reticularis lassen sich nach funktionellen Gesichtspunkten einzelne Zentren gegeneinander abgrenzen, die z. T. mehrere Kerne oder Kerngruppen einschließen:
• Weck- oder Wachzentrum (ARAS)
• Motorisches Zentrum
• Atemzentrum
• Kreislaufzentrum
• Brechzentrum
• Miktionszentrum
• Augenbewegungszentren.
305
Q

„Weckzentrum“, aufsteigendes retikuläres aktivierendes System (ARAS)

A

Teile der FR – insbesondere der Ncl. tegmentalis pedunculopontinus und der Ncl. caeruleus – erhalten intensive afferente Zuflüsse aus dem Hinterhorn des Rückenmarks und von Hirnnervenkernen, sodass sensibel-sensorische Reize aller Qualitäten sie erreichen. Zusätzlich erhalten sie Impulse aus dem Kortex. Wird die FR auf diese Weise erregt, kann sie über ihre vorwiegend acetylcholinergen Projektionen in den Thalamus indirekt und über noradrenerge Projektionen direkt die Aktivität des Großhirnkortex steigern und damit den Organismus in einen hellwachen Zustand versetzen, was man als Vorbedingung für Bewusstsein, Aufmerksamkeit und effektive Wahrnehmung betrachten kann. Akustische und Schmerzreize haben hierbei ganz besonderen Stimulationseffekt. Im Schlaf (vor allem im Tiefschlaf) ist die Aktivität dieses Systems entsprechend stark herabgesetzt.

306
Q

Motorisches Zentrum, absteigendes retikuläres System

A

Ein vorwiegend in Medulla oblongata und Pons liegender Teil der FR erhält Zuflüsse vom prämotorischen Kortex, vom Kleinhirn und vom limbischen System. Dieser motorische Anteil der FR beeinflusst über den retikulospinalen Trakt als eine der extrapyramidalmotorischen Bahnen Bewegungen und den Muskeltonus der proximalen Extremitäten und des Rumpfes. Die retikulospinalen Bahnen ziehen ipsi- und kontralateral ins Rückenmark. Sie sind dabei auch an der selektiven Unterdrückung zahlreicher intraspinaler Reflexe (z. B. Muskeleigenreflex) beteiligt. Ein mesenzephaler FR-Anteil, das sog. mesenzephale lokomotorische Zentrum, hat ähnliche Funktionen, insbesondere können von hier aus (großteils unter Kontrolle des Großhirns) Bewegungen der proximalen Extremitäten ausgelöst werden (wichtigster Kern: Ncl. pedunculopontinus, der auch ein Teil des ARAS ist). Dieser FR-Teil übt seine motorischen Funktionen über Faserverbindungen mit den o. g. Zentren in Pons und Medulla oblongata aus, von wo aus die retikulospinalen Bahnen ihren Ursprung nehmen. Ein Teil der retikulospinalen Fasern endet auch im Hinterhorn des Rückenmarks, um selektiv die Weiterleitung der dort verschalteten Afferenzen hemmend zu kontrollieren.

307
Q

Atemzentrum

A

Das Atemzentrum liegt v. a. im Bereich der Medulla oblongata. Es hat inspiratorische und exspiratorische Neuronengruppen, die in rhythmischem Wechsel aktiv sind. Diese werden von Teilen der (ventro)lateralen FR (sog. Prä-Bötzinger-Komplex) koordiniert. Ein im Alter zunehmender Neuronenverlust in diesem Komplex kann zu Atempausen während des Schlafs (Schlaf-Apnoe-Syndrom) führen. Weitere für die Entstehung von Atembewegungen wichtige Neurone finden sich u. a. in der FR in der Umgebung des Ncl. ambiguus und der Ncll. tractus solitarii. Das Atemzentrum koordiniert auch den Hustenreflex. Das Atemzentrum wird in seiner Aktivität sowohl willkürlich gesteuert als auch durch Projektionen aus den Ncll. tractus solitarii unwillkürlich in Abhängigkeit vom O2/CO2-Gehalt des Blutes reguliert.
Die FR beeinflusst die Atmung durch die Aktivierung einzelner motorischer Hirnnervenkerne (Zungen-, Rachen-, Kehlkopf- und mimische Muskulatur), ganz besonders aber durch die Aktivierung retikulospinaler Bahnen, die im Vorderhorn des Halsmarks (C3–C5: N. phrenicus → Zwerchfellinnervation) und des Brustmarks (Innervation der Interkostalmuskulatur) enden.

308
Q

Kreislaufzentrum

A

Man kann ein Depressorzentrum von einem Pressorzentrum unterscheiden, die beide in der Medulla oblongata liegen und – wie das Atemzentrum – vor allem von lateralen Abschnitten der FR gebildet werden. Das Depressorzentrum liegt kaudaler und medialer als das Pressorzentrum, seine Reizung führt zu einem Abfall des Blutdrucks und der Herzaktivität. Bei Reizung des Pressorzentrums resultiert ein Anstieg von Blutdruck und Herzaktivität.
Afferenzen erhalten Pressor- und Depressorzentrum von den Ncll. tractus solitarii (Vermittlung des Blutdrucks und anderer vegetativer Parameter über die Nn. vagus und glossopharyngeus) sowie vom Hypothalamus und Großhirnkortex (Anstieg oder Abfall des Blutdrucks bei psychischer Erregung, Anstieg bei geplanter und ausgeführter körperlicher Aktivität etc.). Efferenzen gehen zum Ncl. dorsalis n. vagi (Parasympathikus) und über retikulospinale Bahnen ins Seitenhorn des Thorakalmarks, von wo aus sympathisch der Kreislauf reguliert wird (Herzleistung, Gefäßtonus).

309
Q

Brechzentrum

A

Ein als Area postrema bezeichneter FR-Bereich liegt am kaudalen Ende der Rautengrube unmittelbar unter der Hirnoberfläche. Die Area postrema gehört zu den sog. zirkumventrikulären Organen und besitzt somit keine Blut-Hirn-Schranke, die an fast allen anderen Stellen des Gehirns den Übertritt potenziell toxischer Substanzen vom Blut ins ZNS verhindert. Gemeinsam mit angrenzenden Teilen der FR und den ventral davon liegenden Ncll. tractus solitarii (viszerosensibler Hirnnerven-Kernkomplex) bildet die Area postrema das Brechzentrum. Es aktiviert und koordiniert auf bestimmte Reize hin einen Reflexbogen, der für das Erbrechen verantwortlich ist. Das Brechzentrum ist sehr empfindlich, zum einen gegenüber Schwankungen der normalen Druckverhältnisse im IV. Ventrikel, zum anderen gegenüber potenziell körperschädlichen Substanzen im Blut. Es kann aber auch durch neuronale Afferenzen aktiviert werden (z. B. viszerosensibel aus dem Magen-Darm-Trakt oder zentral aus den Vestibulariskernen und anderen Zentren), insbesondere über die Freisetzung der Transmitter Dopamin und Serotonin.

310
Q

Dopaminerge Zellgruppen

A

Die größte dopaminerge Zellgruppe ist die Pars compacta der Substantia nigra mit ihrer Schlüsselfunktion bei motorischen Abläufen. Andere Gruppen dopaminerger Neurone in kleinen Kernen der FR des Mesencephalons haben intensive Projektionen ins limbische System und spielen dort bei der Beeinflussung psychischer Abläufe eine große Rolle. Weitere dopaminerge Neuronengruppen befinden sich in den Kernen des Diencephalons und sind an der Steuerung des endokrinen Systems sowie des vegetativen Nervensystems beteiligt

311
Q

Noradrenerge Zellgruppen

A

Man findet sie in der FR des Pons und der Medulla oblongata. Die größte Zellgruppe unter ihnen ist der Locus caeruleus (auch: Ncl. coeruleus), der am Boden der Rautengrube manchmal von dorsal her als bläulich-dunkel durchschimmernder Fleck zu sehen ist7 . Die überwiegend inhibitorischen Projektionen dieser Zellgruppen sind im ZNS weit verstreut und reichen von Bahnen ins limbische System des Großhirns bis hin zu Fasern ins Rückenmark, wo sie ähnlich wie serotoninerge Neurone im Hinterhorn die Weiterleitung sensibler Afferenzen kontrollieren können. Der Locus caeruleus ist, u. a. im Zusammenhang mit dem ARAS, am Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt (Aktivität bei Wachbewusstsein, Inaktivität bei Schlaf). Darüber hinaus wird er als eine Art „Alarmsystem des Gehirns“ in körperlichen und seelischen Stresssituationen aktiviert und ist dabei an der Entstehung stressbegleitender Symptome wie Angstempfindung oder Tachykardie beteiligt.

312
Q

Serotoninerge Zellgruppen

A

Man findet sie im ganzen Hirnstamm verteilt. Sie bilden die mediane Zone der FR, weshalb sie auch Raphekerne8 genannt werden. Von ihnen gehen Projektionen praktisch in das gesamte ZNS aus, vor allem aber ins limbische System, wo sie emotionale Vorgänge beeinflussen, und ins Rückenmark, wo sie die Weiterleitung sensibler Impulse hemmen können. Durch Projektion in die FR-Kerne, die am ARAS beteiligt sind, nehmen diese serotoninergen ebenso wie die noradrenergen Neurone Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus.

313
Q

Ncl. reticularis

A

Eine herausragende Rolle für das Funktionsprinzip des Thalamus spielt der Ncl. reticularis, der sich wie ein „Netz“ außen um den Thalamus herumlegt7 . Afferent wird er von der Formatio reticularis (ARAS) hemmend und vom Kortex erregend gesteuert und projiziert efferent mit GABAergen, hemmenden Neuronen zu den verschiedenen „spezifischen“ Thalamuskernen. Die kortikalen Afferenzen steuern, welche der spezifischen Thalamuskernareale durch den Ncl. reticularis gehemmt werden. Das ARAS hingegen führt durch eine ungerichtete Hemmung des Ncl. reticularis zu einer Enthemmung der spezifischen Thalamuskerne, wodurch diese mit ihren erregenden Efferenzen den Kortex aktivieren. Dadurch kommt dem Ncl. reticularis eine entscheidende Rolle bei der gerichteten Aufmerksamkeit und bei der Steuerung von Schlaf- und Wachzustand zu.

314
Q

Ncl. centromedianus

A

Der größte der intralaminären Kerne ist der Ncl. centromedianus. Er erhält Afferenzen von der Formatio reticularis (ARAS), vom Kleinhirn und aus der prämotorischen und motorischen Großhirnrinde. Efferent ist er mit den anderen Thalamuskernen, mit dem Striatum und mit dem Gyrus cinguli verknüpft. Diese Faserverbindungen weisen zum einen auf seine Bedeutung beim „Wecksystem“, zum anderen auf seine wichtige Funktion bei der Verarbeitung motorischer Impulse hin.

315
Q

Fornix

A

Der Fornix ist ein makroskopisch gut sichtbares Faserbündel, das vom Hippocampus im Temporallappen seinen Ursprung nimmt und dann in einem Bogen von hinten her nach rostral verläuft, wobei er mit dem Fornix der Gegenseite das Dach des III. Ventrikels, die Tela choroidea, überspannt. Beim gemeinsamen Verlauf über dem III. Ventrikel tauschen die Fornices beider Seiten Fasern aus (Commissura fornicis). Rostroventral des III. Ventrikels trennen sich beide Fornices wieder, und jeder Fornix endet als großes Faserbündel im Corpus mammillare. Der Fornix führt vor allem Fasern vom Hippocampus zu den Corpora mammillaria, aber auch von den Septumkernen zum Hippocampus. Auf seinem Weg durch die vorderen Hypothalamusabschnitte gibt der Fornix auch einige Kollateralen zu den dort liegenden Kernen ab.

316
Q

Fasciculus longitudinalis posterior

A

Dieses uneinheitliche, vorwiegend ungekreuzt verlaufende Bündel ist der größte, wenn auch nicht der einzige, efferente Weg hypothalamischer Fasern in den Hirnstamm und ins Seitenhorn des Rückenmarks, führt aber ebenso zahlreich aufsteigende, afferente Fasern zu hypothalamischen Kerngebieten.

317
Q

Fasciculus medialis telencephali

A

Dieser meist als mediales Vorderhirnbündel bezeichnete Fasertrakt reicht von der Riechrinde im Großhirn bis zum Tegmentum des Hirnstamms. Er verbindet den Hypothalamus afferent und efferent mit der Riechrinde zum einen, mit der Formatio reticularis und anderen Hirnstammzentren zum anderen. Aufsteigende (vor allem monoaminerge) Fasern aus der Formatio reticularis ziehen darin (unter Abgabe hypothalamischer Kollateralen) zu Großhirnstrukturen des limbischen Systems und beeinflussen so u. a. Verhalten und emotionale Prozesse.

318
Q

Stria terminalis

A

Sie verbindet mit ihren Fasern das Corpus amygdaloideum (großer Kern des Großhirns im Temporallappen, der dem limbischen System angehört) mit verschiedenen Kerngebieten des Hypothalamus. Sie läuft entlang dem Ncl. caudatus im Großhirnmarklager und ist wie das mediale Vorderhirnbündel eine der afferenten und efferenten hypothalamischen Verbindungen mit dem limbischen System. Unter anderem hierdurch lassen sich die gegenseitige Beeinflussung des vegetativen Systems und emotionaler sowie verhaltensbiologischer Vorgänge erklären.

319
Q

Neurohypophyse (HHL)

A

Das Tuber cinereum geht vorne mit der Eminentia mediana in das trichterförmige Infundibulum8 über, das sich schließlich in die Neurohypophyse fortsetzt. Im HHL ist ebenso wie an der Eminentia mediana keine dichte Blut-Hirn-Schranke ausgebildet, sodass hier von Nervenzellen sezernierte Hormone via Neurosekretion ins Blut gelangen können (neurohämale Region, s. auch zirkumventrikuläre Organe). Gebildet werden diese HHL-Hormone (Oxytocin und Vasopressin) im Hypothalamus in den Neuronen des Ncl. paraventricularis und Ncl. supraopticus. Sie projizieren in den HHL und geben dort die Hormone in die Blutbahn ab. Mikroskopisch besteht der HHL also aus den (überwiegend marklosen) Axonen der Neurone dieser beiden Kerne. Sie werden nur von Astrozyten (hier: sog. Pituizyten) und reichlich Kapillaren umgeben.
Die neurosekretorischen Axone des Hypothalamus verzweigen sich nicht wie die Neuriten normaler Nervenzellen zu einem Telodendron, sondern enden lediglich mit einer kleinen Verdickung an einer Kapillare, in deren Lumen sie wie in einen synaptischen Spalt ihr Neurosekret als Hormon abgeben.

320
Q

Brodmann Areal 1,2,3

A

primär somatosensorischer Cortex

321
Q

Bordmann Areal 4

A

Somatomotorischer Cortex

322
Q

Brodmann Areal 6

A

Prämotorische Rinde

323
Q

Brodmann Areal 17

A

Area striata/ primäre Sehrinde

324
Q

Areal 41,42

A

Heschl Querwindungen, primäre Hörrinde

325
Q

Areal 44

A

motorisches Sprachzentrum/ BROCA-Zentrum

326
Q

Areal 22

A

sensorisches Sprachzentrum/ Wernicke

327
Q

Areal 28

A

primäre Riechrinde (Area praepiriformis)

328
Q

Histologie der Hippocampusformation und des Archikortex

A

Der größte Anteil des Archikortex wird vom Hippocampus und Gyrus dentatus gebildet. Um ihn herum liegen einige Strukturen, die ebenfalls zum Archikortex gehören (u. a. Teile des Gyrus parahippocampalis und des Gyrus cinguli). Der Archikortex zeichnet sich durch eine besondere mikroskopische Rindenstruktur aus, die nicht wie der Neokortex sechsschichtig, sondern annäherungsweise dreischichtig ist.
Im frontalen Querschnitt der Hippocampusformation sieht man die sehr typische eingerollte Archikortexstruktur. Man unterscheidet dabei drei Bereiche:
• Gyrus dentatus
• Cornu ammonis (Ammonshorn, Hippocampus im engeren Sinne)
• Subiculum.
Wenn man die eingerollte Rindenstruktur mit dem Schwanz eines Seepferdchens vergleicht, dann entspricht der Gyrus dentatus dem „distalen“ Teil des Schwanzes, nach „proximal“ schließt sich das Cornu ammonis an, am Übergang zum Körper des Seepferdchens befindet sich das Subiculum und der Seepferdchenkörper selbst entspricht dann dem nicht mehr dem Hippocampus angehörenden sechsschichtigen entorhinalen Kortex des Gyrus parahippocampalis.
Der Gyrus dentatus ist das wichtigste afferente System des Hippocampus, während das Subiculum einen Großteil des efferenten Systems des Hippocampus bildet, sodass ein wesentlicher Teil des Informationsflusses im Hippocampus vereinfacht auf die Formel Gyrus dentatus → Cornu ammonis → Subiculum → Fornix gebracht werden kann.
Die histologische Struktur des Hippocampus hat mit derjenigen des restlichen, im Prinzip meist dreischichtigen, Archikortex und z. T. auch des Paleokortex manches gemeinsam. So werden Archi- und Paleokortex auch oft als Allokortex dem sechsschichtigen Neo- oder Isokortex gegenübergestellt. Allerdings stellt die Dreischichtigkeit des Allokortex eine Vereinfachung dar, denn bei Anwendung entsprechender Nachweistechniken lassen sich in den meisten Allokortexarealen zusätzliche Schichten abgrenzen. Aus didaktischen Gründen behalten wir jedoch hier das Prinzip der dreischichtigen Gliederung bei. Die Archikortexstruktur ist im Ammonshorn deshalb schwierig zu erfassen, weil sich der Kortex hier einrollt und dabei noch zusätzlich den Kortex des Gyrus dentatus mit einschließt, sodass zum Teil mehrere Dreierschichten des Archikortex übereinander liegen. Innen, also dem Ependym des Unterhorns des Seitenventrikels zugewandt, liegt dem Archikortex des Ammonshorns eine Faserschicht auf (Alveus), die efferente (und wenige afferente) Fasern des Hippocampus führt und in der Fimbria hippocampi in den Fornix übergeht. Nach außen zu schließen sich dann die drei klassischen Archikortexschichten an: das Stratum oriens (Korbzellschicht), dann das großzellige Stratum pyramidale (Pyramidenzellschicht) mit großen glutamatergen Neuronen und schließlich das zellarme Stratum moleculare (Molekularschicht). Im Stratum moleculare können ein Stratum (auch: Substratum) radiatum und ein Stratum (auch: Substratum) lacunosum (auch: Stratum lacucunosum-moleculare) abgegrenzt werden, sodass diese Schicht auch als Stratum radiatum-lacunosum-moleculare bezeichnet wird. Diese Schicht dient hauptsächlich der interneuronalen Verschaltung zwischen Pyramiden- und Korbzellen. Man sieht aber hier, dass die Dreischichtgliederung eigentlich eine Vereinfachung ist und mindestens vier, mit Alveus fünf Schichten vorliegen.
Wie auch im Neokortex bilden die glutamatergen Pyramidenzellen als größte Neurone mit ihren langen, zentripetal (also in den Alveus) gerichteten Fortsätzen das efferente System des Archikortex. Man kann vor allem anhand der unterschiedlichen Dichte und Größe der Pyramidenzellen das Cornu ammonis in die Felder CA1–CA4 einteilen. Im Gyrus dentatus, der sich um die Region CA4 des Ammonshorns herumlegt, ist das Stratum pyramidale durch ein Stratum granulosum ersetzt, das entsprechend kleinere, körnerzellartige Neurone statt Pyramidenzellen enthält.
Funktionell sind in der Hippocampusformation wichtige Neuronenkreise aktiv. Pyramidenzellen der Area entorhinalis des Gyrus parahippocampalis projizieren über den Tractus perforans auf die Körnerzellen im Gyrus dentatus. Diese projizieren mit ihren Axonen, den Moosfasern, auf die Pyramidenzellen im Feld CA3. Diese Pyramidenzellen (wie auch die Pyramidenzellen der Regionen CA1 und 2) projizieren als das efferente System des Hippocampus zum einen über den Alveus und Fimbria hippocampi zu den efferenten Zielen des Hippocampus (z. B. Septum oder Corpora mammillaria). Zum anderen leiten die Pyramidenzellen aus CA3 die Impulse über sog. Schaffer-Kollateralen zu Pyramidenzellen im Feld CA1, die wiederum zurück zum Subiculum und entorhinalen Kortex projizieren. Dieser erregende Schaltkreis (Area entorhinalis – Gyrus dentatus – CA3 – CA1 – Subiculum/Area entorhinalis) mit zirkulierenden Impulsen ist entscheidend für das Lernen und die Gedächtnisbildung (s. u.). Die beim Zirkulieren entstehende funktionelle Veränderung der Pyramidenzellen (Langzeitpotenzierung, LTP) ist eine funktionell-strukturelle Basis des Gedächtnisses.

329
Q

Septumregion (Area septalis)

A

Die Septumregion wird oft als Septum verum dem nur aus Gliagewebe bestehenden Septum pellucidum gegenübergestellt. Sie liegt an der medialen Hemisphäre unterhalb der Commissura anterior und reicht mit Teilen bis hinunter zur Hirnbasis. Sie setzt sich aus kortikalen und subkortikalen Anteilen zusammen. Dazu gehört auch das größere Kerngebiet der Stria diagonalis (diagonales Band von Broca), die als transversal ausgerichtetes Zellband entlang dem kaudalen Ende der Substantia perforata anterior verläuft. Afferent und efferent sind die Septumkerne nicht nur mit olfaktorischen Kortexarealen, sondern auch mit den monoaminergen Zentren der Formatio reticularis des Hirnstamms, Anteilen des limbischen Systems und dem Hypothalamus verbunden. Aufgrund dieser Faserverbindungen hat das Septum eine wichtige Funktion für emotionale, vegetative und möglicherweise auch Gedächtnisleistungen des Gehirns.

330
Q

Capsula interna

A

Im vorderen Schenkel der Capsula interna verläuft aufsteigend die vordere Thalamusstrahlung und absteigend der Tractus frontopontinus.

Im kaudalen Teil des hinteren Schenkels verlaufen neben den kortikospinalen Bahnen die zentrale Thalamusstrahlung (Fasern vom Thalamus zum Gyrus postcentralis) und der Tractus temporopontinus.

Im basalen Abschnitt der Capsula interna verlaufen über eine kurze Strecke die Hör- und Sehbahn, um dann zur primären Hörrinde bzw. Sehrinde zu ziehen.

331
Q

Blut-Hirn-Schranke

A

Die Blut-Hirn-Schranke dichtet das Gehirn- oder Rückenmarksgewebe gegen das Blut ab. Diese Barriere ist aus drei Schichten aufgebaut:
• den Endothelien der Kapillaren,
• der darunter liegenden Basalmembran und
• den Fortsätzen von Astrozyten.
Die Endigungen dieser Fortsätze liegen eng aneinander gereiht an der Basalmembran der Hirnkapillaren und bilden so die äußere Schicht der Blut-Hirn-Schranke. Die eigentliche „Filterschicht“ ist jedoch das innen liegende Endothel mit seinen Tight junctions. Die Bildung dieser dichten Interzellularverbindungen mittels des Proteins Claudin-1 zwischen den Endothelzellen wird durch die Astrozytenfortsätze induziert. So wird eine Barrikade für alle sonst kapillargängigen Stoffe gebildet, die dadurch entweder selektiv durchgelassen oder an der Penetration in das sehr empfindliche Hirngewebe gehindert werden. Dies geschieht in Abhängigkeit von der chemischen Beschaffenheit des Stoffs (Molekülgröße, Ionen-Ladung, Lipophilie etc.). Aber auch andere, differenziertere Unterscheidungskriterien zwischen einzelnen Nährstoffen, Hormonen, Elektrolyten oder „Giftstoffen“ liegen dieser Selektion zugrunde. Durch die Blut-Hirn-Schranke werden potentiell neurotoxische Stoffe vom Nervengewebe mit seiner sehr eingeschränkten Regenerationsfähigkeit nach Schädigung ferngehalten. Zudem ist sie ein Schutz des Gehirns gegen die Schwankungen der Plasmazusammensetzung, so auch von Stoffen wie Noradrenalin, Glycin etc., die im ZNS als Neurotransmitter vorkommen und dort die topisch streng geordneten Funktionsabläufe stören könnten.
Die Blut-Hirn-Schranke fehlt in Hirnbereichen, deren neuroendokrine (z. B. Hypophyse) oder chemosensorische (z. B. Area postrema) Funktion eine direkte Kommunikation mit der Blutbahn erfordert. Diese Bereiche werden als neurohämale Region bezeichnet und finden sich in den zirkumventrikulären Organen.

332
Q

Plexus basilaris

A

Ein weiterer Abfluss des Sinus cavernosus ist der sich dorsal der Sella auf dem Clivus nach kaudal ausbreitende Plexus basilaris, der sein Blut ebenfalls größtenteils ins Foramen jugulare ableitet